Die Fuchsmühler Bauernschlacht - Familienforschung-kunz-weiden.de
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Vor 60 Jahren: <strong>Die</strong> <strong>Fuchsmühler</strong> <strong>Bauernschlacht</strong><br />
von Josef Herrmann, Lehrer, Fuchsmühl über Wiesau (Opf.)<br />
aus „<strong>Die</strong> Oberpfalz“ von 1954, Seiten 252 - 254<br />
Zu Fuchsmühl war`s in Bayern, im viererneuz`ger Jahr,<br />
am dreißigsten Oktober, da klagt <strong>de</strong>r Bauern Schar.<br />
Es hungert, frieret Weib und Kind,<br />
o weh, wie wir verkümmert sind<br />
in unserm alten Recht,<br />
in unserm alten Recht.<br />
Der Zoller hat entzogen in Eigensinn und Stolz<br />
uns schon <strong>de</strong>r Jahre viele verbrieftes Rechtlerholz.<br />
Was kann uns hin<strong>de</strong>rn in <strong>de</strong>m Wald,<br />
wenn <strong>de</strong>r Gemein<strong>de</strong> Notruf schallt!<br />
Zu sichern unser Recht,<br />
zu sichern unser Recht!<br />
Herr Amtmann Wall dasteht mit <strong>de</strong>r Gendarmerie,<br />
er hatte requirieret von Amberg Infanterie.<br />
Mit einer Axt zum Wi<strong>de</strong>rstand<br />
hat sich erhoben keine Hand.<br />
Sie hält nur fest ihr Recht,<br />
sie hält nur fest ihr Recht.<br />
Der Tambour wirbelt die Schlegel, nun stürmen sie heran,<br />
da ging es gegen Fein<strong>de</strong> mit scharfen Jatagan.<br />
O Gott, schon blutet manches Herz,<br />
ganz Fuchsmühl lag im Trauerschmerz.<br />
Es blutet für sein Recht,<br />
es blutet für sein Recht.<br />
Auch noch <strong>de</strong>s Kerkers Gitter verschließt manch guten Mann,<br />
<strong>de</strong>r nie in seinem Leben auf einen Treubruch sann.<br />
Der Blutruf schreit hinaus ins Land;<br />
Es lebt ein Gott, <strong>de</strong>m ist bekannt<br />
wohl unser gutes Recht,<br />
wohl unser gutes Recht!<br />
Das ist eines <strong>de</strong>r <strong>Fuchsmühler</strong> Trutzlie<strong>de</strong>r, die – verfasst von unbekannten<br />
Volksdichtern – <strong>de</strong>r Nachwelt auf vergilbten Blättern erhalten geblieben sind<br />
und <strong>de</strong>n Geist bitteren Unrechts atmen, entwachsen <strong>de</strong>m Trotz <strong>de</strong>r Bevölkerung<br />
und mahnend an die unglückselige <strong>Fuchsmühler</strong> Holzschlacht vor 60<br />
Jahren.
Am 30. Oktober jährte es sich zum 60. Male, dass <strong>de</strong>r sonst so stille Ort am<br />
Fuße <strong>de</strong>s Steinwal<strong>de</strong>s im Fichtelgebirge <strong>de</strong>r Schauplatz <strong>de</strong>s unseligen<br />
„Holzkrieges“ war, dass mit militärischer Gewalt ein Aufstand <strong>de</strong>r armen<br />
<strong>Fuchsmühler</strong> Bauern nie<strong>de</strong>rgezwungen wer<strong>de</strong>n musste, weil die <strong>Fuchsmühler</strong><br />
erbittert um ihr heiliges Recht kämpften, um das von ihren Ahnen durch<br />
Frondienste erworbene Holzrecht.<br />
Das Holzrecht <strong>de</strong>r <strong>Fuchsmühler</strong> reichte weit zurück. Seit Menschenge<strong>de</strong>nken<br />
holten sich die Besitzer von über 130 berechtigen Anwesen ihr Holz aus <strong>de</strong>m<br />
zum Rittergut Fuchsmühl gehören<strong>de</strong>n Lehenswald.<br />
<strong>Die</strong> <strong>Fuchsmühler</strong> waren nämlich auf dieses Holz angewiesen, weil es sonst auf<br />
<strong>de</strong>n Höhen <strong>de</strong>s unwirtlichen Steinwal<strong>de</strong>s nicht viel gab, was einem die Existenz<br />
ermöglicht hätte. Obendrein waren die <strong>Fuchsmühler</strong> Holzrechtler, die damals<br />
wirklich arme Teufel waren, durch langwierige Holzprozesse in Schul<strong>de</strong>n<br />
geraten, so dass sie nunmehr ihr heiliges Recht mit Gewalt erzwingen wollten.<br />
Lange Jahre zogen sich die Prozesse dahin und so lange ruhte auch <strong>de</strong>r Bezug<br />
<strong>de</strong>s Rechtholzes, bis endlich das Gericht entschied, dass die Grundherrschaft<br />
auf Grund <strong>de</strong>s 400 jährigen Servituts jährlich 517 1/2 Klafter Holz an die<br />
Berechtigten abzuführen habe.<br />
<strong>Die</strong> <strong>Fuchsmühler</strong> hatten damit zunächst gewonnen und die erregten Gemüter<br />
beruhigten sich wie<strong>de</strong>r.<br />
Doch <strong>de</strong>r Frie<strong>de</strong>n sollte nicht lange dauern. Als nach <strong>de</strong>m To<strong>de</strong> <strong>de</strong>s Freiherrn<br />
Max von Zoller das <strong>Fuchsmühler</strong> Schloss an seinen Sohn Ludwig von Zoller<br />
übergegangen war, kamen <strong>de</strong>n neuen Schlossherrn im Jahre 1892 die gleichen<br />
Be<strong>de</strong>nken wie seinem Vorgänger, nämlich dass <strong>de</strong>r Wald durch die Abgabe <strong>de</strong>s<br />
Rechtholzes in seinem Bestan<strong>de</strong> gefähr<strong>de</strong>t schien.<br />
Ludwig von Zoller lief nun nicht gleich zum Richter, son<strong>de</strong>rn hatte sich<br />
bemüht, eine friedliche Ablösung <strong>de</strong>s Rechtholzes zu erreichen. Mit <strong>de</strong>r von<br />
einem forsttechnischen Gutachten errechneten Ablösungssumme von 90 000<br />
Mark waren die Holzrechtler allerdings nicht einverstan<strong>de</strong>n, weil sie ihr altes<br />
Recht einfach nicht verschachern lassen wollten.<br />
Ludwig von Zoller ließ es auf einen Prozess ankommen. Das Landgericht in<br />
Wei<strong>de</strong>n entschied zu seinen Gunsten, das Oberlan<strong>de</strong>sgericht in Nürnberg gab<br />
aber <strong>de</strong>n <strong>Fuchsmühler</strong>n Recht. Da aber die letzte Instanz, das Oberste Lan<strong>de</strong>sgericht<br />
in München das erstrichterliche Urteil von Wei<strong>de</strong>n bestätigte, war <strong>de</strong>r<br />
zwei Jahre dauern<strong>de</strong> Prozess zu Gunsten <strong>de</strong>s Freiherrn von Zoller ausgegangen.<br />
<strong>Die</strong> <strong>Fuchsmühler</strong> stan<strong>de</strong>n diesem Urteilsspruch verständnislos gegenüber. <strong>Die</strong><br />
Erbitterung griff um sich. Der lange, kalte Winter stand vor <strong>de</strong>r Türe. <strong>Die</strong><br />
<strong>Fuchsmühler</strong> schritten zur Tat.<br />
Am Morgen <strong>de</strong>s 29. Oktober 1894 zog eine große Anzahl von Männern, Frauen<br />
und Knechten – 200 an <strong>de</strong>r Zahl – hinaus zur Lehenswaldabteilung „Schrammlohe“,<br />
ausgerüstet mit Sägen und Äxten. Bald klangen im Wal<strong>de</strong> die Axthiebe,
ald knirschten die Sägen. „Wir hauen unser Recht!“ erklärten die Leute und<br />
ließen sich nicht stören.<br />
Forstpersonal, Gendarmerie und Bezirksamtmann versuchten die „Aufrührer“<br />
von ihrem Treiben abzuhalten. Doch die <strong>Fuchsmühler</strong> ließen sich nicht aus <strong>de</strong>r<br />
Ruhe bringen und setzten auch am 30. Oktober das Holzfällen fort. Inzwischen<br />
war vom Bezirksamt Tirschenreuth Militär zur Aufrechterhaltung <strong>de</strong>r Ordnung<br />
angefor<strong>de</strong>rt wor<strong>de</strong>n. Um die Mittagsstun<strong>de</strong> erschien eine 50 Mann starke<br />
Abordnung <strong>de</strong>s 6. Infanterieregiments aus Amberg.<br />
Ein dumpfer Trommelwirbel hallte durch <strong>de</strong>n Wald. Erstaunt blickten die Leute<br />
von ihrer Arbeit auf. Da erhob <strong>de</strong>r Bezirksamtmann Wall seine Stimme. Er<br />
for<strong>de</strong>rte die Holzfäller auf, unverzüglich nach Hause zu gehen. <strong>Die</strong> <strong>Fuchsmühler</strong><br />
scherten sich nicht darum und arbeiteten seelenruhig weiter. Ein<br />
zweiter Trommelwirbel störte die <strong>Fuchsmühler</strong> genau so wenig. Auch nach<br />
<strong>de</strong>m dritten Trommelwirbel und <strong>de</strong>r letzten Auffor<strong>de</strong>rung arbeiteten die Leute<br />
ruhig weiter.<br />
Jetzt ertönte <strong>de</strong>r Befehl: „Ausschwärmen, mit Sturm, Gewehr rechts!“ Mit<br />
gefällten Bajonetten drangen die Soldaten in <strong>de</strong>n Wald ein. <strong>Die</strong> <strong>Fuchsmühler</strong><br />
wichen <strong>de</strong>r Gewalt und verließen fluchtartig <strong>de</strong>n Wald. Bald war die Räumung<br />
<strong>de</strong>s Wal<strong>de</strong>s been<strong>de</strong>t und das En<strong>de</strong>:<br />
2 Tote, die von hinten nie<strong>de</strong>rgestochen wur<strong>de</strong>n, und 23 Schwer- und<br />
Leichtverletzte, darunter einer mit 17 Stichen im Rücken!<br />
Es folgte ein gerichtliches Nachspiel. Schauplatz war das Landgericht Wei<strong>de</strong>n.<br />
146 Personen stan<strong>de</strong>n wegen „Forstfrevels, Landfrie<strong>de</strong>nsbruches und<br />
Wi<strong>de</strong>rstand gegen die Staatsgewalt“ vor <strong>de</strong>n Schranken <strong>de</strong>s Gerichtes.<br />
Das Urteil verzeichnete Strafen bis zu 6 Monaten Gefängnis. Aber keiner <strong>de</strong>r<br />
Angeklagten brauchte die Strafe abzusitzen. Auf ein Gna<strong>de</strong>ngesuch hin erließ<br />
ihnen <strong>de</strong>r damalige Prinzregent Luitpold die Strafen.<br />
Damit war <strong>de</strong>r Vorhand über das <strong>Fuchsmühler</strong> Drama, dass mit etwas mehr<br />
Menschen- und Rechtsgefühl hätte verhin<strong>de</strong>rt wer<strong>de</strong>n können, gefallen. Man<br />
konnte die <strong>Fuchsmühler</strong> zwar nicht von Schuld freisprechen, weil es einfach<br />
ein Unding war, ein vermeintliches Recht unter Auflehnung gegen die Ordnung<br />
und die Gesetze zu erreichen; an<strong>de</strong>rseits aber verzieh man <strong>de</strong>n <strong>Fuchsmühler</strong>n<br />
nachträglich wie<strong>de</strong>r, weil sie nicht aus bösem Willen zur Aufruhr<br />
han<strong>de</strong>lten, son<strong>de</strong>rn im Glauben an ihr gutes, heiliges Recht.<br />
Aber schließlich hat auch ein Holzrecht seine Grenzen, wenn <strong>de</strong>r Wald dabei zu<br />
Grun<strong>de</strong> geht.<br />
Den erstochenen <strong>Fuchsmühler</strong> Bauern wollte man später ein Denkmal setzen.<br />
Doch wur<strong>de</strong> behördlicherseits die Genehmigung hierzu nicht erteilt. Erst in <strong>de</strong>n<br />
Jahren vor <strong>de</strong>m letzten Krieg hat <strong>de</strong>r Sohn eines Erstochenen diesen<br />
Gedanken in die Tat umgesetzt und <strong>de</strong>n „Hel<strong>de</strong>n <strong>de</strong>s Rechts, <strong>de</strong>n Märtyrern<br />
von Fuchsmühl“ ein einfaches Denkmal in Form eines Grabsteines in <strong>de</strong>m<br />
Dörfchen Fürstenhof gewidmet.
Der jetzige Bürgermeister <strong>de</strong>r Marktgemein<strong>de</strong> Fuchsmühl hatte vor Jahren<br />
einen wenig bekannten, inzwischen aber aus <strong>de</strong>m Leben geschie<strong>de</strong>nen<br />
Schriftsteller namens Fritz Mundhenke beauftragt, das <strong>Fuchsmühler</strong> Drama, in<br />
einem Volksschauspiel festzuhalten.<br />
Das Stück stellt nach <strong>de</strong>m Urteil <strong>de</strong>r Städtischen Bühnen Augsburg zwar eine<br />
gewiss auf fleißigem Quellenstudium beruhen<strong>de</strong> Lokalchronik dar, <strong>de</strong>ren<br />
„Dramatik“ einzig in unflätigen Schimpfworten und abgegriffenen Parolen<br />
besteht, ohne irgen<strong>de</strong>ine tiefere volkskundliche o<strong>de</strong>r gar menschliche Aussage<br />
zu bewirken, so dass es ein sicher redlich heißes Bemühen um eine verlorene<br />
Sache ist.<br />
Der <strong>Fuchsmühler</strong> Wald wechselte im Jahre 1937 seinen Besitzer. <strong>Die</strong> Stadt<br />
Augsburg als Eigentümerin <strong>de</strong>s früheren Lehenswal<strong>de</strong>s löste die Holzrechte<br />
größtenteils ab. Einige Holzbezugsberechtigte sind heute noch vorhan<strong>de</strong>n.<br />
Das <strong>Fuchsmühler</strong> Ereignis ist auch in <strong>de</strong>r Kunst festgehalten wor<strong>de</strong>n. Wer bei<br />
einem Besuch Fuchsmühls in <strong>de</strong>m Verandazimmer <strong>de</strong>s Gastwirtes und<br />
Bürgermeisters Carl Ulrich eine kleine Rast einlegt, <strong>de</strong>r kann mit Interesse das<br />
von Professor Josef Schrödlein geschaffene Monumentalgemäl<strong>de</strong> betrachten.<br />
Damit ist <strong>de</strong>r Nachwelt ein Stück Heimatgeschichte als wertvolles Kunstwerk<br />
überliefert wor<strong>de</strong>n.<br />
Anmerkung:<br />
Das 6. bayer. Inf. Regiment litt bis zum Weltkrieg 1914-1918 unter diesem<br />
Ereignis und <strong>de</strong>r Schimpf- und Spottname „<strong>Fuchsmühler</strong>“ für Angehörige<br />
dieses Regiments führten öfters zu Streitigkeiten, wie sie ja in Garnisonsstädten<br />
mit verschie<strong>de</strong>nen Truppenteilen in Alkoholstimmung immer wie<strong>de</strong>r<br />
vorkamen.<br />
Abschrift: Alfred Kunz, Wei<strong>de</strong>n