Durch Licht zum Frieden - Großloge der Alten Freien und ...
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<strong>Durch</strong> <strong>Licht</strong> <strong>zum</strong> <strong>Frieden</strong><br />
von Klaus Horneffer 1<br />
Jede neue Freimaurerloge wird in <strong>der</strong> Absicht gegründet, vieles, wenn nicht alles,<br />
besser zu machen, als es bisher geschah. Die neue Einheit soll dem Idealbild einer<br />
Loge entsprechen, das je<strong>der</strong> rechte Freimaurer vor Augen hat, das er als<br />
Wirklichkeit ersehnte, als er in den B<strong>und</strong> aufgenommen wurde, <strong>und</strong> das er vielleicht<br />
auch eine gewisse Zeit hindurch so empf<strong>und</strong>en hat.<br />
Diese Absicht, dieses Ziel schwebte auch den Grün<strong>der</strong>n <strong>der</strong> heute zu feiernden<br />
Loge „<strong>Durch</strong> <strong>Licht</strong> <strong>zum</strong> <strong>Frieden</strong>“ vor. Es ist nicht meine Aufgabe zu prüfen, ob die<br />
Loge ihren Vorsätzen gerecht geworden ist. Es wäre Anmaßung, wenn ich als Außenstehen<strong>der</strong><br />
mir ein Urteil erlauben wollte. Aber an<strong>der</strong>erseits bin ich nicht ganz unfähig,<br />
wenigstens für mich selbst, wenn auch nicht für die Öffentlichkeit, ein Urteil zu bilden.<br />
Denn obwohl ich selbst einige Logen gegründet habe <strong>und</strong> am Entstehen an<strong>der</strong>er<br />
Logen <strong>und</strong> <strong>Großloge</strong>n einen gewissen Anteil hatte, ist doch „<strong>Durch</strong> <strong>Licht</strong> <strong>zum</strong> <strong>Frieden</strong>“<br />
die einzige Loge, <strong>der</strong>en Leben ich über die gesamte Zeit ihrer Existenz, also seit<br />
mehr als 50 Jahren, als Freimaurer beobachten konnte, anfangs mehr aus <strong>der</strong> Nähe,<br />
später mehr aus <strong>der</strong> Ferne.<br />
Ich werde zunächst ein wenig darüber erzählen – quasi als Zeitzeuge <strong>der</strong> Anfänge.<br />
Dabei <strong>und</strong> gegen Ende gehe ich auch auf diese beiden Begriffe ein, die im Namen zusammengefügt<br />
worden sind: <strong>Licht</strong> <strong>und</strong> <strong>Frieden</strong>.<br />
Es war das Jahr 1957, als sich in <strong>der</strong> Kasseler Loge „Goethe zur Bru<strong>der</strong>liebe“ ein<br />
Konflikt entwickelte. Meister vom Stuhl war damals Dr. Adolf Kallweit, Geschäftsführer<br />
des Einzelhandelsverbandes in Kassel 2 . Als Ergebnis <strong>der</strong> Meinungsverschiedenheiten,<br />
<strong>der</strong>en Ursache letztlich zwar organisatorische, aber doch gr<strong>und</strong>sätzliche<br />
Fragen waren, verließ Br. Kallweit mit 19 weiteren Brü<strong>der</strong>n die Loge 3 .<br />
Adolf Kallweit war seit einiger Zeit mit meinem Vater Lutz Horneffer, <strong>der</strong> damals<br />
Meister vom Stuhl <strong>der</strong> Northeimer Loge „Otto zu den fünf Türmen“ war, man darf<br />
sagen, befre<strong>und</strong>et. Im Zusammenhang mit den Auseinan<strong>der</strong>setzungen in <strong>der</strong> Kasseler<br />
Loge suchte Br. Kallweit den Rat <strong>und</strong> die Hilfe meines Vaters. Das Ergebnis <strong>der</strong> Gespräche,<br />
die auch in meinem Elternhaus stattfanden, war, dass diese Kasseler Brü<strong>der</strong><br />
sich vorübergehend unter das Dach unserer Northeimer Loge begaben, bis sie eine eigene<br />
neue Loge in Kassel bilden konnten.<br />
Wie entsteht eine neue Loge? Die Gründung einer Freimaurerloge ist nicht mit <strong>der</strong><br />
Bildung eines beliebigen an<strong>der</strong>en Vereins zu vergleichen, obwohl die Logen Vereine<br />
1 Festrede zur 50-Jahrfeier <strong>der</strong> Freimaurerloge „<strong>Durch</strong> <strong>Licht</strong> <strong>zum</strong> <strong>Frieden</strong>“ #876 i.O. Kassel am 2. April 2011<br />
2 Quelle: Nachruf von Lutz Horneffer auf Adolf Kallweit vom Jan.1970<br />
3 Kallweit, Adolf: Die Freimaurerei in Hessen-Kassel. Baden-Baden 1966, S. 48f.<br />
1
sind, sogar meist eingetragene Vereine. Zunächst einmal müssen die Logengrün<strong>der</strong><br />
sämtlich bereits Freimaurer sein o<strong>der</strong> <strong>zum</strong>indest gewesen sein. Die Mindestanzahl beträgt<br />
neun, unter denen sich wenigstens sieben Brr. Meister befinden. Unseren Gästen<br />
sei erläutert, das seit alter Zeit <strong>und</strong> aus handwerklicher Überlieferung je<strong>der</strong> Freimaurer<br />
zunächst die Stufen eines Lehrlings – nicht etwa eines Auszubildenden – <strong>und</strong> eines<br />
Gesellen durchschreiten muss, ehe als Freimaurermeister seine Aufnahme in den<br />
Freimaurerb<strong>und</strong> eigentlich abgeschlossen ist. Erst dann hat er alle Rechte eines Mitgliedes,<br />
auch das passive Wahlrecht.<br />
Wenn eine hinreichende Anzahl in diesem Sinne qualifizierter Freimaurer den Entschluss<br />
gefasst hat, eine Loge zu gründen, so kann je<strong>der</strong>zeit ein Verein, auch ein in<br />
das Vereinsregister einzutragen<strong>der</strong> Verein, gebildet werden. Dazu genügt es, eine Satzung<br />
zu beschließen <strong>und</strong> einen Vorstand zu wählen. Ein solcher Verein von Freimaurern<br />
kann sich „Freimaurerloge“ nennen <strong>und</strong> einen beliebigen Namen wählen. In den<br />
Augen <strong>der</strong> bestehenden Logen ist eine solche – wie es englisch heißt „self-styled lodge“,<br />
also eine „aus eigenen Gnaden“ selbsternannte Loge keine reguläre Freimaurerloge<br />
<strong>und</strong> ein freimaurerischer Verkehr mit dieser findet nicht statt. Um als ordnungsgemäße<br />
Loge angesehen zu werden <strong>und</strong> weltweite Anerkennung zu genießen muss<br />
eine Freimaurerloge einer anerkannten <strong>Großloge</strong> angehören. Dazu wird die als Verein<br />
mehr o<strong>der</strong> weniger formlos konstituierte Verbindung von Freimaurern an eine anerkannte<br />
<strong>Großloge</strong> die Bitte richten, in dieselbe aufgenommen zu werden <strong>und</strong> von<br />
dieser als Freimaurerloge nach den überlieferten Gepflogenheiten eingesetzt zu werden.<br />
Ein solches Ersuchen haben unsere Grün<strong>der</strong> von „<strong>Durch</strong> <strong>Licht</strong> <strong>zum</strong> <strong>Frieden</strong>“ an<br />
die <strong>Großloge</strong> <strong>der</strong> <strong>Alten</strong> <strong>Freien</strong> <strong>und</strong> Angenommenen Maurer von Deutschland gerichtet,<br />
die allerdings im Jahre 1957 noch einen etwas an<strong>der</strong>en Namen trug. Bei <strong>der</strong> Neugründung<br />
einer Loge <strong>und</strong> insbeson<strong>der</strong>e dann, wenn die Gründung darauf zurückgeht,<br />
dass eine Reihe von Freimaurern sich von ihrer bisherigen Loge trennen, ist es häufig<br />
angezeigt, die Neubildung zunächst unter die Aufsicht einer bestehenden, selbständig<br />
arbeitenden Freimaurerloge zu geben. Man möchte sehen, ob die Absichten <strong>der</strong> Grün<strong>der</strong><br />
Bestand haben <strong>und</strong> ihrem Vorhaben Dauer vorhergesagt werden kann. Es hat immer<br />
wie<strong>der</strong> Gründungen von Logen gegeben, bei denen <strong>der</strong> Enthusiasmus <strong>der</strong> Väter<br />
bald verflogen ist. Solche „Eintagsfliegen“ möchte man nicht haben. Dass eine <strong>der</strong>artige<br />
Sorge, wenn sie denn bestanden haben sollte, bei unserer Loge „<strong>Durch</strong> <strong>Licht</strong> <strong>zum</strong><br />
<strong>Frieden</strong>“ unbegründet war, sehen wir nach 50 Jahren mehr als deutlich.<br />
Bereits am 19. November 1957 erfolgte <strong>der</strong> Gründungsbeschluss <strong>der</strong> Kasseler<br />
Brü<strong>der</strong>. Aber erst am l. August 1959 genehmigte die <strong>Großloge</strong> eine freimaurerische<br />
Vereinigung – ein heute nicht mehr benutzter Begriff – unter dem uns vertrauten Namen.<br />
Die freimaurerische Vereinigung wurde <strong>der</strong> Loge „Otto zu den 5 Türmen" in<br />
Northeim unterstellt. Am 25. November 1960 erhielt die freimaurerische Vereinigung<br />
ein Konstitutionspatent als Deputationsloge <strong>der</strong> Northeimer Loge. Nun konnte sie eigene<br />
freimaurerische Veranstaltungen durchführen, allerdings noch keine Suchenden,<br />
also nichtmaurerische Kandidaten, zu Freimaurern aufnehmen. Dies blieb ihrer Mutterloge<br />
vorbehalten.<br />
2
Ich erinnere mich an die einzelnen Schritte von damals nur noch bruchstückhaft.<br />
Mein Vater hat mir erzählt, dass ein auswärtiger Freimaurer, wohl ein Meister vom<br />
Stuhl, ihm gegenüber die Bemerkung gemacht habe, die Unterstellung <strong>der</strong> Kasseler<br />
Brü<strong>der</strong> unter seine Northeimer Loge sei ja wohl mehr eine Formsache. Mein Vater<br />
entgegnete, das sei keineswegs <strong>der</strong> Fall. Die Kasseler Mitglie<strong>der</strong> <strong>der</strong> freimaurerischen<br />
Vereinigung bzw. <strong>der</strong> späteren Deputationsloge nähmen regelmäßig <strong>und</strong> eifrig<br />
an den offiziellen freimaurerischen Veranstaltungen in Northeim teil. Das war nicht<br />
immer ganz einfach, weil man etwa im Winter nachts über den Kaufunger Wald zurückfahren<br />
musste, häufig bei Eis <strong>und</strong> Schnee. Einzelne Brü<strong>der</strong> reisten auch schon<br />
einmal mit <strong>der</strong> Bahn nach Northeim. So weiß ich., dass einer <strong>der</strong> ältesten von ihnen,<br />
Br. Rudolf Preuß, geboren 1882, einmal meinen Vater aufsuchte, nur um ihm <strong>zum</strong><br />
Geburtstag zu gratulieren. Vielleicht war dies am 17. Mai 1958. Das die Bindung an<br />
Northeim keine Formsache war, kann man auch daran sehen, dass Br. Kallweit <strong>zum</strong><br />
Vorsitzenden des Ehrenrates gewählt wurde.<br />
Deutlich erinnere ich mich an ein für mich beson<strong>der</strong>s beglückendes Erlebnis, nämlich<br />
das meiner Beför<strong>der</strong>ung <strong>zum</strong> Meister am 21. März 1958. Es war mein Vater, <strong>der</strong><br />
in seiner Eigenschaft als Meister vom Stuhl die Zeremonie durchführte – es muss<br />
auch für ihn ein beson<strong>der</strong>es Erlebnis gewesen sein, <strong>zum</strong>al meine Aufnahme <strong>zum</strong> Freimaurer<br />
im Jahre1956 <strong>und</strong> die Beför<strong>der</strong>ung <strong>zum</strong> Gesellen im darauffolgenden Jahre<br />
noch in unserer Mutterloge „Augusta <strong>zum</strong> Goldenen Zirkel“ in Göttingen durch <strong>der</strong>en<br />
Meister vom Stuhl Dr. Ferdinand Lehm erfolgt war. Es war nämlich so, dass bis<br />
<strong>zum</strong> 16. Februar 1957 auch „Otto zu den fünf Türmen“ keineswegs selbständig, also<br />
wie es in <strong>der</strong> Sprache <strong>der</strong> Freimaurer heißt – gerecht <strong>und</strong> vollkommen – war. Bei <strong>der</strong><br />
Wie<strong>der</strong>gründung nach <strong>der</strong> Verbotszeit des Nationalsozialismus schien es zunächst geraten,<br />
als Deputationsloge <strong>der</strong> Göttinger Loge zu arbeiten. Erst mein Vater erreichte<br />
dann die Umwandlung in eine gerechte <strong>und</strong> vollkommene Loge.<br />
Der zweite Weltkrieg lag damals ja noch nicht sehr lange zurück. Noch näher als<br />
die mit ihm verb<strong>und</strong>enen schrecklichen Erlebnisse war meinem Vater die erst sehr<br />
spät erfolgte Nachricht, dass <strong>der</strong> vermisste älteste Sohn bereits 1945 gefallen war. Jedenfalls<br />
wird für meinen Vater die Erhebung seines zweiten Sohnes – die des dritten<br />
erfolgte fünf Jahre später – ein sehr bedeutsamer Akt gewesen sein. Wohl deswegen<br />
lud er die Kasseler Brü<strong>der</strong>, die recht zahlreich nach Northeim gekommen waren, am<br />
späten Abend in sein Haus zu einem Glas Wein ein. Es war ein Freitag, man durfte<br />
schon bis in die Nacht zusammen sein. Sehr lange währte die Begegnung nicht, aber<br />
mir ist unvergessen <strong>der</strong> beson<strong>der</strong>s warme Ton, mit dem gerade die Kasseler Brü<strong>der</strong><br />
den jungen Meistermaurer ganz offensichtlich in ihr Herz schlossen.<br />
Im folgenden Jahr 1959 bewilligte – wie erwähnt – die <strong>Großloge</strong> die Bildung einer<br />
freimaurerischen Vereinigung unter dem Namen „<strong>Durch</strong> <strong>Licht</strong> <strong>zum</strong> <strong>Frieden</strong>“ <strong>und</strong><br />
wie<strong>der</strong>um ein Jahr später erhielt diese ein Patent als Deputationsloge meiner Northeimer<br />
Mutterloge. Während dieser Zeit gelang es den Kasseler Brü<strong>der</strong>n zwei Herren 4<br />
dem B<strong>und</strong> zuzuführen, die beide unverzüglich in Northeim aufgenommen wurden.<br />
Am 22. Januar 1961 endlich erfolgte die rituelle Einsetzung <strong>der</strong> neuen Loge durch die<br />
4 Otto Fiebig <strong>und</strong> Karl-Ludwig Wallbach, aufg. Am 27.11.1960<br />
3
<strong>Licht</strong>einbringung, die im Schloss Schönfeld stattfand.<br />
Die Loge ist in einer Zeit <strong>der</strong> Gärung <strong>und</strong> Umstrukturierung <strong>der</strong> deutschen Freimaurerei<br />
entstanden. Unsere erst 1949 aus Verbotszeit <strong>und</strong> Kriegswirren entstandene<br />
<strong>Großloge</strong> war bestrebt, alle deutschen Freimaurer unter einem Dach zusammenzuführen.<br />
Das ist in gewisser, wenn auch nicht voll befriedigen<strong>der</strong> Weise schließlich im<br />
Jahre 1958 mit <strong>der</strong> Vereinigung <strong>der</strong> beiden größten freimaurerischen Körperschaften<br />
in den Vereinigten <strong>Großloge</strong>n von Deutschland gelungen. Die sehr schwierigen Verhandlungen<br />
<strong>und</strong> die noch ungeklärten organisatorischen Fragen mögen mit ein Gr<strong>und</strong><br />
dafür gewesen sein, dass sich <strong>der</strong> Prozess bis zur Einsetzung <strong>der</strong> Loge „<strong>Durch</strong> <strong>Licht</strong><br />
<strong>zum</strong> <strong>Frieden</strong>“ als gerecht <strong>und</strong> vollkommen so lange hingezogen hat.<br />
Wenn die rein vereinsmäßigen <strong>und</strong> protokollarischen Fragen geklärt sind, was<br />
manchmal, wie auch unserem Fall, Jahre dauert, spielt sich die im engeren Sinn freimaurerische<br />
Gründung <strong>und</strong> Bestätigung <strong>der</strong> neuen Loge durch einen feierlichen Akt<br />
unter Ausschluss <strong>der</strong> Öffentlichkeit ab, <strong>der</strong> durch den Großmeister <strong>der</strong> zuständigen<br />
<strong>Großloge</strong> o<strong>der</strong> dessen Vertreter vorgenommen wird.<br />
Diese Feier <strong>der</strong> Einbringung des <strong>Licht</strong>es in die Loge beruht auf <strong>der</strong> Vorstellung,<br />
dass allein die nationale freimaurerische Ordnung, im Regelfall also die <strong>Großloge</strong>, im<br />
Besitz des maurerischen <strong>Licht</strong>es ist, das von ihr an ihre Tochterlogen ausgeteilt wird.<br />
Erst wenn die Loge ebenfalls im Besitz des <strong>Licht</strong>es ist, kann sie ordnungsgemäß freimaurerisch<br />
arbeiten. Welche überhöhte – um nicht zu sagen religiöse – Bedeutung<br />
dem <strong>Licht</strong> auch bei sehr weltlichen Veranstaltungen beigemessen wird, kann man ersehen,<br />
wenn man an die Entzündung des Olympischen Feuers denkt. Hier wird am<br />
Ort <strong>der</strong> antiken Spiele das <strong>Licht</strong> direkt von <strong>der</strong> Sonne geholt, die alles Leben auf <strong>der</strong><br />
Erde erst ermöglicht. Und dann wird das <strong>Licht</strong>, das olympische Feuer, in corpore <strong>und</strong><br />
nicht virtuell, durch die Län<strong>der</strong> getragen <strong>und</strong> an den jeweiligen Ort des Geschehens<br />
gebracht.<br />
Ob religiöse Gefühle bei diesem Vorgang eine Rolle spielen, ist fraglich. In <strong>der</strong> Antike<br />
waren die Spiele von Olympia <strong>und</strong> auch solche an<strong>der</strong>er Orte religiöse Angelegenheiten.<br />
Ob das mit den freimaurerischen Feiern heutzutage auch so ist, will ich<br />
jetzt nicht untersuchen. Vieles deutet daraufhin, das die in den Freimaurerlogen in<br />
Wort, Bild <strong>und</strong> Handlungen vorherrschende <strong>Licht</strong>symbolik jedenfalls gr<strong>und</strong>sätzlich in<br />
<strong>der</strong> Lage ist, tiefgehende Gefühle im Teilnehmer <strong>der</strong> Feier hervorzurufen. Die <strong>Licht</strong>einbringung<br />
ist die wahre Geburt <strong>der</strong> Loge, <strong>und</strong> wenn Freimaurer wie wir heute ein<br />
Stiftungsfest begehen, so handelt es sich um das Fest <strong>der</strong> Erinnerung an diese Geburt.<br />
Stiftungsfeste sind nicht die einzigen Jahresfeste <strong>der</strong> Logen, die somit eine enge Beziehung<br />
zur <strong>Licht</strong>symbolik besitzen. Das ist noch mehr beim Fest Johannis des Täufers<br />
<strong>der</strong> Fall, dem eigentlichen jährlichen <strong>Licht</strong>fest, das in je<strong>der</strong> Loge um den 24. Juni<br />
herum begangen wird – zuweilen von allen Logen eines Ortes o<strong>der</strong> gar einer <strong>Großloge</strong><br />
gemeinsam.<br />
Am Fest <strong>der</strong> <strong>Licht</strong>einbringung <strong>der</strong> Loge „<strong>Durch</strong> <strong>Licht</strong> <strong>zum</strong> <strong>Frieden</strong>“ nahmen viele<br />
bekannte Freimaurer teil. Auch mein Vater ist mit mir nach Kassel gefahren. Für seinen<br />
Beitrag am Aufbau <strong>der</strong> Loge wurde er durch Verleihung des Titels „Ehrenmeister“<br />
geehrt. Außerdem wurde an diesem 21. Januar 1961 das älteste noch lebende<br />
4
Mitglied als erster neuer Bru<strong>der</strong> <strong>der</strong> Loge in den B<strong>und</strong> aufgenommen. Ich spreche<br />
von dem Altstuhlmeister Br. Walter Hornung, <strong>der</strong> also in diesem Jahre 2011 sein 50jähriges<br />
Maurerjubiläum begehen konnte. Die <strong>Licht</strong>einbringung begründete viele<br />
Jahre emsigen Aufbaus, wobei die Arbeiten zunächst stets in den schönen Räumen im<br />
Schloss Schönfeld durchgeführt wurden. Die vielen Begegnungen dort habe ich in<br />
denkbar erfreulichster Erinnerung. Das Schloss Schönfeld ist für mich wie für manchen<br />
an<strong>der</strong>en Bru<strong>der</strong> geradezu <strong>zum</strong> Synonym für die Loge „<strong>Durch</strong> <strong>Licht</strong> <strong>zum</strong> <strong>Frieden</strong>“<br />
geworden. Ich freue mich zu hören, dass es durch private Initiative am Leben<br />
erhalten wird.<br />
Neben den eigentlich freimaurerischen Arbeiten hat die Loge in jenen frühen Jahren<br />
auch viel für den inneren Zusammenhalt <strong>der</strong> Familien <strong>der</strong> Brü<strong>der</strong> getan. Es gab<br />
zahlreiche Veranstaltungen, an denen auch die Damen teilnahme, wie etwa besinnliche<br />
St<strong>und</strong>en in <strong>der</strong> Adventszeit. Bei einer solchen konnte auch ich einmal einen<br />
Wortbeitrag leisten 5 . Mehrfach traf man sich zu vergnüglichen Grillfesten auf dem<br />
Brauereigelände des Brs. Förster in Homberg/Efze. Meine Frau <strong>und</strong> ich hatten die<br />
Freude, im September 1965 dort Gast sein zu dürfen 6 . Als wir am Ort des Geschehens<br />
eintrafen, war Br. Rolf Stockhaus damit beschäftigt, den Spießbraten zwecks guten<br />
Gelingens mit Wasser zu besprengen, wozu er drolligerweise eine WC-Bürste benutzte.<br />
Er versicherte uns glaubhaft, dass dieselbe fabrikneu war.<br />
Seit dem Jahre 1969 wurde das Haus in <strong>der</strong> Friedrichstraße von den Logen „<strong>Durch</strong><br />
<strong>Licht</strong> <strong>zum</strong> <strong>Frieden</strong>“ <strong>und</strong> „Goethe zur Bru<strong>der</strong>liebe“ gemeinsam genutzt. Anfangs arbeitete<br />
auch die Loge „Zur Fre<strong>und</strong>schaft“dort <strong>und</strong> so waren alle drei Kasseler Logen<br />
unter einem Dach vereint. Aus diesem Anlass bat <strong>der</strong> damalige Meister vom Stuhl,<br />
<strong>der</strong> noch in Northeim aufgenommene Br. Otto Fiebig, mich, am 9. September den<br />
Festvortrag – die Zeichnung, wie wir sagen – aufzulegen, was ich mit dem Bemerken<br />
tat, das <strong>Licht</strong> maurerischer Einsicht <strong>und</strong> brü<strong>der</strong>lichen Einvernehmens habe also den<br />
<strong>Frieden</strong> bewirkt. Gegenstand des Vortrages waren die möglichen Zukunftsaufgaben<br />
<strong>der</strong> Loge „<strong>Durch</strong> <strong>Licht</strong> <strong>zum</strong> <strong>Frieden</strong>“. Ich sah dreierlei: Erziehung zur Brü<strong>der</strong>lichkeit,<br />
Nachwuchsför<strong>der</strong>ung <strong>und</strong> Öffentlichkeitsarbeit, wobei ich für letztere die eher ungewöhnliche<br />
For<strong>der</strong>ung aufstellte, mehr mit dem in die Außenwelt zu treten, was wir<br />
beson<strong>der</strong>s gut können, nämlich zu feiern. Daran wird sich kaum mehr jemand erinnern.<br />
Aber vielleicht ist <strong>der</strong> heutige Abend doch ein gewisser Nachklang jenes 40<br />
o<strong>der</strong> mehr Jahre alten Wunsches.<br />
Seitdem ich im Jahre 1973 nach Bremen verzogen war, war es mir naturgemäß<br />
nicht mehr möglich, die Loge „<strong>Durch</strong> <strong>Licht</strong> <strong>zum</strong> <strong>Frieden</strong>“ so oft zu besuchen wie zuvor.<br />
Immerhin holte mich im Oktober 1981 <strong>der</strong> damalige Meister vom Stuhl Dr.<br />
Manfred Adamietz zu einem Öffentlichen Vortrag in seine Loge. Im Mai 1987 oblag<br />
<strong>der</strong> Loge „<strong>Durch</strong> <strong>Licht</strong> <strong>zum</strong> <strong>Frieden</strong>“ die Ausgestaltung des traditionsreichen Festes,<br />
das die südhannoverschen Logen seit vielen Jahren gemeinsam begehen. Hartmut<br />
Blume war damals Meister vom Stuhl. Er brauchte nicht viel Überredungskunst, um<br />
5 Am 08.12.67<br />
6 11.09.65, auf <strong>der</strong> Reise zur Mathematiker-Tagung in Freiburg<br />
5
mich dazu zu bewegen, den Festvortrag zu halten.<br />
Einigen früheren Mitglie<strong>der</strong>n <strong>der</strong> Loge „<strong>Durch</strong> <strong>Licht</strong> <strong>zum</strong> <strong>Frieden</strong>“ begegnete ich<br />
an an<strong>der</strong>en Orten immer wie<strong>der</strong> einmal. Eine große Freude war es, als ich in Bremen<br />
dem Br. Guido Baron von Swiekowsky-Trzaska begegnete, <strong>der</strong> in Stickhausen in Ostfriedland<br />
lebte. In seinen letzten Lebensjahren konnten wir noch manche wun<strong>der</strong>baren<br />
Gespräche führen. Es war die Zeit, als ich in Bremen eine neue Loge gründete,<br />
wobei mir die moralische Unterstützung Guidos <strong>und</strong> an<strong>der</strong>er Kasseler Brü<strong>der</strong> eine<br />
große Hilfe war. Sie gaben mir zurück, was ihnen vielleicht mein Vater einmal geben<br />
konnte. Schweiko, wie wir den als „roter Baron“ verschrieenen Br. von Swiekowsky-<br />
Trzaska nannten, war für einige Monate bis zur <strong>Licht</strong>einbringung in Kassel auch Mitglied<br />
meiner Northeim Mutterloge gewesen. Er war ein ungewöhnlicher aufrechter<br />
Mensch. Für eine bekannte Kasseler Firma hat er mehrere Jahre in Persien verbracht.<br />
Als die Firma anfing, schwere Waffen in den Iran zu liefern, verließ Schweiko aus<br />
Gewissensgründen seinen lukrativen Posten.<br />
Den Mitgrün<strong>der</strong> <strong>der</strong> Loge Br. Hans-Georg Krumreich traf ich im Jahre 1991 7 bei<br />
<strong>der</strong> <strong>Licht</strong>einbringung in Jena wie<strong>der</strong>. Unsere frühere Verbindung durch die Loge<br />
„<strong>Durch</strong> <strong>Licht</strong> <strong>zum</strong> <strong>Frieden</strong>“ führte dazu, dass wir gemeinsam die Wie<strong>der</strong>gründung <strong>der</strong><br />
250 Jahre alten Rostocker Loge „Zu den drei Sternen“ betrieben. Bis zu seinem Tode<br />
diente er, <strong>der</strong> zuletzt in Mannheim lebte, auch <strong>der</strong> Rostocker Loge.<br />
Meine sehr verehrten Damen, meine Herren, liebe Brü<strong>der</strong>. Warum erzähle ich dies<br />
alles, obwohl ich fürchten muss, dass Sie denken werden, nun sei ich selber alt geworden<br />
<strong>und</strong> entsprechend geschwätzig. Ich will ihnen zeigen, dass <strong>der</strong> B<strong>und</strong> <strong>der</strong> Freimaurer<br />
Begegnungen <strong>und</strong> Erlebnisse schenken kann, die auch über ein halbes Jahrhun<strong>der</strong>t<br />
hin nicht vergessen werden. Dabei habe ich noch gar nicht das wirklich größte<br />
Erlebnis erwähnt, das ein Mann erfahren kann, wenn er Freimaurer wird. Dieser<br />
Gedanke bringt mich zu meiner Absicht zurück, mich noch ein wenig dem Namen<br />
unserer Loge zu widmen.<br />
Es ist nicht ganz sicher, wer den Namen „<strong>Durch</strong> <strong>Licht</strong> <strong>zum</strong> <strong>Frieden</strong>“ erf<strong>und</strong>en hat.<br />
Vielleicht war es Br. Heusel, <strong>der</strong> Maler, <strong>der</strong> auch das Abzeichen <strong>der</strong> Loge, das Bijou,<br />
wie wir sagen, geschaffen hat. Wie bei vielen an<strong>der</strong>en Gründungen auch entspricht<br />
<strong>der</strong> Name dem, was ich zu Beginn sagte: <strong>der</strong> Absicht, vieles besser zu machen, als<br />
bisher. Es sind nicht wenige Logen, <strong>der</strong>en Ursprung ein Konflikt ist. Der Außenstehende<br />
mag sich fragen, wie das möglich ist, wo doch den Freimaurern so viele ideale<br />
Bestrebungen wie Toleranz, Menschenliebe <strong>und</strong> an<strong>der</strong>es zugeschrieben wird.<br />
Dazu ist folgendes zu sagen. Das primäre Ziel des Freimaurerb<strong>und</strong>es ist, Menschen<br />
zusammenzuführen, die gewisse Gr<strong>und</strong>anschauungen über die Verantwortung<br />
des Individuums gegenüber sich selbst, <strong>der</strong> Welt <strong>und</strong> <strong>der</strong> Gemeinschaft aller Menschen<br />
teilen. Freimaurer sind <strong>der</strong> Überzeugung, dass die Menschen viel mehr Gemeinsamkeiten<br />
besitzen als ihnen in <strong>der</strong> Regel bewusst ist <strong>und</strong> dass die Pflege dieser<br />
den <strong>Frieden</strong> unter ihnen för<strong>der</strong>t. Sie meinen, dass die überaus enge Verbindung, die<br />
die Freimaurerei schafft, aus ihren Mitglie<strong>der</strong>n das macht, was ihrer Ansicht nach alle<br />
Menschen sein sollten, nämlich Brü<strong>der</strong>. Die Freimaurer sind <strong>der</strong> Überzeugung, dass<br />
7 Am 3.10.1991<br />
6
je<strong>der</strong> einzelne Mensch <strong>und</strong> die gesamte Menschheit einer sittlichen Höherentwicklung<br />
fähig sei. Dies hat Emil Selter, ein Frankfurter Kin<strong>der</strong>arzt <strong>und</strong> seiner Zeit weit<br />
bekannter Freimaurer, immer als das einzige Dogma <strong>der</strong> Freimaurerei bezeichnet 8 .<br />
Den Menschen in diesem optimistischen Glauben zu bestärken <strong>und</strong> in seinem Bemühen<br />
zu unterstützen, die Utopie <strong>der</strong> Realität näher zu bringen, das ist des Freimaurers<br />
tägliche Arbeit. Er hat dazu seine inzwischen allgemein bekannte, wenn auch nur<br />
wenig verstandene rituelle Methode <strong>der</strong> Erziehung <strong>und</strong> Bildung entdeckt. Trotzdem<br />
bilden wir uns nicht ein, dass Freimaurer als solche bereits bessere Menschen seien.<br />
In einem freimaurerischen Lehrgespräch des 18. Jahrhun<strong>der</strong>ts wird die Frage formuliert:<br />
Sind die Maurer bessere Menschen als an<strong>der</strong>e? Die Antwort lautet: Manche<br />
sind weniger tugendhaft als an<strong>der</strong>e Menschen; aber meistenteils sind sie doch besser<br />
als sie sein würden, wenn sie nicht Maurer wären. 9<br />
Damit müssen wir uns bescheiden. „Leicht beieinan<strong>der</strong> wohnen die Gedanken,<br />
doch hart im Raume stoßen sich die Sachen“ 10 lässt Schiller seinen Wallenstein sagen.<br />
Als im Jahre 1978 in meine Bremer Loge das <strong>Licht</strong> eingebracht worden war, sagte er<br />
vollziehende Großmeister, Dr. Hermann Prinke, ein Arzt 11 , oft sei ja die Gründung einer<br />
neuen Loge eine schwere Geburt, aber meist entwickele sich das Kind doch ganz<br />
gut. So war es bei uns in Bremen, so war es auch bei „<strong>Durch</strong> <strong>Licht</strong> <strong>zum</strong> <strong>Frieden</strong>“.<br />
Ich verzichte darauf, längere Ausführungen über die Idee des <strong>Licht</strong>es, die im Namen<br />
unserer Loge auftaucht, zu machen. Nur soviel: Das rituelle Geschehen im Freimaurerb<strong>und</strong><br />
zeigt, dass es sich bei <strong>der</strong> Freimaurerei wie bei allen Mysterienbünden<br />
um einen <strong>Licht</strong>kult handeln. Wie diese sprechen auch die Freimaurer davon, dass dem<br />
Neopyht im Augenblick <strong>der</strong> Initiation das freimaurerische <strong>Licht</strong> gegeben wird <strong>und</strong><br />
dass <strong>der</strong> Außenstehende in Finsternis wandelt. Freimaurerische Feste sind <strong>Licht</strong>feste.<br />
Gefeiert werden Tod <strong>und</strong> Wie<strong>der</strong>geburt des <strong>Licht</strong>es. Dabei darf man <strong>Licht</strong> synonym<br />
mit vielen an<strong>der</strong>en Begriffen wie Erkenntnis,Wahrheit, Aufklärung, Leben sehen. Die<br />
Parole kann daher sowohl lokal verstanden werden: Erkenntnis <strong>und</strong> Wahrheit sollen<br />
<strong>zum</strong> inneren <strong>Frieden</strong> <strong>und</strong> zur Harmonie in <strong>der</strong> Loge führen. Man kann den Rahmen<br />
aber auch viel weiter ziehen: Nur Ehrlichkeit, Offenheit <strong>und</strong> Wahrheitsliebe können<br />
schließlich <strong>zum</strong> <strong>Frieden</strong> auf Erden führen. Wie lautete doch Her<strong>der</strong>s Wahlspruch:<br />
<strong>Licht</strong>, Liebe, Leben.<br />
So soll die programmatische Bedeutung des Namens unserer Loge nicht nur den<br />
Mitglie<strong>der</strong>n <strong>der</strong> Loge son<strong>der</strong>n uns allen Richtschnur sein <strong>und</strong> bleiben: <strong>Durch</strong> <strong>Licht</strong><br />
<strong>zum</strong> <strong>Frieden</strong>.<br />
8 Vgl. SELTER, Emil: Festrede in <strong>der</strong> Morgenfeier des 14. Okt. 1956 in: Festschrift aus Anlass des 200jährigen<br />
Jubiläums <strong>der</strong> Johannis-Freimaurerloge „Carl zur Eintracht“ im Or. Mannhein. Hg. Hugo Hellmuth, S.11<br />
9 Zitiert nach HORNEFFER, August: Freimaurerisches Lesebuch. 4. Aufl. Hamburg 1951, S. 29<br />
10 Schiller, Sämtliche Werke hrsg. v. G. Fricke u. H.G.Göpfert, München 1981, Bd. II, S. 435<br />
11 Dr. Hermann Prinke, Celle, am 3.12.1978<br />
7