Bildungsort Familie - Université de Fribourg
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Aus solchen Grün<strong>de</strong>n geht man heute davon<br />
aus, dass das sogenannte ‚Vereinbarkeitsmo<strong>de</strong>ll‘,<br />
das auf <strong>de</strong>r Teilzeitarbeit von Müttern und<br />
<strong>de</strong>r Vollzeitarbeit von Vätern aufbaut, überholt<br />
ist. <strong>Familie</strong>npolitik – so <strong>de</strong>r allgemeine Tenor –<br />
muss neu entwickelt wer<strong>de</strong>n. In Diskussion sind<br />
<strong>de</strong>shalb neue Mo<strong>de</strong>lle <strong>de</strong>r Vereinbarkeit von<br />
<strong>Familie</strong> und Arbeit, welche Vätern und Müttern<br />
eine gleiche Beteiligung an Elternschaft und Erwerbstätigkeit<br />
erlauben. Dementsprechend setzen<br />
sie auf <strong>de</strong>n Einbezug <strong>de</strong>r Väter in flexible<br />
betriebliche Arbeitszeitmo<strong>de</strong>lle und auf eine öffentlich<br />
akzeptierte Kultur <strong>de</strong>r Fremdbetreuung.<br />
<strong>Familie</strong>naktivitäten und För<strong>de</strong>rmassnahmen<br />
Blickt man auf die Freizeitaktivitäten von Vorschulkin<strong>de</strong>rn<br />
aus relativ bildungsnahen <strong>Familie</strong>n,<br />
dann geht es ihnen gut. Dass <strong>de</strong>m so ist, dürfte<br />
vor allem <strong>de</strong>r Verfügbarkeit von Zeit und Geld und<br />
einem insgesamt interessierteren Erziehungsstil<br />
zuzuordnen sein. Dementsprechend kann man<br />
heute hohe und steigen<strong>de</strong> Investitionen von bildungsambitionierten<br />
<strong>Familie</strong>n in ihren Nachwuchs<br />
feststellen. Für die Kin<strong>de</strong>r gehen damit zwei wesentlichen<br />
Begleiterscheinungen einher:<br />
erstens, dass <strong>de</strong>r Alltag genau strukturiert<br />
und das <strong>Familie</strong>nleben und <strong>de</strong>ren Organisation<br />
auf die För<strong>de</strong>rung <strong>de</strong>s Kin<strong>de</strong>s ausgerichtet<br />
ist. Für das freie Spiel jenseits <strong>de</strong>s elterlichen<br />
Einflusses bleibt dabei wenig Zeit;<br />
zweitens, dass Kin<strong>de</strong>rkontakte auf das gleiche<br />
Milieu beschränkt bleiben. Weil sie von<br />
ihren Eltern handverlesen verabre<strong>de</strong>t wer<strong>de</strong>n,<br />
können sie nicht mehr lernen, mit Kin<strong>de</strong>rn<br />
klarzukommen, die nicht ihrem Herkunftsmilieu<br />
entsprechen.<br />
Viele Eltern geben offen zu, dass sie mit solchen<br />
För<strong>de</strong>ranstrengungen ihren Kin<strong>de</strong>rn beson<strong>de</strong>rs<br />
gute Bedingungen beim Schuleintritt schaffen<br />
wollen. Weil Eltern oft an seinen Nachwuchs beson<strong>de</strong>rs<br />
hohe Erwartungen stellen und von seinen<br />
Begabungen und Talenten überzeugt sind, investieren<br />
sie viel Zeit, Geld und ein rationalisiertes<br />
<strong>Familie</strong>nleben in eine angemessene Betreuung<br />
und För<strong>de</strong>rung. Eindrücklich manifestieren sich<br />
solche Bemühungen auch in <strong>de</strong>n <strong>de</strong>utlich angestiegenen<br />
Früheinschulungen. Es stellt sich damit<br />
die Frage, inwiefern die Inhalte <strong>de</strong>s Angebots<br />
selbst noch im Mittelpunkt stehen o<strong>de</strong>r ob die<br />
För<strong>de</strong>rung ein Mittel zum Zweck respektive eine<br />
neue Art von Disziplinierung <strong>de</strong>s Kin<strong>de</strong>s gewor<strong>de</strong>n<br />
ist.<br />
Entwicklung, Betreuung und För<strong>de</strong>rung von Vorschulkin<strong>de</strong>rn in <strong>de</strong>r Mittelschicht<br />
Seite 22<br />
Damit verbun<strong>de</strong>n – und dies ist nicht ganz unwichtig<br />
– ist die Anerkennung, welche <strong>de</strong>n Eltern<br />
selbst von an<strong>de</strong>ren Eltern zuteil wird. Es sind<br />
nämlich gera<strong>de</strong> die ‚sozialen Nachbarn‘, die ähnlich<br />
bildungsambitioniert sind, welche als Vergleichsmassstab<br />
für die För<strong>de</strong>rung <strong>de</strong>r Kin<strong>de</strong>r und<br />
die Ansprüche an sie dienen. Mit diesem Sachverhalt<br />
und <strong>de</strong>r Wahl <strong>de</strong>s Betreuungsarrangements<br />
eng verknüpft ist die Mobilität. Gemeint ist<br />
damit die Tatsache, dass junge <strong>Familie</strong>n zunehmend<br />
aus Wohnvierteln wegziehen, die keinen<br />
ausgeglichenen Anteil an Angehörigen <strong>de</strong>s eigenen<br />
Milieus respektive viele ausländische <strong>Familie</strong>n<br />
haben. Die Forschung spricht dabei von sozialräumlicher<br />
Segregation.<br />
Mediennutzung<br />
Wie leben heute in einer sich ständig verän<strong>de</strong>rn<strong>de</strong>n<br />
Medienwelt. Für Kin<strong>de</strong>r hat das Angebot<br />
und die Vielfalt an nutzbaren Medien enorme<br />
Ausmasse angenommen. Sie sind Teil einer<br />
Informations- und Wissensgesellschaft, in <strong>de</strong>r<br />
Wissen Macht be<strong>de</strong>utet und <strong>de</strong>r richtigen Auswahl<br />
und Suche von Informationen grösste Be<strong>de</strong>utung<br />
zukommt. Entsprechend steht schon<br />
Vorschulkin<strong>de</strong>rn ein breites Angebot zur Verfügung,<br />
wobei beson<strong>de</strong>rs das Fernsehen an Be<strong>de</strong>utung<br />
gewonnen hat. Dazu kommen Computer,<br />
Gameboy und Spielkonsolen, Kassettenrekor<strong>de</strong>r<br />
etc.<br />
Insgesamt sind Medien im Zusammenhang mit<br />
<strong>de</strong>n Aufwachsbedingungen von Kin<strong>de</strong>rn und Jugendlichen<br />
ein viel- und sehr kontrovers diskutiertes<br />
Thema – man <strong>de</strong>nke beispielsweise an<br />
die Publikation «Digitale Demenz» (Spitzer,<br />
2012). Für das Vorschulalter sind Medien jedoch<br />
kaum untersucht. Aus <strong>de</strong>n wenigen verfügbaren<br />
Studien lassen sich <strong>de</strong>shalb kaum Schlüsse ziehen.<br />
Weiterführen<strong>de</strong> Literatur<br />
Bühler-Nie<strong>de</strong>rberger, D. (2011). Lebensphase<br />
Kindheit. Weinheim: Juventa.<br />
Bun<strong>de</strong>samt für Statistik (2008). <strong>Familie</strong>n in <strong>de</strong>r<br />
Schweiz. Statistischer Bericht. Neuenburg: Bun<strong>de</strong>samt<br />
für Statistik.<br />
Stamm, M. et al. (2009). Frühkindliche Bildung<br />
in <strong>de</strong>r Schweiz. Eine Grundlagenstudie im Auftrag<br />
<strong>de</strong>r UNESCO-Kommission Schweiz. <strong>Fribourg</strong>:<br />
Departement Erziehungswissenschaften.