Die Seminararbeit als PDF lesen - Benjamin Rudolf
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auf das ganze Phänomen samt Ursache ausgeweitet oder es wird darin nicht unterschieden. Da<br />
bei allen Theorien die Haupteigenschaft des Phänomens in diesen drei Momenten eine<br />
bezugspunktlose Relativierung der alltäglichen Maßstäbe ist und eine Relativierung ohne<br />
absolutes Maß einer stetigen, niem<strong>als</strong> endenden Verweisung unterliegt, nennen wir zu<br />
Unterscheidungszwecken das Phänomen ab hier das „π-Phänomen“. <strong>Die</strong> ersten drei<br />
Momente, wie das Auffinden in der Welt, der Bestimmungsversuch durch den Verstand und<br />
die negative Empfindung auf Grund des Verlustes unserer Maßstäbe, alle drei beziehen sich<br />
auf das Phänomen dieser Grenzerfahrung unseres Erkenntnisvermögens. Hierin ist noch<br />
nichts Erhabenes.<br />
Erst im vierten Moment, der die Veränderung im Betrachter beschreibt, kann etwas<br />
Erhabenheitsähnliches entstehen. Es soll kurz erläutert werden, weshalb diese Erfahrungen<br />
durchaus variieren können. Der übliche Wahrnehmungsprozess einer Apperzeption, wie z.B.<br />
Stuhl, kann hier seine vom Subjekt ausgehende Bestimmungszuweisung nicht vollziehen. Es<br />
bleibt <strong>als</strong> Art der Anschauung <strong>als</strong>o nur die Möglichkeit einer fragenden Betrachtung. Was ist<br />
das Wesen einer fragenden Betrachtung? Dadurch, dass eine Frage im Gegensatz zu einer<br />
Bestimmung keine Eigenschaften aus dem Objekt entnehmen kann, überwiegt die<br />
Konnotation der Frage die Betrachtung und das Objekt erhält seine Bestimmung im Rahmen<br />
des durch die Frage erschaffenen Feldes. Somit liegt in einem formlosen bzw. unbestimmten<br />
Objekt oder Phänomen zumindest schon ein durch die Frage aufgespanntes Rahmenkriterium.<br />
Aus diesem Fragecharakter lässt sich auch die dem „π-Phänomen“ anhaftende Dynamik<br />
erschließen. Eine Frage kann nicht verneinen oder feststehen, sie erzeugt immer Bewegung<br />
nach vorne.<br />
Worin liegt aber nun der elementare Unterschied der Betrachtungen von Lyotard, Welsch und<br />
Seel zu der von Kant? Wie lässt sich die Behauptung rechtfertigen, dass die ersten drei im<br />
Gegensatz zu Kant nicht das Erhabene beschreiben? <strong>Die</strong>ser Schluss mag in Anbetracht<br />
dessen, dass wir die nachkantischen Theorien hier nur kurz angeschnitten haben, etwas<br />
voreilig erscheinen, wird aber dadurch gültig nachvollziehbar, dass wir den Grund dazu schon<br />
in der Vorraussetzung der Metaphysikbewältigung aufzeigen. Alle drei Philosophen<br />
versuchen das Erhabene ohne den Schritt ins Metaphysische zu beschreiben. <strong>Die</strong>se<br />
Herangehensweise ist mit dem Wesen des Erhabenen allerdings inkommensurabel.<br />
Schließlich verweist schon das Wort „erhaben“ auf einen Emergenzcharakter des<br />
Entstehungsprozesses. Das aus Unverhältnismäßigkeit von Erkenntnis und Welt<br />
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