22.10.2013 Aufrufe

Werkbuch Vernetzung. Chancen und Stolpersteine interdisziplinärer ...

Werkbuch Vernetzung. Chancen und Stolpersteine interdisziplinärer ...

Werkbuch Vernetzung. Chancen und Stolpersteine interdisziplinärer ...

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

1<br />

Ein weiteres in der Neurobiologie angelegtes Problem der <strong>Vernetzung</strong> besteht darin, dass wir uns aus<br />

dem vernünftigen Gr<strong>und</strong> der Vermeidung von Schwierigkeiten Probleme in der Zusammenarbeit,<br />

Schwierigkeiten <strong>und</strong> Konfl ikte stärker merken als gelingende Zusammenarbeit. Insofern haben<br />

einige wenige, hochproblematische Fälle in der Zusammenarbeit viel mehr die Chance,<br />

unsere Vorstellungen über die anderen zu prägen, als die mehr oder weniger gelungenen<br />

Routinefälle im Alltag. Insofern bedürfen „Scheiter-Fälle“ einer besonders sorgfältigen Nachbearbeitung.<br />

Es ist fast immer sinnvoll, diese Fälle mit einigem Abstand noch einmal zu besprechen <strong>und</strong><br />

Erklärungen für das Verhalten der einzelnen Akteure, vielleicht auch für das damalige Scheitern zu<br />

fi nden <strong>und</strong> die Bedeutung der einzelnen Haltungen für den weiteren Fallverlauf zu würdigen. Dies<br />

verhindert, dass das Scheitern nachhaltig allein dem Gegenüber, d. h. „der Klinik“, „der Jugendhilfe“,<br />

„dem Jugendamt“ zugeordnet wird <strong>und</strong> man eigene Lernchancen in diesem Prozess verpasst. Zentral<br />

für soziales Lernen in Netzwerken sind Geschichten <strong>und</strong> Metaphern, denn sie evozieren<br />

Bilder, die uns vertraut sind <strong>und</strong> die Orientierung bieten.<br />

Gründe für Reibungsverluste oder gar das Scheitern von Kooperation <strong>und</strong> <strong>Vernetzung</strong> bei Frühen<br />

Hilfen <strong>und</strong> im Kinderschutz gibt es also hinreichend. Demgegenüber sind soziale Kompetenzen wie<br />

die Fähigkeit zur Empathie wichtige Voraussetzungen für eine erfolgreiche Zusammenarbeit. Eine<br />

weitere wesentliche Gr<strong>und</strong>lage für einen gelingenden <strong>Vernetzung</strong>sprozess ist zudem das Wissen um<br />

strukturelle Gegebenheiten unterschiedlicher Institutionen, das Bewusstsein des eigenen institutionellen<br />

<strong>und</strong> berufl ichen Profi ls, der eigenen Kompetenzen <strong>und</strong> Grenzen, aber auch das Wissen um die<br />

Kompetenzen <strong>und</strong> Grenzen der beteiligten <strong>Vernetzung</strong>s- <strong>und</strong> Kooperationspartner.<br />

Die Ergebnisse einer Expertenbefragung im Rahmen des Modellprojektes „Guter Start ins Kinderleben“<br />

stellen einen wesentlichen Beitrag zum Verständnis der Rahmenbedingungen einer gelingenden<br />

Kooperation <strong>und</strong> <strong>Vernetzung</strong> dar. Befragt wurden 28 Experten aus der Kinder- <strong>und</strong> Jugendhilfe<br />

<strong>und</strong> dem Ges<strong>und</strong>heitswesen (z. B. Mitarbeiter <strong>und</strong> Leiter der öffentlichen Jugendhilfe, Mitarbeiter<br />

<strong>und</strong> Leiter von Einrichtungen in freier Trägerschaft, Mitarbeiter <strong>und</strong> Leiter der öffentlichen Ges<strong>und</strong>heitshilfe,<br />

Ärzte, Hebammen <strong>und</strong> medizinische Co-Therapeuten in Kliniken <strong>und</strong> in eigener Praxis),<br />

der Polizei <strong>und</strong> der kommunal jeweils unterschiedlich ausgestalteten Formen der Arbeitsverwaltung<br />

bzw. der Sozialhilfe (getrennte Trägerschaft mit traditionellerArbeitsverwaltung <strong>und</strong> Sozialamt AR-<br />

GEn, bzw. alleinige kommunale Zuständigkeit für die Gewährung von Arbeitslosengeld (ALG II) in<br />

Optionskommunen). Inhalte der Interviews waren u. a. das gr<strong>und</strong>legende Verständnis der Expertinnen<br />

<strong>und</strong> Experten von Kooperation <strong>und</strong> ihre konkreten Erfahrungen in der Kooperation mit ande-<br />

ren Professionen <strong>und</strong> Institutionen. Über die Auswertung dieser Interviews konnten verschiedene<br />

Faktoren identifi ziert werden, die relevant für eine gelingende Kooperation sein dürften. Es wurden<br />

drei Hauptkategorien identifi ziert, die „Haltung“ zu den Kooperationspartnern, „fallübergreifende<br />

Aufgaben“ als Kommunikation über die Kooperation <strong>und</strong> „fallbezogene Aufgaben“.<br />

An den Anfang jeder Kooperation wird von den Experten die Kommunikation über die Kooperation<br />

mit gegenseitiger Information über die jeweils eigenen Systeme <strong>und</strong> die Transparenz bezüglich<br />

Herangehensweise <strong>und</strong> Entscheidungswege gestellt. In einem der Interviews wurde berichtet, dass<br />

erfolgreiche Kooperation mit einem Gespräch über Gelingendes in der bisherigen Zusammenarbeit<br />

begonnen wurde. Dies habe sich als eine fruchtbare Gr<strong>und</strong>lage für die weiteren Gespräche <strong>und</strong> die<br />

weitere Zusammenarbeit gezeigt. Darüber hinaus müssten aus Sicht der Experten die gegenseitigen<br />

Intentionen <strong>und</strong> Erwartungen in Bezug auf die Kooperation geklärt <strong>und</strong> gemeinsame Ziele defi niert<br />

werden, damit die Kooperation für die beteiligten Partner befriedigend verlaufen kann.<br />

47<br />

Gespräche über Gelingendes<br />

in der bisherigen Zusammenarbeit<br />

als Beginn erfolgreicher<br />

Kooperation

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!