Stadtmagazin Neue Szene Augsburg 2013-06
Das Stadtmagazin für Augsburg und Umgebung. Aktuelle Info immer auch unter www.neue-szene.de
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<strong>Neue</strong> ue <strong>Szene</strong>: 2011 und 2012 habt ihr mit den<br />
Sportfreunden ortfreunden pausiert. Wollt ihr mit dem<br />
neuen uen Song „Wieder kein Hit“ ausdrücken,<br />
dass s auch das Nichtstun kreativ sein kann?<br />
Peter er Brugger: Das Lied drückt aus, dass man sei- seine<br />
Pflicht auch mal nicht erfüllen sollte. Das öffnet<br />
den Horizont und kann sehr inspirierend sein.<br />
Oft meint man, unbedingt irgendetwas erreichen<br />
zu müssen und verliert sich dann darin.<br />
Viele glauben, das Leben als Musiker sei ein<br />
einziger Spaß. Ist dem so?<br />
Rüdiger Linhof: Das ist ein schönes und romantisches<br />
Bild, weswegen ich auch Musiker geworden<br />
bin. Und es stimmt ja, dass man die meiste Zeit<br />
sehr viel Spaß hat. Aber es gibt bei uns auch die<br />
„Hirnschiss-Zeit“, in der man sich neu sortieren<br />
muss. Die Regeln sind einfach anders gesetzt als<br />
in einem normalen Beruf. Dort gibt es eine Hierarchie<br />
und man kotzt vielleicht über den Chef ab.<br />
In der Musikbranche hingegen ist man selbst die<br />
Person, die sich zusammenreißen und sich seine<br />
Leidenschaft und Neugier bewahren muss.<br />
Dient die „Hymne auf Dich“ vor allem der<br />
Selbstmotivation?<br />
Brugger: Ich finde, es ist für alle Menschen<br />
wichtig, sich selber mal zu feiern. Sich nicht von<br />
Zweifeln, Ängsten und Druck niederbügeln zu<br />
lassen, sondern mal zu schauen, was man für sich<br />
geschafft hat. Weil jeder Mensch einzigartig ist.<br />
Kennt ihr selbst Zweifel und Ängste?<br />
Linhof: Nach dem letzten Album hatten wir das<br />
Gefühl, ein bisschen müde zu sein und uns untereinander<br />
neu sortieren zu müssen. Das Leben<br />
hat sich halt verändert in den 17 Jahren, in denen<br />
es uns inzwischen gibt. Aber wir in der Gruppe<br />
haben uns nicht so richtig verändert. Deswegen<br />
tat es gut, sich mal voneinander zu entfernen<br />
und sich neu zu justieren. Nachdem wir uns nach<br />
einer Weile wieder getroffen hatten, spürten wir<br />
schnell, dass es zwischen uns immer noch super<br />
ist. Dann konnten wir auch wieder gute Lieder<br />
schreiben.<br />
„Festungen & Burgen“ zum Beispiel thematisiert<br />
die Sprachlosigkeit und Unfähigkeit von<br />
Menschen, im Leid Gefühle zu teilen. Wo habt<br />
ihr dies beobachtet?<br />
Brugger: Diese Beobachtungen habe ich sowohl<br />
an mir selbst als auch an Menschen gemacht, die<br />
mir nahe sind. Es ist einfach wahnsinnig schwer,<br />
über tiefe Verletzungen zu sprechen. Und gleichzeitig<br />
ist es der erste Schritt zur Gesundung. Gerade<br />
in unserem Alter hat sich vieles aufgestaut.<br />
Jeder Mensch hat Rückschläge und Tiefschläge<br />
erlebt. Aber man darf sich nicht in seiner Festung<br />
einbuddeln.<br />
Kann der Kollege, mit dem man seit vielen Jahren<br />
Musik macht, gleichzeitig auch der beste<br />
Freund sein?<br />
Linhof: Man kann auf jeden Fall ein dicker Freund<br />
sein. Aber ich glaube, dass eine Band vor allem<br />
etwas Brüderliches hat. Es ist anders als bei einer<br />
klassischen Bester-Freund-Beziehung. Wir sind<br />
uns halt so nahe, dass wir jenseits des Alltags<br />
oft vergessen, dem anderen ganz einfache, aber<br />
wichtige Fragen zu stellen. Zum Beispiel: „Wie<br />
geht es dir eigentlich?“ Aber es kommt schon<br />
auch vor.<br />
Können Männer mit Hilfe der Musik leichter<br />
über Gefühle sprechen?<br />
Brugger: Wir machen etwas sehr Emotionales,<br />
jeder bringt ganz intime Gedanken mit ein.<br />
Darin liegt auch eine Gefahr, denn gerade in<br />
dem Moment, wo man eine Idee vorbringt, ist<br />
man sehr verletzlich. Die Vermischung von Egos,<br />
Backstage 51<br />
Backstage<br />
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Freundschaft und Geschäft macht es oftmals sehr<br />
kompliziert. Aber auch wahnsinnig interessant.<br />
Eine eurer Singles hieß „Antinazibund“. Im Titelsong<br />
des neuen Albums wird diese Thematik<br />
wieder aufgegriffen. Erreicht man Menschen<br />
überhaupt mit solch schweren Themen?<br />
Linhof: Manchmal ist es einfach wurscht, wie die<br />
Leute da draußen etwas finden, manchmal sollte<br />
man es einfach nur machen. Ich will für solch<br />
ein Lied nicht bejubelt werden, ich will einfach<br />
nur sagen: Es ist so eine Scheiße, dass es dieses<br />
Gedankengut noch immer gibt. Wir sehen es und<br />
es kotzt uns an. Es wäre super, wenn der eine<br />
oder andere auch auf diese Umtriebe achten<br />
würde. Nur wenige Jahre nach „Antinazibund“ hat<br />
sich herausgestellt, dass mordende Truppen durch<br />
Deutschland gezogen waren und dass unschuldige<br />
Ausländer mafiöser Umtriebe verdächtigt worden<br />
sind. Das Land war auf dem rechten Auge blind.<br />
Brugger: Was ich als seltsam empfand, ist, dass<br />
uns zum Teil vorgeworfen wurde, aus dem Thema<br />
einen kommerziellen Nutzen zu ziehen. Uns war<br />
es damals wichtig, dieses Statement zu machen.<br />
Deshalb sind wir mit „Antinazibund“ bewusst zu<br />
Stefan Raabs Bundesvision-Contest gegangen.<br />
In München findet gerade der Prozess gegen<br />
Beate Zschäpe und die Unterstützer des NSU<br />
statt. Bleibt ihr am Thema dran?<br />
Brugger: Mit der Band aktuell nicht, aber<br />
persönlich auf jeden Fall. Es fängt doch schon<br />
damit an, wenn im Stadion oder im Alltagsleben<br />
völlig unbedacht irgendwelche diskriminierenden<br />
Äußerungen rausgehauen werden. Es wäre schön,<br />
wenn sich dieses Bewusstsein verändern würde.<br />
Sportfreunde Stiller „New York, Rio, Rosenheim“<br />
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