4 Fokus «Flash» Nr. 56 «Flash» Nr. 56 Fokus 5 Pensionierung von Candid Burkart Der charismatische Patron verabschiedet sich Seit über 40 Jahren gibt es die <strong>Folag</strong> jetzt bereits. Der Firmengründer Candid Burkart hat in all diesen Jahren das Unternehmen immer auf dem richtigen Kurs gehalten. Per Ende Jahr tritt er nun aus der Geschäftsleitung aus. Als Verwaltungsratspräsident bleibt er uns jedoch weiterhin erhalten. Conny Kunz Wenn Candid von 42 Jahren <strong>Folag</strong> erzählt, dann vergeht die Zeit wie im Flug. Das Feuer der Pionierleistung blitzt dabei in seinen Augen. Mit Leidenschaft, Charme und Humor führt er durch eine turbulente Zeitreise, während er mir auf meine Fragen Red und Antwort steht. Candid, wie kam es zur Gründung der <strong>Folag</strong>? Die heutige <strong>Folag</strong> <strong>AG</strong> war 1969 eine Einzelfirma, der Besitzer war Meinrad Schnüriger. Die Firma existierte erst seit 12 Monaten, hatte aber ausserordentlich grosse finanzielle Probleme. Der damalige Betriebsleiter kannte mich bereits seit mehreren Jahren als international tätigen Verkäufer. Er hat Meinrad Schnüriger geraten, mit mir Kontakt aufzunehmen, was dieser dann tat. Als junger Kaufmann mit vier Jahren Erfahrung im Reisebüro, vier Jahren in der Musikbranche sowie zwei Jahren in der chemischtechnischen Produktion (Klebebänder) war es mein oberstes Ziel, selbstständig zu werden. So witterte ich meine Chance und gründete mit Meinrad Schnüriger eine Aktiengesellschaft mit einem Aktienkapital von CHF 50 000.00. Von der Folienbranche hatte ich keine Ahnung – jedoch hatte ich bereits damals ein sehr gutes Netzwerk in der Schweizerischen Industrie, vor allem auch bei den Grossverteilern wie Migros, Coop und Jumbo. So trat ich am 1. November 1969 in die Firma Schnüriger Plastik ein. Wir waren insgesamt vier Mitarbeiter. Die Firma besass damals einen italienischen Occasions-Extruder, der jedoch technisch kaum einsatzfähig war. Das Lager bestand aus rund 200 Tonnen unverkaufter Baufolie. Am 15. Dezember 1969, also nach sechs Wochen, war das Lager total ausverkauft. Damit die Kunden termingerecht beliefert wurden, konnten wir die Produktion zwischen Weihnachten und Neujahr nicht abstellen. So habe ich damals die Nachtschicht in der Silvesternacht gleich selber übernommen! Nach vier Jahren habe ich die Aktien von Meinrad Schnüriger käuflich übernommen und war Alleinaktionär. Welche waren die wichtigsten Etappen in den 42 Jahren als Unternehmer? Jeder Schritt in die nächste Unternehmungsgrösse war begleitet von wichtigen Planungsphasen und dem Einsatz von erheblichen finanziellen Mitteln. Der Umzug nach Neuenkirch war die 1. Etappe vom Klein- zum Mittelgrossen Unternehmen. Der Schritt zum Industriebetrieb war damit geebnet. Dadurch war es möglich, einen bedeutenden Kundenkreis zu bedienen, und ein grösseres Wachstum anzustreben. Die 70er Jahre waren geprägt durch eine starke Konjunktur im In- und Ausland. Der Weg zum Export wurde dadurch eingeleitet. Mit dem gesammelten Know-how, grossem Willen und einer gesunden finanziellen Basis ausgerüstet, entschieden wir uns zum Quantensprung. Zwischen 1980 und 1983 erbauten wir den heutigen Produktionsstandort Sempach Station. Die Ressourcen der Landflächen waren erheblich, so dass ein weiteres, kräftiges Wachstum möglich war. Der Zugang zu den grossen nationalen und internationalen Kunden wurde dadurch möglich. Im Verlauf der 80er und 90er Jahre ist das Unternehmen zu einer festen Grösse im Polyethylen-Geschäft geworden. Akquisitionen im In- und Ausland und die Erweiterung der Produktpalette haben das Unternehmen weiter gestärkt. In sieben Ausbauschritten, mit der entsprechenden Konsolidierung und den nötigen Investitionen wurde in den letzten 15 Jahren der heutige Produktionsstandort stets erweitert. Die Konsolidierungsphasen waren jeweils kurz – die Leistungsbereitschaft gross. Zusammenschlüsse in der Folienbranche waren üblich, sodass in den letzten fünf Jahren nur noch die etablierten Unternehmungen im hart umkämpften Markt bestehen konnten. Die <strong>Folag</strong> ist heute auf einem technisch hohen Stand und kann durch eine weitere Konzentration am Standort Sempach-Station der Zukunft weiterhin optimistisch entgegentreten. Welches war die schwierigste Situation die Du in diesen Jahren zu bewältigen hattest? Am Donnerstag, 16. Juni 1988, um etwa. 17 Uhr haben sich über dem Sempachersee dunkelschwarze Wolken zusammengebraut. Ein Gewitter zog über unser Einzugsgebiet. 75 l/m 3 Wasser haben sich innert 40 Minuten über unser Unternehmen, sowie im ganzen Gebiet zwischen Luzern und Willisau, entladen und überall schwere Verwüstung hinterlassen. Sämtliche zentrale Anlagen sind dadurch ausser Betrieb gesetzt worden. Das Wasser drang in das gesamte Untergeschoss ein, mit einem Wasserpegel von 2,29 m. Zwölf Personenwagen wurden weggeschwemmt und vernichtet. Durch die erhöhte Gefahrenstufe bei der benachbarten Chemiefirma Collano mussten sich die Einsatzkräfte der Feuerwehren zuerst auf deren Betrieb konzentrieren. Das Abpumpen von rund 10 000 m 3 Wasser musste warten, bis der Bachpegel zurückging. Eine Katastrophe mit einem Schaden in Millionenhöhe hat unser Unternehmen gefährdet. Die gesamte Belegschaft war im Dauereinsatz. Am Freitag, 17. Juni 1988, wurden die Notstromgruppen ausgetauscht, nachdem das Wasser durch die Feuerwehren abgepumpt wurde. Die Räumungsarbeiten wurden mit kleinen Baggern (Bobcats) pausenlos vorangetrieben, sodass es unter Aufbringung sämtlicher Kräfte möglich war, am Montag, 20. Juni 1988, den ersten Extruder wieder hochzufahren. Die Räumungsequipe bestand aus 40 Personen. Sie waren noch tagelang beschäftigt, das Unternehmen wieder flott zu machen. Die Aufräumarbeiten dauerten noch Wochen, während der gesamte Maschinenpark wieder produzierte. Dadurch konnten unsere Kunden fast ohne Unterbruch weiter beliefert werden. Unsere Kunden zeigten grosses Verständnis, die Lieferanten belieferten uns vorzüglich mit neuen Rohstoffen (die bestehende Lagerware konnte nicht mehr eingesetzt werden). Der Totalschaden belief sich schlussendlich auf rund sechs Millionen Schweizer Franken. Die gesamte Belegschaft hat in typischer <strong>Folag</strong>-Manier eine ausserordentliche Leistung vollbracht, um das Unternehmen in dieser kritischen Phase wieder auf Kurs zu bringen. Dieses Ereignis hat mich nachhaltig geprägt. Die Natur hat uns gezeigt, wie machtlos man bei solchen Umweltkatastrophen dasteht. Auf was freust du dich am meisten in deiner Zeit nach der <strong>Folag</strong>? Nach 42 Jahren Vollgas in jeder Beziehung freue ich mich sehr, während mindestens zwölf Monaten, «tun und lassen, zu was ich Lust habe». Dabei werden sicherlich einige Reisen dabei sein, eventuell sogar mit einem Wohnmobil durch Osteuropa und irgendwann auch nach Skandinavien. Selbstverständlich immer mit meiner Frau Hannelore und den Golfschlägern. Aber vor allem werde ich im Jahre 2012 «dem schönen Wetter» nachreisen (Hergiswil-Lugano- Marbella). Was wirst du vermissen? Sicherlich werde ich den Umgang mit den ausserordentlich engagierten <strong>Folag</strong>-Mitarbeitern auf jeder Stufe vermissen. Da ich mich als Verwaltungsratspräsident zukünftig mehr den strategischen Aufgaben widme, werde ich trotzdem mit vielen in Kontakt bleiben. Sicherlich werde ich auch die vielen hundert Freundschaften, welche ich mit unseren <strong>Folag</strong>-Kunden international und national aufgebaut habe, vermissen. Mit Hilfe aller unserer treuen Kunden war es mir möglich, aus der kleinen Schnüriger Plastik eine international tätige, starke I-M<strong>AG</strong>Z_FOL<strong>AG</strong>_Flash_56.indd 4-5 30.11.2011 11:36:57