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Karl Grob Zu Gottfried Kellers Fähnlein der sieben Aufrechten ...

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Kin<strong>der</strong> ist er nicht bereit, dieselbe Stellung einzuräumen. Für ihn<br />

ist das <strong>Fähnlein</strong> selbst unmittelbar öffentliche Angelegenheit, eine<br />

Heirat aber ein bloßes Privatproblem, eine Trennung, die sich im<br />

<strong>Fähnlein</strong> als unhaltbar erweist. Beim <strong>Fähnlein</strong>, aber auch bei <strong>der</strong><br />

Ehe handelt es sich ja um Assoziationen, wenn auch mit verschiedener<br />

Grundlage. Auf <strong>der</strong> Seite <strong>der</strong> Mitglie<strong>der</strong> des <strong>Fähnlein</strong>s hat<br />

<strong>der</strong> Text die zwei Konflikte, den einen um die Gabe, den an<strong>der</strong>n<br />

um die Heirat, so verteilt, daß diejenigen, die um die Gabe in Streit<br />

geraten, die amüsierten <strong>Zu</strong>schauer <strong>der</strong>jenigen sind, die wegen <strong>der</strong><br />

Heirat nicht unter sich, aber mit ihrer unmittelbaren Umgebung<br />

uneinig sind. jedenfalls wird auch die Diskussion um die Gabe auf<br />

<strong>der</strong> Ebene des Beson<strong>der</strong>en geführt, ein <strong>Zu</strong>sammenhang, <strong>der</strong> von<br />

Hediger auch benannt wird, wenn er zur Kritik kommt:<br />

Ja, lieben Freunde! nehmt es mir nicht übel! aber gesagt muß es sein: Alle<br />

unsere Vorschläge haben den gemeinsamen Fehler, daß sie die Ehrensache<br />

des Vaterlandes unbedacht und vorschnell zum Gegenstande des Gewinnes<br />

und <strong>der</strong> Berechnung gemacht haben. Mag dies tausendfältig geschehen<br />

von groß und klein, wir in unserem Kreise haben es bis jetzt nicht<br />

getan und wollen es ferner so halten! Also trage je<strong>der</strong> gleichmäßig die<br />

Kosten <strong>der</strong> Gabe ohne allen Nebenzweck, damit es eine wirkliche Ehrengabe<br />

sei! 31<br />

Die Rede Hedigers gibt – wenn man so will – die ideologiekritische<br />

Analyse aller vorangehenden Reden. In ihr werden die hinter<br />

den Gabenvorschlägen steckenden partikulären Interessen analysiert.<br />

Kuser, <strong>der</strong> Silberschmied, Syfrig, <strong>der</strong> <strong>Grob</strong>schmied, Bürgl,<br />

<strong>der</strong> Schreiner, Pfister und Ehrismann, die beiden Wirte, sie alle<br />

haben versucht, bei günstiger Gelegenheit ihren Ladenhüter loszuwerden.<br />

Aus dem sich ergebenden Interessengegensatz kommt<br />

es zum Streit, <strong>der</strong> nur durch das Eingreifen einer höheren Instanz<br />

geschlichtet werden kann. Sie wird durch Hediger und Frymann<br />

gemeinsam gebildet, wobei Hediger den Part <strong>der</strong> kritischen Analyse,<br />

Frymann den <strong>der</strong> Evokation <strong>der</strong> neuen Positivität des Vaterlandes<br />

übernimmt. Beide haben sie, wie Keller verdeutlicht, den<br />

Vorschlag auch schon vorbesprochen. 32 Hedigers Kritik besteht<br />

darin, den partikulären Hintergrund und damit die bloße Usurpation<br />

des Allgemeinen in den Vorschlägen <strong>der</strong> Fünf deutlich zu<br />

31 H II, S. 824.<br />

32 H II, S. 820: «Heute lagen wirklich bedeutende Verhandlungen vor, über welche sich<br />

Frymann und Hediger vorläufig besprochen hatten.»<br />

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