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Karl Grob Zu Gottfried Kellers Fähnlein der sieben Aufrechten ...

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Situation Frymann entgegen, <strong>der</strong> gerade durch einen vermöglichen<br />

Schwiegersohn Verfügungsgewalt über neues Vermögen<br />

gewinnen möchte. Hedigers allgemeiner Gesichtspunkt ergänzt<br />

sich deshalb so gut mit Frymanns Privatinteresse, weil Hediger in<br />

seine Konzeption von Verdienst und Vermögen den generativen<br />

Gesichtspunkt nicht aufnehmen will. Mit diesem würde nämlich<br />

sofort deutlich, daß arbeitsloses Einkommen in jedem Fall entsteht.<br />

Dieser Sehweise Hedigers entgegnet nun bezeichnen<strong>der</strong>weise<br />

seine Frau mit einem historisch-generativen Argument:<br />

«Es ist ein Schwindel, <strong>der</strong> da ist, solange die Welt steht – daß zwei<br />

sich heiraten wollen, die sich gefallen». Damit wird nicht nur<br />

Hedigers Versuch, in seinem Sohne die <strong>Zu</strong>kunft zu beherrschen,<br />

zurückgewiesen, Frau Hediger macht in <strong>der</strong> unmittelbaren Folge<br />

auch deutlich, wem ihres Mannes Einstellung konkret dient: «Du<br />

bist übrigens allein <strong>der</strong> Narr im Spiele; denn Meister Frymann<br />

sucht weislich zu verhüten, daß deine Kin<strong>der</strong> den seinigen gleich<br />

werden. Aber die Kin<strong>der</strong> werden auch ihre eigene Politik haben<br />

und sie durchführen, wenn etwas an dem Handel ist, was ich nicht<br />

weiß!» 42 Hediger, <strong>der</strong> Kapitalakkumulation ohne entsprechende<br />

Arbeit nicht will, und Frymann, <strong>der</strong> sie gerade sucht, unterscheiden<br />

sich also nicht darin, daß einer den übergeordneten Gesichtspunkt<br />

verficht, son<strong>der</strong>n machen zusammen deutlich, daß <strong>der</strong> allgemeine<br />

und «selbstlose» Anspruch Hedigers gegenüber dem partikulären<br />

Frymanns gerade pointiert nicht als übergeordneter anerkannt<br />

wird. Beide verstoßen sie nämlich gegen den Vorrang <strong>der</strong><br />

generativen Ordnung, wenn auch in verschiedener Weise. Der<br />

Eine will sein Geschäft, <strong>der</strong> An<strong>der</strong>e seinen Staat festhalten und so<br />

<strong>der</strong> «natürlichen» Dynamik entziehen. In diesem Sinne erweist<br />

sich hier <strong>der</strong> «natur»-geschichtliche Gesichtspunkt dem statisch<br />

politischen <strong>der</strong> Ehrensache des Vaterlandes als übergeordnet und<br />

<strong>Karl</strong> und Hermine vertreten zusammen innerhalb <strong>der</strong> Konstruktion<br />

des <strong>Fähnlein</strong>s dieses dynamische Prinzip. <strong>Karl</strong> und Hermine,<br />

im öffentlichen Bereich nur <strong>Karl</strong>, sind also kaum als Vertreter einer<br />

neuen integrierenden Ideologie zu verstehen, sie setzen weit<br />

eher gegenüber <strong>der</strong> Ordnung des Politischen die Ordnung des<br />

«Natürlichen» durch, die <strong>der</strong> Dezision entzogen scheint. Dies<br />

würde auch dann noch gelten, wenn <strong>Karl</strong> in seiner Rede tatsächlich<br />

eine «neue « Ideologie anböte, denn, was er sagt, muß er allei-<br />

42 H Il, S. 833.<br />

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