2 BvE 9-11 - Volker Schöne?
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erwartende Zahl an Überhangmandaten liegt deutlich oberhalb der zulässigen Höchstgrenze<br />
von etwa 15 Sitzen (aa). Daraus folgt nunmehr eine Handlungspflicht des Gesetzgebers (bb).<br />
146<br />
aa) Wenngleich die Ursachen für die Entstehung von Überhangmandaten in ihrer konkreten<br />
Wirkung schwer prognostizierbar sind, ist unter Berücksichtigung der tatsächlichen<br />
Entwicklungen bei den Überhangmandaten () sowie der diese begünstigenden Faktoren zu<br />
erwarten, dass die Zahl der Überhangmandate den hinnehmbaren Umfang auf absehbare Zeit<br />
deutlich übersteigen wird ().<br />
147<br />
(1) Zusammengerechnet entstanden von der ersten bis zur elften Wahlperiode lediglich<br />
17 Überhangmandate. Seit der Wiedervereinigung hat die Zahl der Überhangmandate deutlich<br />
zugenommen und zuletzt ein erhebliches Ausmaß erreicht. So fielen bei der ersten<br />
gesamtdeutschen Wahl im Jahre 1990 bereits sechs Überhangmandate an, bei der<br />
Bundestagswahl im Jahre 1994 betrug ihre Zahl 16. Dieser Umfang wurde zwar bei den<br />
Wahlen der Jahre 1998 und 2002 mit 13 beziehungsweise fünf Überhangmandaten<br />
unterschritten, im Jahre 2005 jedoch wieder erreicht. Bei der Bundestagswahl im Jahre 2009<br />
fiel die bislang höchste Zahl von 24 Überhangmandaten an.<br />
148<br />
(2) Eine Umkehr dieser insgesamt steigenden Tendenz ist in absehbarer Zukunft nicht zu<br />
erwarten. Der nachhaltige Anstieg der Zahl der Überhangmandate korrespondiert mit<br />
Veränderungen bei den ihre Entstehung begünstigenden Faktoren.<br />
149<br />
Die Ursachen für die Entstehung von Überhangmandaten sind vielschichtig. So entstehen<br />
vermehrt Überhangmandate, wenn sich in einem Land bevölkerungsschwache Wahlkreise<br />
häufen, sowie bei einem überdurchschnittlich hohen Anteil nicht Wahlberechtigter in den<br />
Wahlkreisen, einer unterdurchschnittlichen Wahlbeteiligung oder einer<br />
überdurchschnittlichen Zahl ungültiger Zweitstimmen in einem Land (vgl. BVerfGE 95, 335<br />
; Papier, JZ 1996, S. 265 ). Davon abgesehen fallen Überhangmandate gehäuft<br />
an, wenn die Zahl der von einer Partei errungenen Direktmandate nicht deren<br />
Zweitstimmenergebnis entspricht. Dies ist etwa der Fall, wenn eine Partei mit einem<br />
schwachen Zweitstimmenergebnis ihre Direktmandate jeweils mit nur knappen (relativen)<br />
Wahlkreismehrheiten erringt. Begünstigt werden solche Wahlergebnisse unter anderem durch<br />
eine größere Anzahl von Parteien, denen es gelingt, die Sperrklausel zu überwinden, weil<br />
dann der auf die einzelne Partei entfallende Zweitstimmenanteil statistisch betrachtet<br />
abnimmt. Auch wenn Wähler häufig von der Möglichkeit des Stimmensplittings Gebrauch<br />
machen, können Erst- und Zweistimmenergebnis in einer Überhangmandate begünstigenden<br />
Weise auseinanderfallen (vgl. BVerfGE 95, 335 ).<br />
150<br />
Mit Blick auf diese Faktoren ist von der Gefahr auszugehen, dass sich die Zahl der<br />
Überhangmandate absehbar über der zulässigen Höchstgrenze bewegen wird. Insbesondere<br />
sind seit der Wahl im Jahre 1990 fünf statt zuvor vier Parteien im Deutschen Bundestag