Textile Designs schützen und verteidigen - bei der ...
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Tipps<br />
<strong>Textile</strong> <strong>Designs</strong> <strong>schützen</strong><br />
<strong>und</strong> <strong>verteidigen</strong><br />
Entstehung <strong>und</strong> Verteidigung registrierter <strong>und</strong><br />
unregistrierter Rechte an textilen Dessins<br />
Recht des eingetragenen <strong>und</strong> nicht eingetragenen<br />
(Gemeinschafts-)geschmacksmusters, Markenrecht,<br />
Wettbewerbsrecht, Urheberrecht<br />
Stand: Juni 2011
<strong>Textile</strong> <strong>Designs</strong> <strong>schützen</strong> <strong>und</strong> <strong>verteidigen</strong><br />
Eine rechtlicher Leitfaden über registrierte <strong>und</strong> unregistrierter textile Dessins<br />
Inhaltsverzeichnis<br />
1. Schutz textiler <strong>Designs</strong> 4<br />
1.1 Schutz ohne Registrierung 4<br />
a) Urheberrecht 4<br />
b) Lauterkeitsrecht/Wettbewerbsrecht 4<br />
aa) Schutz von Modeneuheiten 4<br />
bb) Wettbewerbsrechtlicher Leistungsschutz 5<br />
c) Markenrecht (Benutzungsmarke) 5<br />
d) Nicht eingetragene Gemeinschaftsgeschmacksmuster 6<br />
1.2. Schutz durch Registrierung 10<br />
a) Eingetragene nationale Marke <strong>und</strong> Gemeinschaftsmarke 10<br />
b) Eingetragenes deutsches Geschmacksmuster 14<br />
c) Eingetragenes Gemeinschaftsgeschmacksmuster 15<br />
d) Tipps für die Registrierung des Geschmacksmusters 16<br />
2. Verteidigung textiler Muster <strong>und</strong> Dessins 18<br />
2.1 Die Ansprüche des Verletzten 18<br />
a) Ansprüche des Rechtsinhabers gegen den Verletzer <strong>und</strong> gegen Dritte 18<br />
b) Erschöpfungsgr<strong>und</strong>satz: Keine Ansprüche <strong>bei</strong> Erschöpfung des Verbreitungsrechts 18<br />
2.2 Der Anspruchsinhaber – Wer kann abmahnen <strong>und</strong> klagen? 18<br />
a) Wem „gehört“ das Geschmacksmuster? 18<br />
b) Verbandsklagebefugnis 19<br />
2.3 Wer kann abgemahnt <strong>und</strong> verklagt werden – Die Passivlegitimation 20<br />
a) Der Täter/Verletzer 20<br />
b) Der Verletzer von Verkehrspflichten 20<br />
c) Der Störer 20<br />
d) Haftung für fremde Handlungen 20<br />
2.4 Vorgerichtliche Maßnahmen 21<br />
a) Berechtigungsanfrage/Schutzrechtshinweis 21<br />
b) Die Abmahnung 21<br />
2.5 Gerichtliche Maßnahmen in <strong>der</strong> Praxis 21<br />
a) Klage 21<br />
b) Einstweilige Verfügung 22<br />
c) Beson<strong>der</strong>heiten in Messeangelegenheiten 22<br />
Impressum 24<br />
3
1. Schutz textiler <strong>Designs</strong><br />
„Hässlichkeit verkauft sich schlecht“ war <strong>der</strong> Titel<br />
eines im Jahr 1953 erschienen Buches von Raymond<br />
Loewy. Was gefällt, verkauft sich besser. Ansprechende<br />
<strong>und</strong> neuartige Dessins sind gerade <strong>bei</strong> Textilien <strong>und</strong><br />
Bekleidungen ein entscheiden<strong>der</strong> Wettbewerbsvorteil.<br />
Wo gutes Design den Umsatz steigert, bleibt das Plagiat<br />
nicht lange fern. Kopieren ist eben viel billiger als selbst<br />
Entwickeln <strong>und</strong> so wird die Kopie schnell zum entscheidenden<br />
Wettbewerbsnachteil für den Entwerfer. Wie<br />
also können textile Muster <strong>und</strong> Modelle gegen Nachahmungen<br />
geschützt <strong>und</strong> verteidigt werden?<br />
1.1 Schutz ohne Registrierung<br />
a) Urheberrecht<br />
Schutzvoraussetzung:<br />
Schutzdauer:<br />
Räumlicher<br />
Schutzumfang:<br />
Sachlicher<br />
Schutzumfang:<br />
Problem:<br />
Gr<strong>und</strong>sätzlich<br />
„Schöpfungshöhe“<br />
Ab Schöpfung bis<br />
70 Jahre nach dem Tod<br />
des Urhebers<br />
Deutschland<br />
„In <strong>der</strong> konkreten<br />
Formgestaltung zum Ausdruck<br />
gebrachter Gesamteindruck in<br />
seiner schöpferischen Eigenart“<br />
(vgl. RGZ 155, 199, 202 f. -<br />
Möbelstoffmuster)<br />
<strong>Textile</strong> <strong>Designs</strong> sind<br />
„angewandte Kunst“: Hier<br />
beson<strong>der</strong>s hohe Anfor<strong>der</strong>ungen<br />
an die Schöpfungshöhe. Das<br />
Dessin muss selbst als Kunst<br />
angesehen werden<br />
Urheberrechtlicher Schutz für textile Muster <strong>und</strong><br />
Modelle scheidet nahezu immer aus. Von seltenen <strong>und</strong><br />
nicht zu verallgemeinernden erstinstanzlichen Urteilen<br />
abgesehen (LG Leipzig GRUR 2002, 424 – Hirschgewand)<br />
wird es fast immer an <strong>der</strong> sog. „Schöpfungshöhe“<br />
fehlen: <strong>Textile</strong> <strong>Designs</strong> sind „angewandte Kunst“.<br />
Hier for<strong>der</strong>t die Rechtsprechung eine beson<strong>der</strong>s hohe<br />
Individualität <strong>und</strong> Originalität.<br />
Nur wenn das textile Design selbst als Kunst <strong>und</strong> nicht<br />
etwa nur als beson<strong>der</strong>s gelungen o<strong>der</strong> schön angesehen<br />
wird, ist es urheberrechtsfähig. An dieser hohen Hürde<br />
scheitert praktisch fast immer ein Schutz nach dem<br />
Urheberrechtsgesetz.<br />
b) Lauterkeitsrecht/Wettbewerbsrecht<br />
Sind Verletzer <strong>und</strong> Nachahmer Konkurrenten, hilft <strong>bei</strong><br />
nicht eingetragenen Mustern gelegentlich das Lauterkeitsrecht.<br />
Im Wesentlichen gibt es hier zwei Instrumente:<br />
Der Schutz von Modeneuheiten <strong>und</strong> <strong>der</strong> ergänzende<br />
wettbewerbsrechtliche Leistungsschutz.<br />
aa) Schutz von Modeneuheiten<br />
Schutzvoraussetzung: Wettbewerbsverhältnis,<br />
Modeneuheit, beson<strong>der</strong>e<br />
Unlauterkeitselemente<br />
(Behin<strong>der</strong>ungswettbewerb!)<br />
Schutzdauer: Maximal zwei Saisons<br />
Räumlicher<br />
Schutzumfang: Deutschland<br />
Sachlicher<br />
Schutzumfang: Nachahmungsschutz<br />
Problem:<br />
Praktisch kaum noch relevant<br />
nach Einführung des nicht<br />
eingetragenen Gemeinschaftsgeschmacksmuster<br />
„Nachahmungsintensität“ <strong>und</strong> „wettbewerbliche Eigenart“<br />
Die Rechtsprechung des B<strong>und</strong>esgerichtshofes zum<br />
Schutz von Modeneuheiten hatte im Wesentlichen auf<br />
zwei Merkmale abgestellt, die in Wechselwirkung zueinan<strong>der</strong><br />
standen: Die Nachahmungsintensität <strong>und</strong> die<br />
„wettbewerbliche Eigenart“ des Dessins. Bei ersterer<br />
geht es um die Ähnlichkeit von Originaldessin <strong>und</strong><br />
Plagiat.<br />
Bei <strong>der</strong> „wettbewerblichen Eigenart“ geht es um die<br />
Individualität <strong>und</strong> Ästhetik des Dessins an sich. Ist das<br />
Dessin überdurchschnittlich ästhetisch <strong>und</strong> gelungen,<br />
konnten dieses als „Modeneuheit“ gegen den Anbieter<br />
<strong>der</strong> Nachahmung verteidigt werden. Es musste sich um<br />
eine überdurchschnittlich herausragende modische Neuerscheinung<br />
handeln.<br />
4
Die Rechtsprechung behandelte die Fälle des Modeneuheitenschutzes<br />
als Behin<strong>der</strong>ungen im Wettbewerb.<br />
Beson<strong>der</strong>s bekannt musste das Muster nicht sein (BGH<br />
GRUR 1984, 453 - Hemdblusenkleid). Der Schutz wurde<br />
maximal für zwei Saisons gewährt.<br />
Der Schutz von Modeneuheiten stammt allerdings aus einer<br />
Zeit, in <strong>der</strong> für den Schutz eines Musters gr<strong>und</strong>sätzlich<br />
dessen Eintragung als Geschmacksmuster nötig war. Das<br />
nicht eingetragene Gemeinschaftsgeschmackmuster gab<br />
es noch nicht. Man wollte eine Schutzlücke schließen. Die<br />
Modeneuheitenrechtsprechung ist daher heute mit Vorsicht<br />
zu genießen. Eine Entscheidung des Hanseatischen<br />
Oberlandesgerichts aus <strong>der</strong> Zeit nach Einführung des nicht<br />
eingetragenen Gemeinschaftsgeschmacksmusters (OLG<br />
Hamburg GRUR-RR 2006, 94 – Gipürespitze I) dürfte<br />
kaum verallgemeinerungsfähig sein.<br />
bb) Wettbewerbsrechtlicher Leistungsschutz<br />
Schutzvoraussetzung: Wettbewerbsverhältnis,<br />
Herkunftstäuschung, gewisse<br />
Bekanntheit: Dessin muss<br />
sozusagen „markenähnlich“<br />
sein.<br />
Schutzdauer: Während <strong>der</strong> Dauer <strong>der</strong><br />
Herkunftstäuschung (vgl. OLG<br />
Frankfurt WRP 2007, 1108)<br />
Räumlicher<br />
Schutzumfang: Deutschland<br />
Sachlicher<br />
Schutzumfang: Nachahmungsschutz nach<br />
„Umständen des Einzelfalls“:<br />
Wechselwirkung <strong>der</strong> sich<br />
gegenüberstehenden<br />
Schöpfungen, Grad <strong>der</strong><br />
wettbewerblichen Eigenart<br />
<strong>und</strong> Intensität <strong>der</strong> Nachahmung<br />
Problem:<br />
Praktisch kaum relevant, da<br />
ein Dessin in aller Regel nicht<br />
als Herkunftshinweis (wie eine<br />
Marke) verstanden wird,<br />
son<strong>der</strong>n als Gestaltung<br />
„Vermeidbare Herkunftstäuschung“<br />
Die aktuelle Rechtsprechung zum wettbewerbsrechtlichen<br />
Nachahmungsschutz for<strong>der</strong>t als weiteren Bestandteil<br />
<strong>der</strong> wettbewerblichen Eigenart eine „vermeidbare<br />
Herkunftstäuschung“: Das Dessin darf kein Allerweltsdessin<br />
sein. Es muss vielmehr so überdurchschnittlich<br />
individuell sein, dass ein Betrachter davon ausgehen<br />
muss, es könne nur aus einem ganz bestimmten Unternehmen<br />
stammen („Herkunftshinweis“).<br />
Das Dessin muss darüber hinaus auch in bestimmten Umfang<br />
bekannt sein (BGH GRUR Int 2009, 338 – Gebäckpresse).<br />
Das setzt in aller Regel einen größeren Werbeaufwand<br />
voraus. Denn mit unbekannten Dessins wird man<br />
kaum die Herkunft aus einem bestimmten Unternehmen<br />
assoziieren. Das Muster muss also letztendlich „markenähnlich“<br />
sein. Eine solche Bekanntheit werden textile<br />
<strong>Designs</strong> aber nur selten haben. Entscheidungen, in denen<br />
die Gerichte (mit Ausnahme vielleicht des OLG Köln)<br />
den ergänzenden wettbewerbsrechtlichen Leistungsschutz<br />
gewähren, sind dementsprechend Raritäten.<br />
„Beson<strong>der</strong>en Umstände“ <strong>der</strong> Nachahmung<br />
Weitere Voraussetzung des wettbewerblichen Leistungsschutzes<br />
sind die „beson<strong>der</strong>en Umstände“ <strong>der</strong><br />
Nachahmung: Solche beson<strong>der</strong>en Umstände werden<br />
<strong>bei</strong>spielsweise dann angenommen, wenn sich <strong>der</strong><br />
Plagiator – etwa als vormaliger technischer Leiter - die<br />
Kenntnisse o<strong>der</strong> Unterlagen des Originaldesigns unredlich<br />
verschafft hat (vgl. BGH GRUR 2003, 356 – Präzisionsmessgeräte).<br />
Auch hier gibt es eine Wechselwirkung: Je gößer die<br />
Nachahmung, desto geringeres Gewicht müssen diese<br />
„beson<strong>der</strong>en Umständen“ haben (OLG Düsseldorf,<br />
Urteil vom 5.8.2008 – 20 U 175/07 = BeckRS 2009,<br />
05456).<br />
Geht <strong>der</strong> Nachahmer beson<strong>der</strong>s dreist vor, hat die<br />
Rechtsprechung auch schon <strong>bei</strong> einem geringeren<br />
Maß an Übereinstimmung mit dem Originaldessin<br />
eine Wettbewerbsverletzung angenommen: Beson<strong>der</strong>e<br />
unlautere Begleitumstände können auch <strong>bei</strong> nur nahezu<br />
identischen Nachahmungen wettbewerbswidrig sein,<br />
etwa wenn dem Nachahmer das Muster <strong>bei</strong> Vertragsverhandlungen<br />
anvertraut wurde (BGH GRUR 1983, 377<br />
- Brombeer-Muster). Beson<strong>der</strong>e Dreistigkeit <strong>bei</strong> dem<br />
Zustandekommen <strong>der</strong> Kopie kann also über eine geringere<br />
Ähnlichkeit <strong>der</strong> Muster hinweghelfen.<br />
5
c) Markenrecht (Benutzungsmarke)<br />
Das Entstehen von Benutzungsmarken dürften, ganz abgesehen<br />
vom Problem des „markenmäßigen Gebrauchs“<br />
(s.u.) <strong>bei</strong> Textilien schwer zu beweisen sein, (vgl. hierzu<br />
unten BGH GRUR 2009, 766 – Stofffähnchen).<br />
d) Nicht eingetragene Gemeinschaftsgeschmacksmuster<br />
nach <strong>der</strong> Verordnung (EG) Nr. 6/2002 („Gemeinschaftsgeschmacksmusterverordnung“<br />
– GGV)<br />
Schutzvoraussetzung:<br />
Schutzdauer:<br />
Räumlicher<br />
Schutzumfang:<br />
Sachlicher<br />
Schutzumfang:<br />
Probleme:<br />
Neuheit, Eigenart (=Unterscheidbarkeit,<br />
nicht<br />
Schöpfungshöhe!), Offenba<br />
rung (Veröffentlichung)<br />
innerhalb <strong>der</strong> Europäischen<br />
Union<br />
Drei Jahre ab erstmaliger<br />
Offenbarung<br />
Europäische Union<br />
Schutz gegen „Übereinstimmung<br />
im Gesamteindruck“:<br />
Wechselwirkung von Eigenart,<br />
Intensität <strong>der</strong> Übereinstimmung<br />
unter Berücksichtigung<br />
<strong>der</strong> „Musterdichte“ <strong>und</strong> <strong>der</strong><br />
Gestaltungsfreiheit in <strong>der</strong> jeweiligen<br />
Erzeugnisklasse, nur<br />
Nachahmungsschutz (d.h. im<br />
Gegensatz zum eingetragenen<br />
Geschmacksmuster kein Schutz<br />
gegen Parallelentwerfer)<br />
Eigenart, Gesamteindruck,<br />
Gestaltungsfreiheit, volle Beweislast<br />
im Prozess auf <strong>der</strong><br />
Seite des Geschmacksmusterinhabers<br />
(im Gegensatz zum eingetragenen<br />
Geschmacksmuster)<br />
Das wichtigste <strong>und</strong> kurioserweise immer noch recht<br />
unbekannte Recht <strong>bei</strong> kurzlebigen Dessins ist das<br />
nicht eingetragene Gemeinschaftsgeschmacksmuster.<br />
Auch die Gerichte haben oft wenig Erfahrungen<br />
mit diesem Recht. Es schützt seit Inkrafttreten im Jahr<br />
2002 jedes Muster, das neu <strong>und</strong> eigenartig ist. „Eigenart“<br />
hat ein Muster, wenn es von an<strong>der</strong>en Mustern<br />
unterscheidbar ist. Das Muster muss außerdem in <strong>der</strong><br />
Europäischen Gemeinschaft veröffentlicht („offenbart“)<br />
worden sein.<br />
In einem Prozess muss <strong>der</strong> Inhaber eines nicht eingetragenen<br />
Gemeinschaftgeschmacksmusters alle Schutzvoraussetzungen<br />
beweisen. Vortragen <strong>und</strong> beweisen<br />
muss er also, dass das Muster neu <strong>und</strong> unterscheidbar<br />
(„eigenartig“) war <strong>und</strong> auch veröffentlicht („offenbart“)<br />
worden ist. Dies ist <strong>der</strong> in <strong>der</strong> Praxis wichtigste Unterschied<br />
zum eingetragenen Geschmacksmuster. Denn<br />
<strong>bei</strong>m eingetragenen Geschmacksmuster werden diese<br />
Schutzvoraussetzungen <strong>und</strong> damit die Rechtsgültigkeit<br />
des Geschmacksmusters gesetzlich vermutet (§ 39 GeschmMG,<br />
Art 85 Abs. 1 GGV).<br />
Im Gegensatz zum eingetragenen Geschmacksmuster<br />
schützt das nicht eingetragene Gemeinschaftsgeschmacksmuster<br />
aber nicht gegen unabhängig<br />
geschaffene Parallelentwürfe. Es ist ein reiner Nachahmungsschutz.<br />
Geschmacksmuster, Art. 3 GGV<br />
Geschmackmuster ist die Erscheinungsform eines Erzeugnisses<br />
o<strong>der</strong> eines Teils davon, die sich insbeson<strong>der</strong>e<br />
aus den Merkmalen <strong>der</strong> Linien, Konturen, Farben, <strong>der</strong><br />
Gestalt, Oberflächenstruktur <strong>und</strong>/o<strong>der</strong> <strong>der</strong> Werkstoffe des<br />
Erzeugnisses selbst <strong>und</strong>/o<strong>der</strong> seiner Verzierung ergibt.<br />
Neuheit, Art. 5 GGV<br />
Neu ist das Muster, wenn weltweit <strong>bei</strong> Veröffentlichung<br />
we<strong>der</strong> ein identisches Muster, noch ein Muster mit nur<br />
unwesentlichen Unterschieden existiert hat. Gleichzeitig<br />
führt jedes auch außerhalb <strong>der</strong> Europäischen Gemeinschaft<br />
veröffentlichte identische o<strong>der</strong> nahezu identische<br />
Muster dazu, dass ein Muster nicht mehr als neu gilt.<br />
TIPP: Markteinführungen <strong>und</strong> Produktpräsentationen –<br />
etwa auf Messen - außerhalb <strong>der</strong> Gemeinschaft können<br />
daher die Neuheit des eigenen (!) Musters zerstören. Das<br />
Muster ist dann als nicht eingetragenes Gemeinschaftsgeschmacksmuster<br />
nicht mehr schutzfähig. Hier hilft in<br />
aller Regel nur <strong>der</strong> Schutz des Musters in dem jeweiligen<br />
außergemeinschaftlichen Land <strong>der</strong> Markteinführung<br />
durch Registrierung <strong>bei</strong> dem jeweils zuständigen Amt.<br />
6
Eigenart, Art. 6 GGV<br />
Eigenart heißt Unterscheidbarkeit (im Gegensatz zur urheberrechtlichen<br />
Schöpfungshöhe o<strong>der</strong> <strong>der</strong> früher im Geschmacksmusterrecht<br />
verlangten „Gestaltungshöhe“) von<br />
an<strong>der</strong>en Mustern aus dem bekannten Formenschatz. Die<br />
Unterscheidbarkeit hängt da<strong>bei</strong> ab von <strong>der</strong> Gestaltungsfreiheit<br />
des Designers in <strong>der</strong> jeweiligen Erzeugnisklasse<br />
(z.B. in <strong>der</strong> Erzeugnisklasse „Handtaschen“). Beson<strong>der</strong>e<br />
Eigentümlichkeit ist nicht (mehr) Voraussetzung. Die Gestaltungsfreiheit<br />
wie<strong>der</strong>um ist abhängig von <strong>der</strong> Musterdichte<br />
in <strong>der</strong> betreffenden Erzeugnisklasse. Musterdichte<br />
bedeutet: Wieviele Muster gibt es in <strong>der</strong> Erzeugnisklasse?<br />
Es gibt also eine Wechselwirkung: Je höher die Musterdichte,<br />
desto weniger muss das Muster von an<strong>der</strong>en<br />
Mustern unterscheidbar sein.<br />
Nach Art. 6 Abs. 1 Nr. 2 GGV (entspricht wörtlich §<br />
2 Abs. 3 GeschmMG) hat ein eingetragenes Gemeinschaftsgeschmacksmuster<br />
Eigenart, wenn sich <strong>der</strong><br />
Gesamteindruck, den es <strong>bei</strong>m informierten Benutzer<br />
hervorruft, von dem Gesamteindruck unterscheidet, den<br />
ein an<strong>der</strong>es, das heißt jedes an<strong>der</strong>e Muster hervorruft,<br />
welches <strong>der</strong> Öffentlichkeit vor dem Tag <strong>der</strong> Anmeldung<br />
zugänglich gemacht worden ist.<br />
Verhältnis zum Urheberrecht<br />
Eine beson<strong>der</strong>e „Gestaltungshöhe“ ist aber ausdrücklich<br />
nicht mehr nötig (BGH Urteil vom 22.04.2010 - I ZR 89/08<br />
- GRUR 2010, 718 - Verlängerte Limousinen). Es handelt<br />
sich damit im Verhältnis zum Urheberrecht <strong>und</strong> auch zum<br />
früheren deutschen Geschmacksmusterrecht um ein gr<strong>und</strong>sätzlich<br />
an<strong>der</strong>es Recht. Das frühere deutsche Geschmacksmusterrecht<br />
for<strong>der</strong>te „Gestaltungshöhe“, also mehr als<br />
gestalterisches Durchschnittskönnen. Das ist überholt. Das<br />
Geschmacksmusterrecht ist kein „kleines Urheberrecht“<br />
mehr. Es kommt nur noch auf die „Eigenart“, also die Unterscheidbarkeit<br />
von an<strong>der</strong>en Mustern an, nicht aber auf irgendeine<br />
Eigentümlichkeit o<strong>der</strong> Gestaltungshöhe.<br />
Der informierter Benutzer: Unter Umständen auch ein<br />
fünfjähriges Kind<br />
„Informierte Benutzer“ ist, wer <strong>der</strong> Personengruppe angehört,<br />
die das Gemeinschaftsgeschmacksmuster in <strong>der</strong><br />
Praxis benutzt <strong>und</strong> verschiedene Muster nach ihrem Erscheinungsbild<br />
zu beurteilen weiß.<br />
„Informiert“ im Sinne von Art. 6 Abs. 1 GMV ist <strong>der</strong><br />
Benutzer, wenn er einerseits in rechtlicher Hinsicht<br />
Gr<strong>und</strong>kenntnisse <strong>der</strong> Voraussetzungen <strong>der</strong> Schutzfähigkeit<br />
besitzt - also z. B. technisch bedingte Merkmale<br />
<strong>bei</strong> einem Vergleich ausblendet -, in tatsächlicher<br />
Hinsicht Funktion, Wirkungsweise <strong>und</strong> Anwendungsbereich<br />
des jeweiligen Erzeugnisses kennt. Er hat gewisse<br />
allgemeine Kenntnisse von dem Formenschatz<br />
hat <strong>und</strong> schließlich in Bezug auf Urteilsvermögen, Bildung<br />
Intellekt, Stil <strong>und</strong> Geschmack zumindest durchschnittliche<br />
Fähigkeiten. Der informierte Benutzer ist<br />
damit zwischen dem Durchschnittsverbraucher <strong>und</strong><br />
dem Fachmann anzusiedeln (OLG Frankfurt am Main,<br />
Urteil vom 27.03.2008 – 6 U 77/07), BeckRS 2008,<br />
23619). Der informierte Benutzer kann aber auch ein<br />
5- bis 10-jähriges Kind sein o<strong>der</strong> <strong>der</strong> Marketingleiter<br />
eines Unternehmens (EuG GRUR-RR 2010, 189 -<br />
Pepsi „rapper“).<br />
Das Muster muss also im Gemeinschaftsgebiet veröffentlicht<br />
worden sein. Das gilt auch dann, wenn das<br />
Muster zwar außerhalb des Gemeinschaftsgebiets veröffentlicht,<br />
aber innerhalb <strong>der</strong> Gemeinschaft bekannt geworden<br />
ist. (BGH GRUR 2009, 79 – Gebäckpresse).<br />
Offenbarung, Art. 7 GGV<br />
Offenbart ist ein Muster, wenn es die in <strong>der</strong> Gemeinschaft<br />
tätigen Fachkreise wahrnehmen konnten, etwa<br />
wenn es auf einer Messe ausgestellt, in einem Katalog<br />
abgebildet o<strong>der</strong> in <strong>der</strong> Werbung verwendet wurde. Die<br />
„Fachkreise“ können Designer, Hersteller, Händler <strong>und</strong><br />
vor allem auch die potenziellen Käufer sein. Fachkreise<br />
sind letztendlich diejenigen, für die das Muster gemacht<br />
wurde.<br />
Auch die Bekanntmachung eines eingetragenen Geschmacksmusters<br />
im deutschen Geschmacksmusterblatt<br />
lässt ein nicht eingetragenes Gemeinschaftsgeschmacksmuster<br />
entstehen, nicht aber lediglich die Anmeldung.<br />
Denn die Anmeldung ist gr<strong>und</strong>sätzlich nicht recherchierbar.<br />
Eine zwölfmonatige Neuheitsschonfrist wie<br />
<strong>bei</strong> dem eingetragenen Geschmacksmuster gibt es <strong>bei</strong>m<br />
nicht eingetragenen Gemeinschaftsgeschmackmuster<br />
naturgemäß nicht. Das nicht eingetragene Gemeinschaftsgeschmackmuster<br />
schützt drei Jahre ab dem Zeitpunkt<br />
<strong>der</strong> Offenbarung gegen vorsätzliche Nachahmung.<br />
7
TIPP: Erste Veröffentlichungen eines Musters, auch<br />
unter dem Schutz einer Vertraulichkeitsvereinbarung,<br />
sollten wohlüberlegt sein. Denn auch <strong>der</strong> Verstoß gegen<br />
eine Vertraulichkeitsvereinbarung kann dennoch eine<br />
Offenbarung zur Folge haben (BGH GRUR 1993, 466 -<br />
Reprint-Versendung)<br />
Beispiel<br />
OLG Hamburg: Urteil vom 23.04.2008 - 5 U 101/07,<br />
BeckRS 2009, 08346: Eigenart verneint; lehrreich auch<br />
zu Anfor<strong>der</strong>ungen an die Darlegungslast <strong>bei</strong>m nicht eingetragenen<br />
Gemeinschaftsgeschmacksmuster<br />
Die Antragsgegnerin bot die folgenden Bademäntel an<br />
(angegriffene Verletzungsform):<br />
Grad <strong>der</strong> Gestaltungsfreiheit <strong>der</strong> Entwerfer <strong>bei</strong> <strong>der</strong> Entwicklung<br />
seines Geschmacksmusters zur Verfügung hatte.<br />
Schutzumfang des nicht eingetragenen Gemeinschaftsgeschmackmusters,<br />
Art. 10 GGV<br />
Das nicht eingetragenen Gemeinschaftsgeschmacksmusters<br />
schützt nicht nur identische Muster. Es schützt vielmehr<br />
auch jedes ähnliche Muster, das <strong>bei</strong>m informierten<br />
Benutzer keinen an<strong>der</strong>en Gesamteindruck erweckt.<br />
Auch hier gibt es wie<strong>der</strong> die bereits erwähnte Wechselwirkung<br />
von Gestaltungsfreiheit <strong>und</strong> Musterdichte in<br />
<strong>der</strong> relevanten Erzeugnisklasse auf <strong>der</strong> einen Seite <strong>und</strong><br />
Unterscheidbarkeit auf <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en Seite:<br />
Je höher die Musterdichte, desto weniger muss sich<br />
das Muster von an<strong>der</strong>en unterscheiden.<br />
Da<strong>bei</strong> bestimmt <strong>der</strong> vorbekannte Formenschatz nicht<br />
nur die Neuheit, son<strong>der</strong>n auch die Eigenart eines Geschmacksmusters.<br />
Beispiel<br />
aus LG Braunschweig, Urt. v. 9.6.2006 – 9 O 1056/06<br />
(174): Die Klägerin vertrieb Handytaschen, für die<br />
Schutz als nicht eingetragenes Gemeinschaftsgeschmacksmuster<br />
entstanden war:<br />
Das OLG Hamburg hat eine Unterscheidbarkeit von an<strong>der</strong>en<br />
Bademänteln verneint. Die Antragstellerin habe<br />
die für das Entstehen eines nicht eingetragenen Gemeinschaftsgeschmacksmustererfor<strong>der</strong>liche<br />
Eigenart<br />
des Mantels we<strong>der</strong> näher dargelegt noch nachgewiesen.<br />
Dies wäre aber unerlässlich gewesen, da <strong>bei</strong>m nichteingetragenen<br />
Geschmacksmuster nicht vermutet wird,<br />
dass es rechtsgültig ist. Es muss also <strong>der</strong> Rechtsinhaber<br />
nicht nur behaupten, dass, son<strong>der</strong>n auch angeben, „inwiefern<br />
sein Geschmacksmuster Eigenart aufweist“.<br />
Wer sich auf ein nicht eingetragenes Gemeinschaftsgeschmackmuster<br />
beruft, muss also im Prozess substantiierte<br />
Angaben zum vorbestehenden Formenschatz<br />
machen. Sonst ist eine Prüfung <strong>der</strong> Eigenart von vornherein<br />
unmöglich. Nur vor dem Hintergr<strong>und</strong> <strong>der</strong> von dem<br />
Entwerfer selbst näher dargelegten Eigenart lässt sich auch<br />
<strong>der</strong> geschmacksmusterrechtliche Schutzumfang bestimmen.<br />
Denn dessen Beurteilung hängt davon ab, welchen<br />
Diese Handytaschen besaßen die folgenden Merkmale:<br />
1. Handytaschen<br />
2. neoprenartig<br />
3. in Form von Sportbekleidung <strong>und</strong><br />
4. Mannschaftstrikots, die<br />
5. <strong>bei</strong>nlos sind.<br />
Die Beklagte vertrieb unter an<strong>der</strong>em die folgende<br />
Handytasche (angegriffene Verletzungsform/Verletzungsgegenstand):<br />
8
Von <strong>der</strong> Beklagten wurde <strong>der</strong> folgende „vorbekannter<br />
Formenschatz“ – also vergleichbare bekannte Handytaschen<br />
- vorgelegt :<br />
Diese Handytaschen besaßen die folgenden Merkmale:<br />
1. Handytaschen<br />
2. neoprenartig<br />
3. in Form von Sportbekleidung o<strong>der</strong><br />
4. Mannschaftstrikot<br />
5. teilweise <strong>bei</strong>nlos (Abb. „B“, „G“, „H“), jedoch<br />
nicht als Mannschaftstrikot<br />
Das Landgericht Braunschweig hatte sowohl Neuheit<br />
als auch die Eigenart des Klagegeschmacksmusters<br />
bejaht <strong>und</strong> dennoch die Klage abgewiesen. Wegen des<br />
vorbekannten Formenschatzes sei <strong>der</strong> Schutzumfang<br />
des Klagegemeinschaftsgeschmacksmusters <strong>der</strong>art klein<br />
gewesen, dass <strong>der</strong> Verletzungsgegenstand keine Rechtsverletzung<br />
mehr gewesen sei. Aus den Gründen:<br />
„Die Geschmacksmusterfähigkeit <strong>der</strong> Gestaltungen ist<br />
nicht zu bezweifeln. Es handelt sich <strong>bei</strong> den zu beurteilenden<br />
Formgestaltungen um Gestaltungen, die geeignet<br />
sind, das geschmackliche Empfinden des Betrachters<br />
anzusprechen. Sie sind deswegen dem Schutz des nichteingetragenen<br />
Geschmacksmusters zugänglich.<br />
Die Neuheit <strong>der</strong> den Produkten B <strong>und</strong> D auf <strong>der</strong> Abb.<br />
2 zugr<strong>und</strong>e liegenden Gestaltungsmuster i. S. v. Art 5<br />
GGV ist ebenfalls glaubhaft gemacht. Neuheitsschädlich<br />
wäre im Umkehrschluss aus Art. 5 Abs. 2 GGV nur ein<br />
Muster, dass sich lediglich in unwesentlichen Einzelheiten<br />
von dem in Rede stehenden Muster unterscheidet.<br />
Eine solches, nahezu identisches Muster geht jedoch<br />
we<strong>der</strong> aus den von <strong>der</strong> Verfügungsbeklagten eingereichten<br />
Anlagen noch aus den aus Abb. 1 ersichtlichen Produkten<br />
hervor. [...]<br />
Der vorbekannte Formenschatz ist jedoch nach Auffassung<br />
<strong>der</strong> Kammer unter einem an<strong>der</strong>en Gesichtspunkt<br />
entscheidungserheblich. Denn er führt letztendlich dazu,<br />
den Schutzbereich <strong>der</strong> den Produkten Abb. 2, dort B <strong>und</strong><br />
D, zugr<strong>und</strong>eliegenden Geschmacksmuster so zu verkleinern,<br />
dass <strong>der</strong> Verletzungsgegenstand Abb. 3, dort<br />
A, nicht mehr als Ergebnis einer Benutzung <strong>der</strong> Geschmacksmuster<br />
betrachtet werden kann.“<br />
Mit an<strong>der</strong>en Worten: Das Landgericht Braunschweig<br />
hielt die Merkmale 1 bis 4 des Klagegemeinschaftsgeschmacksmusters<br />
für im Wesentlichen bekannt. Dass<br />
Handytaschen ohne Beine als Mannschaftstrikots noch<br />
nicht bekannt waren, war nach Ansicht des Gerichts nebensächlich:<br />
Die Idee, <strong>bei</strong> Handytaschen in Form von<br />
Sportbekleidung das Unterteil wegzulassen, auf Handytaschen<br />
in Form von Mannschaftstrikots zu übertragen, mache<br />
diese neuen Handytaschen nicht beson<strong>der</strong>s eigenartig.<br />
PraxisTIPP: Das Beispiel zeigt auch, wie wichtig aus<br />
strategischen Gründen eine Merkmalsanalyse ist. Eine<br />
sorfältige Merkmalsanalyse kann prozessentscheidend<br />
sein.<br />
Das nicht eingetragene Gemeinschaftsgeschmacksmuster<br />
im Prozess: Der Anscheinsbeweis<br />
Der Verletzer muss in einem Prozess gr<strong>und</strong>sätzlich vortragen,<br />
dass <strong>der</strong> Nachahmer das verletzte Dessin gekannt hat.<br />
Da<strong>bei</strong> helfen ihm aber die Regeln des deutschen Zivilprozessrechts<br />
über den Anscheinsbeweis: Eine hohe Übereinstimmung<br />
<strong>der</strong> sich gegenüberstehenden Muster wird in aller<br />
Regel zu einem Anscheinsbeweis für eine Nachahmung führen.<br />
Letztendlich muss also dann <strong>der</strong> Nachahmer darlegen<br />
<strong>und</strong> beweisen, wie <strong>und</strong> wann das nachgeahmte Dessin entstanden<br />
ist (vgl. BGH GRUR 1967, 375 – Kronleuchter).<br />
9
Tipp: Um im Verletzungsprozess nicht in Beweisschwierigkeiten<br />
zu geraten, sollten <strong>der</strong> Entwicklungsprozess<br />
<strong>und</strong> die Veröffentlichung eines Dessins genau<br />
mit Zeitangeben dokumentiert werden.<br />
Ansprüche des Rechtsinhabers gegen den Verletzer <strong>und</strong><br />
gegen Dritte<br />
Der Rechtsinhaber kann von dem Verletzer Unterlassung<br />
weiterer Verletzungen, Schadensersatz <strong>und</strong> Auskunft<br />
for<strong>der</strong>n. Beson<strong>der</strong>s unangenehm für den Verletzer<br />
ist in <strong>der</strong> Praxis oft <strong>der</strong> Auskunftsanspruch. Dieser soll<br />
es dem Verletzten ermöglichen, seinen Schaden zu berechnen,<br />
nachdem Auskunft erteilt wurde. Der Verletzer<br />
muss aber <strong>bei</strong>spielsweise auch angeben, zu welchen<br />
Preisen er die rechtsverletzenden Waren eingekauft <strong>und</strong><br />
auch verkauft hat. Er muss darüber hinaus seine gewerblichen<br />
Abnehmer <strong>und</strong> seine Vorlieferanten angeben.<br />
Der Verletzte kann sich also – zumindest theoretisch – über<br />
den Auskunftsanspruch Schritt für Schritt zu dem Hersteller<br />
des Plagiats vorar<strong>bei</strong>ten <strong>und</strong> den jeweils nächsten in <strong>der</strong><br />
Lieferantenkette als Verletzer in Anspruch nehmen.<br />
Seit dem 1.10.2009 gibt es die sog. „Drittauskunft“.<br />
Auskunftspflichtig sind <strong>bei</strong> offensichtlicher Rechtsverletzung<br />
o<strong>der</strong> nach Klageerhebung dann unter Umständen<br />
auch <strong>bei</strong>spielsweise Spediteure, Lagerhalter o<strong>der</strong><br />
die Betreiber von Onlineauktionsplattformen.<br />
Ist die Auskunft des Verletzers falsch, kann die Abgabe<br />
einer eidesstattlichen Versicherung erzwungen werden.<br />
Eine neuerliche Falschauskunft wäre dann strafbar. Falsche<br />
Drittauskünfte machen unter Umständen den Dritten<br />
schadensersatzpflichtig. Zu ersetzen wäre <strong>der</strong> durch<br />
die falsche Auskunft entstandene Schaden.<br />
Ebenfalls seit dem 1.10.2009 stehen dem Verletzer zur<br />
Sicherung seiner Ansprüche Hilfsansprüche auf Vorlage<br />
<strong>und</strong> Besichtigung <strong>und</strong> – <strong>bei</strong> Nachahmungen im gewerblichen<br />
Ausmaß - explizit auch auf Vorlage von Bank-,<br />
Finanz- <strong>und</strong> Handelsunterlagen zur Verfügung.<br />
Das nicht eingetragene Gemeinschaftsgeschmackmuster<br />
bietet damit oft gerade für kurzlebige Dessins einen<br />
Basisschutz gegen Nachahmung. Wer längeren <strong>und</strong> etwas<br />
umfassen<strong>der</strong>en Schutz haben möchte, kann sein Muster<br />
<strong>bei</strong> den jeweiligen Ämtern hinterlegen lassen.<br />
Ein zunächst nicht eingetragenes Muster lässt sich aber<br />
nur begrenzt verstärken. Zum einen muss es spätestens<br />
12 Monaten nach <strong>der</strong> Erstveröffentlichung angemeldet<br />
werden. Zum an<strong>der</strong>en kann es dann aber für eine Nachanmeldung<br />
im Ausland bereits an <strong>der</strong> Neuheit fehlen, wenn<br />
die ausländische Rechtsordnung eine Neuheitsschonfrist<br />
nicht kennt.<br />
1.2. Schutz durch Registrierung<br />
a) Eingetragene nationale Marke <strong>und</strong> Gemeinschaftsmarke<br />
Schutzvoraussetzung:<br />
Schutzdauer:<br />
Schutzumfang:<br />
Problem:<br />
Eintragung (keine Eintragungshin<strong>der</strong>nisse<br />
z.B. absolute<br />
Eintragungshin<strong>der</strong>nisse, § 8 MarkenG<br />
bzw. Art. 7 GemeinschaftsmarkenVO,<br />
vor allem fehlende<br />
Unterscheidungskraft <strong>und</strong> „glatt<br />
beschreibende“ Bezeichnungen<br />
<strong>und</strong> relative Eintragungshin<strong>der</strong>nisse,<br />
§ 9 ff. MarkenG bzw. Art.<br />
8 GemeinschaftsmarkenVO, entgegenstehende<br />
ältere Rechte)<br />
Zehn Jahre ab Anmeldung, mit<br />
unbegrenzter Verlängerungsmöglichkeit<br />
um jeweils weitere<br />
zehn Jahre<br />
Wechselwirkung von Kennzeichnungskraft,<br />
Markenbekanntheit,<br />
<strong>der</strong> Ähnlichkeit <strong>der</strong><br />
sich gegenüberstehenden Zeichen<br />
<strong>und</strong> Produkten (Wareno<strong>der</strong><br />
Dienstleistungen)<br />
Bei Textilien immer die<br />
„markenmäßige Benutzung“:<br />
Wird das Zeichen als Herkunftsfunktion<br />
verstanden o<strong>der</strong><br />
produktgestaltend als „dekorativer<br />
Gebrauch?“<br />
Ein Muster als Marke zu <strong>schützen</strong>, ist vor allem deswegen<br />
attraktiv, weil <strong>bei</strong> einer Verletzung dann die Fragen,<br />
ob das Muster neu <strong>und</strong> eigenartig ist, keine Rolle spielt.<br />
Denn we<strong>der</strong> Neuheit noch Eigenart sind an sich Schutzvoraussetzung<br />
einer Marke.<br />
10
Beispiel<br />
Beispiel für eine u. a. für Bekleidungsartikel eingetragene<br />
Gemeinschaftsmarke (Paul Smith):<br />
Gemeinschaftsmarke CTM 002708220<br />
BeispielE<br />
für Marken, die durch eine solche „erlangte Unterscheidungskraft“<br />
eingetragen wurden:<br />
Ärmelloses Trägerhemd mit drei Streifen (adidas):<br />
Gemeinschaftsmarke CTM 003517612<br />
Eine Marke muss aber, damit sie eingetragen wird, geeignet<br />
sein, als Herkunftshinweis zu dienen. Der Betrachter<br />
einer Marke muss also das Muster auch als<br />
Marke auffassen.<br />
Weiteres Beispiel:<br />
Gesäßhosentasche mit „Red Tab“ (Levi’s):<br />
Gemeinschaftmarke Nr. 002292373<br />
Daran wird es häufig scheitern. Denn Muster <strong>und</strong> Dessins<br />
werden in den meisten Fällen eben als Produktgestaltung<br />
o<strong>der</strong> Dekoration aufgefasst <strong>und</strong> nicht als<br />
Hinweis darauf, dass das Textil aus einem bestimmten<br />
Unternehmen stammt.<br />
Ein Design o<strong>der</strong> Designelement kann aber auch in diesen<br />
Fällen als Marke eingetragen werden, wenn es <strong>der</strong>art<br />
bekannt ist, dass es als Herkunftshinweis aufgefasst<br />
wird. Bei eingetragenen Gemeinschaftsmarken ist dies<br />
im Register des Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt<br />
auch erkennbar. Unter <strong>der</strong> Rubrik „Erlangte Unterscheidungskraft“<br />
ist dort „Ja“ vermerkt.<br />
11
Die Herkunftsfunktion <strong>der</strong> Marke spielt nicht nur <strong>bei</strong><br />
<strong>der</strong> Eintragung eine Rolle, son<strong>der</strong>n auch im Verletzungsfall.<br />
Die Hauptfunktion einer Marke ist nach <strong>der</strong><br />
Rechtsprechung des EuGH ihre Herkunftsfunktion: Eine<br />
Marke weist auf die Herkunft <strong>der</strong> markierten Produkte<br />
aus einem ganz bestimmten Unternehmen hin.<br />
Ein Zeichen wird daher nach <strong>der</strong> Rechtsprechung nur<br />
dann markenrechtsverletzend benutzt, wenn dies „markenmäßig“<br />
geschieht. (z.B. BGH GRUR 2008, 793<br />
– Rillenkoffer). Das ist wie<strong>der</strong>um dann nicht <strong>der</strong> Fall,<br />
wenn das Zeichen gar nicht als Marke, son<strong>der</strong>n als Dekoration<br />
o<strong>der</strong> Design aufgefasst wird.<br />
Das folgende Beispiel soll das verdeutlichen:<br />
Beispiel<br />
BGH, Urteil vom 14.01.2010, I ZR 82/08 – CCCP<br />
Klagewortmarke „CCCP“, Registernummer des DPMA<br />
30421978, eingetragen für (u.a.): T-Shirts<br />
Die Klägerin war Lizenznehmerin <strong>der</strong> Klagewortmarke<br />
„CCCP“ <strong>und</strong> vertrieb die folgenden Logoshirts mit dem<br />
Zeichen CCCP:<br />
Die Klage wurde in allen Instanzen abgewiesen. Der<br />
B<strong>und</strong>esgerichtshof hat die klageabweisenden Entscheidungen<br />
des OLG Hamburg, Urteil vom 10.04.2008 – 3<br />
U 280/06 CCCP, GRUR-RR 2009, 22 – bestätigt. Es<br />
liege keine Markenrechtsverletzung vor.<br />
Das Anbringen <strong>der</strong> Symbole <strong>der</strong> ehemaligen Ostblockstaaten<br />
auf Bekleidungsstücken verletze die Markenrechte<br />
<strong>der</strong> Kläger nicht. Die markenrechtlichen<br />
Ansprüche setzen voraus, dass <strong>der</strong> Verkehr auf Bekleidungsstücken<br />
angebrachte Aufdrucke als Hinweis auf<br />
die Herkunft <strong>der</strong> Produkte von einem bestimmten Unternehmen<br />
<strong>und</strong> nicht nur als dekoratives Element auffasst,<br />
das nach Art des Motivs variieren kann.<br />
Der B<strong>und</strong>esgerichtshof hat angenommen, dass die Verbraucher<br />
die auf <strong>der</strong> Vor<strong>der</strong>seite von T-Shirts angebrachten<br />
Symbole ehemaliger Ostblockstaaten ausschließlich<br />
als dekoratives Element auffassen <strong>und</strong> in ihnen kein<br />
Produktkennzeichen sehen. Die Beschriftung CCCP sah<br />
<strong>der</strong> BGH also nicht als Marke, son<strong>der</strong>n als Dekor an.<br />
Mangels „markenmäßiger Benutzung“ lag also keine<br />
Markenverletzung vor.<br />
Beson<strong>der</strong>e Schwierigkeiten bereiten sogenannte „zusammengesetzte<br />
Zeichen“. Das sind Marken, die aus<br />
mehreren Zeichenbestandteilen bestehen, die unter Umständen<br />
unterschiedlich bekannt sein können:<br />
Die Beklagte bot in ihrem Onlineshop ebenfalls T-Shirts<br />
mit dem Aufdruck „CCCP“ an:<br />
Beispiel<br />
BGH, Urteil vom 05.11.2008 – I ZR 39/06 – GRUR<br />
2009, 766 – Stofffähnchen:<br />
Die Klägerin ist (u.a.) Inhaberin <strong>der</strong> folgenden Marken:<br />
12
Eingetragene Gemeinschaftsbildmarke CTM 112 862<br />
<strong>und</strong> <strong>der</strong> gleich gestalteten deutschen Bildmarke<br />
Nr. 2 914 002, für Jeans-Hosen<br />
(Klagemarke 1 <strong>und</strong> 2):<br />
Angegriffene Verletzungsformen:<br />
Die Beklagte vertrieb Jeans mit den folgenden Gesäßtaschen<br />
(Verletzungsform):<br />
(Gesäßtasche mit rotem Stofffähnchen, das nicht mit<br />
„LEVI’S“ beschriftet war <strong>und</strong> ohne Doppelschwinge)<br />
(„Red Tab“ ohne Beschriftung mit Doppelschwinge,<br />
sog. „Arcuate“)<br />
Am 12. 1. 1977 für Hosen, Hemden, Blusen <strong>und</strong> Jacken für<br />
Herren, Damen <strong>und</strong> Kin<strong>der</strong> eingetragene deutschen Wort-/<br />
Bildmarke Nr. DD 641 687, die in dem roten rechteckigen<br />
Bestandteil am linken oberen Rand den Wortbestandteil<br />
„LEVI’S” aufweist (Klagemarke 3):<br />
(Gesäßtasche mit rotem Stofffähnchen, das nicht mit<br />
„LEVI’S“ beschriftet war <strong>und</strong> ohne Doppelschwinge)<br />
(„Red Tab“ mit Beschriftung „LEVI‘S“ mit abstrahierter<br />
Darstellung einer Gesäßtasche, aber ohne „Arcuate“)<br />
(Gesäßtasche mit rotem Stofffähnchen, das nicht<br />
mit „LEVI’S“ beschriftet war <strong>und</strong> mit einer Doppelschwinge)<br />
13
Das OLG Hamburg (Az. 3 U 130/04 – BeckRS<br />
2007, 03064) hielt die Klagemarken 1 <strong>und</strong> 2 für von<br />
Hause durchschnittlich/normal kennzeichnungskräftig.<br />
Die durchschnittliche Kennzeichnungskraft <strong>der</strong><br />
Klagemarken 1 <strong>und</strong> 2 seien durch intensive Benutzung<br />
des Stofffähnchens zu einer überdurchschnittlichen<br />
Kennzeichnungskraft gesteigert worden.<br />
Das „Red Tab“ sei beson<strong>der</strong>s markant durch die<br />
asymmetrische Positionierung <strong>und</strong> daher prägend.<br />
Es bestünde daher wegen <strong>der</strong> Ähnlichkeit mit den<br />
angegriffenen Aufmachungen <strong>der</strong> Beklagten Verwechslungsgefahr<br />
auch für die angegriffenen Gesäßtaschen,<br />
die keine „Arcuate“ aufwiesen.<br />
Der BGH war an<strong>der</strong>er Ansicht: Der „Gesamteindruck“<br />
<strong>der</strong> Klagemarke 1 <strong>und</strong> 2 sei vom OLG<br />
Hamburg falsch bestimmt worden. Es handele sich<br />
um ein zusammengesetztes Zeichen, bestehend aus<br />
einem unbeschrifteten roten Stofffähnchen <strong>und</strong> <strong>der</strong><br />
„Arcuate“.<br />
Dass die Klägerin Jeans-Hosen, die mit Arcuate <strong>und</strong><br />
dem Wortbestandteil „LEVI’S“ beschriftet waren,<br />
vertrieben habe, könne nicht ohne Weiteres auch<br />
die Kennzeichungskraft <strong>der</strong> Klagemarken 1 <strong>und</strong><br />
2 steigern, da diese eben keinen Wortbestandteil<br />
aufweisen (Der Schutzumfang einer Marke wird ja<br />
bestimmt durch die Art, wie sie im Register wie<strong>der</strong>gegeben<br />
ist!) <strong>und</strong> nicht geklärt ist, ob <strong>der</strong> Wortbestandteil<br />
„LEVI’S“ nicht einen an<strong>der</strong>en Gesamteindruck<br />
entstehen lässt.<br />
Die Klagemarke 3 hielt das OLG Hamburg für von<br />
Hause durchschnittlich kennzeichnungskräftig.<br />
Die durchschnittliche Kennzeichnungskraft <strong>der</strong><br />
Klagemarke 3 sei durch intensive Benutzung des<br />
Stofffähnchens durch die Klägerin zu einer überdurchschnittlichen<br />
Kennzeichnungskraft gesteigert<br />
worden. Der Wortbestandteil „LEVI’S“ trete in den<br />
Hintergr<strong>und</strong>. Prägen<strong>der</strong> Zeichenbestandteil des Gesamteindrucks<br />
<strong>der</strong> Klagemarke 3 sei daher das rote<br />
Fähnchen.<br />
Es bestünde daher wegen <strong>der</strong> Ähnlichkeit mit den<br />
angegriffenen Aufmachungen <strong>der</strong> Beklagten Verwechslungsgefahr.<br />
Der BGH war auch hier an<strong>der</strong>er Ansicht: Auch<br />
<strong>der</strong> Gesamteindruck <strong>der</strong> Klagemarke 3 sei vom<br />
OLG Hamburg falsch bestimmt worden. Die Marke<br />
besitze zwar von Hause aus (Registereintrag!)<br />
durchschnittliche Kennzeichnungskraft. Die Steigerung<br />
<strong>der</strong> Kennzeichnungskraft <strong>der</strong> Klagemarke<br />
durch Benutzung sei aber nicht durch Benutzung<br />
des roten Fähnchens, son<strong>der</strong>n durch Benutzung des<br />
Wortbestandteils „LEVI’S“ auf dem roten Fähnchen<br />
entstanden.<br />
Die Klägerin hat außerdem behauptet, sie habe an<br />
dem roten Stofffähnchen („Red Tab“) eine Benutzungsmarke<br />
erworben. Der inländische Verkehr<br />
würde diese durch die langjährige intensive Benutzung<br />
als Herkunftshinweis verstanden. Die Beklagten<br />
hätten diese in den von Ihnen vertriebenen<br />
Aufmachungen auch markenmäßig benutzt. Die<br />
Klägerin hatte zum Nachweis <strong>der</strong> Benutzungsmarke<br />
eine Meinungsumfrage <strong>der</strong> Monate Mai <strong>und</strong> Juli<br />
1994 <strong>und</strong> April <strong>und</strong> Mai 2000 vorgelegt.<br />
Der BGH hat sich in dieser Entscheidung außerdem<br />
zur Entstehung <strong>der</strong> Benutzungsmarke geäußert:<br />
Eine Vorlage von Meinungsumfragen aus Mai <strong>und</strong><br />
Juli 1994 <strong>und</strong> April/Mai 2000 ist ungeeignet, eine<br />
Verkehrsgeltung im Zeitpunkt <strong>der</strong> mündlichen Verhandlung<br />
<strong>der</strong> Berufungsinstanz im Oktober 2005 zu<br />
beweisen.<br />
Auf die Revision wurde das Urteil aufgehoben. Die<br />
Sache wurde zur neuen Verhandlung <strong>und</strong> Entscheidung<br />
an das OLG Hamburg zurückverwiesen.<br />
Weiteres Beispiel<br />
LG Frankfurt, am Main, Urteil vom 02.06.2009,<br />
Az. 2/18 O 376/08<br />
14
Die Klägerin war Inhaberin <strong>der</strong> internationalen Bildmarke<br />
IR 714 656. Diese genießt auch in Deutschland<br />
Schutz für Taschen aller Art:<br />
Die Beklagte bot ebenfalls Taschen mit einem ähnlichem<br />
Dekor an:<br />
b) Eingetragenes deutsches Geschmacksmuster<br />
Schutzvoraussetzung: Neuheit, Eigenart<br />
(=Unterscheidbarkeit im Unterschied<br />
zur Schöpfungshöhe!),<br />
Eintragung<br />
Schutzdauer: Fünf Jahre ab Anmeldung mit<br />
Verlängerungsmöglichkeiten bis<br />
maximal 25 Jahre<br />
Räumlicher<br />
Schutzumfang: Deutschland<br />
Schutzumfang: Schutz gegen „Übereinstimmung<br />
im Gesamteindruck“:<br />
Wechselwirkung von Eigenart,<br />
Intensität <strong>der</strong> Übereinstimmung<br />
unter Berücksichtigung <strong>der</strong><br />
Musterdichte <strong>und</strong> <strong>der</strong> Gestaltungsfreiheit<br />
in <strong>der</strong> jeweiligen<br />
Erzeugnisklasse;nicht nur Nachahmungsschutz,<br />
son<strong>der</strong>n auch<br />
Schutz gegen Parallelentwerfer<br />
Probleme:<br />
Eigenart, Gesamteindruck,<br />
Gestaltungsfreiheit im vorbekannten<br />
Formenschatz <strong>der</strong> Erzeugnisklasse<br />
Muster<br />
„Muster“ ist die zweidimensionale o<strong>der</strong> dreidimensionale<br />
Erscheinungsform eines ganzen Erzeugnisses<br />
o<strong>der</strong> eines Teils davon, die sich insbeson<strong>der</strong>e aus den<br />
Merkmalen <strong>der</strong> Linien, Konturen, Farben, <strong>der</strong> Gestalt,<br />
Oberflächenstruktur o<strong>der</strong> <strong>der</strong> Werkstoffe des Erzeugnisses<br />
selbst o<strong>der</strong> seiner Verzierung ergibt, § 1 Nr. 1 GeschmMG.<br />
Das Landgericht Frankfurt am Main hatte eine Benutzung<br />
nur als Dekor verneint. Das Dekor sei vielmehr<br />
markenmäßig benutzt worden. Bei Luxusartikeln wie<br />
Taschen wäre <strong>der</strong> Verkehr an großflächige dekorartige<br />
Kennzeichnungen gewohnt. Das Dekor werde also als<br />
Marke <strong>und</strong> nicht als Design aufgefasst.<br />
Die Verletzungsgerichte müssen nach § 39 GeschmMG<br />
(entspricht Art. 85 Abs. 1 GGV) von <strong>der</strong> Rechtsgültigkeit<br />
des Geschmacksmuster ausgehen. Sie müssen aber<br />
dennoch feststellen, woraus genau sich die Eigenart des<br />
Musters ergibt, denn diese bestimmt den Schutzumfang<br />
(OLG Frankfurt am Main, BeckRS 2008, 23619<br />
- Plastik-Untersetzer).Das eingetragene deutsche Geschmacksmuster<br />
unterscheidet sich vom nicht eingetra-<br />
15
genen Gemeinschaftsgeschmacksmuster im räumlichen<br />
Schutzbereich (Schutz nur für das deutsche Staatsgebiet)<br />
<strong>und</strong> <strong>der</strong> längeren Schutzfrist (fünf Jahre ab Anmeldung<br />
statt drei Jahre ab Offenbarung). Es unterscheidet<br />
sich außerdem dadurch, dass es keinen bloßen Nachahmungsschutz<br />
gewährt, son<strong>der</strong>n auch Schutz gegen Parallelentwürfe.<br />
Der in <strong>der</strong> Praxis wichtigste Unterschied zum nicht eingetragenen<br />
Geschmacksmuster: Die Schutzvoraussetzungen<br />
(Neuheit <strong>und</strong> Eigenart) <strong>und</strong> damit die Rechtsgültigkeit<br />
des Geschmacksmusters werden gesetzlich<br />
vermutet (§ 39 GeschmMG, Art 85 Abs. 1 GGV). Hier<br />
muss also in einem Prozess nicht gr<strong>und</strong>sätzlich <strong>der</strong> Geschmacksmusterinhaber<br />
die Schutzvoraussetzungen beweisen.<br />
Vielmehr muss <strong>der</strong> Verletzer des Geschmacksmusters<br />
an<strong>der</strong>e Geschmackmuster entgegenhalten, um<br />
die Neuheit o<strong>der</strong> Eigenart des Musters des Klägers<br />
anzugreifen. Ansonsten gelten die Ausführungen zum<br />
nicht eingetragenen Gemeinschaftsgeschmacksmuster<br />
entsprechend.<br />
c) Eingetragenes Gemeinschaftsgeschmacksmuster<br />
Schutzvoraussetzung: Neuheit, Eigenart<br />
(=Unterscheidbarkeit im Unterschied<br />
zur Schöpfungshöhe!),<br />
Eintragung<br />
Schutzdauer: Fünf Jahre ab Anmeldung mit<br />
Verlängerungsmöglichkeiten<br />
bis maximal 25 Jahre<br />
Räumlicher<br />
Schutzumfang: Europäische Union<br />
Schutz gegen „Übereinstimmung<br />
im Gesamteindruck“:<br />
Wechselwirkung von Eigenart,<br />
Intensität <strong>der</strong> Übereinstimmung<br />
unter Berücksichtigung <strong>der</strong><br />
Musterdichte <strong>und</strong> <strong>der</strong> Gestaltungsfreiheit<br />
in <strong>der</strong> jeweiligen<br />
Erzeugnisklasse, nicht nur Nachahmungsschutz,<br />
son<strong>der</strong>n auch<br />
Schutz gegen Parallelentwerfer<br />
Probleme:<br />
Eigenart, Gesamteindruck,<br />
Gestaltungsfreiheit im vorbekannten<br />
Formenschatz <strong>der</strong> Erzeugnisklasse<br />
Das eingetragene Geschmacksmuster schützt im Gegensatz<br />
zum nicht eingetragenen Gemeinschaftsgeschmacksmuster<br />
auch gegen Parallelentwürfe. Die Rechtsgültigkeit<br />
des Musters wird wi<strong>der</strong>leglich vermutet (s.o.). Die<br />
Schutzdauer beträgt fünf Jahre. Das eingetragene Gemeinschaftsgeschmacksmuster<br />
entspricht mit Ausnahme<br />
des räumlichen Schutzumfangs (Europäische Union) dem<br />
eingetragenen deutschen Geschmacksmuster.<br />
d) Tipps für die Registrierung des<br />
Geschmacksmusters<br />
Neuheitsschonfrist, § 6 GeschmMG, Art. 7 Abs. 2 GGV<br />
Ein Geschmacksmuster kann bis zu 12 Monate nach<br />
erstmaliger Offenbarung mit Zustimmung des Entwerfers<br />
zur Eintragung angemeldet werden. Ein Muster<br />
kann also in dieser Zeit getestet werden, ob es sich<br />
verkauft. Während dieser Zeit besteht für das Muster<br />
Schutz als nicht eingetragenes Gemeinschaftsgeschmacksmuster.<br />
Mehrere Muster <strong>der</strong>selben Erzeugnisklasse können aus<br />
Kostengründen in einer Sammelanmeldung eingereicht<br />
werden. Es kann aus Kostengründen auch eine Aufschiebung<br />
<strong>der</strong> Bekanntmachung des Musters mit <strong>der</strong><br />
Anmeldung beantragt werden. Das Muster bleibt dann<br />
zunächst für 30 Monate geheim. Entscheidet sich <strong>der</strong><br />
Anmel<strong>der</strong> dann, das Muster nach 30 Monaten nicht bekannt<br />
zu machen, wird auch keine Bekanntmachungsgebühr<br />
fällig.<br />
Die formellen Voraussetzungen <strong>der</strong> Anmeldung eines<br />
deutschen Geschmacksmusters ergeben sich aus<br />
<strong>der</strong> Geschmacksmusterverordnung – GeschmMV bzw.<br />
<strong>der</strong> Durchführungsverordnung zum Gemeinschaftsgeschmackmuster<br />
- GGDV (Verordnung (EG) Nr.<br />
224/2002 <strong>der</strong> Kommission vom 21. Oktober 2002 zur<br />
Durchführung <strong>der</strong> Verordnung (EG) Nr. 6/2002 des Rates<br />
über das Gemeinschaftsgeschmacksmuster.<br />
Es sollten in <strong>der</strong> Anmeldung stets das konkrete Erzeugnis<br />
wie<strong>der</strong>gegeben werden. Für die Beurteilung<br />
<strong>der</strong> Neuheit eines Gemeinschaftsgeschmacksmusters<br />
berücksichtigt das Harmonisierungsamt nur die<br />
aus <strong>der</strong> Geschmacksmusteranmeldung erkennbaren<br />
Bildmerkmale (HABM, Entsch. v. 20. 2. 2006 – ICD<br />
16
000001535). Das Muster sollte daher möglichst präzise<br />
<strong>und</strong> farbig wie<strong>der</strong>gegeben werden.<br />
Zur Festlegung des Schutzumfangs sollte <strong>bei</strong> dreidimensionalen<br />
Mustern das Muster aus allen Perspektiven fotografiert<br />
werden. Da schon kleine Abweichungen vom<br />
vorbekannten Formenschatz in Farbe, Form o<strong>der</strong> Beschriftung<br />
ein Muster als neu erscheinen lassen können.<br />
Beispiel<br />
für eine Wie<strong>der</strong>gabe eines dreidimensionalen Musters<br />
im Gemeinschaftsgeschmacksmuster 000575915-0001<br />
<strong>der</strong> Burberry Limited<br />
Auswahl <strong>der</strong> Warenklassen<br />
Recherche nach Warenklassenvorschlägen in <strong>der</strong> Locarno<br />
Datenbank des DPMA:<br />
http://dpma.de/service/klassifikationen/locarnoklassifikation/suche/suchen.htm<br />
Tipp: Gr<strong>und</strong>sätzlich sollte <strong>bei</strong> Anmeldungen von Geschmacksmustern<br />
möglichst die vom Deutschen Patent-<br />
<strong>und</strong> Markenamt vorgeschlagenen Warenklassen<br />
verwendet werden. Die Klassifikationsvorschläge des<br />
Deutschen Patent- <strong>und</strong> Markenamtes können in <strong>der</strong> Datenbank<br />
des DPMA recherchiert werden.<br />
Für die nichtelektronische Anmeldung können Formulare<br />
heruntergeladen werden unter:<br />
http://oami.europa.eu/ows/rw/pages/QPLUS/forms/nonelectronic/nonelectronic.de.do<br />
Einen Gebührenrechner für Gemeinschaftsgeschmacksmusteranmeldungen<br />
stellt das Harmonisierungsamt zur<br />
Verfügung unter<br />
http://oami.europa.eu/de/design/fees.htm<br />
Deutsches Geschmacksmuster<br />
Formulare für die Anmeldung deutscher Geschmacksmuster<br />
können online über die Website des DPMA<br />
(Deutsches Patent- <strong>und</strong> Markenamt) angemeldet<br />
werden:<br />
http://www.dpma.de/geschmacksmuster/formulare/index.html<br />
Eine Gebührentabelle für Anmeldungen von Geschmacksmustern<br />
ist im allgemeinen Kostenmerkblatt<br />
des DPMA enthalten:<br />
http://www.dpma.de/docs/service/formulare/allgemein/<br />
a9510.pdf<br />
An<strong>der</strong>e als die vorgeschlagenen Erzeugnisklassenbegriffe<br />
können den Eintragungsprozess verzögern.<br />
Ein Geschmacksmuster kann auch abstrahierend geschützt<br />
werden. Hier wird nicht die Abbildung eines<br />
konkreten Erzeugnisses, son<strong>der</strong>n vielmehr eine<br />
Schwarzweiß-Zeichnung hinterlegt. Das Muster wird<br />
also von den Farben abstrahiert.<br />
Beispiel<br />
für eine abstrahierende Darstellung: Gemeinschaftsgeschmacksmuster<br />
Nr. 000173166-0007 <strong>und</strong> Nr.<br />
000173166-0003<br />
Gemeinschaftsgeschmacksmuster<br />
können online über die Website des Harmonisierungsamtes<br />
angemeldet werden:<br />
https://secure.oami.europa.eu/rcd/efiling/?lang=DE<br />
17
2. Verteidigung textiler Muster <strong>und</strong><br />
<strong>Designs</strong><br />
2.1 Die Ansprüche des Verletzten<br />
a) Ansprüche des Rechtsinhabers gegen den Verletzer<br />
<strong>und</strong> gegen Dritte<br />
Der Rechtsinhaber kann von dem Verletzer Unterlassung<br />
weiterer Verletzungen, Schadensersatz <strong>und</strong><br />
Auskunft for<strong>der</strong>n. Der Unterlassungsanspruch ist in<br />
die Zukunft gerichtet <strong>und</strong> nicht von einem Verschulden<br />
des Verletzers abhängig.<br />
Beson<strong>der</strong>s unangenehm für den Verletzer ist in <strong>der</strong><br />
Praxis oft <strong>der</strong> Auskunftsanspruch. Dieser soll es dem<br />
Verletzten ermöglichen, seinen Schaden zu berechnen,<br />
nachdem Auskunft erteilt wurde. Der Verletzer<br />
muss aber <strong>bei</strong>spielsweise auch angeben, zu welchen<br />
Preisen er die rechtsverletzenden Waren eingekauft<br />
<strong>und</strong> auch verkauft hat.<br />
Er muss darüber hinaus seine gewerblichen Abnehmer<br />
<strong>und</strong> seine Vorlieferanten angeben. Der Verletzte<br />
kann sich also – zumindest theoretisch – über<br />
den Auskunftsanspruch Schritt für Schritt zu dem<br />
Hersteller des Plagiats vorar<strong>bei</strong>ten <strong>und</strong> den jeweils<br />
nächsten in <strong>der</strong> Lieferantenkette als Verletzer in Anspruch<br />
nehmen. Näheres zu diesen Ansprüchen unten<br />
im Kapitel „Abmahnung“.<br />
Seit dem 1.10.2009 gibt es die sog. „Drittauskunft“.<br />
Auskunftspflichtig sind <strong>bei</strong> offensichtlicher Rechtsverletzung<br />
o<strong>der</strong> nach Klageerhebung dann unter<br />
Umständen auch <strong>bei</strong>spielsweise Spediteure, Lagerhalter<br />
o<strong>der</strong> die Betreiber von Onlineauktionsplattformen.<br />
Ist die Auskunft des Verletzers falsch, kann die Abgabe<br />
einer eidesstattlichen Versicherung erzwungen<br />
werden. Eine neuerliche Falschauskunft wäre dann<br />
strafbar. Falsche Drittauskünfte machen unter Umständen<br />
den Dritten schadensersatzpflichtig. Zu ersetzen<br />
wäre <strong>der</strong> durch die falsche Auskunft entstandene<br />
Schaden, z.B. Kosten <strong>der</strong> Rechtsverfolgung.<br />
Ebenfalls seit dem 1.10.2009 stehen dem Verletzer zur<br />
Sicherung seiner Ansprüche Hilfsansprüche auf Vorlage<br />
<strong>und</strong> Besichtigung <strong>und</strong> – <strong>bei</strong> Nachahmungen im gewerblichen<br />
Ausmaß - explizit auch auf Vorlage von Bank-,<br />
Finanz- <strong>und</strong> Handelsunterlagen zur Verfügung.<br />
b) Erschöpfungsgr<strong>und</strong>satz: Keine Ansprüche <strong>bei</strong> Erschöpfung<br />
des Verbreitungsrechts<br />
Der „Erschöpfungsgr<strong>und</strong>satz“ gilt im gesamten gewerblichen<br />
Rechtsschutz (z.B. § 48 GeschmMG, § 24<br />
MarkenG) <strong>und</strong> im Urheberrecht. Nach diesem Gr<strong>und</strong>satz<br />
können Rechte aus einem Geschmacksmuster, einer<br />
Marke o<strong>der</strong> sonstigem gewerblichen o<strong>der</strong> urheberrechtlichen<br />
Ausschließlichkeitsrecht nicht geltend gemacht<br />
werden, wenn das geschützte Erzeugnis mit Zustimmung<br />
des Rechtsinhabers in einem Mitgliedstaat <strong>der</strong> Europäischen<br />
Union o<strong>der</strong> in einem an<strong>der</strong>en Vertragsstaat<br />
des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftraum<br />
in den Verkehr gebracht worden ist.<br />
Wichtig: Es gilt grds. nur europaweite Erschöpfung.<br />
Wurde z.B. ein T-Shirt mit Zustimmung des Rechtsinhabers<br />
in den USA in den Verkehr gebracht <strong>und</strong> von dort<br />
ohne dessen Zustimmung (z.B. als Grauimport) nach<br />
Europa importiert, liegt keine Erschöpfung vor.<br />
2.2 Der Anspruchsinhaber – Wer kann<br />
abmahnen <strong>und</strong> klagen? – Die Aktivlegitimation<br />
Wer abmahnt muss dazu befugt sein. Dies ist die sog.<br />
„Aktivlegitimation“: Aktivlegitimiert ist im Gr<strong>und</strong>satz<br />
nur, wer in eigenen Rechten verletzt wird <strong>und</strong> seine<br />
Rechtsverletzung auch geltend machen darf. Das sind<br />
jedenfalls die Inhaber von originären o<strong>der</strong> abgeleiteten<br />
Rechten.<br />
a) Wem „gehört“ das Geschmacksmuster?<br />
Im Geschmacksmusterrecht ist das im Gr<strong>und</strong>satz <strong>der</strong> Entwerfer.<br />
Probleme entstehen, wenn <strong>der</strong> Entwerfer freier Designer<br />
ist <strong>und</strong> keine Rechtsübertragung vereinbart wurde.<br />
18
Der angestellte Designer<br />
Ist <strong>der</strong> Entwerfer Angestellter, dann steht das Recht<br />
auf das (Gemeinschafts-) Geschmacksmuster - dem<br />
Ar<strong>bei</strong>tgeber zu, wenn nichts an<strong>der</strong>es vereinbart ist, Art.<br />
14 Abs. 3 GGV, § 7 Abs. 2 GeschmMG. Das Recht „auf<br />
das Geschmacksmuster“ ist das Recht, das eingetragene<br />
Geschmacksmuster anzumelden. Der Ar<strong>bei</strong>tgeber soll<br />
also die wirtschaftlichen Früchte des angestellten Designers<br />
dadurch ernten dürfen, dass er als Geschmacksmusterinhaber<br />
eingetragen wird. Der Entwerfer hat aber<br />
dennoch das Recht, im Register als Entwerfer benannt<br />
zu werden, § 10 GeschmMG, Art. 18 GGV.<br />
Das nicht eingetragene Gemeinschaftsgeschmacksmuster<br />
geht ebenfalls vom Entwerferprinzip aus. Hier gibt<br />
es aber keine Eintragung <strong>und</strong> dementsprechend auch<br />
keine Anmeldung.<br />
Beim nicht eingetragenen Gemeinschaftsgeschmacksmuster<br />
bedeutet Recht „auf das Geschmacksmuster“<br />
daher ein Anwartschaftsrecht auf das Gemeinschaftsgeschmacksmuster.<br />
Dieses Recht erstarkt mit erstmaliger<br />
Veröffentlichung zum Vollrecht, wenn <strong>der</strong> Ar<strong>bei</strong>tgeber<br />
das Muster erstmalig veröffentlicht.<br />
Der Auftragsdesigner<br />
Schwieriger ist die Situation <strong>bei</strong>m Auftragsdesigner.<br />
Fehlt hier eine vertragliche Rechteübertragung, sind<br />
Schwierigkeiten vorprogrammiert. Denn <strong>der</strong> „Auftraggeber“<br />
ist nicht gleich „Ar<strong>bei</strong>tgeber“ (EuGH, Urteil<br />
vom 2.7.2009 - C 32/08, GRUR Int. 2009, 1018 - FEIA<br />
./. Cul de Sac).<br />
Eine Übertragung des Geschmacksmusters kann hier<br />
nicht unbedingt schon alleine wegen des Auftragsverhältnisses<br />
angenommen werden. Denkbar wäre auch<br />
die bloße Einräumung von Nutzungsrechten. Es ist also<br />
denkbar, dass das Design veröffentlicht wird, bevor es<br />
im Geschmacksmusterregister eingetragen ist <strong>und</strong> die<br />
Eintragung bekannt gemacht wurde – etwa weil <strong>der</strong><br />
Auftraggeber das Design innerhalb <strong>der</strong> zwölfmonatigen<br />
Neuheitsschonfrist nach Art. 7 Abs. 2 b) GGV bzw.<br />
§ 6 GeschmMG zunächst auf dem Markt testen will.<br />
Dann entsteht zugunsten des Designers ein nicht einge-<br />
tragenes Gemeinschaftsgeschmacksmuster, aus dem er<br />
gegen seinen Auftraggeber vorgehen kann.<br />
TIPP: Verträge mit Auftragsdesigner sollten immer auch<br />
eine Abtretung des Rechts auf das Geschmacksmuster<br />
an den Auftraggeber enthalten.<br />
b) Verbandsklagebefugnis<br />
„Popularklagen“, also die Wahrnehmung frem<strong>der</strong> Interessen<br />
in eigenem Namen, sind im deutschen Zivilrecht<br />
sehr selten. Oft ist es <strong>der</strong> Inhaber des Immaterialgüterrechts<br />
selbst, <strong>der</strong> abmahnt. Der Inhaber einer Marke,<br />
eines Patents o<strong>der</strong> eines Geschmacksmusters ist ohne<br />
weiteres aktivlegitimiert.<br />
Das Gleiche gilt nach <strong>der</strong> Rechtsprechung aber auch für<br />
den Inhaber eines ausschließlichen („exklusiven“) Nutzungsrechts<br />
(„Lizenz“) an einem Geschmacksmuster,<br />
einer Marke o<strong>der</strong> einem urheberrechtlichem Nutzungsrecht.<br />
„Ausschließlich“ heißt da<strong>bei</strong>: Unter Ausschluss<br />
auch des Rechteinhabers, also <strong>bei</strong>spielsweise des Geschmacksmusterinhabers<br />
o<strong>der</strong> des Urhebers.<br />
Wer als Lizenznehmer einer Marke o<strong>der</strong> als Inhaber einer<br />
nur einfachen Lizenz an sonstigen Rechten Ansprüche<br />
geltend machen will, braucht immer die Ermächtigung<br />
des Rechteinhabers.<br />
Ausnahmen von dem Gr<strong>und</strong>satz, dass nur Inhaber von<br />
eigenen Rechten abmahnen können, sind im Wettbewerbsrecht<br />
<strong>und</strong> in dem im Markengesetz geregelten<br />
Recht <strong>der</strong> geografischen Herkunftsangaben die Wirtschafts-<br />
o<strong>der</strong> Verbraucherverbände. Diese dürfen aber<br />
nur Unterlassungs- <strong>und</strong> Beseitigungsansprüche geltend<br />
machen, nicht aber auch die Folgeansprüche, also den<br />
schadensersatzvorbereitenden Auskunfts- o<strong>der</strong> den<br />
Schadensersatzanspruch.<br />
Verbände müssen, um abmahnbefugt zu sein, rechtsfähig<br />
sein (z.B. als eingetragener Verein „e.V.“). Sie müssen<br />
nach <strong>der</strong> Satzung o<strong>der</strong> einem Gesetz die gewerblichen<br />
o<strong>der</strong> freiberuflichen Interessen Ihrer Mitglie<strong>der</strong> verfolgen<br />
dürfen. Die Ermächtigung, die Interessen ihrer Mitglie<strong>der</strong><br />
auch selbst verfolgen zu dürfen, muss also ausdrücklich<br />
in <strong>der</strong> Vereinssatzung o<strong>der</strong> in einem Gesetz stehen.<br />
19
TIPP: Vereinssatzungen sind für jeden <strong>bei</strong>m gemeinsamen<br />
Registerportal <strong>der</strong> Län<strong>der</strong> unter<br />
http://www.handelsregister.de gegen eine geringe Gebühr<br />
einsehbar.<br />
Der Verband muss auch - zumindest mittelbar - eine<br />
erhebliche Zahl an Mitglie<strong>der</strong>n haben, die zumindest<br />
ähnliche Produkte vertreiben. Ein Verband, <strong>der</strong> nur<br />
wenige Mitglie<strong>der</strong> hat, die aber ihrerseits selbst als<br />
Verbände eine erhebliche Mitglie<strong>der</strong>zahl haben, wäre<br />
abmahnbefugt.<br />
Man will so verhin<strong>der</strong>n, dass sich einige wenige zu<br />
einem Abmahnverein zusammentun können, nur um anschließend<br />
recht einfach Abmahngebühren zu generieren.<br />
Der Verband muss außerdem personell <strong>und</strong> finanziell<br />
die Interessen seiner Mitglie<strong>der</strong> verfolgen können. Er<br />
muss also ein gewisses Vermögen, eine Geschäftsstelle<br />
<strong>und</strong> geeignetes Personal haben.<br />
Abmahnbefugt sind auch Verbraucherverbände die<br />
entwe<strong>der</strong> <strong>bei</strong>m B<strong>und</strong>esverwaltungsamt o<strong>der</strong> <strong>bei</strong> <strong>der</strong><br />
europäischen Kommission in eine Liste „qualifizierter<br />
Einrichtungen“ eingetragen sind. Abmahnbefugt sind<br />
schließlich auch die Industrie- <strong>und</strong> Handelskammern<br />
<strong>und</strong> die Handwerkskammern.<br />
Verbände dürfen für eine Abmahnung nur eine vergleichsweise<br />
geringe Kostenpauschale erheben, die<br />
weit unter den üblichen Rechtsanwaltsgebühren liegt.<br />
Die Wettbewerbszentrale in Bad Homburg berechnet<br />
<strong>bei</strong>spielsweise <strong>der</strong>zeit für eine Abmahnung eine Gebühr<br />
in Höhe von € 195,00 zzgl. 7 % MwSt.<br />
Immer wie<strong>der</strong> tauchen als Abmahner vermeintliche Vereine<br />
o<strong>der</strong> Verbände auf, die vorgeben, Verbands- o<strong>der</strong><br />
Verbraucherinteressen zu vertreten. Diese Vereine haben<br />
oft nicht die nach <strong>der</strong> Rechtsprechung erfor<strong>der</strong>liche<br />
finanzielle o<strong>der</strong> personelle Verbandsausstattung.<br />
Beispiel<br />
Bei einem alteingesessenem Wettbewerbsverband wird<br />
zwar wi<strong>der</strong>leglich vermutet, dass er abmahnbefugt ist<br />
(OLG Hamm, BeckRS 2006, 14607).<br />
Ein Verband, <strong>der</strong> aber <strong>bei</strong>spielsweise schon <strong>bei</strong> <strong>der</strong><br />
Gründung we<strong>der</strong> einen Geschäftsführer noch eine<br />
Geschäftsstelle hat <strong>und</strong> seine gesamte Tätigkeit einer<br />
Rechtsanwaltskanzlei übertragen hat, fehlt es in <strong>der</strong><br />
Regel an <strong>der</strong> <strong>der</strong> notwendigen Verbandsausstattung<br />
(BGH GRUR 1994, 831 - Verbandsausstattung II). Der<br />
Verband muss vielmehr selbst eine eigene Geschäftstätigkeit<br />
entwickeln, etwa den Markt überwachen <strong>und</strong><br />
gegebenenfalls auch fachlich in <strong>der</strong> Lage sein, selbst abzumahnen<br />
(BGH GRUR 1991, 684 - Verbandsausstattung).<br />
Dass <strong>der</strong> Verband durch Rechtsanwälte abmahnen<br />
<strong>und</strong> Prozesse führen lässt, ist für sich allein aber noch<br />
kein Indiz gegen eine Verbandsausstattung; ebenso<br />
wenig, dass die Abmahngebühren <strong>und</strong> die Vertragsstrafeeinnahmen<br />
einen Großteil <strong>der</strong> Einnahmen ausmachen<br />
(OLG Düsseldorf BeckRS 2008, 06843).<br />
2.3 Wer kann abgemahnt <strong>und</strong> verklagt<br />
werden – Die Passivlegitimation<br />
a) Der Täter/Verletzer<br />
Abgemahnt werden darf gr<strong>und</strong>sätzlich je<strong>der</strong>, <strong>der</strong> selbst<br />
fremde Rechte verletzt o<strong>der</strong> gegen wettbewerbsrechtliche<br />
Vorschriften verstößt. Dies ist <strong>der</strong> sog. „Passivlegitimation“.<br />
Passivlegitimiert ist <strong>der</strong> „Verletzer“ o<strong>der</strong> „Täter“ einer<br />
Rechtsverletzung. Im Wettbewerbsrecht/Lauterkeitsrecht<br />
kann auch <strong>der</strong>jenige Täter sein, wer für ein fremdes<br />
Unternehmen handelt. Dieses muss nicht notwendigerweise<br />
auch Wettbewerber des Abmahnenden sein.<br />
Beispiel<br />
Eine Illustrierte, die im redaktionellen Teil für eine<br />
Salbe in einer „In <strong>und</strong> Out“-Rubrik anpreist, för<strong>der</strong>t den<br />
Absatz des Salbenherstellers. Sie handelt wegen getarnter<br />
Werbung selbst wettbewerbswidrig, auch wenn sie<br />
nicht Wettbewerberin des Salbenherstellers ist (OLG<br />
München NJW-RR 2001, 1549).<br />
b) Der Verletzer von Verkehrspflichten<br />
Täter einer Rechtsverletzung kann aber auch sein, wer<br />
wettbewerbliche o<strong>der</strong> immaterialgüterrechtliche Verkehrspflichten<br />
verletzt (BGH GRUR 2009, 597 - Halzband;<br />
BGH GRUR 2007, 890 - Jugendgefährdende<br />
Schriften <strong>bei</strong> eBay). Es kann sich <strong>bei</strong> solchen Verkehrspflichten<br />
um Sorgfaltspflichten o<strong>der</strong> Prüfpflichten<br />
handeln.Zugangsdaten für ein eBay-Konto, über das<br />
20
markenverletzende Ware angeboten wird, nicht geheim<br />
zu halten, kann da<strong>bei</strong> schon ausreichen.<br />
Beispiel<br />
Als Täter haftet <strong>bei</strong>spielsweise <strong>der</strong> Inhaber eines eBay-<br />
Kontos für Markenverletzungen seiner Ehefrau, die<br />
diese über dessen Konto begeht, wenn er die Zugangsdaten<br />
nicht ausreichend schützt (BGH GRUR 2009, 597<br />
- Halzband).<br />
c) Der Störer - relevant vor allem <strong>bei</strong> „Internetintermediären“<br />
(Handelsplattformen, z.B. eBay), die selbst<br />
nichts anbieten, son<strong>der</strong>n nur den Handel ermöglichen<br />
Unter Umständen haftet auch als sog. „Störer“, wer an<br />
einer Rechtsverletzung eines an<strong>der</strong>en bloß teilgenommen<br />
hat <strong>und</strong> zumutbare Prüfpflichten verletzt hat. Diese<br />
„Störerhaftung“ hat aber durch die Urteile des BGH zur<br />
Täterhaftung wegen Verletzung von Verkehrspflichten<br />
(s.o.) praktisch an Bedeutung verloren.<br />
Beispiel<br />
Als Störer kann nach <strong>der</strong> Rechtsprechung auch <strong>der</strong> Geschäftsführer<br />
einer GmbH persönlich haften.<br />
An<strong>der</strong>s als <strong>der</strong> Verletzer von Verkehrspflichten haftet<br />
<strong>der</strong> Störer aber nur auf Unterlassung!<br />
d) Haftung für fremde Handlungen<br />
Eine Haftung ist im gewerblichen Rechtsschutz <strong>und</strong> im<br />
Urheberrecht auch für fremde Handlungen möglich.<br />
Im Wettbewerbsrecht (§ 8 Abs. 2 UWG), Geschmacksmusterrecht<br />
(§ 44 GeschmMG) o<strong>der</strong> Urheberrecht (§ 99<br />
UrhG) <strong>bei</strong>spielsweise haftet <strong>der</strong> Betriebsinhaber auch<br />
für Handlungen seiner Mitar<strong>bei</strong>ter <strong>und</strong> Beauftragten.<br />
„Beauftragter“ kann sein, wer dem Betrieb nutzt <strong>und</strong> auf<br />
den <strong>der</strong> Betriebsinhaber Einfluss ausüben kann (BGH<br />
GRUR 2005, 864 - Meißner Dekor II).<br />
2.4 Vorgerichtliche Maßnahmen<br />
a) Berechtigungsanfrage/Schutzrechtshinweis<br />
Eine vergleichsweise vorsichtige Maßnahme ist die<br />
„Berechtigungsanfrage“ o<strong>der</strong> <strong>der</strong> „Schutzrechtshinweis“:<br />
Hier zeigt <strong>der</strong> Absen<strong>der</strong> dem Adressaten an, dass<br />
er ein eigenes Recht, etwa ein Geschmacksmuster hat<br />
<strong>und</strong> for<strong>der</strong>t ihn auf, ihm über bestimmte möglicherweise<br />
rechtsverletzende Tatsachen aufzuklären.<br />
Die Berechtigungsanfrage ist praktisch relevant <strong>bei</strong><br />
nicht geprüften o<strong>der</strong> nicht registrierten Rechten wie dem<br />
eingetragenen (Gemeinschafts-)geschmacksmuster <strong>und</strong><br />
dem nicht eingetragenen Gemeinschaftsgeschmacksmuster.<br />
Die Berechtigungsanfrage ist unverbindlicher <strong>und</strong> schwächer<br />
als eine Abmahnung. Sie enthält keine unbedingte<br />
Unterlassungsauffor<strong>der</strong>ung mit <strong>bei</strong>gefügter vorformulierter<br />
Unterlassungsverpflichtungserklärung. Im Gegenzug<br />
muss <strong>der</strong> Absen<strong>der</strong> aber dann, wenn <strong>der</strong> Adressat<br />
tatsächlich keine seiner Rechte verletzt, auch we<strong>der</strong><br />
Gegenabmahnung, negative Feststellungsklage o<strong>der</strong><br />
Schadensersatz wegen Eingriffs in den eingerichteten <strong>und</strong><br />
ausgeübten Gewerbebetrieb fürchten.<br />
b) Die Abmahnung<br />
Als „Abmahnung“ bezeichnet man im Immaterialgüterrecht<br />
<strong>und</strong> im Wettbewerbsrecht die Auffor<strong>der</strong>ung,<br />
eine bestimmte vermeintlich rechtsverletzende Handlung<br />
künftig zu unterlassen. Immaterialgüterrechte sind<br />
eingetragene <strong>und</strong> nicht eingetragene (d.h. Benutzungs-)<br />
Marken <strong>und</strong> sonstige (nicht eingetragenen) Kennzeichen,<br />
Patente, Gebrauchsmuster, eingetragene <strong>und</strong> nicht<br />
eingetragene Geschmacksmuster <strong>und</strong> urheberrechtliche<br />
Nutzungsrechte.<br />
Für künftige Verstöße wird in <strong>der</strong> Abmahnung eine Vertragsstrafe<br />
verlangt. Daneben for<strong>der</strong>t <strong>der</strong> Abmahner oft<br />
auch noch Auskunft, Verpflichtung zum Schadensersatz<br />
<strong>und</strong> Übernahme <strong>der</strong> Rechtsanwaltskosten.<br />
Von <strong>der</strong> Abmahnung zu unterscheiden ist die sogenannte<br />
„Berechtigungsanfrage“ o<strong>der</strong> <strong>der</strong> „Schutzrechtshinweis“.<br />
Diese sind lediglich Anfragen an einen potenziellen<br />
Rechtsverletzer, wieso er sich zu einer bestimmten,<br />
möglicherweise rechtsverletzenden Handlung, berechtigt<br />
fühlt. Berechtigungsanfrage o<strong>der</strong> Schutzrechtshinweis<br />
haben einen gr<strong>und</strong>sätzlich an<strong>der</strong>en Zweck <strong>und</strong><br />
lösen an<strong>der</strong>e Rechtsfolgen aus, als eine Abmahnung.<br />
21
2.5 Gerichtliche Maßnahmen in <strong>der</strong> Praxis<br />
a) Klage<br />
Unterwirft sich <strong>der</strong> Verletzer nicht durch Abgabe einer<br />
strafbewehrten Unterlassungsverpflichtungserklärung,<br />
dann kann <strong>der</strong> Rechtsinhaber klagen. Praktische Schwierigkeiten<br />
bereitet in <strong>der</strong> Praxis oft die Formulierung des<br />
Unterlassungsantrags. Dieser muss so hinreichend bestimmt<br />
sein, dass das Verbot an den Verletzer aus dem<br />
Urteil o<strong>der</strong> Beschluss selbst hervorgeht <strong>und</strong> nicht erst nach<br />
einer erneuten Rechtsverletzung vom Vollstreckungsgericht<br />
festgestellt werden müsste, was <strong>der</strong> Verletzer zu unterlassen<br />
hat. Unbestimmte Formulierungen – etwa Verallgemeinerungen<br />
- sollten im Unterlassungsantrag unbedingt<br />
vermieden werden. Solche unbestimmten Formulierungen<br />
in einem Klageantrag bzw. Unterlassungsformulierung in<br />
einer Abmahnung sind <strong>bei</strong>spielsweise<br />
„o<strong>der</strong> an<strong>der</strong>e verwechslungsfähige Bezeichnungen“, „mit<br />
einem äußeren Erscheinungsbild, das sich von demjenigen<br />
des Originals nicht deutlich unterscheidet“, „ähnlich wie“,<br />
„zu Verwechslungen geeignet“, „unmissverständlich“,<br />
„unübersehbar“, „eindeutig“ o<strong>der</strong> „deutlich hervorgehoben“<br />
Der Unterlassungsantrag muss die konkrete Verletzungsform<br />
enthalten. Es muss also präzise das begehrte Verbot<br />
beschrieben werden. Hier<strong>bei</strong> bietet sich an, die Verletzungsform<br />
bildlich wie<strong>der</strong>zugeben. Es sollte also <strong>bei</strong>spielsweise<br />
das geschmacksmusterverletzende Erzeugnis des<br />
Verletzers (<strong>und</strong> nicht etwa das Geschmacksmuster!) in den<br />
Antrag aufgenommen werden.<br />
b) Einstweilige Verfügung<br />
Beson<strong>der</strong>s wenn es um Saisonware handelt, bietet sich<br />
statt Erhebung einer Klage die Einreichung eines Antrags<br />
auf Erlass einer einstweiligen Verfügung an. Hier gibt es<br />
mehrere populäre Fallstricke. Einige Beispiele:<br />
Die Dringlichkeitsfristen sind zu beachten: Der Rechtsinhaber<br />
darf mit <strong>der</strong> Einreichung des Verfügungsantrags<br />
nicht allzu lange warten. Die Oberlandesgerichte sind da<strong>bei</strong><br />
unterschiedlich streng. Generell gibt es ein Nord-Süd-<br />
Gefälle. In Süddeutschland <strong>und</strong> im OLG-Bezirk Frankfurt<br />
am Main muss <strong>der</strong> Rechtsinhaber zügig handeln. Wartet er<br />
mit Einreichung des Verfügungsantrags ab Kenntnis von<br />
<strong>der</strong> Verletzungshandlung länger als einen Monat, muss<br />
er damit rechnen, dass dieses Warten die Dringlichkeit<br />
wi<strong>der</strong>legt <strong>und</strong> allein aus diesem Gr<strong>und</strong> zurückgewiesen<br />
wird. Das OLG Hamburg ist großzügiger. Hier wird unter<br />
Umständen auch nach dreimonatiger Wartezeit noch<br />
Dringlichkeit angenommen. Der Verfügungsgr<strong>und</strong>, also die<br />
Dringlichkeit selbst muss glaubhaft gemacht werden. Der<br />
Antragsteller muss darlegen, dass die Sache so dringend<br />
ist, dass <strong>der</strong> Ausgang eines ordentlichen Verfahrens nicht<br />
abgewartet werden kann. Diese Dringlichkeit wird nur im<br />
Wettbewerbsrecht/Lauterkeitsrecht gesetzlich vermutet. In<br />
an<strong>der</strong>en Rechtsgebieten muss dazu gr<strong>und</strong>sätzlich vorgetragen<br />
werden.<br />
Eine einstweilige Verfügung soll nur vorläufigen Rechtschutz<br />
bieten. In Verfügungsverfahren darf deshalb ein<br />
Hauptsacheverfahren nicht vorweggenommen werden. Das<br />
ist <strong>bei</strong> Unterlassungsansprüchen in aller Regel nicht <strong>der</strong><br />
Fall. Schadensersatzansprüche aber sind in einem Verfügungsverfahren<br />
nicht durchzusetzen.<br />
Auch die ordnungsgemäße Vollziehung einer einstweiligen<br />
Verfügung innerhalb <strong>der</strong> Monatsfrist bereitet in <strong>der</strong> Praxis<br />
immer wie<strong>der</strong> Probleme. Hier ist <strong>bei</strong>spielsweise zu beachten,<br />
dass gr<strong>und</strong>sätzlich an den Anwalt des Gegners zuzustellen<br />
ist, wenn sich dieser für ein Verfügungsverfahren<br />
bestellt hat.<br />
c) Beson<strong>der</strong>heiten in Messeangelegenheiten<br />
In Messeangelegenheiten ist <strong>der</strong> Verletzer eines Geschmacksmusters<br />
nach dem Ende <strong>der</strong> Messe oft wie<strong>der</strong> im<br />
fernen Ausland. Dann müssten die Kosten des Verfahrens<br />
unter Umständen umständlich im Ausland vollstreckt<br />
werden. Dort ist er für eine Zwangsvollstreckung - wenn<br />
überhaupt – nur schwer zu greifen.<br />
Ein Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung sollte<br />
deshalb hier durch einen Arrestantrag in das Vermögen des<br />
Verletzers an dessen Messestand ergänzt werden. Außerdem<br />
sollte das Gericht unbedingt veranlasst werden, die<br />
grds. vom Verletzer zu tragenden Kosten des Rechtsstreits<br />
unverzüglich festsetzen zu lassen <strong>und</strong> den Kostenfestsetzungsbeschluss<br />
unverzüglich am Messestand zustellen zu<br />
lassen. So kann sich <strong>der</strong> verletzte Geschmacksmusterinhaber<br />
unter Umständen mit diesen (endgültigen) Titel aus<br />
dem beschlagnahmten Standvermögen befriedigen.<br />
22
Impressum<br />
Urheber:<br />
Thomas Seifried<br />
Rechtsanwalt <strong>und</strong><br />
Fachanwalt für gewerblichen Rechtsschutz<br />
Schutzgemeinschaft Muster <strong>und</strong> Modelle<br />
- Musterschutz - e. V.<br />
Rossertstraße 2<br />
60323 Frankfurt am Main<br />
Tel. +49 69 915076-21<br />
Fax +49 69 915076-22<br />
http://www.musterschutz.org<br />
info@musterschutz.org<br />
Dieser Leitfaden ersetzt keine Rechtsberatung. Fragen Sie im Zweifel Ihren Rechtsanwalt.