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GL 1/2012 - der Lorber-Gesellschaft eV

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Die Schiffspredigt des Herrn<br />

Die Wie<strong>der</strong>kunft Christi<br />

Worte, die das Herz öffnen<br />

Anleitung zum Jesusgebet<br />

Die Anschauung Josefs über das göttliche Kind<br />

Wie werde ich mit meinen Fehlern fertig?<br />

Alles ist in dir<br />

Vom tiefen Sinn <strong>der</strong> Krankheiten<br />

Evangelium für Beleidigte


Sebastian Franck Hier ist mein Herz S. 2<br />

Klaus W. Kardelke Editorial S. 3<br />

Jakob <strong>Lorber</strong> Die Schiffspredigt des Herrn S. 5<br />

Edith Mikeleitis Die Wie<strong>der</strong>kunft des Herrn S. 11<br />

Werner Krebber Worte, die das Herz öffnen S. 17<br />

Jakob <strong>Lorber</strong> Das Reich Gottes im Menschenherzen S. 22<br />

Ida Kling Neues Leben S. 22<br />

Ida Kling Gottes Stimme im Herzen S. 23<br />

Anselm Grün Anleitung zum Jesusgebet S. 24<br />

Jakob <strong>Lorber</strong> Die zwei ungleichen Brü<strong>der</strong> S. 26<br />

Christoph Schindler Die Anschauung Josefs über das göttliche Kinde S. 29<br />

Emanuel Jungclaussen Wie werde ich mit meinen Fehlern fertig? S. 34<br />

Anselm Grün Alles ist in dir S. 39<br />

Jakob <strong>Lorber</strong> Des Kindes Fehler S. 40<br />

Hans Sterne<strong>der</strong> Vom tiefen Sinn <strong>der</strong> Krankheiten S. 41<br />

Josef Lüthold Sinn und Ziel des Menschenlebens S. 45<br />

Josef Lüthold Gebetsleben S. 46<br />

Jakob <strong>Lorber</strong> Evangelium für Beleidigte S. 48<br />

Weisheitsgeschichten Die Reparatur S. 51<br />

Des Kaisers Schrank S. 51<br />

Seesterne retten S. 52<br />

Jakob <strong>Lorber</strong> Göttlicher Gesundheitsrat S. 53<br />

Verschiedenes S. 54<br />

Mit Namen des Verfassers versehene Beiträge müssen nicht mit <strong>der</strong> Auffassung <strong>der</strong><br />

Schriftleitung übereinstimmen.<br />

Die Zeitschrift erscheint viermal jährlich auf freiwilliger Spendenbasis.<br />

Beiträge richten Sie bitte an die Schriftleitung.<br />

IMPRESSUM<br />

Herausgeber:<br />

<strong>Lorber</strong>-<strong>Gesellschaft</strong> e.V.<br />

Verwaltungsanschrift: Postfach 114<br />

83731 Hausham / Deutschland<br />

Tel.: 08026-8624 / Fax: 08026-3294<br />

E-Mail-Anschrift:<br />

<strong>Lorber</strong>-<strong>Gesellschaft</strong>@web.de<br />

Internet-Seite:<br />

www.<strong>Lorber</strong>-<strong>Gesellschaft</strong>.de<br />

Schriftleitung:<br />

Klaus W. Kardelke<br />

Redaktion:<br />

Angelika Penkin<br />

SPENDENKONTEN<br />

INHALT<br />

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Postscheckkonto Basel (CH) Kto. 80-50414-3


- Zeitschrift im Geiste christlicher Mystik -<br />

Jahrgang 32 <strong>2012</strong> Heft 1<br />

„Du kannst aber, wenn du die Engel auch nicht siehst, mit<br />

ihnen reden und kannst sie fragen um allerlei, und sie<br />

werden dir die Antwort in dein Herz legen, die du allzeit als<br />

einen klar ausgeprägten Gedanken im Herzen vernehmen<br />

wirst. Und das ist besser denn die äußere Rede!<br />

Ich sage es dir: Ein Wort, das dir ein Engel in dein eigenes<br />

Herz gelegt hat, ist für deine Seele heilsamer als tausende<br />

Worte, durch das Ohr von außen her vernommen!<br />

Denn was du im Herzen vernimmst, das ist schon dein<br />

Eigentum; was du aber von außen her vernimmst, das<br />

musst du dir erst zu eigen machen durch die Tat nach dem<br />

vernommenen Worte.“<br />

(Gr.Ev.Joh. Bd. 2; 39,6)


2 Hier ist mein Herz<br />

<strong>GL</strong> 1/<strong>2012</strong><br />

1. Hier ist mein Herz! Herr, nimm es hin,<br />

dir hab‘ ich mich ergeben.<br />

Hinweg, o Welt, aus meinem Sinn<br />

mit deinem schnöden Leben!<br />

Dein Tun und Tand hat nicht Bestand,<br />

wie man´s auch mag beginnen;<br />

drum schwingt aus dir sich mit Begier<br />

mein freier Geist von hinnen.<br />

2. Gott ist mein allerbestes Gut,<br />

nach ihm steht mein Verlangen.<br />

Ach könnt´ ich doch mit frohem Mut<br />

nur meinem Gott anhangen!<br />

Ach wäre doch <strong>der</strong> Sünde Joch<br />

von mir hinweggenommen,<br />

dass ich einmal in seinen Saal<br />

des Himmels möchte kommen!<br />

3. Ich sehe doch, dass diese Welt<br />

mit allen ihren Sachen,<br />

was sie von Gütern in sich hält,<br />

nicht kann recht glücklich machen.<br />

Es muss geschwind wie Staub und Wind<br />

die Lust <strong>der</strong> Welt zerstieben;<br />

nur Gott, mein Licht, verlässt mich nicht,<br />

ihn will ich ewig lieben.<br />

4. Gib, dass ich meinen Sinn zu dir<br />

hinauf gen Himmel schwinge<br />

mit Lieb und wahrer Heilsbegier,<br />

und mich in keinem Dinge<br />

erfreue hier als nur in dir,<br />

Gott, meiner Seele Leben!<br />

Nur du allein kannst mich erfreun<br />

und wahren Frieden geben.<br />

5. Drum fahre hin, was flüchtig ist!<br />

Ich will es lassen fahren.<br />

Gott ist mein Teil zu je<strong>der</strong> Frist,<br />

<strong>der</strong> wird mich wohl bewahren,<br />

dass ich die Pracht <strong>der</strong> Welt nicht acht´,<br />

vielmehr nur ihn verlange<br />

mit festem Mut, das höchste Gut,<br />

und ewig an ihm hange. Sebastian Franck (1606 - 1668)


<strong>GL</strong> 1/<strong>2012</strong> Editorial<br />

3<br />

Editorial<br />

Noch bevor das Jahr <strong>2012</strong> seinen Anfang nahm, war es<br />

bereits in aller Munde. Düstere Prophezeiungen und<br />

Weltuntergangsszenarien wurden in den Medien für dieses<br />

Jahr prognostiziert und in Szene gesetzt.<br />

Und wenn wir auf das tägliche Geschehen blicken, so<br />

könnten wir wirklich annehmen, dass die Welt, wie sie<br />

bisher bestand, ihrem Ende zugeht.<br />

Unsere sozialen und staatlichen Systeme sind<br />

Klaus W. Kardelke<br />

Geschäftsführen<strong>der</strong><br />

Vorsitzen<strong>der</strong> <strong>der</strong><br />

<strong>Lorber</strong>-<strong>Gesellschaft</strong><br />

beträchtlich ins Wanken geraten und selbst die Kin<strong>der</strong> Gottes harren <strong>der</strong><br />

Dinge, die da kommen werden.<br />

Denn „von diesen Zeiten habt ihr wenig o<strong>der</strong> nichts zu erwarten,“<br />

spricht <strong>der</strong> Herr „dafür aber desto mehr von Mir, dem Herrn aller Zeiten,<br />

so ihr bei Mir verbleibet und alles Mir überlasset.“ (HiG. 3_48.12.30,01)<br />

„Alles, was da geschieht und geschehen soll, geschieht<br />

bedingungsweise, daher auch hinsichtlich des Geschehens nirgends eine<br />

feste, unabän<strong>der</strong>liche Voraussage geschehen kann.“ (Erde 71,1)<br />

Mit dieser Aussage werden alle terminlichen Berechnungen eines<br />

Weltunterganges zunichte gemacht.<br />

Dass wir in endzeitlichen Verhältnissen leben ist unbestritten, doch bei<br />

all den Weltgeschehnissen sehen wir zumeist nur auf dass, was im<br />

Äußeren geschieht, klagen und murren über die äußeren Verhältnisse, über<br />

die Misswirtschaft <strong>der</strong> Regierungen und ihrer Vertreter, nicht bedenkend,<br />

dass dieselben uns den Spiegel vorhalten.<br />

Denn „viele sind, welche die Natur (und ihre Umwelt) mit ihren<br />

Augen angaffen, aber wenige, die sich selbst in <strong>der</strong>selben finden.“ (Hi. I<br />

S. 173,35)<br />

Gewahren wir doch lei<strong>der</strong> nicht, dass auch wir ein Teil des ganzen<br />

Weltgeschehens sind und unseren Beitrag zu den äußeren Verhältnissen<br />

beigetragen und diesen in uns selbst zu bereinigen haben.<br />

Nehmen wir doch unsere Außenwelt in uns wahr, geben ihr in uns<br />

einen entsprechenden Stellenwert, denn „du siehst das Wirkliche in<br />

entsprechen<strong>der</strong> lebendiger Abbildung in dir so, als wäre es außer<br />

dir,“ (BM 44,6) „da sich außer dir nichts befinden kann, das nicht schon<br />

lange in dir vorhanden gewesen wäre,“ (BM 45,5) denn „ein Geist sieht<br />

auf einmal nur das, was da seinem Innersten entspricht.“ (GEJ. 1_152,13)<br />

Demnach besteht eine beständige Analogie, eine Entsprechung,<br />

zwischen unserer inneren geistigen Welt und unserer äußeren Umwelt.<br />

Denn „niemand kann in seiner natürlichen Sphäre etwas erschauen,


4 Editorial<br />

<strong>GL</strong> 1/<strong>2012</strong><br />

was er nicht ehedem in sich hat.“ (Ste 37,8)<br />

Und schon <strong>der</strong> Mystiker Jan Ruysbroek erkannte: „Wir sehen, was wir<br />

sind, und wir sind, was wir sehen.“<br />

In uns selbst liegt <strong>der</strong> Grund aller Geschehnisse in denen wir leben und<br />

die wir wahrnehmen, wir alle haben Anteil an dem, was nun in <strong>der</strong> äußeren<br />

Welt geschieht, denn alles Äußere hat seinen geistigen Grund, <strong>der</strong> auch in<br />

unserem Geiste seinen Ursprung hat, denn „es kann unmöglich eine<br />

Wirkung in <strong>der</strong> Körperwelt also vor sich gehen, dass sie nicht fußen<br />

möchte auf dem Geistigen.“ (HiG.1_S. 375)<br />

So empfindet ein je<strong>der</strong> „das Übel nur von außen; aber in sich selbst<br />

erschaut er es nicht.“ (EM 64)<br />

Es gilt aber nun unseren Anteil des äußeren Übels in unserer inneren<br />

geistigen Welt zu erkennen und in uns zur Heilung zu bringen, denn „ihr<br />

sollet allzeit zuerst auf das merken, was in euch vorgeht, und das, was<br />

ihr außerhalb sehet und höret, zu führen in euch zurück bis zur Wurzel<br />

alles Seins?! Liegt nicht <strong>der</strong> Grund aller Dinge lebendig in euch?!<br />

(HGt.1;S.116,6-7)<br />

Denn „am Äußerlichen ist wenig gelegen, son<strong>der</strong>n alles an euch, wie<br />

ihr es nehmet! So gut es sein kann und wahr, so schlecht aber kann es<br />

auch sein und falsch, wenn ihr es so gebrauchen wollet o<strong>der</strong> nicht. Wenn<br />

aber unter <strong>der</strong> Sonne heilsame und giftige Kräuter wachsen, so denket: Es<br />

liegt nicht an <strong>der</strong> Sonne, so o<strong>der</strong> so, son<strong>der</strong>n allzeit an <strong>der</strong> jeweiligen<br />

innern, entwe<strong>der</strong> guten o<strong>der</strong> schlechten Beschaffenheit <strong>der</strong> Pflanze, ob da<br />

Segen o<strong>der</strong> Gift. – Daher liegt es allezeit an euch, ob gut – o<strong>der</strong> schlecht.<br />

(HiG.3_40.08.18,41)<br />

An uns selbst liegt es letztendlich, wie sich die uns umgebenden<br />

Verhältnisse gestalten und wie das Jahr <strong>2012</strong> für jeden einzelnen enden<br />

wird, denn „seid ihr einmal rein in eurem Innern, dann wird euch auch<br />

alles rein sein; denn dem Reinen sind alle Dinge darum rein, weil er den<br />

Grund von allem erschauen kann.“ (GEJ.5_133,03)<br />

„Ein je<strong>der</strong> von euch hat seine Mission auf Erden zu erfüllen, und diese<br />

besteht vor allem darin, dass er seine Seele errette vom Tode und sie frei<br />

mache vom Gericht, dem sie verfallen ist durch die Sünde, die im Fleische<br />

ruht. Sehet, diese große Aufgabe als den eigentlichen Zweck eures Lebens<br />

an und arbeitet vornehmlich an <strong>der</strong> Besserung eures Ichs! Denn während<br />

ihr euch selbst bessert, bessern sich auch die Verhältnisse durch euer<br />

Zurückkehren in Meine Ordnung.“ (Lebensworte S. 109)<br />

So möge in diesem Jahr <strong>der</strong> Segen des Herrn beson<strong>der</strong>s auf uns ruhen,<br />

auf dass endlich die Welt in unseren Herzen abnehme und Sein Reich in<br />

uns erstehe.<br />

Euer Klaus Kardelke


<strong>GL</strong> 1/<strong>2012</strong> Die Schiffspredigt des Herrn<br />

5<br />

Die Schiffspredigt des Herrn<br />

(Zum Evangelium des Lukas, 5. Kapitel)<br />

Diese Predigt, aus 64 Versen bestehend, ging bei <strong>der</strong> ersten großen<br />

Kirchenversammlung verloren. Hier aber wird sie von Wort zu Wort<br />

wie<strong>der</strong>gegeben zum Frommen <strong>der</strong> gläubigen Liebhaber des Herrn. - Die<br />

Predigt aber lautete mit den 3 vorhergehenden Versen also:<br />

„Es begab sich aber, dass sich das Volk zu Ihm drang, zu hören das<br />

Wort Gottes aus Seinem Munde, da Er am See Genezareth war und vor<br />

dem großen Andrange des Volkes nicht Platz hatte, am Ufer zu stehen.<br />

Er sah aber zwei Schiffe am See(-Ufer) liegen, aus denen die Fischer<br />

ausgestiegen waren, ihre Netze zu waschen.<br />

Da trat Er sobald in eines <strong>der</strong> beiden Schiffe, welches da des Simon<br />

war, und bat ihn, dass er es ein wenig vom Lande führete. Als solches <strong>der</strong><br />

Simon voll Ehrfurcht und geheimer Liebe getan, da setzte Sich <strong>der</strong> Herr<br />

alsbald und begann aus dem Schiffe das Volk zu lehren.“ Und Er tat<br />

Seinen Mund auf und sprach laut zum Volke:<br />

„Der Geist des Herrn ist über Mir, darum hat Mich <strong>der</strong> Herr gesalbet.<br />

Er hat Mich gesandt, den Elenden zu predigen, die zerbrochenen Herzen<br />

zu verbinden, zu predigen den Gefangenen eine Eröffnung und den


6 Die Schiffspredigt des Herrn<br />

<strong>GL</strong> 1/<strong>2012</strong><br />

Gebundenen eine Erledigung, wie es <strong>der</strong> Prophet Jesajas gesagt hat.<br />

So höret denn ihr Elenden und jauchzet! Denn euer Licht geht auf wie<br />

die Sonne aus dem Meere, und eure Herzen werden hell leuchten wie die<br />

Wogen des Meeres im Lichte <strong>der</strong> aufgegangenen Sonne.<br />

Denn siehe, Finsternis bedecket das Erdreich und ein großes Dunkel all<br />

die Völker; aber über dir gehet auf <strong>der</strong> Herr, und Seine Herrlichkeit<br />

erscheinet über dir!<br />

Und die Heiden werden in deinem Lichte wandeln und die Könige im<br />

hellen Glanze, <strong>der</strong> nun über dir aufgeht.<br />

Freue dich, Zion, deinen Kin<strong>der</strong>n und allen denen, die sich bekehren<br />

werden von <strong>der</strong> Sünde, ist ein Erlöser gekommen! Höre, also spricht nun<br />

<strong>der</strong> Herr:<br />

Wie lange ist es wohl, dass ihr gebunden seid?! Und wer aus euch mag<br />

die Jahre zählen, die ihr schon von Uranbeginn her schmachtet?!<br />

Eure Väter weinten, als sie Knechte wurden zu Babel; und Mütter<br />

herzten ihre Kin<strong>der</strong> und wehklagten.<br />

Aber hier ist mehr als Babylon! - Ich habe die Kin<strong>der</strong> auferzogen; aber<br />

sie haben ihre Heimat vergessen; ihren Vater kennen sie nicht mehr.<br />

Wehe euch, die ihr euch frei zu sein dünket! Denn ihr seid des Tempels<br />

Knechte geworden. Das ganze Haupt ist krank, und das Herz ist matt<br />

geworden.<br />

Was soll Mir die große Menge eurer blinden Opfer? Solches spricht<br />

doch <strong>der</strong> Herr: „Ich bin satt geworden <strong>der</strong> Brandopfer von Wid<strong>der</strong>n und<br />

des Fetten vom Gemästeten. Ich habe keine Lust zum Blute des Farren, <strong>der</strong><br />

Lämmer und Böcke.<br />

Wenn ihr aber hereinkommet, zu erscheinen vor Mir, saget, wer for<strong>der</strong>t<br />

solches von euren Händen, so ihr in Meinen Vorhof tretet? - Ich sage euch:<br />

Nicht Ich, nicht Der, <strong>der</strong> Mich gesalbt hat von Ewigkeit, son<strong>der</strong>n die<br />

Habsucht <strong>der</strong> Diener des Tempels und des Vorhofes.<br />

Bringet daher nicht mehr Speisopfer so vergeblich! Das Rauchwerk ist<br />

Mir ein Gräuel und <strong>der</strong> Neumond und <strong>der</strong> Sabbat, da ihr<br />

zusammenkommet und habet nichts davon denn leere Mühe und tote<br />

Angst.<br />

Meine Seele ist feind geworden allen euren Neumonden, Jahreszeiten,<br />

Festen und Jubeljahren! Ich bin ihrer Leerheit überdrüssig und bin müde<br />

geworden, noch länger zu schauen eure Torheit. Denn so ihr Gott nicht<br />

liebet, was sollen da eure toten Opfer Mir, dem Lebendigen!“ (Jes.1,11-14)<br />

Also sprach und spricht auch nun <strong>der</strong> Herr: „So ihr aber den Vater von<br />

Herzen lieb habet, wozu dann des Tierblutes und des Rauchwerkes?“<br />

Und Er sagte ihnen darauf dieses Gleichnis:


<strong>GL</strong> 1/<strong>2012</strong> Die Schiffspredigt des Herrn<br />

7<br />

„Es war eine Witwe, die hatte zwei Söhne. Der eine hieß Levi und <strong>der</strong><br />

an<strong>der</strong>e Josua.<br />

Die Witwe aber war krank und ächzte und stöhnte auf ihrem Lager, und<br />

ihr Angesicht ward blass, und ihre Augen fingen an sich zu verdunkeln.<br />

Da rief sie ihre Söhne zu sich und sprach zu ihnen: „Meine geliebten<br />

Söhne, höret mich, eure hinscheidende Mutter! Meine letzte Stunde ist<br />

gekommen. Gehet aber hin und betet, ob <strong>der</strong> Herr Sich etwa meiner<br />

erbarmen möchte o<strong>der</strong> möchte zu Sich nehmen meine Seele im Frieden.“<br />

Da gingen die Söhne hinaus und weinten. - Und <strong>der</strong> Levi sprach: „Wer<br />

wird sich unser erbarmen und uns versorgen, wenn die Mutter von uns<br />

genommen wird?“<br />

Aber Josua sagte: „Möchte ich doch lieber nichts haben als Brot und<br />

Wasser, wenn ich nur das Grab meiner Mutter nicht sehen müsste! - Lieber<br />

Bru<strong>der</strong>, lass uns hingehen und beten, ob <strong>der</strong> Herr Sich unser erbarme und<br />

sende Seinen Engel, dass Er die Mutter stärke und ihr Rettung bringe von<br />

oben!“<br />

Und Levi, <strong>der</strong> Erstgeborene, ging hierauf in den Tempel und sprach bei<br />

sich selbst:<br />

Ich will dem Herrn ein Brandopfer tun zum süßen Geruche, zwei junge<br />

Farren, einen Wid<strong>der</strong>, sieben jährige Lämmer. Dazu als Speiseopfer drei<br />

Zehnten Semmelmehl mit Öl gemengt zu einem Farren, zwei Zehnten zu<br />

dem Wid<strong>der</strong> und je einen Zehnten zu einem <strong>der</strong> sieben Lämmer.<br />

Aber Josua ging hinaus unter die Palmen, kniete dort nie<strong>der</strong>, faltete<br />

seine Hände und betete also:<br />

„Ach! Der Du hörest das Seufzen <strong>der</strong> Betrübten und das Weheklagen<br />

des zerbrochenen Herzens, siehe an meine Tränen und mein verfallenes<br />

Angesicht und hilf mir, Du lieber, heiliger Vater im Himmel!<br />

Auf Dich allein hofft meine Seele! Erbarme Dich, du Trost <strong>der</strong><br />

Elenden, erbarme Dich unser, o du lieber, guter, heiliger Vater!<br />

Ich kann Dir ja nichts geben als nur dies mein armes, zerbrochenes<br />

Herz, aber ich will Dich lieben mit unendlicher Liebe und auf dem Wege<br />

<strong>der</strong> Gerechtigkeit wandeln mein Leben lang!“<br />

Und sehet, ein heller Glanz verbreitete sich unter den Palmen und eine<br />

Stimme sprach aus <strong>der</strong> strahlenden Wolke:<br />

„Sie lebet! - Dein Bru<strong>der</strong> hat Mir Brandopfer gelobt; aber keine Träne<br />

hat seine Augen befeuchtet.<br />

Du aber hast vor Mir gebetet und geweint und hast Mir dein Herz<br />

gegeben. Darum gehe aber auch hin im Frieden!“<br />

Und als er heimkam, da trat schon seine Mutter aus <strong>der</strong> Hütte ihm<br />

entgegen, schloss ihn in ihre Arme und segnete ihn.


8 Die Schiffspredigt des Herrn<br />

<strong>GL</strong> 1/<strong>2012</strong><br />

Was meinet ihr, welcher Sohn da ein rechtes Opfer dem Herrn gebracht<br />

hat? - Ihr sprechet: „Josua!“<br />

Ich aber sage euch: Eben darum hänget auch ihr euer Herz nicht an den<br />

leeren Tempel und pochet nicht darauf! Denn er ist von Menschenhänden<br />

gemacht und wird bald verwittern, da seine Zeit kommen wird, und seine<br />

Priester werden sterben.<br />

Was dünket euch? - <strong>der</strong> Tempel ist groß zu Jerusalem und das Herz ist<br />

klein in <strong>der</strong> Brust. Aber dieses kleine Herz kann den großen, lebendigen<br />

Gott lieben. Ist es darum nicht ein schöneres und herrlicheres Werk als<br />

das, welches Salomo baute?<br />

Habt ihr gelesen, was <strong>der</strong> Prophet Jesaja spricht? - Das ist sein Wort:<br />

„Ich will Gold anstatt des Erzes und Silber anstatt des Eisens bringen und<br />

Erz anstatt des Holzes und Eisen anstatt <strong>der</strong> Steine und will machen, dass<br />

deine Vorsteher den Frieden lehren sollen und deine Pfleger Gerechtigkeit<br />

predigen.“ (Jes.60,17)<br />

Aber wo ist <strong>der</strong> Friede auf Erden? Und wo hauset die Ruhe unter den<br />

Menschen?<br />

Sehet, das Leben gleichet dem Schifflein im Meere, das stets hin und<br />

her wanket und immerdar geschlagen wird von den zornigen Wellen. Sie<br />

fahren stolz einher und bäumen sich hoch auf. Aber bald fallen sie zurück<br />

ins Meer und werden da zu nichtigem Schaume.<br />

Ich bin von Gott gesandt, um Frieden zu bringen den Menschenkin<strong>der</strong>n<br />

vom Aufgange bis zum Untergange; aber dem ungeachtet ruhet <strong>der</strong> Arge<br />

nicht, und <strong>der</strong> Teufel hat seine Apostel bis zu seiner Zeit.<br />

Ich bin <strong>der</strong> Stein des Anstoßes und ein Fels <strong>der</strong> Ärgernis dem Hause<br />

Israel, zum Strick und Falle all den Heuchlern auf Erden, dass ihrer viele<br />

sich daran stoßen, fallen, zerbrechen, verstricken und gefangen werden.<br />

Wehe euch Pharisäern und Sadduzäern, das Licht ist schon vormals<br />

dem Moses erschienen, als <strong>der</strong> Busch brannte im Feuer; aber ihr verbindet<br />

euch selber die Augen!<br />

Das Gesetz des Herrn ist ewig und steht in eines jeden Menschen<br />

Herzen geschrieben; aber ihr, die ihr den Frieden predigen sollet, entzweiet<br />

die Menschen und verdammet da, wo ihr mit aller Liebe suchen sollet.<br />

Ihr seid verkehrte Leiter und Führer des Volkes, und eure Kin<strong>der</strong> und<br />

Kindeskin<strong>der</strong> werden es noch ärger machen!<br />

Ihr schlaget den Fels; aber er bleibet verschlossen. Ihr küsset noch die<br />

Rute Arons; aber sie grünet nicht mehr.<br />

Höret, die ihr pflanzet die Ze<strong>der</strong> unter dem Felsen und bindet die Rebe<br />

an einen morschen Pfahl! Die Ze<strong>der</strong> wird dennoch grünen, und die Rebe<br />

wird sich an dem Felsen hinaufranken.


<strong>GL</strong> 1/<strong>2012</strong> Die Schiffspredigt des Herrn<br />

9<br />

Hebet eure Augen auf und schauet ins Meer! Meinet ihr oft nicht: Die<br />

bergehohen Wogen wollen die Sonne verschlingen?<br />

Ich aber sage euch: Es ist nur <strong>der</strong> Sonne Bild, das sie brechen; aber die<br />

Sonne waltet ganz unbekümmert um dieses Meeres Wogen am hohen<br />

Himmel und freut sich ihres ewigen Tages.<br />

Darum sollet ihr die Herzen nicht binden und plagen mit vergeblichen<br />

Worten und nicht schreien: „Hier ist eine Schlange und dort ist eine!“ - da<br />

ihr doch selbst keine sehet und je gesehen habt.<br />

Höret daher auf zu lehren das Volk, ihr Heuchler, Hurer und<br />

Ehebrecher, son<strong>der</strong>n lernet selbst von denen, die den Weg des Herrn<br />

suchen in <strong>der</strong> Liebe und Einfalt ihres Herzens!“<br />

Und Er sagte ihnen abermals ein Gleichnis:<br />

„Nathan, <strong>der</strong> Alte, war gestorben und hatte zwei Söhne hinterlassen<br />

und Malkah, seine Tochter.<br />

Diese Kin<strong>der</strong> befragten sich untereinan<strong>der</strong> und sprachen: „Was meinte<br />

doch unser Vater, als er starb und vor seinem Hinscheiden sagte, wir sollen<br />

sein Gedächtnis im Segen erhalten?“<br />

Und die Söhne stritten und zankten darüber miteinan<strong>der</strong> von <strong>der</strong> Frühe<br />

bis zum Untergange <strong>der</strong> Sonne.<br />

Sie wollten ein Denkmal setzen - <strong>der</strong> eine von Holz, <strong>der</strong> an<strong>der</strong>e von<br />

Marmor. Der eine wollte, dass die Überschrift lang, <strong>der</strong> an<strong>der</strong>e aber, dass<br />

sie kurz sein sollte. Der eine wollte dieses Denkmal in den Garten, <strong>der</strong><br />

an<strong>der</strong>e aber an <strong>der</strong> Wegscheide setzen.<br />

Am nächsten Tage kamen sie wie<strong>der</strong> zusammen und fingen von neuem<br />

an, miteinan<strong>der</strong> zu ha<strong>der</strong>n.<br />

Um die elfte Stunde aber, als es Abend ward und die Sonne sich neigte,<br />

ging Malkah allein zum Grabe und kniete da nie<strong>der</strong>, pflanzte einen<br />

Rosenstock auf das Grab des Vaters und benetzte denselben mit den<br />

Tränen ihrer Liebe.<br />

Wahrlich, Ich sage euch: Sie hat das beste Denkmal dem Vater gesetzt<br />

und hat allein seinen Willen vollkommen erfüllet!<br />

Ihr (Pharisäer und Sadduzäer) seid gleich den beiden Söhnen! Mit Holz<br />

und Steinen, mit Blut und Rauchwerk wollt auch ihr den Vater im Himmel<br />

ehren; aber eure Herzen sind ferne von Ihm!<br />

Ihr könnet lange Gebete auswendig und noch längere traget ihr auf<br />

langen Streifen bei euch, damit die Menschen von euch glauben sollen, als<br />

wäret ihr groß, mächtig und angenehm vor Gott.<br />

Aber das lebendige kurze Gebet im Herzen ist euch fremd, da ihr den<br />

Vater nicht kennet und Ihn noch nie erkannt habt.<br />

Ihr saget gleichwohl: Wenn ein „ungereinigter“ Sün<strong>der</strong> vor Gott betet,


10 Die Schiffspredigt des Herrn<br />

<strong>GL</strong> 1/<strong>2012</strong><br />

so sündiget er noch ärger! - O ihr habsüchtigen, mör<strong>der</strong>ischen Betrüger des<br />

Volkes! Was sollen demnach eure Gebete sein, da ihr doch stets vom<br />

Anbeginne schon voll Gräueltaten, voll Hurerei und Ehebruches waret!<br />

Propheten habt ihr gemordet und getötet alle, die euch nicht opferten in<br />

großen Massen, und ihr saget noch: „Wir sind Kin<strong>der</strong> Abrahams, Isaaks<br />

und Jakobs!“<br />

Abraham, Isaak und Jakob erkannten aber den Vater, als Er zu ihnen<br />

kam. Was ist's denn, dass ihr Ihn nicht erkennet, da Er zu euch gekommen<br />

ist? - Weil ihr Kin<strong>der</strong> des Teufels, aber nicht Kin<strong>der</strong> Abrahams seid!<br />

Ich aber sage euch: Diesmal wird es <strong>der</strong> Vater mit euern „Sün<strong>der</strong>n“<br />

halten und wohnen in ihren Häusern und wird Kost nehmen bei den<br />

Zöllnern. Euch aber wird Er schlagen mit <strong>der</strong> äußersten Finsternis, damit<br />

an euch erfüllet werde, was <strong>der</strong> Prophet Jesaja spricht, indem er sagt:<br />

„Wer hat den Gerechten vom Aufgange erweckt, wer rief Ihn, dass Er<br />

ging? Wer gab die Heiden und Könige vor Ihm hin, dass Er ihrer mächtig<br />

ward, und gab sie Seinem Schwerte wie Staub und Seinem Bogen wie<br />

zerstreute Stoppeln?“ (Jes.41,2)<br />

Viele bekehrten sich durch diese Rede.<br />

Als aber darunter mehrere Pharisäer und Sadduzäer gewaltig zu<br />

schmähen anfingen und Er darum auch aufgehört hatte zu reden, da sprach<br />

Er zu Simon:<br />

„Fahret auf die Höhe und werfet eure Netze aus, auf dass ihr einen<br />

guten Zug tuet!“<br />

Das Fernere ist zu ersehen im Evangelium des Lukas, 5. Kapitel.<br />

Diese Rede aber haben von Mir auch bekommen: Geiring, Tauler,<br />

Tersteegen, Lavater, Stilling und einige an<strong>der</strong>e euch weniger Bekannte;<br />

darunter euch nur <strong>der</strong> Witschel bekannt ist. - Rom und an<strong>der</strong>e Höfe haben<br />

sie wohl auch; aber sehr entstellt.<br />

(Himmelsgaben Bd. 2 S. 202ff)<br />

<br />

„Die sind Mir stets die Liebsten, die von selbst zu Mir kommen,<br />

Mich allezeit im Herzen aufsuchen und Mich dann von ganzem<br />

Herzen über alles lieb haben. - Sie habe aber dann auch Ich über<br />

alles lieb und eröffne ihnen alle Schätze Meiner Himmel!“<br />

(Himmelsgaben Bd. 2 S. 333,8)


<strong>GL</strong> 1/<strong>2012</strong> Die Wie<strong>der</strong>kunft Christi<br />

11<br />

Die Wie<strong>der</strong>kunft Christi<br />

Edith Mikeleitis<br />

Niemals schien eine Zeit entfernter einer Wie<strong>der</strong>kunft Christi zu sein<br />

als die Gegenwart. Auf <strong>der</strong> einen Seite herrschen Überfluss und Selbstherrlichkeit,<br />

auf <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en Seite Armut und Unterdrückung. Der Mensch<br />

in <strong>der</strong> Welt hat Angst. Angst und Langeweile sind die Stigmata einer<br />

glaubenslosen Zeit. Die religiösen Versprechungen, die die Kirchen dem<br />

Menschen gegeben haben, werden nicht erfüllt. Der Einzelne sieht sich<br />

dem ungerechten Treiben <strong>der</strong>er ausgesetzt, die die Macht an sich reißen. Er<br />

fühlt sich inmitten sich überstürzen<strong>der</strong> Ereignisse allein, denn unbewusst<br />

fühlt er, dass ihm eine Macht zur Verfügung stünde, wenn er sie zu<br />

ergreifen wüsste, nämlich eine geistige Macht <strong>der</strong> Liebe, die auch den<br />

Einzelnen zu schützen vermag. Auch die klügsten Theorien können die<br />

Suchenden nicht beruhigen. Sie verlangen nach tieferen und höher<br />

gelagerten Erkenntnissen, nach echten Wertmaßstäben und Einsichten,<br />

doch es werden ihnen billige Zerstreuungen, Anleitungen zum<br />

Vorteilsdenken und unverbindliche Sexualität geboten. Für den Wissenden<br />

jedoch enthüllt gerade die extreme Gottlosigkeit unserer Zeit, dass<br />

die ,letzten Tage‘ herbeigekommen sind. Im Evangelium Matthäus sagt<br />

Jesus: „Des Menschen Sohn ist es, <strong>der</strong> den guten Samen sät. Der Acker ist<br />

die Welt. Der gute Same, das sind die Kin<strong>der</strong> des Reiches. Das Unkraut<br />

dagegen, die Kin<strong>der</strong> des Bösen. Der Feind, <strong>der</strong> das Unkraut gesät hat, ist<br />

<strong>der</strong> Teufel. Die Ernte ist das Ende <strong>der</strong> Weltzeit, und die Schnitter sind<br />

Engel. Wie nun das Unkraut gesammelt und im Feuer verbrannt wird, so<br />

wird es auch am Ende <strong>der</strong> Weltzeit gehen. Der Menschensohn wird seine<br />

Engel aussenden. Die werden aus seinem Reiche alle Verführer und<br />

Übeltäter sammeln und sie in den Feuerofen werfen. Da wird lautes<br />

Weinen und Zähneknirschen sein. Dann werden die Gerechten im Reiche<br />

ihres Vaters wie die Sonne leuchten.“<br />

Da wir die Gnadenverlassenheit und Gottlosigkeit <strong>der</strong> Welt sinnfälliger<br />

erleben, als je eine Zeit zuvor, wird das Wort <strong>der</strong> Apokalypse uns immer<br />

deutlicher. Wir beginnen zu ahnen, dass wir in <strong>der</strong> „Endzeit“ stehen. Den<br />

nihilistischen Mächten ist das Christentum gegenübergestellt, das von<br />

Grund auf neu erlebt und neu gesehen werden muss, um wirklich für uns<br />

„<strong>der</strong> Weg, die Wahrheit und das Leben“ zu sein. Denn das eben war die<br />

überwältigende Neuheit, die das Christentum in die Geschichte <strong>der</strong><br />

Menschheit brachte: ,dass <strong>der</strong> Mensch wahrlich Gott, und Gott wahrlich<br />

Mensch ist‘. (Meister Eckehart) Die Offenbarung Jakob <strong>Lorber</strong>s ist voller


12 Die Wie<strong>der</strong>kunft Christi<br />

<strong>GL</strong> 1/<strong>2012</strong><br />

Hinweise auf diese Endzeit. Vom siebenmaligen Kommen des Herrn<br />

spricht Gott schon in <strong>der</strong> Urschöpfung: „. . . Einmal war Ich schon da im<br />

Anfang <strong>der</strong> Welt, um alle Dinge euret- und Meinetwegen zu erschaffen.<br />

Bald werde Ich wie<strong>der</strong>kommen in großen Wasserfluten, um zu waschen die<br />

Erde von <strong>der</strong> Pest... Und Ich werde zum dritten Male vielfach kommen, wie<br />

jetzt ungezählt zu euch, bald sichtbar und bald wie<strong>der</strong> unsichtbar im Worte<br />

des Geistes, um vorzubereiten Meine Wege. Und Ich werde zum vierten<br />

Male kommen in großer Not körperlich in <strong>der</strong> großen Zeit <strong>der</strong> Zeiten. Und<br />

Ich werde gleich darauf kommen zum fünften Male im Geiste <strong>der</strong> Liebe<br />

und aller Heiligung. (Ausgießung) Und Ich werde zum sechsten Male<br />

kommen innerlich zu jedem, <strong>der</strong> nach Mir in seinem Herzen ein wahres,<br />

ernstliches Verlangen tragen wird, und werde da sein ein Leiter dessen,<br />

<strong>der</strong> voll Liebe sich wird von Mir zum ewigen Leben ziehen lassen. Und Ich<br />

werde dann aber auch <strong>der</strong> Welt fern sein. Wer aber dann aufgenommen<br />

werden wird, <strong>der</strong> wird leben, und Mein Reich wird ewig mit ihm sein. Und<br />

endlich werde Ich zum siebenten Male wie<strong>der</strong>kommen im Feuer Meiner<br />

Heiligkeit. Wehe dann denen, die unlauter gefunden werden. Diese werden<br />

für<strong>der</strong> nicht mehr sein denn im ewigen Feuer Meines Zorns. Dieses letzte<br />

Kommen wird allen ein bleibendes Kommen sein . . . Bleibt in <strong>der</strong> Liebe,<br />

denn diese wird euer Retter sein. Liebt Mich über alles - das wird euer<br />

ewiges Leben sein ... Liebt euch aber auch untereinan<strong>der</strong>, damit euch das<br />

Gericht erlassen wird.' (Haushaltung Gottes Bd. 1; 46,20-23)<br />

Die Frage <strong>der</strong> Menschheit: ,Wo befindet sich Gott in diesem schrecklichen<br />

Geschehen' wird nicht dahin beantwortet, dass Gott seine Allmacht<br />

dazu benutzen wird, um schon vor <strong>der</strong> Ernte den Einzelnen die Freiheit zu<br />

nehmen. „Meine Allmacht kann und darf da nichts zu tun haben, wo sich<br />

in Meinen Kin<strong>der</strong>n ein freies Leben entfalten soll. Ich darf jemandem nicht<br />

mehr tun, als ihr euch untereinan<strong>der</strong> tut. Ich gebe euch den Acker, den<br />

Pflug und den Weizen und bestelle die Schnitter, aber arbeiten müsst ihr<br />

selbst. Arbeitet ihr recht, und es gebricht euch an <strong>der</strong> nötigen Kraft, so<br />

werde Ich euch allezeit damit ausrüsten, wenn ihr Mich in euren Herzen<br />

darum angehen werdet. Ihr werdet dann mit erneuter Kraft zu arbeiten<br />

haben, aber für euch arbeiten kann und darf Ich nicht. Würde Ich es tun,<br />

dann hättet ihr für die Freiheit und Selbständigkeit eures Lebens keinen<br />

Nutzen, denn dann wäret ihr pure Maschinen, aber keine freien, aus sich<br />

heraus lebenden, denkenden und handelnden Menschen.“ (Gr.Ev.Joh.4, 101,9)<br />

In <strong>der</strong> kalten, glücklosen Zeit, in <strong>der</strong> wir leben, kommt es auf den<br />

Einzelnen an, wieweit er zur Selbstverwirklichung kommt. Auch <strong>der</strong><br />

Schöpfer will sich durch das erstehende, selbständige Gottesleben im<br />

Menschen überraschen lassen. Er, <strong>der</strong> Allwissende, kennt zwar alle dem


<strong>GL</strong> 1/<strong>2012</strong> Die Wie<strong>der</strong>kunft Christi<br />

13<br />

Geist innewohnenden Möglichkeiten des Seins, doch will er sie handelnd<br />

in Erscheinung treten lassen, um sich selbst zu erleben. In ,Erde und<br />

Mond’ erklärt er dieses Phänomen: „Der Geist ist in sich zwar keine<br />

Form, aber er ist eben dasjenige Wesen, das die Formen schafft. Und erst,<br />

wenn die Formen geschaffen sind, kann er in diesen geschaffenen Formen<br />

selbst als Form wirkend auftreten. Jede Kraft, wenn sie sich als solche<br />

beurkunden soll, muss sich eine Gegenkraft stellen. Erst zufolge dieses<br />

geschaffenen Stützpunktes kann die Kraft ihre Wirkungen äußern und zur<br />

Erscheinung bringen. Der Geist ist demnach gleich dem Licht, welches in<br />

sich selbst zwar ewig Licht bleibt, aber als Licht so lange nicht bemerkbar<br />

auftreten kann, solange es keine Gegenstände gibt, die es erleuchtet. Geist<br />

ist das Licht, das aus seiner eigenen Wärme sich von Ewigkeit zu Ewigkeit<br />

erzeugt - und ist gleich <strong>der</strong> Wärme die Liebe, und gleich dem Lichte die<br />

Weisheit.“ (Erde und Mond 52,9-11)<br />

Wir Menschen sind keine Apparaturen, die mechanistisch vom<br />

göttlichen Geist getrieben werden - wir sind die geistigen Baumeister<br />

unserer Welt, ausgestattet mit den sieben göttlichen Eigenschaften: Liebe,<br />

Weisheit, Wille, Ordnung, Ernst, Geduld, Barmherzigkeit. Ist in einem<br />

einzelnen Menschen die Kraft Gottes auferstanden, so kann er Millionen<br />

Unerweckter im ewigen Gericht zur Erntezeit vor Gott bringen, um für sie<br />

Gnade und Erbarmung zu erbitten. Es wird für die vielen Unentschiedenen<br />

solcher Fürbitte bedürfen, denn diese Endzeit wird zugleich auch eine<br />

Anfangszeit <strong>der</strong> Gnade sein.<br />

„Wenn die Menschen sich zu sehr in die Lustreize <strong>der</strong> Welt verrennen<br />

und verstricken und nur denken, dass sie bloß darum da sind, um sich als<br />

vernünftige und denkende Wesen von <strong>der</strong> mit allem Reichtum ausgestatteten<br />

Welt auch alle erdenklichen Genüsse zu bereiten und des<br />

eigentlichen Zweckes gar nicht gewahr werden, warum sie in die Welt<br />

gesetzt worden sind, und wer sie in die Welt gesetzt hat - da kann von einer<br />

eigentlichen und höheren Offenbarung Gottes und Seines Liebewillens so<br />

lange keine Rede sein, bis die Menschen durch allerlei Not und Elend<br />

wenigstens so weit zu denken anfangen, dass sie fragen und sagen: ,warum<br />

mussten wir denn in diese elende Welt kommen, und warum müssen wir<br />

uns denn so plagen und martern lassen bis in den sicheren Tod als dem<br />

elenden Schlusspunkt unserer Verzweiflung?' Dann ist auch die Zeit da, in<br />

welcher sich Gott dem Menschen wie<strong>der</strong> von neuem zu offenbaren beginnt,<br />

zuerst durch den Mund geweckter Menschen, durch an<strong>der</strong>e Zeichen und<br />

auch durch allerlei Gerichte an jenen Menschen,... die stolz und lieblos<br />

und voll Übermut geworden sind und bei sich an keinen Gott mehr denken<br />

und noch weniger im Herzen glauben ... Wenn das einmal auf <strong>der</strong> Welt


14 Die Wie<strong>der</strong>kunft Christi<br />

<strong>GL</strong> 1/<strong>2012</strong><br />

unter den Menschen das gewisse Übermaß erreicht hat, dann kommt auch<br />

ein großes Gericht und mit demselben auch eine große und unmittelbare<br />

Offenbarung Gottes an die Menschen, die noch einen Glauben an Gott und<br />

ebenso auch eine Liebe zu Ihm und zum Nächsten in ihrem Herzen<br />

bewahrt haben.“ (Gr.Ev. Joh. 9; 23,3-5)<br />

In <strong>der</strong> Apokalypse des Johannes werden die Ereignisse, die nach dem<br />

Opfertod Jesu Christi in <strong>der</strong> Menschheit geschehen, als das öffnen <strong>der</strong><br />

sieben Siegel im Lebensbuch geschil<strong>der</strong>t, die mit den sieben göttlichen<br />

Eigenschaften gefestet sind. Das menschliche Bewusstsein hat sich in<br />

unseren Tagen nach oben und nach unten schnell und bedeutend erweitert.<br />

Die Wie<strong>der</strong>kunft Christi geschieht unaufhaltsam. „Der Menschen Herzen<br />

sehen nun aus wie diese Zeiten mit ihren grauenhaften Erscheinungen,<br />

wodurch nun solche Trübsal über die Menschheit gekommen ist, wie<br />

ihresgleichen diese Erde noch nicht getragen und geschmeckt hat. Es ist<br />

daher nötig, dass dieser trübseligsten Zeit bald ein Ende gesetzt werde, da<br />

sonst noch jene, die bisher zu den Auserwählten gezählt werden,<br />

Schiffbruch leiden könnten . . . Die Zeit <strong>der</strong> Reinigung wird verkürzt<br />

werden, denn es wird Stunden geben, in denen mehr geschehen wird als<br />

ehedem in Jahren. . . denn es wird Tage geben, von denen einer mehr<br />

bedeuten wird als ehedem ein volles Jahrhun<strong>der</strong>t, ... denn es wird nun in<br />

einer Woche mehr geschehen, als in <strong>der</strong> Vorzeit in siebenhun<strong>der</strong>t<br />

Jahren.“ (Himmelsgaben 3 S. 427,8-10) Gerade diese Angabe für die Endzeit<br />

erweist sich als bedeutungsvoll, denn ist es uns allen nicht so, dass die Zeit<br />

rasend zu eilen scheint? Die Ereignisse überstürzen sich. Man könnte das<br />

heutige Weltgeschehen mit <strong>der</strong> Abfahrt eines steuerlos gewordenen<br />

Wagens vergleichen, <strong>der</strong> immer schneller rast, je näher er dem Abgrund<br />

kommt. Der Zeitbegriff hat sich geän<strong>der</strong>t. „Der Hochmut <strong>der</strong> Völker hat<br />

alles Maß überschritten. Bis in den höchsten Himmel stieg schon <strong>der</strong><br />

Dampf <strong>der</strong> Hölle. Die Erde selbst bat Mich, dass Ich die arge Brut des<br />

Satans doch endlich ausmerzen solle. Seht, die Zeit ist da, enthüllt vor<br />

euren Augen. Bevor Ich aber als <strong>der</strong> Herr und Schöpfer alles Lebens<br />

wie<strong>der</strong>kommen kann, muss <strong>der</strong> Erdboden von allem Unkraut gereinigt<br />

werden, und das geht nunmehr auf allen Punkten <strong>der</strong> Erde vor<br />

sich.“ (Himmelsgaben 3 S. 483,63) Das Christentum ist <strong>der</strong> Strahlungspol für<br />

die gesamte Menschheit geworden. Aus <strong>der</strong> Lei<strong>der</strong>fahrung des Opfers des<br />

selbstischen Ich für das größere Ganze hat das Christentum den höchsten<br />

Anspruch an den Menschen gestellt. Es hat die Erde dadurch zum<br />

Spannungsfeld wi<strong>der</strong>streiten<strong>der</strong> Kräfte gemacht und im Menschen nie<br />

geahnte Fähigkeiten und gefährliche Verirrungen geweckt. Die<br />

Apokalypse schil<strong>der</strong>t die Passionsgeschichte <strong>der</strong> Menschheit in


<strong>GL</strong> 1/<strong>2012</strong> Die Wie<strong>der</strong>kunft Christi<br />

15<br />

Entsprechungsbil<strong>der</strong>n, die ein tiefgeistiges Geschehen deutlich zu machen<br />

suchen. Die einzelnen Zeiten werden durch die Öffnung von sieben<br />

Siegeln auf <strong>der</strong> Erde wirksam. Unverkennbar stehen wir heute vor <strong>der</strong><br />

Eröffnung des siebenten Siegels, wo trotz aller Plagen und trotz<br />

verzehrendster Reinigungsfeuer die Barmherzigkeit ihr Werk vollendet. Im<br />

menschlichen Bewusstsein werden als Frucht des harten und langen<br />

Passionsweges Verän<strong>der</strong>ungen vor sich gehen. Nicht nur <strong>der</strong> Eintritt <strong>der</strong><br />

Erde in das kosmologische Frühlingszeichen Wassermann, was erhöhte<br />

Schwingungsfrequenzen aller kosmischen Strahlungen bedeutet, wird sich<br />

als Belebung und Erweiterung bemerkbar machen, son<strong>der</strong>n ungeahnte<br />

Möglichkeiten und Fähigkeiten im Menschen selbst werden erweckt<br />

werden. „Die Barmherzigkeit bringt alles zuwege. Sie ordnet alle die<br />

früheren Geister und bewirkt die rechtzeitige Reife einer Welt sowohl wie<br />

aller Geschöpfe auf ihr. Für alles hat sie einen bestimmten Zeitraum<br />

gestellt, und die reif gewordenen Wesen können demnach bestimmt <strong>der</strong><br />

vollen Erlösung gewärtig sein und in ihre Freiheit eingehen und in die<br />

vollste Lebensselbständigkeit. Dieser siebente Geist in Gott bewirkte auch,<br />

dass Gott Selbst Fleisch annahm, um dadurch alle die gefangenen Geister<br />

aus dem harten notwendigen Gericht <strong>der</strong> Materie in möglichster Kürze zu<br />

erlösen. Deshalb kann auch Sein Werk - die Erlösung - die Neuschaffung<br />

<strong>der</strong> Himmel und Welten und somit das größte Werk Gottes genannt<br />

werden, weil in diesem alle die sieben Geister Gottes vollkommen<br />

gleichgewichtig wirken.“ (Gr.Ev.Joh.VII 18,15-16) Oft wird in <strong>der</strong> Neuoffenbarung<br />

davon gesprochen, dass Christus zu erst unsichtbar ,in den<br />

Wolken des Himmels’ kommen wird, was soviel heißen soll, als dass er<br />

sich im Wort verhüllen wird, das nur denen offenbar wird, die dafür reif<br />

sind. „Wenn auf diese Art Meine Lehre unter die Menschen, die eines<br />

guten Willens und tätigen Glaubens sind, gebracht sein wird und zum<br />

wenigsten ein Drittel <strong>der</strong> Menschen davon Kunde haben werden, so werde<br />

Ich dann auch hier und da persönlich und leibhaftig sichtbar zu denen<br />

kommen, die Mich am meisten lieben und nach Meiner Wie<strong>der</strong>kunft die<br />

größte Sehnsucht und dafür auch den vollen und lebendigen Glauben<br />

haben werden. Und Ich werde aus ihnen Selbst Gemeinden bilden, denen<br />

keine Macht <strong>der</strong> Welt mehr einen Trotz und Wi<strong>der</strong>stand zu bieten vermag.<br />

Denn Ich werde ihr Heerführer und ihr unüberwindlicher Held sein und<br />

alle toten und blinden Weltmenschen richten. Und so werde Ich die Erde<br />

reinigen von ihrem alten Unflate.“ (Gr.Ev.Joh. IX 94,6-7)<br />

Nirgends in allen Prophezeiungen wird von einer Vernichtung <strong>der</strong> Erde<br />

gesprochen, immer nur von einer Reinigung. Wenn Christus, <strong>der</strong><br />

Demütigste und Erbarmungsvollste, uns Erdenmenschen den härtesten


16 Die Wie<strong>der</strong>kunft Christi<br />

<strong>GL</strong> 1/<strong>2012</strong><br />

Kampf verordnet hat, konnte es nur zum höchsten Liebeszweck geschehen.<br />

Er sagt: „Wenn auf diese Art Meine Lehre und ihrem Geiste nach<br />

so gestellt, dass sie Kin<strong>der</strong> Gottes werden können, wodurch sie dasselbe<br />

vermögen, was Ich Selbst vermag. .. Ihr seid Meine Kin<strong>der</strong> und somit<br />

Götter, wie Ich als euer Vater Gott bin. Um aber eine Seele so zu stellen,<br />

bedarf es <strong>der</strong> härtesten Lebensschule ... In solcher Härte findet sie aber<br />

nur auf dieser Erde statt und auf keinem an<strong>der</strong>en Weltkörper sonst. Der<br />

ganze Mensch wird dadurch Gott in allem ähnlicher und ähnlicher in<br />

überschwänglicher Fülle. Diese Erde entspricht Meinem Herzen. Ich<br />

Selbst besitze aber auch nur ein Herz und nicht mehrere Herzen. Darum<br />

kann es auch nur einen Weltkörper geben, von Mir aus gestellt, <strong>der</strong><br />

Meinem Herzen, und zwar dessen innerstem Lebenspunkte, völlig<br />

entspricht.“ (Gr.Ev.Joh. X 184,2+7) Hat Gott nicht seinen gefallenen<br />

Lichtgeist Luzifer ins Innerste <strong>der</strong> Erde - also in sein Herz verbannt?<br />

Könnte es einen festeren und sichereren Ort für den Wi<strong>der</strong>sacher geben<br />

als im Mittelpunkt <strong>der</strong> Liebe? Der Sieg des Christus nimmt <strong>der</strong> Bosheit<br />

jede Waffe. Schritt für Schritt geht <strong>der</strong> verlorene Sohn dem Vaterhaus<br />

entgegen, noch wi<strong>der</strong>willig, doch schon im Bewusstsein, dass er seines<br />

Wirkungsfeldes entkleidet worden ist. Er weiß seit dem Kreuzestod Jesu<br />

Christi, dass keine Sünde so groß ist, dass sie nicht in Jesu Opfer Tilgung<br />

fände. Niemand soll diese Endzeit für eine unglückliche halten, wenn er<br />

Christus liebt. „Soll euch solche Weisheit zum lebendigen Nutzen sein, so<br />

muss sie entwe<strong>der</strong> zu einem lebendigen Gefühl im Herzen werden, o<strong>der</strong> -<br />

was das Bessere ist - sie muss aus <strong>der</strong> Lebendigkeit des Herzens<br />

hervorgehen. Ist eines o<strong>der</strong> das an<strong>der</strong>e <strong>der</strong> Fall, so wird eure dadurch<br />

erweckte Lebenskraft als steter Zeuge zur Bekräftigung auftreten und vor<br />

je<strong>der</strong>mann laut verkünden, dass Gott wirklich die reinste und heiligste<br />

Liebe selbst ist, in welcher kein Wesen und am wenigsten ein wahres Kind<br />

dieser Liebe je zugrunde gehen wird. Wer Gott nicht auf diese Weise<br />

gefunden hat, für den ist so gut wie kein Gott vorhanden, da Er für ihn<br />

kein Gott des Lebens ist, son<strong>der</strong>n nur ein Gott menschlicher<br />

Verstandesklügelei, welche nur so lange Bestand hat, bis sie von einer<br />

an<strong>der</strong>en verdrängt wird. Wer aber Gott in und aus seinem Lebensgrunde,<br />

d. h. mit seinem Herzen gefunden hat, <strong>der</strong> hat Ihn gefunden wesenhaft,<br />

und keine Macht wird Ihn je mehr aus ihm verdrängen. (HGt II 164,16-19)<br />

Die Lichter <strong>der</strong> Himmel werden sich begegnen, erkennen und sich<br />

unterstützen. Aus diesen Lichtern wird sich die Sonne des Lebens, also das<br />

neue, vollkommene Jerusalem, gestalten, und in dieser Sonne werde Ich<br />

auf diese Erde wie<strong>der</strong>kommen.“ (Gr.Ev.Joh. IX 94,14)<br />

(Quelle: Der Plan Gottes, <strong>Lorber</strong>-Verlag)


<strong>GL</strong> 1/<strong>2012</strong> Worte, die das Herz öffnen<br />

17<br />

Worte, die das Herz öffnen<br />

Vorboten und Wegweiser zur Heilung<br />

Werner Krebber<br />

„Im Anfang war das Wort...“ - so beginnt das Johannes-Evangelium des<br />

Neuen Testaments. Für den Apostel Johannes sind Wort und Gott<br />

untrennbar miteinan<strong>der</strong> verbunden. „Sprich nur ein Wort, so wird meine<br />

Seele gesund“, heißt es in <strong>der</strong> katholischen Messfeier. In den<br />

verschiedenen Weltspiritualitäten hat sich die mentale Kraft heilen<strong>der</strong><br />

Worte immer wie<strong>der</strong> neu manifestiert. Doch was für Worte sind es, die<br />

Vorboten <strong>der</strong> Heilung werden können? Welche Worte haben jene so<br />

eindringliche Initialwirkung, dem Menschen neue Wege aufzuzeigen, ihn<br />

zu Heil und Heilung zu führen?<br />

Worte, die heilen können, haben oft mit dem zu tun, was als Gebet<br />

bekannt ist. Das Wort stammt von dem althochdeutschen „gibet“ und<br />

bedeutet Bitte. Gebete können Lobpreisung ebenso formulieren wie Bitte,<br />

Buße o<strong>der</strong> Dank. Für uns heute sind wohl vor allem jene Gebete wichtig,<br />

die eine Beziehung zur eigenen Mitte und über diesen Weg zu Gott suchen<br />

- also das „innere Gebet'. Auf seiner meditativen Grundlage findet sich<br />

hier eine große Nähe zu <strong>der</strong> in den östlichen Religionen geübten<br />

Meditationspraxis.<br />

Worte, die helfen<br />

Meine Erinnerungen an Bitte und Beten sind eng mit <strong>der</strong> katholischen<br />

Liturgie verbunden. Nach <strong>der</strong> Wandlung von Brot und Wein in Leib und<br />

Blut Christi lädt <strong>der</strong> Priester dort die Gläubigen zur Kommunion ein, die<br />

darauf unter an<strong>der</strong>em antworten: „...aber sprich nur ein Wort, so wird<br />

meine Seele gesund“. Ich erinnere mich auch an ein Treffen mit einem<br />

Pastoraltheologen. Der berichtete von einem Gespräch, das er mit einem<br />

Mann geführt hatte, <strong>der</strong> ihm von seinen Problemen berichtete. Am Ende<br />

des Gesprächs sagte <strong>der</strong> Mann zu dem Theologen: „Sie haben mir sehr<br />

geholfen.“ Gesagt hatte <strong>der</strong> Theologe ihm allerdings nichts, er hatte ihm<br />

keinen Rat erteilt o<strong>der</strong> ähnliches. Aber er hatte <strong>der</strong> Not des Mannes<br />

zugehört - er hatte ihm den nötigen Raum gewährt, damit dieser seinen<br />

Schmerz in seinen eigenen Worten ausdrücken kann. Ganz nach <strong>der</strong><br />

Erfahrung von Selbsthilfegruppen: „Wer nicht spricht, zerbricht.“<br />

„Wir sind, was wir denken...“<br />

Gerade in <strong>der</strong> westlichen Kultur sind die Menschen außerordentlich


18 Worte, die das Herz öffnen<br />

<strong>GL</strong> 1/<strong>2012</strong><br />

kopflastig. Sie haben damit allerdings auch eine enorme Chance. Clemens<br />

Kuby, unter an<strong>der</strong>em Regisseur des Filmes „Unterwegs in die nächste<br />

Dimension“ weist auf eine wichtige Voraussetzung dafür hin, Vertrauen in<br />

jene Worte zu entwickeln, die es vermögen, weiter zu helfen: „Die<br />

wichtigste Eigenschaft des Gehirns ist es, die eigene Wirklichkeit zu<br />

erschaffen. Dafür nimmt es über 90 Prozent <strong>der</strong> Informationen aus dem<br />

eigenen Fundus und nicht über die Sinnesorgane von außen auf. Also muss<br />

das, was für wahr gehalten wird, bei jedem etwas an<strong>der</strong>es sein. Das<br />

Gehirn weist den an sich bedeutungsfreien neuronalen Prozessen die<br />

Bedeutung erst zu.“ Ganz so, wie es im Dhammapada von Buddha<br />

überliefert ist: „Wir sind, was wir denken. Alles, was wir sind, entsteht mit<br />

unserem Denken, mit unseren Gedanken erschaffen wir die Welt. Sprich<br />

und handle mit unreinem Geist, und Ungemach wird dir folgen. Wie das<br />

Rad dem Ochsen folgt, <strong>der</strong> den Karren zieht. Wir sind, was wir denken.<br />

Alles, was wir sind, entsteht mit unserem Denken, mit unseren Gedanken<br />

erschaffen wir die Welt. Sprich o<strong>der</strong> handle mit reinem Geist, und<br />

Beglücktheit wird dir folgen, wie dein Schatten, unerschütterlich.“<br />

Die Kraft <strong>der</strong> Worte<br />

Johannes <strong>der</strong> Täufer - auch Johannes <strong>der</strong> Vorläufer genannt - hat auf<br />

dem Isenheimer Altar von Matthias Grünewald einen übergroß<br />

scheinenden Finger, <strong>der</strong> auf den Mond zeigt. Er ist Wegweiser und<br />

Vorläufer dafür, die größere und tiefere Wirklichkeit erkennen zu lassen:<br />

die Göttlichkeit des Menschen Jesus und damit unsere eigene<br />

Gotteswirklichkeit, die beispielsweise in <strong>der</strong> Mystik immer wie<strong>der</strong><br />

hervorgehoben wird. Aber unsere Zweifel, die immer wie<strong>der</strong> aufkommen,<br />

verstellen den Blick auf diese innere Wahrheit, da unsere Neigung<br />

mitunter allzu gering ist, <strong>der</strong> Kraft <strong>der</strong> Worte zu vertrauen. Eine<br />

ungewöhnliche Visualisierung, die <strong>der</strong> japanische Forscher Masaru Emoto<br />

vorgenommen hat, kann diese Zweifel vielleicht verringern. Emoto machte<br />

die Wirkung von Worten mit Hilfe von Photographien sichtbar. Er ist<br />

hergegangen und hat die geometrische Struktur des Wassers als Kristall,<br />

bei minus 30°C unter dem Mikroskop fotografiert. Dabei fand er<br />

Erstaunliches heraus: „Durch die Art und Weise, wie das Wasser auf<br />

unsere Worte reagiert, lernen wir etwas über uns selbst und die Wirkung,<br />

die unsere Worte haben.“ Konkret heißt das nach seinen Erkenntnissen:<br />

„Wenn ich ein Schild auf eine Wasserflasche klebe, und auf das Schild<br />

schreibe ich ein durch und durch positives Wort wie Dankbarkeit', dann<br />

bildet das Wasser einen schönen Kristall. Schreibe ich ,Idiot' drauf, kommt<br />

ein mickriger, hässlicher Kristall heraus. Ich habe beide Worte auf ein


<strong>GL</strong> 1/<strong>2012</strong> Worte, die das Herz öffnen<br />

19<br />

Schild geschrieben und erwartet, dass sich das Positive und das Negative<br />

gegenseitig aufheben. Aber es kam trotzdem ein schöner Kristall heraus.“<br />

Auch am Institut für Statik und Dynamik <strong>der</strong> Luft- und<br />

Raumfahrtkonstruktionen (ISD) <strong>der</strong> Universität Stuttgart wird seit einigen<br />

Jahren an <strong>der</strong> Informationsübertragung im Wasser geforscht. Hier war den<br />

Wissenschaftlern aufgefallen, dass sich schwache Feldwirkungen, die mit<br />

üblichen Messmethoden sonst nicht feststellbar sind, im Wasser abbilden<br />

und unter dem Mikroskop betrachtet und dokumentiert werden können.<br />

Die Kraft des Gebets<br />

Der Einfluss von positiv wirkenden Worten kann aber nicht nur<br />

vermutet, son<strong>der</strong>n auch bewiesen werden. Dies haben Forscher um<br />

Luciano Bernardi verifiziert, indem sie Versuchsgruppen mit<br />

unterschiedlichen Gebeten untersuchten. Sie haben die Wirkung des<br />

lateinisch gesprochenen Rosenkranzes und die Rezitation von Mantren bei<br />

Patienten überprüft, die an Herzproblemen litten. Ihr Ergebnis zeigte, dass<br />

beide Gebetsübungen bei den Patienten hervorragende psychische wie<br />

physische Effekte mit sich brachten, und sich das Wohlbefinden<br />

verbesserte.<br />

Bestätigt werden damit auch Untersuchungen wie jene, die 1999 in <strong>der</strong><br />

amerikanischen Zeitschrift ''Demography“ veröffentlicht wurden. Die dort<br />

publizierte repräsentative Studie hatte 204 Personen neun Jahre lang<br />

begleitet. Das Ergebnis war, dass 20-jährige US-Amerikaner eine um gut<br />

sechseinhalb Jahre höhere Lebenserwartung haben, wenn sie ''einmal pro<br />

Woche zur Kirche, Synagoge o<strong>der</strong> Moschee gehen“.<br />

Der Religionspsychologe Bernhard Grom ist deshalb <strong>der</strong> Frage<br />

nachgegangen, ob ''Gebet, Meditation und Gottesdienst innerhalb des<br />

Immunsystems die Produktion von Abwehrkräften för<strong>der</strong>n“ können. Seine<br />

Antwort klingt plausibel: „Die ,Kraft des Gebets liegt vermutlich nicht<br />

darin, dass es irgendwelche ,Heilungskräfte' mobilisiert, son<strong>der</strong>n dass es<br />

gesundheitsschädigenden Stress min<strong>der</strong>t; nicht darin, dass es das<br />

Immunsystem anregt, son<strong>der</strong>n darin, dass es das Immunsystem schont -<br />

und damit Erkrankungen eher verhin<strong>der</strong>t und Heilungsprozesse entstört.“<br />

Seiner Meinung nach ist diese „stresstheoretische Erklärung“ jene, die<br />

den gemachten Beobachtungen sowie dem heutigen medizinischen Wissen<br />

am besten gerecht wird: ''Starke emotionale Belastungen, psychischer<br />

Stress', wie er aus Verlusterfahrungen, Zukunftsängsten, Ärger und<br />

Enttäuschungen entsteht, löst oft körperlichen Stress aus, <strong>der</strong> längerfristig<br />

sowohl die Gefahr von Thrombosen und Herzinfarkten als auch das Risiko<br />

von Infektionen und Krebserkrankungen steigert. Nun können religiös


20 Worte, die das Herz öffnen<br />

<strong>GL</strong> 1/<strong>2012</strong><br />

motivierte Bewältigungsformen die emotionalen Belastungen verringern,<br />

abpuffern und damit eine Ursache von krankheitsför<strong>der</strong>ndem Stress<br />

verringern. Der Glaube kann dazu einladen, sich wegen Misserfolgen,<br />

Krankheit und altersbedingter Einschränkung nicht min<strong>der</strong>wertig zu<br />

fühlen, weil man sich ja von <strong>der</strong> höchsten denkbaren Instanz als ‚Ebenbild'<br />

und ,Freund' geachtet weiß...“<br />

Der Schweizer Psychiater Jakob Bösch geht noch weiter: ''Geistiges<br />

Heilen und Spiritualität gehören zusammen und bedeuten Globalisierung<br />

von Religion und Medizin. Die zentralen, spirituellen Botschaften <strong>der</strong><br />

großen Weltreligionen sind weitgehend deckungsgleich. Die Besinnung auf<br />

dieses gemeinsame Wissen überschreitet die Grenzen von Nationen,<br />

Religionen und Rassen. Geistiges Heilen ist <strong>der</strong> Teil <strong>der</strong> Heilkunde, <strong>der</strong><br />

armen und reichen Menschen auf dieser Erde gleichermaßen zur<br />

Verfügung steht.“ Er fand heraus, dass „die Hälfte von befragten<br />

Krankenhauspatient den Wunsch äußerten, ihre Ärzte möchten am<br />

Krankenbett mit ihnen beten.“ Doch sie stoßen damit auf ein Dilemma.<br />

„Solche Ergebnisse bringen die Ärzteschaft in Verlegenheit, wird doch an<br />

einem <strong>der</strong> großen Tabus gerüttelt. An<strong>der</strong>s als die Sexualität haben<br />

Spiritualität und Religiosität <strong>der</strong> Enttabuisierung bis heute<br />

standgehalten.“ Dabei sieht er in seiner Praxiserfahrung und dem<br />

Vergleich mit internationalen Studien, „dass religiös-spirituelle Menschen<br />

über bessere körperliche und seelische Gesundheit verfügen; wenige<br />

Prozent <strong>der</strong> Studien haben bei religiösen Menschen mehr<br />

Gesundheitsprobleme gefunden.“<br />

Vielfalt und Individualität<br />

Im Hinduismus ist davon die Rede, dass es tausend Namen Gottes gibt.<br />

Im Islam hat Allah 99 Namen. Deutlich wird hier die Vielfalt dessen, was<br />

wir als Gott ansehen und annehmen. Und ebenso vielfältig sind die<br />

Formen und Worte, die wir im Gebet verwenden. Beten und damit die<br />

Wahl jener Worte, mit denen wir beten, ist ein „Sehnen des Herzens“, wie<br />

Sophy Burnham meint. „Im Gebet manifestiert sich <strong>der</strong> unwi<strong>der</strong>stehliche<br />

Drang unserer Menschennatur, mit <strong>der</strong> Quelle <strong>der</strong> Liebe, mit <strong>der</strong> Energie<br />

des Universums, Kontakt aufzunehmen und zu kommunizieren. Im Gebet<br />

bitten wir in jenen Momenten um Hilfe, wo wir uns einer Situation absolut<br />

nicht gewachsen fühlen.“<br />

Sind es aber bestimmte, spezielle, nur Insi<strong>der</strong>n bekannte Worte, die<br />

dorthin führen können? Ich glaube nicht. Ich folge da lieber Jacques<br />

Gaillot, <strong>der</strong> sagt: „Je<strong>der</strong> hat seinen Weg. Das Gebet hat einen<br />

persönlichen Stil so, wie je<strong>der</strong> eine beson<strong>der</strong>e Stimme, ein beson<strong>der</strong>es


<strong>GL</strong> 1/<strong>2012</strong> Worte, die das Herz öffnen<br />

21<br />

Gesicht hat; und <strong>der</strong> Körper ist mit einbezogen. Es än<strong>der</strong>t sich mit dem<br />

Alter, den Ereignissen, <strong>der</strong> Verantwortung.“ Mir fällt an dieser Stelle ein<br />

Bild ein: Wenn es darum geht, heilende Worte auf ihre Authentizität zu<br />

prüfen, muss man sie wie beim Goldwaschen behandeln. Immer wie<strong>der</strong><br />

sieben, schütteln, den Schmutz und Dreck durch das klare Wasser von<br />

ihnen abspülen. Und dann den Goldkern nehmen und drauf beißen: Ist er<br />

wirklich echt? Gaillot sagt daher: „Das Gebet macht solidarisch. Es führt<br />

zum Wesentlichen. Es erweitert die Herzen.“ Und mir scheint: nur dann,<br />

wenn ein Gebet die Herzen zu erweitern vermag, ist es echt.<br />

Von <strong>der</strong> Kraft des Gebetes<br />

Ausgewählte Sätze<br />

„Wer von <strong>der</strong> Erde ist, heißt es, redet Irdisches, und wer vom Himmel ist,<br />

<strong>der</strong> sagt, was er gesehen hat. Und was von dem, was Christi, des Herrn ist,<br />

wäre nicht himmlisch? So auch die Anweisung zum Gebet.“<br />

Tertullian (160 - 220)<br />

„Das Gebet, das ein Mensch nach bestem Können verrichtet, hat große<br />

Kraft. Es macht ein bitteres Herz süß, ein trauriges froh, ein armes reich,<br />

ein törichtes weise, ein verzagtes kühn, ein schwaches stark, ein blindes<br />

sehend, ein kaltes brennend. Es zieht den großen Gott in das kleine Herz;<br />

es trägt die hungrige Seele empor zu Gott, dem lebendigen Quell und<br />

bringt zusammen zwei Liebende: Gott und die Seele.“<br />

Die Begine und Mystikerin Gertrud von Helfta (1256 - 1302)<br />

„Gott ist in unserem Innersten auf eine unvergleichliche Art gegenwärtig.<br />

Eine verborgene Quelle murmelt in jedem von uns. In einer Welt, in <strong>der</strong><br />

das Nützliche und Effiziente über alles an<strong>der</strong>e gesetzt werden, stellt das<br />

Gebet die Zweckfreiheit wie<strong>der</strong> her. Auf dem Grunde unserer Seele wartet<br />

eine enge Türe auf ihre Entdeckung, damit wir den Ruf hören, den <strong>der</strong><br />

Heilige Geist in uns aufsteigen lässt.“<br />

Jacques Gaillot, Bischof von Partenia (*1935)<br />

„Alle Schwierigkeiten im Gebet können zurückverfolgt werden auf eine<br />

Ursache: zu beten, als wäre Gott abwesend.“<br />

Teresa von Avila (1515-1582)


22 Das Reich Gottes im Menschenherzen<br />

<strong>GL</strong> 1/<strong>2012</strong><br />

Das Reich Gottes im Menschenherzen<br />

„Mein Reich ist in eines jeden Menschen kleines Herz gelegt. Wer da<br />

hineinkommen will, muss also in sein eigenes Herz eingehen und sich da<br />

ein Plätzchen <strong>der</strong> Ruhe gründen, die da heißt Demut, Liebe und<br />

Zufriedenheit. Ist er damit in <strong>der</strong> Ordnung, ist auch sein Glück für ewig<br />

gemacht. Er wird dann bald sehr viel mehr finden, als er je erwartet hatte.<br />

Denn ein kleines Häuschen ist gewiss leichter mit allem Nötigen<br />

einzurichten als ein großer Palast, <strong>der</strong> noch immer leer aussieht, wenn sich<br />

auch schon tausende Einrichtungsstücke darin befinden.<br />

Ihr müsst euch daher auch von Meinen Himmeln keine zu breiten<br />

Gedanken, son<strong>der</strong>n ganz enge und kleine Vorstellungen machen, dann<br />

werdet ihr darinnen die wahre Glückseligkeit finden. - Ein Herz voll Liebe<br />

zu Mir und zu den Brü<strong>der</strong>n und Schwestern, sowie ein tätigkeitslustiger<br />

und tätigkeitsvoller Sinn, das wird jedem von euch die wahre, ewige<br />

Seligkeit begründen.<br />

So sollt ihr euch Meine Himmel auch nicht irgendwo als recht weit<br />

entfernt vorstellen, son<strong>der</strong>n ganz nahe. Der ganze Weg beträgt höchstens<br />

drei Spannen Maß: die Entfernung vom Kopf bis ins Zentrum des<br />

Herzens! Habt ihr diese kleine Strecke zurückgelegt, so seid ihr auch<br />

schon drinnen. Denkt ja nicht, dass wir etwa eine Auffahrt über alle Sterne<br />

hinauf und hinaus machen werden, son<strong>der</strong>n eine Nie<strong>der</strong>fahrt nur in unser<br />

Herz. Da werden wir unsere Himmel und das wahre, ewige Leben finden!“<br />

(Von <strong>der</strong> Hölle bis zum Himmel Bd.2, Kap. 278,4-6)<br />

<br />

Neues Leben<br />

„Was suchest du denn außer dir, was allein in dir zu finden ist -<br />

nämlich das reine Wort und Wesen des Herrn, deines Gottes und Vaters!?<br />

Kehre in dich und wende dein Herz zu Mir, so wirst du alsbald die<br />

Stimme deines heiligen Vaters vernehmen o<strong>der</strong> - was dasselbe ist - in<br />

deinem Herzen fühlen, was Sein Geist dir kündet.<br />

Allezeit setze dich so mit Mir in Verbindung, dass du Mein Nahesein<br />

spürst und deutlich die Gegenwart deines Gottes empfindest. Denn du<br />

sollst immer mehr lernen, dein eigenes Wesen zu erforschen durch das<br />

Eingehen in dich selbst.<br />

Je tiefer du in dein Inneres dringst, desto tiefer dringst du in Mich, weil<br />

Ich ja in <strong>der</strong> Tiefe deines Herzens wohne, lebe und regiere.<br />

Verstehst du erst dich selbst, so wirst du auch Mich verstehen und


<strong>GL</strong> 1/<strong>2012</strong> Gottes Stimme im Herzen<br />

23<br />

Mich erkennen als Den, <strong>der</strong> Ich bin und <strong>der</strong> Ich nun mit dir rede.<br />

Ich bin <strong>der</strong> allmächtige Gott und Schöpfer aller Kreatur; aber auch euer<br />

aller Vater, Herr und Meister von Ewigkeit! Das ist es, was du immer mehr<br />

in dir erkennen lernen sollst.<br />

Denn solange du Mich nicht wahrhaft und lebendig erkannt hast als<br />

deinen Gott-Vater im Sohne Jesus Christus, ist dein Glaube kein<br />

lebendiger und wird die Finsternis nicht weichen von dir noch von denen,<br />

die mit dir sind.“ (Ida Kling - Lebensworte <strong>der</strong> Ewigen Liebe S. 73)<br />

<br />

Gottes Stimme im Herzen<br />

Mein Kind, <strong>der</strong> Wunsch ist in dir aufgestiegen, doch auch einmal<br />

Meine Stimme in deinem Herzen zu vernehmen. - Siehe, da sage Ich dir:<br />

Warum hast du es denn noch nicht versucht, Meine Stimme in dir zu<br />

vernehmen? - Glaube nicht, dass Ich nur mit einzelnen Meiner Kin<strong>der</strong><br />

unmittelbar verkehre, weil nur einzelne dafür geeignet seien! - O nein,<br />

nicht darum werden nur einzelne berufen, denn geeignet ist ein jedes dazu;<br />

son<strong>der</strong>n nur darum, weil sich nicht ein jedes so hingibt, wie sich da<br />

hingeben muss ein Kind, welches Ich zu Meinem Boten erwähle.<br />

So du aber Mein Wort in dir vernehmen willst, dann versenke dich in<br />

dein Innerstes und lasse alles Äußere um dich als nicht daseiend vor<br />

deinen Blicken verschwinden und erhebe dein Herz zu Mir mit dem festen<br />

Vertrauen eines Kindes! Dann wirst du die Worte in deinem Herzen<br />

fühlen, wie sie da fühlt ein jedes Meiner Kin<strong>der</strong> - nur verschieden durch<br />

die Individualität des Herzens, zu welchem Ich spreche. Doch <strong>der</strong><br />

Grundton wird überall <strong>der</strong>selbe, nämlich: Meine Liebe sein.<br />

Siehe, so habe Ich dir nun das Tor geöffnet, durch welches du nur<br />

schreiten darfst! - Doch darfst du jetzt nicht meinen, dass du dadurch<br />

genötigt o<strong>der</strong> gar von Mir zur Mittlerin erwählt seiest! - O nein, denn Ich<br />

erwähle niemanden, <strong>der</strong> Mir nicht seine ganze Zeit o<strong>der</strong> wenigstens so<br />

viel, als Ich beanspruche, leicht und gerne schenken kann. - Du sollst nur<br />

sehen, dass <strong>der</strong> Weg zu Mir einem jeden frei und offen steht.<br />

Und nun, Mein Kind, sage Ich dir nochmals: Komme zu Mir! Komme<br />

selbst und gib Mir ganz dein Herz! - Dann will auch Ich dir ganz das<br />

Meine geben und will dich mit Liebe und Licht erfüllen, damit du erst<br />

recht verstehen lernest Meine große Liebe und den wahren Grund dieser<br />

Meiner abermaligen Darnie<strong>der</strong>kunft. Der Friede sei mit dir! Amen.<br />

(Ida Kling - Vater und Kind S. 27)


24 Anleitung zum Jesusgebet<br />

<strong>GL</strong> 1/<strong>2012</strong><br />

Anleitung zum „Jesusgebet“<br />

Anselm Grün<br />

Das „Jesusgebet“ atmet das Vertrauen, dass dieser Jesus Christus in mir<br />

ist. Er ist nicht <strong>der</strong>, <strong>der</strong> in ferner Vergangenheit gelebt hat, son<strong>der</strong>n er ist in<br />

mir. Die Mönche geben den Rat, beim Einatmen den Atem in das Herz<br />

strömen zu lassen und im Atem Christus selbst im Herzen zu spüren.<br />

Christus ist in mir. In <strong>der</strong> Wärme, die <strong>der</strong> Atem im Herzen erzeugt, kann<br />

ich seine liebende und barmherzige Gegenwart erahnen. Das Spüren des<br />

Atems im Herzen entlastet den Kopf, <strong>der</strong> sich normalerweise beim Gebet<br />

immer wie<strong>der</strong> störend meldet und uns mit immer neuen Gedanken in<br />

Unruhe versetzt. Im Herzen, das vom Atem warm wird, können wir in<br />

Jesus Christus zur Ruhe kommen. Wir begegnen ihm nicht nur in einem<br />

kurzen Augenblick, son<strong>der</strong>n wir bleiben in <strong>der</strong> Begegnung. So hilft das<br />

Jesusgebet, ständig in <strong>der</strong> Begegnung mit Christus und aus <strong>der</strong> Beziehung<br />

zu ihm heraus zu leben. Mein Herz ist von Christus angerührt. Ich spüre<br />

die Wärme in ihm.<br />

So wie <strong>der</strong> Liebende den Geliebten in seinem Herzen spürt und an<strong>der</strong>s<br />

seinen Alltag lebt, so erzeugt das Jesusgebet in uns eine Atmosphäre von<br />

Liebe, von Erbarmen, von Wohlwollen, in <strong>der</strong> es sich gut leben lässt. Der<br />

Raum, in dem wir leben, ist kein kalter und einsamer Raum, son<strong>der</strong>n ein<br />

von Jesus Christus bewohnter Raum, ein Raum, <strong>der</strong> von seiner liebenden<br />

und heilenden Gegenwart erfüllt ist und seine zärtliche Intimität atmet. In<br />

diesem Raum lebe ich immer aus <strong>der</strong> Begegnung mit Jesus Christus. Die<br />

Begegnung im persönlichen Gebet wirkt nach und prägt auch mein<br />

Arbeiten. Und das Jesusgebet erinnert mich ständig an diese Begegnung<br />

im Gebet und ruft sie immer wie<strong>der</strong> wach. Und so wird mein ganzes Leben<br />

zu einem Leben aus <strong>der</strong> Begegnung. In allem, was ich tue und denke, bin<br />

ich auf Jesus Christus bezogen, ich bin gebunden, daheim. Aus und in<br />

Beziehung leben macht unsere Existenz erst wertvoll.<br />

Beim Ausatmen sollen wir in unserem Atem Jesus Christus selbst den<br />

ganzen Leib durchdringen lassen. Der Ausatem strömt nach unten, in den<br />

Beckenraum. Wir lassen den barmherzigen Geist Jesu in alle unsere<br />

Gefühle dringen, die in den inneren Organen ihren Sitz haben, in Ärger<br />

und Enttäuschung, Wut und Bitterkeit, und in unsere Triebe, die für die<br />

Griechen im begehrlichen Teil des Menschen, im Unterleib angesiedelt<br />

sind. Wenn Christi Geist da überall hinströmt, dann können wir uns mit<br />

allem, was in uns ist, aussöhnen. So kann uns das Jesusgebet immer mehr<br />

mit Barmherzigkeit und Güte zu uns selbst und zu allen Menschen<br />

erfüllen.


<strong>GL</strong> 1/<strong>2012</strong> Anleitung zum Jesusgebet<br />

25<br />

Nach dem Ausatmen ist ein kleiner Augenblick, in dem nichts<br />

geschieht, in dem wir we<strong>der</strong> ausatmen noch einatmen. Dieser Augenblick<br />

ist für die Lehrer <strong>der</strong> Meditation ganz entscheidend. Da zeigt es sich, ob<br />

ich mich wirklich loslasse und Gott übergebe o<strong>der</strong> ob ich an mir festhalte.<br />

Wenn ich diesen Augenblick nicht aushalte, son<strong>der</strong>n sofort selber den<br />

Atem einziehen will, dann lasse ich mich eben nicht in Gott hinein los.<br />

Dieser kostbare Augenblick des reinen Schweigens und reinen Nichtstuns<br />

ist <strong>der</strong> Ort, wo wir uns in die barmherzigen Arme Gottes fallen lassen und<br />

darin den Geschenkcharakter unserer ganzen Existenz erahnen.<br />

Und es gibt mir die Gewissheit, dass Jesus Christus selber in mir ist<br />

und mit mir geht. Wenn das Gebet in mir ist, ist auch Jesus Christus in mir<br />

und bei mir. Und dann lebe ich ständig aus <strong>der</strong> Begegnung mit ihm. Diese<br />

Begegnung gibt meinem ganzen Leben einen an<strong>der</strong>en Geschmack. Sie hält<br />

in alles, was ich tue, etwas von <strong>der</strong> liebenden Barmherzigkeit Gottes<br />

hinein. Sie macht das ganze Leben zu einem beständigen Gebet, zu einer<br />

Begegnung mit Gott in meinem Herzen. Das immerwährende Gebet ist<br />

dann auf einmal einfach da.<br />

Das Leben aus <strong>der</strong> Begegnung muss aber ganz konkret eingeübt<br />

werden. Es ist uns nicht in den Schoß gelegt. Die Mönche üben es, indem<br />

sie das Jesusgebet überall und je<strong>der</strong>zeit beten. Aber um es immer beten zu<br />

können, muss ich es erst einmal an bestimmten Punkten des Tages beten,<br />

ich soll es an bestimmte Tätigkeiten knüpfen. Wenn ich z. B. morgens<br />

aufwache, soll ich bewusst das Jesusgebet sprechen. Wenn ich aus dem<br />

Haus gehe, wenn ich zur Arbeit fahre, wenn ich ein Haus betrete, wenn ich<br />

zu Menschen komme, beim Stundenschlag <strong>der</strong> Turmuhr, beim Klingeln<br />

des Telefons, überall könnte ich das Jesusgebet sprechen.<br />

Die äußeren Dinge wären für mich Erinnerungszeichen, die dann mit<br />

<strong>der</strong> Zeit von selbst das Jesusgebet in mir hervorlocken. Wenn mich so die<br />

äußeren Dinge an die Gegenwart Jesu Christi erinnern, <strong>der</strong> sich meiner<br />

erbarmt, dann wird mein Leben an<strong>der</strong>s. Es wird nicht mehr geprägt von<br />

den äußeren Ereignissen, son<strong>der</strong>n in allem begegne ich Jesus Christus.<br />

Überall und bei allem, was geschieht, lebe ich dann aus <strong>der</strong> Begegnung mit<br />

Christus. Und aus <strong>der</strong> Begegnung mit Christus heraus begegne ich dann<br />

den Menschen und Situationen meines Alltags auf neue Weise. Nicht die<br />

äußeren Geschehnisse bestimmen dann meine Gefühlslage, son<strong>der</strong>n Jesus<br />

Christus, dem ich in allem begegne. Die Nähe Jesu drängt die oft<br />

aufdringliche Nähe von Menschen o<strong>der</strong> von Problemen zurück. Und ich<br />

kann ihnen dann den Stellenwert geben, den sie brauchen. Ich lasse mich<br />

von ihnen nicht erdrücken, son<strong>der</strong>n ich begegne ihnen mit einem inneren<br />

Abstand.<br />

(Quelle: Gebet, 77ff.82f, Her<strong>der</strong>)


26 Die zwei ungleichen Brü<strong>der</strong><br />

<strong>GL</strong> 1/<strong>2012</strong><br />

Die zwei ungleichen Brü<strong>der</strong><br />

Der Herr: „Glaube es, wer Gutes im Sinne hat, wird stets von einem<br />

guten Winde geleitet sein; wer aber Schlechtes im Sinne hat, wird von<br />

einem schlechten Winde geleitet sein.<br />

Es waren einmal zwei Brü<strong>der</strong>; die hatten eine Mutter, die viele Schätze<br />

hatte. Beide liebten ihre Mutter überaus, sogestaltig, dass die Mutter nicht<br />

wissen konnte, welcher von beiden sie mehr liebte, dass sie ihm darum<br />

gäbe das größere Erbe. Es liebte sie aber nur <strong>der</strong> eine wahrhaft; <strong>der</strong> an<strong>der</strong>e<br />

hatte aber nur das große Erbe im Auge und bezeigte <strong>der</strong> Mutter darum stets<br />

die größte Aufmerksamkeit und kam nicht selten dem Bru<strong>der</strong>, <strong>der</strong> die<br />

Mutter wahrhaft liebte, zuvor.<br />

Der gute Sohn, weil er die Mutter wahrhaft liebte, hatte auf seinen<br />

Bru<strong>der</strong> auch nicht den geringsten Verdacht und hatte nur eine große<br />

Freude daran, so sein Bru<strong>der</strong> <strong>der</strong> geliebten Mutter recht viel Freude<br />

machte. Die Sache ging einige Jahre also gut vor sich.<br />

Es ward aber die Mutter älter und schwächer und berief zu sich die<br />

beiden Söhne und sprach: ,Ich kann nicht erfahren, wer von euch beiden<br />

mich mehr liebt, dass ich ihm darum gäbe das größere Erbe; ich will<br />

darum also, dass ihr nach meinem Ableben das Erbe zu gleichen Teilen<br />

haben sollet!‘<br />

Da sprach <strong>der</strong> gute Sohn: ,Mutter, durch deine Sorge habe ich arbeiten<br />

gelernt und kann mir das Brot verdienen, soviel ich dessen bedarf; ich will<br />

aber Gott mit aller Glut meines Herzens bitten, dass Er dich solange als<br />

mich leben lassen möchte und du deinen Schatz verwalten sollst zum<br />

Besten des ganzen Hauses! Denn so ich das Erbe haben müsste ohne dich,<br />

da wäre es mir zur Qual und würde mich allzeit traurig machen, sooft ich<br />

es ansähe. Darum behalte du, liebste Mutter, das Erbe und gib es, wem du<br />

willst! Mir ist dein Herz das beste Erbe; wolle es Gott lange am Leben<br />

erhalten!‘<br />

Als die Mutter solche Rede ihres guten Sohnes mit dem gerührtesten<br />

Herzen vernommen hatte, sprach sie, ihren innern Sinn verhüllend:<br />

,Liebster Sohn, wohl macht mir dein Bekenntnis eine unbeschreibliche<br />

Freude; aber darum kann ich das dir bestimmte Erbe nicht Fremden<br />

vermachen. So du durchaus keinen Teil haben willst, so soll <strong>der</strong> Bru<strong>der</strong><br />

das ganze Erbe nehmen nach meinem Ableben, und du sollst ihm dienen<br />

und dir dein Brot im Schweiße deines Angesichts verdienen!‘<br />

Sagt <strong>der</strong> gute Sohn: ,Liebste Mutter, so ich dienen und arbeiten werde,<br />

da wird mein Herz sich stets deiner dankbarst erinnern und sagen: ,Siehe,<br />

also hat dich deine liebe, zarte Mutter arbeiten gelehrt!‘ Hätte ich aber das


<strong>GL</strong> 1/<strong>2012</strong> Die zwei ungleichen Brü<strong>der</strong><br />

27<br />

Erbe, da würde ich am Ende arbeitsscheu, begäbe mich ins müßige<br />

Wohlleben und vergäße am Ende wohl gar noch deiner selbst dabei!<br />

Darum will ich deinen erworbenen Geldschatz nicht, <strong>der</strong> nicht deines<br />

Herzens Gepräge, son<strong>der</strong>n nur das <strong>der</strong> Macht des Kaisers auf seinen<br />

Flächen vorweist; aber das, was ich von deinem Herzen genommen habe,<br />

das führt auch dessen Gepräge und hat seinen festbleibenden Sitz in<br />

meinem Herzen. Und darum ist mir diese Erbschaft, die du, liebe Mutter,<br />

mir schon von <strong>der</strong> Wiege her reichlich gegeben hast, und durch die ich mir<br />

schon viel Gutes und Kostbares erworben habe, ums unbeschreibliche<br />

lieber als die, welche du dir durch deiner Hände Arbeit und Mühe<br />

erworben hast! Ihr Anblick könnte mich nur trübe machen, da ich mir<br />

dabei stets denken müsste: ,Siehe, das hat deiner geliebten Mutter große<br />

Mühe und Arbeit gekostet; vielleicht hat sie wohl oft vor Schmerz geweint<br />

dabei, da sie darum besorgt war, dir ein Erbe zu bereiten!‘ Und sieh,<br />

liebste Mutter, da könnte ich doch unmöglich heiter sein, weil ich dich so<br />

überaus lieb habe!‘<br />

Die Mutter, zu Tränen gerührt, beruft den an<strong>der</strong>n Sohn und sagt ihm,<br />

wie sein Bru<strong>der</strong> denkt, und was er will.<br />

Da antwortet dieser: ,Ich habe es mir ja immer gedacht, dass <strong>der</strong> Bru<strong>der</strong><br />

zwar ein edler Mensch, aber in gewissen Punkten ein Son<strong>der</strong>ling ist! Da<br />

bin ich wie<strong>der</strong> ein ganz an<strong>der</strong>er Mensch! Ebenso sehr ich dich, liebe<br />

Mutter, ehre und achte, ebenso sehr achte ich auch alles, was du mir geben<br />

willst und wirst, und nehme daher das ganze Erbe mit dem<br />

dankerfülltesten Herzen an, und die Dienste, die mir mein Bru<strong>der</strong> tun will,<br />

sollen ihm nicht unbelohnt bleiben. So du, liebe Mutter, aber wolltest, da<br />

könntest du mir wohl das halbe Erbe zum voraus herausgeben, auf dass ich<br />

mir einen Grund kaufen und ein Weib nehmen könnte?!‘<br />

Sagt die Mutter etwas wehmütig auf die Antwort des zweiten Sohnes:<br />

,Was ich ausgesprochen habe, bei dem bleibt es! Erst nach meinem<br />

Ableben überkommst du das Erbe!‘<br />

Da ward <strong>der</strong> zweite Sohn trübe und ging hinaus.<br />

Nach einem Jahre aber ward die Mutter sehr krank, und als die beiden<br />

Söhne auf dem Felde arbeiteten, kam eine Magd und berief beide zur<br />

Mutter, auf dass <strong>der</strong> Würdigste von ihr den Segen nehme nach <strong>der</strong> Mutter<br />

Willen.<br />

Da ward <strong>der</strong> gute Sohn sehr traurig und betete laut am Wege zu Gott,<br />

dass Er <strong>der</strong> Mutter Leben erhalten möchte.<br />

Der schlechte Sohn aber ward darob ärgerlich und sagte zum betenden<br />

Bru<strong>der</strong>: ,Willst du denn im Ernste durch dein Gebet <strong>der</strong> Natur Gesetze<br />

vorschreiben?! Wer einmal reif ist, ob Vater, Mutter, Bru<strong>der</strong> o<strong>der</strong>


28 Die zwei ungleichen Brü<strong>der</strong><br />

<strong>GL</strong> 1/<strong>2012</strong><br />

Schwester, muss sterben; da nützt kein Bitten und Beten mehr! Darum ist<br />

mein Wahlspruch: Was Gott will, das ist auch mir recht!‘<br />

Der gute Bru<strong>der</strong> aber ward darob noch trauriger und betete noch<br />

glühen<strong>der</strong> ums Leben <strong>der</strong> teuren Mutter.<br />

Als sie ins Zimmer kamen, da die Mutter krank lag, da sagte <strong>der</strong><br />

schlechte Sohn: ,Ich wusste ja, dass du so schnell nicht stirbst!‘ – Darauf<br />

fing er an ihr vorzureden, wie sie den Tod nicht fürchten solle!<br />

Aber <strong>der</strong> gute Sohn weinte und betete laut. Gott aber erhörte des guten<br />

Sohnes Seufzen, sandte einen Engel an das Lager <strong>der</strong> kranken Mutter, und<br />

dieser hat sie völlig gesund gemacht.<br />

Da erhob sich die Mutter bald vom Lager, da sie wohl vernahm, dass<br />

eine höhere Macht ihr die Gesundheit gegeben hatte. Und als sie zu gehen<br />

begann und merkte, wie ihre Füße voll Kraft waren, da sagte sie: ,Das habe<br />

ich dem heißen Flehen jenes meines Sohnes zu verdanken, <strong>der</strong> das<br />

angebotene Erbe aus wahrer Liebe zu mir nicht annahm! Wahrlich, sage<br />

ich dir, du mein geliebtester Sohn: Weil du aus wahrer Liebe zu mir nichts<br />

haben wolltest, so sollst du nun alles haben; was mein ist, das ist auch<br />

dein! Du aber, <strong>der</strong> du mich nur des Erbes wegen geliebt hast und mein<br />

Ende mit Sehnsucht erwartetest, da ich so gut war, dir alles zu vermachen,<br />

sollst nun nichts bekommen und sollst immerdar ein Knecht <strong>der</strong> Menschen<br />

sein!‘ –<br />

Sehet nun dieses Gleichnis! Was meinet ihr nun, welcher von den<br />

beiden Söhnen den guten, und welcher den schlechten Wind hatte?“<br />

Sagen die Jünger: „Offenbar <strong>der</strong>, welcher seine Mutter wahrhaft<br />

liebte!“<br />

Sage Ich: „Ganz richtig geantwortet! Aber Ich sage euch: Gerade also<br />

wie diese Mutter da gehandelt hat, also wird auch <strong>der</strong> Vater im Himmel<br />

<strong>der</strong>einst tun!<br />

Wer Mich nicht liebt Meiner Selbst willen, <strong>der</strong> wird nicht dahin<br />

kommen, wo Ich sein werde!<br />

Der Mensch muss Gott lieben ohne Gewinnsucht, wie Gott ihn liebt,<br />

ansonst er Gottes völlig unwürdig ist!“ (GEJ.Bd.1; 204,4-26)<br />

„Darum, wer sich lässt dünken, er stehe, mag wohl zusehen,<br />

dass er nicht falle. Es hat euch noch keine denn menschliche<br />

Versuchung betreten; aber Gott ist getreu, <strong>der</strong> euch nicht lässt versuchen<br />

über euer Vermögen, son<strong>der</strong>n macht, dass die Versuchung so ein Ende<br />

gewinne, dass ihrs könnet ertragen.“<br />

(1. Kor. 10,13)


<strong>GL</strong> 1/<strong>2012</strong> Die Anschauung Josephs über das göttliche Kind<br />

29<br />

Die Anschauung Josephs über das göttliche Kind<br />

Christoph Schindler<br />

Trotz <strong>der</strong> vielen außerordentlichen Wun<strong>der</strong>, die sich ereignen, nachdem<br />

Joseph das Mädchen Maria durch die Entscheidung des Hohenpriesters in<br />

Jerusalem zur weiteren Erziehung und Pflege anvertraut wird, bleibt er bei<br />

seiner gesetzestreuen Rechtgläubigkeit. Er erkennt in dem Kinde Jesus den<br />

verheißenen Messias, also den Sohn Gottes. Es ist aber für ihn unmöglich,<br />

dem Gedanken und dem Gefühl in sich selbst Raum zu verschaffen, dass<br />

Gott Zebaoth in seiner unendlichen Liebe und Herablassung zu seiner<br />

Schöpfung und seinen Menschen sich selbst als wehrloses Geschöpf durch<br />

die Geburt <strong>der</strong> Jungfrau Maria in Bethlehem in eine Futtergrippe gelegt<br />

hat. Sicherlich ist dieser Gedanke und die daraus folgende, alles<br />

sprengende, Erkenntnis so außerordentlich, dass ein gesetzestreuer und gerechter<br />

Gottesglauben, wie ihn Joseph besitzt, hierzu nicht ausreicht.<br />

Joseph erkennt zwar in dem Kind den lange verheißenen und erwarteten<br />

Messias des jüdischen Volkes, aber er klammert aus - o<strong>der</strong> besser -<br />

relativiert alle deutlichen Hinweise <strong>der</strong> Propheten die unmissverständlich<br />

und eindringlich darauf hingewiesen haben, dass unser aller Gott in <strong>der</strong><br />

Gestalt des Jesuskindes für unsere Erlösung und Befreiung zu uns<br />

gekommen ist.<br />

Zu einer an<strong>der</strong>en Anschauung gelangen die götter- und wun<strong>der</strong>gläubigen<br />

Römer und Ägypter, die notwendigerweise unter allerstrengster<br />

Verschwiegenheit über die Person des verheißenen Messias in <strong>der</strong> Gestalt<br />

des Jesuskindes eingeweiht werden müssen. Sie befinden sich nicht in den<br />

Schwierigkeiten, mit denen Joseph zu kämpfen hat, <strong>der</strong> nicht nur felsenfest<br />

daran festhält, dass „niemand leben kann, <strong>der</strong> Gott sieht“ (2. Mos. 33,20),<br />

son<strong>der</strong>n auch den unverrückbaren Glauben besitzt, in ständiger<br />

Gottesfurcht leben zu müssen, um nicht in Versuchung zu geraten, das<br />

Gesetz zu übertreten.<br />

Der Konflikt tritt offen zu Tage, als die drei bekehrten Unterpriester,<br />

die in dem Jesuskind schon ihren unbekannten Gott erkannt haben, Joseph<br />

fragen: „Welchem Gotte dankest denn du ? Ist denn nicht dieses Kind <strong>der</strong><br />

erste rechte Gott? Wie dankest du da noch einem an<strong>der</strong>en?!“ (Jugend Jesu,<br />

90,21).<br />

Jesus empfindet die Überfor<strong>der</strong>ung von Joseph durch diese Frage und<br />

hilft seinem Ziehvater aus <strong>der</strong> Not, indem er ihn in Schutz nimmt und<br />

klarstellt, dass er „dennoch nur zu einem Gott und Vater bete“ (Jug. 90, 22).<br />

Eine ähnliche Situation wie<strong>der</strong>holt sich zu einem späteren Zeitpunkt als<br />

Cyrenius die Familie Joseph zum Passahfest in seinen Burgpalast in


30 Die Anschauung Josephs über das göttliche Kind <strong>GL</strong> 1/<strong>2012</strong><br />

Ostrazine einlädt. Joseph lehnt diese Einladung mit <strong>der</strong> Begründung ab,<br />

dass er sich „den bittersten Vorwurf machen müsste, wenn er das erste<br />

seines Gesetzes verletzen würde,... daher kann ich dir in dieser Hinsicht<br />

wirklich nichts versprechen. So du aber zu mir kommen willst und dein<br />

bevorhabendes Fest in meinem Hause feiern, das eigentlich auch dir<br />

gehört, so wird es mir überaus angenehm sein“ (Jug. 121,12-14).<br />

Im Gegensatz zur ersten Behauptung greift hier Jesus zugunsten <strong>der</strong><br />

Einladung von Cyrenius ein und sagt von sich: „Wo Ich bin, da sind auch<br />

die wahren Ostern, denn Ich bin <strong>der</strong> Befreier <strong>der</strong> Kin<strong>der</strong> Israels aus<br />

Ägypten“ (Jug. 121, 20).<br />

Zur allgemeinen Erläuterung sei gesagt, dass Moses das ursprüngliche<br />

Passahfest zum kulturellen Gedächtnistag des Auszuges <strong>der</strong> Kin<strong>der</strong> Israel<br />

aus Ägypten erhob.<br />

Im Verlauf des Festes soll das nachgebildete Allerheiligste des Tempels<br />

in Jerusalem, das auf Geheiß des Jesuskindes mit armen, kranken,<br />

verkrüppelten und blinden Menschen aus Ostrazine angefüllt wurde,<br />

besichtigt werden. Das Kind erhebt Einspruch gegen eine vorzeitige<br />

Visitation mit <strong>der</strong> Begründung, dass zunächst ein wissbegieriger<br />

Hauptmann belehrt werden solle. Dagegen opponiert Joseph mit den<br />

Worten: „Das sieht gut aus, so das Kindlein mir jetzt Gesetze gibt, wo Es<br />

seine Füße noch in den Windeln hat! Was wohl wird Es dann tun, wenn Es<br />

zehn Jahre zählen wird, und was, wenn zwanzig?“ (Jug. 144,11-12).<br />

Durch Vermittlung von Mutter Maria kann eine Missstimmung<br />

vermieden werden und <strong>der</strong> Hauptmann erhält vorab seine gewünschte<br />

Belehrung durch Joseph, die ihre Grenzen in <strong>der</strong> Anschauung des Ziehvaters<br />

von Jesus und dem allseits bekannten Rahmen findet.<br />

Im Verlauf <strong>der</strong> Begebenheiten in Ostrazine und im Landhaus am Meer<br />

ist Cyrenius von den Worten und Taten des Gotteskindes so tief<br />

beeindruckt, dass er gegenüber Joseph äußert: „Das Kind ist <strong>der</strong> alleinige,<br />

ewige, wahrhaftige Gott und Schöpfer <strong>der</strong> Welt und aller Dinge auf<br />

ihr!“ (Jug. 153,4).<br />

Diese Bemerkung überrascht Joseph, denn er hält Jesus für den<br />

verheißenen Messias, „aber für die Gottheit Selbst hält er Ihn nicht... Er<br />

spricht daher nach einer Weile: ,Das Kind für Gott selbst zu halten, dürfte<br />

etwas gewagt sein!<br />

Es ist aber bei den Juden also, dass sie Kin<strong>der</strong> Gottes sind und sind<br />

demnach auch Söhne Gottes. Und das datiert sich schon seit dem Vater<br />

Abraham her, <strong>der</strong> auch ein Sohn Gottes war, und also sind es auch seine<br />

Nachkommen. Zudem hat es bei uns noch allzeit große und kleine<br />

Propheten gegeben, und wenn sie redeten, so redeten sie aus Gott, und


<strong>GL</strong> 1/<strong>2012</strong> Die Anschauung Josephs über das göttliche Kind<br />

31<br />

Gott rechtete und redete aus ihnen stets in <strong>der</strong> ersten Person.'<br />

Also spricht einmal <strong>der</strong> Herr durch Jesajas: ,Denn Ich bin <strong>der</strong> Herr,<br />

dein Gott, <strong>der</strong> das Meer bewegt, dass seine Wellen wüten; mein Name<br />

heißt: Herr - Zebaoth. Ich lege mein Wort in deinen Mund, bedecke dich<br />

unter dem Schatten Meiner Hände, auf dass ich den Himmel pflanze und<br />

die Erde gründe und zu Zion spreche: Du bist Mein Volk!' Und siehe, also<br />

wird es auch hier sein; Gott erweckt in diesem Kinde einen gar mächtigen<br />

Propheten und redet nun schon durch seinen Mund frühzeitig, wie einst<br />

durch den Mund Samuel!“ (Jug. 153, 6-14).<br />

Mit dieser Erklärung von Joseph begnügt sich Cyrenius und <strong>der</strong><br />

Meinungsaustausch scheint beendet zu sein. Da aber spricht das Jesuskind<br />

zu Joseph und Cyrenius: „Joseph, du weißt wohl, dass <strong>der</strong> Herr durch den<br />

Mund <strong>der</strong> Propheten geredet hat wie in <strong>der</strong> ersten Person zumeist; aber<br />

weißt du nicht, was <strong>der</strong> Herr eben einmal bei Jesaja spricht, da Er sagt:<br />

,Wer ist Der, <strong>der</strong> von Edom kommt, mit rötlichen Klei<strong>der</strong>n von Bozra? Der<br />

so geschmückt ist in Seinen Klei<strong>der</strong>n und einher tritt in Seiner großen<br />

Kraft?' ,Ich bin Es, <strong>der</strong> Gerechtigkeit lehrt und ein Meister bin zu<br />

helfen.' ,Warum ist denn dein Gewand so rotfarben und Dein Kleid wie<br />

eines Keltertreters?' ,Ich trete die Kelter allein, und ist niemand unter den<br />

Völkern mit Mir. Ich habe sie gekeltert in Meinem Zorn und zertreten in<br />

Meinem Grimme. Daher ist ihr Blut auf Meine Klei<strong>der</strong> gespritzt und Ich<br />

habe all Mein Gewand besudelt. Denn Ich habe einen Tag <strong>der</strong> Rache Mir<br />

vorgenommen; das Jahr, die Meinen zu erlösen, ist gekommen!' ,Denn ich<br />

sah mich um, und da war kein Helfer; und ich verwun<strong>der</strong>te mich, und<br />

niemand stand Mir bei; son<strong>der</strong>n Mein Arm musste Mir helfen, und Mein<br />

Zorn stand mir bei. Und Ich habe die Völker zertreten in Meinem Zorn und<br />

habe sie trunken gemacht in Meinem Grimme und ihr Blut auf die Erde<br />

geschüttet.' Joseph! - Kennst du Den, <strong>der</strong> von Edom kommt und nun<br />

gekommen ist und nun zu dir spricht: Ich bin Es, <strong>der</strong> Gerechtigkeit lehrt<br />

und ein Meister bin zu helfen!?“ (Jesaja, 63. Kapitel Vers 1-6; J.J. 153,16-26).<br />

Obwohl sich das Jesuskind durch die vorstehenden Prophezeiungen<br />

von Jesaja deutlich als Derjenige zu erkennen gibt, <strong>der</strong> Er tatsächlich ist,<br />

nämlich als Gott Zebaoth Selbst, ist dennoch Joseph nicht innerlich davon<br />

zu überzeugen.<br />

Joseph steht hier für die orthodoxe Rechtgläubigkeit Israels bis auf den<br />

heutigen Tag und zeigt eindrucksvoll und anschaulich, mit welchen<br />

Schwierigkeiten je<strong>der</strong> rechtgläubige Jude zu tun hat, um zu Jesus Christus<br />

zu finden.<br />

In diesem Zusammenhang ist es interessant und wichtig zu wissen, dass<br />

sich in späterer Zeit Jesus immer nur als <strong>der</strong> Menschen- bzw. Gottessohn


32 Die Anschauung Josephs über das göttliche Kind <strong>GL</strong> 1/<strong>2012</strong><br />

gegenüber seinen Jüngern und Mitmenschen zu erkennen gibt. Er beruft<br />

sich nicht mehr auf Prophezeiungen, die über Ihn etwas aussagen und<br />

überlässt es <strong>der</strong> Erkenntnis <strong>der</strong> Menschen selbst, sich ein Bild von Ihm zu<br />

machen.<br />

Diejenigen, denen Er in Bruchteilen von Sekunden ihre lebenslangen<br />

Beschwerden und Krankheiten abnimmt, sind die einzigen, die Ihn als Gott<br />

Zebaoth erkennen. Er wi<strong>der</strong>spricht einer solchen Einsicht <strong>der</strong> Menschen<br />

nicht, aber bedroht sie, diese Wahrheit an niemanden weiterzugeben;<br />

stattdessen ermahnt Er sie nur, bei den Priestern eine Opfergabe für ihre<br />

stattgefundene Heilung zu entrichten. Damit erkennt Er die bestehende<br />

Ordnung an und unterwirft sich ihr.<br />

Um noch einmal auf Joseph und seine nicht zu verän<strong>der</strong>nde Ansicht<br />

über das Jesuskind zurückzukommen, so ist zu erwähnen, dass sein<br />

Irrglauben ihm selbst große innere Schmerzen bereitet, da er auf Grund<br />

seiner Einstellung Jesus wie ein normales Kind behandelt.<br />

Die Wun<strong>der</strong>gabe, dass Jesus schon mit 14 Monaten vollendet sprechen<br />

kann, wird als etwas ganz Normales hingenommen und von Ihm verlangt,<br />

wie von allen an<strong>der</strong>en auch, dass man vor dem Essen zu beten habe. Wer<br />

nicht betet, <strong>der</strong> soll auch nicht essen!<br />

Mit Recht hält Cyrenius ihm sein wi<strong>der</strong>sprüchliches Verhalten<br />

gegenüber dem Jesuskind mit folgenden stichhaltigen Worten vor:<br />

„Freund! Ich weiß wirklich nicht, wie du mir manchmal vorkommst!<br />

Einmal lehrst du mich im Kindlein Selbst das allerhöchste Wesen Gottes<br />

erkennen, gleich darauf verlangst du wie<strong>der</strong> vom Kindlein, dass Es einen<br />

Gott anbeten solle! Sage mir, wie sich das zusammenreimt? Ist das<br />

Kindlein das Gottwesen Selbst, wie solle Es dann zu einem Gotte beten?<br />

Kommt dir nicht solche deine For<strong>der</strong>ung ein wenig unsinnig vor? Und ich<br />

setze den Fall, das Kindlein wäre nicht Das, als was ich Es nun ganz<br />

ungezweifelt erkenne und allzeit anbete, da meine ich als ein wahrer<br />

Kin<strong>der</strong>freund, dürfte dein Begehren von einem Wiegenkinde denn doch<br />

etwas töricht sein, denn wer wird da von einem neun Vierteljahre alten<br />

Kinde ein strenges Gebet verlangen? Darum musst du mir nun das schon<br />

zugute halten, so ich als ein Heide dir sage: Freund, du musst mit<br />

dreifacher Blindheit geschlagen sein, wenn du das Kindlein nicht allzeit<br />

gleich zu würdigen imstande bist. Fürwahr, diesmal esse auch ich keinen<br />

Bissen, so das Kindlein mit Seinem Jakob nicht hier an meiner Seite Sich<br />

befinden wird. Ist es nicht lächerlich sogar, so du um die Segnung <strong>der</strong><br />

Speise Gott den Herrn anflehst und schaffst dann eben Denselben einen<br />

Gott und Herrn vom Tische weg, darum Er nicht gebetet hat nach deiner<br />

angewohnten Art?! Darum fragte dich auch sicher das Kindlein, zu wem


<strong>GL</strong> 1/<strong>2012</strong> Die Anschauung Josephs über das göttliche Kind<br />

33<br />

Es so ganz eigentlich beten solle, und zu wem du betest, und zu wem auch<br />

<strong>der</strong> Jakob hätte beten sollen. Du aber hast nach meinem Dafürhalten nicht<br />

gemerkt, was das Kindlein dir dadurch hat sagen wollen!“ (Jug. 213, 8-20).<br />

Diese Worte gehen Joseph sehr zu Herzen und er geht weinend hinaus,<br />

um Jesus und Jakob zu suchen. Und da von Jakob und Jesus keine Spur zu<br />

finden ist, bittet er seine vier Söhne die Suche aufzunehmen. Aber auch<br />

diese kommen nach einstündigem Herumirren unverrichteter Dinge wie<strong>der</strong><br />

zur Villa zurück. In seinem qualvollen Zustand ist er sehr weit vom<br />

Landhaus abgekommen und weint dort bitterlich.<br />

Erst jetzt wird er durch Jesus, Dessen Stimme er in sich vernimmt,<br />

getröstet und ein Weg gezeigt, wie er Ihn und Jakob finden könne. Als<br />

Joseph nach weiteren Mühen endlich bei<strong>der</strong> Kin<strong>der</strong> auf einem Berge<br />

ansichtig wird, lehrt ihn Jesus das wahrhaftige Gebet mit den Worten:<br />

„Das wahre Gebet ist die Liebe zu Mir, hast du diese, dann kannst du<br />

deinen Lippen allzeit die Mühe ersparen!“ (J.J. 214, 26)<br />

(Quelle: Ein Geheimnis Gottes, Buchverlag, BVK)<br />

<br />

„Gott ist in Sich ein Geist, voll Liebe, Wahrheit, Weisheit<br />

und Macht unverän<strong>der</strong>lich von Ewigkeit her und kann<br />

daher auch nur im Geiste und in <strong>der</strong> Wahrheit, die inwendig<br />

im Menschen ist, angebetet werden.<br />

So jemand denn ein Anliegen hat, dass ihm Gott als <strong>der</strong><br />

allein wahre Schöpfer und Vater aller Menschen und Engel<br />

in diesem o<strong>der</strong> an<strong>der</strong>em helfen möchte, so gehe er mit<br />

seinem Anliegen nicht in einen Tempel o<strong>der</strong> in eine<br />

Synagoge und auch zu keinem Priester, son<strong>der</strong>n sperre sich<br />

in ein Kämmerlein, und beson<strong>der</strong>s in das ganz stille seines<br />

Herzens, ein und bete darin zu Gott und bitte Ihn als den<br />

liebevollsten Vater um eine rechte Hilfe.<br />

Und <strong>der</strong> Vater, <strong>der</strong> alles im noch so Verborgenen hört<br />

und sieht, wird dem also allein recht und im Geiste <strong>der</strong><br />

Wahrheit lebendig Bittenden allzeit gerne geben, um was er<br />

rechtlich gebeten hat, dessen ihr alle völlig versichert sein<br />

könnet.“<br />

(GEJ Bd.9; 209,5-6)


34 Wie werde ich mit meinen Fehlern fertig<br />

<strong>GL</strong> 1/<strong>2012</strong><br />

Wie werde ich mit meinen Fehlern fertig?<br />

Emanuel Jungclaussen<br />

Wenn Gläubige einem Prediger nur unwillig zuhören,<br />

dann liegt es meistens daran, dass er nicht um ihre<br />

eigentlichen Nöte weiß o<strong>der</strong> diese nicht in <strong>der</strong> Sprache des<br />

Volkes auszudrücken versteht o<strong>der</strong> aber seine Zuhörer<br />

erheblich überfor<strong>der</strong>t.<br />

An<strong>der</strong>s liegen die Dinge bei dem bedeutenden Prediger<br />

und Redner Johannes Tauler (nach 1300-1361). Immer<br />

hatte er das Ringen <strong>der</strong> Menschen vor Augen. Deshalb geht<br />

Emanuel Jungclaussen<br />

Benediktinerpater und<br />

spiritueller Autor<br />

es in seinen 84 Predigten und Ansprachen - das einzige, was wir von ihm<br />

haben - nicht um theologische Spekulationen, son<strong>der</strong>n um die religiöse<br />

Praxis. In einer bewegten und zerrissenen Zeit lebend, war Johannes<br />

Tauler bemüht, die Menschen aus ihrer bloßen Arbeits- und<br />

Vergnügungswelt in die Welt des Geistes zurückzuführen. Dabei kam es<br />

ihm einerseits auf die innerliche Loslösung von den Weltdingen an und<br />

an<strong>der</strong>erseits auf das Sichverlieren in Gott durch die Anpassung des<br />

eigenen Lebens an den göttlichen Willen. Was diesen Prediger beson<strong>der</strong>s<br />

sympathisch macht, ist seine Abgeklärtheit. Seine For<strong>der</strong>ungen sind stets<br />

maßvoll und klug. So lesen wir in seiner 6. Predigt einen Vergleich, <strong>der</strong><br />

sich in seiner Anschaulichkeit wohl nicht überbieten lässt:<br />

„Das Pferd macht den Mist in den Stall, und obgleich <strong>der</strong> Mist<br />

Unsauberkeit und üblen Geruch an sich hat, so zieht doch dasselbe Pferd<br />

denselben Mist mit großer Mühe auf das Feld; und daraus wächst <strong>der</strong> edle<br />

schöne Weizen und <strong>der</strong> edle süße Wein, <strong>der</strong> niemals so wüchse, wäre <strong>der</strong><br />

Mist nicht da. Nun, dein Mist, das sind deine eigenen Mängel, die du nicht<br />

beseitigen, nicht überwinden noch ablegen kannst, die trage mit Mühe und<br />

Fleiß auf den Acker des liebreichen Willens Gottes in rechter Gelassenheit<br />

deiner selbst. Streue deinen Mist auf dieses edle Feld, daraus sprießt ohne<br />

allen Zweifel in demütiger Gelassenheit edle, wonnigliche Frucht auf.“<br />

Wir hätten dieses „Gleichnis“ gewiss nicht richtig verstanden, wollten<br />

wir einfach sagen: „Ich überlasse meine Mängel und Fehler Gott; er wird<br />

damit schon fertig.“ Es stimmt: wir bewältigen unsere Schwächen letztlich<br />

nicht aus eigener Kraft; das Letzte tut immer Gott. Doch Gott verzichtet<br />

nicht auf unsere Mitarbeit. Zunächst müssen wir selbst „mit Mühe und<br />

Fleiß“ an uns arbeiten. Was uns dann nicht gelingen will, das dürfen wir<br />

getrost Gott überlassen. Daher unsere Frage: „Wie werde ich mit meinen<br />

Fehlern fertig?“


<strong>GL</strong> 1/<strong>2012</strong> Wie werde ich mit meinen Fehlern fertig<br />

35<br />

Versetzen wir uns einmal in die Lage, da ein Ratsuchen<strong>der</strong> mit dieser<br />

Frage zu uns kommt und uns sagt: „Ich möchte an mir arbeiten; wo soll ich<br />

anfangen?“ Welchen Weg sollten wir ihm weisen? Wir hätten ihm gewiss<br />

nicht den schlechtesten Wink gegeben, würden wir ihm antworten: Fange<br />

an, wo du willst. Vielleicht bist du ein Egoist, vielleicht kannst du dich<br />

schlecht beherrschen, vielleicht gehst du immer wie<strong>der</strong> leichtfertig mit <strong>der</strong><br />

Wahrheit um, vielleicht verlangst du von an<strong>der</strong>en mehr als von dir selbst,<br />

vielleicht lässt du an<strong>der</strong>e ständig wegen deiner Unpünktlichkeit auf dich<br />

warten, vielleicht bist du geizig, eifersüchtig, geschwätzig, überheblich<br />

und verächtlich. Dann fange irgendwo an; entscheidend ist nicht, wo wir<br />

ansetzen, son<strong>der</strong>n <strong>der</strong> ehrliche und entschlossene Wille, hier o<strong>der</strong> dort<br />

Ordnung zu schaffen. Wenn du das tust, dann wird sich von diesem Punkt<br />

aus dein ganzes Leben in irgendeiner Weise än<strong>der</strong>n. Unser Leben setzt<br />

sich ja nicht aus Teilen zusammen, die nichts miteinan<strong>der</strong> zu tun hätten; es<br />

ist vielmehr ein lebendiges Ganzes, und alles hängt zutiefst miteinan<strong>der</strong><br />

zusammen.<br />

Ich denke hier an einen jungen Mönch, <strong>der</strong> zu einem alten kam und<br />

fragte: „Was soll ich tun? Mich belästigen viele Gedanken, und ich weiß<br />

nicht, wie ich ihnen wi<strong>der</strong>stehen soll.“ Der Befragte sagte ihm: „Streite<br />

nicht wi<strong>der</strong> alle, son<strong>der</strong>n bekämpfe nur einen! Hast du diesen überwunden,<br />

werden auch die an<strong>der</strong>en gedemütigt: sie haben ja alle nur ein Haupt.“<br />

Fangen wir also an einer Stelle mit Entschiedenheit an; dann wird sich<br />

unser Bemühen auf unser ganzes Leben auswirken. Es wird lichtvoller,<br />

durchsichtiger und kraftvoller, genauso wie ein Fehler in diesem o<strong>der</strong><br />

jenem Lebensbereich sich überall geltend macht, indem er seinen Schatten<br />

über unser ganzes Leben wirft, es lähmt und undurchsichtig erscheinen<br />

lässt. Denn je<strong>der</strong> Fehler setzt uns eine neue Maske auf. Mit jedem<br />

bewältigten Fehler nehmen wir hingegen eine Maske von uns weg. Auf<br />

diese Weise gelangen wir zur menschlichen Größe.<br />

„Wenn <strong>der</strong> Mensch groß ist, so nicht deswegen, weil er die Kanone, das<br />

Flugzeug o<strong>der</strong> das Überseeschiff mit Turbinenantrieb erfunden hat,<br />

son<strong>der</strong>n weil er zur Überwindung seiner Leidenschaften und zur Zähmung<br />

seiner Triebe fähig ist“ (Georges Duhamel).<br />

Bei <strong>der</strong> Arbeit an einem dunklen Punkt in unserem Leben können uns<br />

drei Regeln eine große Hilfe sein.<br />

Die erste Regel: Fass in stiller Betrachtung vor Gott einen bestimmten<br />

Fehler genau und ohne jede Beschönigung ins Auge. Warum fällt uns das<br />

so schwer? Weil wir um keine Ausrede verlegen sind, um uns vor dem<br />

Nachdenken zu drücken; vor allem dann, wenn es gilt, sich über einen<br />

persönlichen Fehler Klarheit zu verschaffen. Wo wir aber unseren Fehlern


36 Wie werde ich mit meinen Fehlern fertig<br />

<strong>GL</strong> 1/<strong>2012</strong><br />

keine Aufmerksamkeit schenken, wo wir vor ihnen davonzulaufen suchen,<br />

da verdrängen wir sie und stoßen sie ins Unterbewusste ab. So wird unsere<br />

Seele zu einer Rumpelkammer, <strong>der</strong>en Unordnung sich in irgendeiner<br />

Weise in all unserem Denken, Reden und Tun bemerkbar macht. Davon<br />

spricht bereits Augustinus (Sermo 19, 2-3): „Menschen, die keine<br />

Hoffnung haben, achten nicht auf ihre eigene Sünde, um so mehr auf die<br />

Sünde <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en. Sie sind nicht auf <strong>der</strong> Suche nach dem, was sie<br />

bessern, son<strong>der</strong>n nach dem, was sie verwunden können. Weil sie sich nicht<br />

entschuldigen können, sind sie bereit, an<strong>der</strong>e zu beschuldigen. Nicht so<br />

David: er hat uns ein Beispiel gegeben, wie wir beten und Gott genugtun<br />

sollen, da er sagt: 'Meine bösen Taten erkenne ich, meine Sünde steht mir<br />

immer vor Augen!' Er blickte nicht auf die Sünde <strong>der</strong> an<strong>der</strong>n. Er richtete<br />

seine Augen auf das eigene Ich. Er schlug sich nicht, son<strong>der</strong>n drang in sich<br />

ein und stieg tief in sein Selbst hinab.“ Sobald sich jemand genügend Zeit<br />

nimmt, um seine Fehler klar zu erkennen, wächst er über dumpfe und<br />

verworrene Grübeleien heraus; er hört auf, sie in an<strong>der</strong>en zu entdecken;<br />

seine innere Beunruhigung verflüchtigt sich im Licht <strong>der</strong> gewonnenen<br />

Erkenntnis, und er erfährt eine neue Hoffnung.<br />

So gilt auch hier: Ein klar erkanntes Problem ist immer ein halb<br />

gelöstes Problem. Daher gibt uns Johannes Tauler in seiner 80. Predigt den<br />

Rat, einmal in Ruhe den Vers zu betrachten: „Offenbare dem Herrn deinen<br />

Weg, und hoffe auf ihn; er wird es schon gut machen.“ Dann fährt er fort:<br />

„Der erste Schritt dieser Betrachtung ist <strong>der</strong> Anblick und die wahre und<br />

tiefe Erkenntnis deiner Fehler. Auf diese Weise beginnen alle<br />

auserwählten Gottesfreunde.“<br />

Die zweite Regel: Versuche, den Wurzelgrund deines Fehlers<br />

aufzudecken. Wir Menschen handeln ja immer „aus“ etwas. Das heißt: wir<br />

haben ein Motiv. Oft täuschen wir uns selbst und auch dem an<strong>der</strong>en ein<br />

edleres Motiv vor, um unser Verhalten besser zu rechtfertigen. Haben wir<br />

also den Mut, uns so zu sehen, wie wir im tiefsten wirklich sind. Gehen<br />

wir nun fehl, wenn wir sagen, dass an <strong>der</strong> Wurzel fast jeden Fehlers und<br />

sittlichen Versagens immer irgendeine Art von Selbstsucht sitzt? Wir<br />

haben irgendwie Angst, etwas entbehren, versäumen o<strong>der</strong> erleiden zu<br />

müssen. Deshalb drängt es uns, nach Mitteln und Wegen zu suchen, dem<br />

abzuhelfen. Was wir dann erleben, lässt uns aber nicht selten noch<br />

einsamer werden. Hier stellt sich die Frage: „Wie werde ich Herr über<br />

diese o<strong>der</strong> jene Form von Selbstsucht, wie werde ich innerlich weit und<br />

somit frei?“ Ich glaube, dass uns darauf ein Wort von C. G. Jung eine gute<br />

Antwort geben kann. Er beschreibt einmal, wie einige seiner Patienten ihre<br />

nahezu unlösbaren Probleme dadurch überwanden, dass sie durch die


<strong>GL</strong> 1/<strong>2012</strong> Wie werde ich mit meinen Fehlern fertig<br />

37<br />

Entwicklung einer neuen Bewusstseinsebene aus ihnen herauswuchsen:<br />

„Irgend ein höheres und weiteres Interesse trat in den Gesichtskreis, und<br />

durch diese Erweiterung des Horizontes verlor das unlösbare Problem die<br />

Dringlichkeit. Es wurde nicht in sich selber logisch gelöst, son<strong>der</strong>n<br />

verblasste gegenüber einer neuen und stärkeren Lebensrichtung.“ Was wir<br />

brauchen, ist ein Interesse, das höher und weiter ist als das Interesse am<br />

eigenen Ich. Dazu kommen wir, wenn wir von uns selbst absehen, um<br />

hinzusehen auf ein mitmenschliches o<strong>der</strong> auf das göttliche Du. Sollten wir<br />

wirklich kein mitmenschliches Du haben, dem wir uns persönlich<br />

zuwenden können, das göttliche Du ist immer für uns da. In den „Schriften<br />

zum Chassidismus“ von Martin Buber findet sich ein Lied, das <strong>der</strong><br />

Berditschewer immer wie<strong>der</strong> zu singen pflegte. Warum sollten wir es nicht<br />

wenigstens immer wie<strong>der</strong> langsam und nachdenklich sprechen? In diesem<br />

Lied heißt es:<br />

„Wo ich gehe - du! / Wo ich stehe - du! / Nur du, wie<strong>der</strong> du, immer du!<br />

Du, du, du! / Ergeht's mir gut - du! / Wenn's weh mir tut - du!<br />

Nur du, wie<strong>der</strong> du, immer du! / Du, du, du! / Himmel - du, Erde - du,<br />

Oben - du, unten - du, / Wohin ich mich wende, an jedem Ende<br />

Nur du, wie<strong>der</strong> du, immer du! / Du, du, du! »<br />

Dieses Lied „Du“ kann uns eine neue Blick- und Lebensrichtung<br />

eröffnen, die unseren Gesichtskreis erhöht und erweitert und uns auf eine<br />

neue Bewusstseinsebene hebt. Denn in diesem Du weiß sich das Ich<br />

aufgehoben, geborgen und erfüllt. Oft glauben wir nicht, dass es diese<br />

neue Bewusstseinsebene gibt. O<strong>der</strong> wir zweifeln daran, sie zu erreichen.<br />

Dann sollten wir uns sagen lassen: „Wir haben viel stärkere Flügel als wir<br />

glauben. Wir wagen nur nicht, sie zu entfalten. Wir wagen nicht zu fliegen.<br />

Wir machen kleine feste Pläne, wir stecken sie auf dem Erdboden ab und<br />

bewegen uns dann vorsichtig und töricht wie Hühner im Abgesteckten, im<br />

ängstlich Begrenzten. Warum aber? Draußen und darüber ist die<br />

unendliche Weite.“ Außerdem sollten wir uns als gläubige Menschen<br />

bewusst halten, zu was wir fähig sind, wenn zu unseren natürlichen<br />

Kräften noch diejenigen hinzukommen, die man dem Heiligen Geist zuschreibt.<br />

Die dritte Regel: Komm zu einem Entschluss, <strong>der</strong> dich den ersten<br />

Schritt in die neue Lebensrichtung tun lässt, und setze ihn in die Tat um.<br />

Halte also nicht wie<strong>der</strong> inne und fange nicht wie<strong>der</strong> an zu überlegen. Wenn<br />

man einmal zu einem sorgfältig überdachten Entschluss gekommen ist,<br />

soll man ihn bescheiden und klug in die Tat umsetzen. Sonst fangen wir


38 Wie werde ich mit meinen Fehlern fertig<br />

<strong>GL</strong> 1/<strong>2012</strong><br />

wie<strong>der</strong> an zu zau<strong>der</strong>n und fallen in unseren alten Fehler zurück. „Es<br />

kommt einmal <strong>der</strong> Zeitpunkt, von dem an jedes weitere Nachforschen und<br />

Nachdenken schädlich ist. Es kommt <strong>der</strong> Zeitpunkt, wo wir uns<br />

entscheiden und handeln müssen und uns nicht länger um Vergangenes<br />

kümmern dürfen“ (Waite Philipps). Von großer Wichtigkeit ist zugleich,<br />

dass wir bei <strong>der</strong> inneren Formulierung unseres konkreten Vorsatzes jedes<br />

Gegenargument von vornherein ausschließen. Wenn jemand sich<br />

beispielsweise sagt: „Aber ich werde es doch nicht schaffen; ich muss<br />

aber ...“, dann wird er mit seinem Vorsatz bald am Ende sein. Wenn er sich<br />

hingegen von Anfang an sagt: „Das wird ab heute getan, und darüber wird<br />

nicht mehr diskutiert“ und sich dies immer wie<strong>der</strong> sagt, dann kommt er<br />

voran. Etwas von <strong>der</strong> unbeirrbaren Entschlusskraft Jesu sollte auch seinen<br />

Nachfolgern zu eigen sein: Wer die Hand an den Pflug gelegt hat, soll<br />

nicht wie<strong>der</strong> zurückschauen, son<strong>der</strong>n das Ziel im Auge behalten.<br />

Oft kommt es aber vor, dass wir nach einiger Zeit meinen: „Jetzt sind<br />

wir über den Berg hinweg; diesen Fehler sind wir endlich los.“ Doch kann<br />

es sein, dass wir über kurz o<strong>der</strong> lang feststellen müssen: „Es ist wie<strong>der</strong><br />

alles beim Alten.“ Dann sollten wir berücksichtigen, dass die Reifung des<br />

Menschen nie geradlinig verläuft. „Reifung vollzieht sich in <strong>der</strong> Form <strong>der</strong><br />

Spirale, so dass beim Fortschreiten schon überstanden Geglaubtes berührt<br />

wird“ (Eva Firkel). In einer solchen Situation kann uns ein kurzes Wort<br />

erneut beflügeln, das sich in <strong>der</strong> „Nachfolge Christi“ findet: „Semper<br />

incipe! - Fang immer wie<strong>der</strong> an!“ Dieses Wort entspricht <strong>der</strong> Wirklichkeit<br />

unseres irdischen Daseins: Wir müssen immer wie<strong>der</strong> anfangen: jeden<br />

Morgen, jede Woche, jedes Jahr, zu Beginn einer jeden neuen Lebensstufe.<br />

Wir sollen immer wie<strong>der</strong> anfangen: wenn man uns verletzt hat, nach einer<br />

Enttäuschung, nach jedem Schicksalsschlag. Wir dürfen immer wie<strong>der</strong><br />

anfangen: nach jedem Versagen, nach je<strong>der</strong> Schuld. „Es ist traurig, dass<br />

wir so oft anfangen müssen - es ist tröstlich, dass wir so oft anfangen<br />

dürfen“ (P. Redlich). Weil Gott größer ist als unser schuldig gewordenes<br />

Herz, deshalb dürfen wir in rechter Gelassenheit immer wie<strong>der</strong> unsere<br />

Mängel und Fehler, unser Versagen und unsere Schuld auf den Acker <strong>der</strong><br />

unendlichen Geduld Gottes tragen. Er, <strong>der</strong> Freund <strong>der</strong> Schwachen und<br />

Hinfälligen, wird uns Vergebung und neue Anfangskraft schenken und<br />

selbst aus unseren Unzulänglichkeiten noch etwas Göttliches hervorgehen<br />

lassen.<br />

„Wir Menschen alle sind fehlerhaft vor Gott, und Gott verzeiht uns die<br />

Fehler, so wir sie erkennen und bereuen!“ (Jug. 140,02)


<strong>GL</strong> 1/<strong>2012</strong> Alles ist in dir<br />

39<br />

Alles ist in dir<br />

Anselm Grün<br />

„Wovor du wegläufst und wonach du dich sehnst,<br />

beides ist in dir selber.“ Der indische Seelenführer<br />

Anthony de Mello hat das gesagt. Und in <strong>der</strong> Tat: Viele<br />

Menschen sind auf <strong>der</strong> Flucht vor sich selbst. Sie laufen<br />

vor ihrer Angst davon o<strong>der</strong> fliehen vor ihren<br />

Schuldgefühlen. Sie laufen vor bedrohlichen Situationen<br />

und Konflikten mit an<strong>der</strong>en davon. Doch alles, wovor sie<br />

fliehen, ist in ihnen. Sie können gar nicht vor sich selber<br />

weglaufen, denn sie nehmen alles mit.<br />

Anselm Grün<br />

Benediktinerpater und<br />

spiritueller Autor<br />

Mich erinnert das an den Mann, <strong>der</strong> versuchte, vor seinem eigenen<br />

Schatten davonzulaufen. Er steigerte sein Tempo beim Laufen, um den<br />

Schatten loszuwerden. Doch sobald er sich umsah, erblickte er wie<strong>der</strong> den<br />

Schatten. Er konnte ihn nicht abschütteln. Er hetzte weiter und rannte, bis<br />

er tot umfiel. Genauso wenig können wir das ablegen, wovor wir<br />

davonlaufen. Wir nehmen es mit. Es ist in uns. Davonzulaufen und sich<br />

abzuhetzen bringt nichts. Wir werden es auf diese Weise nie loswerden. Es<br />

bleibt uns nur eines übrig: stehen zu bleiben und uns mit dem auszusöhnen,<br />

was in uns ist.<br />

Der erste Schritt <strong>der</strong> Aussöhnung besteht darin, dass wir uns erlauben,<br />

dass das, wovor wir am liebsten weglaufen würden, in uns bleibt und auf<br />

diese Weise nicht abzuschütteln ist. Wir verzichten darauf, es zu bewerten.<br />

Es ist, wie es ist. Und es darf so sein.<br />

Der zweite Schritt besteht dann darin, sich liebevoll dem zuzuwenden,<br />

was wir in uns so sehr ablehnen. Es gehört zu mir. Es ist ein Teil von mir.<br />

Und auch dieser Teil will geliebt werden.<br />

Aber nicht nur dieser Angstreflex, auch die Sehnsucht ist in uns und<br />

treibt uns an: die Sehnsucht nach absoluter Heimat, Geborgenheit und<br />

Liebe. Die Sehnsucht können wir nicht totschlagen. Sie ist die Spur, die<br />

Gott in unser Herz gegraben hat, um uns an sich selbst zu erinnern. Die<br />

Sehnsucht ist in uns als eine Kraft, die uns über diese Welt hinausführt.<br />

Auch das, wonach wir uns sehnen, ist immer schon in uns. Wir sehnen uns<br />

nach Erfolg, nach Liebe, nach Anerkennung, nach Frieden, nach Heimat.<br />

All das ist schon in mir. In mir ist die Liebe. Ich brauche sie nur<br />

wahrzunehmen. In mir ist Heimat. Wenn das tiefste Geheimnis des Lebens<br />

selbst in mir wohnt, kann ich in mir selbst daheim sein. In mir ist Erfolg.<br />

Wenn ich ja sage zu mir, so wie ich bin, spüre ich mich, spüre ich<br />

Lebendigkeit und Weite. Was ist denn Erfolg? Es glückt mir etwas. Und


40 Des Kindes Fehler<br />

<strong>GL</strong> 1/<strong>2012</strong><br />

wenn mir etwas glückt, bin ich glücklich. Das Glück ist also schon in mir.<br />

Ich muss es mir nicht erkaufen. Ich muss es nicht durch äußeren Erfolg<br />

erreichen. Ich brauche nur in Einklang zu kommen mit mir selbst, mich an<br />

dem freuen, was von mir ausgeht, dann werde ich diese beglückende<br />

Harmonie als Kraft wahrnehmen, die sich selbst genügt, aber auch nach<br />

außen strahlt. Die Anerkennung ist auch in mir. Wenn ich mich selber<br />

anerkenne, muss ich <strong>der</strong> Anerkennung nicht nachlaufen. Dann ist es nicht<br />

mehr so wichtig, ob die an<strong>der</strong>en mich anerkennen.<br />

Die eingangs zitierte Erkenntnis Anthony de Mellos lädt uns ein,<br />

unsere Sehnsüchte genau anzuschauen, immer wie<strong>der</strong> innezuhalten und<br />

uns zu vergewissern: All das, wonach ich mich sehne, das ist schon in mir.<br />

Wenn ich stehen bleibe und nach innen höre, finde ich schon alles in mir.<br />

Das ist die tiefste Wahrheit meines Lebens: Gott ist in mir. Und damit ist<br />

alles, wonach ich mich sehne, in meinem Herzen. Es geht darum, vor<br />

dieser Wahrheit nicht davonzulaufen, son<strong>der</strong>n innezuhalten und sich ihr zu<br />

stellen. So paradox es klingt: Dieses Innehalten ist die Voraussetzung für<br />

jeden menschlichen und geistlichen Fortschritt.<br />

(Quelle: Buch <strong>der</strong> Lebenskunst, Her<strong>der</strong>)<br />

Des Kindes Fehler<br />

„Wenn du ein Kind hättest, das da gegen dich einen völlig nichtigen<br />

Fehler begangen hätte; so es aber den Fehler an sich gewahrete, möchte es<br />

alsbald voll Verzweiflung zu dir ausrufen: ,Vater, es ist entsetzlich, –<br />

siehe, ich habe mich gegen dich versündigt! Wehe mir, ich will darum drei<br />

Tage keinen Bissen zu mir nehmen, und sollte ich darob auch schon am<br />

zweiten Tage vor Hunger sterben!‘;<br />

So du aber dann möchtest zum Kinde sagen: ,Höre, mein geliebtes<br />

Kind! Dein Fehler war ja nur ein gar kleines, unwillkürliches Versehen;<br />

darum mache dir nichts daraus! Komme aber her, und liebe mich darum;<br />

denn ich habe ja nicht geachtet deines vermeintlichen Fehlers!‘, –<br />

Was möchte dir da wohl lieber sein: ob das Kind zu dir hingeht und<br />

umfasst dich liebend mit seinen zarten Händen, o<strong>der</strong> ob es beharrt bei<br />

seinem strengen Vorsatze?<br />

Du sagst: ,So das arme Kind zu mir geht und mich liebend umfasst,<br />

solches wäre mir ums unaussprechliche lieber!‘<br />

Gut, sage Ich dir, – also tue auch du gegen den himmlischen Vater, was<br />

du als besser erkennst; denn du bist ja auch ein Kind zu Ihm, und es wird<br />

Ihm solches wohlgefälliger sein ums vielfache denn all dein Fasten!“<br />

(Haushaltung Gottes Bd.2; 227,27ff)


<strong>GL</strong> 1/<strong>2012</strong> Vom tiefen Sinn <strong>der</strong> Krankheiten<br />

41<br />

Vom tiefen Sinn <strong>der</strong> Krankheiten<br />

Hans Sterne<strong>der</strong> (1889-1981)<br />

Du siehst, dass die Menschen von unendlich vielen<br />

Krankheiten befallen sind und sich unsagbar viele<br />

Leidende ächzend unter ihren Gebrechen über die Erde<br />

schleppen. Das müsste die Menschen längst zu <strong>der</strong> Frage<br />

geführt haben, was eigentlich <strong>der</strong> Grund <strong>der</strong> Krankheiten<br />

ist. Denn wenn Gott, wie es heißt und richtig ist, den<br />

Menschen nach seinem Ebenbilde geschaffen hat, dann<br />

muss Gott, <strong>der</strong> Vollkommene, die Menschen auch<br />

Hans Sterne<strong>der</strong><br />

Österreichischer<br />

Schriftsteller<br />

vollkommen, also gesund, gedacht und geschaffen haben. Und da <strong>der</strong><br />

Mensch aus Gott stammt, Geist von seinem Geiste ist, so muss er die<br />

Gesundheit selber sein, denn bei Gott gibt es keine Krankheit.<br />

Und wenn dir jemand antwortet: <strong>der</strong> Mensch wird eben von<br />

Krankheiten befallen, dann antworte ihm ruhig: Nein, kein Mensch wird<br />

'eben' von Krankheiten befallen! Son<strong>der</strong>n die Menschen selbst sind es,<br />

welche die Krankheiten rufen, anziehen, sich die Krankheiten holen und<br />

aufbürden!<br />

Denn jede Krankheit ist etwas Unnatürliches, Ungeistiges,<br />

Antigöttliches, Dämonisches!<br />

Wenn das so ist, dann müssen wir uns fragen, wieso sie entsteht und<br />

wie man sie meiden o<strong>der</strong> abschütteln kann.<br />

Wenn du das Leben in <strong>der</strong> Natur und im Menschen tiefer betrachtest,<br />

wird dir nur zu bald bewusst werden, dass es im ganzen Weltall keinen<br />

Zufall gibt, son<strong>der</strong>n alles auf dem ehernen, göttlichen Boden <strong>der</strong> Weisheit<br />

und <strong>der</strong> Gesetze steht.<br />

Also müssen auch Gesundheit und Krankheit auf diesem ehernen<br />

Boden des Gesetzes stehen! Und es ist nicht schwer daraus zu folgern:<br />

Solange ein Mensch im Licht <strong>der</strong> göttlichen Gesetze steht, wird er gesund<br />

sein, und in dem Augenblick, wo er aus dem Gnadenkreis dieser göttlichen<br />

Gesetze hinaustritt, gegen sie verstößt, wird er erkranken!<br />

Harmonie mit Gott: Gesundheit<br />

Zerfall mit Gott: Krankheit<br />

Wir wollen diesen Gedanken nachgehen. Du weißt, dass Gott das ganze<br />

Weltall mit all seinen Lebensformen vom größten Gestirn bis zum<br />

winzigsten Mikrobus geschaffen hat, dass alles in seinem geistigen Wesen<br />

ruht, von Ihm durchdrungen und durch Seine göttliche Lebenskraft am<br />

Leben erhalten ist. Und es ist dir nur zu leicht vorstellbar, dass jedes


42 Vom tiefen Sinn <strong>der</strong> Krankheiten<br />

<strong>GL</strong> 1/<strong>2012</strong><br />

Geschöpf in dem Augenblick sterben müsste, wo Gott Seine Lebenskraft,<br />

den Atem Seiner Liebe aus dem Geschöpf zöge und diesen Lebensstrom<br />

nicht mehr auf es fließen ließe. So wie wir ein Ähnliches von <strong>der</strong><br />

Lebenskraft <strong>der</strong> Sonne wissen.<br />

Gott strömt also immerzu Seine Lebenskraft in das ganze All. Jedes<br />

Geschöpf wird von diesem Strahl genährt, wie das Kind genährt wird von<br />

<strong>der</strong> Milch <strong>der</strong> Mutter, und muss sich somit <strong>der</strong> stärksten und blühendsten<br />

Gesundheit erfreuen.<br />

Wer also in Gott lebt, wird die Fülle und darum die Gesundheit haben.<br />

Denn er befindet sich mit Gott in vollem Einklang, in vollkommener<br />

Harmonie! Der Liebesgnadenstrom Gottes wird Tag und Nacht in voller<br />

Kraft in ihn fließen. O<strong>der</strong> richtiger gesagt: Dieser Lebenskraftstrom wird<br />

vom makellos reinen Geist des Menschen, dem Gottesfunken, voll<br />

aufgenommen werden und in ihm leuchten im hellsten und reinsten Licht.<br />

Die geistige Nabelschnur o<strong>der</strong> <strong>der</strong> Lebenskanal, <strong>der</strong> ihn mit Gott<br />

verbindet, ist weit offen, unverstopft, und trägt in vollem Umfang den<br />

Lebensstrom Gottes zu den Menschen. Ein solcher, in <strong>der</strong> völligen<br />

Eintracht mit Gott befindlicher Mensch wird blühen am Geiste und am<br />

Körper.<br />

Im selben Augenblick aber, wo ein Mensch diese Harmonie mit Gott<br />

zerreißt, wo er sich bewusst o<strong>der</strong> unbewusst von Gott abwendet und gegen<br />

die ewigen, göttlichen Gesetze verstößt, muss selbstverständlich eine<br />

Störung im Verhältnis Gott und Mensch eintreten. Muss es zu einem<br />

kleineren o<strong>der</strong> größeren Kurzschluss kommen.<br />

Ein solcher Mensch, <strong>der</strong> gegen die Gebote Gottes und die Sittengesetze<br />

verstößt, ist gleichsam aus <strong>der</strong> Einheit herausgefallen und aus <strong>der</strong><br />

Harmonie in den Zwiespalt mit Gott, in den Gegensatz, in die Disharmonie<br />

gesunken. O<strong>der</strong> geistig krank geworden, denn je<strong>der</strong> Zerfall mit Gott ist<br />

eine Erkrankung des Geistes.<br />

Und nun höre! Diese geistige Erschütterung, dieses Zerwürfnis mit Gott<br />

bringt es zwingend mit sich, dass <strong>der</strong> reine, fleckenlose Lebensstrom<br />

Gottes nicht mehr ungehin<strong>der</strong>t und voll in das sündige Geschöpf fließen<br />

kann.<br />

Zufolge dieses vermin<strong>der</strong>ten Einstromes trübt sich das Licht des<br />

Gottesfunken. Die weitere Folge ist nun, dass dieser zu wenig gespeiste<br />

Gottesfunke die Seele und ihr Haus: den Astralkörper, nicht mehr voll mit<br />

<strong>der</strong> Gotteskraft erfüllen kann. So sickert die geistige Erkrankung vom<br />

Geist in die Seelen- o<strong>der</strong> Astralkörper hinab. Und dieser Astralkörper, <strong>der</strong><br />

bei einem Menschen, <strong>der</strong> sich in Eintracht mit Gott befindet, in sattblauem<br />

bis violettem Licht leuchtet, beginnt seinen Glanz an irgendeiner Stelle zu


<strong>GL</strong> 1/<strong>2012</strong> Vom tiefen Sinn <strong>der</strong> Krankheiten<br />

43<br />

vermin<strong>der</strong>n bis hinab zu müdem Grau.<br />

Ich habe gesagt, <strong>der</strong> Astralkörper o<strong>der</strong> die Seele beginnt ihren satten<br />

Glanz an irgendeiner Stelle zu vermin<strong>der</strong>n. Das ist nicht zufällig gesagt! In<br />

diesen Worten liegt eine ungeheuer tiefe Bedeutung und göttliche Weisheit!<br />

Denn ebenso, wie es Gott eingerichtet hat, dass Seine Lebenskraft vom<br />

Gottesfunken aufgenommen und <strong>der</strong> Seele zugeleitet wird, welche dieselbe<br />

im Astralkörper aufspeichert, - ebenso hat umgekehrt <strong>der</strong> Astralkörper<br />

dauernd den physischen Körper zu speisen und gesund zu erhalten.<br />

Und nun höre eines <strong>der</strong> größten Wun<strong>der</strong> im Lebenshaus des Menschen!<br />

Gott hat den menschlichen Körper so gebaut und <strong>der</strong>art in das Verhältnis<br />

mit Ihm gestellt, dass jedes Organ desselben einer göttlichen Eigenschaft<br />

entspricht!<br />

Verstößt nun <strong>der</strong> Mensch gegen eine dieser göttlichen Eigenschaften<br />

o<strong>der</strong> Tugenden, so beginnt die Seele krank zu werden, o<strong>der</strong> irdisch<br />

gesprochen: vermag <strong>der</strong> Astralkörper die göttliche Lebenskraft an <strong>der</strong> Stelle<br />

nicht mehr voll aufzunehmen, wo er jenes Organ umgibt und durchdringt,<br />

welches die Tugend verkörpert, gegen die <strong>der</strong> Mensch sich verging.<br />

Demzufolge kann diese geschwächte Stelle das betreffende Organ mit <strong>der</strong><br />

göttlichen Lebenskraft nicht mehr voll ernähren, und so wird das Organ<br />

zufolge dieses Mangels genau so krank, wie die Pflanze im Keller krank<br />

wird, wenn sie nicht <strong>der</strong> volle Strahl des Sonnenlichtes trifft.<br />

So ist <strong>der</strong> Weg <strong>der</strong> Krankheit immer ein dreifacher: Zuerst Verstoß des<br />

Geistes, also Erkrankung des Geistes, dann Erkrankung <strong>der</strong> Seele mit<br />

Erkrankung des Gemüts- o<strong>der</strong> Astralkörpers, und als letzte Stufe<br />

Erkrankung des physischen Körpers.<br />

So siehst du, dass jede körperliche Erkrankung für Menschen, die we<strong>der</strong><br />

das geistige Zerwürfnis noch den Zwiespalt in ihrer Seele wahrgenommen<br />

haben, das letzte und gefährliche Signal ist, dass <strong>der</strong> Mensch mit Gott in<br />

Disharmonie gekommen ist.<br />

Jede körperliche und seelische Erkrankung ist das Mahnzeichen,<br />

umzukehren und die Eintracht, die Harmonie mit Gott wie<strong>der</strong> herzustellen,<br />

ehe es zu spät ist, und nachzusinnen, worin er gegen Gottes Gesetze<br />

verstoßen hat. Und er wird nicht früher ruhen, bis er den Grund erkennt und<br />

die Ordnung mit Gott wie<strong>der</strong> hergestellt hat. Im selben Augenblick aber,<br />

wo er den Verstoß behoben und die Schuld getilgt und die Harmonie<br />

hergestellt hat, reinigen und öffnen sich wie<strong>der</strong> die Kanäle, vermag <strong>der</strong><br />

Liebesstrom Gottes in alter, unvermin<strong>der</strong>ter Kraft und Völle in Geist und<br />

Seele einzufließen, die an Lebenskraft vermin<strong>der</strong>te Astralkörperstelle füllt<br />

sich wie<strong>der</strong> auf - und das physische Organ wird dadurch wie<strong>der</strong> gesund.<br />

Der Mensch, <strong>der</strong> in diese tiefen Zusammenhänge nicht vorzudringen


44 Vom tiefen Sinn <strong>der</strong> Krankheiten<br />

<strong>GL</strong> 1/<strong>2012</strong><br />

vermag, aber wenigstens noch genügend Naturverbundenheit besitzt, greift<br />

zu den Kräutern und holt sich durch sie unbewusst die mangelnde<br />

Lebenskraft aus den kosmischen Fluiden in den Pflanzensäften. Nicht<br />

ahnend, dass er die Wurzel <strong>der</strong> Erkrankung allerdings nicht früher vollends<br />

ausrottet, bevor er den geistigen Verstoß gegen Gott nicht behebt. Das ist<br />

<strong>der</strong> Grund, weshalb solche Menschen wohl vorübergehend Erleichterung<br />

und nahezu Heilung finden können, das Leiden aber immer wie<strong>der</strong> über sie<br />

kommt. Es ist eben die Wurzel nicht beseitigt.<br />

Wer von euch gewillt ist zu hören, <strong>der</strong> höre!<br />

Es ist ein trauriger Fehlschluss <strong>der</strong> Menschen, die Ursache gefährlicher<br />

Leiden in blinden Zufällen und in einer Erkrankung des Körpers zu suchen!<br />

Es gibt keine schwere Krankheit an sich, wie es keinen Zufall gibt! Je<strong>der</strong><br />

Erkrankung des Leibes geht eine Ursache voraus, und diese Ursache liegt<br />

im Kranksein <strong>der</strong> Seele. Krank wird eine Seele, wenn <strong>der</strong> Mensch mit Gott<br />

zerfällt und Schuld auf sich lädt.<br />

Es ergeht ihm dann, wie es einem Baum ergeht, <strong>der</strong> in seinem Boden<br />

nicht mehr genug Nährstoffe findet.<br />

Darum versteht das Menetekel (Warnungszeichen) <strong>der</strong> Krankheit,<br />

diesen Mangel an lieben<strong>der</strong> Lebenskraft Gottes, richtig und tuet alles, um<br />

den Verstoß gegen Gott aus <strong>der</strong> Welt zu schaffen!<br />

Und sehet, im selben Augenblick verschwindet die Krankheit, so wie<br />

<strong>der</strong> Schatten einer dunklen Wolke verschwindet, wenn die Wolke sich<br />

aufgelöst hat.<br />

Darum lebet stets in Harmonie mit Gott! Und wer mit ihm zerfiel, <strong>der</strong><br />

tue Buße noch in dieser Stunde, damit die Schuld von ihm genommen<br />

werde und er nicht Schaden habe an seiner Seele! So bewahret ihr euch vor<br />

Leid, Krankheit und frühem Tod!<br />

(aus „Der Wun<strong>der</strong>apostel“)<br />

<br />

„Die meisten Leibeskrankheiten sind Folgen von allerlei Sünden, die <strong>der</strong><br />

Mensch schon von seiner Jugend an bis zu seinen alten Tagen hin<br />

gleichfort und am Ende schon aus einer Art Gewohnheit begangen hat.<br />

Manche Krankheiten <strong>der</strong> Menschen sind ein Erbe von Eltern und<br />

Voreltern an ihre Kin<strong>der</strong> und Kindeskin<strong>der</strong>, weil da schon die Eltern und<br />

Voreltern gesündigt haben. Da kann man Gott dann keine Schuld geben,<br />

wenn die Menschen sich selbst allerlei Krankheiten, Schmerzen und<br />

Leiden bereiten.“<br />

(GEJ. Bd.6; 162,2)


<strong>GL</strong> 1/<strong>2012</strong> Sinn und Ziel des Menschenlebens<br />

45<br />

Sinn und Ziel des Menschenlebens<br />

Josef Lüthold<br />

In <strong>der</strong> Neuoffenbarung durch Jakob <strong>Lorber</strong> wird nachdrücklich darauf<br />

hingewiesen, dass die zur Kindschaft Gottes berufenen Menschen<br />

gegenüber Gott eine gewisse Selbständigkeit erreichen sollen. Jesus sagte<br />

zum römischen Hauptmann von Samosata: „Gott kann infolge Seiner<br />

Allmacht freilich einen Geist mit vollendeter Weisheit und Macht aus Sich<br />

hinausstellen o<strong>der</strong> erschaffen, und das in einem Momente gleich zahllos<br />

viele, – aber alle solche Geister haben keine Selbständigkeit; denn ihr<br />

Wollen und Handeln ist kein an<strong>der</strong>es als das göttliche Selbst, das<br />

unaufhörlich in sie einfließen muss, auf dass sie sind, sich bewegen und<br />

handeln nach dem Zuge des göttlichen Willens. Sie sind für sich gar nichts,<br />

son<strong>der</strong>n pur momentane Gedanken und Ideen Gottes.<br />

Sollen sie aber mit <strong>der</strong> Zeit möglichst selbständig werden, so müssen sie<br />

den Weg <strong>der</strong> Materie o<strong>der</strong> des gerichteten und also gefesteten Willen<br />

Gottes durchmachen, auf die Art, wie ihr sie auf dieser Erde vor euren<br />

Augen habt. Haben sie das, dann sind sie erst aus sich selbständige,<br />

selbstdenkende und freiwillig handelnde Kin<strong>der</strong> Gottes, die zwar auch<br />

allzeit den Willen Gottes tun, aber nicht weil er ihnen durch die Allmacht<br />

Gottes aufgedrungen ist, son<strong>der</strong>n sie erkennen solchen als höchst weise und<br />

bestimmen sich selbst, nach solchem zu handeln, was dann für sie selbst<br />

lebensverdienstlich ist und ihnen erst des Lebens höchste Seligkeit und<br />

Wonne gibt.<br />

Siehe, du Mein lieber Freund, so stehen diese Sachen, und eben daran,<br />

dass sie so stehen, kannst du des einigen, wahren Gottes höchste Weisheit<br />

immer mehr und mehr erkennen und bewun<strong>der</strong>n, da du daraus ersehen<br />

kannst, wie Gott aus Seiner höchsten Liebe und Weisheit Seine<br />

höchsteigenen Gedanken und Ideen zu selbständigen, Ihm vollkommen<br />

ähnlichen Kin<strong>der</strong>n gestaltet und erzieht!“ (GEJ Bd. 6; 133,10-12)<br />

Bei einer an<strong>der</strong>en Gelegenheit sagt Jesus: „Erschaffen ist leicht; aber die<br />

aus sich hinausgestellten Geschöpfe zu einem freien, ungerichteten und<br />

selbständigen Sein hinleiten, das ist selbst für die göttliche Allmacht keine<br />

leichte Sache. Doch mit Geduld und Langmut kann man am Ende dennoch<br />

alles erreichen, und ist eine Sache in bestzwecklicher Hinsicht einmal<br />

erreicht, da gedenkt man nicht mehr <strong>der</strong> Zeit, die zur Erreichung vonnöten<br />

war.“ (GEJ Bd. 6; 63,1)<br />

Gott schuf die Welt und den Menschen aber auch aus dem eigenen<br />

Bedürfnis nach persönlichen Beziehungen. Dies ist eine eher überraschende<br />

Aussage, bei <strong>der</strong> kirchliche Theologen vielleicht eine Schmähung <strong>der</strong>


46 Gebetsleben<br />

<strong>GL</strong> 1/<strong>2012</strong><br />

göttlichen Transzendenz sehen: Doch sagt Jesus: Wenn Gott nicht <strong>der</strong><br />

Menschen zur stetigen Sättigung Seiner Liebe bedurft hätte, also hätte Er<br />

sie nie erschaffen.“ (GEJ Bd. 8; 129,13)<br />

Und <strong>der</strong> im jenseits gereifte einstige Bischof Martin legt das schöne<br />

Bekenntnis ab: Du Herr brauchst von niemandem einen Rat, denn Du bist<br />

Dir ewig allein genug. Aber Dein heiligstes Vaterherz will nicht allein<br />

sein, nicht allein genießen die endlose Fülle <strong>der</strong> eigenen heiligsten<br />

Vollkommenheit: es ruft aus Seinen tiefsten Gedanken Wesen hervor und<br />

gestaltet sie im Feuer Seiner endlosen Liebe und im Lichte Seiner ewigen<br />

Weisheit zu Gotteskin<strong>der</strong>n, auf dass sie wie freie Gottwesen selbst an <strong>der</strong><br />

endlosesten Vollkommenheit dieses heiligsten Vaterherzens den vollsten<br />

Teil nehmen sollen ewig!“ (BM 86,8)<br />

Gebetsleben<br />

Josef Lüthold<br />

In <strong>der</strong> Neuoffenbarung durch Jakob <strong>Lorber</strong> wird oft darauf<br />

hingewiesen, dass nur innige Gebete aus dem Herzen des Menschen<br />

wirksam und sinnvoll sind.<br />

Der Mittler zwischen Gott und dem Menschen ist <strong>der</strong> Geistfunke im<br />

Menschenherzen, <strong>der</strong> beim innigen, andächtigen Beten angeregt wird und<br />

eine wahre Verbindung zu Gott herstellt.<br />

Ein Lippengebet ist oft ein gesprochenes Gebet, das nicht o<strong>der</strong> zu<br />

wenig aus dem Herzen kommt. In Matthäus Kap. 15,8 heißt es daher:<br />

„Dies Volk naht sich zu mir mit seinem Munde und ehrt mich mit seinen<br />

Lippen, aber ihr Herz ist fern von mir.“ Dementsprechend sagt Jesus im<br />

Großen Evangelium Johannes: Die Sprache eures Herzens gilt bei Mir<br />

mehr als tausend noch so schöne, von <strong>der</strong> Zunge gesprochene Worte, von<br />

denen das Herz nichts weiß.“ (GEJ Bd. 1; 195,4)<br />

Zum inneren Gebet gehört auch die Selbstbeschauung o<strong>der</strong><br />

Gewissenserforschung, welche im Idealfall täglich erfolgt. Jesus gibt<br />

seinen Jüngern Hinweise, wie sie sich selbst beschauen und ihr Gewissen<br />

erforschen können: „Prüfet euch sorgfältig, ob nicht noch irgend starke<br />

weltliche Vorteilsgedanken euer Herz beschleichen, ob nicht zeitweiliger<br />

Hochmut, eine gewisse, zu überspannte Sparsamkeit – eine jüngste<br />

Schwester des Geizes –, die Ehrsucht, richterlicher Sinn, Rechthabelust,<br />

fleischlicher Wollustsinn und <strong>der</strong>gleichen mehreres euer Herz und somit<br />

auch eure Seele gefangen halten! Solange das bei dem einen o<strong>der</strong> dem<br />

an<strong>der</strong>n <strong>der</strong> Fall ist, wird er zu <strong>der</strong> Verheißung, das heißt zu ihrer vollen<br />

Erfüllung an ihm, nicht gelangen.“ (GEJ Bd.5; 125,2)


<strong>GL</strong> 1/<strong>2012</strong> Gebetsleben<br />

47<br />

Das Gebetsleben umfasst hauptsächlich Dank- und Bittgebete, wozu<br />

auch das Tischgebet gehört. Jesus gibt einem geheilten Griechen die<br />

Folgende Empfehlung: „Bitte im Herzen Gott vor dem Essen, dass Er dir<br />

und allen Menschen die Speisen und den Trank segnen möchte, und Er<br />

wird solche Bitte allzeit erhören, und dir wird dann jegliche für die<br />

Menschen bestimmte Speise wohl dienen und deinen Leib wahrhaft nähren<br />

und stärken! Also sei es und bleibe es!“ (GEJ Bd. 9; 11,11)<br />

Ein bekanntes und bedeutendes Gebet ist das Vaterunser mit den sieben<br />

Bitten als Zusammenfassung <strong>der</strong> menschlichen Bedürfnisse für Leib und<br />

Seele.<br />

In <strong>der</strong> Neuoffenbarung wird auch die Handauflegung bei Kranken<br />

Menschen und das Gebet für sie erwähnt, wobei in einem Herzensgebet es<br />

dem Willen Gottes vorbehalten bleibt, ob <strong>der</strong> Kranke wie<strong>der</strong> gesund<br />

werden soll.<br />

„So ihr irgend aus <strong>der</strong> Ferne vernommen habt, dass da ein o<strong>der</strong> <strong>der</strong><br />

an<strong>der</strong>e Freund von euch krank danie<strong>der</strong>liegt, da betet über ihn, und leget<br />

im Geiste die Hände auf ihn, und es soll auch besser werden mit ihm!<br />

Dabei aber bestehe das im Herzen nur auszusprechende Gebet in<br />

folgenden wenigen Worten: ,Jesus, <strong>der</strong> Herr, wolle dir helfen! Er stärke<br />

dich, Er heile dich durch Seine Gnade, Liebe und Erbarmung!‘ So ihr das<br />

voll Glauben und Vertrauen zu Mir über einen noch so ferne von euch sich<br />

irgendwo befindenden kranken Freund – o<strong>der</strong> Freundin – aussprechen und<br />

dabei über ihn im Geiste eure Hände halten werdet, so wird es mit ihm zur<br />

Stunde besser werden, wenn das zu seinem Seelenheile dienlich ist.<br />

(GEJ Bd. 9; 43,8-9)<br />

Auch das Gebet für Verstorbene hat einen sinnvollen Zweck wie Jesus<br />

es uns erklärt: „Das Gebet einer mit wahrer Liebe und Erbarmung erfüllten<br />

Seele im vollen Liebevertrauen auf Mich hat eine gute Wirkung auf solche<br />

wahrlich armen Seelen im Jenseits, denn es bildet um sie einen gewissen<br />

Lebensätherstoff, in dem sie wie in einem Spiegel ihre Mängel und<br />

Gebrechen erkennen, sich bessern und dadurch leichter zum Lebenslichte<br />

emporkommen.“ (GEJ Bd. 8; 38,1)<br />

(Quelle: Josef Lüthold - Gott, Mensch und Welt im Lichte <strong>der</strong> Neuoffenbarung,<br />

Verlag R.G. Fischer, Frankfurt)<br />

<br />

„Und alles, was ihr bittet im Gebet, so ihr glaubet,<br />

werdet ihr's empfangen.“<br />

(Matthäus 21,22)


48 Ein Evangelium für Beleidigte<br />

<strong>GL</strong> 1/<strong>2012</strong><br />

Ein Evangelium für Beleidigte<br />

Und als <strong>der</strong> Sethlahem sich nun wie<strong>der</strong> beim Opferaltare befand in <strong>der</strong><br />

Mitte des Abedam, Henoch, Jared und Abedam, des bekannten, da holte er<br />

einen tiefen Atemzug und wollte sich über die ihm angetanen<br />

Beleidigungen von Seiten <strong>der</strong> sieben Brü<strong>der</strong> durch eine auseinan<strong>der</strong><br />

gesetzte Anklage gehörig Luft machen.<br />

Der hohe Abedam (<strong>der</strong> Herr) aber kam ihm zuvor und sagte ihm, ihn<br />

gleichsam fragend: „Sethlahem, wo sind denn die sieben?<br />

Ich sehe nur dich allein. Wie hast du denn deinen dir vorgenommenen<br />

Dienst gar so unvollbracht geschehen lassen mögen?!<br />

Und statt die sieben hierher zu führen, kommst du nun ganz allein und<br />

noch dazu mit einem beleidigten Herzen voll bitterer Klage!<br />

Was soll Ich nun aus dir machen? – Ich sage dir aber, so du dich an<br />

deinen sieben Brü<strong>der</strong>n rächen willst, da zeichne ihre Schuld in den Sand!<br />

So dir aber jemand Arges will im Herzen, den segne, als wäre er dein<br />

erstgeborener Sohn, so wirst du sein ein wahres unsterbliches Kind <strong>der</strong><br />

ewigen Liebe, sein voll <strong>der</strong> Gnade und sein voll <strong>der</strong> Liebe und aller<br />

Weisheit aus ihr!<br />

Siehe, was nützt dir ein denken<strong>der</strong> Geist, so du die Liebe nicht hast?!<br />

Ich sage dir, du wirst ewig im Finstern herumtappen! Denn so du auch<br />

tausend Jahre hindurch angaffen möchtest jenes ferne Gebirge und darüber<br />

nachdenken so viel, dass du mit deinen Gedanken ein Loch in einen Stein<br />

wetzen möchtest, – sage, wird dir dadurch wohl klarer werden die<br />

Beschaffenheit <strong>der</strong> blauen Ferne?!<br />

Ich meine, mitnichten! So du aber statt des langen, kalten Denkens dein<br />

Herz erbrennen lässt für die blaue Ferne, wirst du da dich nicht sobald als<br />

möglich auf die Füße machen, dir einige gleich sehnsüchtig gestimmte<br />

Begleiter wählen und sodann eine Reise hinmachen nach <strong>der</strong> dir<br />

unbekannten Ferne?! Und so du dort angelangen wirst, wirst du sie wohl<br />

also finden, wie sie dir hun<strong>der</strong>ttausende deiner blinden Gedanken ehedem<br />

vorgelogen haben?!<br />

Wird dir dort nicht je<strong>der</strong> noch so gedankenlose Blick mehr enthüllen als<br />

hier in tausend Jahren zahllose so genannte allerschärfste Gedanken?!<br />

Also sieh nun, einen wie großen Vorzug die Liebe vor aller<br />

Gedankenweisheit hat!<br />

Wer die Liebe hat, das heißt die reine Liebe zu Gott dem Vater aller<br />

Menschen und dem Schöpfer aller Dinge und aus dieser Liebe heraus zu<br />

allen seinen Brü<strong>der</strong>n und im gerechten, reinen Maße auch zu den<br />

Schwestern, <strong>der</strong> hat alles; ja er hat das ewige Leben und alle anschaulich


<strong>GL</strong> 1/<strong>2012</strong> Ein Evangelium für Beleidigte<br />

49<br />

klare, heilige Weisheit, nicht eine finstere Gedankenweisheit <strong>der</strong> Welt, die<br />

zu gar nichts taugt denn allein dazu, den lebendigen Menschen nach und<br />

nach zum Tode zu reifen und endlich gar zu ertöten!<br />

So du aber eben durch die Liebe zur wahren, lebendigen Weisheit<br />

gelangen willst, wahrlich, da muss zuvor alle Anklage über deine Brü<strong>der</strong><br />

aus deinem Herzen weichen, und mit ihr alle Gedankenweisheit! So das<br />

nicht erfolgen wird, wirst du immer also im Finstern herumtraben, dass du<br />

nicht einmal wirst zu unterscheiden vermögen, wen du vor dir hast, ob<br />

einen Menschen o<strong>der</strong> ob einen ewigen, allmächtigen Gott, was schon jetzt<br />

bei dir sehr stark <strong>der</strong> Fall ist.<br />

Daher berate dich zuvor in deinem Herzen! Vergib deinen Brü<strong>der</strong>n,<br />

wenn sie auch noch so arg an dir gehandelt hätten, so werde auch Ich<br />

dir deine Torheit vergeben und dich heilen zum ewigen Leben!<br />

So dich's aber ärgert, dass deine Brü<strong>der</strong> an<strong>der</strong>s denken und reden denn<br />

du, warum berücksichtigst du denn dabei nicht auch zugleich, dass deine<br />

an<strong>der</strong>en Gedanken dort sieben Herzen erbittern, während die sieben mit dir<br />

allein zu tun haben?!<br />

Siehe, ein Schlag her und ein Schlag hin, / wann wird draus je ein<br />

Gewinn?! / Habt ihr aber einen Sinn, / wo die Liebe ist darin, / dann habt<br />

ihr schon den Gewinn! / Ist auch Wahres nicht viel drin, / Ich euch<br />

dennoch näher bin; / so Ich aber näher bin, / ist denn das nicht ein<br />

Gewinn?!<br />

Darum gehe denn nun noch einmal hin zu deinen Brü<strong>der</strong>n! Bitte sie um<br />

Vergebung und gewinne sie im Herzen, so werden sie dann auch leicht<br />

hierher zu bewegen sein und zu gewinnen fürs wahre, ewige Leben!<br />

Den Trotzigen wirst du nimmer mit Gegentrotz gewinnen, – nicht<br />

einmal dein eigenes Kind! Denn du sagst in deiner Weisheit ja selbst und<br />

hast gefunden, dass zwei Kräfte gleicher Art nimmer können eins werden,<br />

son<strong>der</strong>n eine strebt <strong>der</strong> an<strong>der</strong>n entgegen und sucht sie zu vernichten; darum<br />

können zwei Steine nicht den Platz des alleinig einen Steines einnehmen.<br />

Siehe, ist das nicht deine Lehre?! Und Ich sage dir noch hinzu, dass die<br />

Lehre richtig ist und vollkommen wahr.<br />

Hast du aber nie beobachtet, wenn <strong>der</strong> schwächere Stein dem stärkeren<br />

nachgibt?! Welcher folgt nun dem an<strong>der</strong>n, und wer wird des an<strong>der</strong>n Führer<br />

hernach und endlich <strong>der</strong> Grund selbst?<br />

Wahrlich, <strong>der</strong> Stärkere sicher nicht, <strong>der</strong> den Schwächeren aus seiner<br />

Lage schob, son<strong>der</strong>n <strong>der</strong> Schwächere, <strong>der</strong> dem Stärkeren wich! Siehe,<br />

solches ist auch Weisheit!<br />

Darum gehe nun hin zu deinen Brü<strong>der</strong>n und tue desgleichen, so wirst<br />

du auch ihr Führer und Meister werden nach <strong>der</strong> besseren Lust deines


50 Ein Evangelium für Beleidigte<br />

<strong>GL</strong> 1/<strong>2012</strong><br />

Herzens! Amen.“<br />

Und <strong>der</strong> Sethlahem machte Miene zu einer neuen Frage; aber auch da<br />

kam ihm Abedam zuvor und sagte zu ihm:<br />

„Sethlahem, du bist noch nicht rein; denn eine große Zweifelsfrage<br />

drückt dein Herz und macht dich blind, darum du nicht verstehen magst<br />

und kannst Meine Worte!<br />

Was liegt denn daran, ob das, was deine Brü<strong>der</strong> wähnen, wahr o<strong>der</strong><br />

falsch ist? Denn du hast ja auch noch nichts, wodurch du die Echtheit<br />

deines Schatzes <strong>der</strong> Weisheit verbürgen könntest!<br />

Was aber ist nun besser: ein Falsches mit dem an<strong>der</strong>n Falschen<br />

schlagen wollen, o<strong>der</strong> die Wertlosigkeit des eigenen Falschen in sich<br />

anerkennen und dann sich dem Falschen des Bru<strong>der</strong>s <strong>der</strong> Eintracht und<br />

Liebe wegen nicht wi<strong>der</strong>setzen, wodurch dann <strong>der</strong> Bru<strong>der</strong>, <strong>der</strong> dich liebt,<br />

so du ein wahres Licht erhalten wirst, dir gerne folgen wird, dieweil er<br />

dich liebt?!<br />

So du aber als Bru<strong>der</strong> mit dem eigenen Falschen hartnäckig <strong>der</strong><br />

Falschheit des an<strong>der</strong>n wi<strong>der</strong>strebst, darum er dann erbost wird, wie wird er<br />

dir dann folgen, so dir ein wahres Licht geworden ist?!<br />

Siehe, die Liebe ist <strong>der</strong> Anfang aller Weisheit; die Demut aber ist ein<br />

mächtiger Hebel <strong>der</strong> Liebe sowohl als auch <strong>der</strong> Weisheit! So du demütig<br />

bist, wahrlich, es wird dir kein Mensch etwas hinaufreden wollen; denn wo<br />

<strong>der</strong> Kampflustige keine Gegenwehr sieht, da legt er bald selbst seine<br />

Streitkeule zur Seite, – und was du hast in dir, das wird dir niemand<br />

streitig machen! Und also ist die Demut die größte Beschützerin aller<br />

Weisheit und dazu auch die beste Schule zu aller Weisheit, <strong>der</strong>en Same die<br />

Liebe ist.<br />

Der Hochmut aber ist in allem schnurgerade das allerblankste<br />

Gegenteil, wie dich schon lange die eigene Erfahrung hinreichend belehrt<br />

hat.<br />

Daher gehe nun hin, und versöhne dich zuerst mit deinen Brü<strong>der</strong>n, und<br />

führe sie sodann erst zu Mir, und wir werden dann ja sehen, deswelchen<br />

Teiles Falsches am allergewichtigsten ist! Verstehe es! Amen.“<br />

(HGt. Bd. 1 ;174,1-175,8)<br />

„Liebe Brü<strong>der</strong>, so ein Mensch etwa von einem Fehl übereilet würde, so<br />

helfet ihm wie<strong>der</strong> zurecht mit sanftmütigem Geist, die ihr geistlich seid.<br />

Und siehe auf dich selbst, dass du nicht auch versucht werdest! Einer<br />

trage des an<strong>der</strong>n Last, so werdet ihr das Gesetz Christi erfüllen.“<br />

(Galater 6,1)


<strong>GL</strong> 1/<strong>2012</strong> Die Reparatur<br />

51<br />

Die Reparatur<br />

„Ich komme wegen <strong>der</strong> Brücke“, sagte <strong>der</strong> kleine grauhaarige Mann im<br />

blauen Overall, <strong>der</strong> vor <strong>der</strong> Tür stand.<br />

„Bitte“, sagte die Frau, „treten sie ein, wir haben sie erwartet.“ Sie<br />

schloss die Tür hinter ihm. „Es ist im oberen Stock“ sagte sie, ging vor ihm<br />

die Treppe hinauf, und er folgte ihr.<br />

„Als ich das Inserat sah, wusste ich sofort, dass es das ist, was wir<br />

brauchen“, sagte sie und öffnete dann eine Tür. In einem verdunkelten<br />

Zimmer lag eine dünne Gestalt im Bett und starrte mit weit geöffneten<br />

Augen auf die beiden Eintretenden.<br />

„Es ist immer dasselbe“, sagte sie mit brüchiger Stimme, „ich gehe auf<br />

einer Brücke über eine tiefe Schlucht. Auf <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en Seite ist eine<br />

blühende Alpenwiese. Wenn ich in <strong>der</strong> Mitte bin, brechen die Bretter, und<br />

ich stürze in die Tiefe. Bitte reparieren sie die Brücke, bitte.“<br />

„Können sie das?“ fügte die Frau hinzu, die neben ihm stand. Der Mann<br />

schaute das Foto auf <strong>der</strong> Kommode an, das ein Mädchen in einer<br />

bergbäuerlichen Tracht auf einer blühenden Alpwiese zeigte. „Nicht ganz<br />

leicht“ sagte <strong>der</strong> Mann im Overall, „so hoch über <strong>der</strong> Schlucht, aber ich<br />

werde es versuchen. Ich muss zuerst ein paar Dinge besorgen.“<br />

Dann nahm er die Hand <strong>der</strong> alten Frau und sagte: „Ich komme morgen<br />

wie<strong>der</strong> und bringe eine Gehilfin mit. Dann flicken wir die Brücke.“<br />

Am nächsten Abend schlug <strong>der</strong> kleine graue Mann mit dem Hammer<br />

dicke Nägel in einige Arvenplanken, die am Boden lagen. Eine junge Frau<br />

in einer Tracht hatte überall im Raum Sträuße mit Alpenblumen und kleine<br />

Heubündel verteilt, und das ganze Zimmer duftete wie eine Bergwiese.<br />

„So“, sagte <strong>der</strong> Mann und erhob sich vom Boden, „die Brücke ist repariert.<br />

Sie können sie ohne Bedenken betreten.“<br />

Hoch aufgerichtet saß die alte Frau im Bett und atmete tief und ruhig.<br />

Als ihre Tochter am nächsten Morgen die Firma „Reparatur von Träumen<br />

aller Art“ anrief, um dem grauhaarigen Mann zu sagen, ihre Mutter habe in<br />

dieser Nacht sterben können, sagte eine Tonbandstimme, diese Nummer sei<br />

nicht mehr in Betrieb. (Quelle : Franz Hohler, Zur Mündung, Luchterhand)<br />

Des Kaisers Schrank<br />

Ein Meisterhandwerker im alten China wurde vom Kaiser beauftragt,<br />

einen Schrank für des Kaisers Schlafzimmer im kaiserlichen Palast<br />

herzustellen. Der Handwerker, ein Zen-Mönch, sagte dem Kaiser, dass er


52 Seesterne retten<br />

<strong>GL</strong> 1/<strong>2012</strong><br />

während fünf Tagen nicht in <strong>der</strong> Lage sein werde, zu arbeiten. Die Spione<br />

des Kaisers sahen, wie <strong>der</strong> Mönch die ganze Zeit dasaß und anscheinend<br />

nichts tat. Dann, als die fünf Tage vorbei waren, stand <strong>der</strong> Mönch auf.<br />

Innerhalb dreier Tage fertigte er den außergewöhnlichsten Schrank, den je<br />

jemand gesehen hatte. Der Kaiser war so zufrieden und neugierig, dass er<br />

den Mönch zu sich kommen ließ und ihn fragte, was er während den fünf<br />

Tagen vor dem Beginn seiner Arbeit gemacht hatte.<br />

Der Mönch antwortete: „Den ganzen ersten Tag verbrachte ich damit,<br />

jeden Gedanken an Versagen, an Furcht, an Bestrafung, falls meine Arbeit<br />

dem Kaiser missfallen sollte, loszulassen.<br />

Den ganzen zweiten Tag verbrachte ich damit, jeden Gedanken an<br />

Unangemessenheit und jeden Glauben, dass mir die Fertigkeiten fehlen<br />

würden, einen dem Kaiser würdigen Schrank zu fertigen, loszulassen.<br />

Den ganzen dritten Tag verbrachte ich damit, jede Hoffnung und jedes<br />

Verlangen nach Ruhm, Glanz und Belohnung, falls ich einen Schrank<br />

fertigen sollte, <strong>der</strong> dem Kaiser gefallen würde, loszulassen.<br />

Den ganzen vierten Tag verbrachte ich damit, den Stolz, <strong>der</strong> in mir<br />

wachsen könnte, falls ich in meiner Arbeit erfolgreich sein sollte und das<br />

Lob des Kaisers empfangen würde, loszulassen.<br />

Und den ganzen fünften Tag verbrachte ich damit, im Geist die klare<br />

Vorstellung dieses Schrankes zu betrachten, in <strong>der</strong> Gewissheit, dass sogar<br />

ein Kaiser ihn sich wünschte, so wie er jetzt vor Ihnen steht.“<br />

Seesterne retten<br />

Eines Nachts kam ein furchtbarer Sturm am Meer auf. Der Sturm tobte<br />

stundenlang und meterhohe Wellen des Meers brachen sich gewaltig am<br />

Strand.<br />

Bis zum Morgen ließ das Unwetter langsam nach und <strong>der</strong> Himmel<br />

klarte sich wie<strong>der</strong> auf. Am weiten Strand lagen jedoch unzählige<br />

Seesternen, die vom Sturm an den Strand geworfen waren.<br />

Ein kleiner Junge lief am Strand entlang und nahm sehr behutsam<br />

Seestern für Seestern in seine Hand. Vorsichtig warf er sie wie<strong>der</strong> ins Meer<br />

zurück.<br />

Da kam ein alter Mann am Strand entlang. Er sah den Jungen an und<br />

sprach: „Ach lass das doch, du kannst ja doch nicht alle retten.“<br />

Der kleine Junge schaute den alten Mann an und sagte: „Vielleicht kann<br />

ich nicht alle retten. Aber für den einen verän<strong>der</strong>t sich die ganze Welt!“<br />

Und er warf den nächsten Seestern behutsam zurück ins Wasser.


<strong>GL</strong> 1/<strong>2012</strong> Göttlicher Gesundheitsrat<br />

53<br />

Göttlicher Gesundheitsrat<br />

„Wenn aber ein entseelter und noch mehr geistloser Leib, <strong>der</strong> in<br />

sich nahe pur Materie ist, keine Kost zu sich nimmt und nehmen<br />

kann, so ist es ja eben die Seele und <strong>der</strong> Lebensgeist in ihr, die da<br />

zu sich nimmt die Kost. Da aber <strong>der</strong> Leib nichts ist als ein<br />

Handlanger <strong>der</strong> Seele und selbst keiner Kost für sich benötigt, so ist<br />

es ja eben die Seele und ihr Geist, die von <strong>der</strong> Erde so lange die<br />

Kost nimmt, als sie ihren Leib bewohnt und ihn erhält, indem sie<br />

ihn ihren Unrat essen lässt! Denn <strong>der</strong> Leib wird von dem Unrate <strong>der</strong><br />

Seele ernährt.<br />

Daher macht das Schwelgen und Prassen die Seele selbst<br />

sinnlich und materiell; sie wird überladen, und <strong>der</strong> Leib kann nicht<br />

allen Unflat <strong>der</strong> Seele aufnehmen, und die Folge ist, dass <strong>der</strong> Unflat<br />

in <strong>der</strong> Seele bleibt, sie drückt und ängstigt, dass sie dann alle Mittel<br />

und Wege in Anspruch nimmt, den zu sehr angehäuften Unflat aus<br />

sich zu schaffen. Die Wege sind dann allerlei Unzucht, Hurerei,<br />

Ehebruch und <strong>der</strong> Art mehr.<br />

Weil aber <strong>der</strong>lei <strong>der</strong> Seele einen gewissen Lustreiz gewährt, so<br />

wird sie darauf stets lüsterner und lüsterner und verlegt sich endlich<br />

noch mehr aufs Schwelgen und Prassen, wird endlich ganz sinnlich<br />

und in geistigen Lebensdingen vollends finster, daher hart,<br />

gefühllos und am Ende böse, stolz und hochmütig.<br />

Denn so eine Seele ihren geistigen Wert auf Grund <strong>der</strong> nun<br />

gezeigten Lebensweise verloren hat und notwendig verlieren<br />

musste und sonach geistig tot geworden ist, so fängt sie an, sich<br />

buchstäblich aus ihrem Unflat einen Thron zu errichten, und findet<br />

am Ende sogar eine Ehre und ein Ansehen darinnen, dass sie so<br />

unflatreich ist.<br />

Ich sage euch: Alle Menschen, die auf <strong>der</strong> Welt ein<br />

Wohlgefallen haben an dem, was ihrer Sinnlichkeit behagt, sitzen<br />

als Seele bis über die Ohren und Augen in ihrem dicken Unflate<br />

und sind darum geistig vollends taub und blind und mögen nicht<br />

mehr sehen und hören und verstehen, was ihnen frommen möchte.<br />

Daher seid allzeit mäßig im Essen und Trinken, auf dass ihr<br />

nicht krank werdet in eurer Seele und diese zugrunde ginge in<br />

ihrem Unflate!“ (GEJ.01_206,14- 207,06)


54 Verschiedenes<br />

<strong>GL</strong> 1/<strong>2012</strong><br />

Neues Buch über die Neuoffenbarung<br />

<strong>Lorber</strong>freund Josef Lüthold hat ein Buch geschrieben, das den Titel<br />

trägt: „Gott, Welt und Mensch im Lichte <strong>der</strong> Neuoffenbarung“<br />

- 100 Themen in alphabetischer Reihenfolge.<br />

Es hat 224 Seiten, kostet € 14,80 und erscheint im März <strong>2012</strong>.<br />

Zu beziehen ist es über den <strong>Lorber</strong>-Verlag<br />

o<strong>der</strong> direkt beim R.G. Fischer Verlag, Frankfurt.<br />

Hilfegesuch<br />

Am 1.10.2011 ist mein Haus teilweise nie<strong>der</strong>gebrannt. Ich bitte hiermit<br />

alle Geschwister um Hilfe und Unterstützung als Darlehen o<strong>der</strong> Spende.<br />

Ferner suche ich Büchernachlässe für den Aufbau eines Archivs <strong>der</strong><br />

Neuoffenbarung und zum Weiterreichen.<br />

Kontakt: Manfred Marmulla, 08491 Netzschkau,<br />

Straße <strong>der</strong> Einheit 21,Tel.: 03765-3822688;<br />

Sparkasse Vogtland Kto.-Nr. 110 100 94 77, BLZ, 870 580 00<br />

Email: mgmtreuen@googlemail.com<br />

Vorträge <strong>der</strong> <strong>Lorber</strong>tagungen als MP3-CD und Video-DVD<br />

Alle Vorträge <strong>der</strong> <strong>Lorber</strong>tagungen können auf MP3-Audio-CDs, auf<br />

denen mehrere Vorträge passen und individuell zusammengestellt werden<br />

können, zum Preis von 5,- €/CD plus Versandkosten bestellt werden.<br />

Ferner besteht auch die Möglichkeit, einzelne Vorträge als Videofilm auf<br />

jeweils einer DVD zum Einzelpreis von 5,- € plus Versand zu bestellen.<br />

For<strong>der</strong>n Sie die Vortragsliste an.<br />

Bestellungen unter <strong>der</strong> Email: lorber-gesellschaft@web.de o<strong>der</strong> unter:<br />

<strong>Lorber</strong>-<strong>Gesellschaft</strong> e.V. , Postfach, 83731 Hausham<br />

Bücherspende für Büchertisch zur Tagung<br />

Die <strong>Lorber</strong>-<strong>Gesellschaft</strong> bittet um Bücherspenden für einen<br />

Büchertisch mit antiquarischen, gebrauchten Büchern, <strong>der</strong> zur Tagung in<br />

Hohenwart eingerichtet werden soll. Hierzu kann je<strong>der</strong> seine überzähligen<br />

<strong>Lorber</strong>bücher und spirituellen o<strong>der</strong> christlichen Bücher spenden.<br />

Diese Bücher werden dann gegen Spende o<strong>der</strong> kleines Geld angeboten.<br />

Der Erlös soll Geschwistern zugute kommen, die die Tagung aus<br />

finanziellen Gründen sonst nicht besuchen könnten.<br />

Kontakt: <strong>Lorber</strong>-<strong>Gesellschaft</strong> e.V. , Postfach, 83731 Hausham


<strong>GL</strong> 1/<strong>2012</strong> Jahrestagung <strong>der</strong> <strong>Lorber</strong>-<strong>Gesellschaft</strong><br />

55<br />

Jahrestagung <strong>der</strong> <strong>Lorber</strong>-<strong>Gesellschaft</strong><br />

von Freitag, den 25. bis Dienstag, den 29. Mai <strong>2012</strong><br />

im Hohenwart Forum<br />

Schönbornstraße 25, 75181 Pforzheim-Hohenwart<br />

Telefon: 07234/606-0, Telefax: 07234/606-46<br />

In <strong>der</strong> geografischen Mitte zwischen Stuttgart und Karlsruhe liegt das<br />

Hohenwart Forum, ein mo<strong>der</strong>nes Tagungs- und Bildungszentrum <strong>der</strong><br />

Evangelischen Kirche in Pforzheim.<br />

Die Anlage fügt sich aus mehreren achteckigen Häusern zusammen, die<br />

in sich zentriert und miteinan<strong>der</strong> verbunden eine Einheit bilden. Raum<br />

für Bildung und Begegnung, Arbeits- und Gesprächsgruppen.<br />

Das Forum bietet 40 Doppel- und 54 Einzelzimmer mit Dusche/WC.<br />

Die Anmeldung und Abrechnung <strong>der</strong> Tagungsteilnehmer erfolgt direkt<br />

beim ‚Hohenwart Forum‘.<br />

Das nachfolgende Anmeldeformular und Kostenübersicht (auch im<br />

Internet unter www.lorber-gesellschaft.de) bitte ausschneiden o<strong>der</strong><br />

kopieren, ausfüllen und direkt an das Hohenwart-Forum einsenden o<strong>der</strong><br />

faxen.<br />

Um Eltern mit Kin<strong>der</strong>n die Teilnahme zu ermöglichen wird eine<br />

Kin<strong>der</strong>betreuung während <strong>der</strong> Vorträge eingerichtet.<br />

Eine weitere günstige Unterbringungsmöglichkeit in Ferienhäusern mit<br />

je 3 Doppelzimmern bietet ca. 3 Kilometer vom Forum entfernt <strong>der</strong><br />

Ferienpark Schwarzwald, Birgit u. Gebhard Mühltaler<br />

75242 Neuhausen-Schellbronn, Tel.: 07234/1408<br />

Geschwister, die die Kosten nicht o<strong>der</strong> nur teilweise aufbringen können,<br />

wenden sich bitte vertrauensvoll an die <strong>Lorber</strong>-<strong>Gesellschaft</strong>.


Anmeldebogen zur<br />

Tagung <strong>der</strong> <strong>Lorber</strong>-<strong>Gesellschaft</strong> e.V.<br />

vom 25.5. - 29.5. <strong>2012</strong> im Hohenwart Forum<br />

Tagungsbeginn:<br />

Tagungsende:<br />

Freitag, den 25. Mai <strong>2012</strong> (15 Uhr)<br />

Dienstag, den 29. Mai <strong>2012</strong> (nach dem Mittagessen)<br />

Hiermit melde(n) ich mich / wir uns verbindlich zur obigen Veranstaltung an.<br />

Anreise am: ….....…... zum Mittagessen bzw. Abendessen<br />

Abreise am: ….....…….nach dem Frühstück Mittagessen Abendessen<br />

1. Vorname, Name: .............................................................................................<br />

Straße, Nr., PLZ, Ort: ........................................................................................<br />

Telefon-Nr. ......................................................................................................<br />

2. Vorname, Name: .............................................................................................<br />

Straße, Nr., PLZ, Ort: ........................................................................................<br />

3. Kin<strong>der</strong>, Name, Alter: ......................................................................<br />

Kin<strong>der</strong>betreuung während <strong>der</strong> Vorträge: ja nein<br />

Ich bin bereit, mit einer/m an<strong>der</strong>en Teilnehmer/in ein Zimmer zu teilen.<br />

Ich bin Tagesgast ohne Übernachtung am: Fr Sa So Mo Di<br />

und nehme am Mittagessen (14,- €), am Abendessen (11,- €) teil.<br />

Ich / wir wünsche(n): Normalkost vegetarische Kost<br />

282,- € pro Person<br />

für die gesamte Tagung,<br />

inkl. Übernachtung und Vollpension<br />

Kin<strong>der</strong> von 4-14 Jahren erhalten eine Ermäßigung von 50 %.<br />

Zusätzlich wird eine Tagungsgebühr von 25,- € / Pers. erhoben.<br />

Bitte überweisen Sie nur diese vor <strong>der</strong> Tagung mit beiliegenden<br />

Überweisungsträgern in <strong>der</strong> Heftmitte unter dem Stichwort: „Tagungsgebühr“.<br />

Die Tagungsgebühr für Tagesgäste (5,- €/Tag) erbitten wir vor Ort zu entrichten.<br />

Um vielen Geistesfreunden die Teilnahme an <strong>der</strong> Tagung zu ermöglichen,<br />

sollen die Doppelzimmer möglichst mit zwei Personen belegt werden. Wir bitten<br />

dies bei <strong>der</strong> Anmeldung zu berücksichtigen und eine zweite Person direkt zu benennen.<br />

Datum / Unterschrift: .....................................................................................................................<br />

Anmeldebogen bitte direkt an das Hohenwart Forum senden bzw. faxen:<br />

Schönbornstraße 25, D-75181 Pforzheim-Hohenwart, Tel.: 07234-606-0, Fax: 07234-606-46


Jakob-<strong>Lorber</strong>-Begegnungsstätte<br />

Ursprungblick 5a, A-8046 Graz-Stattegg, Steiermark / Österreich<br />

Tel./Fax: 0043 / 316 - 691353 (von D)<br />

Tel./Fax: 0316 - 691353 (von A)<br />

Das Gästehaus <strong>der</strong> Andritz-Quelle wurde<br />

1905 erbaut und 2004 mo<strong>der</strong>nisiert. Es steht als<br />

Seminar- und Begegnungsstätte allen nach Stille<br />

und Ruhe suchenden Menschen offen. Es bietet<br />

drei Doppelzimmer mit Dusche/WC, ein<br />

Doppelzimmer mit Etagendusche/WC, zwei<br />

Einzelzimmer mit Etagendusche/WC, einen<br />

Gästeraum und eine Gästeküche.<br />

Das Gästehaus ist von April bis Januar geöffnet.<br />

Anmeldungen und Anfragen an die: <strong>Lorber</strong>-<strong>Gesellschaft</strong> e.V.<br />

Anita Strattner, Pfarrhofstr. 7, D-83132 Pittenhart<br />

Tel. / Fax : 08624-4114, E-mail: <strong>Lorber</strong>-<strong>Gesellschaft</strong>@web.de<br />

Seminare nach den Eingebungen Jakob <strong>Lorber</strong>s<br />

Sonntag, 18. März <strong>2012</strong><br />

„Der Traum des Zorel“ mit Wilfried Schlätz<br />

Beginn: 9 Uhr bis ca. 16 Uhr Spendenbasis<br />

Sonntag, 15. April <strong>2012</strong><br />

„Was ist Sünde, wie entsteht sie und wie kann ich sie<br />

überwinden“ mit Wilfried Schlätz<br />

Beginn: 9 Uhr bis ca. 16 Uhr Spendenbasis<br />

Sonntag, 6. Mai <strong>2012</strong><br />

Die MACHT des Betens und des Segnens<br />

mit Gerd Kujoth<br />

Beginn: 10 Uhr bis ca. 15 Uhr Spendenbasis<br />

Unkostenbeitrag mit Tagesverpflegung € 25,--; Übernachtung: € 20,-<br />

Seminarhaus „Heidewuhr“ , Bergalingen 9 , 79736 Rickenbach; Tel: 07765 – 1006<br />

mail: seminarhaus-heidewuhr@t-vodafone.de; www.lorberfreunde-schwarzwald.de


Besinnliche Texte zur Meditation<br />

„Die Güter dieser Erde sind in Wirklichkeit zur Schein<br />

und gleichen denen im Traum. Der Unterschied<br />

besteht nur darin, dass <strong>der</strong> Traum die Seele etwas<br />

kürzer täuscht als es die materiellen Welt tut. Aber<br />

beide vergehen und danach wird sich vor dem<br />

geistigen Auge alles Materielle als Trug und Schein<br />

entpuppen. Darum trachtet vor allem nach den Besitztümern des<br />

Geistes, die da sind: Licht, Wahrheit und Seelenleben.“<br />

(GEJ.8_163,9-10) Jakob <strong>Lorber</strong> (1800-1864)<br />

<br />

„Der Mensch kann von Gott auch etliche geheime<br />

Geschenke erhalten haben, von denen er nichts weiß; so<br />

wie es auch eine Menge verborgener Sünden geben kann,<br />

welche <strong>der</strong>jenige, <strong>der</strong> sie tut, selbst nicht kennt. So wie<br />

wir dieser Art von Sünden wegen täglich mit dem<br />

Propheten beten und sagen müssen: von meinen<br />

verborgenen Sünden befreie mich, o Herr, so müssen wir auch für<br />

jene Art von Wohltaten täglich Danksagung tun, damit auf diese<br />

Weise we<strong>der</strong> eine Sünde ohne Reue, noch eine Wohltat ohne<br />

anerkennenden Dank bleibt.<br />

Luis de Granada (1504-1588)<br />

<br />

„Darin ermahne ich euch: Hört die innere Stimme; seid<br />

bestrebt, mehr von innen heraus die Stimme Gottes als<br />

von außen die Stimme eines Menschen zu vernehmen.<br />

Jene Stimme ist ja voll Herrlichkeit und Kraft; sie<br />

erschüttert die einsame Wüste, durchdringt die<br />

geheimnisvollen Tiefen und rüttelt die Seelen aus <strong>der</strong><br />

starren Stumpfheit auf.<br />

Es braucht sich in <strong>der</strong> Tat keiner zu bemühen, dass er diese<br />

Stimme zu hören bekommt. Es kostet eher Mühe, die Ohren zu<br />

verstopfen, um nicht zu hören. Kein Wun<strong>der</strong>, die Stimme bietet<br />

sich von selbst dar, sie drängt sich auf und pocht ohne Unterlass<br />

an eines jeden Herzens Türe.“<br />

Bernhard von Clairvaux (1090-1153)

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