LSV kompakt Dezember 2012 - Sozialversicherung für ...
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lusten durch z. B. Hämodialyse. Wobei<br />
solche tatsächlichen Vitaminmangelkrankheiten<br />
in Deutsch land bei gesunden<br />
Erwachsenen sehr selten festgestellt<br />
werden. Eine bekannte Vitaminmangelerkrankung<br />
wie Skorbut,<br />
früher oft bei Seefahrern aufgetreten,<br />
durch monatelangen Mangel an Vitamin<br />
C, ist heute fast vollständig aus<br />
den Arztpraxen verschwunden.<br />
Durch das reichliche Nahrungsangebot<br />
haben wir ausreichend Möglichkeit,<br />
unseren Körper mit allen wichtigen<br />
Vitaminen zu versorgen. Aber<br />
genau dieses Angebot der „Überflussgesellschaft“<br />
macht auch die Vitaminversorgung<br />
schwierig. Entscheidend<br />
<strong>für</strong> eine gute Versorgung ist nämlich<br />
die Auswahl. Und die fällt ganz oft, viel<br />
bei Jugendlichen, auf Fastfood. So ist es<br />
möglich, trotz eines anscheinend guten<br />
Ernährungszustandes Defizite in der<br />
Vitaminversorgung zu haben. Die<br />
Nahrung bedarfsangepasst auszuwählen,<br />
einzukaufen und zuzubereiten erfordert<br />
Wissen, Zeit und die finanziellen<br />
Mittel. Das ist in unserer heutigen<br />
Convenience- und Fastfoodgesellschaft<br />
nicht grundsätzlich alles gegeben.<br />
Es stellt sich die Frage:<br />
Ist es richtig, das Mobbing gegen die<br />
Vitamine aus Nahrungsergänzungen<br />
aufrecht zu erhalten? Aus diesem Ansatz<br />
heraus sind angereicherte Lebensmittel<br />
und auch Nahrungsergänzungsmittel<br />
eine realistische Alternative, um<br />
in der heutigen Gesellschaft die notwendige<br />
Versorgung mit Vitaminen<br />
bei Bedarf sicherzustellen. Was nicht<br />
ausschließen sollte, dass jeder, der das<br />
Wissen, die Zeit, das Geld und die nötige<br />
Kochkunst hat, die Möglichkeit nutzen<br />
sollte, selbst, mit frischen Produkten,<br />
die Versorgung sicher zu stellen.<br />
Stopp dem Vitaminmobbing!<br />
Vitamine sind gesund, ja sogar lebensnotwendig.<br />
Und ein Ausgleich der Versorgung<br />
mit Nahrungsergänzung oder<br />
angereicherten Lebensmitteln ist besser,<br />
als über längere Zeit in ein Vitaminversorgungsdefizit<br />
zu rutschen.<br />
Grundsätzlich sollte der Genussfaktor<br />
im Vordergrund stehen. Der Biss in die<br />
Birne oder den Apfel und das anschließende<br />
Kauen und Genießen kann<br />
durch das Schlucken einer Tablette<br />
nicht ersetzt werden.<br />
n<br />
Andrea Otto<br />
... Mit Jürgen Höbel:<br />
PreuSSische Tugenden<br />
Am 1. März 2013 geht der stellvertretende<br />
Geschäftsführer der <strong>Sozialversicherung</strong>sträger<br />
<strong>für</strong> den Gartenbau Jürgen<br />
Höbel nach langjähriger Tätigkeit in den<br />
Ruhestand.<br />
Interview<br />
Stellvertretender Geschäftsführer<br />
Jürgen Höbel geht in den Ruhestand<br />
Fragt man seine Wegbegleiter, was den<br />
Menschen Jürgen Höbel ausmacht, werden<br />
viele positive Adjektive genannt:<br />
beispielsweise mitfühlend, menschlich<br />
und vorbildlich. Disziplin und Bescheidenheit<br />
– preußische Tugenden – gepaart<br />
mit Warmherzigkeit sind die hervorstechenden<br />
Eigenschaften Jürgen<br />
Höbels, der sich, geprägt durch humanistische<br />
Bildung und eine Jugend in der<br />
Bergbauregion um Westerholt, nach<br />
Wehrdienst, Jurastudium und anwaltlicher<br />
Tätigkeit <strong>für</strong> einen Berufsweg in<br />
der gesetzlichen Unfallversicherung entschied.<br />
Nachdem Höbel bei der Bergbau-Berufsgenossenschaft<br />
1984 seinen<br />
beruflichen Werdegang begann, wechselte<br />
er im November 1988 zur Gartenbau-Berufsgenossenschaft,<br />
bei der er<br />
seither tätig ist. Anfang 2013 endet seine<br />
Dienstzeit gesundheitsbedingt vorzeitig.<br />
<strong>LSV</strong> <strong>kompakt</strong> sprach mit dem 59-Jährigen<br />
über seine berufliche Tätigkeit und<br />
Erfahrungen.<br />
<strong>LSV</strong> <strong>kompakt</strong>: Herr Höbel, was waren<br />
Ihre Beweggründe Ihre berufliche Karriere<br />
in der gesetzlichen Unfallversicherung<br />
zu beginnen?<br />
Jürgen Höbel: Ich habe schon in frühester<br />
Jugend erlebt, wie gravierend die<br />
Folgen von Arbeitsunfällen <strong>für</strong> die Verletzten<br />
und deren Familien sind. Ich bin<br />
in einer Bergbauregion aufgewachsen.<br />
Arbeitsunfälle und Verletzungen durch<br />
die schwere und gefährliche Tätigkeit<br />
unter Tage waren dort nichts Außergewöhnliches;<br />
auch Berufskrankheiten<br />
nicht. Ich hatte Freunde, deren Väter<br />
durch Unfälle Gliedmaßen verloren haben<br />
oder an Silikose erkrankt waren.<br />
<strong>LSV</strong> <strong>kompakt</strong>: Bei einer Silikose handelt<br />
es sich um eine Staublunge?<br />
Jürgen Höbel: Ja. Ich habe schon in meiner<br />
Jugend hautnah mitbekommen, dass<br />
die Unfallverletzten und Berufserkrankten<br />
die ärmsten Teufel sind und ohne die<br />
Hilfe der Gemeinschaft, der Berufsgenossenschaft,<br />
keine Chance haben. Diese Erkenntnis<br />
hat sich durch mein gesamtes<br />
Arbeitsleben durchgezogen, auch während<br />
meiner Tätigkeit <strong>für</strong> den Gartenbau.<br />
<strong>LSV</strong> <strong>kompakt</strong>: Wobei im Gartenbau sicherlich<br />
nicht so schwere Unfälle passieren<br />
wie im Bergbau?<br />
Jürgen Höbel: Auch im Gartenbau ereignen<br />
sich schwere Unfälle, zum Beispiel<br />
bei Baumfällarbeiten oder beim<br />
Häckseln. In der Regel sind dort aber<br />
Einzelpersonen betroffen. Das kann im<br />
Bergbau anders sein. Zu den einschneidendsten<br />
Ereignissen in meinem Berufsleben<br />
gehörte die Mithilfe im Zusammenhang<br />
mit dem verheerenden Grubenunglück<br />
in Stolzenbach im Juni 1988,<br />
bei dem 51 Kumpel ums Leben kamen.<br />
Damals wurde ich von der Bergbau-BG<br />
dorthin entsandt, um überlebende Opfer<br />
und Familienmitglieder getöteter<br />
Bergleute zu betreuen.<br />
<strong>LSV</strong> <strong>kompakt</strong>: Gab es im Gartenbau<br />
ähnlich wichtige Ereignisse <strong>für</strong> Sie?<br />
Jürgen Höbel: Ich bin dann Ende 1988<br />
zur Gartenbau-Berufsgenossenschaft<br />
gekommen und ja, 1989 die Wende war<br />
<strong>für</strong> mich ein ähnlich prägendes Ereignis.<br />
Nicht nur aus menschlicher und politischer<br />
Sicht, sondern eben auch beruflich.<br />
Aufgrund der Wende endete<br />
die Arbeit in den Unternehmen schließlich<br />
nicht. Es passierten Arbeitsunfälle,<br />
gleichwohl fehlten die Strukturen <strong>für</strong><br />
die optimale Versorgung und Entschädigung.<br />
Niemand kümmerte sich um<br />
die Unfallopfer. Es galt, da<strong>für</strong> zu sorgen,<br />
dass diese Personen optimal versorgt<br />
und entschädigt wurden.<br />
<strong>LSV</strong> <strong>kompakt</strong>: Was haben Sie als Ihre die<br />
wichtigsten Aufgaben während Ihrer Tätigkeit<br />
angesehen ?<br />
Jürgen Höbel: Meine Erfahrungen in die<br />
Verwaltung zu transportieren, im Unterricht<br />
bei Auszubildenden und Studierenden<br />
oder bei den Mitarbeiterinnen und<br />
Mitarbeitern den Dienstleistungsgedanken<br />
zu etablieren. Darzustellen, wie hart<br />
der Beitrag in den Unternehmen verdient<br />
werden muss und wie hilflos Unfallopfer<br />
ohne die Leistungen der Berufsgenossenschaft<br />
sein können.<br />
<strong>LSV</strong> <strong>kompakt</strong>: Herr Höbel, wir danken<br />
Ihnen <strong>für</strong> das Gespräch.<br />
<strong>Dezember</strong> I 12 <strong>LSV</strong> <strong>kompakt</strong> 17