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Vorlesung Neuroanatomie Erstversion vom 30.07.2003 Überarbeitet ...

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<strong>Vorlesung</strong> <strong>Neuroanatomie</strong><br />

<strong>Erstversion</strong> <strong>vom</strong> <strong>30.07.2003</strong><br />

<strong>Überarbeitet</strong> am 01.08.2003<br />

Extrapyramidale Motorik<br />

Die Steuerung der Motorik des menschlichen Körpers ist teilweise vernetzt sowie teilweise<br />

hierarchisch gegliedert. Die unterste hierarchische Ebene stellen dabei die motorischen<br />

Rückenmarkreflexe dar.<br />

Den Rückenmarkreflexen übergeordnet ist ein Netzwerk aus bewußten (pyramidalen) und<br />

unbewußten (extrapyramidalen) Steuersystemen, die zusammen für die Lenkung der Zielmotorik<br />

(pyramidales System), sowie für die kompensatorische Steuerung der Haltemotorik<br />

(extrapyramidales System) verantwortlich sind.<br />

Während die bewußte Regulation der Zielmotorik über das Pyramidenbahnsystem (Tractus<br />

corticospinalis und Tractus corticonuclearis) erfolgt, wird die Haltemotorik unbewußt durch ein<br />

System von Kerngebieten und Bahnen gesteuert, welche zusammen das sog. extrapyramidale<br />

motorische System bilden.<br />

Lange Zeit war die Meinung vorherrschend, daß pyramidales und extrapyramidales motorisches<br />

System unabhängig voneinander arbeiten. Mittlerweile weiß man jedoch, daß beide Systeme eng<br />

assoziiert und miteinander vernetzt sind.<br />

Das extrapyramidale motorische System ist phylogenetisch älter als das Pyramidenbahnsystem und<br />

ist im Gegensatz zu letzterem mit den Motoneuronen des Rückenmarks nur über multisynaptische<br />

Neuronenketten verbunden.


Bestandteile des extrapyramidalen motorischen Systems<br />

Die Kerne des extrapyramidalen motorischen Systems wurden ursprünglich über ihren besonders<br />

hohen Gehalt an Eisen charakterisiert. Zu diesen eisenhaltigen Kernen gehören:<br />

Das Striatum (Nucleus caudatus und Putamen)<br />

Das Globus pallidum<br />

Der Nucleus subthalamicus<br />

Der Nucleus ruber und<br />

Die Substantia nigra<br />

Abgesehen <strong>vom</strong> Nucleus ruber gehören diese Kerne alle zu den Basalganglien und werden<br />

zusammen mit diesem als extrapyramidalmotorisches System im engeren Sinne bezeichnet. An der<br />

Funktion des extrapyramidalen motorischen Systems sind außerdem noch andere motorische<br />

Integrationszentren beteiligt wie<br />

Das Kleinhirn<br />

Der Thalamus<br />

Die Formatio reticularis<br />

Die Vestibulariskerne<br />

sowie verschiedene cortikale Rindenfelder<br />

Die extrapyramidale Motorik wird zudem noch stark von der Amygdala (Teil des limbischen<br />

Systems) beeinflußt, wodurch emotional bedingte unbewußte Bewegungen wie z.B. die<br />

Gesichtsmimik zustandekommen. Die Amygdala sowie die übrigen assoziierten Systeme werden<br />

daher von manchen Autoren ebenfalls dem extrapyramidalen motorischen System zugeordnet.<br />

Die Ein- und Ausgänge des extrapyramidalen motorischen Systems<br />

Das extrapyramidale motorische System empfängt Eingangssignale aus dem Cortex über folgende<br />

Bahnsysteme:<br />

Tractus corticopontocerebellaris<br />

Tractus corticostriatalis


Tractus corticorubralis<br />

Tractus corticoreticularis<br />

Alle diese Efferenzen sind entweder direkt oder indirekt als Rücckopplungsschleifen angelegt.<br />

Neben seiner Haupt-Rückkopplungsschleife zum primären motorischen Cortex, beeinflußt das<br />

extrapyramidale motorische System über die folgenden efferenten Bahnen die Motoneurone des<br />

Rückenmarks auch direkt.<br />

Tractus tectospinalis<br />

Tractus rubrospinalis<br />

Tractus reticulospinalis<br />

Tractus vestibulospinalis<br />

Hierarchische Gliederung des extrapyramidalmotorischen Systems:<br />

Innerhalb des extrapyramidalen Systems kann wiederum eine hierarchische Gliederung festgestellt<br />

werden, die sich von der phylogenetischen Entwicklung dieses Systems ableitet.<br />

Seine unterste Stufe stellt demnach wiederum das Rückenmark und diesem übergeordnet die<br />

Formatio reticularis dar. Im Laufe der Evolution wird ihm das sog. Palaeostriatum des Mittelhirns<br />

übergeordnet (Nucleus ruber). Später gesellt sich diesem im Zuge der Phylogenese des Cortex<br />

cerebri das Neostriatum hinzu.<br />

Mit der Ausbildung der Großhirnrinde kommen die phylogenetisch älteren Zentren (Neo- und<br />

Palaeostriatum, F. reticularis) zunehmend unter den Einfluß des Pyramidenbahnsystems.<br />

Während bei den meisten Säugetieren eine Zerstörung des Motocortex kaum Auswirkungen auf die<br />

Fähigkeit zur Fortbewegung hat, kann der Mensch aufgrund des komplexeren Baus seiner<br />

motorischen Systeme nach Zerstörung des Motorcortex nicht mehr gehen.<br />

Zusammenfassend kann man also sagen, daß die Steuerung des Bewegungsapparates dadurch<br />

zustande kommt, daß den Reflexen der Vorderhornzellen des Rückenmarks eine fein abgestimmte<br />

Mischung von Signalen aus der willkürlichen Zielmotorik des pyramidalen motorischen Systems


und der unwillkürlichen Haltemotorik des extrapyramidalen Systems überlagert wird.<br />

Die Funktion des extrapyramidalen motorischen Systems<br />

Bei willkürlichen Bewegungen einer Extremität (Zielmotorik), werden gleichzeitig Muskelgruppen<br />

an anderen Extremitäten (Antagonisten im weitesten Sinne) und am Rumpf erregt, um das<br />

Gleichgewicht an die durch die Zielmotorik veränderten statischen Bedingungen anzupassen.<br />

Die Steuerung dieser Ausgleichsbewegungen durch das extrapyramidale motorische System erfolgt<br />

unbewußt. Sie besteht häufig nur in einer geringfügig verstärkten Muskelspannung statisch<br />

wichtiger Muskelgruppen, ist aber für die Ausführung kontrollierter Bewegungen unabdingbar.<br />

Solche Ausgleichsbewegungen sind u.a.:<br />

Armpendeln beim Gehen<br />

Koordination des Gleichgewichts beim Fahrradfahren, Schlittschuhlaufen oder Rollschuhlaufen<br />

Die zwei wichtigen Systeme zur Steuerung der extrapyramidalen Motorik sind demnach das<br />

Cerebellum und die Basalganglien. Sie sollen in den beiden folgenden <strong>Vorlesung</strong>sstunden genauer<br />

besprochen werden.<br />

Störungen des extrapyramidalen motorischen Systems<br />

Schädigungen der Basalganglien<br />

Symptome bei einer Störung des extrapyramidalen motorischen Systems bestehen vorallem in<br />

Störungen des Muskeltonus (Dystonie), sowie im Auftreten unwillkürlicher Bewegungen<br />

(Hyperkinesien).<br />

Bei Schädigung des Neostriatums tritt dabei ein hyperkinetisch hypotones Syndrom auf wie es z.B.<br />

bei der Chorea huntington beobachtet werden kann. Bei Schädigung der Substantia nigra sind die<br />

willkürlichen Bewegungen durch ein hyperkinetisch hypertones (rigides) Syndrom eingeschränkt<br />

wie es beim Morbus Parkinson auftritt.


Schädigungen des Kleinhirns<br />

Ein weiterer Symptomenkomplex an Schädigungen des extrapyramidalen Systems stellen außerdem<br />

die Symptome nach Störungen der Kleinhirnfunktion dar, die sich u.a. in Ataxie, Dysmetrie,<br />

Asynergie und einer Adiadochokinese äußern.<br />

Desweiteren sind sie mit einem Intentionstremor und einem Überschießen nach Wegfall eines<br />

Widerstands assoziiert. Gewichte können nicht mehr richtig abgeschätzt werden und die Sprache<br />

wird abgehackt.<br />

Die Basalganglien<br />

Obwohl Kleinhirn und Basalganglien gleichermaßen zur Steuerung der extrapyramidalen Motorik<br />

beitragen und somit ein zusammenhängendes System bilden, wollen aus Gründen der Übersichtlichkeit<br />

mit der Beschreibung eines dieser beiden Subsysteme nämlich dem der Basalganglien<br />

beginnen.<br />

Bei niederen Tieren, die keinen motorischen Cortex haben, wie z.B. Haie und Vögel, wird die<br />

Motorik von einer Gruppe von Kerngebieten initiiert die als phylogenetisch ältere Vorläufer der<br />

Basalganglien des Menschen angesehen werden können. Die Bewegungen welche die Basalganglien<br />

bei diesen Tieren steuern, sind zwar gut koordiniert und häufig sehr schnell, bleiben jedoch<br />

insgesamt relativ grob.<br />

Beim Menschen kommt zu diesem alten motorischen System ein neues, höher entwickeltes hinzu:<br />

der cerebrale motorische Cortex. Dies erlaubt die Ausfühung außerordentlich exakter Bewegungen,<br />

insbesondere der Hände.<br />

Da die Hauptausgänge des neocortikalen motorischen Systems in der Pyramidenbahn verlaufen,<br />

wird dieses System auch als das pyramidale motorische System im Gegensatz zum<br />

extrapyramidalen System der Basalganglien und des Kleinhirns bezeichnet.<br />

Eine Zeitlang war davon ausgegangen worden, daß beide Systeme unabhängig voneinander agieren.<br />

Mittlerweile ist jedoch klar, daß beide Systeme eng miteinander Wechselwirken.


Nach heutigem Stand der Forschung stellt das System der Basalganglien eine Parallelschleife zum<br />

motorischen Cortex dar, welche die Funktion des motorischen Cortex zwar moduliert ohne jedoch<br />

eigene motorische Efferenzen zum Rückenmarks zu besitzen.<br />

Der Bau der Basalganglien<br />

Zu den Basalganglien im engeren Sinne gehören:<br />

im Telencephalon<br />

der Nucleus caudatus,<br />

das Putamen<br />

und der Nucleus accumbens<br />

sowie im Diencephalon<br />

der Globus pallidus (äußeres und inneres Segment)<br />

und der Nucleus subthalamicus<br />

Nach modernem Verständnis und aufgrund ihrer Funktion wird heute außerdem noch die<br />

Substantia nigra (Schwarze Substanz = Melanineinlagerung) des<br />

Mesencephalons dazugerechnet.<br />

Nucleus caudatus und Putamen liegen in der Tiefe der Hemisphären und werden durch die Capsula<br />

interna getrennt. Sie werden aufgrund ihrer gemeinsamen Herkunft (s.u.) und aufgrund struktureller<br />

Ähnlichkeiten auch gemeinsam als Corpus striatum bezeichnet.<br />

Das Putamen liegt der Capsula interna die <strong>vom</strong> Hirnstamm schräg nach oben zieht, lateral nach<br />

außen an.<br />

Der Nucleus caudatus wird in ein Caput, ein Corpus und eine Cauda unterteilt. Das Caput nuclei<br />

caudati liegt frontal. Von ihm zieht sich das Corpus nach occipital und die Cauda nach occipital<br />

basal bis in das Dach des Unterhorns des Seitenventrikels hinein.<br />

Der Nucleus accumbens umgreift frontal basal die Capsula interna und verbindet so Nucleus<br />

caudatus und Putamen.


Der Nucleus accumbens gehört als Teil des Subthalamus zum Diencephalon. Er schließt sich dem<br />

Putamen nach medial an und gliedert sich durch eine Markfaserlamelle in ein inneres und ein<br />

äußeres Segment.<br />

Der Nucleus subthalamicus liegt medial des Nucleus accumbens, unterhalb des Thalamus und<br />

oberhalb des Hypothalamus. Medial grenzt er an die Wand des III. Ventrikels.<br />

Die Substantia nigra liegt im Mittelhirn dorsal des Tegmentums den Pedunculi cerebri auf. Sie<br />

wird durch ihre schwarze Färbung charakterisiert, die durch Melanin, ein Seitenprodukt der<br />

Dopaminsynthese zustande kommt.<br />

Verschaltung der Basalganglien:<br />

Die Basalganglien sind dem motorischen Cortex als regulatorische Schleife beigeschaltet, welche<br />

ihrerseits vermittelt durch den Thalamus die Pyramidenzellen des motorischen Cortex moduliert.<br />

Die wichtigste regulatorische Schleife der Basalganglien erhält Afferenzen aus nahezu dem<br />

gesamten cerebralen Cortex, deren Fasern glutamaterg im Striatum enden. Von dort werden sie<br />

durch GABAerge Neurone zum Globus pallidum und von dort ebenfalls GABAerg zum Thalamus<br />

(Nuclei ventrales et laterales) verschaltet. Von den Thalamuskernen gelangen die Informationen<br />

dann glutamaterg zum motorischen Cortex.<br />

Excitatorische Fasern aus dem gesamten Cortex können so indirekt durch eine Kette aus zwei<br />

inhibitorischen Neuronen die excitatorischen Eingänge des Cortex aus dem Thalamus und dadurch<br />

die Aktivitätsschwelle des motorischen Cortex modulieren.<br />

Der Hauptschleife der Basalganglien sind noch verschiedene Nebenschleifen zugeschaltet, welche<br />

wiederum die Hauptschleife entscheidend modulieren.<br />

Eine wichtige derartige Nebenschleife stellt die GABAerge Verbindung des Striatums mit der<br />

Substantia nigra pars compacta dar, deren dopaminerge Efferenzen zum Striatum zurück<br />

projizieren. Fällt diese Schleife durch Degeneration der dopaminergen Neurone aus, kommt es zur<br />

Entstehung der Parkinsonschen Krankheit (s.u.).


Eine weitere Seitenschleife der Basalganglien läuft über GABAerge Neurone zwischen dem<br />

Striatum und der Pars reticulata der Substantia nigra. Von dort projizieren dann GABAerge Fasern<br />

zum Nucleus pedunculopontinus und zum Thalamus.<br />

Vom Thalamus gehen neben den Fasern zum Cortex auch direkte glutamaterge Verbindungen zum<br />

Striatum ab. Sie stellen demnach eine direkte Rückkopplungsschleife zum Striatum dar.<br />

Ein wichtiger Kern für die Regulation der Basalganglien ist der Nucleus subthalamicus welcher<br />

GABAerge Afferenzen aus dem Globus pallidum, sowie glutamaterge Afferenzen aus dem<br />

motorischen Cortex erhält. Seine Efferenzen stimulieren glutamaterg das innere Segment des<br />

Globus pallidus, sowie die Pars reticulata der Substantia nigra.<br />

Weitere Afferenzen erhalten die Basalganglien aus dem limbischen System und aus dem<br />

Hirnstamm.<br />

Funktion der Basalganglien<br />

Das fein abgestimmte Netz aus excitatorischen und inhibitorischen Neuronen der Basalganglien,<br />

bestimmt, obwohl es nicht direkt an der Bewegungsinduktion beteiligt ist, über eine Regulierung<br />

der Erregungsschwelle des motorischen Cortex indirekt, wie leicht oder schwer cortical bestimmte<br />

Willkürbewegungen initiiert werden können.<br />

Tritt dabei durch Wegfall der excitatorisch wirkenden dopaminergen Neuronen die inhibitorische<br />

Komponente zu stark in den Vordergrund, führt dies zur Entstehung des M. parkinson mit all seinen<br />

Symptomen.<br />

Tritt durch Wegfall der enkephalinergen GABAergen Neurone die excitatorische Komponente zu<br />

stark in den Vordergrund, so bildet sich die Symptomatik des M. Huntington.<br />

Verschiedene Teile der Basalganglien erfüllen dabei unterschiedliche Teilfunktionen:<br />

Steuerung der Feinmotorik. Die Steuerung der Feinmotorik geht <strong>vom</strong> supplementär-motorischen


und prämotorischen Cortex aus. Sie wird vorwiegend über das Putamen auf den primär motorischen<br />

Cortex verschaltet. Diese Regelschleife dient vorallem der Steuerung komplexer erlernter<br />

Bewegungen insbesondere der Hände, wie z.B. dem Schreiben oder dem Stricken.<br />

Steuerung Okulomotorik. Die Steuerung der Okulomtorik geht <strong>vom</strong> frontalen Augenfeld (Area 8)<br />

aus, dessen Fasern vorwiegend über den Nucleus caudatus verschaltet werden. Von ihm gelangen<br />

die Signale über den medialen Teil des Globus pallidus zur Substantia nigra, von wo aus<br />

Kollateralen zum Colliculus superior, sowie rückläufig zum Thalamus ziehen von wo aus sie zum<br />

Cortex verschaltet werden.<br />

Steuerung komplexer Reaktionsmuster aufgrund kognitiver Prozesse (z.B. Flucht bei<br />

Lebensbedrohung): Eingänge stammen vor allem <strong>vom</strong> parietalen Assoziations-kortex, in dem<br />

Sinneseindrücke aus der Umgebung verarbeitet, sowie die Beziehung des Körpers zur Umgebung<br />

analysiert werden. Sie werden über das Globus pallidum zu den Nuclei ventrales et laterales<br />

thalami, und dann zum supplementär-motorischen und prämotorischen Cortex, sowie zum<br />

präfrontalen Cortex verschaltet, von wo aus die zugrundeliegenden komplexen Erregungsmuster<br />

generiert werden.<br />

Initiierung emotional gesteuerter Bewegungen (Mimik, Gestik): Afferenzen kommen vorallem aus<br />

der Amygdala und werden im Nucleus accumbens des Striatums verschaltet. Dadurch fließen<br />

emotionale Stimmungen in die Bewegungsplanung mit ein.<br />

Die Entwicklung der Basalganglien:<br />

Die Basalganglien bilden sich am Boden der Endhirnbläschen aus dem sog. lateralen Ganglienhügel<br />

der Mantelschicht der Endhirnbläschen. Die Zellansammlungen aus denen die Basalganglien<br />

entstehen, wölben sich als lateraler Ganglienhügel von basal in das Ventrikellumen der<br />

Endhirnbläschen vor. Sie liegen unter und lateral des Foramen interventrikulare und liegen rostral<br />

vor, bzw. occipital lateral des Thalamus dorsalis.<br />

Durch die Entstehung der Verbindungen zwischen dem Thalamus und dem Cortex, bzw. der<br />

efferenten motorischen Bahnen des Cortex zum Hirnstamm und zum Rückenmark<br />

(Pyramidenbahn), wird der laterale Ganglienhügel durch das Einwachsen der entsprechenden<br />

Fasern in zwei Anteile getrennt. Die trennenden Fasern bilden die sog. Capsula interna.


Aus dem lateralen Anteil des lateralen Ganglienhügels bildet sich im weiteren Verlauf der Nucleus<br />

caudatus (geschweifter Kern) und aus dem medialen Anteil das Putamen (Schalenkern). Diese<br />

lagert sich dem Globus pallidus (bleicher Kern) des Zwischenhirns (Subthalamus) an und bildet mit<br />

diesem durch Eingehen zahlreicher Verbindungen eine funktionelle Einheit.<br />

Die Substantia nigra entsteht aus Neuroblasten, welche aus der Rautenlippe nach ventral<br />

auswandern.<br />

Der Nucleus subthalamicus ist wie der Globus pallidus ein Abkömmling des Zwischenhirns.<br />

Erkrankungen der Basalganglien<br />

Störung der Basalganglien führen vor allem zu Veränderungen des Muskeltonus (Dystonie), sowie<br />

zum Auftreten unwillkürlicher Bewegungen (Hyperkinesien).<br />

Schädigungen des Neostriatums resultieren dabei in einem hyperkinetisch hypotonen Syndrom wie<br />

der Chorea Huntington, während es bei einer Schädigung der Substantia nigra zu einem<br />

hypokinetisch hypertonen (rigiden) Syndrom kommt wie es beim Morbus Parkinson beobachtet<br />

werden kann.<br />

Morbus parkinson:<br />

Beim M. Parkinson nimmt durch den Wegfall der dopaminergen Innervation die Aktivität der<br />

GABAergen Neurone des Striatums ab. Dadurch fällt die Inhibition der GABAergen Neurone des<br />

inneren Pallidumsegments und der Pars reticulata der Substantia nigra aus, was letztlich zu einer<br />

verstärkten Inhibition in den Thalamuskernen führt. Die glutamaterge Stimulation und damit die<br />

Erregbarkeit des motorischen Cortex wird dadurch herabgesetzt und somit die Induktion von<br />

Willkürbewegungen erschwert. Dies führt zu der für den M. Parkinson typischen Akinese.<br />

Beim M. Parkinson (Paralysis agitans) kommt es zu einer bilateralen Degeneration der Substantia<br />

nigra und damit zum Ausfall der dopaminergen Innervation des Neostriatums. Bei der Mehrzahl der<br />

Parkinson Fälle ist die Krankheitsursache unklar und liegt vermutlich in einer komplexen<br />

genetischen Prädisposition. Diese Fälle werden unter dem Sammelbegriff des idiopathischen<br />

Parkinsonismus zusammengefasst.


Daneben kann eine Degeneration der Substantia nigra auch durch nicht genetische Faktoren<br />

ausgelöst werden, wie z.B. Infektionen (postencephalitischen Parkinsonismus) und Toxine (MPTP-<br />

Intoxikation).<br />

Im Gegensatz zum idiopathischen Parkinsonismus kommt es jedoch beim postencephalitischen<br />

Parkinsonismus als Spätfolge einer Encephalitis lethargica noch zu anderen Ausfallserscheinungen<br />

wie erhöhtem Speichelfluß, Salbengesicht, und als Folge von Störungen der Blickzentren des<br />

Mittelhirns zu Blickkrämpfen und Akkomodationsstörungen.<br />

Durch eine Intoxikation mit MPTP (Methyl-Phenyl-Tetrahydropyridin) z.B. nach Einnahme<br />

schlecht aufgereinigter synthetischer Drogen tritt durch irreversible Schädigung der Substantia nigra<br />

ein sog. medikamenteninduzierter Parkinsonismus auf.<br />

Parkinsonismus aufgrund einer Zerstörung der Substantia nigra kann außerdem auch als Folge von<br />

Hirnarteriosklerose, Fleckfieber, Hirnlues (Neurosyphillis), und von Tumoren, sowie von<br />

Intoxikationen mit Kohlenmonoxyd, Mangan oder Phosgen auftreten. Auch der Mißbrauch von<br />

Phenothiazin (Wurmmittel, das auch euphorisierend wirkt) und Reserpin (Blutdrucksenker) kann<br />

zur Zerstörung der Substantia nigra führen.<br />

Die Symptome des M. parkinson gliedern sich in drei Gruppen: Tremor, Rigor, Akinesie.<br />

Bei der Akinesie handelt es sich um eine zunehmende Bewegungsarmut der Patienten, so daß<br />

Mimik und Gestik aber auch Ausgleichsbewegungen der Arme und Beine mit dem Fortschreiten<br />

der Erkrankung immer mehr abnehmen. Auch die Sprache wird monothon und dysarthrisch. Die<br />

gesamte Körperhaltung wird schließlich starr und vornübergebeugt. Bewegungen erfolgen nur noch<br />

langsam und unvollständig.<br />

Als Rigor bezeichnet man das Phänomen, daß bei Parkinsonpatienten der Grundtonus der gesamten<br />

Muskulatur erhöht ist. Dies führt zu einer wachsartig verminderten passiven Beweglichkeit der<br />

Muskeln die teilweise auch nur noch ruckartig erfolgt. Die Reflexe sind nicht gesteigert, so, daß<br />

auch keine Spasmen auftreten.<br />

Mit das charakteristischste Merkmal des Parkinsonismus ist das Auftreten eines Ruhetremors, der


sich vor dem Ausführen einer willkürlichen Bewegung zum Intentionstremor steigern kann. Beide<br />

Symptome gehen mit unwillkürlichen Bewegungen der Finger (Pillendrehen oder Geldzählen)<br />

einher.<br />

Während die Akinese beim M. Parkinson eine direkte Folge des striatalen Dopaminmangels<br />

darstellt, kommen die anderen Symptome des M. parkinson wie Rigidität und Tremor durch die<br />

resultierende Enthemmung spinaler Reflexe zustande.<br />

Für eine Therapie des Morbus Parkinson stehen mittlerweile verschiedene medikamentöse und<br />

operative Strategien zur Verfügung. Die medikamentöse Therapie besteht dabei in einer Erhöhung<br />

der striatalen Dopaminkonzentration durch die Gabe von L-DOPA. L-DOPA, eine hydrophile<br />

Vorstufe der Dopaminsynthese, kann im Gegensatz zu Dopamin das lipophil ist, die Blut-Hirn-<br />

Schranke passieren.<br />

Operativ kann durch die Zerstörung des Nucleus subthalamicus indirekt die Inhibition des<br />

Thalamus und damit des motorischen Cortex aufgehoben werden. In ähnlicher Weise wirkt auch die<br />

Implantation einer Stimulationselektrode, über die der Nucleus subthalamicus gehemmt werden<br />

kann.<br />

Chorea Huntington:<br />

Bei der huntingtonschen Chorea fallen enkephalinerge GABAerge Neurone die zum äußeren<br />

Segment des Globus pallidum projizieren aus. Dadurch kommt es zu einer Inhibition des Nucleus<br />

subthalamicus und dadurch wiederum zu einem Wegfall der Inhibition des Thalamus.<br />

Dadurch erhöht sich letztlich die Erregbarkeit des motorischen Cortex, was zur Entstehung der für<br />

dieses Krankheitsbild typischen Bewegungsstörungen führt. Dabei treten rasche unwillkürliche<br />

Zuckungen auf, welche unregelmäßig in einzelnen Muskeln auftreten und dadurch vielfältige<br />

Bewegungseffekte zur Folge haben.<br />

Die Erkrankung verläuft progredient und erfaßt zunächst nur die Extremitätenenden, später auch<br />

zunehmend proximale Extremitäten- und Körperabschnitte. Auch hier kommt es aufgrund der<br />

Einbeziehung der mimischen Muskulatur zur Grimassenbildung.<br />

Mit einem durchschnittlichen Erkrankungsalter von 35-40 Jahren bricht die Erkrankung<br />

vergleichsweise spät aus. Ihre Ursachen sind rein genetisch. Sie beruht auf einer erhöhten Anzahl


von Lysinresten am aminoterminalen Ende des Huntingtin Gens, eines antiapoptotischen Faktors im<br />

ZNS. Huntingtin kann durch eine verändrte Proteinfaltung nicht mehr intrazellulär abgebaut werden<br />

und häuft sich so in den Zellen an. Dadurch kommt es zum Absterben bestimmter Neuronengruppen.<br />

Hyperkinetisch hypotone Syndrome treten auch bei anderen Schädigungen des Neostriatums auf<br />

wie bei der Athetose, der Torsionsdystonie und dem Torticollis spasmodicus.<br />

Bei einer Athetose kommt es als Folge einer uterinen oder perinatalen Schädigung des Striatums zu<br />

unwillkürlichen langsamen wurmartigen Bewegungen mit Neigung zur Überstreckung der<br />

Extremitätenendigungen.<br />

Da die Bewegungen teilweise mit krampfartigen Muskelversteifungen einhergeht kommt es zur<br />

Ausbildung starrer Bewegungshaltungen. Auch die mimische Muskulatur ist betroffen, so daß es<br />

zur Grimassenbildung in Assoziation mit ugewöhnlichen Zungenbewegungen kommt.<br />

Bei einem Syndrom das als Torsionsdystonie bezeichnet wird, sind ausgedehnte Drehbewegungen<br />

des Rumpfes und der proximalen Extremitätenabschnitte charakteristisch. Die Ursachen sind<br />

entweder genetisch oder liegen im Auftreten von Ischämien, Infektionen oder von Vergiftungen.<br />

Das sog. ballistische Syndrom tritt meistens halbseitig auf (Hemiballismus) und schließt eine<br />

Symptomatik ähnlich der Chorea huntington mit ein. Die Ursache liegt meistens in einer<br />

Schädigung des Nucleus subthalamicus und seiner Verbindungen zum inneren Glied des Globus<br />

pallidus. Einseitige Schädigung führt zum Hemiballismus auf der kontralateralen Seite.<br />

Das Kleinhirn<br />

Einleitung<br />

Beim Kleinhirn handelt es sich neben den Basalganglien um das zweite große extrapyramidale<br />

motorische Kontrollsystem, das vor allem an der unbewußten Regulation der Halte- und Ausgleichsmotorik<br />

beteiligt ist.


Das Kleinhirn ist den absteigenden Bahnen des primären motorischen Cortex parallel geschaltet,<br />

beeinflusst das pyramidale motorische System jedoch nur indirekt.<br />

Afferenzen zum Kleinhirn stammen aus dem primären motorischen Cortex, den Vestibulariskernen,<br />

der unteren Olive und aus dem Rückenmark.<br />

Efferenzen werden über den motorischen Thalamus zu den prämotorischen Cortexarealen<br />

verschaltet oder enden im Nucleus ruber und in den vestibulären Kerngebieten, wo absteigende<br />

Fasern zu den α-Motoneuronen des Rückenmarks ihren Ausgang nehmen.<br />

Der Bau des Kleinhirns<br />

Das Kleinhirn (Cerebellum) befindet sich wie der gesamte Hirnstamm in der hinteren Schädelgrube.<br />

Es wird durch das Tentorium cerebelli einer Duraduplicatur überdacht und dadurch <strong>vom</strong> Großhirn<br />

abgetrennt. Basal des Kleinhirns befinden sich der Pons und die Medulla oblongata.<br />

Von seiner Topographie her steht das Kleinhirn über die drei Kleinhirnstiele mit dem Pons<br />

(mittlerer Kleinhirnstiel), dem Mittelhirn (oberer Kleinhirnstiel) und der Medulla oblongata (unterer<br />

Kleinhirnstiel) in Verbindung.<br />

Das Cerebellum gliedert sich in zwei Hemisphären, die über den Kleinhirnwurm miteinander in<br />

Verbindung stehen. Die Oberfläche des Kleinhirns ist durch Querfalten (Folien) stark gegliedert.<br />

Das Kleinhirn (Cerebellum) liegt dem IV. Ventrikel dorsal auf und bildet somit dessen Dach.<br />

Caudal des Kleinhirns finden sich die Apertura mediana und die Aperturae laterales über die der<br />

vierte Ventrikel mit dem Subarachnoidalraum kommuniziert.<br />

Phylogenetische Gliederung<br />

Aufgrund seiner phylogenetischen Entwicklung, die sich auch im Oberflächenrelief widerspiegelt<br />

kann man das Kleinhirn von rostral nach caudal in drei Lappen untergliedern:<br />

Vom Velum medullare superius bis zur Fissura prima reicht der Lobus anterior (Palaeocerebellum).


Der Lobus posterior (Neocerebellum) schließt sich diesem an und umfaßt nahezu die gesamte<br />

übrige Kleinhirnrinde bis zur Fissura dorsolateralis.<br />

Zwischen der Fissura dorsolateralis und dem Velum medullare posterior liegt der Lobus<br />

flocculonodularis (Archicerebellum).<br />

Gliederung nach funktionellen Gesichtspunkten<br />

Auch funktionell kann die Kleinhirnrinde aufgrund der Herkunft ihrer Afferenzen in drei Abschnitte<br />

unterteilt werden:<br />

Das Vestibulocerebellum, das der Koordinierung von Eingängen aus dem vestibulären System dient<br />

umfaßt die Vermis und den Lobus flocculonodularis.<br />

Das Spinocerebellum das vorwiegend Eingänge aus der Medulla spinalis erhält, liegt der Vermis<br />

lateral an.<br />

Das Pontocerebellum umfaßt die lateralen zwei drittel der Kleinhirnhemisphären und erhält<br />

vorwiegend Eingänge aus den Nuclei pontis.<br />

Die verschiedenen funktionellen Zonen des Kleinhirns weisen jeweils eine somatotopische<br />

Gliederung mit geordneter Represäntation der verschiedenen Körperregionen auf (Homunculus).<br />

Kleinhirnquerschnitt<br />

Im Querschnitt zeigt sich, daß auch das Kleinhirn aus weißer und grauer Substanz besteht. Es<br />

gliedert sich zudem in eine Kleinhirnrinde (Cortex cerebelli) und in ein Kleinhirnmark (Medulla<br />

cerebelli). Die Kleinhirnrinde ist stark gefaltet und gliedert sich daher in einzelne Blätter (Foliae).<br />

In das Kleinhirnmark sind die Kleinhirnkerne eingelagert (Nucleus fastigius, Nuclei globosi,<br />

Nucleus emboliformis und Nucleus dentatus). In ihnen werden die Efferenten Fasern aus der<br />

Kleinhirnrinde verschaltet.


Im Nucleus dentatus werden die Fasern aus dem Pontocerebellum (Hemisphären) zum motorischen<br />

Thalamus und von dort zum motorischen Cortex verschaltet.<br />

In den Nuclei globosi und emboliformis werden die Fasern aus dem Spinocerebellum zum<br />

motorischen Thalamus und zum Nucleus ruber verschaltet. Dort werden sie dann entweder weiter<br />

zum motorischen Cortex (Thalamus) oder über den Tractus rubrospinalis in das Rückenmark<br />

verschaltet.<br />

In den Nuclei fastigii werden die Fasern aus dem Vestibulocerebellum zum motorischen Thalamus<br />

und zur Formatio reticularis verschaltet, wo sie entweder auf Fasern zum motorischen Cortex<br />

(Thalamus) oder zum Rückenmark (Tractus reticulospinalis) verschaltet werden.<br />

Aus dem Vestibulocerebellum gelangen außerdem Fasern ohne Umschaltung in einem der<br />

Kleinhirnkerne direkt zum Nucleus vestibularis lateralis (Deiters) von wo aus sie über den Tractus<br />

vestibularis ebenfalls die Motoneurone des Rückenmarks beeinflussen.<br />

Die Kleinhirnstiele<br />

Über die Kleinhirnstiele steht das Kleinhirn mit dem Hirnstamm (Mesencephalon, Pons und<br />

Medulla oblongata) in Verbindung. Entsprechend verlaufen alle afferenten und efferenten Fasern<br />

des Kleinhirns in den Kleinhirnstielen.<br />

Wenn das Kleinhirn <strong>vom</strong> Hirnstamm abgetrennt wird kann man nach ihrer Lage auf der<br />

Querschnittsfläche drei Kleinhirnstiele unterscheiden:<br />

Pedunculus cerebellaris superior<br />

Afferent Tractus spinocerebellaris anterior<br />

Efferent Tractus cerebellorubralis<br />

Pedunuclus cerebellaris medius<br />

Afferent Tractus pontocerebellaris<br />

Pedunculus cerebellaris inferior<br />

Afferent: Tractus vestibulocerebellaris


Die Kleinhirnrinde<br />

Tractus olivocerebellaris (Kletterfasern)<br />

Tractus reticulocerebellaris<br />

Tractus spinocerebellaris posterior<br />

Fibrae arcuatae externae posteriores<br />

Fibrae arcuatae externae anteriores<br />

Efferent: Cerebellovestibuläre Fasern<br />

Die Kleinhirnrinde gliedert sich in drei Schichten:<br />

Stratum granulosum:<br />

Das Stratum granulosum grenzt an das Mark an. In ihm finden sich hauptsächlich die relativ kleinen<br />

Körnerzellen, deren Dendriten in den Glomeruli cerebellares mit den Moosfasern (alle Eingänge<br />

des Kleinhirns außer der unteren Olive) durch excitatorische Synapsen (Transmitter Glutamat)<br />

verschaltet sind.<br />

Daneben treten in dieser Schicht noch die Golgi Zellen auf deren Axone in den Glomeruli<br />

cerebellares inhibitorisch (Transmitter GABA) wirken.<br />

Stratum ganglionare:<br />

Das schmale Stratum ganglionare enthält die Zellkörper der Purkinjezellen, des einzigen efferenten<br />

Neurons der Kleinhirnrinde.<br />

Stratum moleculare:<br />

Das Stratum moleculare ist zellarm und sein Aussehen wird daher vorwiegend durch die Dendriten<br />

der Purkinjezellen, die Kletterfasern aus der unteren Olive, sowie durch die Axone der Körnerzellen<br />

(Parallelfasern) bestimmt.<br />

An Zellen kommen dort nur die Zellkörper der Sternzellen und der Korbzellen vor. Bei den<br />

Sternzellen handelt es sich um inhibitorische Interneurone. Die ebenfalls inhibitorischen Korbzellen<br />

umfassen die Perikaryen der Purkinjezellen korbartig.


Verschaltung der Kleinhirnrinde<br />

Afferenzen<br />

Efferenzen<br />

Nuclei pontis, Nuclei vestibulares, Tractus spinocerebellaris ant. und post.<br />

=> Moosfasern => Körnerzellen => Parallelfasern => Purkinjezelldendriten<br />

Oliva inferior<br />

=> Kletterfasern => Purkinjezelldendriten<br />

=> Axone der Purkinjezellen => Kleinhirnkerne => Kleinhirnstiele<br />

Die Kleinhirnkerne<br />

Die Signale der Purkinjezellen, welche diese über ihre Axone abgeben, verlassen das Kleinhirn<br />

nicht direkt, sondern werden in den Kleinhirnkernen verschaltet. Dadurch besteht die Möglichkeit,<br />

daß die Kleinhirnafferenzen über Kollateralen in die Kleinhirnkerne die abgehenden Signale direkt<br />

beeinflußen.<br />

Die Kleinhirnkerne sind wie das gesamte Kleinhirn bilateralsymmetrisch angelegt. Man findet<br />

daher pro Seite von medial nach lateral:<br />

Einen Nucleus fastigius => aufsteigend<br />

Zwei Nuclei globosi => kugelförmig<br />

Einen Nucleus emboliformis => tropfenförmig<br />

Einen Nucleus dentatus => gezahnt<br />

Nuclei globosi und emboliformis werden auch als Nucleus interpositus zusammengefaßt.<br />

Die einzelnen Kleinhirnkerne unterscheiden sich wie wir bereits gehört haben in der regionalen<br />

Herkunft ihrer Afferenzen.


Efferenzen aus der medialen Zone der Kleinhirnrinde (Vermis, Afferenzen aus den Propriozeptiven<br />

Bahnen des Rückenmarks und <strong>vom</strong> vestibulären System) werden über die Nuclei fastigii<br />

verschaltet. Ihre Efferenzen verlaufen teils ipsi-, teils contralateral durch den Pedunculus<br />

cerebellaris inferior zur Formatio reticularis und zu den Vestibulariskernen. Sie wirken bei der<br />

Kontrolle von Körperhaltung, Gleichgewicht und Muskelgrundtonus mit.<br />

Efferenzen aus der paramedianen Zone (Afferenzen aus den propriozeptiven Bahnen des<br />

Rückenmarks und aus dem vestibulären System) werden über die Nuclei emboliformis unddie<br />

Nuclei globosi verschaltet. Ihre Efferenzen ziehen als Tractus cerebellorubralis durch den<br />

Pedunculus cerebellaris sup. zum kontralateralen Nucleus ruber, oder im Tractus<br />

cerebellothalamicus zum kontralateralen Thalamus und nach Umschaltung zum Thalamus. Sie<br />

wirken bei der Abstimmung von Stützmotorik und Zielmotorik mit, sowie bei der Anpassung der<br />

cortikalen Bewegungsplanung an den Ist Zustand des Bewegungsapparates.<br />

Efferenzen aus der lateralen Zone (Neocerebellum, Afferenzen aus den Brückenkernen) werden<br />

über den Nucleus dentatus verschaltet. Seine Efferenzen bilden den Hauptteil des Pedunculus<br />

cerebellaris superior und ziehen nach Kreuzen zur kontralateralen Seite zum Thalamus (Nuclei<br />

laterales und intralaminares) wo sie zum Cortex umgeschaltet werden. Sie wirken bei der Kontrolle<br />

der Planung der Zielmotorik mit.<br />

Die Verschaltung des Kleinhirns<br />

Die Afferenzen des Kleinhirns stammen aus<br />

Tractus spinocerebellaris post.<br />

Die Neurone die seine Fasern bilden liegen in der ipsilateralen Columna<br />

thoracica (Stilling-Clarke) des Hinterhorns der grauen Substanz des<br />

Rückenmarks.<br />

Er läuft ipsilateral im Rückenmark unter der Oberfläche des dorsalen Seitenstrangs.<br />

Er erreicht die Vermis und die paramediane Zone des Seitenstrangs<br />

über den Pedunculus cerebellaris inferior. Seine Fasern enden als Moosfasern an<br />

den Körnerzelldendriten (Glomeruli cerebellares).


Seine Fasern leiten sehr schnell (120m/s) und transportieren Signale von Haut- und<br />

Gelenkrezeptoren sowie aus den Muskelspindeln und Sehnenorganen (Propriozeption).<br />

Er stellt die Hauptinformationsquelle des Kleinhirns zur Stellung und Belastung des<br />

Bewegungsapparates dar (Ist-Zustand).<br />

Tractus spinocerebellaris ant.<br />

Seine Neurone liegen gestreut im Hinter- und Seitenhorn der grauen Substanz<br />

des Rückenmarks.<br />

Die Mehrzahl seiner Fasern kreuzen auf Segmenthöhe und verlaufen<br />

kontralateral unter der Oberfläche des ventralen Seitenstrangs. Sie erreichen<br />

das Kleinhirn über den Pedunculus cerebellaris sup. oder das Velum<br />

medullare sup. Im Kleinhirn kreuzen die Fasern erneut so daß sie in Vermis<br />

und parevermaler Zone der ipsilateralen Kleinhirnhemisphäre als Moosfasern<br />

an den Körnerzelldendriten enden.<br />

Er leitet Signale von den Afferenzen der Motoneuronen des Rückenmarks<br />

(Tractus corticospinalis, Tractus rubrospinalis) zum Kleinhirn und informiert das<br />

Kleinhirn dadurch über die an den Bewegungsapparat gehenden Befehle<br />

(Kontrolle der Ausgänge).<br />

Tractus vestibulo-cerebellaris<br />

Seine Fasern stammen entweder direkt aus dem N. vestibulocochlearis oder<br />

aus den Nuclei vestibulares. Sie treten über den Pedunculus cerebellaris inf. in<br />

das Kleinhirn ein und enden im Lobus flocculonodularis als Moosfasern<br />

an den Körnerzelldendriten. Sie informieren das Kleinhirn über die Stellung<br />

des Kopfes im Schwerefeld der Erde.<br />

Tractus cortico-ponto cerebellaris<br />

Die Fasern gelangen aus dem primären motorischen Cortex zusammen mit<br />

dem Tractus corticonuclearis und dem Tractus corticospinalis zu den<br />

Brückenkernen (Nuclei pontis) wo sie umgeschaltet werden und über den<br />

mittleren Kleinhirnstiel überwiegend die Rinde des Neocerebellums<br />

innervieren. Sie enden als Moosfasern an den Körnerzelldendriten. Über diese


Bahn erhält das Kleinhirn Informationen über die geplante Willkürmotorik.<br />

Tractus olivo-cerebellaris<br />

Leitet über den Pedunculus cerebellaris inf. Fasern aus der unteren Olive<br />

(Afferenzen kommen aus dem motorischen Cortex, den Basalganglien, dem<br />

Nucleus ruber, der Formatio reticularis und dem Rückenmark) zu nahezu<br />

allen Gebieten des cerebellären Cortex. Seine Fasern enden als<br />

Kletterfasern an den Purkinjezelldendriten.<br />

Die untere Olive erhält Informationen einerseits über absteigende Fasern des Fasciculus<br />

longitudinalis medialis aus dem Nucleus ruber, dem zentralen Höhlengrau und der Formatio<br />

reticularis, sowie aus dem motorischen Cortex, dem Nucleus caudatus und dem Globus<br />

pallidus; andererseits über aufsteigende Fasern <strong>vom</strong> Rückenmark (Tractus spinoolivaris).<br />

Damit ist der Tractus olivo-cerebellaris die Haupt-Rückkopplungsbahn des Kleinhirns über<br />

die das Kleinhirn Aufschluß über die von ihm ausgelösten Reaktionen erhält.<br />

Folgende efferente Pfade verlassen das Kleinhirn<br />

Efferenzen aus der Vermis werden in den Nuclei fastigii verschaltet und<br />

gelangen über den Pedunculus cerebellaris inferior in die Formatio<br />

reticularis.<br />

Sie wirken damit über den Tractus reticulospinalis an der Steuerung der<br />

Haltemotorik mit (Muskelgrundtonus).<br />

Efferenzen aus der paravermalen Zone ...<br />

... werden in den ventrolateralen Kernen des Thalamus verschaltet und<br />

gelangen so in den Cortex cerebri.<br />

... werden über die Nuclei reticularis des Thalamus zu den Basalganglien<br />

verschaltet<br />

... laufen zum Nucleus ruber und zur Formatio reticularis<br />

Sie koordinieren hauptsächlich des Zusammenspiel von Agonisten und<br />

Antagonisten bei der Bewegung von Hand und Fingern.


Efferenzen aus dem Neocerebellum (laterale Kleinhirnhemisphären werden ipsilateral im<br />

Nucleus dentatus verschaltet und gelangen über den Pedunculus cerebellaris superior zu den<br />

ventrolateralen Kernen des Thalamus und von dort zum Cortex cerebri.<br />

Modulieren die Planung motorischer Abläufe im Cortex.<br />

Die Funktion des Kleinhirns<br />

Das Kleinhirn erhält über seine Afferenzen aus dem Cortex, dem vestibulären Apparat und dem<br />

Rückenmark sowohl Informationen über den Ist-Zustand des Bewegungsapparates und seine Lage<br />

im Schwerefeld der Erde, als auch über die im Cortex geplanten Bewegungsabläufe.<br />

Das Kleinhirn stellt daher eine Integrations- und Rückkopplungsinstanz für den motorischen Cortex<br />

dar, welche die <strong>vom</strong> Cortex vorgegebenen Bewegungspläne an den <strong>vom</strong> Kleinhirn registrierten Ist-<br />

Zustand des Bewegungsapparats anpaßt.<br />

Für die Bewältigung dieser Aufgabe gibt es Neocerebelläre Regelkreise und<br />

Archi/Palaeocerebelläre Regelkreise.<br />

Archi/Palaeocerebelläre Regelkreise:<br />

Sie erhalten Afferenzen aus dem Rückenmark, den Nuclei vestibulares und der Formatio reticularis<br />

(Tractus spinocerebellaris ant. und post., Tractus olivocerebel-laris (Kletterfasern), Tractus<br />

vestibulocerebellaris, Fasern aus der Formatio reticularis) und beein-flußen efferent den Ruhetonus<br />

und die Bewegungsausführung im Rückenmark (Tractus cerebellorubralis; Tractus<br />

cerebelloreticularis).<br />

Neocerebelläre Regelkreise:<br />

Sie erhalten Afferenzen <strong>vom</strong> motorischen Cortex (Tractus cortico-ponotocerebellaris) sowie<br />

rückgekoppelte Information von den Kleinhirnefferenzen (Tractus olivocerebellaris). Efferent<br />

beeinflußen sie die Bewegungsplanung in den motorischen Cortexarealen (Tractus cerebellothalamicus).


Die Gefäßversorgung des Kleinhirns<br />

Die Gefäßversorgung des Kleinhirns erfolgt überwiegend über die Arteriae vertebralis und deren<br />

Fortsetzung der Arteria basilaris.<br />

Von den Arteriae vertebralis zweigt auf jeder Seite eine Arteria cerebelli inferior posterior ab,<br />

welche die Kleinhirnunterseite und die dorsolateralen Anteile der Medulla oblongata mit Blut<br />

versorgen. Verschluß führt durch eine Schädigung der dorsolateralen Medulla oblongata zum sog.<br />

Wallenberg Syndrom mit Horner Trias, Nystagmus, sowie Sprach und Schluckstörungen auf der<br />

ipsilateralen Seite, Analgesie und Thermanaesthesie auf der Kontralateralen Körperoberfläche.<br />

Gleichzeitig treten eben auch verschiedene Kleinhirnsymptome auf wie Ataxie und Asynergie auf<br />

der ipsilateralen Seite.<br />

Im caudalen Anteil der Arteria basilaris treten bilateralsymmetrisch zwei Arteriae cerebellaris<br />

inferior anterior aus. Sie versorgen den Flocculus, sowie die rostralen Anteile der<br />

Kleinhirnhemisphären. Von ihr zweigt auch die A. Labyrinthi ab, die das Innenohr versorgt.<br />

Die Arteriae cerebelli superiores verlassen die A. basilaris paarweise rostral kurz vor deren<br />

Aufzweigung in die A. cerebri posterior. Sie versorgen die Oberseite des Kleinhirns mit den<br />

Hemisphären und der Vermis.<br />

Der venöse Abfluß aus dem Kleinhirn erfolgt auf vier verschiedenen Wegen:<br />

1. rostromediane cerebelläre Venen münden in die Vena basalis und die<br />

Vena magna cerebri<br />

2. rostrolaterale cerebelläre Venen münden in den Sinus transversus<br />

3. caudale cerebelläre Venen münden in den Sinus sigmoideus<br />

4. ventrale cerebelläre Venen münden in den Sinus petrosus


Die Entwicklung des Kleinhirns<br />

Die Anlage des Kleinhirns bildet sich am Ende der Embryonalperiode (Stadium 23) aus den sog.<br />

oberen Rautenlippen. Bei den Rautenlippen handelt es sich um Querfalten die sich durch das<br />

Abknicken der Brückenbeuge bilden. Dadurch entsteht ein Wulst der sich über das Dach des IV.<br />

Ventrikels zieht.<br />

Während der Fetalentwicklung nimmt der Kleinhirnwulst an Größe zu und wölbt sich nach außen.<br />

Dabei wachsen die lateralen Abschnitte schneller als der zentrale Bereich, der im Wachstum<br />

zurückbleibt. Dadurch kommt die Gliederung des Kleinhirns in die lateralen Hemisphären und den<br />

medialen Wurm zustande.<br />

Kleinhirnkerne und Rinde differenzieren sich aus aus dem Neuralepithel der oberen Rautenlippe.<br />

Die Neuroblasten der periventrikulären Zone vermehren sich stark durch mitotisch Zellteilung.<br />

Von dort wandern die Neuroblasten entweder in die Mantelzone und differenzieren sich zu den<br />

Neuronen der Kleinhirnkerne oder sie wandern in die Marginalzone wo sich die Kleinhirnrinde<br />

bildet.<br />

Dabei entsteht im zusätzlich zu der auch im Cortex cerebri zu beobachtenden inneren Matrixzone<br />

eine äußere Matrixzone wo sich durch Proliferation die Stammzellen der meisten<br />

Kleinhirnrindenneurone entstehen. Nur die Purkinjezellen bilden sich in der inneren Matrixzone<br />

und wandern von dort in die Kleinhirnrinde ein.<br />

Die Kleinhirnrinde entsteht demnach in drei Wanderungswellen:<br />

1. Aus der inneren Matrixzone wandern zuerst die Neuroblasten für die Bildung der Kleinhirnkerne<br />

aus. Sie siedeln sich in der Mantelzone ab und bilden dort den Nucleus dentatus, den Nucleus<br />

emboliformis, die Nuclei globosi und den Nucleus fastigius.<br />

2. In einer zweiten Wanderungswelle verlassen die Purkinje Zellen zusammen mit noch<br />

teilungsfähigen Neuralepithelzellen die ventrikelnahe Matrixzone und wandern entlang den<br />

Radiärgliazellen nach außen in die Marginalzone. Dabei bleiben die Axone der Purkinjezellen in<br />

den Kleinhirnkernen hängen. In der Marginalzone differenzieren sich die Purkinjezellen endgültig.<br />

Die Purkinjezelldendriten stehen mit den Kletterfasern in Verbindung, bei denen es sich um die


Efferenten Fasern aus der unteren Olive handelt.<br />

Am weitesten nach außen wandern die noch teilungsfähigen Stammzellen, welche die äußere<br />

Matrixzone an der Kleinhirnoberfläche bilden.<br />

3. Aus den Zellen der äußeren Matrixzone bilden sich durch weitere Proliferation und Wanderung<br />

die äußere und die innere Körnerzellschicht. In der inneren Körnerzellschicht enden die<br />

Moosfasern, bei denen es sich um die Efferenzen aus den Brückenkernen und dem Rückenmark<br />

handelt.<br />

Ausfallserscheinungen des Kleinhirns<br />

Aufgrund seiner spezifischen Funktionen kommt es bei einem Fehlen des Kleinhirns (Aufgrund von<br />

Entwicklungsdefekten) oder bei einem Defekt des Kleinhirns (Aufgrund von Läsionen) zu<br />

charakteristischen Ausfallserscheinungen. Schädigungen während der Entwicklung können dabei<br />

sehr viel besser kompensiert werden, als Schäden im Erwachsenenalter und der Seneszenz.<br />

Charakteristische Symptome bei Kleinirnschäden sind:<br />

Ataxie: Bewegungsarmut der Gliedmaßen, besonders der distalen Anteile sowie Fall und<br />

Gangabweichung nach der Seite der Schädigung.<br />

Dysmetrie: Überschießende Bewegungen aufgrund der Unfähigkeit eine Zielbewegung rechtzeitig<br />

vor dem Ziel zu stoppen.<br />

Asynergie: Störung im Gleichgewicht zwischen den Aktionen verschiedener Muskelgruppen,<br />

insbesondere von Agonisten und Antagonisten (Dysdiadochokinese/Adiadochokinese). =><br />

langsame, stockende und arrhythmetrische Bewegungen.<br />

Intentionstremor: Zittern von Hand und Fingern bei der Ausfühung von Zielbewegungen. Zittern<br />

wird umson stärker je mehr sich die Finger dem Ziel nähern.<br />

Rebound Phänomen: Bei Plötzlich nachgebendem Widerstand, werden Hände und Arme nicht


abgebremst. Dadurch kommt beim plötzlichen Nachlassen eines Widerstandes zu weit asladenden<br />

Schwingebewegungen.<br />

Hypotonie: Verminderter Grund und Haltetonus sowie schnelle Ermüdung (Asthenie) der<br />

ipsilateralen Muskulatur.<br />

Skandierende Sprache: Abgehackte Sprache durch Störungen der Koordination der<br />

Sprechmuskulatur. Das Sprechen erfolgt langsam stockend und schlecht artikuliert und zudem ist<br />

die Betonung ungleichmäßig.<br />

Gewichstverschätzung: Gewichte können nicht mehr korrekt abgeschätzt werden

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