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Make or Buy: Shared<br />

Service Center und<br />

Outsourcing von Finanzund<br />

Controlling-<br />

Prozessen<br />

Dr. Jörg Scheffner<br />

Dr. Jörg Scheffner<br />

Erschienen in:<br />

Der Controlling-Berater<br />

Rudolf Haufe Verlag, Freiburg<br />

1/2010<br />

Seite 227-244<br />

<strong>Horváth</strong> & <strong>Partners</strong><br />

www.horvath-partners.com


Make or Buy von Controlling-Prozessen<br />

Make or Buy: Shared Service Center und<br />

Outsourcing von Finanz- und<br />

Controlling-Prozessen<br />

n<br />

n<br />

n<br />

n<br />

CFO-Bereiche stehen vor der Herausforderung, mehr Steuerungsund<br />

Beratungsunterstützung bei gleichzeitiger Effizienzsteigerung des<br />

gesamten CFO-Bereichs zu erbringen. Make or Buy für Finanz- und<br />

Controlling-Prozesse muss dazu in Betracht gezogen werden.<br />

Um die adäquate Organisationsform (Zentralisierung, Shared Service<br />

Center (SSC), externer Anbieter) zu wählen, muss jeder Controllingund<br />

Finanz-Prozess einen Eignungstest durchlaufen.<br />

Bei der Make-or-Buy-Entscheidung sind das Chancen-Risiken-Profil<br />

sowie Erfolgsfaktoren der Realisierung zu beachten.<br />

Der Beitrag beschreibt die aktuellen (Optimierungs-)Anforderungen<br />

an die CFO-Bereiche sowie die Alternativen mit ihren Vor- und<br />

Nachteilen. Danach werden der Entscheidungsprozess sowie die<br />

Erfolgsfaktoren des Outsourcings im Controlling-Bereich beschrieben.<br />

Inhalt<br />

Seite<br />

1 Die Industrialisierung des betrieblichen CFO-Bereichs ... 229<br />

2 Controlling- und Finanzleistungen – Make or Buy? ....... 230<br />

3 Status quo der Reorganisation im CFO-Bereich ............. 232<br />

4 Formen der Reorganisation: Shared Service Center vs.<br />

Business Process Outsourcing ........................................ 234<br />

4.1 Abgrenzung: Zentralisierung, SSC und BPO ...................... 234<br />

4.1.1 Organisation des CFO-Bereichs ........................................ 235<br />

4.1.2 Standort des CFO-Bereichs .............................................. 237<br />

4.2 Chancen-Risiken-Profil einzelner Reorganisationsformen .. 237<br />

4.3 Outsourcing als nächste Entwicklungsstufe des Shared<br />

Service Center? ............................................................... 238<br />

5 Entscheidungsprozess zur Reorganisation von<br />

Controlling-Prozessen: SSC oder BPO? ........................... 240<br />

6 Erfolgsfaktoren des Business Process Outsourcings im<br />

Controlling-Bereich ....................................................... 242<br />

227


Organisation & IT<br />

7 Fazit und Ausblick .......................................................... 243<br />

8 Literaturhinweise ........................................................... 244<br />

n<br />

Der Autor<br />

Dr. Jçrg Scheffner ist Senior Project Manager bei der Horvµth &<br />

<strong>Partners</strong> <strong>Management</strong> <strong>Consultants</strong> und Mitglied des Competence<br />

Centers Controlling und Finanzen. Er leitet das Competence Team<br />

Finance Excellence.<br />

228


Make or Buy von Controlling-Prozessen<br />

1 Die Industrialisierung des betrieblichen CFO-Bereichs<br />

Zahlreiche Unternehmensbereiche unterliegen einem hohen Wettbewerbs-<br />

und Kostendruck. Um die geforderten und notwendigen<br />

Effektivitäts- und Effizienzziele zu erreichen, kçnnen Prozesse und<br />

Aktivitäten harmonisiert, standardisiert und/oder automatisiert werden.<br />

Effektivitätsziele zielen auf eine Verbesserung der Serviceleistung ab,<br />

während bei Effizienzzielen Kosten und Zeit im Vordergrund stehen.<br />

Der CFO-Bereich 1 spielt bei der Rationalisierung von Geschäftsprozessen<br />

in anderen Unternehmensbereichen traditionell eine planende, steuernde<br />

und kontrollierende Rolle. Doch inzwischen steht auch der CFO-Bereich<br />

selbst im Blickpunkt der Rationalisierung. Anforderungen und Zielsetzungen,<br />

die sonst das Controlling für andere Unternehmensbereiche<br />

formulierte, werden auch an ihn gestellt 2 und die Mçglichkeiten der<br />

Rationalisierung und Reorganisation von Prozessen geprüft. Das Optimierungspotenzial<br />

ist groß: Während deutsche Unternehmen meist<br />

mehr als 2 % ihres Umsatzes für ihren CFO-Bereich ausgeben, sind es<br />

bei US-Best-Practice-Unternehmen weniger als 0,5 %. 3<br />

Das Ziel der „Finance Excellence“ kann durch eine effektive und<br />

effiziente Organisation des CFO-Bereichs erreicht werden (s. Abb. 1).<br />

Die Forderung nach einer Reorganisation wird zum einen von außen,<br />

aber auch vom CFO selbst gestellt, da die veränderte Rolle des „CFO of<br />

the Future“ weniger Belastung durch transaktionale Routinetätigkeiten<br />

und mehr Kapazitäten für Steuerungs- und Beratungstätigkeiten erfordert.<br />

4 So verbringen leitende Mitarbeiter im Finanzbereich 34 % ihrer<br />

Zeit mit operativen Accounting- und Finanzaufgaben, obwohl sie<br />

maximal 21,7 % ihrer Zeit darauf verwenden wollen. Strategieentwicklung,<br />

Beratung des Vorstands und Risikomanagement für das Gesamtunternehmen<br />

kommen dagegen zu kurz. 5<br />

Die Rationalisierung kann im CFO-Bereich durch Reorganisation in den<br />

Formen Zentralisierung bzw. Bündelung, Einführung von Shared Service<br />

Centers sowie Auslagerung von Prozessen an externe Leistungsanbieter<br />

und Standortverlagerungen ihren Ausdruck finden. Während diese<br />

Maßnahmen im Accounting bereits seit Beginn des zwanzigsten Jahr-<br />

Rationalisierung<br />

im CFO-Bereich<br />

Finance<br />

Excellence<br />

1<br />

2<br />

3<br />

4<br />

5<br />

Der Finanzbereich (Rechnungswesen- und Finanzprozesse) und der Controlling-<br />

Bereich (Controlling-Prozesse) werden hier zusammenfassend als CFO-Bereich<br />

bezeichnet.<br />

Vgl. Scheffner/Hofmann (2007), S. 21; Michel/Kirchberg (2008), S. 449.<br />

Vgl. Dressler/Hensen (2005), S. 72.<br />

Vgl. Scheffner (2008), S. 639-641.<br />

Vgl. Accenture (2008), S. 16.<br />

229


Organisation & IT<br />

hunderts erfolgreich Anwendung finden, stecken sie im Controlling noch<br />

in den Kinderschuhen. 6<br />

Finance Excellence<br />

Effizienz/Operational Excellence<br />

Erfüllung der Kosten-, Zeit- und<br />

Qualitätsziele auf Basis definierter<br />

Anforderungen<br />

Optimierung Ressourceneinsatz<br />

Effektivität/Service Excellence<br />

Erfüllung der internen und externen<br />

(Empfänger-)Anforderungen<br />

Beitrag zum Unternehmenserfolg<br />

durch ein optimales<br />

Leistungsportfolio;<br />

Value-added des CFO-Bereichs<br />

Abb. 1:<br />

Finance Excellence durch Reorganisation des CFO-Bereichs<br />

Mçglichkeiten der<br />

Beschaffungen<br />

von Finanz- und<br />

Controlling-<br />

Leistungen<br />

2 Controlling- und Finanzleistungen – Make or Buy?<br />

Das Controlling von Einkauf bzw. Beschaffung bezieht sich nicht nur auf<br />

die klassischen betrieblichen Produktionsfaktoren, die Roh-, Hilfs- und<br />

Betriebsstoffe, sondern auch auf Dienstleistungen, welche zur Erbringung<br />

der betrieblichen Leistung notwendig sind. Diese umfassen in der<br />

Konsequenz auch das Controlling selbst, was die Frage nach der<br />

Beschaffung von Finanz- und Controlling-Leistungen und deren Steuerung<br />

aufwirft.<br />

Die Maßnahmen der Industrialisierung im CFO-Bereich – Reorganisation<br />

durch Zentralisierung, Shared Service Center und Outsourcing<br />

sowie Standortverlagerung on-, near- und offshore 7 – sind mçgliche<br />

Antworten auf die Frage, wie die Dienstleistungen des CFO-Bereichs zu<br />

beschaffen sind, ob und, wenn ja, in welcher Form sie selbst zu erbringen<br />

sind oder wie sie eingekauft werden kçnnen. Um diese Frage für die<br />

Finanz- und Controlling-Prozesse zu beantworten, müssen bestimmte<br />

Kriterien erfüllt und ein Entscheidungsprozess durchlaufen werden.<br />

Für die Entscheidung für eine Reorganisationsalternative muss das<br />

jeweilige Chancen-Risiken-Profil mit der Risikoneigung des betreffenden<br />

Bereichs des Unternehmens übereinstimmen.<br />

6<br />

7<br />

Vgl. Scheffner/Hofmann (2007), S. 26.<br />

Zu einer Definition s. Kapitel 4.1.2.<br />

230


Make or Buy von Controlling-Prozessen<br />

Des Weiteren lässt das Ergebnis dieser Entscheidungsfindung ein Urteil<br />

darüber zu,<br />

1. inwieweit bereits gängige industrielle Organisationsformen des Accounting<br />

wie Shared Service Center oder Outsourcing ein sinnvolles<br />

Vorbild für die Controlling-Organisation sind und<br />

2. ob das Outsourcing nach erfolgreicher Implementierung eines Shared<br />

Service Centers der nächste sinnvolle Schritt zur Steigerung von<br />

Effektivität und Effizienz sein kann.<br />

Für die Umsetzung einer Auslagerung bei entsprechender Eignung<br />

müssen spezielle Erfolgsfaktoren (s. Kapitel 6) beachtet werden, die zu<br />

analysieren sind.<br />

Hebel (Auszug) zur Optimierung der Organisation<br />

100<br />

Optimierung<br />

15 % bis 40 % Potenzial<br />

85<br />

60<br />

Lokale<br />

Organisation/<br />

Prozesse<br />

optimieren<br />

Economies<br />

of Scale<br />

nutzen<br />

Best Practice lokal umsetzen<br />

Prozesse standardisieren<br />

Komplexität reduzieren<br />

IT-Unterstützung verbessern<br />

Dezentrale Transaktionsvolumina<br />

bündeln<br />

Schwankungen flexibel ausgleichen<br />

Leistungen vereinbaren und messen<br />

Investitionen/Kosten vermeiden<br />

Aktuelle<br />

Basis<br />

Potenzial<br />

Lokale<br />

Prozess-<br />

Optimierung<br />

Schwelle<br />

der lokalen<br />

Optimierung<br />

Potenzial<br />

SSC/<br />

Bündelung<br />

Potenzial<br />

Outsourcing<br />

Mögliche<br />

Basis<br />

Externe<br />

Kostenvorteile<br />

nutzen<br />

Faktorkostenvorteile realisieren<br />

Fixkosten variabilisieren<br />

Auf das Kerngeschäft konzentrieren<br />

Risiken aus Technologieänderungen<br />

reduzieren<br />

Abb. 2:<br />

Effizienzsteigerungspotenzial durch Reorganisation des CFO-Bereichs<br />

Wie aus Abb. 2 ersichtlich, ist vor der Zentralisierung von Prozessen<br />

bzw. der Einführung von Shared Service Centers eine (lokale) Prozessoptimierung<br />

zu empfehlen, die Qualitätsprobleme in Prozessen, beispielsweise<br />

Fehlbuchungen und -kontierungen, Korrekturen oder Nachbuchungen,<br />

analysiert und behebt. Ein qualitätsgesicherter Prozess stellt<br />

eine wesentliche Voraussetzung dar, damit eine Reorganisation erfolgreich<br />

umgesetzt werden kann. Unterbleibt dieser notwendige Schritt,<br />

werden im Ergebnis verschiedene suboptimale Prozesse in einen Zentralbereich<br />

oder ein SSC verlagert. Der Prozess der Qualitätssteigerung<br />

erfordert nach einer Reorganisation ungleich hçheren Aufwand, da das<br />

dezentrale Prozess-Know-how ggf. fehlt und neue Strukturen, Mitarbeiter<br />

und IT die Optimierung zu diesem Zeitpunkt erschweren. Aus<br />

Erfahrungen kann das Potenzial der lokalen Optimierung bis zu 15 %<br />

gegenüber der Kostenbasis vor Optimierung betragen.<br />

Von der Prozessoptimierung<br />

zum<br />

Business Process<br />

Outsourcing<br />

231


Organisation & IT<br />

Nach der qualitativen Prozessoptimierung kann dann die Bündelung<br />

von Prozessen durch Zentralisierung oder die Etablierung von Shared<br />

Service Centers angestrebt werden. In dieser Phase sind Einsparungen im<br />

Umfang von weiteren ca. 10 % bis 20 % auf die ursprüngliche<br />

Kostenbasis durch die Bündelung dezentraler Transaktionsvolumina<br />

mçglich (Economies of Scale). Erst nach erfolgter Verlagerung in SSC<br />

wird der Schritt hin zu einem Outsourcing empfohlen, wodurch<br />

nochmals bis zu 20 % Einsparungen auf die ursprüngliche Kostenbasis<br />

durch Faktorkostenvorteile mçglich sind. Diese Werte stellen Durchschnittswerte<br />

dar, die unternehmensindividuell abweichen kçnnen.<br />

Verbreitung von<br />

Zentralisierung,<br />

SSC und<br />

Outsourcing<br />

3 Status quo der Reorganisation im CFO-Bereich<br />

Eine Studie von Horvµth & <strong>Partners</strong> hat die Verbreitung von Zentralisierung,<br />

Shared Service Centers und Outsourcing für Accounting- und<br />

Controlling-Prozesse untersucht. 8 Die Studie zeigte folgende Ergebnisse:<br />

Obgleich 97 % der befragten Unternehmen eine der Organisationsformen<br />

Zentralisierung, SSC oder Outsourcing auf Finanz- und 93 %<br />

auf Controlling-Prozesse anwenden, kommen die einzelnen Maßnahmen<br />

in beiden Bereichen sehr unterschiedlich zum Tragen (s. Abb. 3).<br />

87 % der befragten Unternehmen wenden eine Zentralisierung für ihre<br />

Finanzprozesse an. Über die Hälfte nutzt die Organisationsform Shared<br />

Service Center. Eine Auslagerung an externe Leistungsanbieter nehmen<br />

23 % der Unternehmen für ausgewählte Finanzprozesse vor; dabei<br />

handelt es sich vornehmlich um transaktionale Tätigkeiten. Ein anderes<br />

Bild ergibt sich bei Controlling-Prozessen: Hier wählten zwar 96 % die<br />

Zentralisierung; Shared Service Centers werden allerdings nur von 29 %<br />

der Unternehmen genutzt. Den Schritt zum Outsourcing wagte nur 1 %<br />

der befragten Unternehmen.<br />

8<br />

Finanzprozesse (im vorliegenden Beitrag auch als Accouting-Prozesse bezeichnet):<br />

Debitoren-/Kreditorenprozesse, Entgelt-/ Reisekostenabrechnung, Anlagenbuchhaltung<br />

und Asset <strong>Management</strong>, Hauptbuchhaltung, Abschlüsse und externes Reporting,<br />

Treasury, Cash <strong>Management</strong> und Bankwesen, Risikomanagement und Versicherung.<br />

Controlling-Prozesse: Strategisches Controlling und strategische Planung, operative<br />

Planung und Budgetierung, <strong>Management</strong> Reporting, Kostenrechnung und Kalkulation,<br />

Investitions- und Projekt-Controlling, Beteiligungs-Controlling, Konzern-Controlling,<br />

Funktions- und Spezial-Controlling (vgl. Horvµth & <strong>Partners</strong> Referenzmodell).<br />

232


Make or Buy von Controlling-Prozessen<br />

100<br />

Finanz-Prozesse*<br />

100<br />

Controlling-Prozesse*<br />

80<br />

80<br />

60<br />

40<br />

87%<br />

60<br />

40<br />

96%<br />

20<br />

0<br />

Zentralisierung<br />

51%<br />

Shared<br />

Service<br />

Center<br />

23%<br />

Outsourcing<br />

20<br />

0<br />

Zentralisierung<br />

29%<br />

Shared<br />

Service<br />

Center<br />

1%<br />

Outsourcing<br />

* Angaben in %: Die Prozentangaben spiegeln den Anteil der Unternehmen wider, die Finanz- bzw. Controlling-<br />

Prozesse in der entsprechenden Form organisieren.<br />

Abb. 3:<br />

Verbreitung der Organisationsformen in Finanz- und Controlling-Prozessen (Mehrfachnennungen<br />

mçglich) 9<br />

Ein näherer Blick auf die Controlling-Aktivitäten gibt Aufschluss<br />

darüber, wie die im Rahmen der Horvµth-&-<strong>Partners</strong>-CFO-Studie<br />

befragten Unternehmen zwischen den einzelnen Controlling-Prozessen<br />

bei der Reorganisationswahl differenziert haben:<br />

• Wertsteigernde Controlling-Prozesse wie strategisches Controlling,<br />

<strong>Management</strong> Reporting, Konzern- und Beteiligungs-Controlling werden<br />

vornehmlich zentralisiert. SSCs spielen hier eine untergeordnete<br />

Rolle. Diese Prozesse sind durch geringere Standardisierung sowie<br />

durch die Nähe zur Konzern-/Unternehmensleitung und zu den<br />

Führungsfunktionen charakterisiert.<br />

• Aufgaben mit standardisierbaren Anteilen wie operative Planung,<br />

Kostenrechnung und Funktions- und Spezial-Controlling wurden zu<br />

über 50 % in Shared Service Centers zusammengefasst.<br />

In Zukunft mçchten die Unternehmen stärker auf die Organisationsformen<br />

Shared Service Center und Outsourcing setzen. So geben 41 %<br />

der Unternehmen mit SSC-Erfahrung an, weitere Controlling-Prozesse<br />

in SSCs zu organisieren. 3 % der Unternehmen, die bereits Shared<br />

Service Centers eingeführt haben, ziehen auch Outsourcing in Betracht.<br />

Unerfahrene Unternehmen, d. h. Unternehmen, in denen diese Organisationsform<br />

nicht angewendet wird, sind zurückhaltender. 8 % der<br />

Status quo für<br />

Controlling-<br />

Prozesse<br />

Organisation von<br />

Controlling-<br />

Prozessen in der<br />

Zukunft<br />

9<br />

Vgl. Horvµth & <strong>Partners</strong> (2008), S. 7.<br />

233


Organisation & IT<br />

Status quo<br />

Standortverlagerung<br />

Unternehmen ohne SSC-Erfahrung planen die Nutzung eines Shared<br />

Service Center, nur 1 % plant eine Auslagerung.<br />

Im Hinblick auf Standortverlagerungen 10 unterscheiden Unternehmen<br />

kaum zwischen Finanz- und Controlling-Prozessen. Grundsätzlich sind<br />

Controlling-Prozesse mit hoher Relevanz für die Führungskräfte in der<br />

Konzernzentrale in unmittelbarer Nähe zu den Leitungsfunktionen<br />

angesiedelt. Für die Zukunft beurteilen Unternehmen andere Standorte<br />

jedoch als zunehmend positiv. 11<br />

Dimensionen<br />

einer<br />

Reorganisation<br />

4 Formen der Reorganisation: Shared Service Center vs.<br />

Business Process Outsourcing<br />

4.1 Abgrenzung: Zentralisierung, SSC und BPO<br />

Die Reorganisation des CFO-Bereichs erfolgt in zwei Dimensionen:<br />

der Organisation und<br />

• der Standortentscheidung.<br />

Dabei geht die Entscheidung für die künftige Organisationsstruktur der<br />

Standortentscheidung zeitlich voraus. Somit werden Probleme einer<br />

Reorganisation nach bereits erfolgter räumlicher Verlagerung, etwa<br />

aufgrund von Hoheitsverlust oder räumlicher Distanz, vermieden. 12<br />

Abb. 4:<br />

Zwei Dimensionen der Neuausrichtung des CFO-Bereichs<br />

10 Siehe dazu Kapitel 4.1.2.<br />

11 Vgl. Horvµth & <strong>Partners</strong> (2008), S. 9.<br />

12 Vgl. Scheffner (2008), S. 643.<br />

234


Make or Buy von Controlling-Prozessen<br />

Wie aus Abb. 4 ersichtlich, umfasst die erste Dimension drei organisatorische<br />

Grundformen, die im Hinblick auf ihre rechtliche und wirtschaftliche<br />

Selbstständigkeit von der Unternehmensleitung differenzierbar<br />

sind: Zentralisierung, Shared Service Center und Business Process<br />

Outsourcing. 13<br />

4.1.1 Organisation des CFO-Bereichs<br />

Die Zentralisierung fasst vorher meist dezentral erbrachte Prozesse in<br />

einer Zentralabteilung zusammen. Diese erbringt die Leistungen ausschließlich<br />

für interne Leistungsempfänger. In der Regel wird dem<br />

Zentralbereich ein Budget zur eigenständigen Verwendung zugewiesen,<br />

rechtlich und wirtschaftlich bleibt er von der Unternehmensleitung<br />

abhängig. Aufgrund der engen Kooperation und Abstimmung mit der<br />

Zentrale ist die Zentralabteilung meist in räumlicher Nähe zu dieser<br />

angesiedelt. 14 Durch die Aufgabenbündelung werden Spezialisierungsvorteile<br />

und Grçßendegressionseffekte genutzt und somit die Kosten der<br />

Leistungserstellung reduziert. 15<br />

Shared Service Centers fassen Prozesse ebenfalls in einer zentralen<br />

Organisationseinheit zusammen, unterscheiden sich von der klassischen<br />

Zentralabteilung jedoch vor allem durch ihre Dienstleistungsorientierung.<br />

Diese äußert sich durch die klar definierte Kundenbeziehung<br />

zwischen Shared Service Center und internen Kunden. So erstellen SSCs<br />

Produkt- und Leistungskataloge mit klaren Verrechnungspreisen und<br />

treffen mit ihren internen Kunden über die zu erbringenden Leistungen<br />

detaillierte Verträge, sogenannte Service Level Agreements (SLA). Die<br />

Performance der internen Dienstleister kann durch Benchmarking oder<br />

mit Key Performance Indicators (KPI) gemessen und beurteilt werden.<br />

Besteht für interne Interessenten kein Kontrahierungszwang, so kçnnen<br />

sie die Leistungen auch von externen Anbietern beziehen und setzen<br />

somit das SSC direktem Wettbewerb aus. 16<br />

Im Allgemeinen werden, je nach zu erbringenden Aufgaben, zwei Typen<br />

von SSCs unterschieden: 17<br />

• Das Center of Scale für überwiegend transaktionale Tätigkeiten, die in<br />

hohem Volumina anfallen und deren Erbringung standardisierbares<br />

Fachwissen erfordert, erzielt v. a. Skaleneffekte.<br />

• Hingegen fasst das Center of Expertise (auch Center of Excellence)<br />

Aufgaben zusammen, die nicht in hohem Volumen anfallen, aber<br />

Zusammenfassung<br />

von<br />

Prozessen in einer<br />

Zentralabteilung<br />

Dienstleistungsorientierung<br />

des<br />

Shared Service<br />

Center<br />

Arten von Shared<br />

Service Centers<br />

13 Vgl. Scheffner (2008), S. 645.<br />

14 Vgl. Scheffner (2008), S. 645.<br />

15 Vgl. Bühner (1999), S. 148f.<br />

16 Vgl. Michel/Kirchberg (2008), S. 450.<br />

17 Vgl. Kagelmann (2001), S. 89; Michel/Kirchberg (2008), S. 453.<br />

235


Organisation & IT<br />

Verhältnis<br />

zwischen<br />

Unternehmen und<br />

externem<br />

Dienstleister<br />

Chancen von<br />

Business Process<br />

Outsourcing<br />

dennoch Wiederholungscharakter aufweisen und für deren Erfüllung<br />

spezielles Know-how erforderlich ist. Das Center of Expertise erzielt<br />

Spezialisierungsvorteile, z. B. als Closing Factory für Abschlussarbeiten.<br />

Business Process Outsourcing (BPO) sieht die Ausgründung ehemals<br />

interner Bereiche oder die komplette oder teilweise Übergabe der<br />

Leistungserbringung an Drittanbieter vor. Es ist somit die radikalste<br />

Form der Reorganisation. 18<br />

Beim BPO kommt dem klaren rechtlichen Rahmen des Verhältnisses<br />

zwischen Unternehmen und Outsourcing-Provider besondere Bedeutung<br />

zu. Service Level Agreements (SLA) definieren Prozess- und<br />

Compliance-Anforderungen und müssen die Verantwortlichkeiten<br />

(Lines of Accountability) der Vertragsparteien eindeutig definieren. Im<br />

Einzelnen regeln SLAs Inhalt und Umfang der auszulagernden Aufgaben,<br />

Prioritäten, Maßnahmen zur Qualitätskontrolle, Preise, Haftung und<br />

Strafen des externen Anbieters sowie Dienstleistungs- und Vertragslaufzeit<br />

und Vorleistungen, die durch das auslagernde Unternehmen zu<br />

erbringen sind. Während der laufenden Geschäftsbeziehung sind regelmäßige<br />

Berichterstattung des externen Dienstleisters an die Geschäftsführung<br />

sowie eine kontinuierliche Weiterentwicklung und Anpassung<br />

des rechtlichen Rahmens Grundlagen der Zusammenarbeit. Zur Sicherstellung<br />

der Qualität der extern erbrachten Dienstleistungen dienen<br />

zudem Performancemessung, interne Audits, die Governance-Struktur<br />

sowie jährliche Zielvereinbarungen und regelmäßige Einsicht in die<br />

Bücher des Leistungsanbieters. 19<br />

Business Process Outsourcing von Finanz- und Controlling-Prozessen ist<br />

auch im Hinblick auf Chancen und Risiken die umfassendste Reorganisationsform<br />

im CFO-Bereich (s. Kapitel 4.2). Die Neben- und Unterstützungsaktivitäten<br />

des Unternehmens bilden die Kernkompetenz des<br />

Drittanbieters, welcher die Tätigkeiten durch Spezialisierung und hohe<br />

Volumina zu geringeren Kosten und/oder hçherer Qualität erbringen<br />

kann. 20 Zudem wird der Controller von transaktionalen Tätigkeiten<br />

entlastet und hat mehr Kapazitäten für Analysen, die zusätzlichen<br />

Mehrwert stiften, Beratungs- und Führungstätigkeiten. Finanzprozesse<br />

wie Debitoren- und Kreditorenprozesse, Entgelt- und Reisekostenabrechnung<br />

werden bereits vielfach erfolgreich auslagert. Doch auch im<br />

Controlling liegt der Anteil transaktionaler Tätigkeiten bei ca. 50 % und<br />

bietet entsprechendes Outsourcing-Potenzial. 21<br />

18 Vgl. Scheffner (2008), S. 650.<br />

19 Vgl. Doroghµzi (2006), S. 8-12; Duganier (2005), S. 41.<br />

20 Vgl. Scheffner (2008), S. 651.<br />

21 Vgl. Dressler (2007), S. 310.<br />

236


Make or Buy von Controlling-Prozessen<br />

4.1.2 Standort des CFO-Bereichs<br />

Die zweite Dimension der Reorganisation des CFO-Bereichs ist eine<br />

Standortverlagerung. Dabei ist zu beobachten, dass Risiko-, aber auch<br />

Chancenerwartungen, v. a. in Bezug auf Kostensenkungen, mit zunehmender<br />

Entfernung vom Ursprungsland steigen. 22<br />

Dem Onshoring, also einer Standortverlagerung innerhalb des gleichen<br />

Staats, werden gleichermaßen die geringsten Chancen und Risiken<br />

beigemessen. 45 % der Unternehmen erhoffen sich von einem Onshoring<br />

eine weitere Fokussierung auf ihr Kerngeschäft, 44 % eine<br />

hçhere Prozessqualität und 43 % die Ausnutzung von Skaleneffekten,<br />

d. h. Steigerung der Effektivität. Effektivitätsziele stehen demnach im<br />

Vordergrund. Allerdings befürchten je 33 % der Unternehmen eine<br />

erhçhte Abhängigkeit von Dritten und einen Verlust von Know-how,<br />

30 % eine sinkende Mitarbeitermotivation.<br />

Nearshoring, die Verlagerung von Tätigkeiten in das nahe gelegene<br />

Ausland, rangiert in der Chancen-Risiken-Erwartung in der Mitte.<br />

Unternehmen verfolgen hier v. a. Effizienzziele wie Kostensenkung<br />

(60 %) und Personalabbau (44 %) sowie Fokussierung auf das Kerngeschäft<br />

(44 %) bei gleichzeitig überschaubaren Risiken. Als Hauptrisiken<br />

werden der hçhere Koordinationsaufwand, Know-how- und<br />

Qualitätsverlust angeführt.<br />

Offshoring, die Form der Standortverlagerung in andere Kontinente wie<br />

Asien, Afrika oder Lateinamerika, bietet die hçchsten Chancen, aber<br />

auch die grçßten Risiken. So erhoffen sich Unternehmen zwar die<br />

gleichen Effizienzverbesserungen wie vom Nearshoring, verbinden mit<br />

dieser Standortalternative allerdings die gleichen Risiken in stärkerem<br />

Maße. So befürchten 74 % Qualitätsverluste, 73 % einen hçheren<br />

Koordinationsaufwand und 68 % einen Know-how-Verlust. Ein für<br />

eine Offshore-Verlagerung typischer Bereich ist die Buchhaltung, da<br />

dort v. a. manuelle und repetitive Aufgaben vorliegen, kein direkter<br />

Kundenkontakt besteht und IT eine verstärkte Rolle spielt, sodass das<br />

bençtigte Skill-Set ebenso in Indien oder Osteuropa zu finden ist. 23<br />

Onshoring<br />

Nearshoring<br />

Offshoring<br />

4.2 Chancen-Risiken-Profil einzelner Reorganisationsformen<br />

Im Rahmen der Make-or-Buy-Entscheidung von Finanz- und Controlling-Leistungen<br />

sind die im Folgenden dargestellten, unterschiedlichen<br />

Chancen-Risiken-Profile zu beachten, welche die alternativen Reorganisationsformen<br />

Zentralabteilungen, SSC und BPO charakterisieren.<br />

Chancen-<br />

Risiken-<br />

Profile der<br />

Reorganisationsalternativen<br />

22 Zu den folgenden Ausführungen siehe Horvµth & <strong>Partners</strong> (2008), S. 12.<br />

23 Auch Dressler/Hensen (2005), S. 72-73.<br />

237


Organisation & IT<br />

Aus Abb. 5 wird deutlich, dass eine Make-Entscheidung im Rahmen<br />

einer Zentralabteilung im CFO-Bereich die geringsten Chancen und<br />

Risiken birgt, eine Make-Entscheidung als SSC im mittleren Bereich liegt<br />

und sowohl Chancen als auch Risiken bei einer Buy-Entscheidung im<br />

Sinne des Outsourcings am grçßten sind.<br />

Risiken Chancen<br />

Erhöhung der<br />

Informationsqualität<br />

Bessere Informationsbereitstellung<br />

Koordinationsaufwand<br />

senken<br />

Kostensenkung<br />

Skalenvorteile<br />

Erhöhung der<br />

Prozessqualität<br />

Personalabbau<br />

Fokussierung auf das<br />

Kerngeschäft<br />

Kostensteigerungen<br />

Verringerung der<br />

Flexibilität<br />

Höherer<br />

Koordinationsaufwand<br />

Sinkende<br />

Mitarbeitermotivation<br />

Fehlende<br />

Berücksichtigung von<br />

Besonderheiten<br />

Höhere Abhängigkeit<br />

von Dritten<br />

Know-how-Verluste<br />

Zentralabteilung<br />

Shared Service<br />

Center<br />

Business<br />

Process<br />

Outcourcing<br />

Abb. 5:<br />

TOP-3-Chancen-Risiken-Profile der Reorganisationsalternativen<br />

Entwicklung vom<br />

SSC zum BPO<br />

4.3 Outsourcing als nächste Entwicklungsstufe des Shared<br />

Service Center?<br />

Unternehmen, die in ihren CFO-Bereichen bereits Shared Service<br />

Centers betreiben, stehen im nächsten Schritt vor einer Make-or-Buy-<br />

Entscheidung, ob im SSC organisierte Prozesse ausgelagert werden<br />

sollen. 24 Aufgrund seiner Charakteristika (Spezialisierung, Bearbeitung<br />

von hohen Transaktionsvolumina zu geringeren Kosten und/oder<br />

hçherer Qualität) stellt das Business Process Outsourcing den nächsten<br />

24 Vgl. Michel (2007), S. 292.<br />

238


Make or Buy von Controlling-Prozessen<br />

Entwicklungsschritt nach der Etablierung eines Shared Service Center<br />

dar. Im Rahmen der Konzentration auf Kernkompetenzen und unter<br />

verstärktem Kostendruck sind Unternehmen zunehmend bereit, externe<br />

Leistungen auch im Finanz- und Rechnungswesen einzukaufen, anstatt<br />

sie selbst – etwa in einem Shared Service Center – zu erbringen. 25<br />

Der Schritt vom Shared Service Center zum Business Process Outsourcing<br />

scheint in zweierlei Hinsicht nicht groß: Zum einen kçnnen sich<br />

bereits etablierte Shared Service Centers selbst zum BPO-Anbieter<br />

entwickeln, indem sie ihre Leistungen nicht nur internen, sondern auch<br />

externen Kunden anbieten. Zum anderen unterliegen Unternehmen als<br />

interne Kunden oft keinem Kontrahierungszwang, d. h., sie kçnnen<br />

Leistungen vom konzerneigenen SSC oder von externen Anbietern<br />

nachfragen. 26<br />

Je nach Ausgestaltung der Geschäftsbeziehung eines Unternehmens zum<br />

internen SSC mit Service Level Agreements, festen Verrechnungspreisen,<br />

klaren Verantwortlichkeiten und Haftungen, ist die Inanspruchnahme<br />

von der Annahme der Leistungen eines externen Anbieters der vorigen<br />

internen Lçsung nicht unähnlich.<br />

Die Horvµth-&-<strong>Partners</strong>-CFO-Studie zeigt, dass die bevorzugte Form<br />

der Reorganisation von Controlling-Prozessen nach der Zentralisierung<br />

mit 96 % das Shared Service Center mit 29 % der Unternehmen, die<br />

diese anwenden, ist. BPO wird mit nur einem Prozent für das<br />

Controlling deutlich verneint. 27 Die aktuelle Favorisierung von SSC<br />

gegenüber BPO muss jedoch keine generelle Ablehnung des Outsourcings<br />

bedeuten. Unternehmen sammeln im Rahmen eines internen<br />

Konsolidierungsprozesses derzeit Erfahrungen mit Shared Service Centers.<br />

Wenn die ersten Schritte des SSC (Dokumentation, Standardisierung,<br />

Spezialisierung etc.) erfolgreich gemacht wurden, werden sich<br />

Unternehmen mçglicherweise den nächsten Entwicklungsschritt zum<br />

Business Process Outsourcing zutrauen. 28 Gemäß der Studie schätzen<br />

Unternehmen mit Erfahrungen mit Shared Services diese Organisationsform<br />

auch für die Zukunft besser ein als Unternehmen ohne Erfahrung.<br />

Der Anteil der Unternehmen ohne Erfahrung, die Outsourcing als eine<br />

gute oder sehr gute Reorganisationsform für Controlling-Prozesse<br />

bewerten, steigt von derzeit vier auf 14 % für die Zukunft an. 29<br />

Die deutliche Dominanz anderer Reorganisationsalternativen, wie Zentralisierung<br />

und SSC, sowie die immer noch vorsichtige Haltung<br />

SSC für<br />

Controlling-<br />

Prozesse?<br />

25 Vgl. Dressler (2007), S. 306.<br />

26 Vgl. Michel (2007), S. 274.<br />

27 Vgl. Horvµth & <strong>Partners</strong> (2008), S. 7.<br />

28 Vgl. Dressler (2007), S. 307-308.<br />

29 Vgl. Horvµth & <strong>Partners</strong> (2008), S. 17.<br />

239


Organisation & IT<br />

gegenüber BPO für die Zukunft kçnnten auch als Anzeichen gewertet<br />

werden, dass Controlling-Prozesse für eine Auslagerung ungeeignet sind.<br />

Dies gilt insbesondere für Controlling-Prozesse, die keinen transaktionalen<br />

Charakter haben. Etwa die Verlagerung des strategischen Controllings<br />

an eine externe „Controlling Factory“ scheint undenkbar.<br />

Jedoch umfasst das Controlling etwa 50 % transaktionale Tätigkeiten,<br />

für die eine Auslagerung vorstellbar ist. 30 Ein weiterer Grund für die<br />

Zurückhaltung kann eine hçhere Risikoerwartung bei BPO-Lçsungen,<br />

insbesondere vor dem Hintergrund steigender Compliance-Anforderungen,<br />

sein. Zudem wird im Zugang Dritter zu sensiblen und wettbewerbsbestimmenden<br />

Daten ein Sicherheitsrisiko gesehen. 31<br />

Die potenziellen monetären und qualitativen Kosten einer missglückten<br />

Reorganisation machen eine genaue Prüfung der Auslagerbarkeit unverzichtbar.<br />

Um zu entscheiden, inwieweit einzelne Controlling-Aufgaben<br />

die hinreichenden Bedingungen für eine Auslagerung erfüllen und somit<br />

Chancen genutzt werden kçnnen, müssen die einzelnen Controlling-<br />

Prozesse einer individuellen Prüfung unterzogen werden. Wie ein<br />

solcher Entscheidungsprozess aussehen kann, verdeutlicht das folgende<br />

Kapitel.<br />

Prozesskriterien<br />

für ein<br />

erfolgreiches<br />

Outsourcing<br />

5 Entscheidungsprozess zur Reorganisation von<br />

Controlling-Prozessen: SSC oder BPO?<br />

Der Entscheidungsprozess in Abb. 6 verdeutlicht, welche „Filter“ eine<br />

Aufgabe durchlaufen muss, um als Outsourcing-geeignet eingestuft zu<br />

werden.<br />

Aus dem oberen Teil der Abb. 6 ist ersichtlich, dass grundsätzlich nur<br />

solche Controlling-Aufgaben auslagerbar sind, die auch in einem SSC –<br />

und somit implizit in einer Zentralabteilung – reorganisiert werden<br />

kçnnten. Darüber hinaus muss ein Controlling-Prozess noch spezielle<br />

Kriterien erfüllen, um erfolgreich ausgelagert werden zu kçnnen (s.<br />

unteren Teil von Abb. 6). So sollte dieser keine Kernkompetenz sein und<br />

auch keinen direkten Kundenkontakt erfordern, da dies u. a. zu<br />

Reputationsschäden führen kçnnte. Der Datenschutz muss gewährleistet<br />

sein und die Erbringung der Leistung muss durch den externen Dienstleister<br />

zu niedrigeren Kosten bei mindestens gleicher Qualität bzw. zu<br />

maximal gleichen Kosten bei hçherer Qualität durchgeführt werden.<br />

Unter Anwendung dieses Entscheidungsprozesses kann man auslager-<br />

30 Vgl. Dressler (2007), S. 310.<br />

31 Vgl. Michel (2007), S. 292.<br />

240


Make or Buy von Controlling-Prozessen<br />

bare von nicht auslagerbaren Prozessen trennen und dies als Ausgangspunkt<br />

für die Reorganisation des Controlling-Bereichs nutzen.<br />

Geschäftsspezifischer Grund gegen<br />

Aufgabenbündelung?<br />

Ja<br />

Nein<br />

Aufgabe für mehrere<br />

Leistungsempfänger?<br />

Ja<br />

Ist die Aufgabe standardisierbar?<br />

Nein<br />

Zerlegung in Teilaufgaben möglich?<br />

Ja<br />

Nein<br />

Nein<br />

Nicht SSCoder<br />

BPOgeeignet<br />

Ja<br />

Hohe Volumina/hoher Anteil an<br />

Routinetätigkeiten?<br />

Nein<br />

Wiederholungscharakter?<br />

Nein<br />

Ja<br />

Ja<br />

Wenig Fachwissen/kurze<br />

Einarbeitungszeit erforderlich?<br />

Nein<br />

Spezifisches fachliches Know-how<br />

erforderlich?<br />

Nein<br />

Ja<br />

Ja<br />

Center of Scale Center of Excellence SSC-geeignet<br />

Aufgabe ist Kernkompetenz?<br />

Ja<br />

Nein<br />

Aufgabe erfordert Kundenkontakt?<br />

Ja<br />

Nein<br />

Aufgabe beinhaltet sensible Daten?<br />

Ja<br />

Datenschutz vom Dienstleister<br />

garantiert?<br />

Nein<br />

Nein<br />

Ja<br />

Externe Erbringung der Aufgabe<br />

günstiger und/oder hochwertiger?<br />

Nein<br />

Ja<br />

BPO-geeignet<br />

Abb. 6:<br />

Entscheidungsprozess zur Reorganisation von Controlling-Aufgaben<br />

241


Organisation & IT<br />

Kritische<br />

Erfolgsfaktoren<br />

6 Erfolgsfaktoren des Business Process Outsourcings<br />

im Controlling-Bereich<br />

Grundsätzlich sollten nur solche Controlling-Prozesse ausgelagert werden,<br />

die den in Abb. 6 dargestellten Entscheidungsprozess mit dem<br />

Ergebnis der BPO-Eignung durchlaufen haben.<br />

Des Weiteren sind bei der Realisierung einer Outsourcing-Entscheidung<br />

im Controlling-Bereich kritische Erfolgsfaktoren zu beachten, um den<br />

erwünschten Effekt zu gewährleisten. Diese lassen sich in vier Bereiche<br />

bündeln: den formal-rechtlichen, den datenverarbeitungstechnischen,<br />

den organisatorischen und den Kooperations- und <strong>Management</strong>-Bereich.<br />

BPO-Eignung<br />

formalrechtlich<br />

DVtechnisch<br />

organisatorisch<br />

Kooperation<br />

& <strong>Management</strong><br />

Abb. 7: Erfolgsfaktoren des Business Process Outsourcing 32<br />

Formal-rechtlich ist entscheidend, dass Service Level Agreements die<br />

genauen Aufgaben, Zuständigkeiten, Verantwortungen, das Preis-Leistungs-Modell<br />

und andere wichtige Faktoren definieren. Vor allem die<br />

Abgrenzung der Verantwortungsbereiche zwischen Dienstleister und<br />

Kunden („Split of Responsibility“) muss daraus klar hervorgehen.<br />

Sogenannte „Mismatch Cost“, die aus der Abweichung von Angebot<br />

und Nachfrage resultieren, sind zu minimieren. 33<br />

Im Bezug auf Datenverarbeitungssysteme müssen zum einen standardisierte,<br />

prozessoptimierte Systeme vorliegen, zum anderen muss die<br />

32 Vgl. Schmitt (2007), S. 28.<br />

33 Vgl. Scheffner (2008), S. 650.<br />

242


Make or Buy von Controlling-Prozessen<br />

notwendige technische Infrastruktur sowohl in der Implementierung der<br />

Outsourcing-Beziehung als auch in der späteren Zusammenarbeit bei<br />

Bedarf sofort verfügbar sein. Die bençtigten Daten und Informationen<br />

müssen gegenseitig reibungslos über EDV-Systeme zur Verfügung<br />

gestellt werden kçnnen.<br />

Organisatorisch müssen insbesondere die Schnittstellen zwischen internem<br />

und externem Controlling bzw. internem Empfänger der Controlling-<br />

Leistungen eindeutig, prozessorientiert und transparent gestaltet sein. 34<br />

Der Bereich Kooperation & <strong>Management</strong> umfasst die Zielsetzungen des<br />

Top-<strong>Management</strong>s des auslagernden Unternehmens an die Anbieter<br />

sowie die Definition der erforderlichen Unterstützung durch das<br />

regionale und operative <strong>Management</strong> und die leistungsempfangenden<br />

Einheiten.<br />

7 Fazit und Ausblick<br />

Die Reorganisation des CFO-Bereichs und die Entscheidung Make or<br />

Buy auch für das Controlling sind vor dem Hintergrund des veränderten<br />

Rollenverständnisses des CFO und stärkeren Wettbewerbs- und Kostendrucks<br />

in globalen Märkten unumgänglich. Wenn auch die meisten<br />

Unternehmen dem Business Process Outsourcing im Controlling-Bereich<br />

aus verschiedenen Gründen noch zurückhaltend gegenüberstehen,<br />

kann dies jedoch ein zukünftiger Weiterentwicklungsschritt nach der<br />

aktuell zunehmenden Etablierung von Shared Service Centers sein.<br />

Allerdings ist für die einzelnen Controlling-Prozesse individuell die<br />

Eignung zur Auslagerung zu prüfen und das Chancen-Risiken-Profil mit<br />

der Risikoneigung des Unternehmens abzugleichen. Bei der Umsetzung<br />

sind die erläuterten spezifischen Erfolgsfaktoren zu beachten. Die zweite<br />

Dimension der Reorganisation, die Frage nach einer Standortverlagerung,<br />

muss infolge der Wahl der Organisationsform entschieden werden.<br />

¾hnlich wie in der Organisation bieten die einzelnen Formen hier<br />

hçhere Chancen, aber auch Risiken.<br />

Es ist zu erwarten, dass mit zunehmenden Erfahrungen der Unternehmen<br />

mit den für das Controlling „neuen“ Organisationsformen und einer<br />

steigenden Zahl qualitativ guter externer Anbieter das Controlling<br />

zumindest in seinen transaktionalen Teilen dem Trend aus dem<br />

Accountingbereich folgt und zunehmend Funktionen auslagert. Allerdings<br />

ist eine vollständige Auslagerung des Controllings nicht zu erwarten, da<br />

strategische Controlling-Funktionen das <strong>Management</strong> des Unternehmens<br />

nachhaltig beeinflussen und somit nicht im Rahmen einer Auslagerung<br />

34 Vgl. Bearing Point (2004), S. 6.<br />

243


Organisation & IT<br />

Externen angedient werden kçnnen. Eine Neudefinition des Controlling-<br />

Bereichs in Form eines rein beratenden und steuernden Funktionsbereichs<br />

in der aufbauorganisatorischen und räumlichen Nähe zur Konzernleitung<br />

ist allerdings eine realistische Vision.<br />

8 Literaturhinweise<br />

Accenture (Hrsg.), Changing Role of the Finance Organization in a<br />

Multi-Polar World – Accenture High performance Finance Study, 2008.<br />

Bühner, Betriebswirtschaftliche Organisationslehre, 9. Aufl. 1999.<br />

Doroghµzi, Outsourcing of accounting activities at the largest Hungarian<br />

Company (MOL), Horvµth & <strong>Partners</strong> Fachkonferenz Finance<br />

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Dressler, Die Controlling-Organisation in globalen Unternehmen vor<br />

dem Hintergrund von Offshoring-Mçglichkeiten, in: Gleich/Michel<br />

(Hrsg.), Organisation des Controlling – Grundlagen, Praxisbeispiele<br />

und Perspektiven, 2007, S. 295–319.<br />

Dressler/Hensen, Offshoring im Controlling – eine deutsche Lçsung am<br />

Beispiel von SAP BW SEM, ZfCM, 49. Jg. 1/2005, S. 72–77.<br />

Duganier, Finance and Accounting Outsourcing Can Improve Control,<br />

in: Bank Accounting & Finance, June-July 2005, S. 39–42.<br />

Horvµth & Partner GmbH (Hrsg.), CFO-Studie 2007 – Reorganisation<br />

im Finanzbereich, Stuttgart 2008.<br />

Kagelmann, Shared Services als Organisationsform – Am Beispiel der<br />

Finanzfunktion im multinationalen Konzern, 2001.<br />

Michel, Shared Services als Organisationsform für das Controlling, in:<br />

Gleich/Michel (Hrsg.), Organisation des Controlling – Grundlagen,<br />

Praxisbeispiele und Perspektiven, 2007, S. 269–294.<br />

Michel/Kirchberg, Shared Service Center als Element des Dienstleistungscontrollings,<br />

Controlling, 20. Jg., 8-9/2008, S. 449–458.<br />

Scheffner, Industrialisierung des Controllings, Der Controlling-Berater,<br />

5/2008, S. 637–657.<br />

Scheffner/Hofmann, Die Controllingorganisation als Baustein zu Finance<br />

Excellence – Ansatzpunkte zur Steigerung von Effektivität und<br />

Effizienz, Controlling, 19. Jg., 1/2007, S. 21–29.<br />

Schmitt, Die Entwicklung vom internen Financial SSC zum BPO-<br />

Anbieter – Das Beispiel Bahlsen/New Source, Horvµth & <strong>Partners</strong><br />

2. Fachkonferenz Finance Excellence, 15. März 2007.<br />

244

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