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DEUTSCH- LAND IM DRITTEN ANLAUF - FIFA.com

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arm es nur von<br />

Gutem sein, das<br />

Alte und Bestandene<br />

über Bord<br />

Kzu werfen?<br />

Der Drang zum<br />

Fortschritt, der<br />

Drang zum Neuen<br />

bestimmt das Leben . Der<br />

Fußball schließt sich nicht davon<br />

aus . Eine Weltmeisterschaft<br />

ist alle vierJahre sein<br />

größtes Schaufenster . Die Auslage<br />

soll sich immer neu präsentieren<br />

. Das erwartet der<br />

Zuschauerund Kenner .<br />

, >Italia '90« brachte nichts bestechend<br />

Neues . Doch der Fußball<br />

hat sich in Teilen verbessert,<br />

er hat eine Entwicklung<br />

hinter sich, die durchaus gute<br />

Seiten hat . Das Endspiel zwischen<br />

Deutschland und Argentinien<br />

darf jedenfalls nicht dazu<br />

verleiten, in ein stimmungsmäßiges<br />

Tief zu fallen. Dieses<br />

Endspiel war nicht das Spiegelbild<br />

der Endrunde .<br />

Erkenntnis ist vielmehr, daß<br />

immer mehr Mannschaften<br />

alles können . Es soll nicht nur<br />

das Offensivspiel gepriesen<br />

sein, denn die Aufgaben im defensiven<br />

Bereich, wenn der<br />

Gegner im Ballbesitz ist, gilt es<br />

genauso zu meistern . Die ge-<br />

ERKENNT-<br />

~E`VEI1'_<br />

KAILL.SO<br />

IT in~n 9o<br />

dankliche Bereitschaft, auch<br />

die unangenehmen Aufgaben<br />

zu akzeptieren, ist wesentlich<br />

verbessert . Der englische Mittelstürmer<br />

Gary Lineker ließ<br />

bis zum eigenen Strafraum<br />

nicht von seinem Gegner ab,<br />

wenn er ihn zu stören versuchte<br />

. In der Verfassung wie bei<br />

der EM 1988 in Deutschland<br />

erweckt der Holländer Ruud<br />

Gullit in dieser Beziehung allerdings<br />

am meisten Eindruck .<br />

Der Fußballer von heute ist für<br />

alles bereit . Er kann auch im<br />

Kopf schnell umschalten . Er<br />

hat Sinn und Fähigkeit, defensiv<br />

wie offensiv, offensiv wie<br />

defensiv wirksam zu sein .<br />

Die Geschichte des Fußballs ist<br />

ein steter Kampf, denAbwehr<br />

und Angriff um die Vorherrschaft<br />

führen . Die Reibung<br />

zwischen den zwei Polen<br />

macht diesen Sport so interessant.<br />

Derzeit hat die Abwehr<br />

die Überlegenheit . Der, der die<br />

Verantwortung trägt, ist in erster<br />

Linie darum besorgt, nicht<br />

zu verlieren . Das ist nicht das<br />

Ende des großen Offensivspiels<br />

. Wer die Weltmeisterschaften<br />

zurückverfolgt, weiß<br />

das . 1962 in Chile wurde der<br />

defensivste Fußball gespielt,<br />

vier Jahre später in England<br />

waren die Korrekturen und die<br />

verstärkte Konzentration auf<br />

den Angriffunübersehbar .<br />

1970 schließlich brachte ein<br />

herausragendes Turnier. Es<br />

war ein Turnier der Stürmer<br />

und offensiv eingestellten<br />

Kräfte .<br />

Das richtige Verhalten in der<br />

Abwehr kann eine reizvolle<br />

Aufgabe sein . Es gibt Spieler,<br />

die haben es gar zu einer Kunst<br />

geformt . Viele Verteidiger müssen<br />

rennen, weil sie zu wenig<br />

laufen . Sie schauen gedanklich<br />

zu wenig weit voraus . Der Belgier<br />

Eric Gerets ist in dieser<br />

Hinsicht mit seinen 36 Jahren<br />

ein Meister . Die Engländer wiesen<br />

zudem nach, wie wichtig<br />

korrektes Verhalten im Kampf<br />

um den Ball ist. In ihrem Viertelfinal<br />

gegen Kamerun waren<br />

sie in 116 Zweikämpfen gefordert.<br />

Nur sechsmal begingen<br />

sie ein Foulspiel . Der saubere<br />

Angriff auf Mann und Ball war<br />

allgemein deutlich verbessert .<br />

Denn Fairness ist auch ein taktischer<br />

Gesichtspunkt . Wer<br />

demGegner den Ball in kor-<br />

rektem Stil abnimmt, hat keinen<br />

Freistoß aus gefährlicher<br />

Nähe zu fürchten . Auch dieses<br />

Wissen gehört zu den positiven<br />

Tendenzen der WM von<br />

Italien .<br />

Die Regel ist eine starke Abwehr<br />

. Eine Mannschaft wird<br />

dann aufgebaut, wenn der<br />

Gegner den Ball führt . Das<br />

Bauwerk hat sein Fundament<br />

in der Verteidigung . Wer hier<br />

gut steht, hat Ordnung in seinem<br />

Spiel . Die Abwehr ist die<br />

Basis jeder Mannschaft . Nur die<br />

großartige Mannschaft Brasiliens<br />

bei der Weltmeisterschaft<br />

von 1970 war eine Ausnahme .<br />

Sie war derart überlegen, daß<br />

es keine Rolle spielte, wie gut<br />

ihr Torhüter war. So etwas ereignet<br />

sich wohl nur alle<br />

50 Jahre .<br />

Den Angriff zu schulen, wird<br />

die vordringliche Aufgabe der<br />

Trainer in den nächsten vier<br />

Jahren sein . Das wird ihre<br />

Herausforderung sein . Die<br />

Spieler müssen trainiert werden,<br />

sich in Zeitnot, in räumlicher<br />

Enge und unter gegnerischem<br />

Druck Vorteile zu verschaffen<br />

. Sie müssen verstehen,<br />

den Wechsel zwischen<br />

Einzel- und Mannschaftsspiel<br />

zu vollziehen, zwischen Dribbling<br />

und Kombinationsspiel,<br />

Rhythmuswechsel und Spielverlagerung,<br />

Doppel- und<br />

Steilpaß, Innendurchbruch und<br />

Flügelspiel, zwischen Flanke<br />

und Torschuß . In all diesen<br />

Fällen muß sich bewähren, wer<br />

Erfolg haben will. Gar nicht<br />

entscheidend ist, wie viele Angreifer<br />

ein Trainer zum Einsatz<br />

bringt . Entscheidend ist vielmehr,<br />

wie viele Spieler sich in<br />

die Offensive einschalten und<br />

fähig sind, ihre Aufgaben im<br />

gebotenen Tempo zu erfüllen .<br />

Wer wie die Engländer nur mit<br />

einer deutlich erkennbaren<br />

Spitze antritt, macht sein Spiel<br />

unberechenbar und schwer zu<br />

durchschauen .<br />

Die Stürmer erzielten bei der<br />

WM zwar am meisten Tore .<br />

Das aber zeigt auch, wo<br />

weißes Land ist und damit die<br />

Chance zur Spielentwicklung .<br />

Alle Mittel und Möglichkeiten<br />

des Angriffsspiels müssen ausgenutzt<br />

werden . Dazu gehört,<br />

daß Verteidiger und Mittelfeldspieler<br />

noch unausgeschöpfte<br />

Kapazitäten haben, um Tore zu<br />

schießen . Ansätze sind gewiß<br />

da, aber sie rufen nach weiterer<br />

Verbesserung .<br />

Eine Erkenntnis des Weltturniers<br />

war die geminderte Bereitschaft<br />

zum Risiko . Nur zwei<br />

Mannschaften konnten ein<br />

Spiel noch gewinnen, nachdem<br />

sie in Rückstand gelegen<br />

hatten . Das gelang Costa Rica<br />

gegen Schweden und England<br />

gegen Kamerun . Doch die Risikobereitschaft<br />

wird im Wissen<br />

um die Stärken des Gegners<br />

abgeschwächt . Denn Italien<br />

war auch das Bild für die<br />

Gleichwertigkeit der Mannschaften<br />

. Ein 10 :1, das Ungarn<br />

1982 gegen El Salvador zustande<br />

brachte, ist bei einem solchen<br />

Anlaß kaum mehr möglich<br />

. Je größer die Leistungsdichte,<br />

desto weniger Tore<br />

fallen . Das 4:1 der Deutschen<br />

gegenJugoslawien oder der<br />

Tschechoslowakei gegen Costa<br />

Rica waren Ausnahmen . So haben<br />

die Afrikaner aus Kamerun<br />

ihr letztes Gruppenspiel gegen<br />

die Sowjetunion nur deshalb<br />

0 :4 verloren, weil sie für die<br />

Achtelfinals bereits qualifiziert<br />

waren und der Gegner um alles<br />

oder nichts kämpfte .<br />

Die Mannschaften sind gleichwertiger<br />

geworden . Sie kennen<br />

sich durch eingehende direkte<br />

Analysen undam Videogerät .<br />

Es ist schwer geworden, Finten<br />

und Tricks geheimzuhalten .<br />

Vorteile sind heutzutage auf<br />

,mentaler Ebene< zu schaffen .<br />

Eines bleibt stets unverändert :<br />

Fußball ist ein Laufspiel . Stehende<br />

Mannschaften sind sterbende<br />

Mannschaften . Das war<br />

auch in Italien der Fall.

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