Download - Horváth & Partners Management Consultants
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Sonderdruck aus der Frankfurter Allgemeinen Zeitung vom 27. Februar 2006<br />
Wohin entwickelt sich der<br />
Finanzvorstand?<br />
Von Uwe Michel und Joachim Esser<br />
Die Rolle des Finanzbereichs<br />
eines Unternehmens wandelt<br />
sich. Damit auch die Rolle des<br />
Chief Financial Officer (CFO).<br />
Der Begriff kommt aus dem<br />
angelsächsischen Raum und entspricht<br />
im Deutschen dem<br />
Kaufmännischen Geschäftsführer<br />
oder Finanzvorstand bei Aktiengesellschaften.<br />
Zudem steigen<br />
die Kosten für den Finanzbereich,<br />
so daß sich die Verantwortlichen<br />
auch die Frage nach ihrer<br />
Effizienz und Effektivität stellen<br />
lassen müssen. Ein Expertenforum<br />
– das CFO-Panel – versucht<br />
seit 2003 darauf Antworten zu<br />
finden. Ein erstes Resümee des<br />
Panels zieht der vorliegende Beitrag<br />
aus dem Hause <strong>Horváth</strong> &<br />
<strong>Partners</strong>. (noa.)<br />
Rationalisiert die Rationalisierer – dieser<br />
geheime Wunsch controllinggeprüfter<br />
Manager wird heute in immer mehr Unternehmen<br />
Wirklichkeit. Während das Controlling<br />
in der Vergangenheit durch die<br />
Einführung von <strong>Management</strong>ansätzen wie<br />
Value Based <strong>Management</strong> oder Activity<br />
Based Costing – hierbei wird durch das<br />
Controlling versucht, die Gemeinkosten<br />
prozeßorientiert aufzuschlüsseln und zu<br />
verteilen – alles daransetzte, andere Unternehmensbereiche<br />
zu Ergebnisverbesserung<br />
und Wertsteigerung zu veranlassen, muß es<br />
sich nun selbst diesem Anspruch stellen.<br />
Das hat drei Gründe: Erstens ist die Rationalisierung<br />
in den klassischen Unternehmensbereichen<br />
weit fortgeschritten – auf<br />
der Suche nach wettbewerbsfähigen Kostenstrukturen<br />
geraten daher nun auch<br />
Bereiche wie Personal oder Finanzen verstärkt<br />
in den Fokus. Zweitens ist der<br />
Finanzbereich unter dem Strich teurer geworden,<br />
weil die Umsetzung von IFRS und<br />
vor allem Sarbanes Oxley viele Ressourcen<br />
bindet und zu zusätzlichen Kosten führt.<br />
Und drittens hat sich die Rolle des CFO<br />
grundlegend geändert. Er ist – salopp gesagt<br />
– vom obersten „Zahlenmeister“ zum<br />
Kopiloten an der Seite des CEO geworden.<br />
Entsprechend sind die Anforderungen an<br />
seine Abteilung gestiegen. Neben die Aufbereitung<br />
der Daten tritt verstärkt die Aufgabe,<br />
mittels Strategieberatung und deren<br />
Umsetzung einen relevanten Beitrag zur<br />
Steuerung des Unternehmens zu liefern.<br />
Die damit einhergehenden Anforderungen<br />
an die Qualifikation des Personals führen<br />
natürlich ebenfalls zu Mehrkosten. Kurzum:<br />
Effizienz und Effektivität werden heute<br />
nicht nur in Forschung, Entwicklung,<br />
Produktion, Marketing, Vertrieb und Personal<br />
großgeschrieben, sondern auch im<br />
Finanzbereich selbst. Doch wie mißt man<br />
die Leistungsfähigkeit des eigenen Controllings?<br />
Mit exakt diesen Fragen beschäftigt sich<br />
das CFO-Panel von <strong>Horváth</strong> & <strong>Partners</strong>.<br />
2003 gegründet, haben sich in diesem<br />
Expertenforum mittlerweile mehr als 170<br />
Unternehmen aus dem deutschsprachigen<br />
Raum versammelt. Die Bandbreite reicht<br />
dabei von mittelständischen Betrieben oder<br />
Konzerntöchtern ab einer Größe von rund<br />
100 Millionen Umsatz bis hin zu weltweit<br />
tätigen Unternehmen mit einem Umsatz im<br />
zweistelligen Milliardenbereich. Herzstück<br />
des Panels ist ein Benchmarking, das<br />
es den beteiligten Unternehmen erlaubt,<br />
sich dem Vergleich mit anderen Unternehmen<br />
zu stellen und daraus Anregungen zur<br />
Verbesserung von Effizienz und Effektivität<br />
der Unternehmenssteuerung abzuleiten.<br />
Abgefragt werden beim CFO-Panel alle<br />
Themenfelder der kaufmännischen Geschäftsführung.<br />
Dazu dient ein 600 Fragen<br />
umfassender Fragebogen, den die Unternehmen<br />
komplett oder partiell ausfüllen<br />
können. Als Regel gilt: Man erhält nur Referenzwerte<br />
zu Fragen, die man selbst ausgefüllt<br />
hat.<br />
Mit Hilfe des Datenbank-Benchmarkings<br />
lassen sich nicht nur alle im Finanzbereich<br />
relevanten Effizienz-Werte vergleichen,<br />
sondern auch wichtige Fragen der<br />
Effektivität klären. Denn die Fragen beschränken<br />
sich nicht darauf, Ressourcenbedarf,<br />
Durchlaufzeiten, Produktivitäten,<br />
Fehlerquoten etc. abzufragen, sondern sie<br />
formulieren für jeden Teilprozeß auch<br />
„Best-Practice“-Hypothesen, die auf dem<br />
Projektwissen von <strong>Horváth</strong> & <strong>Partners</strong> beruhen.<br />
Dort finden sich dann zum Beispiel<br />
Fragen nach der Abbildung zukunftsorientierter<br />
Informationen oder Frühindikatoren<br />
im Berichtswesen oder der Durchgängigkeit<br />
elektronischer Datenhaltung in der<br />
Buchführung. Bereits das Lesen des Fragebogens<br />
ermöglicht den Teilnehmern eine<br />
Art „Self-Assessment“. Und die anschließende<br />
Auswertung zeigt, wie das Unternehmen<br />
in bezug auf aktuelle Themen und<br />
relevante Maßnahmen im Vergleich zu anderen<br />
Teilnehmern positioniert ist.<br />
Derzeit liegen die Kosten des Finanzbereiches<br />
bei deutschen Unternehmen<br />
durchschnittlich bei 0,97 Prozent des<br />
Umsatzes. Besonders effiziente Finanzbereiche<br />
begnügen sich mit 0,6 Prozent, und<br />
die „teuersten“ Finanzabteilungen kosten<br />
ihr Unternehmen mehr als zwei Prozent<br />
vom Umsatz. Daß diese Daten im Einzelfall<br />
zu gewichten sind, versteht sich von<br />
selbst. Mittelgroße Unternehmen etwa<br />
können kaum die Größenvorteile der<br />
Konzerne nutzen und dürften daher wohl<br />
etwas teurer wirtschaften, ebenso wie<br />
junge, schnellwachsende Unternehmen.<br />
Dessen ungeachtet ist – wie die Ergebnisse<br />
der jüngsten Befragung zeigen – der Trend<br />
zur weiteren Kostenreduzierung intakt. Die<br />
Teilnehmer stellen die Dualität der exter-
Seite 2<br />
Frankfurter Allgemeine Zeitung<br />
nen und internen Rechnungslegung zunehmend<br />
in Frage und versprechen sich durch<br />
die angestrebte Vereinheitlichung der<br />
Kennzahlen und Steuerungsgrößen nicht<br />
nur Effizienz-Vorteile, sondern auch eine<br />
wesentliche Vereinfachung sowie qualitative<br />
Vorteile. Diskutiert wird auch das<br />
Zusammenwachsen von Rechnungswesen<br />
und Controlling. Man etabliert sogenannte<br />
„Accounting- und Reportingfactories“, die<br />
künftig Aufgaben übernehmen sollen, die<br />
bislang im Controlling angesiedelt waren.<br />
Damit wird zudem angestrebt, Ressourcen<br />
freizusetzen, die es dem Controlling<br />
ermöglichen, sich auf seine „edlen“ Kernaufgaben<br />
zu konzentrieren: die Entscheidungsunterstützung<br />
und Beratung des <strong>Management</strong>s.<br />
Zu den Zahlen: Die Kosten für den Controllingbereich<br />
liegen im Panel-Durchschnitt<br />
bei 0,35 Prozent vom Umsatz. Im<br />
Schnitt sind pro 1000 Beschäftigte 9,3<br />
Mitarbeiter im Controlling beschäftigt.<br />
Zum Vergleich: Die Kosten des Rechnungswesens<br />
und der anderen Finanzfunktionen<br />
liegen bei 0,62 Prozent vom Umsatz,<br />
und pro 1000 Beschäftigte finden dort<br />
13,7 Mitarbeiter Arbeit. Mit diesen Zahlen<br />
läßt sich eine erste Effizienzbeurteilung für<br />
Rechnungswesen und Controlling vornehmen.<br />
Noch wichtiger jedoch sind vertiefende<br />
Effizienzbetrachtungen von Teilprozessen,<br />
die deutlich zeigen, welchen Optimierungsbedarf<br />
es in diesem Bereich gibt. So<br />
werden heute noch rund 20 Prozent der<br />
gesamten Controller-Kapazitäten in die<br />
operative Planung/Budgetierung gesteckt.<br />
17 Wochen dauert die operative Planung<br />
im Panel-Durchschnitt. Das reicht dann<br />
vom Frühsommer bis in den Herbst und<br />
bedeutet, daß es um die Steuerungsrelevanz<br />
der klassischen operativen Planung<br />
schlecht bestellt ist. Positiv ist, daß sich die<br />
Planungsdauer seit dem Bestehen des<br />
Panels im Durchschnitt pro Jahr um rund<br />
eine Woche reduziert hat. Beachtenswert<br />
ist ferner, daß eine nicht kleine Gruppe von<br />
Spitzenreitern nur acht bis neun Wochen<br />
für die Planung benötigt. Allerdings gibt es<br />
auch immer noch Unternehmen, die sechs<br />
Monate und mehr für die operative Planung<br />
brauchen. Übrigens: Unternehmen, die in<br />
die Planung „top down“ einsteigen, sind in<br />
der Regel um zwei bis drei Wochen schneller<br />
als andere, welche einen „bottum up“-<br />
Einstieg favorisieren.<br />
Auch im Bereich der strategischen Planung<br />
zeigen sich Optimierungspotentiale.<br />
So sind zum Beispiel nahezu alle Unternehmen<br />
der Meinung, daß es erfolgskritisch<br />
ist, die Ergebnisse und Fortschritte<br />
der strategischen Maßnahmen regelmäßig<br />
zu überwachen und gegebenenfalls neue<br />
strategische Maßnahmen zu generieren.<br />
Doch nur die Hälfte aller Unternehmen tut<br />
dies auch in der Praxis zu ihrer eigenen<br />
Zufriedenheit.<br />
Was das Reporting betrifft, so ist auf der<br />
Plusseite zu verzeichnen, daß der Umfang<br />
der Berichte zurückgeht. Während etwa<br />
der Monatsbericht 2004 im Schnitt 46<br />
Seiten umfaßte, waren es ein Jahr später<br />
nur noch 25 Seiten. Und in der Regel liegen<br />
die Berichte auch einen Tag eher vor (neun<br />
statt zehn Tage nach Monatsende).<br />
Bedenklich ist freilich, daß die Controller<br />
immer noch rund zwei Drittel ihrer Zeit<br />
für die klassische Datenaufbereitung (Datensammlung,<br />
Aufbereitung, Berichtsanalyse,<br />
Plausibilität und Abweichung)<br />
aufwenden und daß Analyse, Kommentierung<br />
und Handlungsempfehlungen zu kurz<br />
kommen.<br />
In der Praxis zeigt sich, daß die Berichte<br />
in vielen Fällen wirkungslos bleiben. Beispiel:<br />
In Reaktion auf Abweichungen<br />
existieren gerade einmal in 40 Prozent der<br />
Unternehmen Regelprozesse zur Ableitung<br />
von Gegenmaßnahmen, deren Wirkungen<br />
dann im nächsten Bericht aufgezeigt und<br />
analysiert werden.<br />
Entsprechend groß ist nicht nur im<br />
Controlling selbst die Unzufriedenheit mit<br />
der Berichtspraxis. Auch dies bildet das<br />
Panel ab, da beim Benchmarking nicht nur<br />
die Meinung der Controller, sondern auch<br />
ihrer unternehmensinternen Kunden abgefragt<br />
wird (ein Fragebogen geht ans <strong>Management</strong>).<br />
Fazit: Die Probleme sind -<br />
bekannt. Und bei einem Teil der Panel-<br />
Teilnehmer sind Maßnahmen erkennbar,<br />
die darauf abzielen, den Planungsprozeß<br />
insbesondere mittels Top-down-Planungselementen,<br />
rollierender Vorhersage und<br />
Reduzierung von Details kräftig zu straffen.<br />
Neben den beiden Kernbereichen Planung<br />
und Berichtswesen gibt es eine Fülle<br />
weiterer Controlling-Themen, die im CFO-<br />
Panel zur Sprache kommen.<br />
Beispiel F&E-Controlling: Knapp die<br />
Hälfte der Unternehmen verwendet nicht<br />
alle Instrumente des Target Costing, verzichtet<br />
also auf eine Kostensteuerung in<br />
den frühen Phasen der Produktentstehung.<br />
Die retrograde Planung, also die Zielkostenableitung<br />
aus der Frage, mit welchem<br />
Preis das Produkt am Markt abgesetzt<br />
werden kann, wird trotz des wettbewerbsintensiven<br />
Umfeldes noch nicht überall<br />
eingesetzt.<br />
Auch was die externe Rechnungslegung<br />
betrifft, zeigt das CFO-Panel Optimierungspotential:<br />
Beispiel Shared Service Center: Nur 46<br />
Prozent der Unternehmen nutzen die<br />
Potentiale der Shared Service Center. Die<br />
Geschäftseinheiten können jedoch gerade<br />
durch die Abgabe von Aufgaben an Shared<br />
Service Center dezentral effektiver und<br />
effizienter arbeiten, da Aufgaben, die<br />
bisher auf das Unternehmen verteilt waren,<br />
jetzt zusammengefaßt sind.<br />
Beispiel Debitorenprozesse: Nur wenige<br />
Unternehmen messen dem Kreditmanagement<br />
große Bedeutung zu und bedienen<br />
entsprechend die klassischen Hebel – nur<br />
25 Prozent führen zum Beispiel entsprechende<br />
Kreditrankings durch. Die Unternehmen<br />
geben ihren Kunden zudem zu<br />
wenige Anreize, elektronische Zahlungsmethoden<br />
zu verwenden (31 Prozent).<br />
Beispiel Kreditorenprozesse: Hier sind<br />
Effizienzsteigerungen nach Meinung der<br />
Panel-Mitglieder vor allem bei den<br />
Themen konzerninterner Rechnungsdatenaustausch,<br />
automatische Archivierung,<br />
Durchbuchen in die ERP-Systeme und<br />
weiterer Ausbau der elektronischen Rechnungserfassung<br />
(Stichworte elektronische<br />
Signatur und OCR) möglich.<br />
Was hier nur kurz gestreift werden kann,<br />
wird auf den zweimal jährlich stattfindenden<br />
Panel-Meetings um so intensiver diskutiert:<br />
Unterschiede ausmachen, „von den<br />
Besten lernen“, Handlungsalternativen<br />
durchspielen und sich im persönlichen<br />
Gespräch austauschen – das ist neben dem<br />
Benchmarking ein weiterer zentraler<br />
Nutzen des Panels. Oder wie es einer der<br />
Teilnehmer einmal ausdrückte: „Hier geht<br />
es um die Frage: Quo vadis, CFO? – und<br />
darum, ein Stück Zukunft zu erfinden.“<br />
Dr. Uwe Michel ist Partner bei der Beratungsgesellschaft<br />
<strong>Horváth</strong> & <strong>Partners</strong> und<br />
leitet das Competence Center Controlling.<br />
Joachim Esser, Principal und Leiter des<br />
Berliner Büros von <strong>Horváth</strong> & <strong>Partners</strong>, ist<br />
Projektleiter des CFO-Panel.<br />
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