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orientierUnGsrAhMen - Marie Meierhofer Institut für das Kind

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teiL 1 – dAs FUndAMent<br />

Lernen Und entWiCKLUnG<br />

in keiner anderen Lebensphase sind<br />

spielen und Lernen, entwicklungs- und<br />

bildungsprozesse so eng miteinander<br />

verzahnt wie in der frühen <strong>Kind</strong>heit.<br />

Die frühe <strong>Kind</strong>heit ist eine sehr lernintensive Zeit, in<br />

der die Basis <strong>für</strong> lebenslanges Lernen sowie den Erwerb<br />

von wichtigen Lebenskompetenzen liegt. In den ersten<br />

Lebensjahren werden die entscheidenden Verknüpfungen<br />

und Netzwerke im Gehirn angelegt. Nachfolgende,<br />

spätere Erfahrungen werden sukzessive darin<br />

integriert. Es gehört zu jedem Entwicklungsverlauf,<br />

<strong>das</strong>s Kompetenzen, Möglichkeiten und Interessen aufgebaut<br />

und teils später wieder abgebaut werden bzw. in<br />

den Hintergrund treten. Kleine <strong>Kind</strong>er lernen vieles<br />

und verlernen manches wieder. In keiner anderen<br />

Lebensphase ist die Plastizität des Gehirns grösser als<br />

in der frühen <strong>Kind</strong>heit. Das Gehirn sucht sich von Anfang<br />

an seine Anregungen, es sucht nach Abwechslung,<br />

weil es diese <strong>für</strong> seine Entfaltung braucht. Fehlende<br />

Anregungen und Impulse in der frühen <strong>Kind</strong>heit lassen<br />

sich später nur sehr beschränkt kompensieren. Entwicklungsrückstände<br />

sind nur teilweise aufholbar und Fehlentwicklungen<br />

kaum zu reparieren.<br />

Vom ersten Tag an treten <strong>Kind</strong>er auf der Basis vielfältiger<br />

und komplexer Wahrnehmungsvorgänge in<br />

Austausch mit ihrer Umwelt und mit sich selbst. Über<br />

Blickkontakte und Sehen, über Hören und Lauschen,<br />

über Riechen und Schmecken, über Fühlen und Tasten<br />

sammeln sie erste konkrete Erfahrungen mit ihrer materiellen<br />

und sozialen Nahumwelt. Sie verarbeiten die<br />

vielfältigen Sinneswahrnehmungen und weisen ihnen<br />

Sinn und Bedeutung zu. So setzen sie sich aktiv und<br />

kreativ mit der Welt und sich auseinander. Sie beschäftigen<br />

sich zum Beispiel mit physikalischen Gesetzmässigkeiten,<br />

wie etwa der Schwerkraft, mit Bewegungsabläufen<br />

und Gesichtsausdrücken. Auf diese Weise<br />

konstruieren sie ihre eigenen Denk- und Erklärungsmuster.<br />

Im Gehirn entwickeln sich daraus bedeutende<br />

Netzwerkverbindungen. Diese neuronalen und mentalen<br />

Landkarten werden durch neue Erfahrungen und<br />

neue Informationen immer weiter ausdifferenziert,<br />

verändert oder verworfen. Frühkindliches Lernen geschieht<br />

durch die Verknüpfung von bereits bestehenden<br />

26<br />

Erfahrungen mit neuen Informationen, von bereits<br />

Bekanntem mit Neuem. <strong>Kind</strong>er entwickeln in dieser<br />

Phase wichtige kognitive und lernmethodische Kompetenzen.<br />

Sie bilden Kategorien und versuchen, die<br />

vielfältigen Informationen und Erfahrungen der Welt<br />

zu ordnen. Sie entfalten Konzentrationsfertigkeiten,<br />

wenn sie etwas Neues erkunden. Sie versuchen Probleme<br />

zu lösen und probieren verschiedene Lernstrategien<br />

aus. Sie entwickeln Ehrgeiz, Motivation und logisches<br />

Denken.<br />

<strong>Kind</strong>er zeigen Begeisterung, wenn sie lernen. Sie<br />

müssen sich aber auch <strong>für</strong> etwas begeistern, um zu lernen.<br />

Nur Lernen, <strong>das</strong> Freude macht, bleibt bei kleinen<br />

<strong>Kind</strong>ern nachhaltig hängen. Frühkindliche Lernvorgänge<br />

werden von Gefühlen begleitet: <strong>Kind</strong>er nehmen<br />

beeindruckende Anstrengungen auf sich, weil ihre<br />

Neugier sie motiviert. Bei Erfolg ist ihr Lernen von echten<br />

Glücksgefühlen (Flow-Erleben) begleitet. Kleine<br />

<strong>Kind</strong>er messen dabei Erfolge an ihrer Freude am Tun<br />

und an dessen Wirkung. Wenn ein <strong>Kind</strong> etwas Neues<br />

entdeckt und mit vollem Engagement und Eifer ausprobiert<br />

hat, erlebt es sich selbst als aktiv und wirksam.<br />

Bereits ein Säugling ist zufrieden mit sich und seinem<br />

Tun. Ein Kleinkind kann schon Stolz empfinden. Nach<br />

erfolgreicher Anstrengung streben sie immer wieder<br />

nach neuen Herausforderungen und Entdeckungen,<br />

nach erneuten Glücksgefühlen. Der natürliche Lerntrieb<br />

der <strong>Kind</strong>er stärkt somit ihre Persönlichkeit. <strong>Kind</strong>er,<br />

die erfolgreich und lustbetont lernen, erleben sich<br />

selbst als starke und selbstsichere Lernende. Sie gehen<br />

freudig und aufgeschlossen neuen Bildungs- und Lernmöglichkeiten<br />

entgegen. Die beschriebene Art von Lernen<br />

beschränkt sich dabei keineswegs auf kognitive<br />

Inhalte. <strong>Kind</strong>er erwerben auf dieselbe Weise auch sozioemotionale<br />

Kompetenzen und bauen ein belastbares,<br />

positives Selbstbild auf.<br />

Lernen heisst <strong>für</strong> <strong>Kind</strong>er vor allem Spielen. Spielen<br />

ist die Hauptbeschäftigung des <strong>Kind</strong>es. Lernen und<br />

Spielen sind keine Gegensätze, sondern weitgehend<br />

eins. Spielen kann als elementare und ausgesprochen<br />

vielfältige Form des Lernens bezeichnet werden. Im<br />

Spiel drücken sich Emotionen, Neugier, Kreativität,<br />

Wissensdurst, Einsatzbereitschaft und Beharrlichkeit<br />

des <strong>Kind</strong>es aus. In Spielhandlungen erarbeitet sich<br />

<strong>das</strong> <strong>Kind</strong> sein Bild von der Welt und von sich selbst.

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