Als PDF downloaden - Volksoper Wien
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Richard Strauss<br />
tumult“, das „Theaterleben abseits von Opernklischees“<br />
sowie „Tiefenblick und Leichtigkeit“. Für die dichte<br />
Atmosphäre mitverantwortlich waren auch Johannes<br />
Leiacker (Bühnenbild) und Marie-Luise Walek (Kostüme)<br />
– übrigens dasselbe Team, mit dem Köpplinger soeben<br />
„Fra Diavolo“ an der <strong>Volksoper</strong> herausgebracht hat.<br />
Zwei Künstler der Klagenfurter Premiere treten auch in<br />
<strong>Wien</strong> an: der laut Presse-Echo „souveräne“ Peter Matić<br />
als Haushofmeister und die „hinreißende Zerbinetta“,<br />
unser Ensemblemitglied Daniela Fally. Mit dem designierten<br />
Generalmusikdirektor der Oper Düsseldorf,<br />
Axel Kober, am Pult sowie der Hausdebütantin Meagan<br />
Miller in der Titelpartie, Adrineh Simonian als Komponist,<br />
Michael Kraus als Musiklehrer, Michael Ende als<br />
Bacchus, Daniel Schmutzhard als Harlekin u. a. wird<br />
die <strong>Volksoper</strong> an die auch hier vorhandene Strauss-<br />
Tradition anknüpfen.<br />
Die <strong>Volksoper</strong> – Ein Strauss-Haus?<br />
Die <strong>Wien</strong>er Staatsoper gilt zu Recht als Hauptpflegestätte<br />
der Werke des Meisters, der dort auch mehrere<br />
Jahre das Direktorenamt inne hatte. Doch die <strong>Volksoper</strong><br />
leistete mit sieben Produktionen ebenfalls einen wichtigen<br />
Beitrag. Den Auftakt zur Strauss-Pflege an diesem<br />
Hause setzte eine historische Tat: die „Salome“-Erstaufführung<br />
im Dezember 1910, über die Felix Brachetka auf<br />
Seite 7 berichtet. Knapp über ein Jahr später, im Jänner<br />
1912, brachte man „Feuersnot“ auf die Bühne, des Komponisten<br />
zweite Oper. In den erwähnten Werken gab er<br />
auch seine beiden einzigen Dirigentengastspiele an der<br />
<strong>Volksoper</strong>: „Salome“ am 9. April 1911, „Feuersnot“ am<br />
28. März 1912, immerhin mit Maria Jeritza in der weiblichen<br />
Hauptrolle.<br />
Mit drei Neuproduktionen, allesamt unter der Leitung<br />
des Musikdirektors Robert Kolisko, verzeichnete das<br />
Theater an der Währinger Straße in den Jahren des<br />
Zweiten Weltkriegs einen wahren „Strauss-Boom“. Im<br />
Dezember 1940, unter der Direktion Anton Baumann,<br />
zeigte die „Städtische <strong>Wien</strong>er <strong>Volksoper</strong>“ eine getanzte<br />
Version von „Till Eulenspiegels lustigen Streichen“, inszeniert<br />
von Fritz Klingenbeck und ausgestattet von<br />
Walter Hoesslin. Die Choreographie besorgte die Ballettleiterin,<br />
Dia Luca, die Titelrolle jener zum „Tanzspiel“<br />
mutierten symphonischen Dichtung verkörperte Nicolai<br />
Tietze.<br />
Nach Intendant Baumanns plötzlichem Tode im Februar<br />
1941 übernahm Oskar Jölli das auf „Opernhaus der<br />
Stadt <strong>Wien</strong>“ umgetaufte Theater. Der altgediente NSDAP-<br />
Funktionär Jölli setzte am Vorabend von Strauss’<br />
79. Geburtstag, dem 10. Juni 1943, eine Neuproduktion<br />
der „Ariadne auf Naxos“ an. Von Traute Reuter stammte<br />
die Ausstattung, von Hans Strohbach die Inszenierung.<br />
Kolisko wurde bei einigen Korrepetitionsproben von<br />
dem in <strong>Wien</strong> weilenden Meister persönlich mit Rat und<br />
Tat unterstützt. Noch heute bekannte Namen finden sich<br />
auf den Besetzungszetteln der insgesamt 37 Vorstellungen:<br />
bei der Premiere u. a. Gertrude Grob (Ariadne),<br />
Karl Friedrich (Bacchus). Von Nora Jungwirth übernahmen<br />
später Henny Herze oder Ljuba Welitsch die Hosenrolle<br />
des Komponisten.<br />
Mit dem letztgenannten Namen verbindet sich die dritte<br />
Strauss-Premiere jener <strong>Volksoper</strong>n-Ära. Am 29. April<br />
1944 legte die Bulgarin den Grundstein zu ihrem bald<br />
legendären Ruf als Salome. Partner der sinnlichen Prinzessin<br />
von Judäa waren u. a. Peter Baxevanos (Herodes),<br />
Anka Jelacic (Herodias) und Alexander Welitsch (Jochanaan),<br />
die Inszenierung stammte von Intendant Jölli<br />
persönlich, die von manchen als „schrankenlos experimentell“<br />
und „grotesk“ angefeindeten, von anderen als<br />
„imponierend“ gelobten Dekorationen steuerte Ruben<br />
Ter-Arutunian bei. Nach neun Aufführungen inmitten<br />
von Not und ständig drohenden Bombardements musste<br />
auch die <strong>Volksoper</strong>n-„Salome“ vor dem „totalen Krieg“<br />
kapitulieren.<br />
Nach dem Krieg näherte sich die <strong>Volksoper</strong> noch zwei<br />
Mal Werken von Richard Strauss: Zu den Feierlichkeiten<br />
seines hundertsten Geburtstages (1964) wurde „Feuersnot“<br />
angesetzt, fünf Jahre später „Intermezzo“ unter der<br />
Leitung des immer noch aktiven Strauss-Spezialisten<br />
Ernst Märzendorfer.<br />
Die zweite „Ariadne“-Vorstellung der kommenden<br />
Saison (27. September 2009) wird immerhin die 150.<br />
Strauss-Aufführung an der <strong>Volksoper</strong> sein. <strong>Als</strong>o doch:<br />
ein „Strauss-Haus“!<br />
(cwt)<br />
Richard Strauss an der <strong>Volksoper</strong><br />
Werk Erstaufführung Vorstellungen<br />
Ariadne auf Naxos 10.6.1943 37<br />
Feuersnot 26.1.1912 27<br />
Intermezzo 19.6.1969 20<br />
Salome 23.12.1910 38<br />
Till Eulenspiegel 13.12.1940 20<br />
142<br />
Die erste „eigene“<br />
<strong>Wien</strong>er „Salome“<br />
Wie Oscar Wildes Drama, dessen Aufführung 1892 in<br />
London verboten wurde, erregte auch das Libretto zu<br />
Richard Strauss’ 1905 fertig gestellter Oper in <strong>Wien</strong> Anstoß.<br />
Trotzdem beabsichtigte Direktor Gustav Mahler die<br />
„Salome“ an der Hofoper zeitgleich mit der Dresdner Uraufführung<br />
herauszubringen. Im September 1905 folgte<br />
aus „religiösen und sittlichen Gründen“ der ablehnende<br />
Bescheid des Hofzensors. Mahler verfasste ein Informationsschreiben<br />
an den Komponisten, ließ dieses aber nie<br />
abschicken, erbat vielmehr per Telegramm bei Strauss „2<br />
oder 3 Clavierauszüge“ für Studienzwecke.<br />
Über die Entscheidung der Zensur hatte auch der Direktor<br />
des „Kaiserjubiläums-Stadttheaters“, Rainer Simons,<br />
Informationen erhalten und schrieb an den Komponisten:<br />
„Wie ich soeben erfahre, wird Ihr Werk ‚Salome’ die<br />
Hofopern-Censur nicht passiren. Würden Sie die Güte<br />
haben, mir mitzutheilen, ob Sie mir das Werk jetzt überlassen<br />
wollen.“ Strauss sandte das Schreiben an Mahler<br />
zur Überprüfung des Wahrheitsgehaltes. In der Folge versuchte<br />
der Hofoperndirektor vergeblich – auch mit Hilfe<br />
des Simons-Briefes (den er herumreichte, zerriss, in den<br />
Papierkorb warf, wieder zusammenfügte und schließlich<br />
an Strauss zurücksandte) – die Zensurbehörde umzustimmen.<br />
Die Uraufführung fand schließlich am 9. Dezember 1905<br />
an der Dresdner Oper statt. Bald folgten Aufführungen<br />
in Nürnberg, Leipzig, Köln, Prag und Graz (1906 als österreichische<br />
Erstaufführung). In <strong>Wien</strong> wurde das Werk<br />
erstmals im Sommer 1907 am „Deutschen Volkstheater“<br />
im Rahmen eines Gastspiels der Breslauer Oper gezeigt.<br />
Direktor Mahler hatte indessen die Causa „Salome“ zur<br />
Frage seines weiteren Verbleibes an der Hofoper gemacht.<br />
Im Dezember 1907 erfolgte seine Demission.<br />
Während 1909 bereits „Elektra“ in der Hofoper Einzug<br />
hielt, blieb „Salome“ nach wie vor gesperrt. Simons<br />
verwirklichte nun seinen Plan: Am 23. Dezember 1910<br />
präsentierte er die erste <strong>Wien</strong>er Eigenproduktion der „Salome“<br />
in der <strong>Volksoper</strong>, führte selbst Regie und legte die<br />
musikalische Leitung in die bewährten Hände des Chefdirigenten<br />
Alexander von Zemlinsky. Alfred Rollers für die<br />
Hofoper angefertigter Dekorationsentwurf fand – nicht<br />
am Theaterzettel erwähnt! – Verwendung. Der Rezensent<br />
des Neuen <strong>Wien</strong>er Tagblattes schrieb noch unter dem Eindruck<br />
von Rollers „Elektra“-Bühne: „Er hat uns wieder ein<br />
Bild von solcher Wucht, von so gigantischer Einfachheit<br />
gegeben … Alles überflüssige Beiwerk ist verbannt, wie<br />
ein Koloß erhebt sich die kompakte schräge Mauer des<br />
Palastes, von einem ungeheuer tiefen goldenen Torbogen<br />
Zuerst an der…<br />
durchbrochen.“ Allgemeine Zustimmung fand auch die<br />
musikalische Einstudierung. Die <strong>Volksoper</strong> musste das<br />
Orchester aus Platzgründen reduzieren, doch tat dies der<br />
Gesamtwirkung keinen Abbruch. Neues <strong>Wien</strong>er Tagblatt:<br />
„Zemlinsky hat hier ein Meisterstück geschaffen. Wie er<br />
mit seiner aufopferungsfreudigen Musikerschar die ungeheuren<br />
Schwierigkeiten des Werkes in verhältnismäßig<br />
kurzer Zeit bewältigte, das ist bewundernswert.“<br />
Klothilde Wenger sang die Titelpartie laut Neuer Freier<br />
Presse mit „bewundernswerter Kraft und überströmendem<br />
Ausdruck“. Die weiteren Hauptpartien waren mit<br />
Josef Recht (Herodes), Thea Drill-Orridge (Herodias),<br />
Alfons Schützendorf (Jochanaan), Karl Ziegler (Narraboth)<br />
und Nicola Zeč (Erster Nazarener) besetzt. Das Neue <strong>Wien</strong>er<br />
Tagblatt resümierte: „Zum Schlusse dann erhob sich<br />
orkanartiger Beifall und es wurde allgemein konstatiert,<br />
daß die Aufführung der ‚Salome’ die künstlerisch bedeutendste<br />
und vollkommenste Tat des Direktors Simons seit<br />
dem Bestande der <strong>Volksoper</strong> war.“<br />
Erwähnenswert sind Gastspiele aus dem Jahr 1911: Fünfmal<br />
gastierte Gemma Bellincioni, die „k. u. k. KS“ und Salome<br />
der italienischen Erstaufführung (im Bild mit Josef<br />
Recht), zweimal die Diva der Pariser Grand Opéra und<br />
erste Salome Englands, Aino Akté. Meister Strauss selbst<br />
stand am 9. April am Orchesterpult seines Werkes. Bis<br />
März 1917 blieb die Produktion im <strong>Volksoper</strong>n-Repertoire,<br />
erst im Oktober 1918 sollte „Salome“ nach Lahmlegung<br />
der Hoftheater-Zensur im Haus am Ring zu sehen<br />
sein.<br />
(fb)<br />
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