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Leserbrief - Jugendclub Markersdorf-Haindorf

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Physikalische Medizin<br />

Physiotherapie auf einer Lungenstation, geht das?<br />

Wie ist das so,<br />

wenn man im<br />

Krankenhaus arbeitet?<br />

Diese Frage<br />

hab ich im letzten<br />

Jahr ausgesprochen<br />

Brigitte Vanek oft gehört. Oder<br />

auch: Was machst<br />

du eigentlich, außer massieren?<br />

Nun ja, ich werde diesen Artikel für<br />

eine Beschreibung meiner Tätigkeiten<br />

im Dienste der Gemeinde<br />

Wien nutzen.<br />

Zuerst einmal möchte ich, um<br />

Missverständnissen vorzubeugen,<br />

klarstellen, dass ich die Ausbildung<br />

zur Physiotherapeutin im Herbst<br />

2004 erfolgreich abgeschlossen<br />

habe. Offiziell betitelt man mich seit<br />

kurzem nicht mehr diplomierte<br />

Physiotherapeutin, sondern nur<br />

mehr Physiotherapeutin. Das<br />

Diplom hat sich EU konform verflüchtigt<br />

und darf sich, wenn überhaupt,<br />

höchstens noch hinten<br />

anstellen...<br />

Wie gesagt: Physiotherapeutin! Das<br />

heißt also bitte, dass ich keine<br />

Masseurin bin und auch<br />

keine Psychotherapeutin.<br />

Offiziell zumindest.<br />

Manchmal wäre es<br />

im Krankenhausalltag<br />

besser, eine solche zu<br />

sein.<br />

medizin<br />

16<br />

Ich arbeite auf einer<br />

Lungenabteilung und<br />

turne NICHT mit den<br />

Patienten! Auch, wenn<br />

das sogar manche Ärzte<br />

glauben. Auf der Lungenabteilung<br />

geht es im<br />

Bereich der Atemphysiotherapie<br />

vor<br />

allem darum, Patienten<br />

mit chronischen Lungenerkrankungen<br />

zu<br />

schulen, zu trainieren,<br />

über ihre Erkrankung<br />

aufzuklären und für sie<br />

die optimalste Lebensund<br />

manchmal auch Überlebensqualität<br />

zu schaffen. Die Krankheitsbilder<br />

erstrecken sich von chronischem<br />

Asthma bronchiale,<br />

Cystischer Fibrose, COPD (chronisch<br />

obstruktive Lungenerkrankung,<br />

ehem. Raucherbronchitis),<br />

Emphysem (Lungenüberblähung),<br />

Lungenfibrose, Rheuma über akute<br />

Erkrankungen wie Pneumonien,<br />

respiratorische Infekte, akute<br />

Asthmaanfälle bis hin zu orthopädisch<br />

bedingten Einschränkungen<br />

der Lungenfunktion wie zum<br />

Beispiel Patienten mit Kyphoskoliose<br />

(Wirbelsäulenverkrümmung)<br />

oder neurologische Patienten<br />

mit verschiedenen Arten des<br />

Muskelschwundes.<br />

Vorrangig ist es, den Patienten zur<br />

Selbständigkeit zu verhelfen.<br />

Unsere Patienten sind zwischen 18,<br />

also fast noch Kinder, und 90+<br />

Jahren, also wieder Kinder. Es<br />

erweist sich also sehr oft als ausgesprochen<br />

schwierig den Patienten<br />

beizubringen, dass wirklich nur sie<br />

diejenigen sind, die etwas für ihren<br />

Gesundheitszustand leisten können.<br />

Der Schwerpunkt auf den vier<br />

Stationen, die meine beiden<br />

Kolleginnen und ich zu betreuen<br />

haben, liegt auf der<br />

Inhalationsschulung. Der Sauerstoffmangel<br />

und die fortschreitende<br />

Demenz der meisten unserer<br />

Patienten erfordert von uns einiges<br />

an Geduld und viele Wiederholungen,<br />

um die Inhalationstherapie<br />

erfolgreich auch ohne Hilfe<br />

zu Hause fortsetzen zu können.<br />

Auch an einigen unserer jüngeren<br />

Patienten geht fortwährender Sauerstoffmangel<br />

nicht ohne Einbußen<br />

der Gedächtnisleistung vorüber.<br />

Ein weiterer wichtiger Punkt im stationären<br />

Betrieb ist die sekretfördernde<br />

Therapie. Wenn Patienten<br />

mit Sekret zu schwach sind, es<br />

selbständig abzuhusten, sei es aufgrund<br />

einer Muskelschwäche, instabiler<br />

Atemwege oder einfach nur<br />

weil es zu viel Sekret ist, gibt es verschiedene<br />

therapeutische Interventionsmöglichkeiten,<br />

um das<br />

Abhusten zu erleichtern und somit<br />

die Selbstreinigungskräfte der Lunge<br />

zu unterstützen. Nein, wir turnen<br />

nicht mit den Patienten.<br />

Viele unserer ambulanten Patienten<br />

kommen ebenso zur Sekretförderung,<br />

da die meisten mit der<br />

erblich bedingten cystischen<br />

Fibrose und dadurch mit einem<br />

massiven Sekretproblem zu kämpfen<br />

haben. Hier gilt es auch den<br />

Trainingszustand zu verbessern<br />

oder zu erhalten, um eine Lungentransplantation<br />

zu ermöglichen oder<br />

die Lebensqualität so lange wie<br />

möglich zu erhalten.<br />

Viele dieser oft sehr jungen<br />

Patienten stecken in sozialen und<br />

finanziellen Schwierigkeiten, da sie<br />

nie die Möglichkeit hatten einen<br />

Beruf zu erlernen oder frühzeitig in<br />

Pension gehen mussten. Das bedeutet<br />

für die meisten, dass sie entweder<br />

in finanziellen Nöten stecken<br />

oder von ihrer Familie abhängig<br />

sind.<br />

Auch die Entscheidung für oder<br />

gegen eine Lungentransplantation<br />

birgt viele Fragen und Ängste, mit<br />

denen sie sich oft allein gelassen<br />

fühlen, denn diese Entscheidung<br />

können nur sie selbst treffen.<br />

Diese und viele andere Probleme<br />

machen das Arbeiten auf der<br />

Lungenstation sehr interessant, sehr<br />

anstrengend, sowohl psychisch als<br />

auch physisch, sehr erfüllend und<br />

gleichzeitig sehr zehrend. Trotz<br />

allem bin ich froh, im ersten Jahr<br />

meines Berufslebens hier gelandet<br />

zu sein und ich bin sehr gespannt,<br />

was wohl die Zukunft alles mit sich<br />

bringt.<br />

Brigitte Vanek PT

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