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Werkbuch Vernetzung. Chancen und Stolpersteine interdisziplinärer ...

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„ . . . die Hebammen haben ganz<br />

viel Erfahrung, weil sie die Kin-<br />

der sehen <strong>und</strong> sie nach der<br />

Geburt <strong>und</strong> die ganze Stillzeit<br />

betreuen.“<br />

„Andererseits kenne ich auch<br />

Hebammen, die Entwürfe ent-<br />

wickeln, nach denen jeder mit<br />

Hebammen bis zum 18. Lebens-<br />

jahr glücklich werden kann.“<br />

„. . . wir haben ja schon oft über-<br />

legt auch bei uns, die Kinder-<br />

krankenschwestern einzustellen<br />

z. B., die noch mal ganz genau<br />

die medizinische Dinge <strong>und</strong> auch<br />

noch mal die Ernährung usw. im<br />

Blick hat . . . <strong>und</strong> dass man diese<br />

medizinische Sicht auch nicht so<br />

verliert, oder mehr Sicherheit<br />

bekommt.“<br />

86 DIE PARTNER DER VERNETZUNG UND DIE ANALYSE DER STRUKTUREN<br />

HEBAMMEN, ENTBINDUNGSPFLEGER, FAMILIENHEBAMMEN,<br />

KINDERKRANKENSCHWESTERN UND KINDERKRANKENPFLEGER<br />

Hebammen <strong>und</strong> Entbindungspfl eger haben durch ihren frühen <strong>und</strong> niedrigschwelligen Zugang<br />

zu Familien in der sensiblen Phase um die Geburt <strong>und</strong> durch ihre Kontakte im häuslichen Umfeld<br />

die Gelegenheit, die Gesamtsituation der Familie sehr früh <strong>und</strong> umfassend zu sehen. Während die<br />

Geburtskliniken in der Regel ein sehr schmales Zeitfenster von wenigen St<strong>und</strong>en bis Tagen mit den<br />

Familien gemeinsam haben, ist diese Zeit für Hebammen / Entbindungspfl eger auf bis zu acht Wochen<br />

nach der Geburt des Kindes ausgedehnt <strong>und</strong> wird von den meisten Familien sehr positiv bewertet<br />

(genauere Informationen zum Leistungsspektrum von Hebammen siehe Meysen, Schönecker,<br />

Kindler 2009). In diesem Rahmen können Hebammen / Entbindungspfl eger mit ihren vielfältigen<br />

Kompetenzen die Entwicklung der Mutter-Kind-Beziehung <strong>und</strong> die angemessene Versorgung des<br />

Kindes unterstützen. Bei allen <strong>Chancen</strong>, die dies bietet, dürfen Hebammen / Entbindungspfl eger bei<br />

Familien mit Risiken jedoch nicht allein gelassen werden in der Verantwortung für die Entwicklung<br />

der Mutter-Kind-Beziehung. Wo Hebammen / Entbindungspfl eger an ihre fachlichen Grenzen stoßen,<br />

muss es im Rahmen des Netzwerkes Unterstützung <strong>und</strong> Ergänzung mit anderen Kompetenzen<br />

im medizinischen, pädagogischen oder psychologischen Bereich geben, beispielsweise durch die<br />

Möglichkeit einer anonymisierten oder offenen Fallberatung durch andere Professionen oder da-<br />

durch, dass sie andere Professionen hinzuziehen bzw. an diese weitervermitteln. So können im Bedarfsfall<br />

durch die Vermittlung von Hebammen / Entbindungspfl egern frühzeitig Angebote für eine<br />

weitergehende Begleitung gemacht werden.<br />

In der Arbeit an den R<strong>und</strong>en Tischen zeigte sich, dass Hebammen häufi g in einem politischen <strong>und</strong><br />

berufspolitischen Spannungsfeld zwischen hoher Zuweisung an Kompetenzen <strong>und</strong> Verantwortung<br />

einerseits <strong>und</strong> mangelnder Anerkennung <strong>und</strong> Honorierung andererseits stehen. Wie bei den anderen<br />

Berufsgruppen ist es hier in besonderem Maße erforderlich, Kompetenzen, Verantwortung aber auch<br />

Anerkennung <strong>und</strong> Honorierung in Übereinstimmung zu bringen. Zudem formulieren Hebammen<br />

die Bedenken, Patientinnen könnten sich zurückziehen, wenn sie Sorge um das Kindeswohl äußern<br />

oder sie Schritte zur Sicherstellung des Kindeswohls für erforderlich halten. Dies erfordert zum einen<br />

die Schulung von Hebammen / Entbindungspfl egern, wie sie mit Fällen mäßiger oder akuter Kin-<br />

deswohlgefährdung gegenüber Eltern <strong>und</strong> anderen Professionen umgehen können <strong>und</strong> zum anderen<br />

die Bereitschaft von anderen, sich angemessen in Einzelfälle einzubringen, ohne Hebammen den<br />

„Schwarzen Peter“ zuzuschieben <strong>und</strong> diese in ihrer Tätigkeit zu gefährden. Dies gilt in gleichem<br />

Maße für alle anderen freiberufl ich oder niedergelassen tätigen Berufsgruppen wie medizinische<br />

Co-Therapeuten <strong>und</strong> Ärzte.<br />

Um den Zugangszeitrahmen <strong>und</strong> vor allem die psychosozialen Kompetenzen von Hebammen für den<br />

Einsatz in Familien mit Hilfebedarf zu erweitern, wurden in verschiedenen B<strong>und</strong>esländern Weiterbildungsmodule<br />

zur Familienhebamme entwickelt <strong>und</strong> entsprechend Fachkräfte qualifi ziert (z. B.<br />

in Baden-Württemberg <strong>und</strong> Thüringen). Dabei sind die Qualifi kationswege <strong>und</strong> -inhalte momentan<br />

nicht einheitlich geregelt, allerdings hat der B<strong>und</strong>esverband der Hebammen einheitliche Curriculumsinhalte<br />

vorgeschlagen. Ebenso gibt es bisher für die Finanzierung über Projekte hinaus keine verbindlichen<br />

Modelle. Bisherige Modellprojekte förderten den Einsatz von Familienhebammen beispielsweise<br />

als gesetzlich nicht verankerte Frühe Hilfen durch das Land oder eine Kommune oder als Förderung der<br />

Erziehung in der Familie (§16 SGB VIII) <strong>und</strong> als sozialpädagogische Familienhilfe (§ 31 SGB VIII) durch<br />

das Jugendamt. Andere B<strong>und</strong>esländer (z. B. Bayern <strong>und</strong> Rheinland-Pfalz) bieten zum Teil umfangreiche<br />

Qualifi zierungsprogramme für Hebammen an, ohne das Modell der Familienhebamme zu verfolgen.

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