Das erweiterte Appositiv - Narr
Das erweiterte Appositiv - Narr
Das erweiterte Appositiv - Narr
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
Jan Claas Freienstein<br />
<strong>Das</strong> <strong>erweiterte</strong> <strong>Appositiv</strong><br />
Gunter <strong>Narr</strong> Verlag Tübingen
<strong>Das</strong> <strong>erweiterte</strong> <strong>Appositiv</strong>
Tübinger Beiträge zur Linguistik<br />
herausgegeben von Gunter <strong>Narr</strong><br />
513<br />
T B L
Jan Claas Freienstein<br />
<strong>Das</strong> <strong>erweiterte</strong> <strong>Appositiv</strong><br />
Gunter <strong>Narr</strong> Verlag Tübingen
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek<br />
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie;<br />
detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über <br />
abrufbar.<br />
D6<br />
© 2008 · <strong>Narr</strong> Francke Attempto Verlag GmbH + Co. KG<br />
Dischingerweg 5 · D-72070 Tübingen<br />
<strong>Das</strong> Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung<br />
außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des<br />
Verlages unzulässig und strafbar. <strong>Das</strong> gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen,<br />
Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen<br />
Systemen.<br />
Gedruckt auf säurefreiem und alterungsbeständigem Werkdruckpapier.<br />
Internet: http://www.narr.de<br />
E-Mail: info@narr.de<br />
Printed in Germany<br />
ISSN 0564-7959<br />
ISBN 978-3-8233-6440-5
<strong>Das</strong> <strong>erweiterte</strong> <strong>Appositiv</strong>
Tübinger Beiträge zur Linguistik<br />
herausgegeben von Gunter <strong>Narr</strong><br />
513<br />
T B L
Jan Claas Freienstein<br />
<strong>Das</strong> <strong>erweiterte</strong> <strong>Appositiv</strong><br />
Gunter <strong>Narr</strong> Verlag Tübingen
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek<br />
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie;<br />
detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über <br />
abrufbar.<br />
D 6<br />
© 2008 · <strong>Narr</strong> Francke Attempto Verlag GmbH + Co. KG<br />
Dischingerweg 5 · D-72070 Tübingen<br />
<strong>Das</strong> Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung<br />
außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des<br />
Verlages unzulässig und strafbar. <strong>Das</strong> gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen,<br />
Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen<br />
Systemen.<br />
Gedruckt auf säurefreiem und alterungsbeständigem Werkdruckpapier.<br />
Internet: http://www.narr.de<br />
E-Mail: info@narr.de<br />
Printed in Germany<br />
ISSN 0564-7959<br />
ISBN 978-3-8233-6440-5
Inhalt<br />
Vorwort..................................................................................................................7<br />
1 Einleitung .........................................................................................................9<br />
1.1 Zum Stand der Appositionsforschung...............................................9<br />
1.2 Einführende terminologische Festlegungen....................................10<br />
1.2.1 Apposition, Basis und <strong>Appositiv</strong> ..............................................10<br />
1.2.2 Erweiterung und Erweiterungsausdruck................................14<br />
1.3 Desiderate, Zielsetzungen, Arbeitshypothesen...............................18<br />
1.4 Zur Vorgehensweise............................................................................21<br />
2 Positionen der Appositionsforschung.......................................................25<br />
2.1 Syntaktische Aspekte ..........................................................................25<br />
2.1.1 Dependentieller Ansatz..............................................................26<br />
2.1.2 X-bar-theoretische Ansätze........................................................31<br />
2.1.2.1 Der Ansatz Jackendoffs.....................................................34<br />
2.1.2.2 DET-as-head-Analysen .....................................................37<br />
2.1.2.2.1 Der Ansatz Gallmanns .............................................39<br />
2.1.2.2.2 Der Ansatz Bhatts .....................................................42<br />
2.1.2.2.3 Der Ansatz Lawrenz’................................................45<br />
2.1.3 Der Ansatz Raabes ......................................................................49<br />
2.2 Semantisch orientierte Ansätze .........................................................54<br />
2.2.1 Syntagmatische Aspekte ............................................................55<br />
2.2.2 Paradigmatische Aspekte...........................................................63<br />
2.2.3 Logiksemantische Aspekte ........................................................65<br />
2.3 Pragmatische Aspekte.........................................................................68<br />
2.4 Der Ansatz Schindlers.........................................................................71<br />
3 <strong>Das</strong> <strong>erweiterte</strong> <strong>Appositiv</strong> .............................................................................85<br />
3.1 Zum Begriff des <strong>erweiterte</strong>n <strong>Appositiv</strong>s..........................................85<br />
3.1.1 <strong>Appositiv</strong> und Zusatz.................................................................85<br />
3.1.2 Erweiterungsausdrücke..............................................................87<br />
3.2 Topologische Aspekte .........................................................................91<br />
3.2.1 <strong>Das</strong> <strong>Appositiv</strong> in der Topologie der Nominalphrase ............91<br />
3.2.2 Die Topologie des <strong>erweiterte</strong>n <strong>Appositiv</strong>s ............................103<br />
3.3 Sprechakttheoretische Aspekte........................................................110<br />
3.3.1 Der illokutionäre Status des <strong>Appositiv</strong>s ................................112<br />
3.3.2 <strong>Das</strong> Verhältnis von F a zum Trägersatz...................................122<br />
3.3.3 Zum Verhältnis von F a und Erweiterungsausdruck............128
6<br />
Inhalt<br />
3.4 Apposition und Implikatur..............................................................135<br />
3.4.1 Grundzüge der Grice’schen Konversationstheorie..............135<br />
3.4.2 Erweiterungen des Appositionsprototyps ............................143<br />
3.4.2.1 <strong>Appositiv</strong>e mit übrigens und bekanntlich.......................143<br />
3.4.2.2 <strong>Appositiv</strong>e mit anderen Erweiterungsausdrücken ....154<br />
3.4.3 Zusätze mit Erweiterungsausdruck .......................................160<br />
3.4.3.1 Basis-Korrekturen mit Bezug auf die<br />
Quantitätsmaximen .........................................................161<br />
3.4.3.2 Basis-Korrekturen mit Bezug auf die<br />
Qualitätsmaximen............................................................165<br />
3.4.3.3 Basis-Korrekturen mit Bezug auf die<br />
Modalitätsmaximen.........................................................167<br />
3.4.4 Übersicht und Auswertung .....................................................170<br />
3.5 Textlinguistische Aspekte.................................................................180<br />
3.5.1 Grenzen der satzbezogenen Betrachtung ..............................180<br />
3.5.2 Die übrigens-Erweiterung im Textzusammenhang ..............183<br />
3.5.3 Ein textorientierter Klassifikationsvorschlag ........................187<br />
4 Zusammenfassung ......................................................................................193<br />
5 Literaturverzeichnis....................................................................................199<br />
6 Anhang..........................................................................................................205<br />
6.1 Abkürzungsverzeichnis....................................................................205<br />
6.2 Verwendete Belege <strong>erweiterte</strong>r <strong>Appositiv</strong>e und Zusätze............206<br />
6.3 Belegte, nicht aufgenommene Erweiterungsausdrücke ..............283<br />
6.4 Nicht belegte Erweiterungsausdrücke ...........................................283
Vorwort<br />
Den inhaltlichen Anstoß zum vorliegenden Buch verdanke ich Eckard<br />
Rolf, der mir stets konstruktiv beratend und nicht nur in akademischen<br />
Fragen hilfreich zur Seite gestanden hat. Großen Dank schulde ich auch<br />
Stephan Elspaß, der die Entstehung dieser Arbeit unermüdlich unterstützt<br />
hat. Die Person, deren Rückhalt mir am wichtigsten war und ist,<br />
weiß, wie dankbar ich ihr bin.
1 Einleitung<br />
1.1 Zum Stand der Appositionsforschung<br />
Im Jahr 1979 veröffentlichte Horst Raabe seine Schrift Apposition. Untersuchungen<br />
zum Begriff und zur Struktur der Apposition im Französischen unter<br />
weiterer Berücksichtigung des Deutschen und Englischen. Die Arbeit Raabes<br />
gilt als wegweisend, denn sie gab nicht nur den Anstoß zu weiteren Beiträgen<br />
– etwa Wolfgang Schindlers Untersuchungen zur Grammatik appositionsverdächtiger<br />
Einheiten im Deutschen aus dem Jahr 1990 oder Birgit<br />
Lawrenz’ Monographie Apposition. Begriffsbestimmung und syntaktischer<br />
Status aus dem Jahr 1993 –, in ihr wurden zudem Fragen angeschnitten<br />
und Probleme aufgeworfen, die auch fast dreißig Jahre nach dem Erscheinen<br />
des Beitrags weitgehend unbeantwortet geblieben sind. So sind<br />
insbesondere die von Raabe vorgebrachten Überlegungen zur Pragmatik<br />
der Apposition kaum weiter vorangetrieben worden.<br />
Im genannten Zeitraum ist außer den Monographien eine ganze Reihe<br />
von Aufsätzen zum Thema erschienen, die sich diesem zumeist unter<br />
syntaktischem Aspekt widmen. 1 Es klingt daher etwas überraschend,<br />
wenn Werner Hackel in der Monographie Enge appositionelle Syntagmen in<br />
der deutschen Gegenwartssprache mit dem Untertitel Mehr als ein marginales<br />
grammatisches Problem aufwartet, insbesondere vor dem Hintergrund der<br />
Tatsache, dass Hackels Monographie 1995 – also deutlich nach den Veröffentlichungen<br />
von Schindler (1990) und Lawrenz (1993) – erschienen ist.<br />
Angesichts der Forschungslage Mitte der 1990er Jahre erscheint die im<br />
Untertitel angedeutete Befürchtung Hackels, die Forschung zur Apposition<br />
könnte als Randerscheinung fernab der zentralen grammatischen<br />
Fragen betrachtet werden, als nur wenig berechtigt.<br />
Im Gegenteil wurden die neueren Untersuchungen zur Apposition in<br />
jüngeren Grammatiken aufgenommen und problematisiert – zumindest<br />
für einen gewissen Zeitraum! Vergleicht man beispielsweise die vierte<br />
und die sechste Auflage der Duden-Grammatik (1984 und 1998), fällt<br />
zunächst die umfangreichere Darstellung der jüngeren Ausgabe ins Auge,<br />
die ein wesentlich differenzierteres Bild von der Apposition entwirft.<br />
Zwar übernehmen die Autoren der sechsten Auflage die ältere Definition<br />
1<br />
Als syntaktisch orientierte Aufsätze seien Bergenholtz (1985), Engel (1986), Schreiter<br />
(1988), Starke (1990 und 1994) sowie eine ganze Reihe generativgrammatischer<br />
Arbeiten Löbels (u. a. 1993) erwähnt.
10<br />
Einleitung<br />
von Apposition als einer besonderen Form der Attribuierung, gleichwohl<br />
findet sich ein erweiternder Abschnitt, der für den Bereich der Apposition<br />
„über die sehr grobe formale Einteilung“ hinaus eine „feinere Klassifikation“<br />
nach inhaltlichen Aspekten vorschlägt (vgl. Duden 1998, 663f.; 673-<br />
676); in diese Erweiterungen gehen unverkennbar die Ergebnisse der<br />
Appositionsforschung der 90er Jahre ein. 2 In der jüngsten Auflage von<br />
2005 fällt diese Erkenntnis allerdings wieder unter den Tisch (vgl. Duden<br />
2006, 990). Dieser Umstand dürfte der für Gebrauchsgrammatiken typischen<br />
Abwägung zwischen der Adäquatheit den Phänomenen gegenüber<br />
und einer Beschränkung im Beschreibungsinstrumentarium geschuldet<br />
sein: Nach einem kurzen Intermezzo der Aufnahme aktueller wissenschaftlicher<br />
Arbeiten kehrt man zu den üblichen, gewohnten Beschreibungskategorien<br />
und der damit verbundenen Terminologie zurück. <strong>Das</strong><br />
Gras wächst in Gebrauchsgrammatiken eben schneller über die Sache.<br />
1.2 Einführende terminologische Festlegungen<br />
1.2.1 Apposition, Basis und <strong>Appositiv</strong><br />
Man kann also behaupten, dass die Appositionsforschung sich zumindest<br />
zeitweise als fruchtbringend erwiesen hat und ihre Ergebnisse entsprechend<br />
rezipiert worden sind; von einem Konsens hinsichtlich des<br />
Begriffes ‚Apposition‘ kann dennoch keine Rede sein. Der „Dschungel“<br />
(Schindler 1990, 3) der Apposition mag sich an mancher Stelle gelichtet<br />
haben, wirklich durchforstet ist er nicht. Sowohl intensional wie extensional,<br />
also im Hinblick darauf, wie der Begriff ‚Apposition‘ inhaltlich zu<br />
füllen ist bzw. welche grammatischen Phänomene unter den Begriff<br />
fallen, differieren die Beschreibungsansätze zur Apposition und widersprechen<br />
sich teilweise gar. Schon die Frage, ob „appositionsverdächtige<br />
Einheiten“ (Schindler 1990) wie die folgenden Nominalgruppen<br />
(1-1) der Entertainer Faustão<br />
(1-2) Gerhard Omeis, Geschäftsführer der Münchner Augustinerbrauerei,<br />
Der Spiegel 39(1999), 149 bzw. 188<br />
tatsächlich als Appositionen zu bezeichnen sind, wird – abhängig von den<br />
dem Begriff ‚Apposition‘ zugrunde gelegten Kriterien – unterschiedlich<br />
2<br />
Die der in der jüngeren Dudenausgabe ausgeführten „feineren Klassifikation“<br />
zugrunde liegenden Beiträge werden explizit genannt (vgl. Duden 1998, 673).
Einführende terminologische Festlegungen 11<br />
beurteilt. 3 Unklarheiten bestehen jedoch nicht über Intension und Extension<br />
des Begriffs ‚Apposition‘; unklar ist teilweise bereits, ob ‚Apposition‘<br />
als Relationsbegriff, der Beziehungen zwischen bestimmten sprachlichen<br />
Entitäten beschreibt, oder als Kategorienbegriff, als Mengenbegriff also,<br />
aufzufassen ist. 4 Wie bei anderen zentralen Begriffen der Grammatik liegt<br />
auch zum Begriff der Apposition eine Vielzahl von Beschreibungsansätzen<br />
unterschiedlichen explanatorischen Potentials vor, ein konsensfähiges<br />
Konzept jedoch steht aus.<br />
Gleichwohl weisen die einzelnen Ansätze Übereinstimmungen auf,<br />
die als Ausgangspunkt für Untersuchungen zur Apposition herangezogen<br />
werden können. So besteht, sieht man vom Ansatz der kategorialen<br />
Beschreibung des Begriffs ‚Apposition‘ ab, Einigkeit zumindest in der<br />
Annahme, eine Apposition bestehe aus zwei Elementen, einem Bezugselement<br />
und einem zu diesem Bezugselement in Relation stehenden weiteren<br />
Element.<br />
Ich möchte mir diese Einigkeit zunutze machen, um in die in dieser<br />
Arbeit verwendete Terminologie einzuführen. Die nachfolgenden Anmerkungen<br />
dienen lediglich einer ersten terminologischen Orientierung<br />
und sind als vorläufig aufzufassen, eine nähere Begriffsbestimmung wird<br />
sich in der Besprechung der Forschung ergeben. In Anlehnung an Raabe<br />
(1979) und Schindler (1990) lässt sich folgendes Appositionsmodell (der<br />
lockeren Apposition) entwerfen: 5<br />
3<br />
Um nur wenige Beispiele zu nennen: Während Schwyzer (1-1) noch als die „Apposition<br />
im gewöhnlichen Sinne“ (Schwyzer 1946, 3) bezeichnet, scheidet Schindler<br />
(1990, 120-135) die Konstruktion als Attribut aus dem Bereich der Apposition aus,<br />
(1-2) hingegen gilt ihm als „Prototyp“ der Apposition. Ähnlich fällt die Entscheidung<br />
bei Engel (1986, 192) aus. Molitor (1979, 222f.) wiederum ordnet (1-1) als enge<br />
Apposition dem Bereich der Apposition zu.<br />
4<br />
Vgl. zur Unterscheidung von Kategorien- sowie Relationsbegriff Eisenberg (1994,<br />
Kap. 2 „Grundbegriffe“). Zum Problem der unterschiedlichen Auffassungen von<br />
‚Apposition’ vgl. Schindler (1990, 47-54). Als kategorialen Begriff versteht beispielsweise<br />
Schwyzer (1946, 13) die Apposition. Die jüngeren Arbeiten behandeln die<br />
Apposition stets als relationalen Begriff.<br />
5<br />
Die in dieser Arbeit verwendeten Belege stammen, wenn nicht anders angegeben,<br />
aus einer Recherche der vom Institut für deutsche Sprache in Mannheim zugänglich<br />
gemachten Korpora des Cosmas. Hinsichtlich der Orthographie erfolgt selbstverständlich<br />
keine Veränderung der Belege. Die Belege werden durch die Siglen der zu<br />
Grunde gelegten Korpora sowie die Angabe der Textquellen nachgewiesen.
12<br />
Einleitung<br />
(1-3) Da faßt das Gerippte noch 0,3 Liter, bekanntlich das Idealmaß für den<br />
wahren, echten Schoppen.<br />
R98/SEP.71192 Frankfurter Rundschau, 05.09.1998, S. 24,<br />
Ressort: N; Der "Knoche" in Massenheim<br />
Appositionskonstruktion<br />
Basis<br />
<strong>Appositiv</strong><br />
Appositionsrelation<br />
Da faßt das Gerippte noch 0,3 Liter, bekanntlich das Idealmaß für den wahren, echten Schoppen.<br />
Trägersatz<br />
Erweiterungsausdruck<br />
<strong>Appositiv</strong><br />
Der Graphik entsprechend – und in der Terminologie Raabes – bezeichne<br />
ich das Gesamtkonstrukt aus Basis und <strong>Appositiv</strong> als Apposition. <strong>Das</strong><br />
<strong>Appositiv</strong> ist eingebettet in den Trägersatz; die Basis ist Teil des Trägersatzes.<br />
6 Den Begriff ‚Apposition‘ verstehe ich als relationalen Begriff, der<br />
die Beziehung zwischen dem <strong>Appositiv</strong> und der Basis beschreibt, wobei<br />
der Status von <strong>Appositiv</strong> und Basis im Satz näher zu klären sein wird. Die<br />
Frage danach, wie die Appositionsrelation zu beschreiben ist, gehört zu<br />
6<br />
Ich verwende Raabes Ausdruck „Trägersatz“ zur Bezeichnung des Satzes, der das<br />
<strong>Appositiv</strong> enthält (vgl. Raabe 1979, 20f.), und meide damit zunächst Schindlers<br />
Unterscheidung von Minimalsatz, Elementarsatz, Gastsatz und Hospitanten (zur<br />
ausführlichen Diskussion vgl. das Kapitel „Der Ansatz Schindlers“). Der Terminus<br />
„Trägersatz“ ist als merkmalsärmer einzustufen, da er – im Gegensatz zu Schindlers<br />
Begrifflichkeiten – zunächst nur auf die Enthaltenseins-Relation abzielt und keine<br />
valenztheoretischen Annahmen einschließt. Der Trägersatz ist nicht zu verwechseln<br />
mit dem von Schindler so bezeichneten „Gastsatz“, also dem „Elementarsatz, wenn<br />
er Gäste enthält“ (Schindler 1990, 69f.), der sowohl den Trägersatz im Sinne Raabes<br />
als auch die über den Elementarsatz hinausgehenden Erweiterungen enthält. Zum<br />
Begriff ‚Basis’ sei bemerkt, dass er das Bezugselement nicht nur des <strong>Appositiv</strong>s,<br />
sondern auch das Bezugselement anderer nachgestellter Zusätze bezeichnen kann<br />
(vgl. Kap. 2.4).
Einführende terminologische Festlegungen 13<br />
den zentralen Streitpunkten der Appositionsforschung; im Verlaufe der<br />
Arbeit wird eine nähere Eingrenzung zu liefern sein.<br />
Eine weitere Vorklärung ist hinsichtlich des Begriffspaars ‚enge/<br />
lockere (auch: lose) Apposition‘ vorzunehmen. Lange Zeit wurde in der<br />
Forschung zwischen der lockeren Apposition, wie sie in (1-3) dargestellt<br />
ist, und der engen Apposition vom Typ (1-1) der Entertainer Faustão<br />
unterschieden. In dieser Arbeit hingegen wird unter Apposition stets die<br />
lockere Apposition verstanden; die als enge Appositionen bezeichneten<br />
Syntagmen fallen hier demnach nicht unter den Begriff ‚Apposition‘. Zum<br />
Terminus enge Apposition sei daher im Vorgriff angemerkt, dass er hier<br />
nur unter Vorbehalt verwendet wird. Mit Raabe (1979), Schindler (1990)<br />
und Lawrenz (1993) ist festzustellen, dass enge Appositionen sich in zu<br />
vielen Aspekten vom lockeren Typus unterscheiden, als dass es sinnvoll<br />
erschiene, diese beiden Konstruktionsarten unter einem gemeinsamen<br />
Oberbegriff zu fassen. Wie darzustellen sein wird, lassen sich Syntagmen,<br />
die üblicherweise als enge Appositionen bezeichnet werden, syntaktisch<br />
und semantisch adäquater als Attribute beschreiben. 7<br />
Diese Auffassung konvergiert mit der Beobachtung, dass eine enge<br />
Apposition im Gegensatz zu einer lockeren Apposition wie in (1-3) an<br />
keiner Position um ein Lexem wie übrigens erweitert werden kann: 8<br />
(1-4a) *Übrigens der Entertainer Faustão würzt sein Sonntagnachmittagsprogramm<br />
mit einem „Erotik-Sushi“, bei dem nackte Frauen als<br />
lebendes Tablett dienen.<br />
(1-4b) *Der übrigens Entertainer Faustão [...]<br />
(1-4c) *Der Entertainer übrigens Faustão [...]<br />
nach Der Spiegel 39(1999), 149<br />
Falls die im Folgenden vertretene These zutrifft, dass ein wesentliches<br />
Merkmal von Appositionen darin besteht, dass <strong>Appositiv</strong>e Ausdrücke<br />
wie übrigens enthalten können, so rücken enge Appositionen auch aus<br />
dem Grund zumindest an die Peripherie des Appositionsbegriffs, weil sie<br />
eine solche Erweiterungsmöglichkeit nicht besitzen. <strong>Das</strong> operationale<br />
Verfahren der Erweiterung eines <strong>Appositiv</strong>s um einen Erweiterungsausdruck<br />
verweist auf den grundlegenderen Sachverhalt, dass lockeren Appositionen<br />
eine pragmatische Qualität zukommt, die enge Appositionen<br />
7<br />
Vgl. dazu die Darstellung der Forschungsergebnisse im nachfolgenden Kap. 2.<br />
8<br />
Dies gilt für alle gewöhnlich als enge Appositionen bezeichneten Konstruktionen;<br />
wir können zunächst als enge Appositionen diejenigen Typen verstehen, die ohne<br />
Einschaltungsmuster realisiert werden (im schriftsprachlichen Bereich also solche<br />
Syntagmen ohne Kommaabtrennung, Klammerung oder Gedankenstriche).
14<br />
Einleitung<br />
nicht besitzen: Wie sich zeigen wird, sind lockere Appositionen im Gegensatz<br />
zu engen Appositionen mit gewissen Einschränkungen äußerungswertig.<br />
Der unter diesen Perspektiven problematische Terminus der engen<br />
Apposition wird hier dennoch verwendet, und dies geschieht zum einen<br />
aus der Notwendigkeit, ältere Forschungsergebnisse in ihrer Terminologie<br />
adäquat darzustellen, zum anderen unter Rücksicht darauf, dass auch<br />
in jüngeren Veröffentlichungen noch von enger Apposition die Rede ist. 9<br />
Verstanden werden sollte unter engen Appositionen im Gegensatz zur<br />
lockeren Apposition jedoch stets eine Form der Attribuierung.<br />
1.2.2 Erweiterung und Erweiterungsausdruck<br />
(1-3) exemplifiziert das Phänomen, dass bestimmte Appositve Lexeme<br />
wie übrigens oder bekanntlich enthalten können. <strong>Das</strong> genannte Phänomen,<br />
also die Gesamtkonstruktion aus Basis und <strong>Appositiv</strong> mit einem solchen<br />
Ausdruck, bezeichne ich als „<strong>erweiterte</strong> Apposition“, das um Ausdrücke<br />
wie übrigens und bekanntlich <strong>erweiterte</strong> <strong>Appositiv</strong> werde ich „<strong>erweiterte</strong>s<br />
<strong>Appositiv</strong>“ nennen.<br />
9<br />
Als Beispiel dafür, dass die Gegenüberstellung von enger und lockerer Apposition<br />
in der Grammatikschreibung weiterhin eine Rolle spielt und dabei mit Problemen zu<br />
kämpfen hat, kann das Grammatische Kompendium Wilfried Kürschners herangezogen<br />
werden. Erklärtermaßen an der traditionellen und Schulgrammatik orientiert,<br />
enthält das Kompendium das Begriffspaar auch in der vierten überarbeiteten<br />
Fassung aus dem Jahr 2003. Kürschner verfolgt offensichtlich die Strategie, auch die<br />
lockere Apposition dem Bereich der Attribute zuzuschlagen: „Apposition: Attribut<br />
in einer Nominalphrase, das sich auf dasselbe Denotat = auf dasselbe außersprachliche<br />
Gemeinte wie sein Nukleus = sein Bezugswort bezieht und (meist) in<br />
Kasus und Numerus mit diesem übereinstimmt. Es wird unterschieden zwischen<br />
ENGER und LOCKERER APPOSITION. Enge Appositionen können nicht durch eine<br />
Sprechpause (bzw. Komma in geschriebener Sprache) vom Bezugswort getrennt<br />
werden. […] Lockere Appositionen werden nachgestellt und können durch eine<br />
Sprechpause (bzw. Komma) vom Bezugswort getrennt werden“ (Kürschner 2003,<br />
196). An späterer Stelle heißt es: „Auf den Fachausdruck ‚Apposition’ [Beisatz/<br />
Zusatz] wird verzichtet, weil es sich dabei nur um eine von vielen Formen des<br />
Attributs handelt.“ (ebd. 263, Anm. 17) Folgerichtig findet sich in der Kurzübersicht<br />
am Anfang des Abschnittes „Phrasenteile“ (ebd. 191) keine eigene Kategorie<br />
Apposition. Interessanterweise widerspricht dieser Grafik die anschließende<br />
ausführliche Darstellung der Phrasenteile, in der die Apposition und das appositive<br />
Attribut trotz gegenläufiger Definition dem Attribut nicht unter-, sondern<br />
nebengeordnet wird. Diese Unstimmigkeit ist dadurch zu erklären, dass die enge<br />
Apposition als Attribut, die lockere Apposition jedoch als Phrasenteil eigener Art zu<br />
betrachten ist.
Einführende terminologische Festlegungen 15<br />
Die erste Abhandlung, die dieses Phänomen explizit in die Definition<br />
des Begriffs ‚Apposition‘ aufnimmt, stellt Sophers Beitrag Apposition aus<br />
dem Jahr 1971 dar (Sopher 1971). Noch bevor der Begriff des ‚Erweiterungsausdrucks‘<br />
– wie ich eine Erscheinung wie das bekanntlich in (1-3)<br />
nennen möchte – näher eingegrenzt wird, lässt sich bereits feststellen,<br />
dass <strong>Appositiv</strong>en und verwandten Konstruktionen die Eigenschaft zugeschrieben<br />
wird, dass in ihnen bestimmte Lexeme gehäuft auftreten, teilweise<br />
sogar auftreten müssen. 10 Schindler führt für diese Elemente den<br />
Terminus „Funktionslexem“ (Fl) ein und begründet dies damit, dass die<br />
entsprechenden Lexeme die Funktion ausüben, die semantische Relation<br />
zwischen Basis und <strong>Appositiv</strong> auszudrücken (Schindler 1990, 35f.). In der<br />
Forschung werden solche Erweiterungsausdrücke des <strong>Appositiv</strong>s<br />
konkurrierend mit den Termini „Appositionslexem“ bzw. „Appositionsmarkierer“<br />
und „-indikator“ (Raabe 1979, 50), sowie „sprecherpräsentischer<br />
Zusatz“ (Engel 1994, 280) bezeichnet; es ist zu beachten, dass mit<br />
diesen Termini auf verschiedene Beschreibungsebenen abgehoben wird.<br />
Der von Schindler geprägte Terminus „Funktionslexem“ wird in dieser<br />
Arbeit nicht verwendet. Im Gegensatz zu Schindler möchte ich den Terminus<br />
„Erweiterungsausdruck“ einführen, der sich durch drei Modifikationen<br />
vom Funktionslexem Schindlers unterscheidet. Zunächst ist zu<br />
berücksichtigen, dass auch mehrgliedrige Ausdrücke das <strong>Appositiv</strong><br />
erweitern können. Schindler selbst führt in seiner Aufstellung der Funktionslexeme<br />
Ausdrücke wie ich meine, in erster Linie, m.a.W, nicht so sehr<br />
oder präziser (gesagt) an (Schindler 1990, 237-249). Die erste Modifikation<br />
trägt somit der Tatsache Rechnung, dass sich komplexe Ausdrücke einer<br />
Beschreibung als Lexem – zumindest im Sinne des Einwortlexems –<br />
widersetzen. Die zweite Modifikation betrifft das, was bei Schindler unter<br />
der Funktion des Funktionslexems verstanden wird. Anders als Schindler<br />
werde ich die Erweiterungsausdrücke nicht nur im Hinblick auf die Indikation<br />
der semantischen Relation zwischen <strong>Appositiv</strong> und Basis untersuchen.<br />
Wie sich herausstellen wird, erfüllen die Erweiterungsausdrücke<br />
in <strong>Appositiv</strong>en eine ganze Reihe von Funktionen, die sich mit der von<br />
Schindler angebotenen Beschreibungsweise des semantischen Verhältnis-<br />
10<br />
Quirk/Greenbaum (1973, 282) stellen für das Englische fest, dass bei bestimmten<br />
semantischen Relationen zwischen der Basis und dem <strong>Appositiv</strong> Funktionslexeme<br />
gesetzt werden müssen. Genannt werden die beiden Relationen der Inklusion,<br />
erstens die Exemplifizierung (etwa <strong>Appositiv</strong>e mit for example) und zweitens die<br />
Partikularisierung (<strong>Appositiv</strong>e mit especially und particularly). Konstruktionen dieser<br />
Art werden hier im Anschluss an Schindler (1990) aus dem Bereich der der<br />
prototypischen Apposition ausgegliedert. Vgl. dazu Kap. 3.1.
Einführende terminologische Festlegungen 17<br />
für das Französische d’ailleurs an. Wenngleich diesen Lexemen hoher<br />
diakritischer Wert in der Appositionsbeschreibung eingeräumt wird,<br />
werden die Zusammenstellungen in Frage kommender Ausdrücke von<br />
den Autoren selbst als vorläufig und offen betrachtet (Schindler 1990,<br />
235). Zudem erfolgte bislang weder eine befriedigende Begründung der<br />
Zusammenstellung solcher Erweiterungsausdrücke noch eine Systematisierung<br />
nach bestimmbaren Kriterien.<br />
Die Tatsache, dass bislang nur als unvollständig gekennzeichnete Aufstellungen<br />
über Erweiterungsausdrücke existieren, ist jedoch nicht ausschließlich<br />
auf Forschungsdesiderate zurückzuführen. Vielmehr ist eine<br />
solche Liste von Ausdrücken, die ein <strong>Appositiv</strong> erweitern können, prinzipiell<br />
nicht abschließbar. Die Gründe dafür hängen mit den Erweiterungsausdrücken<br />
selbst zusammen. So treten als Erweiterungsausdrücke in<br />
<strong>Appositiv</strong>en neben anderen auch solche Ausdrücke auf, die mit Hagemann<br />
(1997) als „Diktumscharakterisierungen“ bezeichnet werden können.<br />
Für diese Ausdrücke gilt: „Der Sprecher nimmt explizit Bezug auf<br />
das von ihm (gegenwärtig) selbst Gesagte.“ (Hagemann 1997, 35) Bereits<br />
Schindler deutet die Relevanz dieser Ausdrücke in Appositionszusammenhängen<br />
an; er nennt als Muster u. a. linguistisch gesprochen und<br />
überspitzt formuliert (Schindler 1990, 235) – schon diese verba dicendi-<br />
Kombinationen lassen erahnen, dass es sich bei den Erweiterungsausdrücken<br />
nicht um eine geschlossene Menge von Ausdrücken handelt.<br />
Betrachtet man ferner die bei Hagemann (1997, 197-201) gebotene Auflistung<br />
der in Frage kommenden Ausdrücke, so fällt auf, dass noch<br />
wesentlich komplexere Zusammensetzungen bis hin zum Satzformat als<br />
Diktumscharakterisierungen fungieren können (etwa um es mit den Worten<br />
des Dichters zu sagen oder ich will es einmal hyperkorrekt formulieren). <strong>Das</strong> hat<br />
zur Folge, dass die Menge der Erweiterungsausdrücke schon deshalb als<br />
offen gelten muss, weil in ihr die dem Prinzip der Rekursivität gemäß<br />
offene Menge der diktumscharakterisierenden Ausdrücke enthalten ist.<br />
Neben den diktumcharakterisierenden Ausdrücken treten in <strong>Appositiv</strong>en<br />
(bzw. ihnen verwandten Konstruktionen) zudem gehäuft Vertreter<br />
der Wortart Adverb auf, eine weitere Menge von Ausdrücken, die als<br />
nicht geschlossen bezeichnet werden muss. Obwohl diese Gruppe nur<br />
mehrere Hundert Einheiten umfasst, also eine vergleichsweise kleine<br />
schlossen, etwa, ferner, genauer, hauptsächlich, ich meine, in erster Linie, insbesondere, ja,<br />
konkret, korrekt(er), (zu)meist, m. a. W., namentlich, nämlich, nein, nicht so sehr, nochmals,<br />
obendrein, oder besser, präziser (gesagt), so auch, und zwar, überdies, überhaupt,<br />
überwiegend, übrigens, unter anderem, vielmehr, vor allem, vornehmlich, weniger, wie auch,<br />
zudem.