01.11.2013 Aufrufe

Textile Designs schützen und verteidigen - bei der ...

Textile Designs schützen und verteidigen - bei der ...

Textile Designs schützen und verteidigen - bei der ...

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

Mit vielen<br />

Abbildungen<br />

<strong>und</strong> praktische<br />

Tipps<br />

<strong>Textile</strong> <strong>Designs</strong> <strong>schützen</strong><br />

<strong>und</strong> <strong>verteidigen</strong><br />

Entstehung <strong>und</strong> Verteidigung registrierter <strong>und</strong><br />

unregistrierter Rechte an textilen Dessins<br />

Recht des eingetragenen <strong>und</strong> nicht eingetragenen<br />

(Gemeinschafts-)geschmacksmusters, Markenrecht,<br />

Wettbewerbsrecht, Urheberrecht<br />

Stand: Juni 2011


<strong>Textile</strong> <strong>Designs</strong> <strong>schützen</strong> <strong>und</strong> <strong>verteidigen</strong><br />

Eine rechtlicher Leitfaden über registrierte <strong>und</strong> unregistrierter textile Dessins<br />

Inhaltsverzeichnis<br />

1. Schutz textiler <strong>Designs</strong> 4<br />

1.1 Schutz ohne Registrierung 4<br />

a) Urheberrecht 4<br />

b) Lauterkeitsrecht/Wettbewerbsrecht 4<br />

aa) Schutz von Modeneuheiten 4<br />

bb) Wettbewerbsrechtlicher Leistungsschutz 5<br />

c) Markenrecht (Benutzungsmarke) 5<br />

d) Nicht eingetragene Gemeinschaftsgeschmacksmuster 6<br />

1.2. Schutz durch Registrierung 10<br />

a) Eingetragene nationale Marke <strong>und</strong> Gemeinschaftsmarke 10<br />

b) Eingetragenes deutsches Geschmacksmuster 14<br />

c) Eingetragenes Gemeinschaftsgeschmacksmuster 15<br />

d) Tipps für die Registrierung des Geschmacksmusters 16<br />

2. Verteidigung textiler Muster <strong>und</strong> Dessins 18<br />

2.1 Die Ansprüche des Verletzten 18<br />

a) Ansprüche des Rechtsinhabers gegen den Verletzer <strong>und</strong> gegen Dritte 18<br />

b) Erschöpfungsgr<strong>und</strong>satz: Keine Ansprüche <strong>bei</strong> Erschöpfung des Verbreitungsrechts 18<br />

2.2 Der Anspruchsinhaber – Wer kann abmahnen <strong>und</strong> klagen? 18<br />

a) Wem „gehört“ das Geschmacksmuster? 18<br />

b) Verbandsklagebefugnis 19<br />

2.3 Wer kann abgemahnt <strong>und</strong> verklagt werden – Die Passivlegitimation 20<br />

a) Der Täter/Verletzer 20<br />

b) Der Verletzer von Verkehrspflichten 20<br />

c) Der Störer 20<br />

d) Haftung für fremde Handlungen 20<br />

2.4 Vorgerichtliche Maßnahmen 21<br />

a) Berechtigungsanfrage/Schutzrechtshinweis 21<br />

b) Die Abmahnung 21<br />

2.5 Gerichtliche Maßnahmen in <strong>der</strong> Praxis 21<br />

a) Klage 21<br />

b) Einstweilige Verfügung 22<br />

c) Beson<strong>der</strong>heiten in Messeangelegenheiten 22<br />

Impressum 24<br />

3


1. Schutz textiler <strong>Designs</strong><br />

„Hässlichkeit verkauft sich schlecht“ war <strong>der</strong> Titel<br />

eines im Jahr 1953 erschienen Buches von Raymond<br />

Loewy. Was gefällt, verkauft sich besser. Ansprechende<br />

<strong>und</strong> neuartige Dessins sind gerade <strong>bei</strong> Textilien <strong>und</strong><br />

Bekleidungen ein entscheiden<strong>der</strong> Wettbewerbsvorteil.<br />

Wo gutes Design den Umsatz steigert, bleibt das Plagiat<br />

nicht lange fern. Kopieren ist eben viel billiger als selbst<br />

Entwickeln <strong>und</strong> so wird die Kopie schnell zum entscheidenden<br />

Wettbewerbsnachteil für den Entwerfer. Wie<br />

also können textile Muster <strong>und</strong> Modelle gegen Nachahmungen<br />

geschützt <strong>und</strong> verteidigt werden?<br />

1.1 Schutz ohne Registrierung<br />

a) Urheberrecht<br />

Schutzvoraussetzung:<br />

Schutzdauer:<br />

Räumlicher<br />

Schutzumfang:<br />

Sachlicher<br />

Schutzumfang:<br />

Problem:<br />

Gr<strong>und</strong>sätzlich<br />

„Schöpfungshöhe“<br />

Ab Schöpfung bis<br />

70 Jahre nach dem Tod<br />

des Urhebers<br />

Deutschland<br />

„In <strong>der</strong> konkreten<br />

Formgestaltung zum Ausdruck<br />

gebrachter Gesamteindruck in<br />

seiner schöpferischen Eigenart“<br />

(vgl. RGZ 155, 199, 202 f. -<br />

Möbelstoffmuster)<br />

<strong>Textile</strong> <strong>Designs</strong> sind<br />

„angewandte Kunst“: Hier<br />

beson<strong>der</strong>s hohe Anfor<strong>der</strong>ungen<br />

an die Schöpfungshöhe. Das<br />

Dessin muss selbst als Kunst<br />

angesehen werden<br />

Urheberrechtlicher Schutz für textile Muster <strong>und</strong><br />

Modelle scheidet nahezu immer aus. Von seltenen <strong>und</strong><br />

nicht zu verallgemeinernden erstinstanzlichen Urteilen<br />

abgesehen (LG Leipzig GRUR 2002, 424 – Hirschgewand)<br />

wird es fast immer an <strong>der</strong> sog. „Schöpfungshöhe“<br />

fehlen: <strong>Textile</strong> <strong>Designs</strong> sind „angewandte Kunst“.<br />

Hier for<strong>der</strong>t die Rechtsprechung eine beson<strong>der</strong>s hohe<br />

Individualität <strong>und</strong> Originalität.<br />

Nur wenn das textile Design selbst als Kunst <strong>und</strong> nicht<br />

etwa nur als beson<strong>der</strong>s gelungen o<strong>der</strong> schön angesehen<br />

wird, ist es urheberrechtsfähig. An dieser hohen Hürde<br />

scheitert praktisch fast immer ein Schutz nach dem<br />

Urheberrechtsgesetz.<br />

b) Lauterkeitsrecht/Wettbewerbsrecht<br />

Sind Verletzer <strong>und</strong> Nachahmer Konkurrenten, hilft <strong>bei</strong><br />

nicht eingetragenen Mustern gelegentlich das Lauterkeitsrecht.<br />

Im Wesentlichen gibt es hier zwei Instrumente:<br />

Der Schutz von Modeneuheiten <strong>und</strong> <strong>der</strong> ergänzende<br />

wettbewerbsrechtliche Leistungsschutz.<br />

aa) Schutz von Modeneuheiten<br />

Schutzvoraussetzung: Wettbewerbsverhältnis,<br />

Modeneuheit, beson<strong>der</strong>e<br />

Unlauterkeitselemente<br />

(Behin<strong>der</strong>ungswettbewerb!)<br />

Schutzdauer: Maximal zwei Saisons<br />

Räumlicher<br />

Schutzumfang: Deutschland<br />

Sachlicher<br />

Schutzumfang: Nachahmungsschutz<br />

Problem:<br />

Praktisch kaum noch relevant<br />

nach Einführung des nicht<br />

eingetragenen Gemeinschaftsgeschmacksmuster<br />

„Nachahmungsintensität“ <strong>und</strong> „wettbewerbliche Eigenart“<br />

Die Rechtsprechung des B<strong>und</strong>esgerichtshofes zum<br />

Schutz von Modeneuheiten hatte im Wesentlichen auf<br />

zwei Merkmale abgestellt, die in Wechselwirkung zueinan<strong>der</strong><br />

standen: Die Nachahmungsintensität <strong>und</strong> die<br />

„wettbewerbliche Eigenart“ des Dessins. Bei ersterer<br />

geht es um die Ähnlichkeit von Originaldessin <strong>und</strong><br />

Plagiat.<br />

Bei <strong>der</strong> „wettbewerblichen Eigenart“ geht es um die<br />

Individualität <strong>und</strong> Ästhetik des Dessins an sich. Ist das<br />

Dessin überdurchschnittlich ästhetisch <strong>und</strong> gelungen,<br />

konnten dieses als „Modeneuheit“ gegen den Anbieter<br />

<strong>der</strong> Nachahmung verteidigt werden. Es musste sich um<br />

eine überdurchschnittlich herausragende modische Neuerscheinung<br />

handeln.<br />

4


Die Rechtsprechung behandelte die Fälle des Modeneuheitenschutzes<br />

als Behin<strong>der</strong>ungen im Wettbewerb.<br />

Beson<strong>der</strong>s bekannt musste das Muster nicht sein (BGH<br />

GRUR 1984, 453 - Hemdblusenkleid). Der Schutz wurde<br />

maximal für zwei Saisons gewährt.<br />

Der Schutz von Modeneuheiten stammt allerdings aus einer<br />

Zeit, in <strong>der</strong> für den Schutz eines Musters gr<strong>und</strong>sätzlich<br />

dessen Eintragung als Geschmacksmuster nötig war. Das<br />

nicht eingetragene Gemeinschaftsgeschmackmuster gab<br />

es noch nicht. Man wollte eine Schutzlücke schließen. Die<br />

Modeneuheitenrechtsprechung ist daher heute mit Vorsicht<br />

zu genießen. Eine Entscheidung des Hanseatischen<br />

Oberlandesgerichts aus <strong>der</strong> Zeit nach Einführung des nicht<br />

eingetragenen Gemeinschaftsgeschmacksmusters (OLG<br />

Hamburg GRUR-RR 2006, 94 – Gipürespitze I) dürfte<br />

kaum verallgemeinerungsfähig sein.<br />

bb) Wettbewerbsrechtlicher Leistungsschutz<br />

Schutzvoraussetzung: Wettbewerbsverhältnis,<br />

Herkunftstäuschung, gewisse<br />

Bekanntheit: Dessin muss<br />

sozusagen „markenähnlich“<br />

sein.<br />

Schutzdauer: Während <strong>der</strong> Dauer <strong>der</strong><br />

Herkunftstäuschung (vgl. OLG<br />

Frankfurt WRP 2007, 1108)<br />

Räumlicher<br />

Schutzumfang: Deutschland<br />

Sachlicher<br />

Schutzumfang: Nachahmungsschutz nach<br />

„Umständen des Einzelfalls“:<br />

Wechselwirkung <strong>der</strong> sich<br />

gegenüberstehenden<br />

Schöpfungen, Grad <strong>der</strong><br />

wettbewerblichen Eigenart<br />

<strong>und</strong> Intensität <strong>der</strong> Nachahmung<br />

Problem:<br />

Praktisch kaum relevant, da<br />

ein Dessin in aller Regel nicht<br />

als Herkunftshinweis (wie eine<br />

Marke) verstanden wird,<br />

son<strong>der</strong>n als Gestaltung<br />

„Vermeidbare Herkunftstäuschung“<br />

Die aktuelle Rechtsprechung zum wettbewerbsrechtlichen<br />

Nachahmungsschutz for<strong>der</strong>t als weiteren Bestandteil<br />

<strong>der</strong> wettbewerblichen Eigenart eine „vermeidbare<br />

Herkunftstäuschung“: Das Dessin darf kein Allerweltsdessin<br />

sein. Es muss vielmehr so überdurchschnittlich<br />

individuell sein, dass ein Betrachter davon ausgehen<br />

muss, es könne nur aus einem ganz bestimmten Unternehmen<br />

stammen („Herkunftshinweis“).<br />

Das Dessin muss darüber hinaus auch in bestimmten Umfang<br />

bekannt sein (BGH GRUR Int 2009, 338 – Gebäckpresse).<br />

Das setzt in aller Regel einen größeren Werbeaufwand<br />

voraus. Denn mit unbekannten Dessins wird man<br />

kaum die Herkunft aus einem bestimmten Unternehmen<br />

assoziieren. Das Muster muss also letztendlich „markenähnlich“<br />

sein. Eine solche Bekanntheit werden textile<br />

<strong>Designs</strong> aber nur selten haben. Entscheidungen, in denen<br />

die Gerichte (mit Ausnahme vielleicht des OLG Köln)<br />

den ergänzenden wettbewerbsrechtlichen Leistungsschutz<br />

gewähren, sind dementsprechend Raritäten.<br />

„Beson<strong>der</strong>en Umstände“ <strong>der</strong> Nachahmung<br />

Weitere Voraussetzung des wettbewerblichen Leistungsschutzes<br />

sind die „beson<strong>der</strong>en Umstände“ <strong>der</strong><br />

Nachahmung: Solche beson<strong>der</strong>en Umstände werden<br />

<strong>bei</strong>spielsweise dann angenommen, wenn sich <strong>der</strong><br />

Plagiator – etwa als vormaliger technischer Leiter - die<br />

Kenntnisse o<strong>der</strong> Unterlagen des Originaldesigns unredlich<br />

verschafft hat (vgl. BGH GRUR 2003, 356 – Präzisionsmessgeräte).<br />

Auch hier gibt es eine Wechselwirkung: Je gößer die<br />

Nachahmung, desto geringeres Gewicht müssen diese<br />

„beson<strong>der</strong>en Umständen“ haben (OLG Düsseldorf,<br />

Urteil vom 5.8.2008 – 20 U 175/07 = BeckRS 2009,<br />

05456).<br />

Geht <strong>der</strong> Nachahmer beson<strong>der</strong>s dreist vor, hat die<br />

Rechtsprechung auch schon <strong>bei</strong> einem geringeren<br />

Maß an Übereinstimmung mit dem Originaldessin<br />

eine Wettbewerbsverletzung angenommen: Beson<strong>der</strong>e<br />

unlautere Begleitumstände können auch <strong>bei</strong> nur nahezu<br />

identischen Nachahmungen wettbewerbswidrig sein,<br />

etwa wenn dem Nachahmer das Muster <strong>bei</strong> Vertragsverhandlungen<br />

anvertraut wurde (BGH GRUR 1983, 377<br />

- Brombeer-Muster). Beson<strong>der</strong>e Dreistigkeit <strong>bei</strong> dem<br />

Zustandekommen <strong>der</strong> Kopie kann also über eine geringere<br />

Ähnlichkeit <strong>der</strong> Muster hinweghelfen.<br />

5


c) Markenrecht (Benutzungsmarke)<br />

Das Entstehen von Benutzungsmarken dürften, ganz abgesehen<br />

vom Problem des „markenmäßigen Gebrauchs“<br />

(s.u.) <strong>bei</strong> Textilien schwer zu beweisen sein, (vgl. hierzu<br />

unten BGH GRUR 2009, 766 – Stofffähnchen).<br />

d) Nicht eingetragene Gemeinschaftsgeschmacksmuster<br />

nach <strong>der</strong> Verordnung (EG) Nr. 6/2002 („Gemeinschaftsgeschmacksmusterverordnung“<br />

– GGV)<br />

Schutzvoraussetzung:<br />

Schutzdauer:<br />

Räumlicher<br />

Schutzumfang:<br />

Sachlicher<br />

Schutzumfang:<br />

Probleme:<br />

Neuheit, Eigenart (=Unterscheidbarkeit,<br />

nicht<br />

Schöpfungshöhe!), Offenba<br />

rung (Veröffentlichung)<br />

innerhalb <strong>der</strong> Europäischen<br />

Union<br />

Drei Jahre ab erstmaliger<br />

Offenbarung<br />

Europäische Union<br />

Schutz gegen „Übereinstimmung<br />

im Gesamteindruck“:<br />

Wechselwirkung von Eigenart,<br />

Intensität <strong>der</strong> Übereinstimmung<br />

unter Berücksichtigung<br />

<strong>der</strong> „Musterdichte“ <strong>und</strong> <strong>der</strong><br />

Gestaltungsfreiheit in <strong>der</strong> jeweiligen<br />

Erzeugnisklasse, nur<br />

Nachahmungsschutz (d.h. im<br />

Gegensatz zum eingetragenen<br />

Geschmacksmuster kein Schutz<br />

gegen Parallelentwerfer)<br />

Eigenart, Gesamteindruck,<br />

Gestaltungsfreiheit, volle Beweislast<br />

im Prozess auf <strong>der</strong><br />

Seite des Geschmacksmusterinhabers<br />

(im Gegensatz zum eingetragenen<br />

Geschmacksmuster)<br />

Das wichtigste <strong>und</strong> kurioserweise immer noch recht<br />

unbekannte Recht <strong>bei</strong> kurzlebigen Dessins ist das<br />

nicht eingetragene Gemeinschaftsgeschmacksmuster.<br />

Auch die Gerichte haben oft wenig Erfahrungen<br />

mit diesem Recht. Es schützt seit Inkrafttreten im Jahr<br />

2002 jedes Muster, das neu <strong>und</strong> eigenartig ist. „Eigenart“<br />

hat ein Muster, wenn es von an<strong>der</strong>en Mustern<br />

unterscheidbar ist. Das Muster muss außerdem in <strong>der</strong><br />

Europäischen Gemeinschaft veröffentlicht („offenbart“)<br />

worden sein.<br />

In einem Prozess muss <strong>der</strong> Inhaber eines nicht eingetragenen<br />

Gemeinschaftgeschmacksmusters alle Schutzvoraussetzungen<br />

beweisen. Vortragen <strong>und</strong> beweisen<br />

muss er also, dass das Muster neu <strong>und</strong> unterscheidbar<br />

(„eigenartig“) war <strong>und</strong> auch veröffentlicht („offenbart“)<br />

worden ist. Dies ist <strong>der</strong> in <strong>der</strong> Praxis wichtigste Unterschied<br />

zum eingetragenen Geschmacksmuster. Denn<br />

<strong>bei</strong>m eingetragenen Geschmacksmuster werden diese<br />

Schutzvoraussetzungen <strong>und</strong> damit die Rechtsgültigkeit<br />

des Geschmacksmusters gesetzlich vermutet (§ 39 GeschmMG,<br />

Art 85 Abs. 1 GGV).<br />

Im Gegensatz zum eingetragenen Geschmacksmuster<br />

schützt das nicht eingetragene Gemeinschaftsgeschmacksmuster<br />

aber nicht gegen unabhängig<br />

geschaffene Parallelentwürfe. Es ist ein reiner Nachahmungsschutz.<br />

Geschmacksmuster, Art. 3 GGV<br />

Geschmackmuster ist die Erscheinungsform eines Erzeugnisses<br />

o<strong>der</strong> eines Teils davon, die sich insbeson<strong>der</strong>e<br />

aus den Merkmalen <strong>der</strong> Linien, Konturen, Farben, <strong>der</strong><br />

Gestalt, Oberflächenstruktur <strong>und</strong>/o<strong>der</strong> <strong>der</strong> Werkstoffe des<br />

Erzeugnisses selbst <strong>und</strong>/o<strong>der</strong> seiner Verzierung ergibt.<br />

Neuheit, Art. 5 GGV<br />

Neu ist das Muster, wenn weltweit <strong>bei</strong> Veröffentlichung<br />

we<strong>der</strong> ein identisches Muster, noch ein Muster mit nur<br />

unwesentlichen Unterschieden existiert hat. Gleichzeitig<br />

führt jedes auch außerhalb <strong>der</strong> Europäischen Gemeinschaft<br />

veröffentlichte identische o<strong>der</strong> nahezu identische<br />

Muster dazu, dass ein Muster nicht mehr als neu gilt.<br />

TIPP: Markteinführungen <strong>und</strong> Produktpräsentationen –<br />

etwa auf Messen - außerhalb <strong>der</strong> Gemeinschaft können<br />

daher die Neuheit des eigenen (!) Musters zerstören. Das<br />

Muster ist dann als nicht eingetragenes Gemeinschaftsgeschmacksmuster<br />

nicht mehr schutzfähig. Hier hilft in<br />

aller Regel nur <strong>der</strong> Schutz des Musters in dem jeweiligen<br />

außergemeinschaftlichen Land <strong>der</strong> Markteinführung<br />

durch Registrierung <strong>bei</strong> dem jeweils zuständigen Amt.<br />

6


Eigenart, Art. 6 GGV<br />

Eigenart heißt Unterscheidbarkeit (im Gegensatz zur urheberrechtlichen<br />

Schöpfungshöhe o<strong>der</strong> <strong>der</strong> früher im Geschmacksmusterrecht<br />

verlangten „Gestaltungshöhe“) von<br />

an<strong>der</strong>en Mustern aus dem bekannten Formenschatz. Die<br />

Unterscheidbarkeit hängt da<strong>bei</strong> ab von <strong>der</strong> Gestaltungsfreiheit<br />

des Designers in <strong>der</strong> jeweiligen Erzeugnisklasse<br />

(z.B. in <strong>der</strong> Erzeugnisklasse „Handtaschen“). Beson<strong>der</strong>e<br />

Eigentümlichkeit ist nicht (mehr) Voraussetzung. Die Gestaltungsfreiheit<br />

wie<strong>der</strong>um ist abhängig von <strong>der</strong> Musterdichte<br />

in <strong>der</strong> betreffenden Erzeugnisklasse. Musterdichte<br />

bedeutet: Wieviele Muster gibt es in <strong>der</strong> Erzeugnisklasse?<br />

Es gibt also eine Wechselwirkung: Je höher die Musterdichte,<br />

desto weniger muss das Muster von an<strong>der</strong>en<br />

Mustern unterscheidbar sein.<br />

Nach Art. 6 Abs. 1 Nr. 2 GGV (entspricht wörtlich §<br />

2 Abs. 3 GeschmMG) hat ein eingetragenes Gemeinschaftsgeschmacksmuster<br />

Eigenart, wenn sich <strong>der</strong><br />

Gesamteindruck, den es <strong>bei</strong>m informierten Benutzer<br />

hervorruft, von dem Gesamteindruck unterscheidet, den<br />

ein an<strong>der</strong>es, das heißt jedes an<strong>der</strong>e Muster hervorruft,<br />

welches <strong>der</strong> Öffentlichkeit vor dem Tag <strong>der</strong> Anmeldung<br />

zugänglich gemacht worden ist.<br />

Verhältnis zum Urheberrecht<br />

Eine beson<strong>der</strong>e „Gestaltungshöhe“ ist aber ausdrücklich<br />

nicht mehr nötig (BGH Urteil vom 22.04.2010 - I ZR 89/08<br />

- GRUR 2010, 718 - Verlängerte Limousinen). Es handelt<br />

sich damit im Verhältnis zum Urheberrecht <strong>und</strong> auch zum<br />

früheren deutschen Geschmacksmusterrecht um ein gr<strong>und</strong>sätzlich<br />

an<strong>der</strong>es Recht. Das frühere deutsche Geschmacksmusterrecht<br />

for<strong>der</strong>te „Gestaltungshöhe“, also mehr als<br />

gestalterisches Durchschnittskönnen. Das ist überholt. Das<br />

Geschmacksmusterrecht ist kein „kleines Urheberrecht“<br />

mehr. Es kommt nur noch auf die „Eigenart“, also die Unterscheidbarkeit<br />

von an<strong>der</strong>en Mustern an, nicht aber auf irgendeine<br />

Eigentümlichkeit o<strong>der</strong> Gestaltungshöhe.<br />

Der informierter Benutzer: Unter Umständen auch ein<br />

fünfjähriges Kind<br />

„Informierte Benutzer“ ist, wer <strong>der</strong> Personengruppe angehört,<br />

die das Gemeinschaftsgeschmacksmuster in <strong>der</strong><br />

Praxis benutzt <strong>und</strong> verschiedene Muster nach ihrem Erscheinungsbild<br />

zu beurteilen weiß.<br />

„Informiert“ im Sinne von Art. 6 Abs. 1 GMV ist <strong>der</strong><br />

Benutzer, wenn er einerseits in rechtlicher Hinsicht<br />

Gr<strong>und</strong>kenntnisse <strong>der</strong> Voraussetzungen <strong>der</strong> Schutzfähigkeit<br />

besitzt - also z. B. technisch bedingte Merkmale<br />

<strong>bei</strong> einem Vergleich ausblendet -, in tatsächlicher<br />

Hinsicht Funktion, Wirkungsweise <strong>und</strong> Anwendungsbereich<br />

des jeweiligen Erzeugnisses kennt. Er hat gewisse<br />

allgemeine Kenntnisse von dem Formenschatz<br />

hat <strong>und</strong> schließlich in Bezug auf Urteilsvermögen, Bildung<br />

Intellekt, Stil <strong>und</strong> Geschmack zumindest durchschnittliche<br />

Fähigkeiten. Der informierte Benutzer ist<br />

damit zwischen dem Durchschnittsverbraucher <strong>und</strong><br />

dem Fachmann anzusiedeln (OLG Frankfurt am Main,<br />

Urteil vom 27.03.2008 – 6 U 77/07), BeckRS 2008,<br />

23619). Der informierte Benutzer kann aber auch ein<br />

5- bis 10-jähriges Kind sein o<strong>der</strong> <strong>der</strong> Marketingleiter<br />

eines Unternehmens (EuG GRUR-RR 2010, 189 -<br />

Pepsi „rapper“).<br />

Das Muster muss also im Gemeinschaftsgebiet veröffentlicht<br />

worden sein. Das gilt auch dann, wenn das<br />

Muster zwar außerhalb des Gemeinschaftsgebiets veröffentlicht,<br />

aber innerhalb <strong>der</strong> Gemeinschaft bekannt geworden<br />

ist. (BGH GRUR 2009, 79 – Gebäckpresse).<br />

Offenbarung, Art. 7 GGV<br />

Offenbart ist ein Muster, wenn es die in <strong>der</strong> Gemeinschaft<br />

tätigen Fachkreise wahrnehmen konnten, etwa<br />

wenn es auf einer Messe ausgestellt, in einem Katalog<br />

abgebildet o<strong>der</strong> in <strong>der</strong> Werbung verwendet wurde. Die<br />

„Fachkreise“ können Designer, Hersteller, Händler <strong>und</strong><br />

vor allem auch die potenziellen Käufer sein. Fachkreise<br />

sind letztendlich diejenigen, für die das Muster gemacht<br />

wurde.<br />

Auch die Bekanntmachung eines eingetragenen Geschmacksmusters<br />

im deutschen Geschmacksmusterblatt<br />

lässt ein nicht eingetragenes Gemeinschaftsgeschmacksmuster<br />

entstehen, nicht aber lediglich die Anmeldung.<br />

Denn die Anmeldung ist gr<strong>und</strong>sätzlich nicht recherchierbar.<br />

Eine zwölfmonatige Neuheitsschonfrist wie<br />

<strong>bei</strong> dem eingetragenen Geschmacksmuster gibt es <strong>bei</strong>m<br />

nicht eingetragenen Gemeinschaftsgeschmackmuster<br />

naturgemäß nicht. Das nicht eingetragene Gemeinschaftsgeschmackmuster<br />

schützt drei Jahre ab dem Zeitpunkt<br />

<strong>der</strong> Offenbarung gegen vorsätzliche Nachahmung.<br />

7


TIPP: Erste Veröffentlichungen eines Musters, auch<br />

unter dem Schutz einer Vertraulichkeitsvereinbarung,<br />

sollten wohlüberlegt sein. Denn auch <strong>der</strong> Verstoß gegen<br />

eine Vertraulichkeitsvereinbarung kann dennoch eine<br />

Offenbarung zur Folge haben (BGH GRUR 1993, 466 -<br />

Reprint-Versendung)<br />

Beispiel<br />

OLG Hamburg: Urteil vom 23.04.2008 - 5 U 101/07,<br />

BeckRS 2009, 08346: Eigenart verneint; lehrreich auch<br />

zu Anfor<strong>der</strong>ungen an die Darlegungslast <strong>bei</strong>m nicht eingetragenen<br />

Gemeinschaftsgeschmacksmuster<br />

Die Antragsgegnerin bot die folgenden Bademäntel an<br />

(angegriffene Verletzungsform):<br />

Grad <strong>der</strong> Gestaltungsfreiheit <strong>der</strong> Entwerfer <strong>bei</strong> <strong>der</strong> Entwicklung<br />

seines Geschmacksmusters zur Verfügung hatte.<br />

Schutzumfang des nicht eingetragenen Gemeinschaftsgeschmackmusters,<br />

Art. 10 GGV<br />

Das nicht eingetragenen Gemeinschaftsgeschmacksmusters<br />

schützt nicht nur identische Muster. Es schützt vielmehr<br />

auch jedes ähnliche Muster, das <strong>bei</strong>m informierten<br />

Benutzer keinen an<strong>der</strong>en Gesamteindruck erweckt.<br />

Auch hier gibt es wie<strong>der</strong> die bereits erwähnte Wechselwirkung<br />

von Gestaltungsfreiheit <strong>und</strong> Musterdichte in<br />

<strong>der</strong> relevanten Erzeugnisklasse auf <strong>der</strong> einen Seite <strong>und</strong><br />

Unterscheidbarkeit auf <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en Seite:<br />

Je höher die Musterdichte, desto weniger muss sich<br />

das Muster von an<strong>der</strong>en unterscheiden.<br />

Da<strong>bei</strong> bestimmt <strong>der</strong> vorbekannte Formenschatz nicht<br />

nur die Neuheit, son<strong>der</strong>n auch die Eigenart eines Geschmacksmusters.<br />

Beispiel<br />

aus LG Braunschweig, Urt. v. 9.6.2006 – 9 O 1056/06<br />

(174): Die Klägerin vertrieb Handytaschen, für die<br />

Schutz als nicht eingetragenes Gemeinschaftsgeschmacksmuster<br />

entstanden war:<br />

Das OLG Hamburg hat eine Unterscheidbarkeit von an<strong>der</strong>en<br />

Bademänteln verneint. Die Antragstellerin habe<br />

die für das Entstehen eines nicht eingetragenen Gemeinschaftsgeschmacksmustererfor<strong>der</strong>liche<br />

Eigenart<br />

des Mantels we<strong>der</strong> näher dargelegt noch nachgewiesen.<br />

Dies wäre aber unerlässlich gewesen, da <strong>bei</strong>m nichteingetragenen<br />

Geschmacksmuster nicht vermutet wird,<br />

dass es rechtsgültig ist. Es muss also <strong>der</strong> Rechtsinhaber<br />

nicht nur behaupten, dass, son<strong>der</strong>n auch angeben, „inwiefern<br />

sein Geschmacksmuster Eigenart aufweist“.<br />

Wer sich auf ein nicht eingetragenes Gemeinschaftsgeschmackmuster<br />

beruft, muss also im Prozess substantiierte<br />

Angaben zum vorbestehenden Formenschatz<br />

machen. Sonst ist eine Prüfung <strong>der</strong> Eigenart von vornherein<br />

unmöglich. Nur vor dem Hintergr<strong>und</strong> <strong>der</strong> von dem<br />

Entwerfer selbst näher dargelegten Eigenart lässt sich auch<br />

<strong>der</strong> geschmacksmusterrechtliche Schutzumfang bestimmen.<br />

Denn dessen Beurteilung hängt davon ab, welchen<br />

Diese Handytaschen besaßen die folgenden Merkmale:<br />

1. Handytaschen<br />

2. neoprenartig<br />

3. in Form von Sportbekleidung <strong>und</strong><br />

4. Mannschaftstrikots, die<br />

5. <strong>bei</strong>nlos sind.<br />

Die Beklagte vertrieb unter an<strong>der</strong>em die folgende<br />

Handytasche (angegriffene Verletzungsform/Verletzungsgegenstand):<br />

8


Von <strong>der</strong> Beklagten wurde <strong>der</strong> folgende „vorbekannter<br />

Formenschatz“ – also vergleichbare bekannte Handytaschen<br />

- vorgelegt :<br />

Diese Handytaschen besaßen die folgenden Merkmale:<br />

1. Handytaschen<br />

2. neoprenartig<br />

3. in Form von Sportbekleidung o<strong>der</strong><br />

4. Mannschaftstrikot<br />

5. teilweise <strong>bei</strong>nlos (Abb. „B“, „G“, „H“), jedoch<br />

nicht als Mannschaftstrikot<br />

Das Landgericht Braunschweig hatte sowohl Neuheit<br />

als auch die Eigenart des Klagegeschmacksmusters<br />

bejaht <strong>und</strong> dennoch die Klage abgewiesen. Wegen des<br />

vorbekannten Formenschatzes sei <strong>der</strong> Schutzumfang<br />

des Klagegemeinschaftsgeschmacksmusters <strong>der</strong>art klein<br />

gewesen, dass <strong>der</strong> Verletzungsgegenstand keine Rechtsverletzung<br />

mehr gewesen sei. Aus den Gründen:<br />

„Die Geschmacksmusterfähigkeit <strong>der</strong> Gestaltungen ist<br />

nicht zu bezweifeln. Es handelt sich <strong>bei</strong> den zu beurteilenden<br />

Formgestaltungen um Gestaltungen, die geeignet<br />

sind, das geschmackliche Empfinden des Betrachters<br />

anzusprechen. Sie sind deswegen dem Schutz des nichteingetragenen<br />

Geschmacksmusters zugänglich.<br />

Die Neuheit <strong>der</strong> den Produkten B <strong>und</strong> D auf <strong>der</strong> Abb.<br />

2 zugr<strong>und</strong>e liegenden Gestaltungsmuster i. S. v. Art 5<br />

GGV ist ebenfalls glaubhaft gemacht. Neuheitsschädlich<br />

wäre im Umkehrschluss aus Art. 5 Abs. 2 GGV nur ein<br />

Muster, dass sich lediglich in unwesentlichen Einzelheiten<br />

von dem in Rede stehenden Muster unterscheidet.<br />

Eine solches, nahezu identisches Muster geht jedoch<br />

we<strong>der</strong> aus den von <strong>der</strong> Verfügungsbeklagten eingereichten<br />

Anlagen noch aus den aus Abb. 1 ersichtlichen Produkten<br />

hervor. [...]<br />

Der vorbekannte Formenschatz ist jedoch nach Auffassung<br />

<strong>der</strong> Kammer unter einem an<strong>der</strong>en Gesichtspunkt<br />

entscheidungserheblich. Denn er führt letztendlich dazu,<br />

den Schutzbereich <strong>der</strong> den Produkten Abb. 2, dort B <strong>und</strong><br />

D, zugr<strong>und</strong>eliegenden Geschmacksmuster so zu verkleinern,<br />

dass <strong>der</strong> Verletzungsgegenstand Abb. 3, dort<br />

A, nicht mehr als Ergebnis einer Benutzung <strong>der</strong> Geschmacksmuster<br />

betrachtet werden kann.“<br />

Mit an<strong>der</strong>en Worten: Das Landgericht Braunschweig<br />

hielt die Merkmale 1 bis 4 des Klagegemeinschaftsgeschmacksmusters<br />

für im Wesentlichen bekannt. Dass<br />

Handytaschen ohne Beine als Mannschaftstrikots noch<br />

nicht bekannt waren, war nach Ansicht des Gerichts nebensächlich:<br />

Die Idee, <strong>bei</strong> Handytaschen in Form von<br />

Sportbekleidung das Unterteil wegzulassen, auf Handytaschen<br />

in Form von Mannschaftstrikots zu übertragen, mache<br />

diese neuen Handytaschen nicht beson<strong>der</strong>s eigenartig.<br />

PraxisTIPP: Das Beispiel zeigt auch, wie wichtig aus<br />

strategischen Gründen eine Merkmalsanalyse ist. Eine<br />

sorfältige Merkmalsanalyse kann prozessentscheidend<br />

sein.<br />

Das nicht eingetragene Gemeinschaftsgeschmacksmuster<br />

im Prozess: Der Anscheinsbeweis<br />

Der Verletzer muss in einem Prozess gr<strong>und</strong>sätzlich vortragen,<br />

dass <strong>der</strong> Nachahmer das verletzte Dessin gekannt hat.<br />

Da<strong>bei</strong> helfen ihm aber die Regeln des deutschen Zivilprozessrechts<br />

über den Anscheinsbeweis: Eine hohe Übereinstimmung<br />

<strong>der</strong> sich gegenüberstehenden Muster wird in aller<br />

Regel zu einem Anscheinsbeweis für eine Nachahmung führen.<br />

Letztendlich muss also dann <strong>der</strong> Nachahmer darlegen<br />

<strong>und</strong> beweisen, wie <strong>und</strong> wann das nachgeahmte Dessin entstanden<br />

ist (vgl. BGH GRUR 1967, 375 – Kronleuchter).<br />

9


Tipp: Um im Verletzungsprozess nicht in Beweisschwierigkeiten<br />

zu geraten, sollten <strong>der</strong> Entwicklungsprozess<br />

<strong>und</strong> die Veröffentlichung eines Dessins genau<br />

mit Zeitangeben dokumentiert werden.<br />

Ansprüche des Rechtsinhabers gegen den Verletzer <strong>und</strong><br />

gegen Dritte<br />

Der Rechtsinhaber kann von dem Verletzer Unterlassung<br />

weiterer Verletzungen, Schadensersatz <strong>und</strong> Auskunft<br />

for<strong>der</strong>n. Beson<strong>der</strong>s unangenehm für den Verletzer<br />

ist in <strong>der</strong> Praxis oft <strong>der</strong> Auskunftsanspruch. Dieser soll<br />

es dem Verletzten ermöglichen, seinen Schaden zu berechnen,<br />

nachdem Auskunft erteilt wurde. Der Verletzer<br />

muss aber <strong>bei</strong>spielsweise auch angeben, zu welchen<br />

Preisen er die rechtsverletzenden Waren eingekauft <strong>und</strong><br />

auch verkauft hat. Er muss darüber hinaus seine gewerblichen<br />

Abnehmer <strong>und</strong> seine Vorlieferanten angeben.<br />

Der Verletzte kann sich also – zumindest theoretisch – über<br />

den Auskunftsanspruch Schritt für Schritt zu dem Hersteller<br />

des Plagiats vorar<strong>bei</strong>ten <strong>und</strong> den jeweils nächsten in <strong>der</strong><br />

Lieferantenkette als Verletzer in Anspruch nehmen.<br />

Seit dem 1.10.2009 gibt es die sog. „Drittauskunft“.<br />

Auskunftspflichtig sind <strong>bei</strong> offensichtlicher Rechtsverletzung<br />

o<strong>der</strong> nach Klageerhebung dann unter Umständen<br />

auch <strong>bei</strong>spielsweise Spediteure, Lagerhalter o<strong>der</strong><br />

die Betreiber von Onlineauktionsplattformen.<br />

Ist die Auskunft des Verletzers falsch, kann die Abgabe<br />

einer eidesstattlichen Versicherung erzwungen werden.<br />

Eine neuerliche Falschauskunft wäre dann strafbar. Falsche<br />

Drittauskünfte machen unter Umständen den Dritten<br />

schadensersatzpflichtig. Zu ersetzen wäre <strong>der</strong> durch<br />

die falsche Auskunft entstandene Schaden.<br />

Ebenfalls seit dem 1.10.2009 stehen dem Verletzer zur<br />

Sicherung seiner Ansprüche Hilfsansprüche auf Vorlage<br />

<strong>und</strong> Besichtigung <strong>und</strong> – <strong>bei</strong> Nachahmungen im gewerblichen<br />

Ausmaß - explizit auch auf Vorlage von Bank-,<br />

Finanz- <strong>und</strong> Handelsunterlagen zur Verfügung.<br />

Das nicht eingetragene Gemeinschaftsgeschmackmuster<br />

bietet damit oft gerade für kurzlebige Dessins einen<br />

Basisschutz gegen Nachahmung. Wer längeren <strong>und</strong> etwas<br />

umfassen<strong>der</strong>en Schutz haben möchte, kann sein Muster<br />

<strong>bei</strong> den jeweiligen Ämtern hinterlegen lassen.<br />

Ein zunächst nicht eingetragenes Muster lässt sich aber<br />

nur begrenzt verstärken. Zum einen muss es spätestens<br />

12 Monaten nach <strong>der</strong> Erstveröffentlichung angemeldet<br />

werden. Zum an<strong>der</strong>en kann es dann aber für eine Nachanmeldung<br />

im Ausland bereits an <strong>der</strong> Neuheit fehlen, wenn<br />

die ausländische Rechtsordnung eine Neuheitsschonfrist<br />

nicht kennt.<br />

1.2. Schutz durch Registrierung<br />

a) Eingetragene nationale Marke <strong>und</strong> Gemeinschaftsmarke<br />

Schutzvoraussetzung:<br />

Schutzdauer:<br />

Schutzumfang:<br />

Problem:<br />

Eintragung (keine Eintragungshin<strong>der</strong>nisse<br />

z.B. absolute<br />

Eintragungshin<strong>der</strong>nisse, § 8 MarkenG<br />

bzw. Art. 7 GemeinschaftsmarkenVO,<br />

vor allem fehlende<br />

Unterscheidungskraft <strong>und</strong> „glatt<br />

beschreibende“ Bezeichnungen<br />

<strong>und</strong> relative Eintragungshin<strong>der</strong>nisse,<br />

§ 9 ff. MarkenG bzw. Art.<br />

8 GemeinschaftsmarkenVO, entgegenstehende<br />

ältere Rechte)<br />

Zehn Jahre ab Anmeldung, mit<br />

unbegrenzter Verlängerungsmöglichkeit<br />

um jeweils weitere<br />

zehn Jahre<br />

Wechselwirkung von Kennzeichnungskraft,<br />

Markenbekanntheit,<br />

<strong>der</strong> Ähnlichkeit <strong>der</strong><br />

sich gegenüberstehenden Zeichen<br />

<strong>und</strong> Produkten (Wareno<strong>der</strong><br />

Dienstleistungen)<br />

Bei Textilien immer die<br />

„markenmäßige Benutzung“:<br />

Wird das Zeichen als Herkunftsfunktion<br />

verstanden o<strong>der</strong><br />

produktgestaltend als „dekorativer<br />

Gebrauch?“<br />

Ein Muster als Marke zu <strong>schützen</strong>, ist vor allem deswegen<br />

attraktiv, weil <strong>bei</strong> einer Verletzung dann die Fragen,<br />

ob das Muster neu <strong>und</strong> eigenartig ist, keine Rolle spielt.<br />

Denn we<strong>der</strong> Neuheit noch Eigenart sind an sich Schutzvoraussetzung<br />

einer Marke.<br />

10


Beispiel<br />

Beispiel für eine u. a. für Bekleidungsartikel eingetragene<br />

Gemeinschaftsmarke (Paul Smith):<br />

Gemeinschaftsmarke CTM 002708220<br />

BeispielE<br />

für Marken, die durch eine solche „erlangte Unterscheidungskraft“<br />

eingetragen wurden:<br />

Ärmelloses Trägerhemd mit drei Streifen (adidas):<br />

Gemeinschaftsmarke CTM 003517612<br />

Eine Marke muss aber, damit sie eingetragen wird, geeignet<br />

sein, als Herkunftshinweis zu dienen. Der Betrachter<br />

einer Marke muss also das Muster auch als<br />

Marke auffassen.<br />

Weiteres Beispiel:<br />

Gesäßhosentasche mit „Red Tab“ (Levi’s):<br />

Gemeinschaftmarke Nr. 002292373<br />

Daran wird es häufig scheitern. Denn Muster <strong>und</strong> Dessins<br />

werden in den meisten Fällen eben als Produktgestaltung<br />

o<strong>der</strong> Dekoration aufgefasst <strong>und</strong> nicht als<br />

Hinweis darauf, dass das Textil aus einem bestimmten<br />

Unternehmen stammt.<br />

Ein Design o<strong>der</strong> Designelement kann aber auch in diesen<br />

Fällen als Marke eingetragen werden, wenn es <strong>der</strong>art<br />

bekannt ist, dass es als Herkunftshinweis aufgefasst<br />

wird. Bei eingetragenen Gemeinschaftsmarken ist dies<br />

im Register des Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt<br />

auch erkennbar. Unter <strong>der</strong> Rubrik „Erlangte Unterscheidungskraft“<br />

ist dort „Ja“ vermerkt.<br />

11


Die Herkunftsfunktion <strong>der</strong> Marke spielt nicht nur <strong>bei</strong><br />

<strong>der</strong> Eintragung eine Rolle, son<strong>der</strong>n auch im Verletzungsfall.<br />

Die Hauptfunktion einer Marke ist nach <strong>der</strong><br />

Rechtsprechung des EuGH ihre Herkunftsfunktion: Eine<br />

Marke weist auf die Herkunft <strong>der</strong> markierten Produkte<br />

aus einem ganz bestimmten Unternehmen hin.<br />

Ein Zeichen wird daher nach <strong>der</strong> Rechtsprechung nur<br />

dann markenrechtsverletzend benutzt, wenn dies „markenmäßig“<br />

geschieht. (z.B. BGH GRUR 2008, 793<br />

– Rillenkoffer). Das ist wie<strong>der</strong>um dann nicht <strong>der</strong> Fall,<br />

wenn das Zeichen gar nicht als Marke, son<strong>der</strong>n als Dekoration<br />

o<strong>der</strong> Design aufgefasst wird.<br />

Das folgende Beispiel soll das verdeutlichen:<br />

Beispiel<br />

BGH, Urteil vom 14.01.2010, I ZR 82/08 – CCCP<br />

Klagewortmarke „CCCP“, Registernummer des DPMA<br />

30421978, eingetragen für (u.a.): T-Shirts<br />

Die Klägerin war Lizenznehmerin <strong>der</strong> Klagewortmarke<br />

„CCCP“ <strong>und</strong> vertrieb die folgenden Logoshirts mit dem<br />

Zeichen CCCP:<br />

Die Klage wurde in allen Instanzen abgewiesen. Der<br />

B<strong>und</strong>esgerichtshof hat die klageabweisenden Entscheidungen<br />

des OLG Hamburg, Urteil vom 10.04.2008 – 3<br />

U 280/06 CCCP, GRUR-RR 2009, 22 – bestätigt. Es<br />

liege keine Markenrechtsverletzung vor.<br />

Das Anbringen <strong>der</strong> Symbole <strong>der</strong> ehemaligen Ostblockstaaten<br />

auf Bekleidungsstücken verletze die Markenrechte<br />

<strong>der</strong> Kläger nicht. Die markenrechtlichen<br />

Ansprüche setzen voraus, dass <strong>der</strong> Verkehr auf Bekleidungsstücken<br />

angebrachte Aufdrucke als Hinweis auf<br />

die Herkunft <strong>der</strong> Produkte von einem bestimmten Unternehmen<br />

<strong>und</strong> nicht nur als dekoratives Element auffasst,<br />

das nach Art des Motivs variieren kann.<br />

Der B<strong>und</strong>esgerichtshof hat angenommen, dass die Verbraucher<br />

die auf <strong>der</strong> Vor<strong>der</strong>seite von T-Shirts angebrachten<br />

Symbole ehemaliger Ostblockstaaten ausschließlich<br />

als dekoratives Element auffassen <strong>und</strong> in ihnen kein<br />

Produktkennzeichen sehen. Die Beschriftung CCCP sah<br />

<strong>der</strong> BGH also nicht als Marke, son<strong>der</strong>n als Dekor an.<br />

Mangels „markenmäßiger Benutzung“ lag also keine<br />

Markenverletzung vor.<br />

Beson<strong>der</strong>e Schwierigkeiten bereiten sogenannte „zusammengesetzte<br />

Zeichen“. Das sind Marken, die aus<br />

mehreren Zeichenbestandteilen bestehen, die unter Umständen<br />

unterschiedlich bekannt sein können:<br />

Die Beklagte bot in ihrem Onlineshop ebenfalls T-Shirts<br />

mit dem Aufdruck „CCCP“ an:<br />

Beispiel<br />

BGH, Urteil vom 05.11.2008 – I ZR 39/06 – GRUR<br />

2009, 766 – Stofffähnchen:<br />

Die Klägerin ist (u.a.) Inhaberin <strong>der</strong> folgenden Marken:<br />

12


Eingetragene Gemeinschaftsbildmarke CTM 112 862<br />

<strong>und</strong> <strong>der</strong> gleich gestalteten deutschen Bildmarke<br />

Nr. 2 914 002, für Jeans-Hosen<br />

(Klagemarke 1 <strong>und</strong> 2):<br />

Angegriffene Verletzungsformen:<br />

Die Beklagte vertrieb Jeans mit den folgenden Gesäßtaschen<br />

(Verletzungsform):<br />

(Gesäßtasche mit rotem Stofffähnchen, das nicht mit<br />

„LEVI’S“ beschriftet war <strong>und</strong> ohne Doppelschwinge)<br />

(„Red Tab“ ohne Beschriftung mit Doppelschwinge,<br />

sog. „Arcuate“)<br />

Am 12. 1. 1977 für Hosen, Hemden, Blusen <strong>und</strong> Jacken für<br />

Herren, Damen <strong>und</strong> Kin<strong>der</strong> eingetragene deutschen Wort-/<br />

Bildmarke Nr. DD 641 687, die in dem roten rechteckigen<br />

Bestandteil am linken oberen Rand den Wortbestandteil<br />

„LEVI’S” aufweist (Klagemarke 3):<br />

(Gesäßtasche mit rotem Stofffähnchen, das nicht mit<br />

„LEVI’S“ beschriftet war <strong>und</strong> ohne Doppelschwinge)<br />

(„Red Tab“ mit Beschriftung „LEVI‘S“ mit abstrahierter<br />

Darstellung einer Gesäßtasche, aber ohne „Arcuate“)<br />

(Gesäßtasche mit rotem Stofffähnchen, das nicht<br />

mit „LEVI’S“ beschriftet war <strong>und</strong> mit einer Doppelschwinge)<br />

13


Das OLG Hamburg (Az. 3 U 130/04 – BeckRS<br />

2007, 03064) hielt die Klagemarken 1 <strong>und</strong> 2 für von<br />

Hause durchschnittlich/normal kennzeichnungskräftig.<br />

Die durchschnittliche Kennzeichnungskraft <strong>der</strong><br />

Klagemarken 1 <strong>und</strong> 2 seien durch intensive Benutzung<br />

des Stofffähnchens zu einer überdurchschnittlichen<br />

Kennzeichnungskraft gesteigert worden.<br />

Das „Red Tab“ sei beson<strong>der</strong>s markant durch die<br />

asymmetrische Positionierung <strong>und</strong> daher prägend.<br />

Es bestünde daher wegen <strong>der</strong> Ähnlichkeit mit den<br />

angegriffenen Aufmachungen <strong>der</strong> Beklagten Verwechslungsgefahr<br />

auch für die angegriffenen Gesäßtaschen,<br />

die keine „Arcuate“ aufwiesen.<br />

Der BGH war an<strong>der</strong>er Ansicht: Der „Gesamteindruck“<br />

<strong>der</strong> Klagemarke 1 <strong>und</strong> 2 sei vom OLG<br />

Hamburg falsch bestimmt worden. Es handele sich<br />

um ein zusammengesetztes Zeichen, bestehend aus<br />

einem unbeschrifteten roten Stofffähnchen <strong>und</strong> <strong>der</strong><br />

„Arcuate“.<br />

Dass die Klägerin Jeans-Hosen, die mit Arcuate <strong>und</strong><br />

dem Wortbestandteil „LEVI’S“ beschriftet waren,<br />

vertrieben habe, könne nicht ohne Weiteres auch<br />

die Kennzeichungskraft <strong>der</strong> Klagemarken 1 <strong>und</strong><br />

2 steigern, da diese eben keinen Wortbestandteil<br />

aufweisen (Der Schutzumfang einer Marke wird ja<br />

bestimmt durch die Art, wie sie im Register wie<strong>der</strong>gegeben<br />

ist!) <strong>und</strong> nicht geklärt ist, ob <strong>der</strong> Wortbestandteil<br />

„LEVI’S“ nicht einen an<strong>der</strong>en Gesamteindruck<br />

entstehen lässt.<br />

Die Klagemarke 3 hielt das OLG Hamburg für von<br />

Hause durchschnittlich kennzeichnungskräftig.<br />

Die durchschnittliche Kennzeichnungskraft <strong>der</strong><br />

Klagemarke 3 sei durch intensive Benutzung des<br />

Stofffähnchens durch die Klägerin zu einer überdurchschnittlichen<br />

Kennzeichnungskraft gesteigert<br />

worden. Der Wortbestandteil „LEVI’S“ trete in den<br />

Hintergr<strong>und</strong>. Prägen<strong>der</strong> Zeichenbestandteil des Gesamteindrucks<br />

<strong>der</strong> Klagemarke 3 sei daher das rote<br />

Fähnchen.<br />

Es bestünde daher wegen <strong>der</strong> Ähnlichkeit mit den<br />

angegriffenen Aufmachungen <strong>der</strong> Beklagten Verwechslungsgefahr.<br />

Der BGH war auch hier an<strong>der</strong>er Ansicht: Auch<br />

<strong>der</strong> Gesamteindruck <strong>der</strong> Klagemarke 3 sei vom<br />

OLG Hamburg falsch bestimmt worden. Die Marke<br />

besitze zwar von Hause aus (Registereintrag!)<br />

durchschnittliche Kennzeichnungskraft. Die Steigerung<br />

<strong>der</strong> Kennzeichnungskraft <strong>der</strong> Klagemarke<br />

durch Benutzung sei aber nicht durch Benutzung<br />

des roten Fähnchens, son<strong>der</strong>n durch Benutzung des<br />

Wortbestandteils „LEVI’S“ auf dem roten Fähnchen<br />

entstanden.<br />

Die Klägerin hat außerdem behauptet, sie habe an<br />

dem roten Stofffähnchen („Red Tab“) eine Benutzungsmarke<br />

erworben. Der inländische Verkehr<br />

würde diese durch die langjährige intensive Benutzung<br />

als Herkunftshinweis verstanden. Die Beklagten<br />

hätten diese in den von Ihnen vertriebenen<br />

Aufmachungen auch markenmäßig benutzt. Die<br />

Klägerin hatte zum Nachweis <strong>der</strong> Benutzungsmarke<br />

eine Meinungsumfrage <strong>der</strong> Monate Mai <strong>und</strong> Juli<br />

1994 <strong>und</strong> April <strong>und</strong> Mai 2000 vorgelegt.<br />

Der BGH hat sich in dieser Entscheidung außerdem<br />

zur Entstehung <strong>der</strong> Benutzungsmarke geäußert:<br />

Eine Vorlage von Meinungsumfragen aus Mai <strong>und</strong><br />

Juli 1994 <strong>und</strong> April/Mai 2000 ist ungeeignet, eine<br />

Verkehrsgeltung im Zeitpunkt <strong>der</strong> mündlichen Verhandlung<br />

<strong>der</strong> Berufungsinstanz im Oktober 2005 zu<br />

beweisen.<br />

Auf die Revision wurde das Urteil aufgehoben. Die<br />

Sache wurde zur neuen Verhandlung <strong>und</strong> Entscheidung<br />

an das OLG Hamburg zurückverwiesen.<br />

Weiteres Beispiel<br />

LG Frankfurt, am Main, Urteil vom 02.06.2009,<br />

Az. 2/18 O 376/08<br />

14


Die Klägerin war Inhaberin <strong>der</strong> internationalen Bildmarke<br />

IR 714 656. Diese genießt auch in Deutschland<br />

Schutz für Taschen aller Art:<br />

Die Beklagte bot ebenfalls Taschen mit einem ähnlichem<br />

Dekor an:<br />

b) Eingetragenes deutsches Geschmacksmuster<br />

Schutzvoraussetzung: Neuheit, Eigenart<br />

(=Unterscheidbarkeit im Unterschied<br />

zur Schöpfungshöhe!),<br />

Eintragung<br />

Schutzdauer: Fünf Jahre ab Anmeldung mit<br />

Verlängerungsmöglichkeiten bis<br />

maximal 25 Jahre<br />

Räumlicher<br />

Schutzumfang: Deutschland<br />

Schutzumfang: Schutz gegen „Übereinstimmung<br />

im Gesamteindruck“:<br />

Wechselwirkung von Eigenart,<br />

Intensität <strong>der</strong> Übereinstimmung<br />

unter Berücksichtigung <strong>der</strong><br />

Musterdichte <strong>und</strong> <strong>der</strong> Gestaltungsfreiheit<br />

in <strong>der</strong> jeweiligen<br />

Erzeugnisklasse;nicht nur Nachahmungsschutz,<br />

son<strong>der</strong>n auch<br />

Schutz gegen Parallelentwerfer<br />

Probleme:<br />

Eigenart, Gesamteindruck,<br />

Gestaltungsfreiheit im vorbekannten<br />

Formenschatz <strong>der</strong> Erzeugnisklasse<br />

Muster<br />

„Muster“ ist die zweidimensionale o<strong>der</strong> dreidimensionale<br />

Erscheinungsform eines ganzen Erzeugnisses<br />

o<strong>der</strong> eines Teils davon, die sich insbeson<strong>der</strong>e aus den<br />

Merkmalen <strong>der</strong> Linien, Konturen, Farben, <strong>der</strong> Gestalt,<br />

Oberflächenstruktur o<strong>der</strong> <strong>der</strong> Werkstoffe des Erzeugnisses<br />

selbst o<strong>der</strong> seiner Verzierung ergibt, § 1 Nr. 1 GeschmMG.<br />

Das Landgericht Frankfurt am Main hatte eine Benutzung<br />

nur als Dekor verneint. Das Dekor sei vielmehr<br />

markenmäßig benutzt worden. Bei Luxusartikeln wie<br />

Taschen wäre <strong>der</strong> Verkehr an großflächige dekorartige<br />

Kennzeichnungen gewohnt. Das Dekor werde also als<br />

Marke <strong>und</strong> nicht als Design aufgefasst.<br />

Die Verletzungsgerichte müssen nach § 39 GeschmMG<br />

(entspricht Art. 85 Abs. 1 GGV) von <strong>der</strong> Rechtsgültigkeit<br />

des Geschmacksmuster ausgehen. Sie müssen aber<br />

dennoch feststellen, woraus genau sich die Eigenart des<br />

Musters ergibt, denn diese bestimmt den Schutzumfang<br />

(OLG Frankfurt am Main, BeckRS 2008, 23619<br />

- Plastik-Untersetzer).Das eingetragene deutsche Geschmacksmuster<br />

unterscheidet sich vom nicht eingetra-<br />

15


genen Gemeinschaftsgeschmacksmuster im räumlichen<br />

Schutzbereich (Schutz nur für das deutsche Staatsgebiet)<br />

<strong>und</strong> <strong>der</strong> längeren Schutzfrist (fünf Jahre ab Anmeldung<br />

statt drei Jahre ab Offenbarung). Es unterscheidet<br />

sich außerdem dadurch, dass es keinen bloßen Nachahmungsschutz<br />

gewährt, son<strong>der</strong>n auch Schutz gegen Parallelentwürfe.<br />

Der in <strong>der</strong> Praxis wichtigste Unterschied zum nicht eingetragenen<br />

Geschmacksmuster: Die Schutzvoraussetzungen<br />

(Neuheit <strong>und</strong> Eigenart) <strong>und</strong> damit die Rechtsgültigkeit<br />

des Geschmacksmusters werden gesetzlich<br />

vermutet (§ 39 GeschmMG, Art 85 Abs. 1 GGV). Hier<br />

muss also in einem Prozess nicht gr<strong>und</strong>sätzlich <strong>der</strong> Geschmacksmusterinhaber<br />

die Schutzvoraussetzungen beweisen.<br />

Vielmehr muss <strong>der</strong> Verletzer des Geschmacksmusters<br />

an<strong>der</strong>e Geschmackmuster entgegenhalten, um<br />

die Neuheit o<strong>der</strong> Eigenart des Musters des Klägers<br />

anzugreifen. Ansonsten gelten die Ausführungen zum<br />

nicht eingetragenen Gemeinschaftsgeschmacksmuster<br />

entsprechend.<br />

c) Eingetragenes Gemeinschaftsgeschmacksmuster<br />

Schutzvoraussetzung: Neuheit, Eigenart<br />

(=Unterscheidbarkeit im Unterschied<br />

zur Schöpfungshöhe!),<br />

Eintragung<br />

Schutzdauer: Fünf Jahre ab Anmeldung mit<br />

Verlängerungsmöglichkeiten<br />

bis maximal 25 Jahre<br />

Räumlicher<br />

Schutzumfang: Europäische Union<br />

Schutz gegen „Übereinstimmung<br />

im Gesamteindruck“:<br />

Wechselwirkung von Eigenart,<br />

Intensität <strong>der</strong> Übereinstimmung<br />

unter Berücksichtigung <strong>der</strong><br />

Musterdichte <strong>und</strong> <strong>der</strong> Gestaltungsfreiheit<br />

in <strong>der</strong> jeweiligen<br />

Erzeugnisklasse, nicht nur Nachahmungsschutz,<br />

son<strong>der</strong>n auch<br />

Schutz gegen Parallelentwerfer<br />

Probleme:<br />

Eigenart, Gesamteindruck,<br />

Gestaltungsfreiheit im vorbekannten<br />

Formenschatz <strong>der</strong> Erzeugnisklasse<br />

Das eingetragene Geschmacksmuster schützt im Gegensatz<br />

zum nicht eingetragenen Gemeinschaftsgeschmacksmuster<br />

auch gegen Parallelentwürfe. Die Rechtsgültigkeit<br />

des Musters wird wi<strong>der</strong>leglich vermutet (s.o.). Die<br />

Schutzdauer beträgt fünf Jahre. Das eingetragene Gemeinschaftsgeschmacksmuster<br />

entspricht mit Ausnahme<br />

des räumlichen Schutzumfangs (Europäische Union) dem<br />

eingetragenen deutschen Geschmacksmuster.<br />

d) Tipps für die Registrierung des<br />

Geschmacksmusters<br />

Neuheitsschonfrist, § 6 GeschmMG, Art. 7 Abs. 2 GGV<br />

Ein Geschmacksmuster kann bis zu 12 Monate nach<br />

erstmaliger Offenbarung mit Zustimmung des Entwerfers<br />

zur Eintragung angemeldet werden. Ein Muster<br />

kann also in dieser Zeit getestet werden, ob es sich<br />

verkauft. Während dieser Zeit besteht für das Muster<br />

Schutz als nicht eingetragenes Gemeinschaftsgeschmacksmuster.<br />

Mehrere Muster <strong>der</strong>selben Erzeugnisklasse können aus<br />

Kostengründen in einer Sammelanmeldung eingereicht<br />

werden. Es kann aus Kostengründen auch eine Aufschiebung<br />

<strong>der</strong> Bekanntmachung des Musters mit <strong>der</strong><br />

Anmeldung beantragt werden. Das Muster bleibt dann<br />

zunächst für 30 Monate geheim. Entscheidet sich <strong>der</strong><br />

Anmel<strong>der</strong> dann, das Muster nach 30 Monaten nicht bekannt<br />

zu machen, wird auch keine Bekanntmachungsgebühr<br />

fällig.<br />

Die formellen Voraussetzungen <strong>der</strong> Anmeldung eines<br />

deutschen Geschmacksmusters ergeben sich aus<br />

<strong>der</strong> Geschmacksmusterverordnung – GeschmMV bzw.<br />

<strong>der</strong> Durchführungsverordnung zum Gemeinschaftsgeschmackmuster<br />

- GGDV (Verordnung (EG) Nr.<br />

224/2002 <strong>der</strong> Kommission vom 21. Oktober 2002 zur<br />

Durchführung <strong>der</strong> Verordnung (EG) Nr. 6/2002 des Rates<br />

über das Gemeinschaftsgeschmacksmuster.<br />

Es sollten in <strong>der</strong> Anmeldung stets das konkrete Erzeugnis<br />

wie<strong>der</strong>gegeben werden. Für die Beurteilung<br />

<strong>der</strong> Neuheit eines Gemeinschaftsgeschmacksmusters<br />

berücksichtigt das Harmonisierungsamt nur die<br />

aus <strong>der</strong> Geschmacksmusteranmeldung erkennbaren<br />

Bildmerkmale (HABM, Entsch. v. 20. 2. 2006 – ICD<br />

16


000001535). Das Muster sollte daher möglichst präzise<br />

<strong>und</strong> farbig wie<strong>der</strong>gegeben werden.<br />

Zur Festlegung des Schutzumfangs sollte <strong>bei</strong> dreidimensionalen<br />

Mustern das Muster aus allen Perspektiven fotografiert<br />

werden. Da schon kleine Abweichungen vom<br />

vorbekannten Formenschatz in Farbe, Form o<strong>der</strong> Beschriftung<br />

ein Muster als neu erscheinen lassen können.<br />

Beispiel<br />

für eine Wie<strong>der</strong>gabe eines dreidimensionalen Musters<br />

im Gemeinschaftsgeschmacksmuster 000575915-0001<br />

<strong>der</strong> Burberry Limited<br />

Auswahl <strong>der</strong> Warenklassen<br />

Recherche nach Warenklassenvorschlägen in <strong>der</strong> Locarno<br />

Datenbank des DPMA:<br />

http://dpma.de/service/klassifikationen/locarnoklassifikation/suche/suchen.htm<br />

Tipp: Gr<strong>und</strong>sätzlich sollte <strong>bei</strong> Anmeldungen von Geschmacksmustern<br />

möglichst die vom Deutschen Patent-<br />

<strong>und</strong> Markenamt vorgeschlagenen Warenklassen<br />

verwendet werden. Die Klassifikationsvorschläge des<br />

Deutschen Patent- <strong>und</strong> Markenamtes können in <strong>der</strong> Datenbank<br />

des DPMA recherchiert werden.<br />

Für die nichtelektronische Anmeldung können Formulare<br />

heruntergeladen werden unter:<br />

http://oami.europa.eu/ows/rw/pages/QPLUS/forms/nonelectronic/nonelectronic.de.do<br />

Einen Gebührenrechner für Gemeinschaftsgeschmacksmusteranmeldungen<br />

stellt das Harmonisierungsamt zur<br />

Verfügung unter<br />

http://oami.europa.eu/de/design/fees.htm<br />

Deutsches Geschmacksmuster<br />

Formulare für die Anmeldung deutscher Geschmacksmuster<br />

können online über die Website des DPMA<br />

(Deutsches Patent- <strong>und</strong> Markenamt) angemeldet<br />

werden:<br />

http://www.dpma.de/geschmacksmuster/formulare/index.html<br />

Eine Gebührentabelle für Anmeldungen von Geschmacksmustern<br />

ist im allgemeinen Kostenmerkblatt<br />

des DPMA enthalten:<br />

http://www.dpma.de/docs/service/formulare/allgemein/<br />

a9510.pdf<br />

An<strong>der</strong>e als die vorgeschlagenen Erzeugnisklassenbegriffe<br />

können den Eintragungsprozess verzögern.<br />

Ein Geschmacksmuster kann auch abstrahierend geschützt<br />

werden. Hier wird nicht die Abbildung eines<br />

konkreten Erzeugnisses, son<strong>der</strong>n vielmehr eine<br />

Schwarzweiß-Zeichnung hinterlegt. Das Muster wird<br />

also von den Farben abstrahiert.<br />

Beispiel<br />

für eine abstrahierende Darstellung: Gemeinschaftsgeschmacksmuster<br />

Nr. 000173166-0007 <strong>und</strong> Nr.<br />

000173166-0003<br />

Gemeinschaftsgeschmacksmuster<br />

können online über die Website des Harmonisierungsamtes<br />

angemeldet werden:<br />

https://secure.oami.europa.eu/rcd/efiling/?lang=DE<br />

17


2. Verteidigung textiler Muster <strong>und</strong><br />

<strong>Designs</strong><br />

2.1 Die Ansprüche des Verletzten<br />

a) Ansprüche des Rechtsinhabers gegen den Verletzer<br />

<strong>und</strong> gegen Dritte<br />

Der Rechtsinhaber kann von dem Verletzer Unterlassung<br />

weiterer Verletzungen, Schadensersatz <strong>und</strong><br />

Auskunft for<strong>der</strong>n. Der Unterlassungsanspruch ist in<br />

die Zukunft gerichtet <strong>und</strong> nicht von einem Verschulden<br />

des Verletzers abhängig.<br />

Beson<strong>der</strong>s unangenehm für den Verletzer ist in <strong>der</strong><br />

Praxis oft <strong>der</strong> Auskunftsanspruch. Dieser soll es dem<br />

Verletzten ermöglichen, seinen Schaden zu berechnen,<br />

nachdem Auskunft erteilt wurde. Der Verletzer<br />

muss aber <strong>bei</strong>spielsweise auch angeben, zu welchen<br />

Preisen er die rechtsverletzenden Waren eingekauft<br />

<strong>und</strong> auch verkauft hat.<br />

Er muss darüber hinaus seine gewerblichen Abnehmer<br />

<strong>und</strong> seine Vorlieferanten angeben. Der Verletzte<br />

kann sich also – zumindest theoretisch – über<br />

den Auskunftsanspruch Schritt für Schritt zu dem<br />

Hersteller des Plagiats vorar<strong>bei</strong>ten <strong>und</strong> den jeweils<br />

nächsten in <strong>der</strong> Lieferantenkette als Verletzer in Anspruch<br />

nehmen. Näheres zu diesen Ansprüchen unten<br />

im Kapitel „Abmahnung“.<br />

Seit dem 1.10.2009 gibt es die sog. „Drittauskunft“.<br />

Auskunftspflichtig sind <strong>bei</strong> offensichtlicher Rechtsverletzung<br />

o<strong>der</strong> nach Klageerhebung dann unter<br />

Umständen auch <strong>bei</strong>spielsweise Spediteure, Lagerhalter<br />

o<strong>der</strong> die Betreiber von Onlineauktionsplattformen.<br />

Ist die Auskunft des Verletzers falsch, kann die Abgabe<br />

einer eidesstattlichen Versicherung erzwungen<br />

werden. Eine neuerliche Falschauskunft wäre dann<br />

strafbar. Falsche Drittauskünfte machen unter Umständen<br />

den Dritten schadensersatzpflichtig. Zu ersetzen<br />

wäre <strong>der</strong> durch die falsche Auskunft entstandene<br />

Schaden, z.B. Kosten <strong>der</strong> Rechtsverfolgung.<br />

Ebenfalls seit dem 1.10.2009 stehen dem Verletzer zur<br />

Sicherung seiner Ansprüche Hilfsansprüche auf Vorlage<br />

<strong>und</strong> Besichtigung <strong>und</strong> – <strong>bei</strong> Nachahmungen im gewerblichen<br />

Ausmaß - explizit auch auf Vorlage von Bank-,<br />

Finanz- <strong>und</strong> Handelsunterlagen zur Verfügung.<br />

b) Erschöpfungsgr<strong>und</strong>satz: Keine Ansprüche <strong>bei</strong> Erschöpfung<br />

des Verbreitungsrechts<br />

Der „Erschöpfungsgr<strong>und</strong>satz“ gilt im gesamten gewerblichen<br />

Rechtsschutz (z.B. § 48 GeschmMG, § 24<br />

MarkenG) <strong>und</strong> im Urheberrecht. Nach diesem Gr<strong>und</strong>satz<br />

können Rechte aus einem Geschmacksmuster, einer<br />

Marke o<strong>der</strong> sonstigem gewerblichen o<strong>der</strong> urheberrechtlichen<br />

Ausschließlichkeitsrecht nicht geltend gemacht<br />

werden, wenn das geschützte Erzeugnis mit Zustimmung<br />

des Rechtsinhabers in einem Mitgliedstaat <strong>der</strong> Europäischen<br />

Union o<strong>der</strong> in einem an<strong>der</strong>en Vertragsstaat<br />

des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftraum<br />

in den Verkehr gebracht worden ist.<br />

Wichtig: Es gilt grds. nur europaweite Erschöpfung.<br />

Wurde z.B. ein T-Shirt mit Zustimmung des Rechtsinhabers<br />

in den USA in den Verkehr gebracht <strong>und</strong> von dort<br />

ohne dessen Zustimmung (z.B. als Grauimport) nach<br />

Europa importiert, liegt keine Erschöpfung vor.<br />

2.2 Der Anspruchsinhaber – Wer kann<br />

abmahnen <strong>und</strong> klagen? – Die Aktivlegitimation<br />

Wer abmahnt muss dazu befugt sein. Dies ist die sog.<br />

„Aktivlegitimation“: Aktivlegitimiert ist im Gr<strong>und</strong>satz<br />

nur, wer in eigenen Rechten verletzt wird <strong>und</strong> seine<br />

Rechtsverletzung auch geltend machen darf. Das sind<br />

jedenfalls die Inhaber von originären o<strong>der</strong> abgeleiteten<br />

Rechten.<br />

a) Wem „gehört“ das Geschmacksmuster?<br />

Im Geschmacksmusterrecht ist das im Gr<strong>und</strong>satz <strong>der</strong> Entwerfer.<br />

Probleme entstehen, wenn <strong>der</strong> Entwerfer freier Designer<br />

ist <strong>und</strong> keine Rechtsübertragung vereinbart wurde.<br />

18


Der angestellte Designer<br />

Ist <strong>der</strong> Entwerfer Angestellter, dann steht das Recht<br />

auf das (Gemeinschafts-) Geschmacksmuster - dem<br />

Ar<strong>bei</strong>tgeber zu, wenn nichts an<strong>der</strong>es vereinbart ist, Art.<br />

14 Abs. 3 GGV, § 7 Abs. 2 GeschmMG. Das Recht „auf<br />

das Geschmacksmuster“ ist das Recht, das eingetragene<br />

Geschmacksmuster anzumelden. Der Ar<strong>bei</strong>tgeber soll<br />

also die wirtschaftlichen Früchte des angestellten Designers<br />

dadurch ernten dürfen, dass er als Geschmacksmusterinhaber<br />

eingetragen wird. Der Entwerfer hat aber<br />

dennoch das Recht, im Register als Entwerfer benannt<br />

zu werden, § 10 GeschmMG, Art. 18 GGV.<br />

Das nicht eingetragene Gemeinschaftsgeschmacksmuster<br />

geht ebenfalls vom Entwerferprinzip aus. Hier gibt<br />

es aber keine Eintragung <strong>und</strong> dementsprechend auch<br />

keine Anmeldung.<br />

Beim nicht eingetragenen Gemeinschaftsgeschmacksmuster<br />

bedeutet Recht „auf das Geschmacksmuster“<br />

daher ein Anwartschaftsrecht auf das Gemeinschaftsgeschmacksmuster.<br />

Dieses Recht erstarkt mit erstmaliger<br />

Veröffentlichung zum Vollrecht, wenn <strong>der</strong> Ar<strong>bei</strong>tgeber<br />

das Muster erstmalig veröffentlicht.<br />

Der Auftragsdesigner<br />

Schwieriger ist die Situation <strong>bei</strong>m Auftragsdesigner.<br />

Fehlt hier eine vertragliche Rechteübertragung, sind<br />

Schwierigkeiten vorprogrammiert. Denn <strong>der</strong> „Auftraggeber“<br />

ist nicht gleich „Ar<strong>bei</strong>tgeber“ (EuGH, Urteil<br />

vom 2.7.2009 - C 32/08, GRUR Int. 2009, 1018 - FEIA<br />

./. Cul de Sac).<br />

Eine Übertragung des Geschmacksmusters kann hier<br />

nicht unbedingt schon alleine wegen des Auftragsverhältnisses<br />

angenommen werden. Denkbar wäre auch<br />

die bloße Einräumung von Nutzungsrechten. Es ist also<br />

denkbar, dass das Design veröffentlicht wird, bevor es<br />

im Geschmacksmusterregister eingetragen ist <strong>und</strong> die<br />

Eintragung bekannt gemacht wurde – etwa weil <strong>der</strong><br />

Auftraggeber das Design innerhalb <strong>der</strong> zwölfmonatigen<br />

Neuheitsschonfrist nach Art. 7 Abs. 2 b) GGV bzw.<br />

§ 6 GeschmMG zunächst auf dem Markt testen will.<br />

Dann entsteht zugunsten des Designers ein nicht einge-<br />

tragenes Gemeinschaftsgeschmacksmuster, aus dem er<br />

gegen seinen Auftraggeber vorgehen kann.<br />

TIPP: Verträge mit Auftragsdesigner sollten immer auch<br />

eine Abtretung des Rechts auf das Geschmacksmuster<br />

an den Auftraggeber enthalten.<br />

b) Verbandsklagebefugnis<br />

„Popularklagen“, also die Wahrnehmung frem<strong>der</strong> Interessen<br />

in eigenem Namen, sind im deutschen Zivilrecht<br />

sehr selten. Oft ist es <strong>der</strong> Inhaber des Immaterialgüterrechts<br />

selbst, <strong>der</strong> abmahnt. Der Inhaber einer Marke,<br />

eines Patents o<strong>der</strong> eines Geschmacksmusters ist ohne<br />

weiteres aktivlegitimiert.<br />

Das Gleiche gilt nach <strong>der</strong> Rechtsprechung aber auch für<br />

den Inhaber eines ausschließlichen („exklusiven“) Nutzungsrechts<br />

(„Lizenz“) an einem Geschmacksmuster,<br />

einer Marke o<strong>der</strong> einem urheberrechtlichem Nutzungsrecht.<br />

„Ausschließlich“ heißt da<strong>bei</strong>: Unter Ausschluss<br />

auch des Rechteinhabers, also <strong>bei</strong>spielsweise des Geschmacksmusterinhabers<br />

o<strong>der</strong> des Urhebers.<br />

Wer als Lizenznehmer einer Marke o<strong>der</strong> als Inhaber einer<br />

nur einfachen Lizenz an sonstigen Rechten Ansprüche<br />

geltend machen will, braucht immer die Ermächtigung<br />

des Rechteinhabers.<br />

Ausnahmen von dem Gr<strong>und</strong>satz, dass nur Inhaber von<br />

eigenen Rechten abmahnen können, sind im Wettbewerbsrecht<br />

<strong>und</strong> in dem im Markengesetz geregelten<br />

Recht <strong>der</strong> geografischen Herkunftsangaben die Wirtschafts-<br />

o<strong>der</strong> Verbraucherverbände. Diese dürfen aber<br />

nur Unterlassungs- <strong>und</strong> Beseitigungsansprüche geltend<br />

machen, nicht aber auch die Folgeansprüche, also den<br />

schadensersatzvorbereitenden Auskunfts- o<strong>der</strong> den<br />

Schadensersatzanspruch.<br />

Verbände müssen, um abmahnbefugt zu sein, rechtsfähig<br />

sein (z.B. als eingetragener Verein „e.V.“). Sie müssen<br />

nach <strong>der</strong> Satzung o<strong>der</strong> einem Gesetz die gewerblichen<br />

o<strong>der</strong> freiberuflichen Interessen Ihrer Mitglie<strong>der</strong> verfolgen<br />

dürfen. Die Ermächtigung, die Interessen ihrer Mitglie<strong>der</strong><br />

auch selbst verfolgen zu dürfen, muss also ausdrücklich<br />

in <strong>der</strong> Vereinssatzung o<strong>der</strong> in einem Gesetz stehen.<br />

19


TIPP: Vereinssatzungen sind für jeden <strong>bei</strong>m gemeinsamen<br />

Registerportal <strong>der</strong> Län<strong>der</strong> unter<br />

http://www.handelsregister.de gegen eine geringe Gebühr<br />

einsehbar.<br />

Der Verband muss auch - zumindest mittelbar - eine<br />

erhebliche Zahl an Mitglie<strong>der</strong>n haben, die zumindest<br />

ähnliche Produkte vertreiben. Ein Verband, <strong>der</strong> nur<br />

wenige Mitglie<strong>der</strong> hat, die aber ihrerseits selbst als<br />

Verbände eine erhebliche Mitglie<strong>der</strong>zahl haben, wäre<br />

abmahnbefugt.<br />

Man will so verhin<strong>der</strong>n, dass sich einige wenige zu<br />

einem Abmahnverein zusammentun können, nur um anschließend<br />

recht einfach Abmahngebühren zu generieren.<br />

Der Verband muss außerdem personell <strong>und</strong> finanziell<br />

die Interessen seiner Mitglie<strong>der</strong> verfolgen können. Er<br />

muss also ein gewisses Vermögen, eine Geschäftsstelle<br />

<strong>und</strong> geeignetes Personal haben.<br />

Abmahnbefugt sind auch Verbraucherverbände die<br />

entwe<strong>der</strong> <strong>bei</strong>m B<strong>und</strong>esverwaltungsamt o<strong>der</strong> <strong>bei</strong> <strong>der</strong><br />

europäischen Kommission in eine Liste „qualifizierter<br />

Einrichtungen“ eingetragen sind. Abmahnbefugt sind<br />

schließlich auch die Industrie- <strong>und</strong> Handelskammern<br />

<strong>und</strong> die Handwerkskammern.<br />

Verbände dürfen für eine Abmahnung nur eine vergleichsweise<br />

geringe Kostenpauschale erheben, die<br />

weit unter den üblichen Rechtsanwaltsgebühren liegt.<br />

Die Wettbewerbszentrale in Bad Homburg berechnet<br />

<strong>bei</strong>spielsweise <strong>der</strong>zeit für eine Abmahnung eine Gebühr<br />

in Höhe von € 195,00 zzgl. 7 % MwSt.<br />

Immer wie<strong>der</strong> tauchen als Abmahner vermeintliche Vereine<br />

o<strong>der</strong> Verbände auf, die vorgeben, Verbands- o<strong>der</strong><br />

Verbraucherinteressen zu vertreten. Diese Vereine haben<br />

oft nicht die nach <strong>der</strong> Rechtsprechung erfor<strong>der</strong>liche<br />

finanzielle o<strong>der</strong> personelle Verbandsausstattung.<br />

Beispiel<br />

Bei einem alteingesessenem Wettbewerbsverband wird<br />

zwar wi<strong>der</strong>leglich vermutet, dass er abmahnbefugt ist<br />

(OLG Hamm, BeckRS 2006, 14607).<br />

Ein Verband, <strong>der</strong> aber <strong>bei</strong>spielsweise schon <strong>bei</strong> <strong>der</strong><br />

Gründung we<strong>der</strong> einen Geschäftsführer noch eine<br />

Geschäftsstelle hat <strong>und</strong> seine gesamte Tätigkeit einer<br />

Rechtsanwaltskanzlei übertragen hat, fehlt es in <strong>der</strong><br />

Regel an <strong>der</strong> <strong>der</strong> notwendigen Verbandsausstattung<br />

(BGH GRUR 1994, 831 - Verbandsausstattung II). Der<br />

Verband muss vielmehr selbst eine eigene Geschäftstätigkeit<br />

entwickeln, etwa den Markt überwachen <strong>und</strong><br />

gegebenenfalls auch fachlich in <strong>der</strong> Lage sein, selbst abzumahnen<br />

(BGH GRUR 1991, 684 - Verbandsausstattung).<br />

Dass <strong>der</strong> Verband durch Rechtsanwälte abmahnen<br />

<strong>und</strong> Prozesse führen lässt, ist für sich allein aber noch<br />

kein Indiz gegen eine Verbandsausstattung; ebenso<br />

wenig, dass die Abmahngebühren <strong>und</strong> die Vertragsstrafeeinnahmen<br />

einen Großteil <strong>der</strong> Einnahmen ausmachen<br />

(OLG Düsseldorf BeckRS 2008, 06843).<br />

2.3 Wer kann abgemahnt <strong>und</strong> verklagt<br />

werden – Die Passivlegitimation<br />

a) Der Täter/Verletzer<br />

Abgemahnt werden darf gr<strong>und</strong>sätzlich je<strong>der</strong>, <strong>der</strong> selbst<br />

fremde Rechte verletzt o<strong>der</strong> gegen wettbewerbsrechtliche<br />

Vorschriften verstößt. Dies ist <strong>der</strong> sog. „Passivlegitimation“.<br />

Passivlegitimiert ist <strong>der</strong> „Verletzer“ o<strong>der</strong> „Täter“ einer<br />

Rechtsverletzung. Im Wettbewerbsrecht/Lauterkeitsrecht<br />

kann auch <strong>der</strong>jenige Täter sein, wer für ein fremdes<br />

Unternehmen handelt. Dieses muss nicht notwendigerweise<br />

auch Wettbewerber des Abmahnenden sein.<br />

Beispiel<br />

Eine Illustrierte, die im redaktionellen Teil für eine<br />

Salbe in einer „In <strong>und</strong> Out“-Rubrik anpreist, för<strong>der</strong>t den<br />

Absatz des Salbenherstellers. Sie handelt wegen getarnter<br />

Werbung selbst wettbewerbswidrig, auch wenn sie<br />

nicht Wettbewerberin des Salbenherstellers ist (OLG<br />

München NJW-RR 2001, 1549).<br />

b) Der Verletzer von Verkehrspflichten<br />

Täter einer Rechtsverletzung kann aber auch sein, wer<br />

wettbewerbliche o<strong>der</strong> immaterialgüterrechtliche Verkehrspflichten<br />

verletzt (BGH GRUR 2009, 597 - Halzband;<br />

BGH GRUR 2007, 890 - Jugendgefährdende<br />

Schriften <strong>bei</strong> eBay). Es kann sich <strong>bei</strong> solchen Verkehrspflichten<br />

um Sorgfaltspflichten o<strong>der</strong> Prüfpflichten<br />

handeln.Zugangsdaten für ein eBay-Konto, über das<br />

20


markenverletzende Ware angeboten wird, nicht geheim<br />

zu halten, kann da<strong>bei</strong> schon ausreichen.<br />

Beispiel<br />

Als Täter haftet <strong>bei</strong>spielsweise <strong>der</strong> Inhaber eines eBay-<br />

Kontos für Markenverletzungen seiner Ehefrau, die<br />

diese über dessen Konto begeht, wenn er die Zugangsdaten<br />

nicht ausreichend schützt (BGH GRUR 2009, 597<br />

- Halzband).<br />

c) Der Störer - relevant vor allem <strong>bei</strong> „Internetintermediären“<br />

(Handelsplattformen, z.B. eBay), die selbst<br />

nichts anbieten, son<strong>der</strong>n nur den Handel ermöglichen<br />

Unter Umständen haftet auch als sog. „Störer“, wer an<br />

einer Rechtsverletzung eines an<strong>der</strong>en bloß teilgenommen<br />

hat <strong>und</strong> zumutbare Prüfpflichten verletzt hat. Diese<br />

„Störerhaftung“ hat aber durch die Urteile des BGH zur<br />

Täterhaftung wegen Verletzung von Verkehrspflichten<br />

(s.o.) praktisch an Bedeutung verloren.<br />

Beispiel<br />

Als Störer kann nach <strong>der</strong> Rechtsprechung auch <strong>der</strong> Geschäftsführer<br />

einer GmbH persönlich haften.<br />

An<strong>der</strong>s als <strong>der</strong> Verletzer von Verkehrspflichten haftet<br />

<strong>der</strong> Störer aber nur auf Unterlassung!<br />

d) Haftung für fremde Handlungen<br />

Eine Haftung ist im gewerblichen Rechtsschutz <strong>und</strong> im<br />

Urheberrecht auch für fremde Handlungen möglich.<br />

Im Wettbewerbsrecht (§ 8 Abs. 2 UWG), Geschmacksmusterrecht<br />

(§ 44 GeschmMG) o<strong>der</strong> Urheberrecht (§ 99<br />

UrhG) <strong>bei</strong>spielsweise haftet <strong>der</strong> Betriebsinhaber auch<br />

für Handlungen seiner Mitar<strong>bei</strong>ter <strong>und</strong> Beauftragten.<br />

„Beauftragter“ kann sein, wer dem Betrieb nutzt <strong>und</strong> auf<br />

den <strong>der</strong> Betriebsinhaber Einfluss ausüben kann (BGH<br />

GRUR 2005, 864 - Meißner Dekor II).<br />

2.4 Vorgerichtliche Maßnahmen<br />

a) Berechtigungsanfrage/Schutzrechtshinweis<br />

Eine vergleichsweise vorsichtige Maßnahme ist die<br />

„Berechtigungsanfrage“ o<strong>der</strong> <strong>der</strong> „Schutzrechtshinweis“:<br />

Hier zeigt <strong>der</strong> Absen<strong>der</strong> dem Adressaten an, dass<br />

er ein eigenes Recht, etwa ein Geschmacksmuster hat<br />

<strong>und</strong> for<strong>der</strong>t ihn auf, ihm über bestimmte möglicherweise<br />

rechtsverletzende Tatsachen aufzuklären.<br />

Die Berechtigungsanfrage ist praktisch relevant <strong>bei</strong><br />

nicht geprüften o<strong>der</strong> nicht registrierten Rechten wie dem<br />

eingetragenen (Gemeinschafts-)geschmacksmuster <strong>und</strong><br />

dem nicht eingetragenen Gemeinschaftsgeschmacksmuster.<br />

Die Berechtigungsanfrage ist unverbindlicher <strong>und</strong> schwächer<br />

als eine Abmahnung. Sie enthält keine unbedingte<br />

Unterlassungsauffor<strong>der</strong>ung mit <strong>bei</strong>gefügter vorformulierter<br />

Unterlassungsverpflichtungserklärung. Im Gegenzug<br />

muss <strong>der</strong> Absen<strong>der</strong> aber dann, wenn <strong>der</strong> Adressat<br />

tatsächlich keine seiner Rechte verletzt, auch we<strong>der</strong><br />

Gegenabmahnung, negative Feststellungsklage o<strong>der</strong><br />

Schadensersatz wegen Eingriffs in den eingerichteten <strong>und</strong><br />

ausgeübten Gewerbebetrieb fürchten.<br />

b) Die Abmahnung<br />

Als „Abmahnung“ bezeichnet man im Immaterialgüterrecht<br />

<strong>und</strong> im Wettbewerbsrecht die Auffor<strong>der</strong>ung,<br />

eine bestimmte vermeintlich rechtsverletzende Handlung<br />

künftig zu unterlassen. Immaterialgüterrechte sind<br />

eingetragene <strong>und</strong> nicht eingetragene (d.h. Benutzungs-)<br />

Marken <strong>und</strong> sonstige (nicht eingetragenen) Kennzeichen,<br />

Patente, Gebrauchsmuster, eingetragene <strong>und</strong> nicht<br />

eingetragene Geschmacksmuster <strong>und</strong> urheberrechtliche<br />

Nutzungsrechte.<br />

Für künftige Verstöße wird in <strong>der</strong> Abmahnung eine Vertragsstrafe<br />

verlangt. Daneben for<strong>der</strong>t <strong>der</strong> Abmahner oft<br />

auch noch Auskunft, Verpflichtung zum Schadensersatz<br />

<strong>und</strong> Übernahme <strong>der</strong> Rechtsanwaltskosten.<br />

Von <strong>der</strong> Abmahnung zu unterscheiden ist die sogenannte<br />

„Berechtigungsanfrage“ o<strong>der</strong> <strong>der</strong> „Schutzrechtshinweis“.<br />

Diese sind lediglich Anfragen an einen potenziellen<br />

Rechtsverletzer, wieso er sich zu einer bestimmten,<br />

möglicherweise rechtsverletzenden Handlung, berechtigt<br />

fühlt. Berechtigungsanfrage o<strong>der</strong> Schutzrechtshinweis<br />

haben einen gr<strong>und</strong>sätzlich an<strong>der</strong>en Zweck <strong>und</strong><br />

lösen an<strong>der</strong>e Rechtsfolgen aus, als eine Abmahnung.<br />

21


2.5 Gerichtliche Maßnahmen in <strong>der</strong> Praxis<br />

a) Klage<br />

Unterwirft sich <strong>der</strong> Verletzer nicht durch Abgabe einer<br />

strafbewehrten Unterlassungsverpflichtungserklärung,<br />

dann kann <strong>der</strong> Rechtsinhaber klagen. Praktische Schwierigkeiten<br />

bereitet in <strong>der</strong> Praxis oft die Formulierung des<br />

Unterlassungsantrags. Dieser muss so hinreichend bestimmt<br />

sein, dass das Verbot an den Verletzer aus dem<br />

Urteil o<strong>der</strong> Beschluss selbst hervorgeht <strong>und</strong> nicht erst nach<br />

einer erneuten Rechtsverletzung vom Vollstreckungsgericht<br />

festgestellt werden müsste, was <strong>der</strong> Verletzer zu unterlassen<br />

hat. Unbestimmte Formulierungen – etwa Verallgemeinerungen<br />

- sollten im Unterlassungsantrag unbedingt<br />

vermieden werden. Solche unbestimmten Formulierungen<br />

in einem Klageantrag bzw. Unterlassungsformulierung in<br />

einer Abmahnung sind <strong>bei</strong>spielsweise<br />

„o<strong>der</strong> an<strong>der</strong>e verwechslungsfähige Bezeichnungen“, „mit<br />

einem äußeren Erscheinungsbild, das sich von demjenigen<br />

des Originals nicht deutlich unterscheidet“, „ähnlich wie“,<br />

„zu Verwechslungen geeignet“, „unmissverständlich“,<br />

„unübersehbar“, „eindeutig“ o<strong>der</strong> „deutlich hervorgehoben“<br />

Der Unterlassungsantrag muss die konkrete Verletzungsform<br />

enthalten. Es muss also präzise das begehrte Verbot<br />

beschrieben werden. Hier<strong>bei</strong> bietet sich an, die Verletzungsform<br />

bildlich wie<strong>der</strong>zugeben. Es sollte also <strong>bei</strong>spielsweise<br />

das geschmacksmusterverletzende Erzeugnis des<br />

Verletzers (<strong>und</strong> nicht etwa das Geschmacksmuster!) in den<br />

Antrag aufgenommen werden.<br />

b) Einstweilige Verfügung<br />

Beson<strong>der</strong>s wenn es um Saisonware handelt, bietet sich<br />

statt Erhebung einer Klage die Einreichung eines Antrags<br />

auf Erlass einer einstweiligen Verfügung an. Hier gibt es<br />

mehrere populäre Fallstricke. Einige Beispiele:<br />

Die Dringlichkeitsfristen sind zu beachten: Der Rechtsinhaber<br />

darf mit <strong>der</strong> Einreichung des Verfügungsantrags<br />

nicht allzu lange warten. Die Oberlandesgerichte sind da<strong>bei</strong><br />

unterschiedlich streng. Generell gibt es ein Nord-Süd-<br />

Gefälle. In Süddeutschland <strong>und</strong> im OLG-Bezirk Frankfurt<br />

am Main muss <strong>der</strong> Rechtsinhaber zügig handeln. Wartet er<br />

mit Einreichung des Verfügungsantrags ab Kenntnis von<br />

<strong>der</strong> Verletzungshandlung länger als einen Monat, muss<br />

er damit rechnen, dass dieses Warten die Dringlichkeit<br />

wi<strong>der</strong>legt <strong>und</strong> allein aus diesem Gr<strong>und</strong> zurückgewiesen<br />

wird. Das OLG Hamburg ist großzügiger. Hier wird unter<br />

Umständen auch nach dreimonatiger Wartezeit noch<br />

Dringlichkeit angenommen. Der Verfügungsgr<strong>und</strong>, also die<br />

Dringlichkeit selbst muss glaubhaft gemacht werden. Der<br />

Antragsteller muss darlegen, dass die Sache so dringend<br />

ist, dass <strong>der</strong> Ausgang eines ordentlichen Verfahrens nicht<br />

abgewartet werden kann. Diese Dringlichkeit wird nur im<br />

Wettbewerbsrecht/Lauterkeitsrecht gesetzlich vermutet. In<br />

an<strong>der</strong>en Rechtsgebieten muss dazu gr<strong>und</strong>sätzlich vorgetragen<br />

werden.<br />

Eine einstweilige Verfügung soll nur vorläufigen Rechtschutz<br />

bieten. In Verfügungsverfahren darf deshalb ein<br />

Hauptsacheverfahren nicht vorweggenommen werden. Das<br />

ist <strong>bei</strong> Unterlassungsansprüchen in aller Regel nicht <strong>der</strong><br />

Fall. Schadensersatzansprüche aber sind in einem Verfügungsverfahren<br />

nicht durchzusetzen.<br />

Auch die ordnungsgemäße Vollziehung einer einstweiligen<br />

Verfügung innerhalb <strong>der</strong> Monatsfrist bereitet in <strong>der</strong> Praxis<br />

immer wie<strong>der</strong> Probleme. Hier ist <strong>bei</strong>spielsweise zu beachten,<br />

dass gr<strong>und</strong>sätzlich an den Anwalt des Gegners zuzustellen<br />

ist, wenn sich dieser für ein Verfügungsverfahren<br />

bestellt hat.<br />

c) Beson<strong>der</strong>heiten in Messeangelegenheiten<br />

In Messeangelegenheiten ist <strong>der</strong> Verletzer eines Geschmacksmusters<br />

nach dem Ende <strong>der</strong> Messe oft wie<strong>der</strong> im<br />

fernen Ausland. Dann müssten die Kosten des Verfahrens<br />

unter Umständen umständlich im Ausland vollstreckt<br />

werden. Dort ist er für eine Zwangsvollstreckung - wenn<br />

überhaupt – nur schwer zu greifen.<br />

Ein Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung sollte<br />

deshalb hier durch einen Arrestantrag in das Vermögen des<br />

Verletzers an dessen Messestand ergänzt werden. Außerdem<br />

sollte das Gericht unbedingt veranlasst werden, die<br />

grds. vom Verletzer zu tragenden Kosten des Rechtsstreits<br />

unverzüglich festsetzen zu lassen <strong>und</strong> den Kostenfestsetzungsbeschluss<br />

unverzüglich am Messestand zustellen zu<br />

lassen. So kann sich <strong>der</strong> verletzte Geschmacksmusterinhaber<br />

unter Umständen mit diesen (endgültigen) Titel aus<br />

dem beschlagnahmten Standvermögen befriedigen.<br />

22


Impressum<br />

Urheber:<br />

Thomas Seifried<br />

Rechtsanwalt <strong>und</strong><br />

Fachanwalt für gewerblichen Rechtsschutz<br />

Schutzgemeinschaft Muster <strong>und</strong> Modelle<br />

- Musterschutz - e. V.<br />

Rossertstraße 2<br />

60323 Frankfurt am Main<br />

Tel. +49 69 915076-21<br />

Fax +49 69 915076-22<br />

http://www.musterschutz.org<br />

info@musterschutz.org<br />

Dieser Leitfaden ersetzt keine Rechtsberatung. Fragen Sie im Zweifel Ihren Rechtsanwalt.

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!