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Die Nöte des<br />
wahren Polizisten<br />
Der letzte Roman des 2003 verstorbenen Dichters Roberto Bolaño ist nun auf<br />
Deutsch erschienen: „Die Nöte des wahren Polizisten“ berichtet vom Anfang<br />
und vom Ende, vom ganzen Leben eben. Von der Liebe. Von der Literatur.<br />
Ein rundum gelungenes Buch voller Poesie und Dichte.<br />
Von Horst Steinfelt<br />
Jede Familie hat ihre<br />
Geheimnisse … aber<br />
manchmal entwickelt<br />
das Verschweigen eine<br />
zerstörerische Kraft.<br />
Foto: The Estate of Roberto Bolaño<br />
Auf die Suggestivfrage,<br />
wer ihm lieber wäre,<br />
Lady Di, John Lennon oder<br />
Elvis Presley, antwortete<br />
Roberto Bolaño in einem<br />
Interview: „Bob Dylan.“<br />
Feiner Humor, eine leichte<br />
Bissigkeit und ein wahres<br />
Stück Realität – Bestandteile<br />
des großen literarischen<br />
Spektrums dieses Dichters.<br />
Der 1953 in Chile geborene Bolaño<br />
war bereits seit seiner Kindheit ein<br />
vazierender Geselle. Mit seinen Eltern<br />
zog er kreuz und quer durch Chile,<br />
bis die Familie nach Mexiko-City<br />
übersiedelte. Dort gründete Bolaño<br />
eine avantgardistische Literaturgruppe<br />
und genoss das Bohemien-Leben. Zur<br />
Regierungszeit Salvador Allendes, dieser<br />
chilenischen Aufbruchszeit, kehrte<br />
er in seine Heimat zurück – um sie<br />
dann als Flüchtling vor den Häschern<br />
des Diktators Pinochet wieder verlassen<br />
zu müssen. Lebte wieder in Mexiko, bis<br />
er schließlich – nach dem Tod des spanischen<br />
Diktators Franco – seine Zelte<br />
in Barcelona aufschlug.<br />
Bolaño, der 2003 in Erwartung einer<br />
Lebertransplantation verstarb, wurde<br />
hierzulande wohl mit dem posthum<br />
erschienenen Roman „2666“ bekannt<br />
und berühmt. Nicht grundlos zählt<br />
dieses Werk zu seinem bestimmenden<br />
literarischen Vermächtnis. Eine Art<br />
Alter ego ist in dem nun erschienenen<br />
nachgelassenen Roman „Die Nöte<br />
des wahren Polizisten“ der Literaturprofessor<br />
Amalfitano. Der muss nach<br />
einer Affäre mit einem Studenten die<br />
Universität in Barcelona verlassen<br />
und landet auf der Suche nach einem<br />
Job schließlich in einer gottverlassenen<br />
Gegend in Mexiko. Er beginnt<br />
mit seiner Tochter Rosa ein „neues“<br />
Leben, findet im Kunstfälscher Castillo<br />
einen neuen Liebhaber und<br />
schreibt weiterhin seinem<br />
Geliebten, dem aidskranken<br />
Dichter und Exstudenten<br />
Padilla in Barcelona, heftige<br />
Briefe. Dann zieht Amalfitano<br />
das Misstrauen der örtlichen<br />
Polizei auf sich, deren<br />
Verwicklungen in Drogenund<br />
Mordgeschäfte Bolaño<br />
mit Bravour wiedergibt.<br />
Ein Roman, der das ganze Können<br />
und im erweiterten Sinn auch das Weltbild<br />
des Dichters präsentiert. Dabei<br />
hat er mit dem Werk bereits Anfang<br />
der 1980er-Jahre begonnen, fertigte<br />
immer wieder neue Bilder, Anekdoten,<br />
Personen dazu, änderte, schrieb um,<br />
konnte somit seine literarische Schaffenskraft<br />
über die Jahre einbringen.<br />
Was dem großartigen Werk außerordentlich<br />
gut tat. Mit vielen Personen<br />
und ihren vielschichtigen Beweggründen<br />
und aus unzähligen Episoden fügt<br />
Bolaño ein Bild von großer Dichte<br />
zusammen, mit feinem Humor ebenso<br />
wie mit erwähnter Bissigkeit und Schärfe<br />
des Blicks. Und großer Anteilnahme.<br />
Es wird nicht weiter verwundern, dass<br />
ein großer der Weltliteratur dem Dichter<br />
Bolaño Pate stand, Jorge Louis<br />
Borges. Die beiden verbindet die Poesie<br />
ebenso wie die Fantastik, der überbordende<br />
Bilderbogen, die erzählerische<br />
Leichtigkeit.<br />
Roberto Bolaño<br />
Die Nöte des<br />
wahren Polizisten<br />
Übers. v. Christian Hansen<br />
Hanser, 272 S.<br />
€ (A) 22.60; € (D) 21.90;<br />
€ (I) 23.40<br />
ISBN 978-3-446-23973-9<br />
Auch als E-Book erhältlich<br />
Ein Meisterwerk aus dem Nachlass des viel zu<br />
früh verstorbenen Dichters Roberto Bolaño,<br />
fantastisch und poetisch.<br />
In einer norwegischen Küstenstadt<br />
findet in einer nebligen Julinacht<br />
eine große Party statt. Jenny Brodal<br />
wird 75, und ihre Tochter Siri<br />
hat gegen den Willen ihrer Mutter<br />
ein Fest organisiert. Die weiße<br />
Holzvilla auf einer Anhöhe leuchtet<br />
in die Nacht, während die Gäste<br />
eintreffen und Jenny in ihrem<br />
Zimmer sitzt und nach zwanzigjähriger<br />
Abstinenz wieder zu trinken<br />
beginnt …<br />
Linn Ullmann<br />
Das Verschwiegene<br />
Roman<br />
Aus dem Norwegischen von Ina<br />
Kronenberger<br />
352 Seiten, gebunden mit Schutzumschlag<br />
ISBN 978-3-630-87409-8<br />
Euro (A) 20.60; Euro (D) 19.99;<br />
Euro (I) 21.40<br />
21<br />
buchmedia<br />
magazin 20 (2/13)