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Sinnkrisen, Belastung, Lebenssinn – psychologische Perspektiven ...

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<strong>Sinnkrisen</strong>, <strong>Belastung</strong>, <strong>Lebenssinn</strong> 147<br />

Aus der Sicht erfahrungswissenschaftlicher Forschung wird (1) <strong>Lebenssinn</strong><br />

konstruiert und dem Leben vom Menschen beigelegt, so dass<br />

sein Leben für den einen Menschen sinnvoll, für den anderen sinnlos<br />

sein kann oder für jemanden gegenwärtig sinnvoll und ein ander Mal<br />

sinnlos. Ein Sinnerleben aus Verneinung gibt es nicht. (2) Das Sinnerleben<br />

wird dem Menschen gewöhnlich durch das Kontinuitätserleben seines<br />

selbstreferentiellen Handelns (Permanenz der Operationen) in Projekten,<br />

Vorhaben, Tätigkeiten, Entwcklungsaufgaben u. dgl. m. und im<br />

Erleben von Differenz und Identität mit sich selbst in der Zeit, auch in<br />

der Muße, im Genießen und im „Flow-Erleben“ u.a. und im sprachlichen<br />

(biographischen) Beschreiben, vermittelt. Geistige und emotionale<br />

Prozesse der Reflektion des eigenen Existierens und des Konstruierens <strong>–</strong><br />

wie in (1) <strong>–</strong> können damit einhergehen, müssen es aber nicht. Befunde<br />

zeigen, dass wohl die meisten Menschen eben nicht reflektieren; insofern<br />

ist das Postulat eines gesonderten Bedürfnisses nach Sinn fragwürdig,<br />

nicht jedoch die allgemeine Tendenz zur Konstruktion größerer Zusammenhänge.<br />

Wie oben anhand der Forschungsliteratur belegt wurde, stellen<br />

viele Menschen die Frage nach dem Sinn in ihrem Leben bzw. ihres<br />

Lebens nicht, manche wehren sie sogar ab. Falsifiziert wurde die Annahme,dass<br />

extreme <strong>Belastung</strong>ssituationen die Frage <strong>–</strong> oder gar den „Willen“<br />

<strong>–</strong> zum Sinn evozieren. Wohl die meisten Menschen erleben ihr Leben<br />

als sinnvoll, ohne sich dessen bewusst zu sein. Viele kamen erst<br />

durch unsere Befragung darauf, dass sie ihr Leben als sinnvoll erleben.<br />

(3) Sinnsuche als Suche nach einem größeren Zusammenhang kann<br />

durch Gefährdung der Selbstdefinition als Person ausgelöst werden. Ursachen<br />

der Gefährdung sind <strong>–</strong> externe oder interne <strong>–</strong> Ereignisse, die einen<br />

Bruch im Kontinuitätserleben darstellen, etwa „kritische Lebensereignisse“,<br />

die Selbstdefinition betreffende Misserfolge, biologische<br />

Gefährdung (Krankheit, Unfall, Folter), die Diskreditierung der Selbstdefinition<br />

oder die Disorganisation der psychischen Operationen. Vielen<br />

wird erst im Erleben von Sinnverlust, Sinneinbruch, Sinnkrise und Sinnlosigkeit<br />

die existentielle Dimension von <strong>Lebenssinn</strong> erlebbar. Die therapeutische<br />

Bedeutung einer Sinn(wieder)entdeckung etwa durch Umdeuten<br />

der Lebenssituation, durch Umstrukturieren der bisherigen Sicht des<br />

Lebensweges und der Neuordnung der Prioritäten im Leben u.a. ist<br />

ebenso gut belegt wie der korrelative Zusammenhang von Mangel an<br />

Sinn(erleben), innerer Langeweile und verschiedenen Anfälligkeiten (geringe<br />

Belastbarkeit, negative Affektivität u.a.).

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