11.10.2013 Aufrufe

Ein Pfarrer kämpft um seine Besoldung - Familienforschung-kunz ...

Ein Pfarrer kämpft um seine Besoldung - Familienforschung-kunz ...

Ein Pfarrer kämpft um seine Besoldung - Familienforschung-kunz ...

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

<strong>Ein</strong> <strong>Pfarrer</strong> <strong>kämpft</strong> <strong>um</strong> <strong>seine</strong> <strong>Besoldung</strong><br />

von Alfred Frank<br />

in „Die Oberpfalz“, 1961, 49. (55.) Jahrgang, ab Seite 142, 172 und 198<br />

Wenn früher die menschlichen Bedürfnisse bescheidener und die Lebenshaltungskosten<br />

niedriger als heute waren, dann war ja auch in vergangenen<br />

Tagen die <strong>Besoldung</strong>, etwa eines Beamten, eines <strong>Pfarrer</strong>s, Lehrers oder<br />

Schreibers, keineswegs üppig, wozu noch kam, dass ein wesentlicher Teil des<br />

Gehalts in Naturalien bestand, deren Geldwert oft schwankte, und dass die<br />

Reichung solcher <strong>Besoldung</strong> noch von der Bereitschaft jener, die dazu verpflichtet<br />

waren abhing.<br />

Dann sah sich der Gehaltempfänger genötigt, mit allen Mitteln für sein Recht<br />

einzutreten und alles in Bewegung zu setzen, den vollen Arbeitslohn zu erhalten.<br />

In solche Notwendigkeit wurde einst auch der <strong>Pfarrer</strong> und Inspektor Johann<br />

Georg Leopold zu Marktredwitz, ein Sohn des Richters und Bürgermeisters<br />

Georg Leopold, versetzt, der zwischen 1670 und 1701 auf der Redwitzer Pfarrstelle<br />

wirkte.<br />

Wie er am 5. Oktober 1684 in einem ausführlichen Schreiben dem Konsistori<strong>um</strong><br />

in Bayreuth berichtete, führten die sechs „oberpfälzischen Dörfer“ und der eine<br />

„pfälzische Hof“ zu Manzenberg, ihre von jeher der Pfarrei Redwitz zu liefernden<br />

Zehnten nunmehr nach Waldershof ab.<br />

Leopold nannte in dem Schreiben neben den Dörfern auch die althergebrachten<br />

Mengen. Diese waren in Kahr (Char) und Mees ausgedrückt, wobei man<br />

unter einem Kahr acht Mees oder zusammen etwa 3,7 Hektoliter verstand.<br />

Nach dem Bericht erhielt <strong>Pfarrer</strong> Leopold bisher von<br />

Korn Gerste Hafer Besen Flachs<br />

Poppenreuth 1 Kahr 4 Mees 1 Kahr 2 Kahr 5 Mees 30. Besen Flachs<br />

Helmbrechts 1 Kahr 1 Mees 1 Kahr 2 Kahr 4 Mees 30. Besen Flachs<br />

Als Fußnote ist hierzu angeführt, dass solcher Zehnte der beiden Dörfer während<br />

der vergangenen 300 Jahre – demnach also seit Ende des 14. Jahrhunderts!<br />

– „nie ansprüchig gemacht“, d.h. stets ohne Widerspruch verabfolgt<br />

worden sei. Und weiter heißt es, dass auch die beiden nothaftischen Dörfer<br />

und Schafbruck, heute zur Gemeinde Helmbrechts gehörig, von den Stolgebühren<br />

(= Zahlung für besondere pfarrliche Leistungen) laut kurfürstlichbayerischer<br />

Entscheidung die Hälfte der Pfarrei Redwitz zu geben hätten.<br />

Der dritte zehntpflichtige Ort war Lengenfeld. Dessen Bewohner hatten<br />

Lengenfeld 2 ½ Mees Weizen und je 3 Kahr 6 Mees Korn, Gerste und<br />

Hafer, ferner den „kleinen Zehent“, das ist „das Dreißigste“<br />

von Lämmern, Gänsen, Hähnen, Käse und Flachs, zu reichen.


Übrigens erhielt auch das Stift Waldsassen von diesem Dorf einen Teilzehnten.<br />

Wolfersreuth gab nach Redwitz sonst<br />

Wolfersreuth 1 Mees Weizen, 2 Kahr 5 Mees Korn, 2 Kahr 4 Mees Gerste<br />

und 3 Kahr 4 Mees Hafer und dazu den „kleinen Zehnten“ wie<br />

Lengenfeld.<br />

Auch die beiden Orte Rodenzenreuth (Oberlorenzreuth) und Walbenreuth<br />

hatten diesen Zehent zu geben.<br />

Von Rodenzenreuth und Walbenreuth erhielt der <strong>Pfarrer</strong> außerdem:<br />

Rodenzenreuth 1 Mees Weizen, 2 Kahr 6 Mees Korn, 1 Kahr 1 Mees Gerste<br />

und 3 Kahr 1 Mees Hafer und von Walbenreuth<br />

Walbenreuth 1 Mees Weizen, 2 Kahr 2 Mees Korn, 1 Kahr Gerste und 3<br />

Kahr 2 Mees Hafer.<br />

Die S<strong>um</strong>me aller Getreidezehnten belief sich somit auf 43 Kahr 6 ½ Mees, was<br />

1684 einem Geldwert von 226 Gulden, 1685 aber von 300 Gulden entsprach.<br />

Dazu kamen schließlich noch von dem pfälzischen Hof zu Manzenberg 3 Kahr<br />

Getreide und vom Schloss zu Poppenreuth zehn Klafter Holz und 6 Mees Korn.<br />

Von diesen letztgenannten 6 Mees konnte aber nichts genossen werden, wie<br />

<strong>Pfarrer</strong> Leopold in <strong>seine</strong>m Schreiben bemerkte, weil das Schloss „bisher meist<br />

öde gelegen“ war.<br />

Endlich wären als pfälzische Leistung zu der unter „markgräflich-bayreuthischen<br />

Schutze stehenden Pfarrei im egerischen Markt Redwitz noch die Stolgebühren,<br />

auch Seelgerät (Seelengeraidt) genannt, von Poppenreuth, Helmbrechts<br />

und Schafbruck, als drei nothaftischen Dörfer, zu erwähnen.<br />

Alle diese Zehnten bildeten begreiflicherweise einen namhaften Teil der <strong>Besoldung</strong><br />

der Redwitzer Geistlichen, und ihr plötzlicher Wegfall musste als empfindlicher<br />

Schaden betrachtet werden.<br />

Aus dem erwähnten Schreiben <strong>Pfarrer</strong> Leopolds erfahren wird auch die Ursache<br />

des Fortfalls: der <strong>Pfarrer</strong> und Dechant von Mockersdorf bei Kemnath<br />

hatte veranlasst und auch erreicht, dass genannte sechs Dörfer diese Zehnten<br />

fortan nach Waldershof gaben.<br />

Aber dies geschah nicht von ungefähr. Man hatte auch dem Dechanten Zehnte<br />

verweigert und zwar die von Neustadt am Kulm, einer Filiale der Mutterkirche<br />

Mockersdorf.


In der „Geschichte des Marktes Waldershof“ von Fr. Kuttner wie in der Veröffentlichung<br />

von Dr. Robert Dollinger „Das Evangeli<strong>um</strong> in der Oberpfalz“<br />

können wir ausführlicher darüber lesen.<br />

Die Pfarrei Mockersdorf genoss von Neustadt am Kulm und den markgräflichen<br />

Dörfern Fulgendorf, Schackenhof, Frankenberg, Guttenthau, Speichersdorf und<br />

Wirbenz (Wuerwenz), welche zu ihr gehörten, den Zehnten.<br />

Nachdem aber der Burggraf von Nürnberg als Landesherr zu Neustadt am<br />

Kulm die Lehre Luthers eingeführt hatte und 1527 das dortige Kloster zu einem<br />

Pfarrhaus eingerichtet worden war, entstand auch zu Neustadt am Kulm ein<br />

von der bisherigen Mutterkirche Mockersdorf unabhängiges Kirchspiel mit der<br />

Klosterkirche als Pfarrkirche.<br />

Johannes Wurm leistete 1528 den Eid auf Verkündigung der neuen Lehre. 1529<br />

wurde dem <strong>Pfarrer</strong> zu Mockersdorf der seither aus den markgräflichen Orten<br />

und auch aus Neustadt am Kulm selbst rührende Zehnte entzogen, was einen<br />

langwierigen Streit zwischen der Kurpfalz und dem Fürstent<strong>um</strong> Bayreuth entfachte,<br />

der fast einhundertfünfzig Jahre andauerte, bis endlich im Jahre 1664<br />

zu München ein Rezess zwischen beiden Streitenden zustande kam, wonach<br />

die „jura realia parochialie“ jeder Pfarre wie von alters bleiben sollten.<br />

Der Markgraf zu Bayreuth wollte aber trotzdem den strittigen Zehnten auch<br />

jetzt noch nicht nach Mockersdorf ausfolgen lassen, worauf die Kurpfalz zu<br />

Gegenmitteln schritt und anordnete, dass vom Jahre 1684 an der Zehnt,<br />

welcher dem <strong>Pfarrer</strong> zu Redwitz aus fünf Stift Waldsassischen Dörfern, aus<br />

Lengenfeld und von einem Hof zu Manzenberg bisher zustand, nicht mehr an<br />

diesen, sondern an den <strong>Pfarrer</strong> und Dechant zu Mockersdorf verabreicht werden<br />

solle.<br />

Aber dadurch war erneut ein Unschuldiger, diesmal der <strong>Pfarrer</strong> im Markte Redwitz,<br />

betroffen, der nun mit <strong>seine</strong>n schwachen Kräften versuchen musste,<br />

diese wirtschaftliche Benachteiligung wieder aus der Welt zu schaffen. Ob er<br />

sein gutes Recht erhielt, werden wir nachstehend hören.<br />

Es wurde schon erwähnt, dass sich <strong>Pfarrer</strong> Leopold sofort in einem ausführlichen<br />

Schreiben beim markgräflichen Konsistori<strong>um</strong> zu Bayreuth bitter über<br />

das ihm zugefügte Unrecht beschwerte und Abhilfe forderte. Aber es sollte<br />

freilich nicht sein letzter Brief in dieser Sache sein.<br />

Aus einem Verzeichnis der Getreidezehnten im Gericht Waldershof vom Jahre<br />

1698 geht übrigens hervor, dass zwei Drittel des fraglichen Zehnten „der gnädigen<br />

Herrschaft“ und nur ein Drittel dem Pfarrdechanten von Mockersdorf<br />

zukamen.<br />

Damit ging aber auch die seitherige Verpflichtung des jeweiligen Redwitzer<br />

Geistlichen, an den <strong>Pfarrer</strong> zu Waldershof für den Zehnten aus den vier Dörfern<br />

Lengenfeld, Walbenreuth, Wolfersreuth und Rodenzenreuth und dem Hof zu<br />

Manzenberg alljährlich 30 Gulden (später 28) zu bezahlen, an den Dechanten<br />

von Mockersdorf über.


<strong>Ein</strong> zweites Schreiben <strong>Pfarrer</strong> Leopolds vom 19. Oktober 1684 (wie das erstgenannte<br />

und alle weiteren Nachrichten zu diesem Zehntstreit in den Kollektaneen<br />

Leopold, Staatsarchiv Bamberg, Rep. C 18, 3, Nr. 20 enthalten) diesmal<br />

an den Markgrafen, d.h. an dessen Regierung, gerichtet, weiß zu erzählen, dass<br />

der Dechant am 14. Oktober nach Waldershof kam, <strong>um</strong> die im ersten Schreiben<br />

im einzelnen aufgeführten 43 Kahr 6 ½ Mees Zehntgetreide aus den sechs<br />

Dörfern, deren Zehntpflichtige aufgefordert worden waren, ihre Abgaben nach<br />

Waldershof zu schaffen, zu übernehmen.<br />

Das Getreide habe der Dechant hernach teils „versilbert“, d.h. verkauft, und<br />

teils nach Mockersdorf führen lassen. Nach solchen Hinweisen bat der Redwitzer<br />

Geistliche <strong>seine</strong>n Landesherrn, den Markgrafen, <strong>um</strong> Schutz, d.h. <strong>um</strong><br />

Wahrung <strong>seine</strong>r pfarrlichen Rechte.<br />

Er konnte solche Hilfe ja auch fordern, weil die Pfarre Redwitz von jeher – auch<br />

während der Gegenreformation – unter markgräflich – bayreuthschem Schutze<br />

Stand und der jeweilige Stelleninhaber das so genannte Schutzgeld, zwei Kahr<br />

Hafer jährlich, über das Kastenamt Wunsiedel nach Bayreuth geben musste.<br />

Der Markgraf erinnerte sich auch tatsächlich <strong>seine</strong>r Schutzverpflichtungen im<br />

Falle der Redwitzer Pfarre und protestierte bei der kurfürstlichen Regierung zu<br />

Amberg schriftlich wegen der zurückbehaltenen Zehnten aus den oberpfälzischen<br />

Dörfern.<br />

Zwei Dörfer, Lengenfeld und Manzenberg, bildeten jedoch brandenburgisches<br />

Territori<strong>um</strong>, weshalb der Amtshauptmann Lorenz vom Stein zu Wunsiedel von<br />

Seiten der Regierung befohlen wurde, den zehntpflichtigen in diesen beiden<br />

Orten aufzulegen, den für 1684 fälligen Zehnten, wie bisher, an den <strong>Pfarrer</strong> zu<br />

Redwitz zu liefern, wenn sie sich nicht einer militärischen Gewaltanwendung<br />

(Exekution) aussetzen wollen.<br />

Schon am 5. November 1684 konnte die Amtshauptmannschaft nach Bayreuth<br />

berichten, dass man die fraglichen waldsassischen Untertanen in den bayreuthischen<br />

Dörfern zur Zehntleistung aufgefordert habe und diese versprochen<br />

hätten, ihre Zehnten auch fernerhin nach Redwitz zu schaffen.<br />

Dabei hatten diese aber längst ihr Zinsgetreide nach Waldershof gegeben gehabt,<br />

als Wunsiedeler Beamte zu ihnen kamen, so dass <strong>Pfarrer</strong> Leopold, wie er<br />

selbst berichtete, doch leer ausging.<br />

Schließlich schrieb die Amtshauptmannschaft am 4. Februar 1685 in ähnlichen<br />

Sinne der Regierung, dass die Zehntleute zu Lengenfeld gegen ihre Zusage<br />

ihren Zehnten dem Dechanten zu Mockersdorf geliefert hätten, weil das Kloster<br />

Waldsassen den pfälzischen Untertanen strenge verbot, irgendwelches Getreide<br />

nach Redwitz zu bringen.<br />

Und z<strong>um</strong> Schlusse <strong>seine</strong>s Berichtes hatte der Amtshauptmann noch bemerkt,<br />

dass sich <strong>Pfarrer</strong> Leopold schon etwas mehr von einem bayreuthschen Schutz<br />

versprochen habe und dass er auf solche Weise niemals zu <strong>seine</strong>r rückständigen<br />

<strong>Besoldung</strong> kommen könne.


Inzwischen war es bereits wieder Erntezeit. Nochmals wurde die Amtshauptmannschaft<br />

durch die Bayreuther Regierung aufgefordert, von den Zehntleuten<br />

zu Lengenfeld und Manzenberg die Abfolge des Zehnten nach Redwitz,<br />

diesmal aber gleich für zwei Jahre, gegen Androhung von Strafmaßnahmen, zu<br />

verlangen.<br />

Aber die Beamten mussten nach Bayreuth berichten, dass man wohl erneut der<br />

Aufforderung nachgekommen sei, dass jedoch ohne Gewaltanwendung nicht<br />

zu erreichen, diese indessen wegen der Nähe des egerischen Marktes Redwitz<br />

„gar schwer“ zu wagen wäre.<br />

In der Landeshauptstadt machte man sich nun Gedanken, wie man dem <strong>Pfarrer</strong><br />

wenigstens zu einem Teil <strong>seine</strong>s Zehntgetreides verhelfen könnte und schlug<br />

schließlich dem Wunsiedeler Amtshauptmann vor, die pfälzischen Hintersassen<br />

zu Manzenberg und Lengenfeld, sobald sie sich mit Getreidefuhren zu<br />

Wunsiedel oder anderen nahe gelegenen markgräflichen Orten „betreten<br />

lassen sollten“, anzuhalten und ihnen das Getreide abzunehmen.<br />

Doch auch dieser Vorschlag fand keinesfalls begeisterte Zustimmung der Beamten.<br />

Sie antworteten nämlich, dass von beiden Dörfern überhaupt niemand<br />

mit Getreide nach Wunsiedel komme und man höchstens noch in Dörflas<br />

solche Getreidefuhren antreffen könnte. Es wäre aber, so schrieben sie noch,<br />

auf diese Weise dem Redwitzer Geistlichen ka<strong>um</strong> viel geholfen, höchstens<br />

erreiche man, dass ins künftig niemand mehr aus Manzenberg und Lengenfeld<br />

über Dörflas nach Redwitz fahre.<br />

Da wäre es doch zweckmäßiger, so meinten die Beamten, den Hofinhaber zu<br />

Manzenberg wenigstens durch Angehörige des Ausschusses von zu Hause<br />

abholen zu lassen und ihn zu Wunsiedel so lange mit Arrest zu belegen, bis er<br />

<strong>seine</strong>n Zehnten liefere oder doch dafür Bürgschaft stelle.<br />

Aber so auffällig wollte die Bayreuther Regierung die Angelegenheit doch nicht<br />

betreiben. Sie ordnete dafür am 21. November 1685 an, die Zehntleute zu Lengenfeld<br />

und Manzenberg nochmals aufzufordern, binnen einer bestimmten<br />

Frist das rückständige Getreide nach Redwitz zu liefern.<br />

Der Amtshauptmann Jobst Bernhard von Lindenfels verlangte daraufhin, innerhalb<br />

von 14 Tagen diesem Regierungsbefehl nachzukommen, musste aber am<br />

29. Dezember nach Bayreuth melden, dass <strong>seine</strong>n Beamten zu Lengenfeld und<br />

Manzenberg zur Antwort gegeben worden sei, dass man den Zehnten schon<br />

längst dem Mockersdorfer Pfarrherrn ausgehändigt hätte.<br />

Unterdessen hatte sich auch die kurfürstlich – bayerische Regierung zu Amberg<br />

zu der leidigen Angelegenheit geäußert und sich in Bayreuth über die<br />

Beamten zu Wunsiedel wegen deren unaufhörlichen Gewaltandrohungen beschwert.<br />

Und schrieb dazu, dass man hinsichtlich der Zehntpflichtigen der<br />

Markgrafschaft keinerlei Ansprüche einrä<strong>um</strong>en und „bis z<strong>um</strong> Austrag der<br />

Sache“ das verlangte Getreide nicht ausfolgen lassen könne. Vielmehr müssten<br />

sie von den Wunsiedeler Beamten fordern, dass diese die waldsassischen<br />

Untertanen fernerhin unbedrängt ließen.


Bayreuth wollte aber auf die vorgesehenen militärischen <strong>Ein</strong>griffe nicht ohne<br />

weiteres verzichten, wie es der Amberger Regierung mitteilte, und diese wieder<strong>um</strong><br />

ließ wissen, dass sie nunmehr „Ihrer kurfürstlichen Durchlaucht zu<br />

Bayern“ von dem Streitfall berichtet habe und abwarten wolle, was dazu in<br />

München entschieden werde.<br />

<strong>Ein</strong>e solche Entscheidung dürfte auch bald darauf erfolgt sein; denn die Räte<br />

zu Amberg teilten am 31. Dezember ihren Bayreuther Kollegen mit, dass der<br />

Kurfürst den Zehnten für den Redwitzer <strong>Pfarrer</strong> dann recht gerne freigäbe,<br />

sobald auch der neustädtische Zehnte wieder an den <strong>Pfarrer</strong> zu Mockersdorf<br />

abgefolgt werde.<br />

Doch die Regierung in Bayreuth wollte auf diesen Vorschlag nicht eingehen,<br />

sondern sprach vielmehr die Hoffnung aus, dass man sich recht bald zu<br />

gütlichen Verhandlungen zusammen setzte mit dem Ziele, den auf die pfälzischen<br />

Zehnten gelegenen Arrest wieder aufzuheben.<br />

Obwohl das betreffende Bayreuther Regierungsschreiben vom 13. März 1686<br />

stammte, erfolgte die Antwort darauf von Seiten der Amberger Räte erst am 7.<br />

Januar 1687, und sie war noch dazu schroff ablehnend.<br />

Man lege keine Wert auf eine besondere Konferenz, hieß es darin, sondern<br />

fordere nach wie vor die „Reichung des Mockersdorfischen (= neustädtischen)<br />

Zehnts“.<br />

Auf hoher Ebene schienen damit die Verhandlungen wenigstens vorläufig z<strong>um</strong><br />

Stillstand gekommen zu sein. Dafür wurde der unermüdliche <strong>Pfarrer</strong> Leopold<br />

<strong>um</strong>so aktiver, indem er Brief <strong>um</strong> Brief an die Regierung schickte.<br />

Am 4. Juli 1686 schrieb er beispielsweise, dass ihm nun schon das dritte Jahr<br />

der kleine und große Zehnt vorenthalten werde, obwohl <strong>seine</strong>r Pfarrei der<br />

Zehnte aus den zwei nothaftischen Dörfern Poppenreuth und Helmbrechts seit<br />

nunmehr 300 Jahren ungehindert zufließe, aus den vier anderen Orten Wolfersreuth,<br />

Walbenreuth, Lengenfeld und Rodenzenreuth aber seit 90 Jahren und<br />

dass solche Reichung im Jahre 1649, nach Wiedereinführung der evangelischen<br />

Gottesdienste zu Redwitz, wieder erneut worden sei.<br />

Auch meinte der <strong>Pfarrer</strong>, dass man besorgen müsse, dass das Stift Waldsassen<br />

trotz der weggefallenen Zehntleistungen auf das ihm zugestandene und<br />

von dem jeweiligen Redwitzer Geistlichen zu entrichtende so genannte Inkorporationsgeld<br />

nicht verzichtet werde, z<strong>um</strong>al ja das Kloster noch immer die<br />

hergebrachten zwölf Klafter Brennholz der Redwitzer Pfarrei abfolgen lasse.<br />

Auch über den damaligen Wert des Getreides gibt das Schreiben vom 4. Juli<br />

einige Auskunft. So galt 1684 ein Mees Korn einen kaiserlichen Gulden, 1685<br />

einen Taler, 1686 aber nur 30 Kreuzer oder 7 gute Groschen. Auch das vom<br />

Redwitzer <strong>Pfarrer</strong> zu leistende Schutzgeld wird darin erwähnt, und zwar erklärte<br />

Leopold, dass er, obgleich ihm die Regierung bisher nicht den nötigen<br />

Beistand gewährt habe, trotzdem bis zur Stunde alljährlich die üblichen zwei<br />

Kahr Schutzhafer an das Kastenamt lieferte, zuletzt am 10. Januar 1687.


Freilich sehe er sich schließlich gezwungen, so fügte der Geistliche noch an,<br />

dann <strong>um</strong> Erlassung dieser Reichung zu bitten, wenn der Markgraf den<br />

neustädtischen Zehnten nicht wieder nach Mockersdorf liefern lasse.<br />

In einem weiteren Schreiben vom 10. Januar 1687 musste <strong>Pfarrer</strong> Leopold der<br />

Regierung mitteilen, dass ihm zu allem Unglück jetzt auch noch das Kloster<br />

Waldsassen jene 12 Klafter Holz weggenommen habe, die er seither aus der<br />

Waldung bei Lengenfeld auf Anweisung des waldsassischen Försters zu<br />

Waldershof erhielt.<br />

Seine Notlage sei nun noch weiter gestiegen. Daher bäte er inständig, ihn für<br />

den Ausfall an Getreidezehnt und nunmehr auch an Holz „mit einer Ergötzung<br />

zu besolden“, wie sich solcher besonderen Beihilfe auch die Geistlichen zu<br />

Lindenhardt, Creußen und Weidenberg erfreuen dürften, die damals ebenfalls<br />

auf verschiedene oberpfälzische Reichnisse infolge der gesperrten neustädtischen<br />

Zehnten verzichten mussten.<br />

In einem dritten Schreiben an die Regierung vom 15. August 1687 wiederholte<br />

der Geistliche nachdrücklich <strong>seine</strong> Anliegen und machte dazu noch die interessante<br />

Angabe, dass die weggenommenen Zehnten immerhin den dritten Teil<br />

der „<strong>Ein</strong>künfte der Pfarr“, also schon einen recht ansehnlichen Betrag ausmachten.<br />

Aber die Regierung stellte sich schwerhörig. Sie teilte vielmehr dem Konsistori<strong>um</strong><br />

mit, dass man auf verschiedene Vorschläge des <strong>Pfarrer</strong>s nicht einzugehen<br />

vermöge, dagegen wäre zu überlegen, so meinten die hohen Räte, ob<br />

nicht die anderen im Amt Wunsiedel befindlichen „Gotteshäuser“ der Pfarrei<br />

Redwitz einstweilen, natürlich gegen spätere Wiedererstattung, mit Geldmitteln<br />

aushelfen könnten.<br />

Zu diesem Zwecke hätte die Amtshauptmannschaft Wunsiedel über ihren zuständigen<br />

Superintendenten Nachricht über die Vermögenslage der einzelnen<br />

Pfarreien einzuziehen.<br />

Am 26. Mai 1688 übermittelte Superintendent Magister Saher zu Wunsiedel dem<br />

Konsistori<strong>um</strong> ein Verzeichnis des Vermögens der vorhandenen Pfarreien,<br />

schrieb aber gleich dazu, dass <strong>Pfarrer</strong> Leopold nicht geholfen werden könne,<br />

weil die einzelnen Gotteshäuser das Ihrige selbst benötigten.<br />

Daher musste der Redwitzer Geistliche am 20. Juli 1691 der Regierung gegenüber<br />

klagen, dass er nun bereits das achte Jahr nicht nur auf den großen und<br />

kleinen Zehnten aus den sechs Dörfern und dem Manzenberger Hof, sondern<br />

seit etlichen Jahren auch auf die zwölf Klafter Holz und die halben Stolgebühren<br />

von den drei nothaftischen Dörfern verzichten müsse.<br />

Und wieder<strong>um</strong> flehte er <strong>um</strong> „eine Ergötzung“ für so lange, bis er „zu dem Seinigen<br />

gelange“. Doch der Markgraf unternahm nichts Entscheidendes, sondern<br />

ließ lediglich z<strong>um</strong> wiederholten Male an die Amberger Räte schreiben, dass sie<br />

doch den arrestierten Zehnten endlich wieder gen Redwitz ausfolgen lassen<br />

sollten.


Und erneut gingen zwei Jahre ins Land, ohne dass sich etwas ereignete. Was<br />

war doch an Getreide und Holz der Pfarrei Redwitz bisher entgangen! Schließlich<br />

machten sich eines Tages sogar verschiedene Geheimräte zu Bayreuth Gedanken<br />

darüber und forderten deshalb am 21. November 1693 das Konsistori<strong>um</strong><br />

geziemend auf, ihren Geistlichen zu Redwitz wie auch zu Weidenberg,<br />

Creußen und Lindenhard aufzulegen, binnen vier Wochen eine Aufstellung des<br />

bisherigen Zehntentzugs zu fertigen.<br />

<strong>Ein</strong> diesbezüglicher Auftrag erging sofort an die markgräflichen Beamten zu<br />

Wunsiedel, Neustadt, Creußen, Weidenberg, Pegnitz, Osternohe, Baiersdorf,<br />

Schnabelweid und Bayreuth.<br />

Vermutlich hatte man sich inzwischen auch zu Bayreuth überlegt, ob man nicht<br />

als Gegenmittel und Repressalien etwaige Zehntleistungen aus dem brandenburgischen<br />

Land in die Oberpfalz unterbinden könnte.<br />

Doch am 29. November 1693 teilte der Hauptmann zu Wunsiedel der Regierung<br />

mit, dass aus <strong>seine</strong>m Gebiet weiter keinerlei Zehnte in die „Pfalz“ zu liefern<br />

seien, als was das Dorf Lengenfeld, ferner zwei Untertanen zu Manzenberg und<br />

einer zu Seußen, in das Kloster Waldsassen zu geben hätten.<br />

Dagegen hätte de „Kasten“ zu Wunsiedel aus der Pfalz jährlichen Forst- und<br />

Schutzhafer zu erhalten und zwar von Walbenreuth zwei, von Waldershof elf,<br />

von Wolfersreuth drei und von Rodenzenreuth ebenfalls drei Kahr Erbschutzhafer,<br />

weiter von Grophau (= Grafenau?) acht, von Grün vier, von Konnersreuth<br />

acht, von Höflas fünf und von Büchelberg, alles gleichfalls waldsassische Dörfer,<br />

zwei Kahr zwei Mees Schutzhafer.<br />

Dazu kämen noch, wie es in der Mitteilung hieß, dreißig Kahr „neuer Schutzhafer<br />

egerisch Maß“ von weiteren 24 Stift waldsassischen Dorfschaften und<br />

fünfundzwanzig Kahr fünf Mees Forsthafer aus den waldsassischen Orten<br />

Höflas, Grün, Neudorf und Konnersreuth, der jeweils abgeholt werden müsse,<br />

was eine Gesamtmenge von über 101 Kahr ergebe.<br />

Die Rechnung Bayreuths hinsichtlich etwaiger Gegenmittel ging also leider<br />

nicht auf. Dafür mochten aber die Bayreuther Räte großen Augen gemacht<br />

haben, als sie die verlangte Aufrechnung der dem <strong>Pfarrer</strong> zu Redwitz seither<br />

entgangenen Zehnten, die dieser am 10. Juli 1694 überschickt hatte, lasen.<br />

Und zwar brachte er abzüglich der jährlich ans Kloster abzuführenden 30 Gulden<br />

Inkorporationsgeld und der dem <strong>Pfarrer</strong> zu Waldershof alljährlich zu reichenden<br />

28 Gulden, die allerdings dann zurück behalten wurden, 1260 Taler zusammen,<br />

wozu sogar noch 33 Taler für den kleinen Zehnten, 66 Gulden für<br />

Flachs, 30 Taler für die halben Stolgebühren, 12 Taler für die weggefallenen<br />

jährlichen 12 Klafter Holz, jeweils zu 1 Taler 8 Groschen gerechnet – vorzeiten<br />

erhielt der <strong>Pfarrer</strong> sogar 24 Klafter zugewiesen – und endlich 12 Mees Korn<br />

wegen des Schlosses zu Poppenreuth, die die Amberger Regierung der Pfarre<br />

zuerkannt hatte, kamen.


Das ergab schließlich eine Gesamts<strong>um</strong>me von rund 1413 Talern, einen Betrag<br />

also, dessen Ausfall <strong>Pfarrer</strong> und Pfarrei in schwere Bedrängnis bringen<br />

musste.<br />

Das Gefühl des mangelnden Kontaktes mit dem hochfürstlichen „Episkopus“,<br />

dem Markgrafen Christian Ernst, war keinem bewusster und unangenehmer als<br />

<strong>Pfarrer</strong> Leopold selbst. Mehr und mehr stellten sich weitere nachteilige Folgen<br />

der Hilflosigkeit Bayreuths ein.<br />

So musste <strong>Pfarrer</strong> Leopold am 12. August 1699 berichten, dass der <strong>Pfarrer</strong> von<br />

Ebnath „wegen der gebrauchten bisherigen Gelindigkeit“ der Regierung versuche,<br />

der Superintendentur Wunsiedel den Zehnten zu Reichenbach und<br />

Nagel zu entziehen.<br />

Je weiter die Zeit ging, desto aussichtsloser wurde die Lage für die Redwitzer<br />

Geistlichen. <strong>Ein</strong>es Tages glaubte die Regierung in Bayreuth sogar herausgefunden<br />

zu haben, dass die Schuld an dem verweigerten Zehnten bei <strong>Pfarrer</strong><br />

Leopold selbst liegen müsse, dass also nicht die verweigerten Neustädter Getreidereichungen<br />

die Kurpfalz zur Zurückbehaltung des Zehnten aus den waldsassischen<br />

Dörfern veranlasst habe.<br />

Und zwar ließen die Bayreuther Räte wissen, dass sie vernommen hätten – die<br />

Quelle wurde allerdings verschwiegen! – dass sich der <strong>Pfarrer</strong> geweigert habe,<br />

die sonst von der Kurpfalz von den strittigen Zehnten verlangte Temporalsteuer<br />

zu zahlen und dadurch erst die Streitigkeiten verursachte. Dadurch<br />

konnte sich die Regierung von eigener Schuld freisprechen.<br />

Die Pfarrei Mockersdorf war keineswegs von sämtlichen Zehnten entblößt worden.<br />

Aus einem Bericht der Neustädter Beamten an die Regierung ist nämlich<br />

zu erfahren, dass das Gotteshaus zu Mockersdorf 10 kaiserliche Gulden aus<br />

den Zehnten zu Guttenthau, dazu die zehnte Garbe von zwei Tagwerk Feld des<br />

Bauern Andreas Graf, ferner den Zehnten von den meisten z<strong>um</strong> Gute Göppmannsbühl<br />

gehörigen Feldern, die teils z<strong>um</strong> Schlosse, teils den Gütern der<br />

Untertanen gehörten, und der sich jährlich auf eineinhalb bis zwei Simra von<br />

vielerlei Getreidesorten belief, erhielt.<br />

<strong>Pfarrer</strong> Leopold, der 1701 verstarb, scheint zuletzt resigniert zu haben, weil von<br />

einem weiteren Briefverkehr zwischen ihm und Wunsiedel oder Bayreuth<br />

nichts bekannt ist.<br />

Der Dechant von Mockersdorf bzw. <strong>seine</strong> Nachfolger auf dieser Pfarre genossen<br />

jetzt die einst nach Redwitz geflossenen <strong>Ein</strong>künfte, und es war kein ins<br />

Gewicht fallender Trost für <strong>Pfarrer</strong> Leopold, dass dafür der Pfarrherr von<br />

Mockersdorf die sonst von Seiten der Pfarrei Redwitz wegen der Dorfzehnten<br />

nach Waldershof zu zahlenden 28 Gulden jährlich zu leisten hatte.<br />

Zwei Quittungen aus den Jahren 1697 und 1698 aus dem Verzeichnis der Getreidezehnten<br />

im Gericht Waldershof (siehe „Geschichte des Marktes Waldershof<br />

von Kuttner, Seite 303) bestätigen dies, indem sie davon sprechen, „dass<br />

von Ihro Hochw. H. Dechant von Mockersdorf mir ends unterschriebenen für


das (Jahr) 1697 die nach Waldershof gebührenden 28 Gulden wegen der Dorfzehent<br />

richtig bezahlt worden“.<br />

Abschrift: Alfred Kunz, Weiden, 2012

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!