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"Utharion Winterbruch" (Kurzgeschichte von Michi)

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nicht der Knabe auf meinem Arm, der zornig brüllte. „Bei Boron und seinen Elf<br />

Geschwistern! Was geht hier vor?“ Ein weiterer Säugling – doch in ein braunes Tuch gehüllt<br />

lag versteckt hinter dem verzierten Grabstein. Sein Haar war Rabenschwarz und es musste<br />

jünger sein als der Blondschopf. Etwa einen Mond alt? Er zitterte vor Kälte ... so nahm ich<br />

auch ihn in den Arm und eilte mich, fort <strong>von</strong> hier zu kommen ... mein Blick tastete die<br />

Umgebung ab – doch Boron sei Dank, keine weiteren Wesen waren zu sehen. Ich musste nach<br />

Kefberg – nicht nur ich sondern auch die beiden Kinder auf meinem Arm benötigten der<br />

Herrin Travias warmes Herdfeuer, waren wir doch <strong>von</strong> den großzügigen Gaben des Himmels,<br />

derer ich so gar nicht bedarft hatte, allzu durchnässt.<br />

Die Akoluthin des Tempels warf mir entgeisterte Blicke zu als ich, bis zu meiner Kapuze<br />

verdreckt, des Nachts an die Pforte klopfte. Viel mehr hämmerte ich mit meinem Knie gegen<br />

das Holz – schien es mir doch unangebracht als Priester des Schweigsamen mitten in der<br />

Nacht mit lauten Rufen auf mich Aufmerksam zu machen. Meine Arme waren mit den beiden<br />

Knaben belegt und somit nicht zu weitreichenden Taten in der Lage. Und doch ließ sie uns ein<br />

– ungeachtet der Wasserlache, welche sich im Raum des Herdfeuers um meine Füße bildete.<br />

So wie noch kurze Zeit zuvor der Regen auf mich hinabgeplätschert hatte – plätscherten nun<br />

die Fragen Travianes, der Akoluthin des Tempels, auf mich ein ...<br />

Die Knaben labten sich des Nachts noch am gewaltigen Busen der gut genährten Akoluthin,<br />

welche auch ein eigenes Kind zu Versorgen, aber noch ausreichend Milch für alle drei, hatte.<br />

Am nächsten Morgen versuchte ich zuerst zu erfahren, wer der Reiter und die unbekannte<br />

Frau gewesen sein konnten – meine Fragen blieben jedoch ohne Antwort. Einzig <strong>von</strong> einer<br />

Seltsamkeit erzählte man mir. Am 11. Rondra sei ein Reiter aufgefunden worden, der in<br />

schwarzer Rüstung und einem seltsamen Helm mit drei gebogenen Zacken gewandet gewesen<br />

sei. Seine Haar rabenschwarz, seine Augen grün, wie der Pfad Tsas, den er bereits verlassen<br />

hatte. Man munkelte ein Blitz hätte ihn des Nachts erschlagen, doch hatte man keine Wunden<br />

entdeckt, nur seine Rüstung sei in finsterem Schwarz gehalten gewesen. Allerdings habe man<br />

den Leichnam auch nicht weiter untersucht ... war doch sein Geldbeutel prall gefüllt gewesen<br />

– und die ehrlichen, armen Bauern hatten einen Teil seines Goldes in die Bearbeitung des<br />

wirklich aufwendigen Grabstein gesteckt. Der Name „Winterbruch“ sei auf seinem Schwert<br />

eingraviert gewesen, und da der Stein nicht namenlos gelassen werden wollte – entschied<br />

man sich dafür, dass dieser Name der Seinige gewesen sein müsste. Mehr konnte selbst<br />

Traviane nicht in Erfahrung bringen.<br />

Danach habe ich mich auf direktem Wege zu Euch gemacht ...<br />

Behütet die Buben, zeigt ihnen den rechten Weg, mein Bruder – und nachdem wir die Namen<br />

nicht kennen, die ihre Mütter ihnen gaben – so will ich den Geburtssegen über den<br />

Blondschopf sprechen und seinen Namen auf Marbonian bestimmen, denn Marbo hielt ihre<br />

Hand schützend über ihn in der Stunde seiner Not. Seine Augen sind voller Stärke und nicht<br />

einmal in der Stunde, als er Boron näher gewesen war als Tsa, hatte er gewimmert oder gar<br />

geweint. Der zweite Jüngling schrie um meine Aufmerksamkeit zu erregen und dies mag ihm<br />

wohl das Leben gerettet haben, hinter dem Grabstein des unbekannten Ritters, der so wie er<br />

rabenschwarzes Haar und grüne Augen gehabt haben soll. Mag er gar am Grabe seines<br />

Vaters gebettet worden sein? Ich konnte es nicht in Erfahrung bringen ... und nun will ich es<br />

auch nicht mehr. Seit diesem Tag sehe ich sie jede Nacht im Traume – und wenn ich erwache<br />

versuchen meine Augen ihre Konturen zu erblicken, bevor sie in der Dunkelheit verschwindet.<br />

Ob mir Bishdariel zürnt, dass er mir die fliehende Frau in meine Träume geschickt hat?<br />

Was auch immer in dieser Nacht geschehen ist, Bruder Gelon Prahle – so hat mir unser Herr<br />

Boron gezeigt, dass ich nicht hätte dort sein sollen. Dass ich nicht hätte meine Stimme<br />

erheben sollen, sondern meine Sicherheit im Schweigen finden, wie es eines seiner Priester

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