"Utharion Winterbruch" (Kurzgeschichte von Michi)
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verdrossen in sich hinein, als er abgelenkt durch lautes Auflachen am Nebentisch seinen Kopf<br />
zur Seite wendete. Einige Münzen aus Alriks Geldbeutel mussten soeben den Besitzer<br />
wechseln und verschwanden laut klimpernd im Sack eines Holzfällers. Die Spieler waren<br />
weiterhin in ihr Kartenspiel mit dem mürrischen Kutscher Alrik vertieft und missachteten zur<br />
Gänze das Geschehen am Tresen. Gelangweilt gleitete Gebberts nach Unterhaltung suchendes<br />
Gesicht zurück zu dem blonden Boroni, der ein kurz angebundenes Gespräch mit dem dicken<br />
Wirt aufgenommen hatte und soeben einen Korb in Empfang nahm.<br />
Die Hand des gärenden Gebbert wanderte zielsicher nach seinem Krug suchend über den<br />
Tisch als ihm zum dritten Male an diesem Abend Aufmerksamkeit wiederfuhr. Denn der<br />
zweite Novize stand weiterhin einen Schritt entfernt aber hatte begonnen Gebbert aus zwei<br />
eiskalten grünen Augen zu mustern, welche unter seiner Kapuze herausblitzten. Hatte er ihn<br />
gar gehört? Der angetrunkene Fuhrmann fühlte sich ertappt ob seines neugierigen Starrens<br />
und wendete seinen Blick nieder auf den leeren Stuhl neben sich ...<br />
„IRIAN?!“ keuchte Gebbert Katorz in seinen Krug als er gerade zum tiefen Schluck ansetzen<br />
wollte und den jungen Bekannten entdeckte, der sich unbemerkt an dessen Seite auf den<br />
leeren Stuhl gesetzt hatte. „Was tust du denn hier? War wohl nichts mit Helmfrieds Haufen?<br />
Hat sich nicht gelohnt, was?“ Bei näherer Beschau des Aufladers Irian kam er zu dem<br />
Schluss, dass er endlich jemand gefunden hatte, dem es merklich noch schlechter gehen<br />
musste als ihm. Der Mittdreißiger mit den braunen zerzausten Haaren war wirklich in<br />
erbärmlichen Zustand. Das eingefallene Gesicht hatte er tief gesenkt gehalten – den Versuch<br />
eines direkten Blickkontaktes gar nicht erst unternommen. Ganz im Gegenteil: Irian starrte<br />
mit traurigen Augen an der Holzplatte des Tisches vorbei – genau an eine Stelle, wo Gebbert<br />
dessen Stiefel vermutete, die er ob des Elends gar nicht erst zu nah ans Gesicht bekommen<br />
wollte. „Mensch Junge! – gut, dass du wieder da bist. Ich glaube kaum, dass du dich bei dem<br />
wilden Haufen vom alten Helmfried wohl gefühlt hast! In diesen Monden ist´s besonders kalt<br />
draußen im Koschgebirge! Da holt man sich peraineweiss welche Sieche. Und lohnen tut sich<br />
das wohl auch nicht“ – wiederholte Gebbert mit einem süffisanten Blick auf Irians dünnes<br />
Hemd, dass er am Körper trug. „Erzähl schon, mein Freund – wie ist es dir ergangen?“ endete<br />
der benebelte Fuhrmann, während er voller Genugtuung einen weiteren tiefen Schluck des<br />
herrlichen Biers nahm, das seit dem letzten Zug deutlich an Geschmack zu gewonnen haben<br />
schien. Das Gesicht niedergeschlagen weiterhin gesenkt haltend, öffneten sich die Lippen und<br />
gaben nur ein einziges Wort frei: „... Goldklamm“. „Goldklamm?“ fragte Gebbert. „War das<br />
nicht das kleine Dorf im Koschgebirge – ein wenig abseits des Greifenpasses, dass vor knapp<br />
20 Götterläufen durch ein Erdbeben völlig zerstört wurde?“ Gebbert lehnte sich<br />
gedankenverloren zurück.<br />
„Ich bin nie zuvor dort gewesen, obwohl ich sogar wenige der Goldklämmer gekannt habe.<br />
Ein verschrobenes Völkchen war das! Traviagefällige Leute waren sie nicht gerade – haben<br />
sie doch niemand erzählt wie man genau zu ihrem Heim gelangen kann. Sie hatten wohl<br />
Angst, dass man ihnen das Gold klaut, dass sie aber nie entdeckt hatten – die wenigen<br />
Mondsilber-funde rechtfertigten wohl kaum den ganzen Trara. Ich war nach dem großen<br />
Beben damals mit im Gebirge, wollte mir ein paar Taler mitverdienen um mitzuhelfen den<br />
Pass freizuschaufeln, bevor wir kapierten, dass dies viele Götterläufe dauernd würde. Ein<br />
Krambold, dem wir begegnet waren und uns versicherte den beschwerlichen Weg zu kennen,<br />
hätte uns nach Goldklamm führen sollen um dort nach dem Rechten zu sehen. Es hätte<br />
versteckte rote Malereien an einigen Felsen gegeben, die es den Besuchern, die um das<br />
geheime Dorf wussten, einfacher mache es zu finden. Und obwohl keiner <strong>von</strong> uns auch nur<br />
eine einzige dieser Markierungen zu Gesicht bekam – fand der seltsame Krambold den Weg<br />
zu dem Punkt, der uns nach Goldklamm führen sollte. Es erstaunte uns auch nicht, dass der<br />
Stollen, der uns den Eingang zum Dorf hätte offen legen müssen, eingestürzt war – das