PDF-Ausgabe - Berliner Mieterverein e.V.
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trägt“, kommentiert die B etreuerin<br />
von Sabina B. diese Geschichte. Die<br />
junge Mutter gab dennoch die Hoffnung<br />
nicht auf. Sie reichte beim Jobcenter<br />
den Antrag ein, die zusätz lichen<br />
2,40 Euro aus eigener Tasche<br />
zu zahlen. Fehlanzeige: Antrag abgelehnt.<br />
Wegen 2,40 Euro.<br />
Die Finanzierung der Wohnungsnotfallhilfe<br />
liegt bei den einzelnen Bezirken,<br />
genauso wie die politische Verant<br />
wortung dafür, dass jeder Wohnungslose<br />
eine Notunterkunft bekommt.<br />
Über ein zentrales Meldesystem<br />
der <strong>Berliner</strong> Unterbringungsleitstelle<br />
(BUL) wird ein freier Platz<br />
gesucht, sobald ein Wohnungsloser<br />
sich beim Bezirksamt meldet. Aktuell<br />
gibt es jeden Tag zwischen 10 bis<br />
35 freie Plätze. „... viel zu wenig“,<br />
sagt Stephan Djacenko von der BUL.<br />
MieterMagazin 3/2013<br />
„Um zehn Uhr morgens sind bereits<br />
alle weg.“<br />
„Die Situation ist schwierig“, räumt<br />
auch die Sprecherin der Senatsverwaltung<br />
für Soziales, Franciska Obermeyer,<br />
ein. Ein konkretes Konzept,<br />
wie der hohen Zahl an Wohnungslosen<br />
künftig abgeholfen werden<br />
kann, gibt es dort nicht. Aber die<br />
Verantwortung für die Wohnungslosen<br />
liege ja auch bei den einzelnen<br />
Bezirken, so Obermeyer. Die Beteiligten<br />
werfen sich die Hilflosig keit<br />
wie einen Ball gegenseitig zu. „Das<br />
ist wie ein Ping-Pong-Spiel zwischen<br />
der Senatsverwaltung und der Wohlfahrtspflege“,<br />
sagt Gebe wo-Chef<br />
Veltmann. „Wir sagen: Wir haben<br />
hier soundsoviele neue Leute, die<br />
finden keine Wohnung. Was sollen<br />
wir tun? Dann kommt kurze Zeit<br />
spä ter zurück: Mietet für diese Leute<br />
eine zusätzliche Wohnung an.<br />
Nur: wo und wie?“ Denn nicht nur<br />
die Wohnungslosen finden nur noch<br />
schwer eine Unterkunft, auch die<br />
Nothilfeeinrichtungen selbst.<br />
unbekannte Zahl<br />
verdeckt Wohnungsloser<br />
Da bei haben die Nothilfeeinrichtungen<br />
Glück, dass nicht alle Wohnun gslosen<br />
in Berlin bei ihnen Schlange<br />
stehen. Eine große unbekannte Zahl<br />
schlüpft bei Freunden, Bekannten,<br />
der Familie oder sonstwo unter. Beispielsweise<br />
in einem Gartenhäuschen.<br />
Wie Paula Ankla Steffensen.<br />
Die Spandauerin war über Monate<br />
hinweg eine von vielen sogenannten<br />
verdeckt Wohnungslosen, also ohne<br />
festen Wohnsitz, nur dass keine Behörde<br />
davon wusste. Wie viele es<br />
von ihnen in Berlin gibt, weiß niemand.<br />
Für Frauen gilt diese Situation<br />
als besonders heikel. „Sie stecken<br />
oft in Abhängigkeitsverhältnissen“,<br />
sagt Gebewo-Chef Veltmann.<br />
Paula Ankla Steffensen steckte nicht<br />
in einem Abhängigkeitsverhält nis,<br />
aber dennoch ziemlich in der Klemme,<br />
als sie im Mai 2011 ihre Wohnung<br />
in einem Sozialen Wohnungsbau<br />
verlor. Sie ist eine engagierte<br />
und rebellische Rentnerin, die damals<br />
zusammen mit zwei weiteren<br />
Mietern gegen die Betriebskosten abrechnung<br />
klagte. Sie bekam Recht.<br />
Kurz darauf folgte eine 35-prozen -<br />
ti ge Mieterhöhung von ihrem Vermieter,<br />
genau wie bei den beiden ande<br />
ren klagenden Mietern. Weil der<br />
<strong>Berliner</strong> Senat bestimmten Gebäuden<br />
des Sozialen Wohnungsbaus<br />
eine Anschlussförderung versagte,<br />
darf der Vermieter eine wesentlich<br />
höhere Miete als bisher einfordern.<br />
Diesen Umstand machen sich manche<br />
Vermieter gegen unbotmäßige<br />
Bewohner zunutze. Dieses Mal half<br />
der 85-Jährigen keine Rebellion, sie<br />
kündigte umgehend. „Hätte ich dort<br />
weiter gewohnt, wäre ich in die Altersarmut<br />
abgerutscht“, sagt sie.<br />
Ein Fall, wie ihn nur Berlin kennt:<br />
Horrende Mieterhöhungen im Sozialen<br />
Wohnungsbau, die die Mieter<br />
zu schnellen Kündigungen treiben.<br />
Doch auch wer in einem frisch sanierten<br />
Gebäude wohnt, den kann<br />
die neue Miethöhe ebenfalls schnell<br />
überfordern. Innerhalb weniger Wo -<br />
chen muss eine neue Wohnung her.<br />
Zwei Monate lang hatte Steffensen<br />
Zeit, sich eine neue Bleibe zu suchen.<br />
Sie fand auch eine, doch einen Tag,<br />
bevor sie ausziehen musste, platzte<br />
der neue Mietvertrag. Über Nacht<br />
musste sie improvisieren: Anstatt die<br />
Möbel ins neue Zuhause zu schaffen,<br />
stapelten sie sie in einem Container.<br />
Und dann zog sie in ihr Schrebergartenhaus.<br />
„Das war eine schlimme<br />
Zeit“, blickt sie heute zurück. Es<br />
gab kein Warmwasser, abends wurde<br />
es kühl im Häuschen. Im November<br />
erst, fünf Monate später, hatte<br />
sie endlich ein neues Zuhause.<br />
Wiebke Schönherr<br />
Ohne Heizung und<br />
Warmwasser: Die<br />
85-jährige Paula<br />
Ankla Steffensen<br />
verbrachte fünf<br />
Monate im<br />
Gartenhäuschen<br />
F „Bei großen<br />
Familien ist die<br />
Wohnungssuche<br />
besonders schwer“,<br />
weiß Teupe-Leiter<br />
Marcel Deck<br />
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