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Für den Knochen gebrauche ich nur flache Hohlmeissel ohne<br />
Abrundung der Ecken an der Schneide, in den Breiten von 3, 5, 8 und<br />
12 mm. Noch breitere Meissel wende ich nicht an, weil sie zu starke<br />
erschütternde Schläge erfordern. Zu den ganz schmalen Meissein greife<br />
ich nur da, wo ein breiterer nicht angewandt werden kann, fast nur bei<br />
der Freilegung des Recessus epitympanicus. In der Nähe der Dura und<br />
des Sinus muss man möglichst breite Meissel anwenden (s. auch unten S. 19).<br />
Das Meissein am Schläfenbein ist nicht zu vergleichen mit dem an Röhrenknochen.<br />
Der oft durch Osteosklerose elfenbeinhart gewordene Knochen erfordert kräftige Schläge.<br />
und doch muss die angewandte Kraft sorgfältig berechnet sein, da ein geringes Zuviel den<br />
Sinus, das Hirn, den Facialis und das Labyrinth in Gefahr bringt. Dabei muss schnell<br />
gemeisselt werden, um den Kranken nicht einer unnöthig langen Narkose auszusetzen.<br />
Wer viele Operateure an der Arbeit gesehen hat, weiss, wie entsetzlich langsam Manche<br />
vorwärts kommen. Ich habe in einem mir zur Veröffentlichung übergebenen Operationsberichte<br />
die Angabe, dass die Operation 3 Stunden gedauert habe, aus Rücksicht auf den<br />
Autor gestrichen, denn die von ihm geschilderte Operation wird von Andern in höchstens<br />
3 ji Stunden vollendet. Nachher hat der betreffende Autor den Fall noch einmal durch<br />
einen Schüler veröffentlichen lassen und dabei die 3 Stunden wieder eingefügt. Solche<br />
Langsamkeit ist keine Folge berechtigter Vorsicht, sondern verräth Ungeschicklichkeit und<br />
Unkenntniss des Operationsgebietes und den daraus entspringenden Mangel an Selbstvertrauen.<br />
Das nöthige Selbstvertrauen kann nur erworben werden durch genaueste Kenntniss<br />
des Operationsterrains mit allen dort vorkommenden Abnormitäten und durch grosse Geschicklichkeit<br />
in feinen Handarbeiten. Solche Geschicklichkeit kann nicht erst beim Operiren<br />
erworben werden, sondern muss vorhanden sein, ehe man sich auf dieses schwierige und<br />
verantwortungsvolle Gebiet wagt.<br />
Im Allgemeinen gilt als Regel, nicht in der Richtung gegen Dura<br />
und Sinus zu meisseln. Man muss stets flache Späne ausmeisseln, indem<br />
man den Meisselgriff während des Antriebs durch leichte Schläge allmälig<br />
gegen den Kopf des Kranken senkt, bis der Span völlig abgetrennt ist.<br />
Niemals darf man durch Heben des Meisseis einen nicht völlig gelösten<br />
Span wegbrechen. Mit der beschriebenen Art des Meisseins erhält man<br />
gebogene, auf der konvexen Seite in gleichmässigen Zwischenräumen eingeknickte<br />
Knochehspäne, die wie Garneelenschwänze aussehen. Diese<br />
müssen so abgemeisselt werden, dass sie auf der Rinne des Meisseis liegen<br />
bleiben und durch diesen herausgeschoben oder weggeschleudert werden,<br />
denn wenn sie in der Knochenhöhle liegen bleiben, müssen sie von dem<br />
Assistenten in der oft blutenden Höhle gesucht und mit der Pincette<br />
entfernt werden, wodurch unnothiger Aufenthalt entsteht.<br />
Werthvolle Zeit wird auch vergeudet, wenn man das Austupfen der<br />
Knochenhöhle von dem Assistenten besorgen lässt. Der Assistent soll die<br />
zum Tupfen bestimmten Gazestücke an einem Ende fassen und über oder<br />
in die Höhle hineinhalten; das Andrücken besorgt der Operateur, der<br />
allein weiss, wo er getupft haben will, und zwar mit dem Meissel, der