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BAG-Report 02-2012 - BAG Bau Holz Farbe

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Stefan Wolf<br />

Das Projekt WEB-TT in Ägypten<br />

1 Internationale Berufsbildungszusammenarbeit<br />

Die Berufsbildungszusammenarbeit<br />

mit Entwicklungsländern war mehr als<br />

fünf Jahrzehnte die Domäne des Bundesministeriums<br />

für wirtschaftliche Zusammenarbeit<br />

und Entwicklung (BMZ)<br />

(vgl. WOLF 2009). Im ersten Jahrzehnt<br />

des 21. Jahrhunderts sind weitere<br />

Akteure aufgetreten, die ein dezidiertes<br />

wirtschaftliches Interesse an der<br />

Förderung des Exportes der bundesdeutschen<br />

Berufsbildung formulieren.<br />

Damit kommen auch bisher nicht vertretene<br />

Aktivitäten, Anbieter und erweiterte<br />

Interessenslagen in das Feld der<br />

Berufsbildungszusammenarbeit. Dies<br />

erfordert die Modifikation bisheriger<br />

Ergebnisse der Praxis und der betrauten<br />

wissenschaftlichen Unterstützung<br />

der Berufsbildungszusammenarbeit.<br />

Die neuen Akteure aus der Bundesrepublik<br />

sind in einem stark umkämpften<br />

Markt der Bildungsdienstleistungen<br />

tätig, der von Unternehmen und Einrichtungen<br />

aus englischsprachigen<br />

Ländern dominiert wird. Im internationalen<br />

Markt ist es diesen Ländern<br />

bisher besser gelungen, ihre Konzepte<br />

von Trainingsmaßnahmen und Lehrplanentwicklung<br />

durchzusetzen, so<br />

dass Konzepte von DACUM (Develop<br />

a Curriculum) und CBET (Competence<br />

based Education and Training) in vielen<br />

Ländern die Referenzsysteme sind,<br />

mit denen deutsche Bildungsanbieter<br />

umgehen müssen.<br />

Auch die Zielrichtung der Bildungsdienstleistungen<br />

hat sich erweitert.<br />

Stärker als früher bezieht die internationale<br />

Berufsbildungszusammenarbeit<br />

auch private Unternehmen ein, die<br />

die Qualifizierung ihrer betrieblichen<br />

Fachkräfte nicht mehr den staatlichen<br />

Bildungsinstitutionen überlassen,<br />

sondern die selbst aktiv werden und<br />

mit ausländischen Anbietern zusammenarbeiten<br />

wollen. Sie treten direkt<br />

als Nachfrager nach Berufsbildungsdienstleitungen<br />

auf.<br />

Die internationalen Akteure aus dem<br />

englischsprachigen Raum sind bereits<br />

seit langem erfolgreich als Bildungsanbieter<br />

auf dem Markt privater Nachfrage<br />

nach Trainingsmaßnahmen. Inzwischen<br />

scheint sich aber auch die<br />

bisherige Schwerpunktsetzung der<br />

bundesdeutschen Berufsbildungszusammenarbeit<br />

zu diversifizieren, die<br />

bislang eher auf zwischenstaatliche<br />

Kooperationen ausgerichtet war.<br />

Im Projekt WEB-TT Ägypten (Wasser-<br />

Energie-<strong>Bau</strong>en: Training und Transfer)<br />

ist dieser Perspektivwechsel bereits<br />

deutlich. Der Nachfrager nach Lehrplänen<br />

und Trainingsmaßnahmen ist ein<br />

großes, privatwirtschaftlich organisiertes<br />

<strong>Bau</strong>unternehmen in Ägypten, Orascom<br />

Construction Industries.<br />

Die Veränderung der Zielrichtung zeigt<br />

sich auch in der konkreten Projektarbeit.<br />

Einerseits muss die Entwicklung<br />

von Lehrplänen zügig von statten gehen.<br />

Im Kern müssen bundesdeutsche<br />

Bildungsdienstleister schon mit vorbereiteten<br />

englischsprachigen Lehrplänen<br />

anreisen, die jedoch aufgrund<br />

der kulturellen Spezifik des bundesdeutschen<br />

Berufsbildungssystems so<br />

nicht vorhanden sind. Zum anderen<br />

müssen die Lehrpläne und Trainingsmaßnahmen<br />

auf die Bedürfnisse und<br />

Bedingungen des Kunden angepasst<br />

werden, ohne viel Zeit für Voranalysen<br />

oder Entwicklungsstudien zu haben.<br />

Hierzu brauchen die deutschen<br />

Anbieter wissenschaftliche Begleitung<br />

und Unterstützung, die ihnen hilft, die<br />

Theorie-Praxis-Probleme zu lösen.<br />

Die Anpassung an die Bedürfnisse<br />

und Bedingungen der Kunden bzw.<br />

der Partnerunternehmen der Berufsbildungskooperationen<br />

ist ein komplexes<br />

Unterfangen und durch Abarbeiten eines<br />

betriebswirtschaftlich konnotierten<br />

Anforderungskataloges von Angebot<br />

und Nachfrage nicht zufriedenstellend<br />

zu lösen. Im Falle des Projektes WEB-<br />

TT Ägypten möchten die verantwortlichen<br />

Manager und Ingenieure des<br />

beteiligten ägyptischen <strong>Bau</strong>unternehmens,<br />

dass ihre <strong>Bau</strong>stellen effizienter<br />

werden. Die Qualität der <strong>Bau</strong>ausführung<br />

soll gesteigert, die <strong>Bau</strong>prozesse<br />

optimiert sowie die Anlernzeit für<br />

meist ungelernte <strong>Bau</strong>arbeiter um bis<br />

zu 20 % reduziert werden. Dazu sollen<br />

angepasste Trainingsmaßnahmen<br />

durchgeführt werden. Hierfür ist der<br />

Bedarf an Qualifizierungsmaßnahmen<br />

zu identifizieren, wobei der Bedarfsbegriff<br />

nicht nur die skizzierten Bedürfnisse<br />

des Unternehmens meint. Er weist<br />

vielmehr in zwei Richtungen: Erstens<br />

ist die Einbettung der Trainingsmaßnahmen<br />

in die spezifischen Kontexte<br />

vor Ort gemeint und zweitens die Anpassung<br />

an die Voraussetzungen der<br />

Teilnehmer der Qualifizierungsmaßnahmen.<br />

Beides ist zu berücksichtigen.<br />

2 Ziele und Vorgehen im Projekt<br />

WEB-TT Ägypten<br />

Unter der Federführung eines Projektteams<br />

aus Mitarbeitern dreier Einrichtungen<br />

der Technischen Universität<br />

Berlin (TU Berlin) werden durch ein<br />

Konsortium mit weiteren fünf Partnern<br />

und in Zusammenarbeit mit der ägyptischen<br />

<strong>Bau</strong>industrie technologiespezifische<br />

Berufsbildungspakete entwickelt,<br />

erprobt und vermarktet (vgl. www.webtt.org).<br />

Die für drei Jahre angesetzte<br />

Förderung wird durch das Bundesministerium<br />

für Bildung und Forschung<br />

(BMBF) gestellt. In Zusammenarbeit<br />

mit international tätigen, privaten<br />

ägyptischen <strong>Bau</strong>unternehmen werden<br />

Konzepte entwickelt, um das Ausbildungspersonal<br />

auf den <strong>Bau</strong>stellen zu<br />

qualifizieren. Dieser erste Schritt sieht<br />

vor, ausgesuchte Fachkräfte der Ausführungsebene<br />

(und damit zunächst<br />

nicht die planenden Ingenieure) der<br />

Unternehmen als Trainer für fachliche<br />

Qualifizierung weiterzubilden. Hierzu<br />

ist es nötig, angepasste Maßnahmen<br />

zu entwickeln, um diese Vorhaben<br />

erfolgreich durchführen zu können.<br />

Die fachliche Qualifizierung ist konzeptionell<br />

so angelegt, dass sie in der<br />

Form von Berufsbildungsbausteinen<br />

32 <strong>BAG</strong>-<strong>Report</strong> <strong>02</strong>/<strong>2012</strong>

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