Katholisches Wort in die Zeit 43. Jahr April 2012 - Der Fels
Katholisches Wort in die Zeit 43. Jahr April 2012 - Der Fels
Katholisches Wort in die Zeit 43. Jahr April 2012 - Der Fels
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
Alois Epple:<br />
Reformer und<br />
Wegbereiter<br />
<strong>in</strong> der<br />
Gesellschaft:<br />
Mutter Teresa lebte konsequent<br />
das Evangelium. Sie half den Armen,<br />
fand <strong>die</strong> Kraft hierfür <strong>in</strong> der<br />
Eucharistie und vertrat mutig und<br />
überall <strong>die</strong> Positionen der katholischen<br />
Kirche.<br />
E<strong>in</strong> Journalist fragte e<strong>in</strong>mal Mutter<br />
Teresa: „Was me<strong>in</strong>en Sie, was<br />
sich <strong>in</strong> der Kirche ändern sollte?“.<br />
Ihre Antwort war: „Sie und ich“. Den<br />
Kritikern an ihrer karitativen Tätigkeit<br />
entgegnete sie: „Nicht der Erfolg,<br />
sondern <strong>die</strong> Treue im Glauben<br />
ist wichtig.“<br />
Diese so kirchen- und glaubenstreue<br />
Frau kam als Agnes Gonxhe<br />
Bojaxhiu 1910 <strong>in</strong> der Stadt Skopje,<br />
welche damals noch zum Osmanischen<br />
Reich gehörte, auf <strong>die</strong> Welt.<br />
Mit 18 <strong>Jahr</strong>en wurde <strong>die</strong> Halbwaise<br />
<strong>in</strong> Irland Postulant<strong>in</strong>, e<strong>in</strong> <strong>Jahr</strong> später<br />
<strong>in</strong> In<strong>die</strong>n Noviz<strong>in</strong> der Loreto-<br />
Schwestern, acht <strong>Jahr</strong>e später legte<br />
sie <strong>die</strong> ewigen Gelübde ab und nannte<br />
sich seither „Mutter Teresa“, <strong>in</strong> Er<strong>in</strong>nerung<br />
an <strong>die</strong> hl. Thérèse von Lisieux<br />
(1873 – 1897). Von 1929 bis<br />
1948 arbeitete sie als Lehrer<strong>in</strong> an e<strong>in</strong>er<br />
Mädchenschule <strong>in</strong> Kalkutta. Am<br />
10. September 1946 – „dem wichtigsten<br />
Tag ihres Lebens“ – hatte sie<br />
ihr Pauluserlebnis. E<strong>in</strong>e Offenbarung<br />
Gottes führte zu e<strong>in</strong>em Bruch mit ihrer<br />
bisherigen Lebensweise. Nicht<br />
mehr im Kloster als Lehrer<strong>in</strong>, sondern<br />
außerhalb der Klostermauern,<br />
<strong>in</strong> den Slums von Kalkutta wollte sie<br />
als Krankenschwester Gottes Willen<br />
nachkommen. Schon bald durfte sie<br />
ihren Orden verlassen, machte e<strong>in</strong>en<br />
Krankenpflege-Kurs, begann <strong>die</strong> Arbeit<br />
im Slum Motijhil und gründete<br />
<strong>die</strong> „Missionaries of Charity“, welche<br />
1950 <strong>die</strong> päpstliche Bestätigung<br />
erlangten. Das Programm <strong>die</strong>ser neuen<br />
Geme<strong>in</strong>schaft sah u.a. vor, niemals<br />
Mutter Teresa<br />
(1910 – 1997)<br />
für Geld oder für Wohlhabende tätig<br />
zu se<strong>in</strong>, sondern sich <strong>in</strong> den Elendsvierteln<br />
um ausgesetzte Säugl<strong>in</strong>ge,<br />
Kranke, Hungernde und Sterbende<br />
zu kümmern. So ließ sie Entb<strong>in</strong>dungsheime,<br />
Kranken- und Sterbe-<br />
häuser bauen. In Reisen um <strong>die</strong> Welt<br />
sammelte Mutter Teresa Geld hierfür.<br />
Im <strong>Jahr</strong> 1997 starb sie.<br />
Betrachtet man das Leben <strong>die</strong>ser<br />
Seligen, so kommt e<strong>in</strong>em als erstes<br />
das Bibelzitat <strong>in</strong> den S<strong>in</strong>n: „Was<br />
ihr für e<strong>in</strong>en me<strong>in</strong>er ger<strong>in</strong>gsten Brüder<br />
getan habt, das habt ihr mir getan“<br />
(Mt 25, 40). Die Hilfe für <strong>die</strong><br />
„ger<strong>in</strong>gsten Brüder“ schafft Frieden.<br />
Dafür ver<strong>die</strong>nte Mutter Teresa, nach<br />
Ansicht des Nobel-Komitees, 1979<br />
den Friedensnobelpreis. Sie sah <strong>die</strong><br />
Abtreibungspolitik <strong>in</strong> den vielen<br />
Ländern der Welt als den „größten<br />
Zerstörer des Friedens“ an. Ebenso<br />
nahm sie ke<strong>in</strong> Blatt vor den Mund,<br />
wenn sie sich gegen Ehescheidung<br />
und Verhütung äußerte.<br />
Mutter Teresa g<strong>in</strong>g es aber nicht<br />
nur darum, den Armen „irdisches<br />
Brot“ zu geben. Sie, wie ihre Ordensschwestern,<br />
wie auch <strong>die</strong> Armen, benötigten<br />
ebenso das „himmlische<br />
Brot des Lebens“, denn „Wer zu mir<br />
[Christus] kommt, den wird nicht<br />
hungern; und wer an mich glaubt,<br />
den wird nimmermehr dürsten“ (Joh<br />
6, 35). Deshalb spielte für sie der<br />
Empfang und <strong>die</strong> Anbetung des Altarsakraments<br />
e<strong>in</strong>e herausragende<br />
Rolle <strong>in</strong> ihrem täglichen Leben.<br />
Angesichts des Leidens <strong>in</strong> Kalkutta<br />
stellte sich auch für Mutter Teresa<br />
<strong>die</strong> Frage: Warum lässt Gott <strong>die</strong>s<br />
zu? Sie me<strong>in</strong>te, dass er dadurch Menschen<br />
e<strong>in</strong>e bessere Chance zur Heiligkeit<br />
gibt. Diese Idee wird e<strong>in</strong>em<br />
areligiösen, materialistischen, rationalistischen<br />
Menschen ebenso unverständlich<br />
bleiben wie e<strong>in</strong>e weitere<br />
Antwort auf <strong>die</strong> Theodizee-Frage:<br />
„Ich glaube, dass es e<strong>in</strong>e sehr schöne<br />
Sache ist, wenn <strong>die</strong> Armen ihr Los<br />
akzeptieren, es mit dem Leid Christi<br />
teilen. Ich glaube, das Leid der armen<br />
Menschen ist e<strong>in</strong>e große Hilfe<br />
für den Rest der Welt.“<br />
Im <strong>Jahr</strong> 2007 erschien das Buch<br />
„Komm, sei du me<strong>in</strong> Licht! Die geheimen<br />
Aufzeichnungen der Heiligen<br />
von Kalkutta”, herausgeben von<br />
Father Brian Kolo<strong>die</strong>jchuk, ihrem<br />
Heiligsprechungs-Postulator. Hier<strong>in</strong><br />
f<strong>in</strong>den sich sowohl mystische Stellen<br />
e<strong>in</strong>er tiefen Vere<strong>in</strong>igung mit Gott<br />
als auch <strong>Zeit</strong>en der Gottesverlassenheit.<br />
Stellte sich dann für Mutter Teresa<br />
<strong>die</strong> Frage nach Gott wie <strong>in</strong> der<br />
„Wette des Blaise Pascal (1623 –<br />
1662): ‚Ist Gott oder ist er nicht?‘?“<br />
Wie dem auch sei, ihr E<strong>in</strong>satz war<br />
hoch, ja radikal. Sie hat ihr ganzes<br />
Leben auf Gott gesetzt, und heute<br />
wissen wir, dass ihr „Wettgew<strong>in</strong>n“<br />
unendlich hoch war: Im <strong>Jahr</strong>e 2003,<br />
im schnellsten Prozess der Neuzeit,<br />
wurde sie selig gesprochen. q<br />
112 DER FELS 4/<strong>2012</strong>