Bildungsort Familie - Université de Fribourg
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<strong>Bildungsort</strong> <strong>Familie</strong><br />
Seite 33<br />
Briefing Paper 7: Pädagogische und bildungspolitische<br />
Konsequenzen<br />
Dieses Briefing Paper greift die wichtigsten Ergebnisse<br />
unserer FRANZ-Studie heraus, diskutiert<br />
sie und leitet daraus sieben Empfehlungen<br />
ab. Wie mehrfach bereits betont, sind sie auf die<br />
Mittelschicht ausgerichtet.<br />
Mehrheitlich anregungsreiche <strong>Familie</strong>numwelten<br />
Insgesamt zeigt unsere FRANZ-Studie, dass die<br />
meisten Kin<strong>de</strong>r eine Vorschulzeit in anregen<strong>de</strong>n<br />
familiären Umgebungen verbracht haben. Die<br />
Eltern planen in mo<strong>de</strong>ratem Ausmass die Aktivitäten<br />
für ihre Kin<strong>de</strong>r, die weitgehend auf eine<br />
ganzheitliche Entwicklung ausgerichtet sind. Da<br />
86% <strong>de</strong>r Eltern auch über ein beträchtliches kulturelles<br />
Kapital im Sinne von vielen Büchern,<br />
Zeitungen und Zeitschriften verfügen, üben sie<br />
auch in dieser Hinsicht eine beträchtliche Mo<strong>de</strong>llwirkung<br />
auf ihre Kin<strong>de</strong>r aus. Da sie <strong>de</strong>n Medienkonsum<br />
ebenfalls gezielt kontrollieren und<br />
ihn bewusst und in Interaktion mit <strong>de</strong>m Kind<br />
gestalten, ergibt sich insgesamt ein Bild einer<br />
entwicklungsför<strong>de</strong>rlichen Vorschulkindheit. Dass<br />
dieser allgemeine Befund allerdings zu differenzieren<br />
ist, zeigt unsere Typologie. Sie verweist<br />
darauf, dass in diesen <strong>Familie</strong>n sowohl akzelerierte<br />
als auch verlangsamte kindliche Entwicklungsmuster<br />
möglich sind.<br />
Empfehlung 1: Es sollte verstärkt zur Kenntnis<br />
genommen wer<strong>de</strong>n, dass es erziehungskompetente<br />
<strong>Familie</strong>n gibt. Sie kommen nicht nur<br />
ihren Aufgaben und Verpflichtungen nach,<br />
son<strong>de</strong>rn stellen ihren Kin<strong>de</strong>rn auch gute Entwicklungsmöglichkeiten<br />
zur Verfügung. Solche<br />
Mo<strong>de</strong>lle haben durchaus Best-Practice<br />
Charakter und sollten <strong>de</strong>shalb in <strong>de</strong>r Diskussion<br />
um Frühför<strong>de</strong>rung und <strong>Familie</strong>nverantwortung<br />
ebenso thematisiert wer<strong>de</strong>n wie die<br />
Negativmo<strong>de</strong>lle von <strong>Familie</strong>n, <strong>de</strong>nen dies<br />
nicht gelingt. Der bildungs- und sozialpolitische<br />
Blick sollte ein differenzierterer wer<strong>de</strong>n<br />
als er bisher ist.<br />
Vielfältige Betreuungsmuster, aber mütterliche<br />
Hauptverantwortung<br />
Die Vielfalt <strong>de</strong>r Betreuungsmuster ist enorm.<br />
30% <strong>de</strong>r Kin<strong>de</strong>r sind in ihren ersten drei Lebensjahren<br />
ausschliesslich familienintern, 70% zusätzlich<br />
durchschnittlich an zwei Wochentagen<br />
fremdbetreut wor<strong>de</strong>n. Im Vergleich zur Schwei-<br />
zer Durchschnittsbevölkerung mit 48% ausschliesslich<br />
familieninterner und 52% familienergänzen<strong>de</strong>r<br />
Betreuung sind die Anteile unserer<br />
Studie damit höher. Ein Drittel <strong>de</strong>r Kin<strong>de</strong>r ist in<br />
<strong>de</strong>n ersten drei Lebensjahren zu<strong>de</strong>m an mehr als<br />
zwei Orten betreut wor<strong>de</strong>n. Mit dreieinhalb<br />
Jahren waren es mehr als 50%, bei <strong>de</strong>n Fünfjährigen<br />
jedoch wie<strong>de</strong>r nur mehr 38%. Mit <strong>de</strong>m<br />
Besuch <strong>de</strong>s Kin<strong>de</strong>rgartens haben offenbar viele<br />
<strong>Familie</strong>n vermehrt auf zusätzliche familienergänzen<strong>de</strong><br />
Betreuung verzichtet, weshalb <strong>de</strong>r<br />
Anteil <strong>de</strong>r ausschliesslich zuhause betreuten<br />
Kin<strong>de</strong>r im Alter von fünf Jahren auf fast 50%<br />
angestiegen ist.<br />
Auch unsere Studie kommt – wie viele an<strong>de</strong>re<br />
Untersuchungen – zum Schluss, dass die Betreuung<br />
zuhause mehrheitlich von <strong>de</strong>n Müttern<br />
geleistet wird, auch wenn diese einer Berufstätigkeit<br />
von 60% o<strong>de</strong>r mehr nachgehen. Sie sind<br />
es vorwiegend, welche die interne Verantwortung<br />
für die Erziehung, Betreuung und För<strong>de</strong>rung<br />
tragen und mit allen Kompromissentscheidungen<br />
durch <strong>de</strong>n <strong>Familie</strong>n- und Berufsalltag<br />
jonglieren.<br />
Empfehlung 2: Die Diskussion um die Vereinbarkeit<br />
von Beruf und <strong>Familie</strong> ist nahezu ausschliesslich<br />
auf das Mo<strong>de</strong>ll <strong>de</strong>r Berufstätigkeit<br />
bei<strong>de</strong>r Elternteile ausgerichtet und auf eine<br />
einzelne Betreuungsform fokussiert – die<br />
Kita, die Tagesfamilie o<strong>de</strong>r die Nanny – und<br />
damit zu wenig auf die Tatsache, dass <strong>de</strong>r<br />
Grossteil <strong>de</strong>r <strong>Familie</strong>n eine Kombination verschie<strong>de</strong>ner<br />
Möglichkeiten wählen will o<strong>de</strong>r<br />
wählen muss.<br />
Die familienpolitische Diskussion sollte somit<br />
verstärkt verschie<strong>de</strong>ne familiäre Betreuungsmo<strong>de</strong>lle<br />
und auch <strong>de</strong>n möglicherweise nicht<br />
immer unproblematischen Mix an Betreuungsmustern<br />
in <strong>de</strong>n Blick nehmen. Die offenbar<br />
starke interne Rolle <strong>de</strong>r Mutter, auch<br />
wenn diese beruflich engagiert ist, sollte zu<strong>de</strong>m<br />
<strong>de</strong>n Blick für die Notwendigkeit öffnen,<br />
dass eine Diskussion zu kurz greift, welche lediglich<br />
die Teilzeitarbeit von Vätern in <strong>de</strong>n<br />
Blick nimmt.