Inhaltsverzeichnis 1 Einleitung 1 2 Was ist Sabotage? 1 2.1 ... - DESA
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<strong>Inhaltsverzeichnis</strong><br />
1 <strong>Einleitung</strong> 1<br />
2 <strong>Was</strong> <strong>ist</strong> <strong>Sabotage</strong>? 1<br />
<strong>2.1</strong> Begriffsdefinitionen 2<br />
2.2 Einordnung in den Kontext des Organizational Misbehaviour 3<br />
2.3 Konsequenzen 3<br />
3 In welcher Art und warum gibt es <strong>Sabotage</strong>? 4<br />
3.1 Erscheinungsformen 4<br />
3.2 Erklärungsansätze 6<br />
3.<strong>2.1</strong> Entwicklung zum Täter vor Beginn des Beschäftigungsverhältnisses<br />
6<br />
3.2.2 Lerntheoretischer Ansatz 7<br />
3.2.3 Schädigung als Reaktion auf eine (gefühlte) Benachteiligung 8<br />
3.2.4 Schädigung als Symptom eskalierender Konflikte 8<br />
3.2.5 Weiterer Erklärungsansatz: <strong>Sabotage</strong>stile nach<br />
Analoui & Kakabadse (1994) 9<br />
3.2.6 Zusammenfassung der Erklärungsansätze 10<br />
3.3 Praxisbeispiele 10<br />
4 Präventionsmaßnahmen 11<br />
4.1 Sanktionen 12<br />
4.2 Personalauswahl 12<br />
4.3 Überwachung und Kontrolle 13<br />
4.4 Gemeinsame Werte innerhalb der Organisation 13<br />
4.5 Partizipatorische Ideen 14<br />
4.6 Zusammenfassung der Präventionsmaßnahmen 14<br />
5 Fazit 15<br />
Literaturverzeichnis 16<br />
Anhang
1 <strong>Einleitung</strong><br />
<strong>Sabotage</strong> von Mitarbeitern <strong>ist</strong> ein Thema, das immer wieder in der Realität vorkommt,<br />
über das aber oft von Seiten der betroffenen, sabotierten Unternehmen geschwiegen<br />
wird.<br />
So konnte ich keinerlei Zahlen für Deutschland finden, die sich auf <strong>Sabotage</strong> beziehen,<br />
weder über die Häufigkeit aufgetretener Fälle noch über die Höhe der aus <strong>Sabotage</strong><br />
entstandenen Kosten. Dass aber Kosten für Unternehmen entstehen, belegen<br />
die (auch hier wenigen) dokumentierten Daten aus den USA, die Schäden in Milliardenhöhe<br />
aufzeigen.<br />
Um <strong>Sabotage</strong> etwas näher zu beleuchten, soll in dieser Arbeit zunächst geklärt werden,<br />
was allgemein unter <strong>Sabotage</strong> zu verstehen <strong>ist</strong>, dann der Rahmen Organizational<br />
Misbehaviour (vgl. Ackroyd & Thompson 1999) abgesteckt und anschließend erklärt<br />
werden, warum <strong>Sabotage</strong> als Misbehaviour zu bezeichnen <strong>ist</strong>. Um <strong>Sabotage</strong> verstehen<br />
zu können, <strong>ist</strong> es wichtig, die verschiedenen möglichen Erscheinungsformen und<br />
natürlich auch die Gründe, die einen Mitarbeiter zum Saboteur werden lassen, miteinzubeziehen.<br />
Abschließend sollen noch Präventionsmaßnahmen, die auf unterschiedlichen Wegen<br />
<strong>Sabotage</strong> weitestgehend zu verhindern versuchen, dargestellt werden.<br />
Ich beziehe mich in meiner Arbeit zu großen Teilen auf Berndsen (1997), Giacalone<br />
(1997) und Analoui & Kakabadse (1994), die in ihren Analysen auf die unterschiedlichen<br />
Formen von <strong>Sabotage</strong> eingehen. Einige Informationen aus der Praxis wurden<br />
mir freundlicherweise von der Detektei <strong>DESA</strong> Investigation & Risk Protection in Berlin<br />
zur Verfügung gestellt.<br />
Der Einfachheit halber spreche ich in der folgenden Arbeit in der männlichen Form,<br />
was aber nicht heißen soll, dass Frauen keine <strong>Sabotage</strong>akte begehen würden.<br />
Die Begriffe Organisation, Betrieb, Unternehmen und Unternehmung werden als<br />
Synonyme behandelt.<br />
2 <strong>Was</strong> <strong>ist</strong> <strong>Sabotage</strong>?<br />
In diesem Kapitel soll einführend geklärt werden, was unter den Begriff der <strong>Sabotage</strong><br />
fällt, wie es in den Rahmen des Organizational Misbehavior passt und was <strong>Sabotage</strong> für<br />
Konsequenzen nach sich ziehen kann.<br />
1
<strong>2.1</strong> Begriffsdefinitionen<br />
Im Duden wird <strong>Sabotage</strong> als „vorsätzliche Schädigung oder Zerstörung von wirtschaftlichen<br />
Einrichtungen“ (2001, 830) bezeichnet.<br />
Eine ähnliche Definition findet sich in der Brockhaus Enzyklopädie, wo <strong>Sabotage</strong> als<br />
„bewußte [sic!] Beeinträchtigung von [...] Produktionsabläufen, z.B. durch (passiven)<br />
Widerstand oder Zerstörung wichtiger Anlagen und Einrichtungen“ (1992, Bd. 19,<br />
30) beschrieben wird.<br />
In Anlehnung an Giacalone et al. (1997) und Berndsen (1997) fasse ich in dieser Arbeit<br />
<strong>Sabotage</strong> als eine absichtliche Handlung eines Mitarbeiters einer Organisation<br />
auf, die darauf ausgerichtet <strong>ist</strong>, letzterer zu schaden. Ein Schaden für eine Organisation<br />
<strong>ist</strong> durch die Verringerung des Vermögens gekennzeichnet, wobei nicht nur das<br />
aktuelle Eigentum an Sachen und Rechten zum Vermögen zählt, sondern zum einen<br />
auch Informationen über Märkte oder Produktentwicklungen, zum anderen das Ansehen<br />
bei Kunden und Lieferanten (vgl. Berndsen 1997).<br />
Es <strong>ist</strong> also nicht als <strong>Sabotage</strong> zu bezeichnen, wenn einzelne Personen oder Gruppen<br />
aus politischen Motiven (z.B. aus Protest für eine umweltverträglichere Produktion<br />
oder artgerechte Haltung von Tieren) Unternehmen Schaden zufügen, da dieser Akt<br />
hier von Personen außerhalb des Unternehmens begangen wird (vgl. Giacalone et al.<br />
1997). Caudron (1995) legt dar, dass entgegen der häufigen Annahme, dass Schädigungen<br />
von entlassenen - also ehemaligen - Mitarbeitern getätigt werden, die Täter<br />
vielmehr aus dem Inneren der Organisation kommen. Nach außen verhalten sich<br />
Mitarbeiter oft konform und erfüllen ihre Arbeit sogar gut, gleichzeitig aber sabotieren<br />
sie das Unternehmen, um sich selbst möglicherweise für eine entgangene Beförderung<br />
oder Gehaltserhöhung zu entschädigen.<br />
Nach Berndsens Definition kann man bei einem aufgetretenen Schadensfall nur dann<br />
„von einer bewußten [sic!] und beabsichtigten Schädigung durch einen Mitarbeiter“<br />
(1997, 9) für das Unternehmen sprechen, wenn dieser die Ursache für den Schaden<br />
<strong>ist</strong>, wenn er sich dieser Verursachung bewusst <strong>ist</strong> und wenn er diesen Schaden absichtlich<br />
verursacht hat. Unter den Begriff des Schadens, wie ihn Berndsen verwendet,<br />
fallen neben der <strong>Sabotage</strong>, die hier im Vordergrund stehen soll, allerdings auch<br />
andere Delikte, wie beispielsweise Diebstahl und die Weitergabe von Betriebsinterna.<br />
Alle genannten Beispiele führen direkt oder indirekt zu einer Vermögensreduktion<br />
im Unternehmen, so dass sie Berndsens Definition entsprechen. <strong>Sabotage</strong>akte werden<br />
von ihm abgrenzend als „Zerstörung von Vermögensgegenständen der Unter-<br />
2
nehmung“ (ebd., 43) und „bewußte [sic!] Störungen betrieblicher Abläufe“ (ebd., 43)<br />
beschrieben.<br />
Unter der Annahme, dass <strong>Sabotage</strong> zume<strong>ist</strong> aus Konflikten durch das Aufeinandertreffen<br />
unterschiedlicher Interessen entsteht, bezeichnen Analoui & Kakabadse <strong>Sabotage</strong><br />
als „wichtigen Index des zugrunde liegenden Interessenkonfliktes“ (1994, 2).<br />
<strong>Sabotage</strong>, wie ich sie hier in dieser Arbeit verstehe, findet sich in dieser Form nicht<br />
wörtlich im Strafgesetzbuch (StGB) wieder. Allerdings gibt es einige Straftaten, die<br />
unter den Begriff der <strong>Sabotage</strong> fallen können und die gemäß dem StGB strafbar sind.<br />
Hierzu gehören vor allem die Sachbeschädigung (§ 303 StGB), Datenveränderung (§<br />
303a StGB), Computersabotage (§ 303b StGB), das Zerstören von Bauwerken (§ 305<br />
StGB) und die Zerstörung wichtiger Arbeitsmittel (§ 305a StGB).<br />
2.2 Einordnung in den Kontext des Organizational Misbehaviour<br />
Da diese Arbeit im Rahmen des Organizational Misbehaviour erstellt wird, soll hier eine<br />
kurze Erläuterung darüber gegeben werden, was man überhaupt unter Misbehaviour –<br />
also dem Fehlverhalten – versteht, und inwiefern <strong>Sabotage</strong> in dieses Thema einzugliedern<br />
<strong>ist</strong>. Oft <strong>ist</strong> anstelle von Fehlverhalten auch von abweichendem Verhalten<br />
die Rede. Darunter verstehen Robinson & Bennett: „Employee deviance is defined<br />
here as voluntary behavior that violates significant organizational norms and in so<br />
doing threatens the well-being of an organization, its members, or both.” (1995, 556).<br />
Festzuhalten bleibt, dass es sich um absichtliches Verhalten handelt, das letztlich zu<br />
einem Schaden führt. Wichtig <strong>ist</strong> die erwähnte Normverletzung aus Sicht der Organisation.<br />
Das bedeutet, dass die Organisation die Normen definiert, innerhalb derer<br />
Verhalten als konform zu bezeichnen <strong>ist</strong>, während Verhaltensweisen außerhalb dieser<br />
Normen als abweichend gelten.<br />
Mit der Verwendung o. g. Definition von <strong>Sabotage</strong> als absichtliches Herbeiführen<br />
eines Schadens gegen die Organisation oder der Organisation angehörende Individuen<br />
<strong>ist</strong> hier <strong>Sabotage</strong> als Fehlverhalten im Sinne von Robinson & Bennett einzuordnen.<br />
2.3 Konsequenzen<br />
Unter dem Begriff der Konsequenzen von <strong>Sabotage</strong> verstehe ich hier weniger die<br />
rechtlichen Schritte von Seiten eines Unternehmens gegen einen Täter, sondern<br />
3
vielmehr die Wirkungen, die sich für ein Unternehmen ergeben können, wenn <strong>Sabotage</strong><br />
aufgetreten <strong>ist</strong>.<br />
Auf der einen Seite kann die Benennung eines Schadens als <strong>Sabotage</strong>akt zu Effekten<br />
im Bereich der Mitarbeiter, also innerhalb der Organisation, führen. So <strong>ist</strong> eine Absenkung<br />
der Arbeitsmoral der übrigen Mitarbeiter möglich, und es kann zu weiteren<br />
Delikten durch Nachahmung des vorausgegangenen Falls kommen (vgl. Giacalone et<br />
al. 1997).<br />
Auf der anderen Seite führt ein <strong>Sabotage</strong>akt fast immer zu finanziellen Schäden. Genaue<br />
Zahlen darüber, was <strong>Sabotage</strong> die Unternehmen kostet, liegen hier leider nicht<br />
vor, da viele Vergehen entweder unentdeckt bleiben oder nicht an die Öffentlichkeit<br />
transportiert werden. Laabs (1999) nennt die Gesamtkosten für Unternehmen in den<br />
USA bezogen auf Betrugsfälle durch Mitarbeiter im Allgemeinen in Höhe von $400<br />
Milliarden jährlich. Harris & Ogbonna (2006) schätzen die Kosten für die in den<br />
USA angesiedelten Firmen durch Mitarbeiter-<strong>Sabotage</strong> auf rund $200 Milliarden pro<br />
Jahr.<br />
Eine weitere durch die Publikation eines <strong>Sabotage</strong>akts negative Folge kann auch ein<br />
Reputationsschaden sein, der letztlich in einer Krise des Unternehmens, d.h. einem<br />
Nicht-Erreichen der gesteckten Ziele, gipfeln kann.<br />
3 In welcher Art und warum gibt es <strong>Sabotage</strong>?<br />
In diesem Kapitel sollen zunächst einige mögliche Erscheinungsformen vorgestellt<br />
werden, die etwas näher erklären, wie <strong>Sabotage</strong> überhaupt auftritt. Anschließend folgen<br />
dann verschieden Erklärungsansätze, die sich damit befassen, welche Gründe<br />
einen Mitarbeiter dazu bewegen, zu sabotieren.<br />
3.1 Erscheinungsformen<br />
Analoui & Kakabadse stellen zunächst den „Grad der Beteiligung“ und „die Art und<br />
Weise, wie <strong>Sabotage</strong> zum ‚Ausdruck’ kommen soll“ (1994, 3, Herv. i. O.) als zwei<br />
entscheidende Komponenten dar, die zur Entscheidung darüber beitragen, in welcher<br />
Form der <strong>Sabotage</strong>akt ausgeführt werden soll. Mit dem Grad der Beteiligung<br />
entscheidet sich, ob es sich beim Täter um ein Individuum oder um eine Gruppe<br />
handelt. Bezüglich der zweiten Komponente kann ein <strong>Sabotage</strong>akt entweder offen<br />
oder verdeckt durchgeführt werden, so dass sich nach diesem Schema durch Kombination<br />
der beiden Komponenten vier mögliche Stile ergeben, nämlich „1. individuell<br />
4
– offen; 2. individuell – verdeckt; 3. kollektiv – offen; 4. kollektiv – verdeckt“ (ebd.,<br />
4).<br />
Des Weiteren haben Analoui & Kakabadse (1994) die vielfältigen Formen der <strong>Sabotage</strong><br />
in drei Gruppen eingeteilt: „Zerstörung“, Untätigkeit“ und „Verschwendung“<br />
(ebd., 4). Zur Zerstörung gehören Beschädigung von Maschinen oder Produktionsanlagen.<br />
Unter dem Begriff der Untätigkeit verstehen die beiden Autoren das absichtliche<br />
Unterlassen von Hilfe bzw. das Nicht-Melden eines bereits ex<strong>ist</strong>ierenden kleinen<br />
Schadens, der durch diese Untätigkeit größer und damit teurer zu beheben sein<br />
wird. Verschwendung <strong>ist</strong> das Unbrauchbarmachen von Lebensmitteln, die dadurch<br />
entsorgt werden müssen.<br />
Giacalone & Rosenfeld haben 1987 in ihrem Test über Gründe von <strong>Sabotage</strong> einen<br />
Mitarbeiter, der kurz zuvor bei seinem Arbeitgeber gekündigt hatte, eine L<strong>ist</strong>e mit<br />
möglichen Erscheinungsformen aufstellen lassen und diese dann in die vier Kategorien<br />
Work Slowdowns, Destruction of machinery, premises or products, Dishonesty und Causing<br />
Chaos eingeteilt haben.<br />
Zu Work Slowdowns, also dem Verlangsamen des Arbeitstempos, kommt es beispielsweise<br />
durch das Herbeiführen von Stillstand oder das Aufschieben von Arbeit. Zum<br />
Bereich Destruction (Zerstörung) zählen die beiden Autoren u.a. das Zerschneiden von<br />
Kabeln an Maschinen. Unter Dishonesty (Unehrlichkeit) fallen z.B. das Verändern der<br />
Arbeitszeit in der Zeitabrechnung oder die Verrichtung von privaten Erledigungen<br />
am Arbeitsplatz. Causing Chaos, also das Verursachen von Chaos, kann beispielsweise<br />
das (vorsätzlich falsche) Auslösen von Feueralarm sein.<br />
Die anschließend im Test befragten Arbeiter sollten die aufgel<strong>ist</strong>eten möglichen Erscheinungsformen<br />
anhand einer Skala von 1 (überhaupt nicht gerechtfertigt) bis 7<br />
(absolut gerechtfertigt) bewerten. Bezüglich des Work Slowdowns ergab sich das Ausführen<br />
von Management-Anweisungen „to the letter“, also auf eine überwörtlich<br />
genommen Art als die am stärksten gerechtfertigte <strong>Sabotage</strong>form (Mittelwert = 4,26).<br />
Im Bereich Destruction empfanden die Befragten das Zerstören oder Verstecken von<br />
persönlichem oder arbeitsbezogenem Besitz des Vorgesetzten als am me<strong>ist</strong>en gerechtfertigt<br />
(1,76). Insgesamt <strong>ist</strong> aber dieser Bereich derjenige, den die Befragten am<br />
wenigsten gerechtfertigt finden. In der Kategorie Dishonesty wird das Verrichten von<br />
privaten Dingen am Arbeitsplatz am stärksten gerechtfertigt (3,71) und in der Kategorie<br />
Causing Chaos die Aufforderung an die Gewerkschaft, einzugreifen (4,68).<br />
5
3.2 Erklärungsansätze<br />
Grundlegende Unterscheidung zwischen den im Folgenden näher erläuterten verschiedenen<br />
Erklärungsansätzen <strong>ist</strong> der ‚Ort’ des Ursprungs der Motivation zum <strong>Sabotage</strong>akt:<br />
<strong>Sabotage</strong> durch einen dem Täter innewohnenden Auslöser vs. einen externen<br />
Auslöser. Da in dieser Arbeit die Mitarbeitersabotage behandelt wird, <strong>ist</strong> dieser<br />
externe Auslöser im Rahmen der Organisation, der der Mitarbeiter angehört, zu<br />
suchen.<br />
Eine Aufzählung an möglichen Gründen haben Giacalone & Rosenfeld (1987) in<br />
ihrem weiter oben bereits vorgestellten Test zusammenstellen lassen:<br />
1. Self-defense<br />
2. Revenge<br />
3. An eye for an eye<br />
4. Protect oneself from boss/company<br />
5. To protect friends of family from boss/company<br />
6. To protect one’s job<br />
7. The foreman/company deserved it<br />
8. The foreman/company hurt me previously<br />
9. No one was hurt by the action<br />
10. Release of frustrations<br />
11. Just for fun/laughs<br />
(ebd., 375)<br />
Nach dem gleichen Testverfahren wie o. g. ergab sich, dass der Schutz des eigenen<br />
Jobs (Punkt 6) und die Selbstwehr (1) als am stärksten gerechtfertig angesehen werden,<br />
während die Handlungsauslöser Frustration (10) oder einfach nur Amüsement<br />
(11) als gering gerechtfertigt beurteilt werden.<br />
3.<strong>2.1</strong> Entwicklung zum Täter vor Beginn des Beschäftigungsverhältnisses<br />
Ein Erklärungsansatz zur Motivation des <strong>Sabotage</strong>aktes geht davon aus, dass ein<br />
potentieller Täter schon vor seinem Einstieg in das Unternehmen zu erkennen sei.<br />
Während Giacalone et al. (1997) nur von einem biologischen Ansatz ausgehen, spaltet<br />
Berndsen (1997) diesen Ansatz noch etwas weiter auf. Wie Giacalone erwähnt er<br />
ein biologisches Erklärungsmodell, des Weiteren bezieht er aber noch die Einflüsse<br />
des persönlichen Umfelds des Täters mit ein. Der biologische Erklärungsansatz geht<br />
davon aus, dass kriminelles Verhalten angeboren sein kann (ebd.). Giacalone et al.<br />
6
(1997) sprechen in diesem Zusammenhang von der dunklen Seite des Menschen, die<br />
in jedem bereits vorhanden sei.<br />
In der Empirie der Kriminologie hat sich diese These allerdings weitestgehend nicht<br />
bestätigen können (vgl. Berndsen 1997).<br />
Mit dem Umfeld des Täters meint Berndsen (ebd.) Familie und Freunde, die – neben<br />
vielen positiven Effekten – unter bestimmten Voraussetzungen negativen Einfluss<br />
auf Menschen ausüben können. Hier <strong>ist</strong> vor allem der Einfluss auf Jugendliche gemeint.<br />
Kinder, die aus „sozial vorbelasteten“ (ebd., 63) Verhältnissen wie Familien<br />
mit einer erhöhten Gewaltbereitschaft stammen, haben auch im Erwachsenenalter<br />
ein erhöhtes Risiko zu abweichendem Verhalten. Auch der Einfluss von Freunden<br />
bezieht sich auf Jugendliche, die – bei auftretender Jugendkriminalität – oft in Freundesgruppen<br />
eingebunden sind.<br />
Bei beiden Ansätzen stellt sich allerdings die Frage, inwieweit sie <strong>Sabotage</strong> wirklich<br />
erklären können und ob ein Saboteur nicht vielmehr durch im Unternehmen entstandene<br />
Probleme motiviert wird.<br />
3.2.2 Lerntheoretischer Ansatz<br />
Zentrales Element des lerntheoretischen Ansatzes <strong>ist</strong> die Annahme, dass jeder im<br />
Laufe seines Lebens von anderen Menschen der unterschiedlichsten Verhaltenstypen<br />
umgeben <strong>ist</strong>, die ihn in ganz verschiedene Richtungen beeinflussen können (vgl.<br />
Berndsen 1997). Während Berndsen (ebd.) von einer Konditionierung zum Täter<br />
spricht, <strong>ist</strong> bei Giacalone et al. (1997) von einem verhaltensverstärkenden Ansatz die<br />
Rede. Beide haben gemeinsam, dass ein Verhalten – unabhängig davon, ob konform<br />
oder nicht – eher wiederholt wird, wenn es in irgendeiner Form durch Belohnung<br />
bzw. dem Ausbleiben von Sanktionierung verstärkt wird. Dabei <strong>ist</strong> es egal, ob das<br />
Verhalten von der ‚lernenden’ Person selbst ausgeführt wurde, oder ob sie ein bestimmtes<br />
Verhalten beobachtet hat und nachahmt. Anreize können hier, neben der<br />
bereits genannten Nicht-Bestrafung, eine Steigerung der Anerkennung oder der<br />
Selbstwertgefühle oder auch materielle Gewinne sein.<br />
Durch Aktivieren bestimmter verstärkender Reize sollte es nach dieser Theorie eigentlich<br />
möglich sein, abweichendes Verhalten zu vermeiden. Problematisch <strong>ist</strong> allerdings<br />
einerseits die Vielzahl und Vielfältigkeit von möglichen Anreizen, andererseits<br />
wirken auf jeden Menschen und in jedem Kontext verschiedene Verstärker (vgl.<br />
Berndsen 1997).<br />
7
3.2.3 <strong>Sabotage</strong> als Reaktion auf eine (gefühlte) Benachteiligung<br />
Im Gegensatz zu den bisher genannten Erklärungsmodellen, bei denen der Auslöser<br />
zum <strong>Sabotage</strong>akt aus dem Täter selbst heraus kam, muss man in diesem Ansatz die<br />
Organisation, der der Saboteur angehört, als auslösenden Faktor benennen. Wie weiter<br />
oben bereits erwähnt, bezeichnen Analoui & Kakabadse <strong>Sabotage</strong> als „wichtigen<br />
Index des zugrunde liegenden Interessenkonfliktes“ (1994, 2). Solche Interessenkonflikte<br />
können auf vielfältige Art zustande kommen; möglich sind hier Inhalte, Bedingungen<br />
oder Vergütung der Arbeit (vgl. Berndsen 1997).<br />
So beruhen die me<strong>ist</strong>en Erklärungsversuche auf der Annahme, dass der sabotierende<br />
Mitarbeiter durch unterschiedliche Gründe unzufrieden bezüglich seiner Arbeit bzw.<br />
seines Arbeitsplatzes <strong>ist</strong> (vgl. Laabs 1999, Analoui & Kakabadse 1994, Cauldron<br />
1995).<br />
Diese tatsächliche oder zumindest empfundene Benachteiligung (vgl. Laabs 1999)<br />
gliedert sich nach Berndsen (1997) noch weiter auf. <strong>Sabotage</strong> als „Gegenwehr“ (ebd.,<br />
99) kann ihre Ursache z.B. in einer Einschränkung der Handlungsfreiheit, in erhöhtem<br />
Stressempfinden oder verstärkte Frustration haben. Frustration kann beispielsweise<br />
entstehen, wenn (als verdient empfundene) Belohnungen zurückgehalten werden.<br />
<strong>Sabotage</strong> zur Gerechtigkeitsschaffung wird nochmals aufgesplittet in die Reaktion<br />
auf als ungerecht empfundene Entlohnung sowie Behandlung (ebd.). Subjektive<br />
Gerechtigkeit im Bereich der Entlohnung für eine Person liegt nach Berndsen dann<br />
vor, wenn das Verhältnis zwischen Aufwand und Belohnung bei anderen Personen<br />
von einem Dritten gleich bewertet wird (ebd.).<br />
Ungerechte Behandlung, me<strong>ist</strong> vom Vorgesetzten gegenüber dem Mitarbeiter, wird<br />
hier vor allem als ‚unfair’ verstanden. Wichtig für die Umsetzung einer fairen Behandlung<br />
sind Kons<strong>ist</strong>enz im Verhalten, Vorurteilsfreiheit, Nachvollziehbarkeit,<br />
Ausgewogenheit zwischen allen möglichen Betroffenen und moralische sowie ethische<br />
Vertretbarkeit der Handlung (ebd.).<br />
3.2.4 <strong>Sabotage</strong> als Symptom eskalierender Konflikte<br />
Konflikte innerhalb einer Organisation, die sich zwischen Vorgesetzten und Untergebenen<br />
genauso wie zwischen Kollegen der gleichen Hierarchiestufe abspielen können,<br />
treten wahrscheinlich permanent und auch über längere Zeiträume auf (vgl.<br />
Berndsen 1997). Dabei kann es auch immer wieder zu Konflikten kommen, die eskalieren.<br />
Die Eskalation beschreibt Berndsen (ebd.) in Anlehnung an Glasl (1980 und<br />
8
1990) als Entwicklung in neun Stufen, die wiederum in drei Phasen aufgeteilt sind.<br />
Während in der ersten Phase noch sachbezogen argumentiert wird, obwohl es langsam<br />
zu einer Verhärtung der Fronten kommt, wird in der zweiten Phase auf die emotionale<br />
Ebene gewechselt. In der dritten und letzten Phase kommt es dann zu Angriffen<br />
der Konfliktgegner, ohne dass der Ursprung des Konflikts überhaupt noch relevant<br />
<strong>ist</strong>. Laut Berndsen (ebd.) kann <strong>Sabotage</strong> bereits ab der zweiten Phase auftreten.<br />
3.2.5 Weiterer Erklärungsansatz: <strong>Sabotage</strong>stile nach Analoui & Kakabadse<br />
(1994)<br />
Oben wurden bereits in Anlehnung an Analoui & Kakabadse vier <strong>Sabotage</strong>stile genannt,<br />
die sich aus der Kombination der Möglichkeiten offen vs. verdeckt bzw. individuell<br />
vs. kollektiv zusammensetzen.<br />
Gestmann (1998) nach Analoui & Kakabadse (1991) bezeichnet diese daraus resultierenden<br />
Typen als Einzelgänger, Mitläufer, Heckenschütze und Rebell.<br />
Wahl des Ausdrucks<br />
Grad der Beteiligung<br />
individuell<br />
kollektiv<br />
offen<br />
Einzelgänger<br />
Mitläufer<br />
verdeckt<br />
Heckenschütze<br />
Rebell<br />
Abb.: <strong>Sabotage</strong>stile (in Anlehnung an Gestmann 1998)<br />
Der Einzelgänger <strong>ist</strong> tendenziell seit längerer Zeit im Unternehmen tätig, wobei er keine<br />
weitere Aufstiegschance für sich sieht. Er misstraut zume<strong>ist</strong> den Führungskräften,<br />
sehnt sich aber dennoch nach deren Anerkennung. Er verfolgt kaum offene Kommunikation,<br />
sieht sich als Einzelkämpfer und möchte mit seinem <strong>Sabotage</strong>akt andere<br />
aufschrecken und aufrütteln. Er empfindet seine Tat als umso erfolgreicher, je größer<br />
der daraus resultierende Schaden <strong>ist</strong>.<br />
Der Mitläufer <strong>ist</strong> ein typischer Gruppenmensch, der sich der in der Gruppe allgemein<br />
vorherrschenden Meinung unterordnet und sich deren Werten anpasst. Durch seine<br />
Suche nach Anerkennung bei den Gruppenmitgliedern beteiligt er sich an beschlossenen<br />
<strong>Sabotage</strong>aktionen. Das Sanktionsrisiko schätzt er durch die Gruppe um sich<br />
herum als niedriger ein als bei einer Einzeltat.<br />
9
Der Heckenschütze wird als gefährlichster Typ genannt. Er strebt durch seine Schädigung<br />
nach persönlichem Vorteil, zume<strong>ist</strong> mit Bereicherungsabsicht. Innerhalb der<br />
Organisation hat er ein positives Außenbild und <strong>ist</strong> in der Lage, andere Menschen für<br />
sich einzunehmen.<br />
Der Rebell hat eine kritische und auflehnende Haltung gegenüber dem bestehenden<br />
(Organisations-)System. Er fühlt sich in Gruppen wohl, die eine ähnliche Sicht der<br />
Dinge vertreten. <strong>Sabotage</strong>akte werden als auflehnende Handlungen verstanden, wobei<br />
er sich eher als ein Opfer des Systems sieht (vgl. ebd.)<br />
Meiner Einschätzung nach arbeitet Gestmann mit einer sehr groben und wenig differenzierten<br />
Einteilung von vier Typen, die zudem sehr klischeehaft dargestellt werden.<br />
3.2.6 Zusammenfassung der Erklärungsansätze<br />
Gerade im Zusammenhang mit meiner Auffassung von <strong>Sabotage</strong> als absichtliche<br />
Zerstörung und Schädigung der Organisation sind die Erklärungsmodelle, die auf<br />
einer Prägung als Täter vor dem Eintritt in das Unternehmen beruhen, wenig sinnvoll.<br />
Eher geeignet scheint dagegen der Ansatz zu sein, der davon ausgeht, dass <strong>Sabotage</strong><br />
als Reaktion auf Benachteiligung, empfundene Ungerechtigkeit oder Unzufriedenheit<br />
erfolgt.<br />
3.3 Praxisbeispiele<br />
Um das Zusammenwirken von einzelnen Erscheinungsformen und Hintergründen<br />
etwas näher darzulegen, werde ich hier einige Praxisbeispiele anbringen. Davon<br />
stammt ein Beispiel aus den Schilderungen von Sprouse (1993), der viele Berichte<br />
von Tätern gesammelt hat. Zwei weitere Fallberichte durfte ich mit freundlicher Genehmigung<br />
von der Detektei <strong>DESA</strong> Investigation & Risk Protection in Berlin verwenden.<br />
Rache<br />
Ein Mitarbeiter, dem in seiner Dachdeckerfirma die ursprünglich zugesagten Aufstiegschancen<br />
verwehrt blieben, rächte sich für die als ungerecht empfundene Behandlung,<br />
indem er ein zu deckendes Dach absichtlich mit einer undichten Stelle<br />
versah, so dass der Firma daraus Reparaturaufwendungen in Höhe von $50.000 entstanden.<br />
Des Weiteren manipulierte er mehrere LKWs so, dass der daraus resultierende<br />
Schaden, der das Unternehmen weitere $9.000 kostete, erst einige Zeit später<br />
10
auftrat und damit schwer zu verfolgen und auf ihn zurückzuführen war (vgl. Sprouse<br />
1993).<br />
Angst um den Arbeitsplatz<br />
Bei einem Fleischwarenproduzenten mit mehreren einzelnen Teilwerken gab es in<br />
einem dieser Teilwerke immer wieder Vorkommnisse, bei denen Kabel an Maschinen<br />
zerschnitten worden waren. Bei der Aufklärung des Falls ergab sich, dass die Taten<br />
von einem Mitarbeiter begangen wurden, der seiner eigenen Ohnmacht gegenüber<br />
der Geschäftsführung entgegenwirken wollte: So wurde im Vorfeld in einer vertraulichen<br />
Sitzung die Schließung eben dieses Teilwerks beschlossen, wobei keine Entlassungen<br />
geplant waren. Ein Mitglied des Betriebsrats hatte Teile dieser Information in<br />
seinen Arbeitsbereich – der von der Schließung betroffene – transportiert, ohne die<br />
nicht geplanten Entlassungen zu erwähnen, bevor diese Entscheidung von der Führungsebene<br />
publik gemacht wurde. Somit musste der Täter davon ausgehen, seinen<br />
Arbeitsplatz zu verlieren.<br />
Frustration<br />
Bei der Auslieferung eines Getränkeproduzenten fanden sich wiederholt einzelne<br />
Flaschen, deren Inhalt gegen eine mit Fliegen durchsetzte Flüssigkeit ausgetauscht<br />
worden waren. Durch die Aufklärung kam heraus, dass es sich um zwei Täter handelte,<br />
die beide in der Flaschenreinigungs-Abteilung arbeiteten, einer hierarchisch niedrigen<br />
Abteilung. Die Täter waren eher Einzelgängertypen und hatten somit auch wenig<br />
Kontakt zu anderen Kollegen. Gründe für ihre Tat waren erhöhte Frustration<br />
durch ihren niedrigen Rang sowie durch eine empfundene Vernachlässigung von<br />
Seiten des Unternehmens.<br />
4 Präventionsmaßnahmen<br />
Um <strong>Sabotage</strong> vorzubeugen gibt es einige verschiedene Handlungsalternativen. Zu<br />
unterscheiden sind hier Maßnahmen, die abschreckend wirken, und solche, die zur<br />
Folge haben, dass ein potentieller Täter das Interesse an <strong>Sabotage</strong> verliert.<br />
Dabei kann es – rein theoretisch – ganz einfach sein, <strong>Sabotage</strong> zu verhindern: Wenn<br />
eine Organisation ihre Mitarbeiter fair und korrekt behandelt, dann werden sie sich<br />
im Gegenzug ebenso fair und korrekt gegenüber der Organisation verhalten (vgl.<br />
11
Laabs 1999). Ob sich dieser Ansatz in der Realität wirklich immer so leicht umsetzen<br />
lässt, <strong>ist</strong> allerdings unklar.<br />
4.1 Sanktionen<br />
Sanktionen gegen den Täter wirken einerseits als Reaktion auf die <strong>Sabotage</strong>, also<br />
rückwirkend. Andererseits sollen Bestrafungen aber gleichzeitig auch eine vorbeugende<br />
Wirkung mit sich bringen, indem sie mögliche Täter davon abhalten, <strong>Sabotage</strong><br />
durchzuführen (vgl. Berndsen 1997). Die möglichen Sanktionen kann man in drei<br />
Gruppen einteilen: interne Bestrafung, Kündigung und Anzeige.<br />
Interne Bestrafungen können beispielsweise Geldbußen, Kompetenzverkleinerungen,<br />
Versetzungen oder Lohnkürzungen sein (ebd.).<br />
Die Kündigung <strong>ist</strong> die härteste Sanktionsmaßnahme (ebd.) und eine sehr häufig angewandte<br />
(vgl. Analoui & Kakabadse 1994). Auch aus der Präventionssicht <strong>ist</strong> die<br />
Entlassung am härtesten, weil der abschreckende Effekt die wahrscheinlich größte<br />
Wirkung auf die verbleibenden Mitarbeiter hat, da sie für jeden wahrnehmbar <strong>ist</strong> (vgl.<br />
Berndsen 1997).<br />
Ein Unternehmen kann einen <strong>Sabotage</strong>akt nur dann zur Anzeige bringen, wenn der<br />
aus der <strong>Sabotage</strong> entstandene Schaden in möglichst genauer Höhe bestimmbar <strong>ist</strong><br />
(ebd.).<br />
Probleme bei allen Formen der Sanktionierung können sich u. a. daraus ergeben, dass<br />
das Unternehmen, wie bei den möglichen Konsequenzen bereits angeführt, eine<br />
Schädigung der Reputation befürchtet. Ein Fehlverhalten kann nur dann sanktioniert<br />
werden, wenn es publik gemacht wird, sei es nun innerhalb des Unternehmens oder<br />
außerhalb. Als schwierig kann sich auch die genaue Identifikation des Täters gestalten,<br />
die notwendig <strong>ist</strong>, um den tatsächlichen Verursacher eines Schadens zu bestrafen<br />
(ebd.).<br />
4.2 Personalauswahl<br />
Prävention durch Personalauswahl hat als Ziel, möglicherweise abweichenden Mitarbeitern<br />
erst gar nicht den Zutritt in die Organisation zu ermöglichen. So kann eine<br />
genaue Prüfung der Bewerbungsunterlagen zum einen auf ihren Wahrheitsgehalt und<br />
zum anderen auf Anzeichen für deviantes Verhalten eine weitere Berücksichtigung<br />
der potentiellen Saboteure im Bewerbungsverfahren unterbinden. Solche Anzeichen<br />
12
können Hinweise auf bereits vorgekommenes Fehlverhalten, häufige Wechsel des<br />
Arbeitsplatzes oder unerklärte Lücken im Lebenslauf sein (vgl. Berndsen 1997).<br />
Weitere Optionen, um ‚gefährliche’ Bewerber zu identifizieren, sind verschiedene<br />
Testverfahren, mittels derer der „Grad der Übereinstimmung des Bewerbers mit<br />
gesellschaftlichen Verhaltenserwartungen“ (ebd., 207) bestimmt werden soll.<br />
Fraglich im Bereich der Personalauswahl als Präventionsmittel <strong>ist</strong> allerdings, ob sich<br />
<strong>Sabotage</strong> dadurch wirklich verhindern lässt. Gerade unter der Annahme, dass <strong>Sabotage</strong><br />
ein Ausdruck von Unzufriedenheit im Bezug auf den Arbeitsplatz <strong>ist</strong> (vgl. Analoui<br />
& Kakabadse 1994), lässt sich ein Großteil der Schädigungen wahrscheinlich so<br />
nicht verhindern (vgl. Berndsen 1997).<br />
4.3 Kontrolle und Überwachung<br />
Mit steigendem Entdeckungsrisiko wird ein Täter von seiner Tat absehen, weil er vor<br />
allem eine Sanktionierung fürchten muss. So soll die Kontrolle der Mitarbeiter die<br />
Möglichkeiten zur <strong>Sabotage</strong> einschränken (vgl. Berndsen 1997).<br />
Um erhöhte Kontrolle zu erreichen, teilt Berndsen diese Maßnahmen in Prozessgestaltung<br />
und laufende Überwachung auf. Zur Prozessgestaltung gehört beispielsweise<br />
die Einrichtung von Nutzungs- und Zugriffsrechten auf bestimmte Daten oder auch<br />
auf bestimmte Räume (ebd.). Die laufende Überwachung kann technisch erfolgen,<br />
z.B. durch Kameras; diese wird allerdings kaum umzusetzen sein, da sie gemäß §87 I<br />
Nr. 6 Betriebsverfassungsgesetz einer ausdrücklichen Genehmigung des Betriebsrates<br />
bedarf. Überwachung kann aber auch sozial erfolgen, d.h., dass Mitarbeiter in erhöhtem<br />
Maß gegenüber ihren Kollegen wachsam bezüglich möglicher <strong>Sabotage</strong>akte sind.<br />
Allerdings kann eine verstärkte Kontrollsituation am Arbeitsplatz durchaus auch<br />
kontraproduktiv wirken. Wenn sich Mitarbeiter permanent überwacht und beobachtet<br />
fühlen, erhöht sich das Frustrationsrisiko und die Unzufriedenheit (ebd.), was<br />
wiederum neue Gründe für Fehlverhalten liefert.<br />
4.4 Gemeinsame Werte innerhalb der Organisation<br />
Durch eine normative Steuerung will man eine „’starke’ Organisationskultur“ (Berndsen<br />
1997, 217, Herv. i. O.) schaffen, die dahin wirken soll, dass Mitarbeiter gar kein<br />
Interesse daran verspüren, ihrer Organisation Schaden zuzufügen. Dies kann z.B.<br />
durch Identifikation der Mitarbeiter mit den Unternehmenszielen, durch Offenheit,<br />
Vertrauen und Gemeinschaftsgefühl zwischen Mitarbeiten gleicher Hierarchiestufen<br />
13
sowie Mitarbeitern und Vorgesetzten erreicht werden (ebd.). Gerade der letztgenannte<br />
Punkt soll Mitarbeiter dahin bringen, von jeglichen Schädigungsabsichten abzulassen<br />
bzw. dem Vorgesetzten von beobachteten Vorkommnissen zu berichten.<br />
Problematisch können ein erhöhter Konformitätsdruck auf den Mitarbeitern und die<br />
als eingeschränkt empfundene Kreativität sein (ebd.) Zudem könnte hier die Gefahr<br />
einer Ausgrenzung von solchen Mitarbeitern bestehen, die sich eben nicht mit den<br />
Werten des Unternehmens identifizieren. Extreme Ausgrenzung kann bis zur Isolation<br />
führen, welche wiederum die Motivation des betroffenen Mitarbeiters zu einem<br />
Fehlverhalten verstärken kann (ebd.).<br />
4.5 Partizipatorische Ideen<br />
Die Idee der Partizipation <strong>ist</strong> einerseits ähnlich wie die Schaffung gemeinsamer Unternehmenswerte,<br />
andererseits aber besteht doch ein grundlegender Unterschied: Im<br />
Gegensatz zur o. g. Präventionsstrategie sollen hier die individuellen Werte der Mitarbeiter<br />
nicht verändert, sondern respektiert werden. Das kann beispielsweise durch<br />
Handlungsautonomien für das Personal oder spezielle Mitsprache- bzw. Einspruchsund<br />
Berufungsrechte erreicht werden (vgl. Berndsen 1997). Solche Maßnahmen sollen<br />
die Zufriedenheit der Belegschaft steigern und somit das Interesse an <strong>Sabotage</strong>akten<br />
reduzieren.<br />
Auch Analoui & Kakabadse (1994) gehen in diese Richtung, wenn sie von der Akzeptanz<br />
einer „Multirationalität“ (ebd., 5) sprechen. Jedes Individuum werde von<br />
vielen Beweggründen gelenkt, mit denen das Management zur Vermeidung von<br />
Fehlverhalten umgehen können muss.<br />
Das Risiko liegt hier in nicht klar definierten Kompetenzbereichen, was zu Unruhen<br />
und Unzufriedenheit zwischen den Mitarbeitern führen kann, genauso wie der mit<br />
der Erweiterung von Kompetenzen einhergehende Kontrollverlust von Seiten des<br />
Unternehmens. Es bleibt offen, inwieweit die Zufriedenheit aus der Kompetenzerweiterung<br />
die Gefahr aus der verringerten Kontrolle über die Mitarbeiter überwiegt<br />
(ebd.).<br />
4.6 Zusammenfassung der Präventionsmaßnahmen<br />
Es <strong>ist</strong> schwer zu sagen, welche der genannten Präventionsmaßnahmen nun am sinnvollsten<br />
und am me<strong>ist</strong>en Erfolg versprechend <strong>ist</strong>. Letztlich kann <strong>Sabotage</strong> nicht voll-<br />
14
kommen verhindert werden, denn ein zur Schädigung bereits motivierter Mitarbeiter<br />
wird sich nur in seltenen Fällen von seiner geplanten Tat abhalten lassen.<br />
Die Wahl der besten Präventionsstrategie müsste somit auf jeden einzelnen potentiellen<br />
Täter und dessen Motivation abgestimmt sein. Um <strong>Sabotage</strong> zu verhindern, die<br />
aus Unzufriedenheit in Zusammenhang mit dem Arbeitsplatz entsteht, sind sicherlich<br />
die Maßnahmen zur Schaffung gemeinsamer Werte und zur Partizipation am nachhaltigsten.<br />
Auch eine gute Beziehung zwischen den Mitarbeitern und Vorgesetzten<br />
wird wahrscheinlich zu einer größeren Zufriedenheit führen.<br />
5 Fazit<br />
Wenn Mitarbeiter sabotieren, hat das oft teure Konsequenzen für ihr arbeitgebendes<br />
Unternehmen. Kosten entstehen nicht nur durch Reparaturaufwendungen zerstörter<br />
Maschinen und Produktionsanlagen, sondern auch durch möglichen Reputationsschaden,<br />
der unter Umständen sehr weit reichende Folgen haben kann. Aus diesem<br />
Gesichtspunkt beschließen viele Unternehmen, gegen sie verübte <strong>Sabotage</strong>akte gar<br />
nicht zu veröffentlichen.<br />
Obwohl es schon einige Versuche zur Kategorisierung von <strong>Sabotage</strong>formen gibt,<br />
bleiben es letztlich unglaublich viele Möglichkeiten, wie <strong>Sabotage</strong> ausgeübt werden<br />
kann. Ebenso vielfältig sind die möglichen Gründe, warum ein Mitarbeiter sabotiert.<br />
Einige Erklärungsansätze legen den Auslöser zur Tat in das Innere des Saboteurs,<br />
während andere <strong>Sabotage</strong> als Reaktion auf äußere Umstände betrachten. Solche Ansätze<br />
sehen me<strong>ist</strong> eine Unzufriedenheit in Bezug auf den Arbeitsplatz als Auslöser, so<br />
wie beispielsweise subjektiv empfundene unfaire Behandlung durch den Vorgesetzten<br />
oder ungerechte Entlohnung.<br />
Auch gibt es eine Vielfalt an Maßnahmen zur Verhinderung von <strong>Sabotage</strong>. Der vorrangige<br />
Weg des Unternehmens sollte sein, seine Mitarbeiter zu motivieren und zufrieden<br />
zu stimmen, um so das Interesse an Schädigung so klein wie möglich zu halten.<br />
Sicherlich lässt sich <strong>Sabotage</strong> nicht komplett verhindern, dennoch sollten betroffene<br />
Unternehmen versuchen, Schädigungen weitestgehend aufzuklären und den oder die<br />
Täter zu sanktionieren.<br />
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16