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Der neue Musiktheaterabend des Zürcher<br />
Regisseurs und Musikers Thom Luz ist eine<br />
Geistergeschichte, basierend auf wahren Begebenheiten.<br />
Rosemary Brown (1916 – 2001), Witwe und<br />
Mutter von zwei Kindern, lebt in einem Reihenhaus<br />
in Balham, South London. Im November<br />
des Jahrs 1964 besucht sie der Geist von Franz<br />
Liszt und bittet sie, ihr einige Musikstücke<br />
diktieren zu dürfen, die er zu Lebzeiten nicht<br />
mehr habe aufschreiben können. Brown, die<br />
selber keine Musikerin ist und nur über rudimentäre<br />
musikalische Bildung verfügt, willigt<br />
ein. Wenig später tritt Johann Sebastian Bach<br />
mit der gleichen Bitte an sie heran – und gleich<br />
darauf auch Johannes Brahms, Sergei Rachmaninoff,<br />
Edvard Grieg, Claude Debussy,<br />
Robert Schumann, John Lennon und Ludwig<br />
van Beethoven. Im Rückblick auf ihre ersten<br />
Begegnungen beschreibt Brown Chopin später<br />
als Spaßvogel, der oft und gern mit ihr fl irtete.<br />
Beethoven hingegen habe sie angeherrscht,<br />
jetzt endlich Noten schreiben zu lernen und ihr<br />
Klavierspiel zu verbessern, das dauere sonst ja<br />
eine Ewigkeit. In den folgenden Jahren steht<br />
Brown nun immer um halb sieben morgens auf,<br />
frühstückt und empfängt dann von jeweils acht<br />
bis zwei und von drei bis sechs verstorbene<br />
Komponisten zum Musikdiktat. Franz Liszt<br />
fungiert jeweils als Übersetzer. Resultat dieser<br />
Sitzungen sind u. a. eine vierzigseitige Sonata<br />
und zwölf Lieder von Schubert, ein Fantasie-<br />
Impromptu in drei Sätzen von Chopin und zwei<br />
Sonaten, sowie die zehnte und elf te Symphonie<br />
von Beethoven. Rosemary Brown selbst<br />
stirbt 2001 in London.<br />
Die Kompositionen wurden von Experten begutachtet<br />
und als genial befunden. Kritiker<br />
erklärten, sie seien ausgefeilte Fälschungen.<br />
Ein Teil der Fachleute ist nach wie vor von ihrer<br />
Echtheit überzeugt. Ausgehend von diesen<br />
Partituren entwickelt Thom Luz einen Musiktheater-Abend<br />
für drei Musiker, einen Schauspieler<br />
und eine Schauspielerin. Es geht um<br />
den Tod und dessen Wirklichkeit in der Kunst<br />
und im Leben sowie den praktischen Nutzen im<br />
Umgang mit Geistern abseits der gängigen<br />
religiösen, spirituellen oder esoterischen<br />
Praktiken. So viel ist sicher: Wenn jemand die<br />
Grenzen zwischen Leben und Tod durchlässig<br />
machen möchte, ist die Musik das einzige<br />
adäquate Mittel.<br />
Der Abend erzählt, wie Menschen mit weißen<br />
Flecken umgehen, mit Nicht-wissen-können<br />
bei gleichzeitigem Unbedingt-wissen-wollen,<br />
oder Unbedingt-wissen-zu-müssen-glauben.<br />
Die Reaktion der Öffentlichkeit auf Rosemary<br />
Browns Behauptung ist heute die gleiche wie<br />
damals: Man will den Schwindel entlarven,<br />
man will empirische Fakten auf dem Tisch haben<br />
oder zumindest ein offi zielles Statement,<br />
eine staatliche Studie, ein abschließendes<br />
Urteil über Wahr oder Falsch und einen dementsprechenden<br />
Wikipediaeintrag. Das Nichtwissen<br />
ist uns unheimlich und unangenehm.<br />
Deshalb ist der Tod als größter gemeinsamer<br />
Unbekannter auch der beste Geschichtenerfi nder:<br />
Von ganz individuellen Fantasien, die man<br />
sich zurechtlegt, um mit dem Fakt des anstehenden<br />
eigenen Todes umzugehen, bis zu dem<br />
Wettstreit der Poeten und Religionen, wer die<br />
interessanteste, glaubwü rdigste, bestechendste<br />
Geschichte vom Leben nach dem Tod erzählen<br />
kann. In WHEN I DIE geht es um die Geister,<br />
die man ruft, um gemeinsam mit ihnen der<br />
Ungerechtigkeit des Todes entgegenzutreten.<br />
Der Zürcher Theaterregisseur und Musiker Thom<br />
Luz kreiert freie Produktionen und arbeitet für<br />
feste Häuser, u. a. Gessnerallee Zürich, Theater<br />
Basel, Sophiensaele Berlin, Staatstheater<br />
Oldenburg, Kaserne Basel und Rote Fabrik<br />
Zürich. Sein Regiedebüt PATIENCE CAMP<br />
(2007) wurde zum Theaterformen Festival<br />
Hannover eingeladen, und mit dem darauf folgenden<br />
Stück DIE VERLORENE KUNST EIN GE-<br />
HEIMNIS ZU BEWAHREN wurde er von Theater<br />
heute als bester Nachwuchsregisseur 2008<br />
nominiert. 2012 inszenierte er DIE LEIDEN<br />
DES JUNGEN WERTHER von J. W. Goethe am<br />
Theater Basel. 2013 entwickelte mit der Autorin<br />
Laura de Weck die Urauf führung ARCHIV<br />
DES UNVOLLSTÄNDIGEN für die Recklinghauser<br />
Festspiele.<br />
Rosemary Brown (1916 – 2001), widow and mother<br />
of two children, lived in a townhouse in<br />
Balsam, South London. In November 1964 she<br />
was visited by the ghost of Franz Liszt, and he<br />
asked her if he could dictate several music<br />
pieces to her that he had not been able to<br />
write down while he was still alive. Brown, who<br />
was not a musician and only had a rudimentary<br />
musical education, agreed to do this. A short<br />
time later Johann Sebastian Bach approached<br />
her with the same request …<br />
Mit<br />
Suly Röthlisberger<br />
Mathias Weibel<br />
Daniele Pintaudi<br />
Jack McNeill<br />
Samuel Streiff<br />
Raum und Regie<br />
Thom Luz<br />
Musikalische Leitung<br />
Mathias Weibel<br />
Kostüm und Licht<br />
Tina Bleuler<br />
Dramaturgie<br />
Marcus Dross<br />
Tontechnik<br />
Martin Hofstetter<br />
Ausstattungsassistenz<br />
Corinne Dettwiler<br />
Kostümassistenz<br />
Linda Dürst<br />
Produktionsleitung<br />
Gabi Bernetta<br />
Plakatgrafik<br />
Martin Infanger<br />
Programmbuch<br />
Simon Renggli<br />
Fotografie<br />
Reto Schmid<br />
Produktion<br />
Thom Luz in Koproduktion<br />
mit Gessnerallee<br />
(Zürich) und SPIELART<br />
Festival (München),<br />
Kaserne (Basel), Südpol<br />
(Luzern). Gefördert<br />
mit Mitteln von Stadt<br />
Zürich Kultur, Fachstelle<br />
Kultur Kanton Zürich,<br />
Pro Helvetia, Migros<br />
Kulturprozent, Georges<br />
& Jenny Bloch Stiftung,<br />
Ernst Göhner Stiftung –<br />
ein Projekt im Rahmen<br />
von CONNECTIONS<br />
Realisierung<br />
mit Unterstützung von<br />
Pro Helvetia<br />
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