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Zunder #3: Mut - Red Pepper

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Comme de garcon<br />

bliebt<br />

Wie<br />

nie stehen<br />

die Jungfrau zum<br />

Wie<br />

Kinde:<br />

die Jungfrau<br />

Und<br />

zum<br />

dann<br />

Kinde:<br />

kam<br />

bliebt nie stehenSO STARK UND DANN KAM<br />

BILLYBOY<br />

Virgin<br />

Virgin<br />

WIE FRÜHER<br />

Billy Boy<br />

BLEIBT NIE STEHEN<br />

COMME DE GARÇON<br />

SO STARK WIE FRÜHER<br />

AFRI<br />

UND DANN KAM<br />

BILLY BOY<br />

WIE DIE JUNGFRAU ZUM KINDE<br />

VIRGIN<br />

Die Mode von Comme de Garçon ist nicht schön. Sie ist<br />

radikal und innovativ im besten Sinne. Sie positioniert<br />

sich in großer Distanz zu europäischen Erfolgsrezepten<br />

und gesellschaftlichen Idealen. Damit weicht das japanische<br />

Label mutig von jeglicher Norm ab und trotzdem,<br />

oder gerade deswegen, ist Rei Kawakubo – Designerin<br />

und Gründerin – ein Star der Modebranche. »Immer<br />

schneller sein als der Rest der Welt« scheint das Konzept<br />

für Selbstverständnis, Design und Kommunikation von<br />

Comme de Garçon zu sein. Dafür arbeitet Kawakubo<br />

immer wieder mit Querdenkern wie der Fotokünstlerin<br />

Cindy Sherman oder der eigensinnigen Sängerin Björk<br />

zusammen.<br />

Die Motive für Plakate und Anzeigen sind legendär. So<br />

wie der PR-Coup »Guerilla Store«: Im puristischen Ambiente<br />

alter Gebäude fernab von belebten Einkaufsstraßen<br />

präsentierte und verkaufte Comme de Garçon seine<br />

begehrten Kollektionen, lediglich durch virale Werbung<br />

angekündigt. 2004 eröffnete in Berlin der erste Guerilla<br />

Store des Labels, weitere kamen in ganz Europa dazu.<br />

Unabhängig vom Erfolg schloss jeder Store nach einem<br />

Jahr. Comme de Garçon bleibt eben nie stehen, sondern<br />

prescht mit Lichtgeschwindigkeit nach vorne – für manche<br />

zu schnell: Auf www.guerilla-store.com ist jetzt quer<br />

über den Bildschirm in roten Versalien »disappeared«<br />

zu lesen.<br />

Börsencrash, Wirtschaftskrise, Arbeitslosigkeit: Als Karl<br />

Flach 1931 die Geschäftsführung eines Unternehmens<br />

übernimmt, das Schnaps, Liköre und Limonaden produziert,<br />

riecht es in Deutschland noch lange nicht nach<br />

Wirtschaftswunder. Trotzdem wagt er das Unterfangen.<br />

Für gewinnversprechende Ideen hat er ein Näschen:<br />

Auf Reisen in den USA erkennt er das Potenzial von<br />

Coca-Cola und des Franchise-Systems. Schnell macht er<br />

die Afri-Cola als deutsches Pendant zur beliebten Brause<br />

und erfolgreichen Marke. Afri behaupten sich gegen<br />

den Goliath Coca-Cola – in den 40er Jahren halten<br />

beide ungefähr die gleichen Marktanteile.<br />

1952 hat Flach wieder den richtigen Riecher: Er bringt<br />

die Bluna-Limonade auf den Markt. Afri und Bluna<br />

werden zu charakteristischen Marken des deutschen<br />

Wirtschaftswunders und zum Kassenschlager in den<br />

60ern und 70ern. Waghalsige Kampagnen lassen den<br />

Umsatz der Marke kometenhaft in die Höhe rauschen.<br />

Berühmt geworden ist vor allem der von Werbepionier<br />

Charles Wilp inszenierte Spot mit Afri-Cola trinkenden<br />

Nonnen. Mit dem Ausklingen der Flower-Power<br />

Bewegung verhallt auch der Erfolg von Afri. Plötzlich<br />

ist die leckere Cola in der Design-Flasche out, überlebt<br />

aber in den Bars und Clubs von Subkulturen wie der<br />

Technoszene der 90er. 2002 belebten der Song »Everytime«<br />

von den Flames und der dazu gedrehte Spot die<br />

Markenbekanntheit. Seit 2006 gibt es Afri-Cola wieder<br />

so stark wie früher: nach altem Rezept mit 25 mg Koffein<br />

pro 100 Milliliter hergestellt und auf Erfolgskurs<br />

in deutschen Kehlen. Heute ist Afri-Cola ein absolutes<br />

Kultgetränk. Zwar lange nicht so absatzstark wie Coca-<br />

Cola, aber mit Sicherheit nicht unterzukriegen.<br />

Möglichst diskret und dabei wahrscheinlich doch peinlich<br />

berührt – so kauften Deutsche bis in die 90er Jahre hinein<br />

ihre Kondome. In der Apotheke, versteht sich. Dann kam<br />

Billy Boy und zeigte, wie Marken nicht nur den Markt,<br />

sondern auch die Gesellschaft revolutionieren können.<br />

Mit provokativer Strategie und laszivem Namen schrieb<br />

sich Billy Boy auf die Fahnen, was nun salonfähig wurde:<br />

eine neue, freie, gesunde und humorvolle Einstellung zum<br />

Thema Sexualität.<br />

Damit hat Billy Boy den Gebrauch von Kondomen<br />

gesteigert und jungen Leuten das Thema Ansteckungsgefahr<br />

näher gebracht. Die mutige Strategie ist also nützlich<br />

und lohnt sich auch noch wirtschaftlich: Billy Boy ist das<br />

meistverkaufte Kondom in Deutschland.<br />

Wer braucht denn schon einen Schulabschluss oder gar<br />

ein Studium, dachte Richard Branson, mit 21 kann man<br />

schließlich in der vor Konkurrenz nahezu berstenden<br />

Londoner Oxford Street einen Plattenladen eröffnen und<br />

mit 22 ein eigenes Label nachschieben, das den großen<br />

Musikkonzernen auch noch ernsthaft Sorgen macht. Aber<br />

warum dabei bleiben? Man kann schließlich auch eine<br />

Fluggesellschaft gründen, mit 33, und mit 44 endlich mal<br />

dieser pseudoübermächtigen Coca-Cola mit einer neuen<br />

Cola Konkurrenz machen.<br />

Touristen ins All zu befördern, ist Bransons aktuelles<br />

Projekt, zwei Raumschiffe hat er schon. Zum Geschäft<br />

kam der Brite wie die Jungfrau zum Kinde, deswegen<br />

schlägt eine Mitarbeiterin »Virgin« als Markennamen vor.<br />

Grafiker Trevor Key kritzelt das Logo auf eine Serviette,<br />

Branson zahlt und packt es ein – wozu auch lange<br />

fackeln. Richard Bransons Lebenslauf lässt sich einzig mit<br />

einem Zitat des 2,7 Milliarden Pfund schweren Gottes<br />

der Selbstinszenierung gebührend zusammenfassen: »Die<br />

<strong>Mut</strong>igen mögen nicht ewig leben, aber die Vorsichtigen<br />

leben gar nicht.« ↙<br />

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