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Schulleiter - Technische Universität München

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<strong>Schulleiter</strong> -Lehrer – Relation<br />

Schmitz/Voreck<br />

17<br />

deren durch Werte, die an der Administration orientiert sind, leiten lassen. Wegen der höheren<br />

Ist-Soll-Diskrepanzen kann vermutet werden, dass diese <strong>Schulleiter</strong>gruppe im pädagogischen<br />

Bereich des kooperativen Führens weniger kompetent ist als die andere Gruppe.<br />

Da das Verhalten weitgehend durch die Wertüberzeugungen gesteuert wird, ist anzunehmen,<br />

dass diese Gruppe sich ihren Lehrern, auch Schülern gegenüber weniger pädagogisch und<br />

eher von Vorschriften geleitet verhält. So kommentierte ein <strong>Schulleiter</strong>, der typisch für diese<br />

Gruppe zu sein scheint, die Supervisionserfahrung einer Kollegin: „Ich hätte nicht gedacht,<br />

dass Sie so ein Psychozeug nötig haben“. Ihr Verhalten kann dann leicht als autoritär wahrgenommen<br />

werden. Dieser Zusammenhang wäre bedenklich, denn kaum ein Faktor wirkt sich<br />

stärker auf die Leistung und Motivation der Mitarbeiter aus als der direkte Vorgesetzte; das<br />

wurde von uns auch für den schulischen Bereich in zwei unabhängigen Studien belegt<br />

(Schmitz, Jehle, Gayler, 2004, S. 76 ff).<br />

Bei Vorliegen gehäuft überhöhter Erwartungen ist auch die Wahrscheinlichkeit der Nichterfüllung<br />

dieser Erwartungen erhöht. Das ist allein rechnerisch, ohne weitere Deutungen heranziehen<br />

zu müssen, nachvollziehbar. Aber damit sollen andere mögliche Gründe nicht ausgeschlossen<br />

werden: Die eher an administrativen Werten orientierten SL haben vermutlich weniger<br />

Möglichkeiten, ihre Vorstellungen durchzusetzen, u. z. aus mehreren Gründen: die<br />

meisten Lehrer sind bei der gegenwärtigen Altersstruktur der Lehrkörper nicht mehr auf eine<br />

Beurteilung angewiesen, weil sie die Altersgrenze dazu überschritten haben, oder weil sie<br />

bereits befördert worden sind, und damit das Ende der Karriere erreicht haben, und schließlich,<br />

weil viele Lehrer/innen diesen Führungsstil ablehnen und mit Reaktanz oder einer Tendenz<br />

zur inneren Kündigung reagieren, oder weil sie Anweisungen, die kaum an pädagogischen<br />

Werten orientiert erscheinen, ignorieren bzw. hinhaltend und verspätet reagieren.<br />

Damit wäre auch erklärt, dass die „administrative“ Gruppe sehr viel mehr als die „pädagogische“<br />

Gruppe zur Enttäuschung über ihre Lehrer neigt. Der Befund ist hoch signifikant. Enttäuschung<br />

ist der unmittelbar nachfolgende emotionale Zustand, der sich bei negativem Ausgang<br />

eines Ist-Soll-Vergleichs einstellt. Dieser Zustand resultiert in eine diffuse Unzufriedenheit.<br />

Nun könnte die Leiterperson das Anspruchsniveau der Erwartungen an die Mitarbeiter<br />

senken. Dies führt jedoch - nach dem Modell der Arbeitszufriedenheit von Bruggemann<br />

(1974) - zu einer resignativen Zufriedenheit. Die meisten Leiterpersonen werden dagegen<br />

eher neue Lösungsversuche starten mit dem Ziel, das Anspruchsniveau ihrer administrativ<br />

geleiteten Erwartungen beizubehalten und durchzusetzen. Bei Erfolg könnte seitens der<br />

<strong>Schulleiter</strong> anfangs eine gewisse Zufriedenheit folgen, die aber nicht lange anhalten wird,<br />

weil schon bald die zunehmende Demotivierung der frustrierten Lehrer sich auswirken würde.<br />

Das erhöht den Grad der Enttäuschung der <strong>Schulleiter</strong>, bei einigen bis hin zu Kündigungsfantasien.<br />

Ratsam ist deshalb, eine Änderung des Bezugsystems zu bewerkstelligen: Die vorwiegend an<br />

Administration, Ökonomie und Verwaltung orientierte Einstellung sollte durch eine an pädagogischen<br />

Werten und kooperativer Führung orientierte Einstellung ersetzt bzw. zumindest<br />

erweitert werden. Damit würden die Ansprüche und Erwartungen inhaltlich redefiniert werden.<br />

Eine Änderung des Bezugsystems ist allerdings nicht leicht, zumal es höchstwahrscheinlich<br />

in der Persönlichkeit verankert ist. Die Hilfestellung durch einen gut ausgebildeten psychologischen<br />

Supervisor wäre nötig.<br />

Die geringere Enttäuschung der pädagogischen Gruppe deutet auf ihre bessere Sozial- und<br />

Führungskompetenz. Dass diese <strong>Schulleiter</strong> zwar generell keine niedrigeren Erwartungen an<br />

ihre Lehrer hegen, aber dennoch mehr Erfüllung ihrer Erwartungen angeben, ist als Hinweis<br />

auf ihre bessere Realitätsorientierung zu werten.

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