30.10.2013 Aufrufe

PIZZICO + TREMOLO 1 / 2012 - Zupfmusik-Verband Schweiz

PIZZICO + TREMOLO 1 / 2012 - Zupfmusik-Verband Schweiz

PIZZICO + TREMOLO 1 / 2012 - Zupfmusik-Verband Schweiz

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

Themenseite<br />

Domra - das russische<br />

<strong>Zupfmusik</strong>-Instrument<br />

(Textinhalte und Bilder dieses Themenbeitrages<br />

wurden freundlicherweise von Tatjana<br />

Osipova, Mandolinen- und Domra-Virtuosin,<br />

zur Verfügung gestellt)<br />

Historisches<br />

Die Geschichte der Domra begann vor<br />

etwa 600 Jahren. Sie war damals das populärste<br />

Instrument der Skomorochen –<br />

diese waren Musiker, Tänzer und Schauspieler.<br />

In der Zeit der Fürsten Oleg und<br />

Vladimir wurden Skomorochen in ihrem<br />

künstlerischen Schaffen nicht etwa eingeschränkt<br />

oder gar verfolgt, sondern sie<br />

waren vielmehr die Ehrengäste bei fürstlichen<br />

Feierlichkeiten und Volksfesten.<br />

«Lik Domer», Domraspieler<br />

aus «Musikanten von Zar<br />

David», XVI Jh.<br />

20<br />

Die genaue Geburtsstunde der Domra<br />

in Russland ist allerdings nicht bekannt;<br />

es existieren auch keine erhaltenen<br />

Exemplare alter Instrumente. Auch<br />

der Name findet keine Erklärung in russischer<br />

Sprache. Die Wissenschaft vermutet,<br />

dass die russische Domra ihren<br />

Ursprung bei einem ägyptischen Instrument<br />

namens «Pandura» hat.<br />

Verwandte Instrumente<br />

In Kleinasien und im Kaukasus gibt es<br />

Instrumente, die der russischen Domra<br />

sehr ähnlich sind. Auch bei den slawischen<br />

und asiatischen Völkern findet<br />

man ähnliche Instrumente mit ähnlichen<br />

Namen: in Georgien - Chunguri<br />

und Panduri, in der Ukraine - Bandura,<br />

in Turkmenien - Dutar, in der Mongolei -<br />

Dombur, in Kirgisien - Dumra.<br />

Es zeigt sich somit, dass die bescheidene<br />

russische Domra eine riesige Verwandtschaft<br />

hat! Aber das ist noch längst<br />

nicht alles!<br />

Laute in Europa - Domra in Russland<br />

Ein ähnliches Instrument, die Laute, fand<br />

ihren Weg nach Europa im frühen Mittelalter.<br />

So wenig vorstellbar wie in Russland ein<br />

Skomoroch ohne Domra, so wenig konnte<br />

man sich in Westeuropa einen Troubadour<br />

oder Minnesänger ohne Laute<br />

vorstellen. Die Entwicklung der Lau-<br />

te hat sich in Europa vollzogen, indem<br />

die Laute als Vorfahrin von vielen Instrumenten<br />

wie der Viola, der Mandoline<br />

oder der Gitarre gilt.<br />

Die Domra hingegen war in Russland ein<br />

allgemein zugängliches Instrument des<br />

Volkes, und sie stand im Mittelpunkt des<br />

Volkslebens. Gespielt wurde die Domra<br />

mit einem Knochen- oder Federkiel-<br />

Plektrum. Die Musiker der damaligen<br />

Zeit schätzten das Instrument: leicht<br />

und klein, schöne Klangfülle und der<br />

Reichtum an künstlerischen und technischen<br />

Möglichkeiten. «Froh ist der Skomoroch<br />

über seine Domra» - sagt ein altes<br />

Sprichwort.<br />

Man konnte in jener Zeit die Domra überall<br />

hören - auf dem Bauernhof und im Palast<br />

des Zaren, bei Festen und bei Trauer.<br />

Der Einfluss der Skomorochen-Kunst<br />

in Russland war so gross, dass der Klerus<br />

ernsthaft und zunehmend beunruhigt<br />

war: ob nicht all das die Menschen von<br />

ihrem Glauben und ihrer Nähe zu Gott<br />

abhalten würde?<br />

So geschah es, dass sich zuerst die russische<br />

Kirche und dann die Herrscher<br />

des Staates gegen Domra und Skomorochen<br />

richteten und dass das Domra-Spiel<br />

im 17.Jh. gänzlich verboten wurde.<br />

Mehr noch, es wurde befohlen, alle<br />

«Teufelsgefässe» mit Saiten und rundem<br />

Körper in ganz Moskau einzusammeln<br />

und zu verbrennen.<br />

Wassilij Andreev<br />

(1861-1918)<br />

Renaissance der Domra<br />

Editorial<br />

Dennoch wurde im 19.Jh. in der Provinz<br />

Wjatka ein kleines Saiteninstrument mit<br />

rundem Korpus gefunden. Das Instrument<br />

ist in die Hände von Wassilij Andreev<br />

gefallen, der sich mit der Suche<br />

und Rekonstruktion von alten Instrumenten<br />

befasste. Andreev hat das Instrument<br />

mit den Bildern auf den alten Kupferstichen<br />

verglichen, und der Vergleich liess<br />

ihn vermuten, dass es sich um die lange<br />

gesuchte Domra handelte.<br />

Es ist dem Streben von Andreev zu verdanken,<br />

dass die in Vergessenheit geratene<br />

russische Domra eine eigentliche<br />

Wassilij Andreev′s Museum in Bejetsk<br />

21

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!