GL 1/2012 - der Lorber-Gesellschaft eV
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34 Wie werde ich mit meinen Fehlern fertig<br />
<strong>GL</strong> 1/<strong>2012</strong><br />
Wie werde ich mit meinen Fehlern fertig?<br />
Emanuel Jungclaussen<br />
Wenn Gläubige einem Prediger nur unwillig zuhören,<br />
dann liegt es meistens daran, dass er nicht um ihre<br />
eigentlichen Nöte weiß o<strong>der</strong> diese nicht in <strong>der</strong> Sprache des<br />
Volkes auszudrücken versteht o<strong>der</strong> aber seine Zuhörer<br />
erheblich überfor<strong>der</strong>t.<br />
An<strong>der</strong>s liegen die Dinge bei dem bedeutenden Prediger<br />
und Redner Johannes Tauler (nach 1300-1361). Immer<br />
hatte er das Ringen <strong>der</strong> Menschen vor Augen. Deshalb geht<br />
Emanuel Jungclaussen<br />
Benediktinerpater und<br />
spiritueller Autor<br />
es in seinen 84 Predigten und Ansprachen - das einzige, was wir von ihm<br />
haben - nicht um theologische Spekulationen, son<strong>der</strong>n um die religiöse<br />
Praxis. In einer bewegten und zerrissenen Zeit lebend, war Johannes<br />
Tauler bemüht, die Menschen aus ihrer bloßen Arbeits- und<br />
Vergnügungswelt in die Welt des Geistes zurückzuführen. Dabei kam es<br />
ihm einerseits auf die innerliche Loslösung von den Weltdingen an und<br />
an<strong>der</strong>erseits auf das Sichverlieren in Gott durch die Anpassung des<br />
eigenen Lebens an den göttlichen Willen. Was diesen Prediger beson<strong>der</strong>s<br />
sympathisch macht, ist seine Abgeklärtheit. Seine For<strong>der</strong>ungen sind stets<br />
maßvoll und klug. So lesen wir in seiner 6. Predigt einen Vergleich, <strong>der</strong><br />
sich in seiner Anschaulichkeit wohl nicht überbieten lässt:<br />
„Das Pferd macht den Mist in den Stall, und obgleich <strong>der</strong> Mist<br />
Unsauberkeit und üblen Geruch an sich hat, so zieht doch dasselbe Pferd<br />
denselben Mist mit großer Mühe auf das Feld; und daraus wächst <strong>der</strong> edle<br />
schöne Weizen und <strong>der</strong> edle süße Wein, <strong>der</strong> niemals so wüchse, wäre <strong>der</strong><br />
Mist nicht da. Nun, dein Mist, das sind deine eigenen Mängel, die du nicht<br />
beseitigen, nicht überwinden noch ablegen kannst, die trage mit Mühe und<br />
Fleiß auf den Acker des liebreichen Willens Gottes in rechter Gelassenheit<br />
deiner selbst. Streue deinen Mist auf dieses edle Feld, daraus sprießt ohne<br />
allen Zweifel in demütiger Gelassenheit edle, wonnigliche Frucht auf.“<br />
Wir hätten dieses „Gleichnis“ gewiss nicht richtig verstanden, wollten<br />
wir einfach sagen: „Ich überlasse meine Mängel und Fehler Gott; er wird<br />
damit schon fertig.“ Es stimmt: wir bewältigen unsere Schwächen letztlich<br />
nicht aus eigener Kraft; das Letzte tut immer Gott. Doch Gott verzichtet<br />
nicht auf unsere Mitarbeit. Zunächst müssen wir selbst „mit Mühe und<br />
Fleiß“ an uns arbeiten. Was uns dann nicht gelingen will, das dürfen wir<br />
getrost Gott überlassen. Daher unsere Frage: „Wie werde ich mit meinen<br />
Fehlern fertig?“