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"Tagebuch" (von Steffen Winkler)

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Persönliches Tagebuch – Travin Gerdenwald,<br />

Magus zu Rommilys und Gareth,<br />

Sonderermittler der Kaiserlich-Garethischen Informationsagentur<br />

Nun weiß ich zwar, dass das Führen eines Tagebuches für einen Agenten im Dienste des Reiches ein<br />

gefährliches Unterfangen sei, doch will ich meine Erinnerungen für die Zukunft festhalten, habe ich doch nun<br />

schon vieles vergessen, aus der Zeit des Orkkrieges und der schlimmen Jahre seit der Rückkehr des<br />

Spährenschänders. So werde ich dieses Tagebuch mittels des Cryptographus Cantus schützen und hoffe, dass<br />

mir dieses Buch niemals zum Verhängnisse werden wird.<br />

Travin, im Rahja 1026 BF<br />

Ende Rahja 1026 BF / 33 Hal<br />

Endlich, endlich ist die Strafe für den verpatzen Einsatz in Tobrien abgesessen! Heissa! Obwohl ich Jahre<br />

an den Akademien zu Rommilys und Gareth oder im Studium der Geschichte in Punin zugebracht habe, muss<br />

ich eingestehen, dass ich das aufregende Leben als verdeckter Ermittler, die gefahrvollen Einsätze in<br />

Feindesland zu sehr schätzen gelernt habe, als dass ich mich für die Tätigkeit der Archivare in den düstermuffigen<br />

Archiven des Dienstes erwärmen könnte.<br />

Wie lange ist es her, dass ich im Lieblichen Felde unterwegs war, uralte Geheimnisse entdecken durfte,<br />

Zeuge <strong>von</strong> Silem Horas’ Prophezeiung? Zu schade, dass letzten Endes meine Tarnung aufgeflogen ist.<br />

Nun zurück zum Thema:<br />

Zusammen mit Kunhag, dem kampferprobten Angroschim, hat man mich beauftragt, in den Windhag zu<br />

reisen und herauszufinden, was dieser abscheuliche Riesenlindwurm, der mittlerweile fast den gesamten<br />

Windhag terrorisiert, dort eigentlich vorhat. Unter seinen Opfern ist sogar der Markgraf vom Windhag, der<br />

bei einer fehlgeschlagenen Drachenhatz sein unrühmliches Ende fand. Einige Quellen melden absonderliches:<br />

So ist dieser Wurm tatsächlich eher an Eisen-Schrott interessiert, denn an Gold und Edelstein!<br />

Jedenfalls bin ich dankbar für diese Aufgabe – ist es doch eine Gelegenheit die Scharte <strong>von</strong> Lutisana’s<br />

Flucht auszuwetzen. Hesinde sei Dank, dass ich mein Zweitstudium an der Akademie zur magischen<br />

Rüstung zu Gareth absolvieren durfte, fühle ich mich doch dadurch wesentlich besser vorbereitet einem<br />

Drachen gegenüber zu treten.<br />

Zuvor werde ich allerdings, wie viele andere Garether in die Stadt des Lichts pilgern, und dem Jahresorakel<br />

lauschen. – Mal sehen, ob diesmal was Sinnvolles dabei herauskommt. Ich hab’s nicht so mit Stern- und<br />

Zukunftsdeuterei.<br />

3. Praios 1027 BF / 34 Hal<br />

Heiliger Praios, was für ein Aufruhr! So etwas ist noch nie geschehen! Doch der Reihe nach.<br />

Wie gehabt, begab ich mich zur Stadt des Lichts um dem Orakel zu lauschen. Während ich geduldig<br />

wartete, traf ich einen alten Bekannten! Wer hätte es gedacht, dass wir uns noch mal wieder sehen sollten,


doch die Wege der Zwölfe sind unergründlich, und so blieb mir fast die Spucke weg, als ich meinen alten<br />

Freund und Gefährten Yuchdan Bradruchson, mit dem ich vor über 10 Götterläufen Greifenfurt <strong>von</strong> den<br />

Schwarzpelzen befreien konnte, wiedertraf! Lachend fielen wir uns in die Arme. Auch einen Magus des<br />

Stoerrebrandt-Collegs zu Riva traf ich dort, Valen Kiesel mit Namen. Er war soeben mit Stoerrebrandt’s<br />

Wagentreck aus Festum angekommen. – Ihn merkte ich mir vor, sollte er bereit sein, für die Agentur zu<br />

arbeiten, könnte er Kunhag, Yuchdan und mich dabei unterstützen, dem Wurme nachzustellen. Dass ich auf<br />

Yuchdan’s Begleitung zählen konnte freute mich sehr. Selbstredend feierten wir dieses Wiedersehen später<br />

mit viel Bier und Wein gebührend, doch ich beginne wieder abzuschweifen.<br />

Die Verkündungen, die Arrius <strong>von</strong> Wulfen, der Hofgeweihte der Reichsregentin, ein Mann <strong>von</strong><br />

unerschütterlichem Glauben, zu berichten wusste, waren in ihrer Eindringlichkeit, Klarheit und Deutlichkeit<br />

dermaßen erschütternd, dass alle Anwesenden vor Betroffenheit sprachlos wurden. Am unerwartetsten jedoch<br />

war, dass sich während der Prophezeihung ein roter Flammenkranz um die Praiosscheibe tanzte!<br />

Dies waren die Worte des Verkünders:<br />

"Siehe den Tag! Er endet, wenn die Nacht anbricht!<br />

Siehe die Gier! Sie fällt den Becher, wenn Steine schreien und Vögel weichen!<br />

Siehe die Angst! Sie lacht, wenn der Himmel das Trauergewand näht!<br />

Siehe das Siegel! Es bricht, wenn die Federn golden fallen!<br />

Siehe den Abgrund! Er verschlingt, was am Ochsenflusse grast!<br />

Siehe den Zorn! Er leert den Becher, wenn Löwe und Einhorn nicht vereint!<br />

Siehe den Goldenen Altar! Er vergeht in Flammen, wenn ..."<br />

Auf Befehl des Boten des Lichts, stürzten sich da Sonnenlegionäre auf den Verkünder, warfen ihn zu<br />

Boden und machten ihn mundtot!<br />

Niemals war so etwas bisher geschehen. Fassungslos starrte die Mange auf das Geschehen, unfähig zu<br />

reagieren. Nachdem der Verkünder ins Innere eines Tempels gebracht worden war, warteten wir noch lange<br />

Zeit, ob noch etwas gesagt würde, doch vergebens…<br />

Also zogen wir los, Yuchdan und mein Wiedersehen sowie unsere Bekanntschaft mit Valen zu feiern. Es<br />

wurde ein überaus erfreulicher, langer Abend, an dessen Ende ich mich nur sehr undeutlich erinnern kann.<br />

Einige Tage später<br />

Um unser Team abzurunden, engagierte ich abermals Arwed den ehemaligen Sappeur und Schmied aus<br />

Tiefhusen, mit dem ich schon im Horasreiche zusammen gearbeitet hatte. Ein guter Mann, einfach,<br />

unerschrocken, vielleicht eine Spur zu gesetzestreu für unser Gewerbe. Nunja, zumindest weiß ich ihn<br />

einzuschätzen und komme ganz gut mit ihm aus. Er empfahl mir seinen alten Waffengefährten Lothar, Ritter<br />

<strong>von</strong> Nattersquell, einen gar formidablen Recken. Nach einem kurzen Gespräche schloss dieser sich uns<br />

ebenfalls an. Somit waren wir zu sechst: Kunhag, Yuchdan, Arwed, Valen, <strong>von</strong> Nattersquell und ich.<br />

Bevor wir abreisten, erstanden wir noch eine Fuhre Eisenschrott <strong>von</strong> alten Waffen und Schilden, damit wir<br />

im Zweifelsfalle dem Drachen Tribut entrichten könnten. Im doppelten Boden des Gefährts würden wir<br />

unsere eigenen Waffen verstauen können.<br />

Anfang Efferd


Inzwischen sind wir im Windhage angekommen. Die Reise verlief – abgesehen <strong>von</strong> einem kleinen Techtel-<br />

Mechtel mit ein paar abgerissenen Strauchdieben – erfreulich, friedlich und ruhig. Nachdem wir in einem<br />

Gasthof im Orte Widdernhall Quartier bezogen hatten, wurden wir bei Baron Gringulf, Sohn des Gromosch,<br />

einem Angroscho vorstellig, doch konnten dort nicht viel Neues erfahren.<br />

Nachdem wir einige weitere Erkundigungen eingeholt hatten, beschlossen wir einen guten Teil unseres<br />

Eisenschrotts (altes Rüstzeugs und rostige Waffen) zu versilbern (im wahrsten Sinne!), denn die Vorliebe<br />

des Drachen für altes Eisen hatte die Preise in schwindelerregende Höhen getrieben. (Und mir lagen die<br />

letzten 200 Dukaten schlimmer auf der Tasche denn je, hatten mich doch die Monate als Archivar bei<br />

halbem Sold und ohne Gefahrenzulage doch an den Rande der Armut gebracht.) Jedenfalls konnten wir<br />

unsere Spesenkasse nahezu verdoppeln – und hatten nachgerade immer noch genug Eisen, um Tribut zahlen zu<br />

können.<br />

Wir schlossen uns einem Händlerzug an, der den Schattengrundpass, welcher <strong>von</strong> Widdernhall über die<br />

Windhag Berge führet.<br />

Zwei Tage später<br />

Inzwischen sind wir in Schattengrund angekommen, Sitz derselben Baronie und mitten auf dem Pass gelegen.<br />

Den furchtbaren Wurm haben wir tatsächlich hautnah gesehen. Selten war mir so angst und bang, wie in<br />

jenem Moment. Den Göttern habe ich zu danken, dass ich über entsprechende Techniken verfüge, meinen Geist<br />

zu stählen, auf dass der Drach’ nicht meine Gedanken lesen konnte. „Wo Menschlein, habt ihr was wir<br />

suchen?“ Sandte er Worte in unseren Geiste, zusammen mit dem Bild eines gedrungenen Kämpfers in Kette,<br />

mit Helm, Schild und Spieß gerüstet.<br />

3 Tage später<br />

Endlich in Harben angekommen, dem Reichskriegshafen. Die Stimmung hier ist schlecht. Die Monate ohne<br />

Sold und mit reduzierter Verpflegung zehren an Moral und Vertrauen der Soldaten. Es ist umso dringender,<br />

dass wir unseren Auftrag erfüllen und herausfinden was dieser Drache vorhat. Es scheint mit diesem Krieger<br />

zusammen zu hängen, dessen Bild er in unseren Geist projiziert hat. Hm… gedrungen, ein Angroscho? Als<br />

Erzfeinde der Drachen könnte dies tatsächlich sein.<br />

Tage später<br />

Unsere Nachforschungen ergaben, dass der Wurm es wohl besonders auf den Schild des Kriegers<br />

abgesehen zu haben schien. So hielt er Ruhe in den Dörfern, welche Tribut zahlten, doch fiel er wieder und<br />

wieder über verschiedene Steinbrüche her.<br />

Einen Tag später<br />

Oh weh, was ist heute geschehen. Der Reihe nach. Da seltsame Vorkommnisse die Menschen in den<br />

Dörfen misstrauisch gemacht hatten, schlich ich mich in Verkleidung in eines der Dörfer, während meine<br />

Gefährten im angrenzenden Walde ausharrten.<br />

Ein Bannbaladin versicherte mir die freundschaftliche Zusammenarbeit mit der Dorfschulzin und nachdem er<br />

mich als alten Bekannten den anderen Dörflern vorgestellt hatte, wurde ich kaum mehr beachtet.<br />

Des Abends trafen sich viele Dörfler aus mehreren Weilern und hielten eine Tombola ab. Der, welcher<br />

gezogen wurde, sollte dem Drachen geopfert werden!<br />

Blanker Unsinn. Der Drache wollte diesen Schild, nicht eine Jungfrau! Doch die Dörfler waren nicht<br />

da<strong>von</strong> abzubringen, also informierte ich meine Gefährten, welche die Nichte des Dorfvorstehers, die „gewonnen“


hatte (nachdem sie nur Plättchen mit Ihrem Namen in die Urne gegeben hatte, da ihr Großvater bisher immer<br />

ihr Plättchen herausgenommen hatte) befreiten, sobald die Dörfler vom Opferplatze abgezogen waren.<br />

Doch wie lagen wir fehl! Gar grausam war die Rache des Wurmes. Er fiel über das Dorfe her und fraß,<br />

verbrannte und tötete viele Einwohner. Die ganze Nacht waren wir bemüht, Buße zu tun und die<br />

Verwundeten zu verbinden, zu heilen. Ich zauberte einen Balsam nach dem anderen, auch Valen half bis wir<br />

beide entkräftet waren. Doch das Schlimmste, war, dass wir entscheiden mussten, wem noch geholfen werden<br />

konnte – und wer die Reise übers Nirgendmeer antreten musste. Oh weh!<br />

Dirnglich wie niemals zuvor sandte der Wurm sein Verlangen nach dem Schild in unsere Gedanken. Dazu<br />

konnte ich noch einige andere Gedankenfetzen des Dorfanführers Aluris Veltron mitbekommen, die ich hier<br />

aufschreibe:<br />

Der Goldene spricht,<br />

der Diener trachtet nach dem Versunkenen.<br />

Wird ein Drache sich erheben,<br />

der Weltenbrand schwelt,<br />

die Rache wird brennen!<br />

Keinen Schimmer, was diese Worte bedeuten sollen, doch vielleicht werde ich es noch herausfinden.<br />

Die Maid, Cava Veltron, aber war unversehrt und Yuchdan, zu dem sie in Liebe entflammte, brachte sie<br />

nach Harben, damit sich der Zorn der Dörfler nicht an ihr entlüde.<br />

Die anderen Dörfler geleiteten wir nach Schattengrund, denn hier wären sie im nahenden Winter sicherlich<br />

verhungert oder erfroren.<br />

Wehe Dir Drache! Dies war Dein letzter Streich! Nun ist das Maß voll. War unser Auftrag bisher,<br />

nur herauszufinden, was Du suchst, so werde ich fortan dafür streben, Dich zur Strecke zu bringen. Dieser<br />

Überfall wird noch ein Nachspiel haben!<br />

Wenige Tage später<br />

Nun ist das Rätsel um den „Zwergenkrieger“ und seinen Schild gelöst! Wir fanden einen zwergischen<br />

Geoden, Greifax, der das Grab eines Uralten Zwergenhelden bewacht: Artox, Sohn des Athax Stahlauge,<br />

welche beide zu Lebzeiten zu den größten Drachentötern des Zwergenvolkes zählten. Bei Artox sterblichen<br />

Überresten fanden sich auch die Überreste einiger magischer Zwergenwaffen, die durch starke Magie<br />

geschützt noch immer scharf wie Rasiermesser waren! Lindwurmschläger, Dorgnapp, ein Wurmspieß und ein<br />

echter zwergischer Drachentöter, beide aus Toschkril-Stahl, der Wurmspieß sogar in Titanium gehärtet!<br />

Niemals sah ich solche Waffen. Doch der Helm des Helden war leer, Kopf und Schild fehlten!<br />

Da fielen die Teile des Puzzles zusammen: War nicht vor einigen Jahren in Kleinau, nach einem<br />

Erdrutsch im Steinbruch ein „versunkener“ Schild in einem Kalkbrocken gefunden? Der Junker des Ortes<br />

hatte diesen Schild dem Markgrafen in Harben zum Geschenk gemacht.<br />

Einen Tag später


Kraft meiner und Lothars Autorität verschafften wir uns eine Audienz beim Markgrafen – und tatsächlich<br />

dort hing der Schild an der Wand. Einfach so, als ob nichts gewesen sei. Eine magische Analyse ergab,<br />

dass dieser Schild mehr magische Energie gespeichert hatte, als jedes andere Artefakt, welches ich bisher<br />

untersucht hatte. Ein Magus des Heeres wurde gar nach Anwendung des Odem Cantus derart geblendet,<br />

dass es Stunden dauerte, bis er sein Augenlicht wieder hatte. Insbesondere der Rand des Schildes, die<br />

Speichen und der Knauf, schienen „das Artefakt“ zu sein. Der Rest war schnödes Beiwerk.<br />

Wir beschlossen, die Artefakte des Zwergenhelden zu nutzen und dem Drachen den Garaus zu machen.<br />

Arwed bewies seine Klasse als Schmied und binnen kurzer Zeit hatte er neue Stile für Wurmspieß und<br />

Drachentöter geschaffen, so wie – ein wahres Meisterstück – den Schild mit frischen Teilen versehen. Selbst<br />

Greifax war beeindruckt. Er gab uns noch eine Salbe, die uns gegen das Drachenfeuer schützen soll –<br />

hoffentlich stimmt das, stinken tut sie jedenfalls fürchterlich, aber was will man <strong>von</strong> dem zwergischen Zeugs<br />

schon erwarten?<br />

Zwei Tage später<br />

Wir sind in Schattengrund eingetroffen. Hier in der Nähe hat der Wurm seinen Hort. Wir haben uns vom<br />

Baron noch einige Soldaten zur Verstärkung mitgeben lassen. Rondra und Phex, steht uns bei, dass wir den<br />

Terror des Wurms in Bälde beenden können!<br />

Einen Tag später<br />

Es ist soweit wir können die Höhle des Wurms sehen. Er hat uns bereits mehrmals angegriffen, zwei der<br />

Soldaten getötet und Lothar mit seinem Feueratem schwerstens verbrannt. Doch dieser kam mit dem<br />

Schrecken da<strong>von</strong> – und einigen Brandblasen. Gottlob bin ich im Balsam-Cantus mittlerweile gut geübt und<br />

konnte bleibende Schäden verhindern. Bis dahin traf ihn Lothar aber mehrmals schwer mit seinem<br />

Kriegsbogen. Mit ein wenig Glück wird er in der Höhle nun seine Wunden lecken.<br />

Hoffentlich ist Lothar im Kampf wirklich so ausgezeichnet, wie Arwed versichert hat – trägt er doch Artox’<br />

Schild. Kunhag und Yuchdan werden als Spießgespann mit dem Drachentöter angreifen; dazu wird Valen<br />

den Axxeleratus-Cantus auf Kunhag sprechen, damit dieser mit dem langbeinigen Yuchdan mithalten kann.<br />

Ausserdem wird Yuchdan die seltsamen Kräfte seines Odûns nutzen um sich zu schützen und sich stärker zu<br />

machen. Bin gespannt, ob ihm dabei ein Fell wächst. Arwed trägt den Wurmspieß und Valen hat den<br />

Dorgnapp. Ich selbst bin leer ausgegangen, bin ich doch im Kampfe Mann gegen Mann bzw. Wurm eher<br />

ungeübt. Meine Aufgabe wird sein, die Gefährten mittels unterstützenden Canti zu schützen oder zu<br />

verbessern.<br />

Als wichtigsten Schutz zaubere ich einen Gardianum, der uns hoffentlich gegen destruktive Magica des<br />

Drachen schützen wird. Weiterhin zaubern Valen und ich Armatrutz, Duplicatus, Axxeleratus, Sensatacco,<br />

Attributo, Ignoratia in unterschiedlichen Kombinationen auf unsere Gefährten. Hesinde zum Lob, sind viele<br />

der Sprüche bereits in den Zauberspeichern unserer Magierstäbe vorhanden. Wir alle haben uns zudem dick<br />

mit Greifax’ Salbe eingeschmiert – bis sie alle war.<br />

Wohlan es ist soweit. Wir wagen es. Die Götter mit uns, einen Drachen zu töten, einen dreiköpfigen<br />

Riesenlindwurm gar, Wahnsinn. Ich fühle wie das Blut in Wallung gerät! Was bin ich? Magier?<br />

Krieger? Wahnsinniger?<br />

Drei Tage später


Rondra, und allen anderen elfen sei Dank, es ist vollbracht! Der Drache ist erlegt!<br />

Doch der Reiche nach:<br />

Als wir uns in die Höhle schlichen wurden wir bereits erwartet. Der Drache eröffnete den Kampf mit<br />

einem riesigen Feuerball. – Ohne meinen Gardianum, welcher gerade eben ausreichte den Feuerball ordentlich<br />

abzumildern, wären wir gewisslich alle gleich dort an Ort und Stelle verbrannt.<br />

Dann versuchte er uns mittels eines Bösen Blicks in die Flucht zu schlagen, doch dies fruchtete nur bei den<br />

verbliebenen beiden verängstigten Soldaten, die daraufhin Fersengeld gaben.<br />

Dann griffen wir an. Arwed, Lothar und das Spießgespann verteilten sich und griffen den Wurm <strong>von</strong> allen<br />

Seiten an. Ich selbst hielt mich – wie abgesprochen – im Hintergrund, um dort zu helfen wo es nötig wurde,<br />

Valen schlich durch den Ignoratia geschützt(?) um den Drachen herum.<br />

Ich nutzte die Zeit, in der sich der Drache um die anderen kümmerte um einen neuen Gardianum zu zaubern.<br />

Mit seinen drei Köpfen wusste sich der Wurm mehr als gut zu wehren. Er spuckte alle paar Herzschläge<br />

aus einem der Köpfe Feuer und mehrmals entgingen meine Gefährten nur knapp den Feuerlanzen.<br />

Kunhag und Yuchdan, tatsächlich mit Fell!, rammten den Drachentöter so hart in den Leib des Drachen,<br />

dass er dort stecken blieb und schlugen hernach mit Lindwurmschläger und Barbarenstreitaxt auf ihn ein.<br />

Lothar schlug mit seinem Rabenschnabel nach dem Drachen, doch seine Schläge waren ob der dicken Haut<br />

des Drachen fast wirkungslos. Schnell zeigte sich der Unterschied zwischen den Waffen des Zwergenhelden<br />

und „unseren“. Auch Arwed machte dem Drach mit dem Wurmspieß übel zu schaffen, obwohl dies sicherlich<br />

nicht seine bevorzugte Waffe ist.<br />

Lange wogte der Kampf, doch weder wir, noch der Drache schien überhand zu gewinnen, da schaffte es<br />

Lothar, den Schild Artox’ in die Seite des Drachen zu drücken und der Drache wälzte sich in ungeheuren<br />

Schmerzen am Boden! Sofort setzten meine Gefährten nach. Valen stieß den Dorgnapp mit beiden Händen<br />

tief in den ungeschützten Bauch des Drachen und Yuchdan konnte ihm gar zwei Köpfe in kurzer Zeit<br />

abschlagen, doch der Drache passte auf und schnappte ihn mit dem verbliebenen. Nur ein blitzschneller<br />

Paralysis Cantus meinerseits bewahrte meinen alten Freund davor, vom Drachen gefressen zu werden. Leider<br />

ging er uns damit als Kämpfer verloren, doch ich wusste auf die Schnelle keine andere Möglichkeit.<br />

Frustriert ob des harten Kriegers in seinem Maul spuckte er den versteinerten Yuchdan auf Arwed, der<br />

daraufhin zu Boden ging und den Wurmspieß verlor.<br />

Dann spuckte er abermals auf mich Feuer. Wieder wurde ich nur durch meinen Gardianum gerettet!<br />

Im Reflex versuchte ich einen Fulminictus, doch dieser verpuffte wirkungslos – zu stark war der<br />

Gedankenschutz des Drachen.<br />

Fast hätte sich der Kampf abermals gewendet, doch endlich schaffte es Kunhag den letzten Kopf (und<br />

einen bereits nachgewachsenen) abzuhacken, und der Drache fiel endlich tot zu Boden. Ich konnte es kaum<br />

glauben: der Drache tot – alle unsrigen am Leben, ich unverletzt!<br />

Sogleich machten wir uns daran die Verletzungen der Gefährten zu begutachten. Glücklicherweise tauchte auch<br />

Greifax auf, der einige Salben und Tinkturen mit sich führte.<br />

Lothar und Arwed hatten übelste Verbrennungen. Sicherlich wären sie in der Hitze am Körper des<br />

Drachen ohne die schützende Salbe <strong>von</strong> Greifax schlichtweg verbrannt.<br />

Der Rest ist schnell erzählt. Wir beschlossen, den Drachen so weit möglich auszuschlachten, um die<br />

einzelnen Teile gewinnbringend zu verkaufen. Wie ich, hat auch Arwed noch Schulden zu begleichen. Leider<br />

hat der Drache kaum Schmuck angesammelt und für den Abtransport des vielen Eisenschrottes haben wir<br />

nicht genügend Wagen und Leute. Doch mit der Belohnung <strong>von</strong> 400 Dukaten und den vielen Schuppen,<br />

sowie Knochen, etc. lässt sich sicherlich auch mehr als eine Goldmünze verdienen.


Weit wichtiger mag mir jedoch scheinen, dass ich vom Markgrafen mit dem Titel „Edler vom Windhag“<br />

belohnt wurde! Auch die anderen bekamen diesen Titel verliehen. Zudem dürfen wir als Drachentöter eines<br />

Riesenlindwurms den großen Drachen partiell im Schilde führen. Nun, da ich momentan noch gar kein<br />

Wappenschild besitze, werde ich mich darum kümmern, sobald ich wieder in Gareth bin.<br />

Außerdem beschlossen einige, sich eine Rüstung aus Drachenschuppen fertigen zu lassen, Kunhag hat da<br />

beste Kontakte. Ich werde wohl meinen Teil – nachdem ich meine restlichen Schulden gänzlich abbezahlt<br />

habe (nach über 20 Jahren, endlich!) fast komplett den Göttern, insbesondere dem Travia-Tempel zu<br />

Rommilys spenden. Schließlich verdanken wir diesen Sieg allein den Götter und dem Mut, den sie uns gaben!<br />

Wer hätte das gedacht, „Drachentöter Travin Gerdenwald, Edler vom Windhag!“ – Und das obwohl ich<br />

dem Drachen nicht einen Kratzer zufügen konnte. Nun gut, ohne meine Schutzzauber wären meine Gefährten<br />

gewisslich gestorben, so sollte auch ich mir diesen Titel verdient haben.<br />

Jedoch habe ich nun auch einige Bedenken. Die Drachin, denn augenscheinlich war es ein Weibchen trug das<br />

Zeichen der Menacoriten und eine weitere Glyphe (die später als Symbol des Umbracor gedeutet wurde).<br />

Sie war augenscheinlich eine Agentin des Hohen Drachen Menacor! Wir erlebten einen Gedankenstrom aus<br />

den Erinnerungen der uralten Drachin, die wohl Shirchtavenen genannt wurde, darin sahen wir einen riesigen,<br />

furchteinflößenden Drachen (Umbracor?), der uns das Gefühl übermittelte, den Schild bewahren zu wollen –<br />

und uns vor einem goldenen Drachen besorgt warnen wollte.<br />

Hat dies etwas mit der Prophezeiung zu tun? Was haben wir nur angerichtet?<br />

Mitte Travia, Punin<br />

Wir haben den Schild nun an die Acadmica zu Punin zur weiteren Analyse gebracht. Mal sehen, ob die<br />

dort mehr herausfinden. Nachdem ich die Nützlichkeit des Gardianum erleben konnte, habe ich in Punin ein<br />

Artefakt aus einer Schuppe in Auftrag gegeben, welches einige Anwendungen dieses Zaubers speichern kann,<br />

nebst dem äußerst praktischen Armatrutz. Leider wird die Fertigstellung des Artefakts noch eine Weile<br />

dauern. Außerdem erstand ich eine Kugel um sie mit dem Schutzzauber gegen Untote zu versehen, nochmals<br />

soll mir etwas wie in der Nekropole in Yaquirofest nicht passieren!<br />

Kunhag hat uns übrigens verlassen, um bei seinen zwergischen Verwandten die Drachenschuppen-Rüstungen<br />

in Auftrag zu geben, sowie für jeden aus einem echten „Drachenzahn“ auf Basis eines echten!<br />

23. Travia, Punin<br />

Die gelehrten Herren und Damen hier sind anscheinend doch nicht so unfähig wie ich zynisch vermutet habe.<br />

Sie konnten den Schild mit einem sagenhaften Artefakt aus Titanium (!) in Verbindung bringen, welches der<br />

Ring des Mahaleth genannt wird. Angeblich soll dieses Artefakt neben dem Donnersturm mehr vom<br />

Metall der Götter beinhalten, als auf ganz Dere sonst zu finden ist. – Kein Wunder wird man bei einem<br />

unvorsichtigen Odem nahezu geblendet.<br />

30. Travia, 1027 BF Burg Aulebein<br />

Noch zwei Tage bis nach Gareth. Dort werden wir endlich persönlich berichten was wir erlebt haben. Aber<br />

die Abwicklungen der Verkäufe, die Untersuchungen haben einfach deutlich länger gedauert, als angenommen.<br />

Ich habe mir auch ein kleines Brevier mit der Thesis des Reversalis-Cantus gekauft und übe nun fleißig.<br />

Sollte ich wieder einem Drachen begegnen, werde ich hoffentlich in der Lage sein, mit einem Reversalis<br />

Ignifaxius „Eindruck“ zu schinden.


Heute sind wir auf Burg Aulebein in der angeschlossenen Herberge eingekehrt. Scheint ein ruhiger Abend<br />

zu werden.<br />

4. Boron, 1027 BF, Gareth<br />

Ruhig, <strong>von</strong> wegen. Wieder einmal sind wir gerade noch mit dem Leben da<strong>von</strong>gekommen. Doch ich greife<br />

wieder mal vor.<br />

Die Burgherrin, eine gewisse Rittfrau Brechgelde <strong>von</strong> Aulebein, vermutlich eine verarmte Adlige und<br />

außerdem eine dicke, ungepflegte und unangenehme Zeitgenossin <strong>von</strong> etwa fünfzig Götterläufen, scharwenzelte<br />

andauernd um uns herum und versuchte „es uns recht zu machen“, war dabei aber so plump und aufdringlich,<br />

dass es mehr als peinlich war.<br />

Die anderen Gäste, einige Söldner der Uhdenberger Legion, eine Herumtreiberin namens Salvine und eine<br />

Art Krämer mit Namen Galwen sorgten für „Stimmung“. Es schien wahrlich, ein üblicher Abend in einem<br />

Gasthaus zu werden.<br />

Doch weit gefehlt: Kurz nach unserer Ankunft traf der Totenzug des Reichsbehüters Brin <strong>von</strong> Gareth ein,<br />

der am 1. Boron in seinem Mausoleum im Tal der Kaiser bestattet werden sollte. Traditionell waren nur<br />

7 Begleiter bei diesem Zug. Reichsregentin Emer und die restlichen hohen Herrschaften warteten wohl<br />

bereits im Tal der Kaiser. Im Gefolge des toten Königs waren der 2. Hofmagus Melwyn Stoerrebrandt,<br />

der Edle Ludalf <strong>von</strong> Wertlingen, Marschall <strong>von</strong> Greifenfurt, einst enger Vertrauter Brin’s, der Hüter des<br />

Raben Utharion, der Hochgeweihte des wichtigsten Boron-Tempels zu Gareth. Dazu noch ein Golgarit und<br />

drei wackere Panthergardisten.<br />

Kurz nachdem wir zu Abend gegessen hatten, begann es merkwürdig zu werden. Draußen heulte der Sturm<br />

und man konnte fast meinen, menschliches Heulen im Sturm zu hören. „Das ist der Gemahl der Burgfrau“,<br />

wisperte eine Schankmagd, „sie hat ihn vor 20 Jahren verhungern lassen!“ – Ammenmärchen, so dachte ich.<br />

Zahlreiche Gäste klagten über Übelkeit und Brennen im Magen, darunter auch ich selbst. Meister<br />

Stoerrebrandt erwischte es gar so schlimm, dass er zu Bett gebracht werden musste.<br />

Später erschien noch ein anfangs verdächtiger Fremder, der sich jedoch als Boroni aus Al’Anfa entpuppte<br />

und sich mit seiner Gnaden Utharion deftiglich über Art & Weise der richtigen Bestattung Brin’s stritt.<br />

Dann tauchten einige Dörfler auf und berichteten dass jemand auf dem Boronanger des Dorfes Grabsteine<br />

umgeworfen hätte. Sofort rüsteten die beiden Boron Geweihten um dies zu untersuchen. Einige <strong>von</strong> uns<br />

begleiteten die Boronis zum Grabfeld. Dort mussten wir Schreckliches feststellen. Jemand hatte den<br />

Boronanger entweiht, Grabsteine umgeworfen und mit dem Blut geköpfter Raben bespritzt. Und bereits kurz<br />

darauf bewahrheiteten sich unsere schlimmsten Befürchtungen: Skelette und Untote begannen sich aus den<br />

Gräbern zu erheben. Doch nicht nur menschliche Leiber wühlten sich aus der Erde, auch die Überreste <strong>von</strong><br />

Tieren und sogar einige Goblins wankten alle Richtung Burg. Wie durch ein Wunder wurden wir nicht<br />

beachtet. Schnell rannten wir zur Burg, zogen die Brücke hoch und bemannten die Zinnen.<br />

Doch dies verschaffte uns leider nur kurzfristig Schutz. Stunde um Stunde rannten die Untoten gegen die<br />

Mauern an. Schließlich warfen sie kleine Tierskelette, Hunde, Katzen, Ratten und Mäuse über die<br />

Burgmauer. Schließlich schafften sie es die Burgmauern zu ersteigen. Ich ärgerte mich schwarz, dass ich<br />

zwar eine Magier-Kugel neu erworben hatte, aber noch keine Zeit gefunden hatte, sie mit dem Schutzfeld<br />

gegen Untote zu verzaubern. Nun war es zu spät und die Untoten schienen Stunde um Stunde stärker zu<br />

werden!


Wir schlugen uns tapfer und verteidigten den Burgfried, in welchen wir auch den Sarkophag des Königs<br />

geschafft hatten, soweit es möglich war. Auch die Uhdenberger, selbst die drei Orken unter ihnen halfen<br />

tapfer, doch einer um den anderen fiel unter dem stetigen Ansturm der Untoten. Selbst der Golgarith wurde<br />

zerrissen. Schlimmer noch, kurz danach erhoben sich die unsrigen um sich in das Heer der Toten einzureihen.<br />

Irgendetwas schien die Untoten anzuziehen. Ich konzentrierte mich und wob den Occulus Cantus und suchte<br />

die Umgebung ab. Da sah ich zusammenströmende Kraftlinien zum obersten Stock des Turmes.<br />

Irgendetwas war dort oben, das die Untoten magisch anzog. Auch meinte ich einen dünnen Faden in den<br />

Himmel streben zu sehen, der unheimlich glomm und pulsierte. Sicherlich eine Verbindung zu Thargunitoth,<br />

dachte ich mir.<br />

Während der letzte Panthergardist, <strong>von</strong> Wertlingen, den Boronis, Rittfrau Brechgelde, Arwed und<br />

Yuchdan die Türe zum Burgfried verteidigten, stürmten Lothar, Valen und ich schnell die Treppen hoch und<br />

wuchteten die schwere Luke zum obersten Stockwerk auf. Doch es war jemand oben und hüllte sich in<br />

magische Dunkelheit! Ohne zu zögern stürmten Lothar und Valen den Raum. Doch der Paktierer, denn nur<br />

ein solcher konnte es sein, schien übermenschliche Kräfte zu haben, und einen deutlichen Vorteil in seiner<br />

selbst-erschaffenen Dunkelheit. Da ich zwar den „Veränderung aufheben“-Cantus beherrsche, dieser jedoch zu<br />

lange dauert, um ihn im Kampfe zu sprechen, wob ich statt dessen eine eigene Dunkelheitszone. Lothar und<br />

Valen mussten sich sowieso blind verteidigen, doch nun war auch der Paktierer entsprechend behindert.<br />

Vorsichtig durch die Luke blicken, konnte ich nur dank des aktiven Occulus einen an die Wand geketteten,<br />

mumifizierten Leichnam sehen, der sich wie in Qualen hin und her wandte und in welchem eine Art Banner<br />

steckte. Ein alter Fetzen Stoff mit einer goldenen Hand. Daneben sah ich den verzweifelten Geist des<br />

Gemahls der Rittfrau wie er um seinen Körper trauerte. – So stimmte es denn doch, dass die verderbte Edle<br />

ihren Gemahl hat Hungers sterben lassen!<br />

Schnell kletterte ich in den Raum, in dem Lothar und Valen sich immer noch blind gegen den Paktierer<br />

wehrten. Wir mussten das unheilige Banner vernichten, alles andere zählte nicht. Es galt den Sarg mit<br />

Brin’s Leichnam zu schützen – koste es was es wolle. „Ignifaxius“ sprach ich – und visierte das Banner an!<br />

Von meiner Flammenlanze getroffen ging es in Flammen auf! Während unten die Untoten wieder zu Staub<br />

zerfielen, stürzte sich der Paktierer voller Wut auf mich und schmetterte mir seinen Hammer in den Rücken.<br />

Mit zerbrochenem Rückrad ging ich zu Boden und dachte das wäre das Ende. Doch meine Gefährten<br />

warfen sich zwischen mich und den wütenden Paktierer und während sie ihn zurücktrieben, konnte ich mit<br />

schwindenden Kräften den letzten Balsam-Cantus aus dem Zauberspeicher meines Stabes, den ich gottlob<br />

noch in Händen hielt, auslösen.<br />

Wütend stürzte ich mich mit erstarkenden Kräften <strong>von</strong> hinten auf den Paktierer und trieb ihm meinen Degen<br />

durch den Rücken. Auch die anderen warfen sich auf ihn und gemeinsam schmetterten wir ihn zu Boden und<br />

töteten ihn. Kaum zu glauben, es war dieser besoffene Krämer, der uns noch vor wenigen Stunden – die mir<br />

wie Tage vorkamen – hübsche Marmorfigürchen verkaufen wollte.<br />

Doch noch während er sein Leben aushauchte, konnten wir sehen, dass Rhazzazor der schwarze Drache, sein<br />

Herr und Meister über irgendeinen finsteren Verständigungszauber das Versagen seines Handlangers im<br />

gleichen Augenblick erfahren hatte! Und nun war er auf dem Weg, Galwen’s finsteres Werk zu vollenden.<br />

Auch als frischgebackener Drachentöter, hatte ich nicht geglaubt, mich in dieser kurzen Zeit erneut einem<br />

Drachen, noch dazu dem furchtbarsten <strong>von</strong> ihnen, dem untoten Rhazzazor, stellen zu müssen!<br />

Es war klar was er wollte: den Leichnam Brin’s damit dieser als Kaiser seiner Untoten-Armee dienen<br />

sollte.


Wir überlegten was zu tun sei – und da wir alle, angeschlagen, ohne Aussicht auf rechtzeitigen Entsatz<br />

chancenlos gegen den Drachen waren, entschlossen wir uns, Phexen’s Pfaden zu folgen.<br />

Unter dem Protest Utharions, öffneten wir den Sarkophag, um Brin’s Leichnam gegen den eines der vielen<br />

Toten, die auf dem Schlachtfelde lagen, auszutauschen. Nach einiger Suche fanden wir einen geeigneten<br />

„Ersatz“. – Doch was mussten wir feststellen? Jemand hatte den wertvollen Stirnreif vom Toten gestohlen!<br />

Welch ein Frevel! Doch Phex war mit uns, und die Übeltäterin war schnell gefasst: Salvine war es, die<br />

damit wohl ein sorgenfreies Leben zu bestreiten hoffte – und stattdessen ihr Leben verwirkt hatte.<br />

Gerade noch rechtzeitig schafften wir es des König’s Leichnam zu verbergen und durch einen kürzlich<br />

verstorbenen zu ersetzen; diesem Leichentuch und Mantel <strong>von</strong> Brin anzuziehen, und ihn notdürftig so<br />

herzurichten, dass er einer schnellen Inspectio des Drachen würde stand halten können. Brin aber versteckten<br />

wir in einer der Scheunen zusammen mit anderen Toten.<br />

Dann machten wir uns bereit, den Sarg mit Leib und Leben zu verteidigen, denn nur so würde der Drachen<br />

keinen Verdacht schöpfen. Von Wertlingen, die beiden Boronis, der letzte Panthergardist, und einige <strong>von</strong><br />

uns, darunter auch ich meldeten sich freiwillig, notfalls ihr Leben zu geben um die Scharade zu vollenden.<br />

Die anderen versteckten sich, um später den echten Leichnam Brin’s zu retten.<br />

Es graute bereits der Morgen, als der Drache kam. Bereits Minuten vor seiner eigentlichen Ankunft<br />

konnten wir seine Präsenz spüren. Dämonische Fäulnis bedrückte unseren Atem und wir mussten allen Mut<br />

zusammen nehmen, um nicht einfach da<strong>von</strong> zu laufen. Doch eisern hielten wir unsere Waffen. Die Boronis<br />

gaben ihre letzte Kraft und stimmten einen heiligen Choral an – trotz verschiedener Ansichten um Tradition<br />

und Lehre im Angesicht des nahen Todes, tief im Glauben vereint.<br />

Ich selbst wappnete mich, wie ich es gelernt hatte, stählte meinen Willen, um eine Beherrschung zu<br />

erschweren und verstärkte dies durch einen Psychostabilis-Cantus. Außerdem verfluchte ich mich abermals,<br />

dass meine Kugel noch nicht zum Schutzfeld gegen Untote verzaubert war.<br />

Dann war er da. Allein <strong>von</strong> seiner dämonischen Präsenz wurden wir zu Boden gedrückt, als er über uns eine<br />

Kurve zog. Alptraumhafte Schemen schwirrten durch meinen Geist und vernebelten mir fast die Sinne. Meine<br />

Nackenhaare stellten sich auf, doch so sehr hat mich mein Gefahreninstinkt noch nie in die Eingeweide<br />

gestochen. Fleischbrochen und -fetzen regneten auf uns herab, während sich ein gigantischer Schatten über den<br />

Burghof legte. Dann setzte er auf. Nur durch seine körperliche Masse wurde eine ganze Außenmauer<br />

umgeworfen. Zwischen seinen bleichen Rippen, konnte ich nur Schwärze sehen und in meinem Kopf explodierte<br />

seine Stimme: „Sei mein König der Toten!“<br />

„Niemals sollst Du Brin bekommen“ röchelten wir mehr, als wir schreien konnten – und griffen an. Wie<br />

lästige Fliegen fegte uns Rhazzazor beiseite. Magister Melwyn’s Schutzkugel schien in gar nicht zu<br />

interessieren, ebenso wenig der Schutzkreis der Geweihten. Magister Melwyn schoss einen Ignifaxius auf ihn<br />

ab, doch er zeigte kaum Wirkung. Mit einem Prankenhieb schleuderte ihn der Drache viele Schritt durch die<br />

Luft. Nach wenigen Herzschlägen stand kein Verteidiger mehr zwischen Rhazzazor und dem Sarkophag.<br />

Gierig packte er ihn mit einer Pranke, und ohne sich daran zu stören, dass der zweifach gesegnete Sarkophag<br />

ihm das Fleisch verbrannte, hob er ab und flog da<strong>von</strong>.


Wir konnten kaum glauben, dass es vorbei war. Viele waren in dieser Nacht in Borons Hallen<br />

eingegangen. Möge Marbo sich um sie kümmern und ihre Seelen Frieden finden. Den Göttern sei Dank,<br />

war keiner meiner Gefährten unter den Opfern. Doch vom Leichenzug Brin’s lebten nur noch Magister<br />

Melwyn und Marschall Ludalf <strong>von</strong> Wertlingen. Auch Bruder Huesudo, der Boroni aus Al’Anfa,<br />

sowie Rittfrau Brechgelde und Salvine die Dieben hatten überlebt, nebst einigen der Angestellten der<br />

Herberge.<br />

Rondra möge die Seelen der tapferen Uhdenberger, die trotz ihrer ruppigen Art, oder ihrer orkischen<br />

Herkunft, wacker fochten und mit ihrem Opfer unser Überleben und die Rettung <strong>von</strong> Brin’s Leichnam<br />

erkauften. Auch die Panthergardisten, der Golgarith Eberwulf <strong>von</strong> Aschenfeld und Hüter des Raben<br />

Utharion gaben ihr Leben für unseren toten König. Möge auch ihnen der Frieden Borons angedeihen und<br />

sie Einlass in die Paradeise Alverans finden! Ich werde für sie alle im Tempel beten, sobald ich in Gareth<br />

angelangt bin.<br />

Kurze Zeit später erreichten Reichsregentin Emer und Königin Rohaja zusammen mit einer halben<br />

Kompanie der Panthergarde, Bogenschützen und einem Duzend Hofgeweihten und Hofmagiern die<br />

Überreste der Burg. Nachdem wir berichtet hatten was vorgefallen, schwor Emer Rache an dem Frevel des<br />

Wurmes!<br />

Ihre königliche Majestät Rohaja jedoch dankte uns überschwänglich, dass wir den Leib ihres Vaters mit<br />

unserem Leben verteidigt hatten und erlaubte uns anstelle der Gefallenen den Totenzug zu bestellen – welch<br />

eine große Ehre!<br />

Da auf die Schnelle kein anderer Boroni zu beschaffen war, wurde Brin <strong>von</strong> Bruder Huesudo nach<br />

Al’Anfanischem Ritus am Abend des 1. Boron 1027 BF / 34 Hal beigesetzt; uiuiui, wenn das der<br />

Rabe <strong>von</strong> Punin erfahren sollte… Doch es war uns allen klar, dass der Leichnam Brin’s so schnell als<br />

möglich in die Sicherheit seines Mausoleums geschafft werden musste. Auch Yuchdan, der wie ich damals in<br />

Greifenfurt dabei war, als uns Brin selbst, zusammen mit einigen der größten Helden, die später als<br />

Gezeichnete bekannt wurden, und dem Entsatzheer die Breite heraufkam, wollte ihn nach Art der<br />

Gjalskarländer verabschieden und sprengte sein Haupt mit Salzwasser.<br />

Danach gaben unsere Leiber den Anstrengungen der Nacht nach und wir fielen auf die Betten, die man für<br />

uns bereitgestellt hatte. Als wir am Nachmittage des nächsten Tages erwachten, waren Reichsregentin Emer<br />

nebst Königin Rohaja bereits abgereist.<br />

Wir erfuhren dass die Reichsregentin einen antiken Speer aus Kaiser Retos Waffenkammer in Gareth<br />

holen wollte und auf dem Weg zur Trollpforte sei, um Rhazzazor den Krieg zu erklären und nach alter<br />

Tradition den Speer zu werfen. Rittfrau Brechgelde und die Diebin Salvine aber waren dem Henker ob<br />

ihrer Verbrechen übergeben worden.<br />

Frohen Mutes machten wir uns auf den Weg nach Gareth, das wir dann auch heute kurz vor der 8.<br />

Abendstunde erreichten.<br />

Boron – Firun 1027 BT


Nachdem wir alles berichtet haben, ist es nun etwas ruhiger geworden. Ich habe die Zeit genutzt und endlich<br />

meine neue Kristallkugel an mich gebunden und mit dem Schutzfeld wider Untote verzaubert. Wehe, wenn<br />

ich nochmals gegen die Diener Thargunitoths antreten muss! Nun bin ich gewappnet!<br />

Auch den Reversalis übe ich weiter fleißig und konnte schon kleine Fortschritte verzeichnen. Allgemein,<br />

scheine ich noch Bücher wälzen zu müssen und mich mit dem Merkmale der Metamagie auseinander setzen<br />

zu müssen, um diesen Zauber zu meistern.<br />

Meine Gefährten sind derweil nach Hause zurückgekehrt. Herr <strong>von</strong> Nattersquell hat Arwed erlaubt, dass<br />

er seine Schmiede in im Dorfe Nattersquell eröffnen darf und auch das junge Ding, welches Yuchdan<br />

gerettet hatte, hat er in seine Dienste übernommen. – Wahrlich nobel. Yuchdan jedenfalls möchte den<br />

Traviabund mit der Hübschen schließen, was ich nur gutheißen kann. Valen indes ist hier in Gareth<br />

geblieben, um ein wenig zu studieren. Wir treffen uns regelmäßig auf 1-2 Krüge Bier.<br />

Mitte Firun 1027 BF<br />

Heute habe ich einen Brief bekommen, und was für einen! Eine Einladung zum Frühjahrs-Turnei <strong>von</strong><br />

Gareth! Wusste gar nicht, dass ich da teilnehmen darf.<br />

Ah,… außerdem wird mir mitgeteilt, dass ich (und auch meine Gefährten) zum Ritter des Reiches geschlagen<br />

werden soll und dazu den Reichsorden am purpurnen Bande 3. Klasse verliehen bekommen werde. Das<br />

unglaublichste aber ist, dass wir alle zum Ehrenritter des Hauses Gareth geschlagen werden sollen!<br />

Königin Rohaja, muss sehr dankbar sein, wenn sie uns eine derartige Gunst gewährt!<br />

Einher gehen mit diesen Ehrungen die Erhebung in den niederen Adelsstand, das Recht Schwert &<br />

Wappenschild zu führen, sowie eine nette Leibrente <strong>von</strong> 100 Dukaten im Jahr.<br />

Nicht schlecht, Travin es scheint Dein Lebensabend ist gesichert!<br />

Ende Firun 1027 BF<br />

Habe nun einige Zeit darüber nachgedacht, tatsächlich am Turnei teilzunehmen. Natürlich nur im<br />

Wettbewerb der leichten einhändigen Waffen. Doch ich denke, dies wäre zu vermessen. Stattdessen werde ich<br />

mir Karten für die besten Plätze leisten, die mir noch zustehen. Als künftiger Ehrenritter des Hauses<br />

Gareth darf ich mich ruhig in der Nähe der kaiserlichen Familie zeigen. Ich denke meine Tage als<br />

Verdeckter Ermittler sind bald gezählt. Nun gut, ich bin bereit auch öffentliche Ämter und Würden zu<br />

bestreiten. Habe ich nicht lange Jahre Geschichte, Götterkunde, Geographie und Staatskunst studiert? Auch<br />

im Umgange mit Menschen bin ich erfahren und geübt.<br />

Mitte Tsa 1027 BF<br />

Habe meinen alten Gefährten geschrieben – und endlich Antwort bekommen. Wir werden uns Ende Phex<br />

zum Turnei alle wieder sehen! Lothar wird natürlich an fast allen Wettbewerben teilnehmen, doch auch<br />

Arwed, Yuchdan und Valen wollen sich in verschiedenen Disziplinen versuchen.<br />

Nun gut, ich werde mir das Spektakulum aus der Loge anschauen, für die ich mir Karten bestellt habe –<br />

überdacht versteht sich!<br />

Ich muss aufpassen, dass ich nicht dekadent werde, doch ich denke dieses Turnei wird ein einmaliges Ereignis<br />

und die Götter mögen mir vergeben, wenn ich mir zum ersten Mal meines Lebens ein wenig Luxus leiste.<br />

Rahja bestimmt. hihi<br />

Mitte Phex 1027 BF


Meine Gefährten sind nun eingetroffen und haben ein Turnierzelt auf dem Turniergelände bezogen. Warum<br />

der Geweihte der Leuin ausgerechnet Yuchdan ermahnen musste, den Turnierfrieden zu wahren, weiß er wohl<br />

nur selbst, ist doch Yuchdan ein Ausbund <strong>von</strong> Anstand und guten Manieren.<br />

26. Phex 1027 BF, Avestag<br />

Heute sind gar seltsame Dinge geschehen: Vögel fielen tot vom Himmel und ein Avesgeweihter gab im<br />

Beisein <strong>von</strong> Valen eine seltsame Prophezeihung (?) <strong>von</strong> sich: „Wo Vögel nicht sind, soll der Mensch nicht<br />

sein.“ Seltsame Burschen, diese bunten Vögel.<br />

Ich suchte aufgrund dieser Phänomene mittels des Occulus-Cantus den Himmel ab, doch konnte ich dort nur<br />

noch Spuren einer mächtigen magischen Präsenz feststellen. Leider konnte ich dies nicht weiter klassifizieren<br />

oder sonst zuordnen.<br />

29. Phex 1027 BF, 1. Tag des großen Frühlings-Turneis<br />

Wie üblich beginnt das Turnei mit der altehrwürdigen Tjoste. Allerdings nicht nach weiden’schem Stil, bei<br />

welchem die Kämpen nach dem Lanzengange zu Boden weiterkämpfen. Dies hat zu einigem Unmut bei<br />

einigen Rittern aus Weiden geführt, allen voran ein junger Heißsporn aus der weitläufigen Familie der<br />

Sturmfelse… hm… irgendwie kommt mir das Gesicht diese Burschen vage bekannt vor.<br />

Als das Turnier gerade begonnen hatte, sprengte ein Ritter in schwarzer Platte mit dem Wappen des<br />

dreimal verfluchten Galotta’s in die Arena! Es entstand ein ziemlicher Aufruhr, doch der Heerführer der<br />

Rondra-Kirche Rondrasil Löwenbrandt machte deutlich, dass der Turnierfrieden auch für den Schwarzen<br />

Ritter gelte – solange sich dieser ehrenhaft im Turnei verhalte.<br />

So wurde der Ritter unter dem Murren vieler zugelassen, doch allein seinen Namen wollte er nicht<br />

preisgeben. Stattdessen wird er nun als „Schwarzer Ritter“ in der Teilnehmerliste geführt. Nun, ich denke ich<br />

werde den Herrn mal genauer unter die Lupe nehmen.<br />

Sein Harnisch jedenfalls scheint deutlich magisch zu sein, ich möchte wetten, dass er Spuren <strong>von</strong> Endurium<br />

enthält. Aber da magische Waffen und Rüstungen nicht verboten sind, reicht das wohl nicht als Grund für<br />

eine Disqualifikation.<br />

Wir haben außerdem den Greifen wieder getroffen. Seit damals im Horasreiche, als ich ihm Silem Horas’<br />

Schwert übergab, hab’ ich ihn nicht wieder gesehen. Er hat uns ein seltsames Märchen erzählt. Aber ich kann<br />

mich nicht mehr daran erinnern. Seltsam. Mein Gedächtnis war doch sonst immer sehr gut…<br />

Ich muss unbedingt wieder mit Gedächtnis-Übungen beginnen. Scheint, ich bin vergesslich geworden; das ist<br />

nun schon der 2. Vorfall heute, wo ich mich nicht recht erinnern kann.<br />

Mit der Auswahl meines Platzes bin ich jedoch äußerst zufrieden. Ich kann mit Fug und Recht behaupten,<br />

dass ich für noch bessere Plätze wohl Mitglied einer der alten Adelsfamilien sein müsste. Von meinem<br />

Platz (und der <strong>von</strong> Valen, der sich auch einen geleistet hat) hatte ich eine wunderbare Sicht auf die Mitte<br />

der Arena. Der Sonnenschutz und die Mägde und Burschen, die Getränke und Gebäck servierten taten ihr<br />

übriges, mir den Tag zu versüßen.<br />

Lothar schaffte den Einzug ins Halbfinale, doch dort traf er auf einen besseren Tjoster. Es zeigte sich, dass<br />

er eben mehr Zeit im Felde, denn auf Turnieren verbracht hat. Mal sehen wie er sich bei den anderen


Wettbewerben schlägt. Er hat sich immerhin für alles außer für die Wurfwaffen und das Wagenrennen<br />

angemeldet.<br />

Zum Ärger der Zuschauer und der anderen Teilnehmer hat am Ende dann auch noch der Schwarze Ritter<br />

die Tjoste gewonnen. Aber er scheint bei allem Hass auf Galotta ein dämonisch-fähiger Ritter zu sein.<br />

30. Phex 1027 BF, 2. Tag des großen Frühlings-Turneis<br />

Heute war der Tag der leichten Handwaffen. Außer Lothar nahmen auch alle anderen meiner Freunde am<br />

Wettkampf teil. Interessant war, dass Königin Rohaja, die momentan <strong>von</strong> zwei Männern umschwärmt wird:<br />

Eslam <strong>von</strong> Eslamabad und Rondrigan Paligan. Wohl um beiden eins auszuwischen, schenkte sie ihr<br />

Tüchlein an meinen Gefährten Lothar <strong>von</strong> Nattersquell.<br />

Meine Freunde schlugen sich tapfer, doch am Ende standen sich Lothar und der Schwarze Ritter gegenüber.<br />

Nach einem spannenden Kampf konnte Lothar den Sieg für sich verbuchen – und die Menge jubelte.<br />

Eine interessante Begegnung hatte Yuchdan in der Stadt: Er bewahrte einem Tulamiden davor <strong>von</strong> drei<br />

Bannstrahlern, darunter Grisspurga <strong>von</strong> Auraleth, tot geprügelt zu werden – und es war kein geringerer als<br />

Erzmagus Dschelef ibn Jassafar, ehemalige Spektabilität zu Raschdul!<br />

Valen und ich beschlossen dem Schwarzen Ritter auf den Zahn zu fühlen und während Valen aufpasste,<br />

betrat ich sein Zelt. Doch seltsamerweise außer 1-2 Büchern konnte ich keinerlei persönliche Habseligkeiten<br />

vorfinden, nicht einmal Essen oder Trinken. Äußerst seltsam.<br />

Spät am Abend nutzte ich den Penetrizzel-Cantus, um einen Blick durch die Zeltwände zu werfen, doch der<br />

Schwarze Ritter saß auf seinem Stuhle und las in einem der Bücher. Er hatte die komplette Rüstung an und<br />

sogar den Helm auf. Nur das Visier hatte er hochgeklappt. Ich schärfte meinen Blick mit dem Adleraug-<br />

Cantus und konnte endlich erkennen wer der finstere Geselle war: Udalbert <strong>von</strong> Wertlingen, Vater <strong>von</strong><br />

Ludalf <strong>von</strong> Wertlingen und Reichserztruchsess <strong>von</strong> Galotta.<br />

Sofort informierte ich den Baron über meine Erkenntnis auf dass dieser einen der Erzfeinde des Reiches auf<br />

der Stelle festnehmen konnte. Doch als Dexter Nemrod mit einigen Sonnenlegionären im Gefolge auf dem<br />

Turnier-Gelände auftauchte um eben dieses zu tun, tauchte abermals Rondrasil Löwenbrandt auf und sprach<br />

sich für die Einhaltung des Turnierfriedens aus. Stinksauer musste der Baron wieder unverrichteter Dinge<br />

abziehen. uiuiui Das wird im nicht gefallen. Besser ich lasse mich einige Tage nicht im Hauptquartier sehen.<br />

1. Peraine 1027 BF, 3. Tag des großen Frühlings-Turneis<br />

Heute: Tag des Fernkampfes. Sowohl Bogen als auch mit Wurfwaffen wird gekämpft. Die<br />

Ausscheidungs-Wettbewerbe sind leidlich spannend, nehmen doch am Bogen-Turnier sowohl Lothar als auch<br />

Arwed teil. Und bei den Wurfwaffen ist Yuchdan mit dem Speer mit <strong>von</strong> der Partie.<br />

Am Ende gewinnt tatsächlich Lothar das Bogenturnier! Arwed wird knapp 4. Schade, hätte ihm auch einen<br />

Platz unter den ersten Drei gegönnt.<br />

Wesentlich interessanter als das Turnier heute allerdings sind die Begebenheiten, abseits des Turniers<br />

geschehen sind:<br />

Heute Morgen musste Lothar feststellen, dass sein brandneues Tuzakmesser, welches ihm Arwed<br />

geschmiedet hatte gestohlen worden war! Aus seinem Zelt heraus! Frechheit!


Valen verfolgte den Dieb, der sich wie ein Page gekleidet hatte, doch in der Stadt stieß er mit einem<br />

Angroschim zusammen, der ein langes Packet mit sich führte und damit andauernd andere Passanten<br />

anrempelte. Leider nutzte der Dieb diese Gelegenheit und entwischte daraufhin. Immerhin konnte er noch eine<br />

halbwegs brauchbare Beschreibung geben: ein blonder Jüngling, mit einem Wams auf dem Zirkel, Lineal &<br />

Rad abgebildet waren. Vorsorglich informierte ich alle Wachen des Turnierplatzes nach einer derartigen<br />

Person Ausschau zu halten.<br />

Heute Abend dann traf Valen abermals auf den Angroschim. Diesmal jedoch war der Angroschim gerade<br />

dabei in einem kleinen Fluss zu ertrinken, was er gewisslich auch geschafft hätte, hätte Valen ihn nicht<br />

herausgezogen. Da der junge Angroschim sich nur in Rogolan verständlich machen konnte, brachte ihn Valen<br />

zu mir. Es stellt sich heraus, dass es sich um Laurom, Sohn des Arom, den Prinzen <strong>von</strong> Waldwacht<br />

handelte. Er war zu Tode betrübt und faselte dauernd etwas da<strong>von</strong>, dass er nun tiefe Schande über sich und<br />

das hochwürdige Väterchen gebracht habe. Nun das stimmte. Denn in dem länglichen Packet befand sich<br />

wohl eine Lanze, welche König Brin vor über 7 Jahren bei seinem Vater in Auftrag gegeben hatte und die<br />

unendlich wertvoll war.<br />

Wenigstens konnte der Bub, denn um nichts weniger handelte es sich bei dem Angroschim, eine Beschreibung<br />

der Diebe abgeben:<br />

1. ein alter, sehniger Mann mit zotteligem, grauem Haar und einem speckigen Umhang,<br />

2. eine junge Frau, klein, flink in ihren Bewegungen mit einem schwarzen Zopf,<br />

3. ein blonder Jüngling mit Kurzschwert auf dessen Wams Zirkel, Lineal & Rad abgebildet waren,<br />

Moment – diese Beschreibung kam mir gleich bekannt vor – und tatsächlich. Nach einigen weiteren Fragen<br />

war ich mir sehr sicher, dass es sich um denselben Kerl handelte, der auch das Tuzakmesser gestohlen hatte.<br />

2. Peraine 1027 BF, 4. Tag des großen Frühlings-Turneis<br />

Der heutige Tag verlief äußerst turbulent. Seltsam, dass sich an manchen Tagen die Ereignisse fast<br />

überschlagen, und an anderen plätschert das Schiff der Zeit durch ruhige Gewässer.<br />

Im Turnier wurden heuer die schweren Handwaffen ausgefochten. Wichtigste Teilnehmerin war sicherlich<br />

Königin Rohaja persönlich, die es sich nicht nehmen ließ, an diesem Wettbewerb mitzustreiten.<br />

Auch Yuchdan und Arwed nahmen teil, selbstredend dass Lothar und der Schwarze Ritter ebenfalls um<br />

den Sieg kämpften. Lothar war nach zwei gewonnenen Wettbewerben zum Favoriten für den Gesamt-Sieg<br />

erklärt worden. – Und die Menge wollte nichts lieber sehen, als wie er den Schwarzen Ritter in den Staub<br />

schickte.<br />

Doch bevor die Wettbewerbe begannen suchte ich einige meiner Kontaktstellen der Agentur auf und übergab<br />

ihnen die Personenbeschreibungen der Waffendiebe. Ich bat darum sie nur aufzufinden und mich hernach zu<br />

benachrichtigen, wenn einer oder mehrere lokalisiert sind. So nun wollen wir mal sehen, ob Gareth groß genug<br />

ist, auf dass ihr Euch vor der Agentur verstecken könnt!<br />

Es wurden einige spektakuläre Kämpfe gefochten an diesem Tag, der aufregendste war sicherlich der <strong>von</strong><br />

Yuchdan gegen den Schwarzen Ritter. Der Schwarze wie üblich in seiner Vollplatte, Yuchdan mit barem<br />

Oberkörper. Yuchdan sprang und wich den Hieben des Schwarzen Ritters aus mit einer Behändigkeit, die<br />

man seinem Körper kaum zugetraut hätte, doch er musste einige Schläge einstecken, die einen Troll gefällt<br />

hätten. Das Publikum johlte begeistert, doch am Ende musste auch er sich dem überlegenen Ritter beugen.


Hätte Yuchdan nicht ein Elixier vom dankbaren Dschelef ibn Jassafar bekommen, bin ich sicher, dass der<br />

Ritter ihm alle Rippen gebrochen hätte und ihn danach erschlagen hätte – so wie er es mit einem anderen<br />

Gegner praktiziert hatte.<br />

Auch das Halbfinale <strong>von</strong> Lothar gegen Rohaja, die zuvor Arwed besiegt hatte war ein Augenschmaus für<br />

die Zuschauer. Schlag, Parade, Finte, Ausfall, Gegenhalten. Funken sprühten vielmals, doch am Ende<br />

konnte Lothar den Sieg für sich entscheiden und trat im Finale gegen den Schwarzen Ritter an.<br />

Leider konnte ich diesem Kampfe (und den glorreichen Sieg Lothar’s) nicht mehr beiwohnen, denn just in<br />

diesem Moment erreichte mich ein Bote unserer Informanten, mit der Nachricht, dass der Älteste der<br />

Diebe, ein Mann namens Grau-Zottel zur Bande der Tobrier gehört und im Stadt-Teil Rosskuppel im<br />

Travia-Tempel wohnen würde. Warum ausgerechnet in einem Deiner Häuser, oh Herrin?<br />

Selbstredend werde ich Deine Gebote zur sicheren Zuflucht achten, meine Göttin, doch er wird hoffentlich<br />

nicht für immer in Deinem Hause bleiben.<br />

Schnell machte ich mich auf in den Stadtteil Rosskuppel, um die Diebe dingfest zu machen, und Laurom’s<br />

Ehre wieder herzustellen.<br />

In Rosskuppel angekommen, fragte ich mich ein wenig durch, nutzte meine Fähigkeiten, die Sprache, Gestik<br />

und Verhalten des einfachen Volkes nachzuahmen. Ich fand heraus, dass Grau-Zottel der Bruder der<br />

Travia-Geweihten war. – Auch das noch.<br />

Ich entschloss mich zum Frontalangriff und betrat den Tempel, der Geweihten sagte ich, dass ich gekommen<br />

sei, mit ihrem Bruder „Geschäfte“ zu machen, ob er da wäre? Ja, aber er wolle nicht gestört werden. Leider<br />

konnte ich die Göttinendienerin nicht überzeugen, mich freiwillig einzulassen und ihr Bruder hatte wohl Lunte<br />

gerochen, denn er weigerte sich sogar mit mir zu reden.<br />

Frustriert versteckte ich mich draußen und wartete ab, ob die Schurken heraus kämen und eine neue Bleibe<br />

bezogen, konnten sie um meine Hemmungen sie im Hause der Mutter festzunehmen, ja nicht wissen.<br />

Nachdem ich lange gewartet hatte (mehrmals hatte ich erwogen in eine nahe Garnison zu eilen und mir Hilfe<br />

zu holen, doch ich wollte die Bande nicht verlieren), kamen sie endlich heraus. Ich folgte ihnen unauffällig zu<br />

einem Mietshaus und schlich ihnen nach. Sie begaben sich in eine kleine Wohnung und schlossen die Tür.<br />

Abermals benutzte ich den Penetrizzel-Cantus um mir durch die Türe einen Überblick über das Zimmer zu<br />

verschaffen, in das sie sich verkrochen hatten. Dann stieß ich die Türe auf und ließ einen vorbereiteten<br />

Paralysis-Cantus auf einen der Diebe los. Die anderen bedrohte ich mit gezogenem Degen: „KGIA, Ihr<br />

seid alle verhaftet, wer sich rührt, stirbt!“<br />

Widerstandslos ließen sie sich festnehmen, ja die beiden anderen trugen den Versteinerten gar zur nächsten<br />

Stadtwache. Dort ließ ich die Bande einkerkern. Ich stellte fest, dass sie ihr Diebesgut bereits verhökert<br />

hatten. Doch einige verbale Drohungen, brachten mir schnell den Namen des Käufers: Graf Barnhelm <strong>von</strong><br />

Rabenmund, der ebenfalls am Turnier teilnahm.<br />

Schnell eilte ich zum Turniergelände und erbat zusammen mit Valen und Prinz Laurom eine dringende<br />

Audienz beim Grafen. Kaum hatten wir sein Zelt betreten, stieß Laurom einen – für einen Angroschim –<br />

hohen Schrei aus: In einem Waffenständer im Zelt stand die verlorene Lanze, ein wahres zwergisches<br />

Meisterwerk: 9 ½ Spann lang, der Schaft aus Mohagoni-Holz, mit Handschutz, eine dreifache, verzierte<br />

schwarze Drachenklinge aus Endurium.<br />

Wir erklärten dem verdutzten Grafen den Sachverhalt, dass sein Knappe wohl aus Versehen Diebesgut<br />

gekauft habe – und wir gerne die Waffen zurück hätten, denn erfreulicherweise hatte er auch Lothar’s


Tuzakmesser. Nachdem wir im versicherten, dass er den Kaufpreis zurückbekäme (nunja fast, denn die<br />

Diebe hatten bereits ca. 50 Dukaten ausgegeben (die nachher zum Teil im Tempel des Phex und der<br />

Travia auftauchten, öhm), willigte er ein, die Waffen zurückzugeben. Laurom war so glücklich, er wusste<br />

kaum, was er sagen sollte. Nun ich werde mir jedenfalls merken, dass ich hier einen gar wichtigen Angroscho<br />

kenne, der mir einen riesigen Gefallen schuldet.<br />

Doch dies war noch nicht alles was heute geschah.<br />

Plötzlich bekam ich einen Einsatz-Befehl über meine Befehlskette: Prinz Selindian Hal <strong>von</strong> Gareth war<br />

verschwunden, der jüngere Bruder Königin Rohaja’s. Wir teilten uns auf und suchten in verschiedenen<br />

Ortsteilen. Wir erfuhren, dass er sich vermutlich in einem trance-artigen Zustand befinden würde, aus dem wir<br />

ihn auf keinen Fall, Boron behüte, erwecken sollten. Nein, wenn wir ihn fänden, dann sollten wir zusehen,<br />

dass ihm nichts geschieht, bis er <strong>von</strong> selbst erwachen würde.<br />

Einige meiner Freunde schließlich fanden ihn auf dem Weg zur Nekropole Gareths. Mir stellen sich schon<br />

die Nackenhaare auf, wenn ich nur an die vielen Toten dort denke… was wenn jemand ein Artefakt wie das<br />

Banner, das ich vernichten konnte, in Gareth aufstellen würde? Wie schnell ein Boronanger entweiht werden<br />

konnte, haben wir ja erschreckend demonstriert bekommen. Selindian jedenfalls schien tatsächlich in Trance er<br />

lief bis zum Grabe eines gewissen Coran Crassberger, auf dessen Grabstein der so genannte „Stab des<br />

Vergessens“ abgebildet war, ein dreiteiliger Stab mit den Teilen „Vergessen“, „Erinnern“ & „Verfolgen“.<br />

Seltsam meinem Kenntnisstand nach, dachte ich, der „Stab des Vergessens“ hätte nur 2 Glieder… Ich muss<br />

das bei Gelegenheit nachforschen. Auch über diesen Crassberger sollte ich Nachforschungen anstellen. Wer<br />

war er? Woran ist er gestorben? Wann? Das Übliche.<br />

Die letzte mysteriöse Begebenheit betraf abermals den Greifen. Wieder trafen wir ihn, doch er schien<br />

abgelenkt zu sein, große Schmerzen zu haben. Anscheinend schickte er einen seiner Ucuriaten auf eine<br />

dringliche Queste, so schnell wie dieser auf seinem Pferd da<strong>von</strong>preschte. – Würde zu gerne wissen, was da<br />

los ist…<br />

3. Peraine 1027 BF, 5. Tag des großen Frühlings-Turneis<br />

Dieser Tag stand ganz im Zeichen des Wagenrennens. Den ganzen Tag liefen Vorausscheidungen bis<br />

endlich am späten Nachmittag der Endkampf der letzten 8 stattfand.<br />

Mit <strong>von</strong> der Partie: der Schwarze Ritter, Ludalf <strong>von</strong> Wertlingen (Sohn desselben!), Rondrigan Paligan<br />

und weitere bekannte Streiter.<br />

Es war spannend. Insbesondere der Zweikampf zwischen dem Schwarzen Ritter und <strong>von</strong> Wertlingen, Vater<br />

und Sohn, zog die Zuschauer in seinen Bann. Von Wertlingen musste wissen, dass sich hinter dem Visiere<br />

des Schwarzen Ritters sein Vater verbarg, setzte er doch alles daran über ihn zu triumphieren.<br />

Doch in ihrem Eifer hatten sie eine gar spektakuläre Karambolage und verloren beide alle Chancen auf den<br />

Sieg mehr hatten. Den holte sich Rondrigan Paligan mit nur knappem Vorsprung vor dem Zweiten, Baron<br />

Raul <strong>von</strong> Baernfarn.<br />

Tatsächlich trugen sich an diesem Tage keine weiteren merkwürdigen Begebenheiten zu.<br />

4. Peraine 1027 BF, 6. & letzter Tag des großen Frühlings-Turneis<br />

Dafür geschah an diesem Tage um so mehr.


Der Tag begann mit dem letzten Wettbewerbe, dem Buhurt. Einer Art Massenschlacht zu Pferde, bei<br />

der es darum geht dem Gegner den Helmschmucke mit dem Schwerte herunter zu schlagen. Besonders pikant<br />

war, dass sowohl der Schwarze Ritter, als auch Lothar <strong>von</strong> Nattersquell fast gleich viele Punkte vorweisen<br />

konnten und für beide der Gesamt-Sieg zum Greifen nah lag.<br />

Lange wogte die „Schlacht“, dann waren nur noch wenige Kämpen übrig, auf Seite <strong>von</strong> Lothar waren noch<br />

Rondrigan Paligan und Oberst Alrik <strong>von</strong> Blautann übrig, auf der Gegenseite war noch der Schwarze<br />

Ritter nebst einigen Gesellen übrig.<br />

Mit einem mutigen Angriff stürzte sich Lothar auf den Schwarzen Ritter und mit wilden Schlägen konnte er<br />

ihm die Helmzier zerschlagen – und gewann damit auch den Gesamt-Sieg!<br />

Frohgemut freuten wir uns auf das abschließende Bankett am Abend, bei dem nicht nur die Sieger der<br />

Wettbewerbe gekürt werden sollten, sondern auch die Verleihung unserer Titel auf dem Programm standen.<br />

Doch bereits auf dem Weg zur neuen Residenz ereignete sich ein unerwarteter Vorfall:<br />

Der Greif, den wir unterwegs trafen, hatte einen Schwächeanfall und sein Leib begann sich im wahrsten Sinne<br />

vor unseren Augen aufzulösen! Gerade gelang es uns, ihn noch in die Stadt des Lichts zu bringen, wo sich die<br />

Praios-Geweihten um in kümmern konnten. Seine letzten Worte waren: „Kraft, zu wenig Kraft … muss<br />

erreichen … Schwärze, nur Schwärze … Keranvor, die Grotte … Federn fallen golden … mein Leib, sie<br />

wollen ... ich muss … bald alle verschwunden … in den Wolken … sie kämpfen darum … Irrhalken … die<br />

Schwarze Sichel … oh Alveran, hab' Erbarmen…“<br />

Betroffen und nachdenklich begaben wir uns danach zum Fest. Zuerst fand die Siegerehrung statt, bei der<br />

Lothar für den Gewinn der meisten Wettbewerbe ausgezeichnet wurde und auch für den Gesamt-Sieg. Doch<br />

da der Schwarze Ritter der Siegerehrung fern blieb wurden seine Preise weitergegeben und so kam es, dass<br />

sogar Arwed einen Preis für den 4. Platz im Schützenwettbewerb überreicht bekam.<br />

Gleich im Anschluss zur Siegerehrung wurden wir vor gerufen und vor den Augen der Versammelten für<br />

unseren Einsatz um Brin’s Totenzug zu Rittern des Reiches geschlagen – und dazu zu Ehrenrittern des<br />

Hauses Gareth. – Diesen ergreifenden Moment werde ich hoffentlich nie vergessen. Zu schade, dass ich den<br />

Memorans-Cantus in all den Jahren nicht gut genug gemeistert habe, um mir dies für immer ins Gedächtnis zu<br />

brennen.<br />

Danach trat Laurom, Sohn des Arom, vor die Reichsregentin und überreichte mit stolzgeschwellter Brust<br />

„Finsterfang“ die Drachenlanze die sein Vater in 7 Jahren für Brin gefertigt hatte. Frau Emer umfasste<br />

die Lanze und ihre Augen glühten wie niemals zuvor!<br />

Im Anschluss erfreute uns Magister Melwyn mit einem meisterhaften Feuerwerk, dessen krönender<br />

Abschluss ein goldener Greif am Himmel war, der langsam verging. Hm… die Prophezeiung des Jahres-<br />

Orakels sagte:<br />

"Siehe den Tag! Er endet, wenn die Nacht anbricht!<br />

Siehe die Gier! Sie fällt den Becher, wenn Steine schreien und Vögel weichen!<br />

Siehe die Angst! Sie lacht, wenn der Himmel das Trauergewand näht!<br />

Siehe das Siegel! Es bricht, wenn die Federn golden fallen!<br />

(…)"<br />

Meine Götter… die Vögel sind bereits tot vom Himmel gefallen. Welches Siegel könnte zerbrochen sein?


Das anschließende Bankett war ein wahres Feuerwerk für meinen Gaumen. Nie zuvor sah ich so viele<br />

erlesene Speisen und Getränke auf einem Haufen. Wahrlich, ich habe gut zugelangt und es mit vollem<br />

Bauche genossen. Rahja, hab’ Dank für dieses Erlebnis.<br />

Doch der Eklat des Abends stand uns noch bevor. Mitten im schönsten Schlemmen verschaffte sich der<br />

Schwarze Ritter Zutritt zum Festsaale und hieb mit seinem Morgenstern auf den Tisch! Endlich gab er<br />

sich offiziell zu erkennen und forderte die Anwesenden im Namen seine dreimal verfluchten Herren Galotta<br />

zum Treue-Eid und das Haus Gareth zur Abdankung!<br />

Selbstredend, schworen wir noch an Ort & Stelle Reich und Regentin die Treue und Ludalf, der Sohne<br />

brachte den Vater in den Kerker.<br />

Spät am Abend wurden meine Freunde und ich ins Ulmencabinett gerufen! Ins Ulmencabinett!! Nur wenig<br />

hatte ich bisher in geheimen Berichten der Agentur über dieses legendäre Zimmer gehört – und niemals<br />

geglaubt, dass ich es einmal <strong>von</strong> innen sehen dürfte. Das Zimmer, in dem sich der geheime Staatsorden des<br />

Schwarzen Auges regelmäßig trifft! Was mich da wohl erwarten würde?<br />

Zur Beratung anwesend waren die folgenden Personen: Reichsregentin Emer, der 2. Hofmagus Melwyn<br />

Stoerrebrandt, Dexter Nemrod, Graf zu Wehrheim (mein oberster Vorgesetzter), Dschelef ibn Jassafar und<br />

drei Personen die verdammt nach Kollegen aussahen und tatsächlich als KGIA-Agenten mit den<br />

Decknamen Xordai, Breitschwert & Gulmond vorgestellt wurden. Harte Burschen, kundschaften wohl in<br />

Transysilien oder der Warunkei.<br />

Wir hielten lange Kriegsrat, sprachen über die Prophezeiungen und ihre mögliche Bedeutung, über die<br />

Erlebnisse in der Nacht zum 1. Boron, den Angriff Rhazzazors, besonders aber über die Dreistigkeit<br />

Galottas und die seltsame Krankheit des Greifen.<br />

Insbesondere dass der Greif anscheinend den Ucuriaten Holgrir über Gallys in die Schwarze Sichel gesandt<br />

hatte, war insofern wichtig, da er in seinen letzten Worten dieses Gebirge ebenfalls erwähnte!<br />

Leider konnten wir das Schwarze Auge des Ordens nicht benutzen, um uns den Aufenthaltsort des Mannes<br />

zeigen zu lassen, war es doch erst vor 2 Wochen benutzt worden, Magister Cumitor, den ehemaligen 3<br />

Hofmagus als Verräter zu entlarven. Offiziell wird er zwar „vermisst“, doch ich weiß dass ein wichtiger<br />

Gefangener irgendwo dingfest gemacht wurde und nun in einem geheimen Kerker der Agentur sitzt…<br />

Nach abschließenden Beratungen, sandte Reichsregentin Emer meine Freunde und mich aus, in die Schwarze<br />

Sichel zu reisen, um herauszufinden, was den Greifen so beunruhigt – und welchen Auftrag Holgrir dort hat.<br />

Wir haben für den nächsten Morgen die notwendige Wildnis-Ausrüstung zusammenstellen lassen, nebst<br />

Pferden, Verpflegung, etc. Überraschend war, dass wir vom Baron noch gesiegelte Urkunden bekamen, die<br />

uns als „direkte Gesandte der Kaiserkrone“ im Range <strong>von</strong> Gaugrafen bzw. Inquisitoren ausweisen.<br />

Dass ich so schnell Karriere machen würde, hätte ich mir nie erträumen lassen – auch wenn ich den Titel<br />

Inquisitor nur temporär führen darf.<br />

Nachdem wir einige Stunden geschlafen hatten brachen wir im Morgengrauen auf.


5. Peraine, Markttag, 1027 BF / 34 Hal<br />

Ausgeschickt um den Ucuriaten Holgrir zu finden und bei seiner Mission zu unterstützen werden:<br />

- Lothar <strong>von</strong> Nattersquell, Ritter und Sieger des Turniers <strong>von</strong> Gareth<br />

- Arwed der Schmied,<br />

- Valen Kiesel, Leibwächter und Magus zu Riva<br />

- Yuchdan Bradruchson, Gjalskarländer, mein Freund mit seiner seltsamen Religion und Fähigkeiten,<br />

- meine Wenigkeit, Travin Gerdenwald, Magus zu Rommilys und Gareth im Dienste des Reiches und der<br />

KGIA.<br />

Bei Praios, Travia und Phex, mögen sie unsere Mission segnen, auf dass wir die Wahrheit herausfinden,<br />

dem Feind auf die Schliche kommen und allesamt wohlbehalten heimkehren werden.<br />

abends<br />

Nun denn, es war ein harter Tag. Ich kann mich nicht erinnern, dass ich jemals so lange im Sattel gesessen<br />

bin. Und dann auch noch im permanenten Galopp! Pferdewechsel spätestens alle 2 Stunden; haben trotzdem<br />

mehrere Tiere zu Schanden geritten. Mein Allerwertester schmerzt schlimmer wie damals, als ich mit dem<br />

Rohrstocke in der Praiosschule gezüchtigt wurde, weil ich die Heiligen des Herre Praios nicht aufzuzählen<br />

wusste.<br />

Dachte eigentlich, ich sei ein passabler Reiter. Doch ich musste mich eines Besseren belehren lassen. Vor<br />

lauter Erschöpfung wurde ich doch tatsächlich fast abgeworfen und habe mir den bereits malträtierten Rücken<br />

noch ärger geprellt. Bei Rahja… warum sind die Rücken Deiner Stuten so hart?!<br />

Mein einziger Trost ist, dass es Arwed ähnlich schlimm erging, und ich so nicht der einzige bin, der sich<br />

gleich am ersten Tage als Hindernis deklassiert hat.<br />

Bei einer kleinen Rast haben wir an einem Schrein eines Lokalheiligen mehrere tote Vögel gefunden. Auch<br />

hier? Wieder muss ich an die Worte des Aves-Geweihten denken… „wo Vögel nicht sind, soll der Mensch<br />

nicht sein.“ …tote Vögel auch hier… ob dies ein weiterer Hinweis ist? Auch die Prophezeiung des Jahres-<br />

Orakels kommt mir in den Sinn: „…wenn Steine schreien und Vögel weichen!“… Dschelef ibn Jassafar hatte<br />

im Ulmencabinett da<strong>von</strong> gesprochen, dass ihm Erz-Dschinne mitgeteilt hätten, dass „die Steine“ im Nord-<br />

Westen vor Schmerzen schreien gehört hätten. Die Omen weißen vehement darauf hin, dass Schlimmes vor uns<br />

liegt.<br />

6. Peraine 1027 BF / 34 Hal<br />

Haben heute am frühen Nachmittag Wehrheim erreicht. Bin fertig, am Ende. Muss schlafen.<br />

später<br />

Wurde nach 30 Minuten <strong>von</strong> Lothar geweckt. Spinnt der? Bin ich der Schwertkönig? Mein Rücken bis<br />

zum Gesäß brennt wie Feuer! Hab’ ihn ’rausgeschmissen… und bin sofort wieder eingeschlafen.<br />

abends<br />

Nachdem ich die erste Erschöpfung ausgeschlafen habe, bin ich in die Stadt und habe bei einem Apothecarius<br />

einen großen Topf Wundsalbe, Marke „Reitender Magus“ – wie witzig – zur Behandlung meines Wolfes<br />

erstanden. Den sehnsüchtigen Blick <strong>von</strong> breitbeinig-Arwed im Kopf, habe ich die 3-fache Menge gekauft…<br />

Lothar berichtet, dass Holgrir vor 3 Tagen im Praios-Tempel genächtigt hat.


7./8. Peraine 1027 BF / 34 Hal<br />

Weiter im Eilritt. Pferdewechsel alle 2 Stunden. Gut, dass die Reichsstrassen dermaßen gut ausgebaut sind.<br />

Nur kurze Rastpausen. Peraine’s Segen 1000-fach für den Apothecarius!<br />

Sind nach 2 Tagen Gewaltritt endlich in Gallys angekommen. Stellen fest: Holgrir hat vor 2 Tagen Gallys<br />

erreicht und nach Einkauf <strong>von</strong> Kletterhaken, Spitzhacke & Seil die Stadt Richtung Norden verlassen.<br />

Firun ist mit uns, wir haben einen Tag aufgeholt!<br />

Ab hier erkundigen wir uns nach Neuigkeiten, ungewöhnlichen Vorfällen und ob jemand etwas mit dem<br />

Begriff „Keranvor, (die Grotte?)“ anfangen kann. Wer weiß, vielleicht erhalten wir ja auf diese Weise<br />

nützliche Informationen für unsere Queste.<br />

Hinweise und Neuigkeiten:<br />

• Städter berichten über wiederholtes Himmelsleuchten über der Schwarzen Sichel.<br />

• Vor 1-2 Wochen haben 5 Greifen die Stadt überflogen<br />

Zum Begriff „Keranvor“:<br />

Laut einem alten Mann ist Keranvor das Horn des Greifenkönigs und kann angeblich Menschen in Greifen<br />

verwandeln!<br />

9. Peraine, Wassertag, 1027 BF / 34 Hal<br />

Bevor wir aufbrechen, erstand ich einen wasserfesten Wachsmantel. Da der Wassertag seinem Namen alle<br />

Ehre macht und Efferd das Land reich beschenkt, reut es mich nicht sonderlich, einen zu hohen Preis bezahlt<br />

zu haben. Haben uns dazu ebenfalls mit Kletterausrüstung ausgestattet.<br />

Den ganzen Tag reisen wir Richtung Norden auf die Schwarze Sichel zu, deren schartige Höhen sich am<br />

Horizont als dunkelgraues Band schon abzeichnen.<br />

Hinweise und Neuigkeiten:<br />

• Angeblich haben 8-12 Greifen die Schwarzen Sichel unter sich aufgeteilt und bewohnen nun<br />

verschiedene Hügel<br />

• In den letzten Wochen wurden die Greifen verstärkt gesichtet<br />

Zum Begriff „Keranvor“:<br />

Angeblich eine Höhle aus der tagsüber die Dunkelheit heraus scheint und nachts die Sonne.<br />

Was für ein Unsinn?!<br />

Wir erreichen das Praois-Kloster St.Kathay, bewohnt <strong>von</strong> 7 Mönchen. Bruder Pervel führt uns zum<br />

Altar: Dort stehen 8 Statuen <strong>von</strong> Greifen, für jeden Greif, der die Schwarze Sichel bewacht, eine. Das<br />

wundersame aber ist, dass 4 da<strong>von</strong> wie <strong>von</strong> selbst leuchten und 4 erloschen sind. Bruder Perval erklärt uns,<br />

dass die 8 Statuen einst alle leuchteten, als die Greife in die Schwarze Sichel kamen. Doch nach und nach<br />

erlosch eine nach der anderen (vor 14, 11, 6 und 3 Tagen). Leider können die Mönche nicht sagen, welche<br />

Statue für welchen Greifen steht.<br />

Außerdem erzählt er uns noch aus den Büchern und Schriften, was es mit den Greifen auf sich hat.


Ferner haben wir den bekannten Meister-Alchimisten Thyros Prahe getroffen, welcher knapp einem<br />

Unglücke entkam. Er wurde im Nachtlager <strong>von</strong> einer plötzlichen Sintflut überrascht, welche ihn und seine<br />

Habseligkeiten fortspülte. Phex war wohl mit ihm, denn der Alte hat sich nur ein Bein gebrochen.<br />

Jedenfalls erzählte er uns dass er hier sei, um Greifenfedern zu finden, welche er für Herstellung <strong>von</strong><br />

Waffenbalsam benötigen würde. Da zurzeit der „Markt“ mit Drachenschuppen eines Riesenlindwurmes<br />

überschwemmt sei – hört, hört! – seien nun die restlichen Ingredienzien entsprechend gefragt. Er bot uns<br />

horrende Summen für einzelne Federn an, und für intakte Schwungfedern gar noch mehr.<br />

Nun ich denke nicht nur um des Geldes wegen, doch auch um unsere Soldaten ordentlich auszustatten, wenn’s<br />

gegen Rhazzazor und Galotta geht, sollten wir möglichst viele Federn aufsammeln.<br />

Wir müssen wohl einen sehr integeren Eindruck auf den alten Mann gemacht haben, denn er verriet uns auch<br />

noch ein weiteres Rezept, an das ich mich nicht wirklich erinnern kann, immerhin konnte ich der Trank-<br />

Brauerei nie wirklich etwas abgewinnen und bin froh, dass ich mich nicht in stickigen Dreckslöchern<br />

herumtreiben muss, während irgendwelche Substanzen im Kessel stinkend vor sich hinköcheln. Nun ja, glaube<br />

kaum, dass ich das brauchen werde.<br />

Zum Glück haben wir mit Yuchdan einen fähigen Führer für dies Gebirge, nun er kommt zwar nicht <strong>von</strong> hier,<br />

doch er scheint sich in den Bergen gut auszukennen, wie er sagt und ich vertraue seinen Instinkten absolut.<br />

Hinweise und Neuigkeiten:<br />

• Der nächste Greif ist Malachan in der Baronie Echsmoos auf dem Sonnenthron<br />

Zum Begriff „Keranvor“:<br />

Ein Spalt in der Erde, welcher Tadelhafte in lichte Alveraniare und Tadellose in finstere Dämonen<br />

verwandeln soll.<br />

10. Peraine 1027 BF / 34 Hal<br />

In einem Dorf der Baronie Wolkenriet, erweckte der zuerst anscheinend sinnlose Diebstahl einiger<br />

Figürchen aus Beilunker Speckstein unsere Aufmerksamkeit. Doch nach einer schnellen Untersuchung<br />

mittels des Odem-Cantus musste ich mir eingestehen, dass hier etwas im Gange war. Jedenfalls konnte ich<br />

schnell die Präsenz <strong>von</strong> arkanen Mustern ausmachen, so als ob ein mächtiges Wesen sich kürzlich vor dem<br />

Fenster aufgehalten hatte. Mittels des Oculus-Cantus, verschaffte ich mir Gewissheit: Tatsächlich, waren die<br />

Spuren eines ausgebildeten Magus zu erahnen. Mit Bedenken konnte ich jedoch feststellen, dass die Aura<br />

des Magus wohl dämonisch verseucht war. Bei Praios, ein Paktierer!<br />

Ich hätte wohl doch besser aufpassen sollen, als der Alchimist <strong>von</strong> dieser Rezeptur faselte. – Da müssen<br />

die Götter ihre Hand im Spiel gehabt haben, denn wenn ich nicht irre, war eine der Ingredienzien dazu<br />

tatsächlich Beilunker Speckstein… was sich da wohl zusammenbraut?<br />

Hinweise und Neuigkeiten:<br />

• Der Greif Malachan mit den kupferroten Schwingen ist angeblich seit 2 Wochen verschwunden<br />

• In Baronie Aschenfeld sei angeblich ein Greif tot wie ein Stein vom Himmel gefallen.<br />

Hier gibt es vielerlei Gerüchte über Hexenzirkel und alte Festungen und Greultaten jenseits der Grenze zu<br />

Schwarztobrien. Zu widerlich (und unglaubwürdig) sie hier niederzuschreiben.


Konnte die Gefährten überzeugen, heute in einem kleinen Travia-Kloster zu nächtigen. War zwar einige<br />

Stunden Umweg, doch ich hoffe die Götter werden dies wohlgefällig bemerken. Leider keine Spur <strong>von</strong><br />

Holgrir hier. Dennoch freue ich mich auf eine wunderbare Nacht im Kloster.<br />

11. Peraine 1027 BF / 34 Hal<br />

Wir ziehen weiter, nun wieder Richtung Norden. Früh am Morgen finden wir eine Greifenfeder in einem<br />

Baum. Eigentlich ein Praios-Zeichen! Doch ich weiß nicht was ich nach all den Gerüchten um verschwundene<br />

oder tote Greifen da<strong>von</strong> halten soll!<br />

Danach treffen wir einen Jungen, der 20 Federn in einem Korb gesammelt hat! Weh, es war Recht, dies<br />

nicht als Zeichen der Götter zu sehen. Irgendetwas stellt den Greifen nach! Der Junge führt uns zur Wiese<br />

wo er die Federn fand, doch dort waren keine Spuren zu entdecken.<br />

Wir erreichen die Baronie Echsmoos. Es gibt hier nur zwei größere Orte: Gut Echsmoos selbst und Gut<br />

Hornhausen. Angeblich wurde ein „größeres schwarzes Etwas“ gesichtet, das „lautlos wie eine Eule“ des<br />

Nachts unterwegs sei…<br />

Holgrir wurde in einem Dorf gesehen! Die Götter sind mit uns, wir haben seine Spur wieder gefunden. Er<br />

hat ca. 2,5 Tage Vorsprung und ist Richtung Oppstein gereist.<br />

abends<br />

Bei Echsmoos haben wir den Sonnenthron bestiegen, um nach dem Greifen Malachan zu sehen, der ja dort<br />

oben seinen Horst haben sollte. Für mich war die Kletterei wieder fürchterlich. Nicht nur, dass ich durch<br />

meine Höhenangst kaum nach unten zu sehen wagte, so bin ich doch im Klettern derart unfähig und ungeübt,<br />

dass ich kurz vor dem Gipfel schlapp machte und mit zerschrammten Armen und Beinen nach dem fünften<br />

Absturz keuchend an einer Steilwand zurückblieb. Verdammtes Schiefergestein! Verdammte Höhenangst!<br />

Verfluchte Kletterei! Ich bin ein gebildeter Magus, kein Affe!<br />

Doch im Horst erwartete die Gefährten nur ein Baumdrache, der sich dort wohl niedergelassen hatte, vom<br />

Greifen – bis auf eine erkleckliche Anzahl Federn – keine Spur.<br />

Nach diesem langwierigen, aber fruchtlosen Nachmittag reisten wir weiter Richtung Oppstein.<br />

12. Peraine 1027 BF / 34 Hal<br />

Auch in Oppstein erfahren wir zahlreiche hanebüchene Gerüchte über Land & Leute. Meine Hesinde, was<br />

sind diese Bauerntölpel doch abergläubisch. Angeblich sei auf dem Hornberg ein Hexenplatz… nunja einige<br />

fesch-nackte Hexen beim Tanz um’s Feuer würde ich mir schon ansehen – natürlich nur um des Reiches<br />

Willen. ☺<br />

Zum Begriff „Keranvor“:<br />

Das sei ein Berg, so sagt man hier, auf welchem Praios und der Herr der Rache um Seelen gekämpft<br />

haben sollen.


Holgrir ist weiter Richtung Mistelhausen geritten. Wir bleiben dran. Wenn wir nicht dauernd auf Berge<br />

klettern würden, hätten wir ihn bestimmt schon eingeholt. Bei allen Zwölfen, ich hoffe wirklich, dass<br />

Keranvor nicht tatsächlich ein Berg ist. Ich HASSE Berge.<br />

später<br />

Nun denn, bei einer Silberhütte treffen wir erneut auf die Spuren des verdächtigen Magiers:<br />

Frau Linngard, die Besitzerin, beschreibt ihn als Mann, der wie ein Gelehrter auf sie gewirkt habe,<br />

allerdings mit seltsam-starrem Blick. Er trug einen Kapuzenmantel und darunter hatte er ein schlankes,<br />

elegantes Schwert gegürtet meint Frau Linngard sich zu erinnern.<br />

Er kaufte 2 Stein reinstes Elektrum, eine Art Gold-Silber-Legierung und bezahlte mit 7 Dukaten, geprägt<br />

in Transysilien! Also ein Handlanger Galotta’s!<br />

Ich konnte Frau Linngard überzeugen mir zu erlauben mittels des Cantus „Blick in die Gedanken“ ihre<br />

Erinnerungen direkt zu sehen. Ich hatte schon eine Vermutung um wen es sich hier handeln könnte – immerhin<br />

kenne ich die meisten Steckbriefe und Dossiers den Feind betreffend.<br />

Ich konzentrierte mich und es gelang mir mühelos in Frau Linngard’s Erinnerung einzudringen. Sie<br />

unterstützte mich, indem sie sich sehr bemühte sich den Kerl genaustens vor’s Innere Auge zu halten:<br />

Hager, braunes, wirres Haar, ein fadiger Bart,… halbmondförmige Brillengläser, ca. Mitte 30… ein<br />

Magierstab aus schwarzem Holz mit einem Geierschädel,… das Schwert, augenscheinlich mit pervertiertem<br />

Gold umwunden, nein, ich wollte es nicht glauben, doch es war Araschar, das Schwert Silem-Horas’!<br />

Unglaublich! Ich selbst hatte es aus dem Sarkophag in Horasia genommen, damit einen Agenten der<br />

Hand Borons in die Flucht geschlagen – und es dann später dem Greifen überlassen.<br />

Wie in Praios’ Namen konnte es in die Hände dieses Mannes gelangen? Ich wähnte es sicher im<br />

Sonnentempel zu Gareth… irgendetwas stimmt hier nicht… wenn der Greif es nach „Keranvor“ gebracht haben<br />

sollte, dann konnte dies nur bedeuten, dass der Magier bereits wusste wo oder was „Keranvor“ ist…<br />

…hm… der Magier… Nach ein wenig Nachdenken fiel es mir wie Schuppen <strong>von</strong> den Augen: Es war<br />

Balphemor <strong>von</strong> Punin, einer der höchsten Handlanger Galotta’s. Teilweise wird er gar als No. #2 hinter<br />

Galotta gehandelt! Laut seiner Akte können seine dämonischen Hände alles in Verderben verwandeln. Er<br />

soll ein meisterhafter Verwandlungsmagier sein, vermutlich im Pakt mit Agrimoth – was es nicht besser<br />

macht.<br />

Wir überzeugen Frau Linngard und die 7 transysilischen Dukaten und ebenfalls 2 Stein Elektrum für 120<br />

Silber zu überlassen. – Der Außendienst wird die Galotta-Dukaten sicherlich gut brauchen können.<br />

Irgendjemand erzählte uns noch, dass er etwas in der Nacht bemerkt haben will: Ein leises Rauschen, ein<br />

Duft wie nach Malven, elegant wie eine Katze, aber groß wie ein Ochse… der Nachtdämon???<br />

Praios steh’ uns bei!<br />

Angeblich soll ein Bauer, den man zum Sterben in den Wald geschickt hat mehr darüber wissen. Dieser<br />

leidet an der tollen Wut und wird wohl demnächst sterben. Leider kenne ich ebenfalls kein Gegenmittel oder<br />

einen Zauber. Nun, ich werde mich auf meine sonstigen Fähigkeiten verlassen, den Burschen zum Reden zu<br />

bringen.


Endlich haben wir die Hütte, in der der Todkranke haust gefunden. Er will einen Kampf zwischen einem<br />

Irrhalken und einem Greifen beobachtet haben. – Und unglaublich, aber der Irrhalk hat angeblich den<br />

Greifen getötet! Wir gehen zurück.<br />

abends<br />

Welch eine Überraschung! Auf dem Rückweg landete ein Greif vor uns auf dem Weg! Arrogant wie ein<br />

Bannstrahler verlangte er <strong>von</strong> uns sich, dass wir uns ’raushalten sollen. Auf meine Frage, wie es geschehen<br />

könnte, dass ein Greif <strong>von</strong> einem Irrhalken besiegt wird, blendete er mich.<br />

Außerdem beschimpfte er mich als vom „Chaos“ infiziert und als unwürdig. Arrogantes Biest! Dafür sollte<br />

man ihn eigentlich seinem Schicksal überlassen, das bereits 5 (!) Greife erledigt hat! Allein, das Wohl<br />

unseres Reiches hängt da<strong>von</strong> ab, dass wir unsere Mission erfüllen und Holgrir unterstützen.<br />

Ich werde mich vom Widerwillen des Greifen nicht abbringen lassen. Soll Praios selbst mein Handeln und<br />

Tun richten.<br />

Wir schlagen unser Nachtlager in einer kleinen Klamm vor einer Felshöhlung auf. Ein gutes Plätzchen.<br />

13. Peraine 1027 BF / 34 Hal, frühmorgens<br />

Ein gutes Plätzchen <strong>von</strong> wegen! Was hat Yuchdan sich nur diesmal gedacht? Waren wir nicht vor den<br />

Gefahren einer derartigen Klamm gewarnt worden? Nun ist alles weg, Ausrüstung, Verpflegung, Pferde,<br />

sogar die vielen schönen Greifenfedern, die wir gesammelt hatten!<br />

Ist dies Praios’ Strafe für meine Überheblichkeit dem Greifen gegenüber? Oder war Yuchdan einfach zu<br />

müde einen guten Platz zu finden?<br />

Aber der Reihe nach. Plötzlich fuhr ich aus dem Schlaf und wie immer, wenn mein Gefahrensinn anschlägt,<br />

spürte ich dieses Kribbeln im Nacken. Da hörte ich schon ein Rauschen über uns und konnte gerade noch<br />

„Achtung, Wasserfall!“ schreien und den Beutel mit den Heiltränken und meiner Kristallkugel greifen –<br />

und mich in die Höhle flüchten. Auch Lothar und Valen flüchteten mit mir in die Höhle, die anderen<br />

rannten um ihr Leben den Berg hinunter.<br />

Zuerst war die Höhle ein sicherer Zufluchtsort, doch dann stieg das Wasser schnell an und drohte uns zu<br />

ersäufen, doch Hesinde sei gepriesen, beherrscht Valen den Fortifx-Cantus und verschloss so die Höhle, bis<br />

das Wasser abgeflossen war…<br />

Hernach fanden wir Yuchdan und Arwed weiter unten in der Klamm, 8m hoch in einem Baum, auf den sich<br />

Yuchdan wohl gerettet hatte. Arwed war bewusstlos und wäre wohl ertrunken, wäre nicht Yuchdan, der sich<br />

bereits gerettet hatte erneut in den Sturzbach gesprungen, um ihn zu retten.<br />

Nun, so wie er sich am Baum festklammerte und daneben den ohnmächtigen Arwed auf der Schulter hatte,<br />

konnte er unmöglich hinabklettern. Frierend und durchnässt wie wir waren handelte ich ohne lange zu überlegen<br />

und versteinerte Arwed mittels des Paralysis-Cantus und hieß Yuchdan in abzuwerfen. Danach zogen wir uns<br />

auf trockenes Land zurück, machten ein Feuer und beginnen nun uns aufzuwärmen und unsere Habseligkeiten<br />

zu suchen.<br />

Am Vormittag<br />

Die Sintflut hatte fast alles weggespült. Auch einige der Waffen meiner Freunde waren dabei, darunter<br />

sogar einer der verzauberten Pfeile, die Arwed als Preis beim Turnier bekommen hatte. Von unseren<br />

Pferden fanden wir 3 tot, <strong>von</strong> den anderen fehlte jede Spur. Zum Glück trug ich meine wertvollsten<br />

Besitztümer am Leib bzw. konnte sie gerade noch rechtzeitig ergreifen.


Nach einem unerfreulichen Fußmarsch erreichten wir endlich das Dorf Mistelhausen. Dort stockte Arwed<br />

unsere Lebensmittelvorräte auf, während ich beim Schulzen zwei Maultiere requirierte, damit wir unseren<br />

Proviant wenigstens nicht würden selbst tragen müssen.<br />

Die gute Nachricht ist, dass Lothar in Erfahrung bringen konnte, dass Holgrir vor knapp einem Tag hier<br />

durch kam! Wir sind ihm so nah wie nie zuvor! Verflixt, wenn das Malheur mit den Pferden nicht wäre,<br />

stünden die Chancen gut ihn gar einzuholen… doch zu Fuß… sehe ich wenig Hoffnung.<br />

Holgrir hat sich nach dem Berg „gehörnter Kaiser“ in der Baronie Zippeldinge und nach einer Grotte<br />

namens „Keranvor“ erkundigt… nun wir kommen der Sache näher.<br />

Weiterhin gibt es auch hier vielerlei Gerüchte über Greifenstatuen, Hexenverbrennungen, Goblinüberfälle und<br />

Druidenhaine.<br />

Wir haben beschlossen, dass Yuchdan ab sofort voran schleicht, um den Weg auszukundschaften. Wir sind<br />

nun sehr nahe an der Grenze zu den Schwarzen Landen.<br />

später am Nachmittag<br />

Gut, dass wir diese Maßnahme ergriffen hatten, denn tatsächlich stießen wir auf ein Dorf, in dem gerade<br />

Söldlinge plünderten, brandschatzten und vergewaltigten.<br />

Rasend vor Zorn fielen wir über das Pack her, doch mussten dabei feststellen, dass eine gewisse<br />

Vorbereitung unsererseits doch wohl besser gewesen wäre. Tatsächlich haben wir wie die Stümper tolldreist<br />

angegriffen anstatt unsere Fähigkeiten und das Überraschungsmoment sinnvoll auszuspielen.<br />

Anstelle der 7 Gegner, die Yuchdan ausgekundschaftet hatte, waren da nämlich 9, und darunter waren zu<br />

allem Überfluss auch noch ein Belhalar- und ein Blakharaz-Paktierer.<br />

Dazu sind wir im Nahkampf jeweils gegen die völlig falschen Gegner geraten. Auch Valen’s Fähigkeiten in<br />

der destruktiven Magie hätten wir besser nutzen sollen.<br />

Nun die Götter waren mit uns und wir konnten mit knapper Not obsiegen. Wobei zu sagen ist, dass am<br />

Ende nur noch Lothar kampffähig war, den letzten Paktierer zu fällen. Doch zu welchem Preis? Wir alle<br />

waren mittel bis schwerst verwundet und wir mussten alle restlichen Heiltränke aufbrauchen und ich gab<br />

Valen auch den Zaubertrank, da seine astrale Kraft komplett erschöpft war. Ich selbst habe noch einen<br />

kleinen Rest.<br />

Nach dem Kampfe töteten wir die Paktierer auf der Stelle, um ihnen keine Chance zu lassen sich<br />

abzusetzen oder einen der unsrigen hinterrücks zu meucheln und befragten einen der überlebenden Söldlinge.<br />

Folgendes wusste er zu berichten:<br />

• Die Söldner gehörten zu der Einheit der Bendrom-Wölfe<br />

• Sie wollten ihren Sold durch Plünderungen aufbessern und sich etwas Spaß gönnen<br />

• Bei Galotta würden sich irgendwo Truppen massieren (!)<br />

• Tatsächlich sei der Magus Balphemor <strong>von</strong> Punin in der näheren Umgebung unterwegs<br />

Nach der Befragung wurden noch lebenden Söldner <strong>von</strong> Lothar und mir abgeurteilt und an Ort und Stelle<br />

aufgeknüpft. Die Leichen haben wir anschließend verbrannt, damit die Dörfler nicht der eventuellen Rache<br />

nachrückender Truppen ausgesetzt werden. (Und sie sich niemals den untoten Horden Rhazzazor’s<br />

anschließen mögen, bei Boron!)


Wir requirierten zudem Waffen, Ausrüstung und Pferde der Söldlinge – und schickten einen der Dörfler<br />

um die Mulis zurückzubringen.<br />

abends<br />

Gegen Abend erreichten wir die Grenze zu gräflich Zippeldinge. Angeblich soll hier ein Goblinhäuptling<br />

herrschen. Deshalb beschlossen wir erstmal Nachtlager zu halten und uns <strong>von</strong> den Strapazen des heutigen<br />

Tages auszuruhen. Offiziell herrscht hier der Vogt Harnwulf <strong>von</strong> Pandlaril. Warum nur muss ich bei<br />

diesem Namen daran denken dass ich dringend pissen muss…?<br />

So, nun geht es besser…. Halt… was ist das? Ein seltsames Wesen zieht über den Himmel. Ist dies das<br />

Wesen, das für den Tod der Greife verantwortlich ist? Lautlos fliegt es über den Himmel, hinter sich eine<br />

Myriade <strong>von</strong> Sternen herziehend und direkt im Gefolge einen Greifen, der nicht zu bemerken scheint, wie ihm<br />

fortwährend die Federn ausfallen!<br />

Da es geht zu Boden… der Greif ebenfalls…. Aaarrghh! Was war das der Todesschrei eines Greifen?<br />

Selten hab’ ich derart Schreckliches gehört.<br />

Unruhig und verbissen packen wir unsere Sachen und eilen dorthin, <strong>von</strong> wo der Schrei kam.<br />

Doch am Ort des Geschehens finden wir außer Hunderter <strong>von</strong> Greifenfedern nichts.<br />

Uns kommen die Worte des Praios-Bruders in den Sinn… angeblich seien Greifen verwandt mit Irrhalken<br />

und Sphingen… war dies eine Sphinx? Ich sah keine bisher… doch es könnte sein… und der Greif folgte dem<br />

Weibchen wie ein toller Hund einer läufigen Hündin? Leider weiß ich fast nichts über diese Wesen.<br />

Dachte immer die gäbe es nur bei den Tulamiden.<br />

Bisher sah ich Greifen immer als Alveraniare des Herrn Praios, doch es scheint auch sie unterliegen einer<br />

Art Fortpflanzungstrieb…<br />

14. Peraine 1027 BF / 34 Hal<br />

Nach einer eher beklommenen Nacht fanden wir am nächsten Vormittag auf einer kleinen Lichtung einen<br />

Schimmel, dessen Schabracke das Zeichen der Ucuriaten trägt. Das Pferd Holgrir’s! Endlich. Doch es<br />

machte einen bekümmerten Eindruck. Wo mag sein Herr geblieben sein? Eine ausgiebige Untersuchung der<br />

näheren Umgebung förderte zwar Holgrir’s Kleidung, zu Tage, doch er selbst blieb verschwunden.<br />

Jedoch fanden wir Fuß-Spuren, die in Richtung eines nahe gelegenen Dorfes am Fuß des „gehörnten<br />

Kaisers“ führten. Daneben eine kahle Ritterburg. Wir folgten den Spuren.<br />

Wir sind endlich am Ziel.<br />

Im Dorf tut sich wenig. Holgrir hat niemand gesehen. Allerdings hat jemanden früh am Morgen<br />

Balphemor <strong>von</strong> Punin gesehen.<br />

Angeblich sei der Burgherr, Ritter Geromar <strong>von</strong> Streitzig, in Trauer, weil seine Frau aus einem<br />

Burgfenster in den Tod gestürzt sei. Ich kann mir nicht helfen, aber solche Geschichten erwecken immer mein<br />

tiefstes Misstrauen. Wir sollten bei dem Herrn vorstellig werden.<br />

Wir sprechen bei der Burg vor. Aufgrund des ungebührlichen Verhaltens meiner Gefährten eskaliert die<br />

Situation am Burgtor. Mit Müh’ und Not kann ich die Gemüter der Wachen beruhigen und nach zähen


Verhandlungen und pochen auf unseren Status als Gaugrafen werden wir widerwillig vorgelassen – und gar<br />

zum Abendmahle eingeladen.<br />

Dort stellen wir fest, dass sich der Herr Ritter mit einer ca. 20-jährigen Schönheit (und ich meine<br />

SCHÖNHEIT!) namens Serania über den Verlust seiner Frau hinwegtröstet. Bei Travia, welch<br />

Frevel! Misstrauisch untersuche ich den Herrn heimlich während dem Essen per Odem. AHA! Magie<br />

wurde um seinen Kopf gewirkt. Ein Oculus gibt mir Gewissheit. Doch seltsam, der Zauber scheint in keine<br />

mir bekannte Repräsentation zu passen. Tatsächlich fehlen Kennzeichen einer Repräsentation praktisch<br />

gänzlich. Dafür kann ich deutliche Hinweise auf das Merkmal Einfluss ausmachen. Der Zauber ist sehr<br />

stark, wohl mehr als die Hälfte meiner gesamten Astralkraft! Er scheint eine sehr lange Wirkungsdauer zu<br />

haben.<br />

Ich vermute eine Art Bannbaladin oder eine Art Liebeszauber den Serania auf den armen Ritter gewirkt<br />

hat. Vielleicht hat er deswegen gar seine Frau aus dem Turm geworfen? Bei Travia, welchem Frevel bin<br />

ich da auf der Spur.<br />

Um meinen Verdacht gegen Serania zu erhärten spreche ich auch einen Odem auf sie…, doch, sie scheint<br />

gänzlich unmagisch... Allein, das muss nichts heißen, meine eigene Aura ist gegenüber zufälligem Erkennen<br />

schon seit meiner Kindheit an abgeschirmt und ich kann sie zudem mittels des Auracania Deletur-Cantus<br />

noch stärker verschleiern um magischer Enttarnung vorzubeugen.<br />

Es kostet mich all mein Überredungsgeschick und viel Mühe, den Ritter zu überreden, uns Quartier für die<br />

Nacht zu stellen. Ich musste tatsächlich erst an Frau Travia’s Gebote appellieren, sonst hätte er uns glatt<br />

vor die Tür gesetzt. Frechheit!<br />

Abends teile ich den anderen meine Erkenntnisse mit. Wir überlegen was zu tun ist und beschließen, dass<br />

Lothar und ich morgen mit dem Ritter unter 6 Augen sprechen werden. Jetzt gehen wir erstmal schlafen.<br />

Die Anstrengungen der letzten Tage stecken uns allen in den Knochen.<br />

15. Peraine 1027 BF / 34 Hal, mittags<br />

Wie beschlossen sind Lothar und ich frühmorgens zu Ritter Geromar gegangen, um ihm unsere Kenntnisse<br />

mitzuteilen. Er reagierte höchst aufgebracht und beschuldigte mich der Magieanwendung. Nunja, damit hatten<br />

wir rechnen müssen. Die Situation eskalierte, er wollte unseren Anordnungen nicht nachkommen und rief die<br />

Wachen und wollte dann durch’s Fenster flüchten. Ich zauberte den Blitz-Cantus auf ihn und Lothar<br />

gelang es ihn unverletzt zu überwältigen und bewusstlos schlagen, während Arwed und Yuchdan die Wachen<br />

vor der Tür in einen Kampf verwickelten.<br />

Ich konzentrierte mich und es gelang mir den Einfluss-Zauber des Bewusstlosen zu brechen. Wie sich<br />

herausstellte, war es tatsächlich eine Art Liebesbann gewesen.<br />

Nachdem die Situation unter Kontrolle war, zum Glück gab es nur Verletzte auf beiden Seiten, betrat auch<br />

Serania die Schreibstube. Während ich Herrn Geromar und Serania befragte, behielten Yuchdan und Valen<br />

die Burgsoldaten im Auge. Lothar und Arwed eilten in die Burgküche, um den Koch zu befragen, da sie<br />

eine „Vergiftung“ vermuteten.<br />

Doch meine Befragung führte zu keinem befriedigenden Ergebnis. Trotzdem wurde ich das Gefühl nicht los,<br />

dass hier irgendetwas nicht stimmte… irgendwo hier lag ein Teil des Rätsels vor meinen Augen und ich konnte<br />

es nicht sehen…


Schließlich versuchte ich mir mit einem letzten Zauber über Serania Gewissheit zu verschaffen und sprach den<br />

„Blick auf’s Wesen“-Cantus auf sie.<br />

Da endlich offenbarte sie sich: “Wer reicht hinauf bis in die Sterne, sag dieses wüsst’ ich nur zu gerne.“,<br />

sagte sie mit melodisch-mehrstimmiger Sprache. Das war es. Sie war tatsächlich eine Sphinx!<br />

Doch zu spät, entsetzt blickte ich an meinem erstarrten Körper hinab. Nur meinen Kopf konnte ich noch<br />

bewegen. Irgendwo hatte uns jemand erzählt, dass man wie gelähmt verharren müsse, wenn einem eine Sphinx<br />

ein Rätsel gestellt hat – bis man es erraten hat… so also war dies… nun, es fühlte sich anderes an, als ein<br />

Paralysis, soviel kann ich sagen.<br />

Ich zermarterte mir das Hirn und nach etlichen Fehlversuchen fiel es mir wie Schuppen <strong>von</strong> den Augen:<br />

„Mein Blick!“ rief ich und endlich war der Bann gebrochen!<br />

Schnell rannten wir zu Arwed und Lothar – doch mussten wir feststellen, dass Lothar mit Serania in des<br />

Ritters Kemenate verschwunden war und Arwed gerade dabei war die Türe aufzubrechen.<br />

Endlich, mit vereinten Kräften gelang es uns durch die Tür und den Schrank, der hinter sie geschoben war, zu<br />

brechen.<br />

Lothars Reaktion nach zu urteilen, hat Serania auch ihn mit diesem Liebesbann belegt. Noch niemals sah<br />

ich den keuschen Lothar derart in Wallung wenn es um eine Frau geht.<br />

Wir konfrontierten Serania mit unseren Erkenntnissen und sie gab zu, für das Verschwinden <strong>von</strong> 7 der 8<br />

Greife verantwortlich zu sein! Sie behauptete die letzte der Sphingen zu sein und sie deshalb die Seelen der<br />

Greife gefangen hätte. (Welche gute Nachricht, die Greife sind per se noch am Leben!) Denn wenn sie die<br />

Seelen der 8 mit der des 9. verschmelzen würde, so würden neue Sphingen entstehen. Der „unsterbliche<br />

Baummagier“ mit den hölzernen Augen hätte ihr das versprochen. AHA – das also bezweckte Balphemor<br />

<strong>von</strong> Punin! Ich bin sicher, er hatte die Sphinx arglistig getäuscht, um über sie die Greifen aus dem Weg zu<br />

räumen und eine Invasion Galotta’s vorzubereiten!<br />

Ich tat mein Möglichstes, doch es gelang mir nicht Serania da<strong>von</strong> zu überzeugen dass sie nur ein Mittel zum<br />

Zwecke sei und sicherlich nicht die letzte der Sphingen.<br />

Immerhin erzählte sie uns noch, dass dies in „Keranvor“ der Grotte geschehen würde, wo der Körper eines 9.<br />

Greifen liegen würde. Es sei ein Platz, den nur Unsterbliche betreten könnten und dort würden sich die<br />

Kräfte <strong>von</strong> Praios und Tyakra’man (dem Herrn der Rache) treffen. Also waren bei den vielen Gerüchten<br />

doch einige wahre Aussagen dabei. Wer hätte das gedacht?<br />

Ich bedrängte Serania, in deren Verhalten ich keine Falschheit erkennen konnte, mit den Folgen ihrer Taten<br />

und versprach ihr Hilfe und Unterstützung, doch vergeblich. Als sie keine Lust mehr hatte, sich unser<br />

Drängen anzuhören, stellte sie ein neues Rätsel und bis wir dieses gelöst hatten, war sie verschwunden.<br />

Nun denn, wir haben nun alles gepackt und werden demnächst aufbrechen zum „gehörnten Kaiser“ um dort die<br />

Grotte Keranvor zu finden und zu verhindern was auch immer dort geschieht. Leider bin ich durch die vielen<br />

Zauber nun mit meinen geistigen Kräften fast am Ende. Ich kann nur hoffen, dass wir auch so genug<br />

aufbieten können, um Balphemor zu stoppen. Mir ist bewusst, dass wieder einmal die Verantwortung das<br />

Reich zu schützen einzig auf unseren Schultern liegt.


abends<br />

Müde und zerschlagen habe ich mich nach mehreren vergeblichen Versuchen entschlossen im „Basiscamp“ am<br />

Fuße des gehörnten Kaisers zu bleiben. Dauernd rutsche ich auf diesen spröden, zersplitterten<br />

Schieferplatten ab. Keine Ahnung wie das die anderen schaffen, aber ich habe mir das Knie aufgeschlagen,<br />

mir Arme und Beine zerschrammt. Nein, das ist nichts für mich, wahrlich. Yuchdan und Valen sind<br />

ebenfalls ins Basiscamp zurückgekommen. Ich friere gar fürchterlich. Dies wird eine unangenehme Nacht<br />

werden.<br />

16. Peraine 1027 BF / 34 Hal, nachts<br />

Wir haben abermals die Sphinx Serania gesehen. Sie flog tiefer am Berg an uns vorbei, abermals einen<br />

glitzernden Schweif aus Myriaden <strong>von</strong> Sternen hinter sich herziehend. Der letzte der Greifen folgte ihr dicht<br />

auf, und wieder schien auch er nicht zu merken, wie ihm die Federn büschelweise ausfielen. Dann landete<br />

Serania auf einer Lichtung und verschwand aus unserem Blickfeld. Auch der Greif ging dort zu Boden. Auf<br />

die Entfernung und durch die Bäume konnten wir nichts sehen, doch dann hörten wir abermals den Todesschrei<br />

eines Greifen. Kurze Zeit später sahen wir Serania weiter nach oben zum Berg fliegen und dort verschwand<br />

sie dann! Das muss Keranvor die Grotte sein!<br />

Wieder wurde ein Greif vernichtet. Nun sind alle 8 gefallen. Wie bitter. Überlistet <strong>von</strong> einer verblendeten<br />

Frau.<br />

Im Morgengrauen folgen wir der Spur der Sphinx und treffen auf Lothar und Arwed, die ebenfalls dorthin<br />

geklettert sind, wo die Sphinx verschwand. Sie haben dort eine Höhle entdeckt mit verwitterten Greifenbildern<br />

und einer uralten Schrift in Aurelani. Glücklicherweise konnte ich die mitgebrachte Abschrift entziffern und<br />

übersetzen: „Sprich das Wort <strong>von</strong> diesem Hort“. Nun Keranvor war es offensichtlich nicht und auch nicht<br />

alles andere, was Arwed und Lothar probiert hatten.<br />

mittag<br />

Da ich den letzten Abhang zur Grotte unmöglich ohne massive Kletterhilfen erklettern kann, haben wir<br />

beschlossen, dass Yuchdan und ich hier am Abhang aushalten und versuchen soviel unserer Kräfte (Yuchdan<br />

war beim Kampf in der Burg ziemlich schwer verwundet worden) wie möglich zu regenerieren, während unsere<br />

Gefährten wieder hinab zur Burg eilen um Proviant, Steigeisen, Haken, Seil und was man sonst noch<br />

braucht um einem unfähigen Magus hinauf auf den Berg zu helfen.<br />

Um die Gefahren allein hier in der Einöde abzuschätzen bin ich glücklicherweise viel zu müde und kaputt.<br />

Gut dass Yuchdan auch da ist. Ich rolle mich in alle Decken ein und versuche den Nachmittag über bis<br />

zum nächsten Tag zu schlafen.<br />

17. Peraine 1027 BF / 34 Hal, morgens<br />

Die Nacht verlief ruhig, aber es war bitterkalt. Ich konnte nicht soviel regenerieren wie ich erhofft hatte. Die<br />

Kälte und die unbequeme Lagerstatt ließen leider nicht mehr zu.<br />

mittags<br />

Gegen Mittag kamen endlich Lothar, Arwed und Valen mit neuem Proviant, Kletterzubehör und einem<br />

Schwein. Einem Schwein???


Schnell stellte sich jedoch heraus, dass dieses Schwein, kein normales Schwein war, denn es konnte rechnen<br />

und schien tatsächlich über „Intelligenz“ zu verfügen. Hm… Obwohl ich nicht bei vollen Kräften war, sprach<br />

ich einen Analys auf das Schwein und tatsächlich, ich sah die klaren Strukturen eines Verwandlungszaubers.<br />

Eines sehr mächtigen, permanenten Verwandlungszaubers. Sollte das… tatsächlich??<br />

Ich konzentrierte mich und erzwang den Zauber „Verwandlung beenden“ und tatsächlich, das Schwein<br />

verwandelte sich in den Ucuriaten Holgrir, dem wir so lange gefolgt waren. Der Zauber verschlang viel<br />

meiner Kraft und ich fürchte, dass sogar ein kleiner Teil da<strong>von</strong> permanent verbraucht wurde. Verflixt, das<br />

wird wieder lange Übungen im kommenden Winter bedeuten, um diesen Verlust wett zu machen.<br />

Jedenfalls dankte mir Holgrir überschwänglich dafür dass ich ihn aus einem Leben in Schmutz und Abfall<br />

und anschließender Wurstverarbeitung erretten konnte. Nun was tut man nicht alles für Reich und Kirche.<br />

Aber im Ernst, selbstredend hätte ich auch jeden anderen aus dieser unwürdigen Daseins-Form errettet.<br />

Doch ein dankbarer Ucuriat ist sicherlich nützlicher als ein dankbarer Bauer.<br />

Holgrir berichtete, dass ihm ein Magier mit hölzernem Blick aufgelauert habe und ihn mit einem<br />

Fingerschnippen in ein Schwein verwandelt habe. Deswegen also gelang es mir diesen Zauber zu brechen,<br />

denn eigentlich kenne ich den „Verwandlungen beenden“-Cantus nicht gut genug, um damit die Verwandlung<br />

eines Meister-Magiers zu brechen. Was soll’s, Holgrir ist gerettet, denn erfreulicherweise kennt er das<br />

Passwort für die Grotte: „Verkanor“.<br />

Den ganzen Nachmittag über verbringend meine Gefährten damit, den Weg über den Abhang zu sichern,<br />

damit Holgrir, der auch eher „ungeübt“ aussieht und ich hochklettern können.<br />

18. Peraine 1027 BF / 34 Hal, morgens<br />

Wir brechen früh auf, um möglichst bald zur Grotte zu kommen.<br />

abends<br />

Endlich haben wir die Grotte erreicht. Was für eine Höllenkletterei. Bin ich froh, dass ich diesmal das<br />

Ganze einigermaßen überstanden habe, ohne mir alles zu brechen.<br />

Holgrir spricht das Losungswort und die Grotte öffnet sich. Helles, blendendes Leuchten dringt aus ihr.<br />

Geblendet wenden wir uns ab. Als wir wieder hinsehen können, sehen wir einen kleinen Raum, in welchem 4<br />

Türen vor uns abgehen: eine rote, eine graue, eine grüne und eine schwarze. Die Tür hinter uns hat sich wieder<br />

geschlossen. Jetzt werden wir sehen, ob auch Sterbliche diese Grotte betreten können.<br />

Vor uns erscheint eine Schrift auf dem Boden: “Wähle klug Deinen Weg, denn Du hast nur einen<br />

Versuch. Nur ein Weg sagt die Wahrheit.“ Danach erscheint auf jeder der Türen ein Hinweis:<br />

• Rote Tür: “Der richtige Weg liegt hinter grau oder grün.“<br />

• Graue Tür: “Der richtige Weg liegt hinter rot oder schwarz.“<br />

• Grüne Tür: “Der richtige Weg liegt hinter mir.“<br />

• Schwarze Tür: “Der richtige Weg ist nicht hinter mir.“<br />

Gut dass wir durch die Rätseleien der Sphinx ein wenig geübt haben. Nach ein wenig Logik haben wir es<br />

heraus: es ist der schwarze Weg.


Langsam und leise schleichen wir einen spiralförmigen Gang hinunter. An den Wänden Zeichen aus alter<br />

Zeit, in Zayad und mir fremden Runen. Mehrfach kann ich die Zeichen für Blakharaz sehen.<br />

Dann endlich können wir durch ein kleines Fenster in eine riesige Höhle sehen. Ihre tatsächlichen Umrisse<br />

sind im Dunkel verborgen, doch erhellt wird die Szenerie <strong>von</strong> einem hellen Feuer, welches auf dem Fußboden<br />

inmitten der Höhle brennt. Davor liegen der Körper eines riesigen Greifen und <strong>von</strong> Serania, der Sphinx.<br />

Dazwischen, direkt beim Feuer steht Balphemor <strong>von</strong> Punin, der Agrimoth-Paktierer und<br />

Verwandlungsmagier. In seiner Hand hält er eine Glaskugel, in der 8 Lichtpunkte herumschwirren, das<br />

müssen die Seelen der Greifen sein. Das Feuer scheint ihm nichts auszumachen, obwohl wir selbst durch das<br />

kleine Fenster die Hitze spüren können, und das bei 30 Schritt Entfernung.<br />

Serania verlangt <strong>von</strong> Balphemor, nun die Verschmelzung der Seelen zu vollziehen, doch er lacht sie aus und<br />

offenbart nun endlich, dass er sie getäuscht hat. Anstatt ihr neue Gefährten zu schaffen, will Balphemor die<br />

Greifen im Höllenfeuer der Seelenmühle in Irrhalken verwandeln!<br />

Doch ihre Erkenntnis kommt zu spät, alle Greifen hat sie ihm ausgeliefert und nun, ohne dass wir etwas tun<br />

können, müssen wir mit ansehen, wie Balphemor ihr Araschar in die Brust stößt.<br />

Grimmig lädt Lothar seinen Kriegsbogen mit dem Pfeil des Humus aus dem Turnier. Wir anderen rennen<br />

die Rampe hinab. Im Rennen aktiviere ich mein neues Schutzamulett. Der Armatrutz und auch der<br />

Gardianum werden mich hoffentlich ausreichend schützen. Immerhin, der Gardianum wirkt auch gegen Zauber<br />

des Merkmals „Form“. Ich verspüre wenig Lust hier als Spanferkel zu enden.<br />

Unten angekommen, stellen wir fest, dass Balphemor nicht alleine ist. Er hat 3 Holzgolems dabei, die er<br />

nun in Marsch gesetzt hat, ihn zu beschützen. Yuchdan wirft sich dem ersten in den Weg, Valen stürzt sich<br />

auf den 2., Arwed ist etwas hinter uns und Lothar hat gerade seinen Pfeil abgeschossen. Er trifft<br />

Balphemor, dieser wird <strong>von</strong> Ranken gefesselt, doch nach einer Berührung mit seinen Händen fallen sie<br />

verdorrt zu Boden. Arwed weicht den Golems aus und rennt außen um das Feuer herum, um sich Balphemor<br />

vorzunehmen. Wenn das mal gut geht.<br />

Da ich mit meinem Stockdegen nichts gegen die Holzgolems ausrichten kann, beschließe ich, mich ebenfalls<br />

um Balphemor zu kümmern. Ich aktiviere den Ignoratia aus meinem Stab und stähle meinen Willen um<br />

zusätzlich Einfluss- und Beherrschungszauber zu erschweren.<br />

Lothar liefert sich derweil ein Fernkampfduell mit Balphemor, der jedoch klar als Sieger hervor geht, denn<br />

Lothars Pfeile treffen ihn kaum, dafür trifft er Lothar ziemlich heftig mit einem Kampfzauber.<br />

Glücklicherweise hat Lothar ein Einsehen und ich kann hören, wie er ebenfalls die Rampe herunter rennt.<br />

Dann laufe ich langsam auf Balphemor zu… gut die Golems beachten mich nicht… scheint der Ignoratia ist<br />

gut genug um mich vor beiläufiger Entdeckung zu schützen. Während ich langsam näher komme und es immer<br />

heißer wird. (Bei Ingerimm, jetzt hätte ich gerne noch eine Portion der Salbe vom Geoden Greifax). Da habe<br />

ich eine Idee. Im Laufen aktiviere ich den „Hammer des Magus“ in meinem Stab. Damit sollte ich<br />

Balphemor die Kristallkugel aus der Hand schlagen, oder gar zerbrechen können, dann wären die<br />

Greifenseelen frei!<br />

Auch Lothar ist inzwischen unten angekommen und hilft Valen und Yuchdan mit den Golems.<br />

Glücklicherweise fängt da einer der Golems Feuer… hat sich wohl zu nahe an das Höllenfeuer herangewagt.


Gut so, hoffentlich nutzen das meine Gefährten. Langsam schleiche ich weiter an Balphemor heran… ich muss<br />

nur die Kugel mit meiner Stockdegenhülle (=meinem Stab) antippen….<br />

Langsam komme ich näher und kann den Greifen nun genau betrachten. Der Greifenkörper ist über und über<br />

<strong>von</strong> Wunden bedeckt. Aus diesen fließt sein Blut in dünnen Rinnsalen auf den Boden, strömt zusammen<br />

und nährt so das Höllenfeuer! Ich überlege, ob man einen Greifen mit einem Balsam-Cantus heilen kann…<br />

hm… Alveraniare des Praois mit Magie behandeln? Schwer vorstellbar dass das klappt… Schade, ich hätte<br />

noch zwei Balsams in meinem Stabzauber. Die Sphinx liegt leblos, das Schwert im Herzen, da.<br />

Mist! Gerade als ich ihn fast erreicht habe, kommt auch Arwed an und greift ihn mit seinen Äxten an.<br />

Nun hat sich Balphemor so weggedreht, dass ich nicht an die Kugel herankomme, denn er steht zwischen<br />

dem leblosen Greifen, und der toten Sphinx, der Araschar aus der Brust ragt. Hinter ihm erhebt sich das<br />

Höllenfeuer… es ist mörderisch heiß hier, doch ihm scheint die Hitze nichts anhaben zu können.<br />

Hm… gut, dann eben anders. Ich versuche Balphemor’s Stab zu treffen. Ohne Stab wird Arwed ihn mit 3<br />

Schlägen in Stücke hacken… Touché… Sein Stab wirbelt durch die Luft und verschwindet klackernd im<br />

Dunkel.<br />

Ha! Nimm das, Schuft! Ich ziehe ebenfalls meinen Stockdegen, doch gerade als wir Balphemor die<br />

Eingeweide herausschneiden wollen, ruft er dämonische Hilfe zu sich und ein Azzitai, der drei-gehörnte<br />

Feuersalamander Agrimoths erscheint ihm zu Hilfe… Gut dass mein Stockdegen als Bannschwert gegen<br />

Dämonen wie eine magische Waffe wirkt und mein Gardianum mich auch gegen dämonischen Schaden schützt,<br />

sonst hätte ich hier keinerlei Chancen…<br />

Während Arwed und ich gegen den Azzitai kämpfen, ruft Balphemor „Apport!“, sein Stab fliegt zu ihm<br />

zurück (Verdammt, ich hätte es wissen sollen!) und macht sich bereit die Verwandlung der Greifen im<br />

Höllenfeuer zu vollziehen. Nun tut Eile Not, doch Arwed <strong>von</strong> Brandblasen übersät, ergreift die Flucht.<br />

Auch meine Haut wirft Blasen, doch glücklicherweise hat mich das Feuer bisher weniger verbrannt als<br />

befürchtet und die Attacken des Flammendämons, konnte ich bisher alle parieren.<br />

Nun stehe ich dem Dämon allein gegenüber. Au weia!<br />

Da kommt Valen angerannt, der wohl seinem Holzgolem den Garaus gemacht hat und schlägt Balphemor<br />

über den Greifen hinweg mit einem glücklichen Schlag seines Stabes zu Boden! Während dessen ist Lothar<br />

im Kampfe mit dem letzten der Holzgolems. Rot vor Zorn schreit Balphemor, „Ihr werdet die Greifen<br />

nicht retten können! Hahaha!“ und wirft die Kugel mitten ins Feuer, wo bereits alle anderen Paraphenalien<br />

verbrannt sind. Dann versinkt er in der Erde. Er muss einen „Leib des Erzes“-Cantus aus dem<br />

Zauberspeicher seines Stabes aktiviert haben.<br />

Daraufhin gerät der Azzitai außer Kontrolle. Kaum kann ich mich der wütenden Attacken erwehren, doch<br />

Valen eilt mir zu Hilfe mit seinem Zauberstab und seinen geschulten Kampfeskünsten weiß er sich<br />

wesentlich besser zu verteidigen und den Azzitai auf Abstand zu halten. Holgrir, der sich bisher<br />

zurückgehalten hatte, stimmt eine praios-gefällige Litanei an, um den Dämon zu bannen und zieht damit dessen<br />

Aufmerksamkeit auf sich.


Seitlich tauche ich am Azzitai vorbei, um die Kugel, die bereits zu schmelzen beginnt aus dem Feuer zu<br />

holen… Wenn ich nur den Motoricus-Cantus besser beherrschen würde… dann könnte ich die Zauberdauer<br />

entsprechend verkürzen… noch während ich zu zaubern beginne, kommen Lothar und Yuchdan angerannt.<br />

Während Lothar im Laufen die Kugel ergreift, stolpert Yuchdan und seine Axt fliegt ihm aus den<br />

Fingern und mitten ins Höllenfeuer. Lothar hat die Greifen gerettet! Praios sei Dank! Doch Yuchdan<br />

geht beim vergeblichen Versuch seine Axt zu holen bewusstlos zu Boden! Die Götter seien ihm gnädig, seine<br />

Seele wird in der Seelenmühle zermalen werden, sollte er dort drin sterben.<br />

Schnell, ich muss handeln. Ich breche den Motoricus ab, zwei schnelle Schritte und mein Fuß blockiert den<br />

Blutstrom zum Höllenfeuer. Praios hilf, dass der Greif auf meinen Zauber anspricht – und ich tippe den<br />

Greifenkörper 2x mit meinem Stab an und aktiviere dabei die beiden Balsams aus dem Zauberspeicher!<br />

Heißa, die Wunden schließen sich, der Blutstrom versiegt und <strong>von</strong> einem auf den anderen Augenblick ist<br />

das Feuer erloschen!!!<br />

Zum Glück empfindet der Azzitai die hereinbrechende Kälte als unangenehm und fährt freiwillig zurück in<br />

die Domäne seines Herrn. Puuuh… das war knapp!<br />

Da öffnet die Sphinx die Augen, leise bittet sie uns um Verzeihung und weint. „Fangt meinen Tränen auf,<br />

sie sind Heilung…“ sind ihre letzten Worte. Dann läuft ein Zittern durch ihren Körper und sie vergeht.<br />

Stumm sehen wir uns an… Arwed ist mit einer Glasflasche hin gesprungen und fängt 12 glitzernde Tränen<br />

auf, die kaum in der Flasche, sich verfestigen und hell klimpern.<br />

Lothar scheint völlig fertig. Er macht den Eindruck, als ob Serania die Liebe seines Lebens gewesen ist. Ich<br />

habe keine Lust, nachzusehen, ob er sie aufrichtig liebt oder auch nur verhext wurde.<br />

Grimmig fordert er „seine Tränen“ ein, doch ich widerspreche. Trauer hin oder her, wir alle sind schwer<br />

verletzt und bedürfen der Heilung. Die meisten schlucken eine Träne.<br />

Bei Hesinde, wie fühlt sich das an… ein warmes frohes Gefühl im Magen, die Brandblasen verschwinden<br />

und selbst meine astrale Kraft wird aufgefüllt!<br />

Ich teile den anderen mit, was ich entdeckt und fordere die meisten Tränen an die Magiebegabten abzugeben,<br />

denn wir können weit mehr Nutzen aus diesen Tränen ziehen, denn unsere mundanen Gefährten. Doch Lothar<br />

schaut mich hasserfüllt an und zischt: „Wage niemals mich nach meiner Träne zu fragen!“<br />

Gerade, als Lothar Araschar, das Schwert Silem-Horas’, mit einem Ruck aus der toten Sphinx zieht, löst<br />

sich der Körper des Greifen in Licht auf und die Stimme des obersten Herold der Praios-Kirche, des Greif<br />

erklingt. Freundlich wie immer dankt er uns für seine Rettung… war er … ist er der Greif der hier am Boden<br />

lag? Und ich konnte ihn mit meinen Balsams heilen? Ich? Den Greifen,? Den die besten Magier der<br />

Weißen Gilde nicht zu verzaubern vermochten?! HA! Und da soll mir noch mal einer sagen, dass Praios<br />

nicht mit mir sei! HA!<br />

Der Greif nimmt die geborstene Kugel und auf seiner Hand tummeln sich die 8 Seelen seiner Greifenbrüder.<br />

Sie müssen zurück nach Alveran, um neue Kräfte zu tanken, sagt er uns. Auch er wird dorthin gehen. Auf<br />

meine Frage, wie es geschehen konnte, dass Balphemor Araschar pervertieren konnte, sagt er uns, dass<br />

Araschar eines der mächtigsten Artefakte war, welche diese Höhle schützen und Balphemor deswegen sehr<br />

lange brauchte, um hier eindringen zu können, es aber letztendlich durch seine Berührung pervertiert hat.<br />

In den Händen eines „wahrhaft Gläubigen“ würde es wieder zu altem Glanz gelangen. Nun, da hat es wohl<br />

der Richtige schon in Händen…


“Ruft mich beim Klang des Krieges, wenn der grosse Schatten auf den goldenen Altar fällt. Eine<br />

Streitmacht wie Himmel und Erde sie selten sah zieht gegen Wehrheim. Tut alles um dies zu verhindern!“<br />

sind seine letzten Worte, dann entschwebt er gen Alveran.<br />

Nach einigen stillen Minuten reißt Lothar Araschar gen Himmel und spricht ein ergreifendes Gebet zu<br />

Herrn Praios und wir schauen sprachlos zu, wie Araschar in seinen Händen zur alten Vollendung zurück<br />

findet.<br />

Müde, aber glücklich, verlassen wir Keranvor. Hier haben wir unsere Aufgabe erfüllt. Es wäre Frevel,<br />

wenn wir länger blieben, obschon mich die vielen Schriftzeichen gereizt hätten…<br />

Den Abstieg vom gehörnten Kaiser erlebe ich wie in Trance, zu aufwühlend waren die letzten Stunden. Im<br />

Basislager fallen wir alle in die Schlafdecken, erschöpft <strong>von</strong> Kampf und Kletterei.<br />

Morgen müssen wir eilen, gen Wehrheim um Stadt und Heer zu warnen.<br />

19. Peraine 1027 BF / 34 Hal<br />

Gut erholt erwachte ich heute Morgen. Die Götter scheinen mit unserem Tun zufrieden. Nach kurzem<br />

Frühstück stiegen wir so schnell als möglich zum Dorf ab. Dort requirierten wir Pferde und Proviant und<br />

im Eilritt ging’s gen Wehrheim.<br />

Abends zeigte mir Yuchdan seine Axt. Sie fühlte sich seltsam warm an. Ein Odem gab mir Gewissheit: Ein<br />

Feuerelementar hatte sich in ihr eingenistet. Keinerlei dämonische Spuren waren zu entdecken, gut so,<br />

vielleicht wirkt sie damit als magische Waffe gegen Dämonen.<br />

Um mich auf die kommenden Ereignisse vorzubereiten habe ich heute Abend den Dämonenbann-Cantus in der<br />

Zonen-Variante in meinen Stabspeicher gesprochen. Zum Glück habe ich den Zauber für die Agrimoth-<br />

Domäne erlernt und wenn Galotta als Träger des Agrimoth-Splitters Wehrheim angreifen sollte, so will ich<br />

vorbereitet sein. Erfreulicherweise ist mir der Zauber bestmöglich gelungen und mit der Zeit die ich mir<br />

gelassen habe, sollten dämonische Streiche entsprechend erschwert oder gar verhindert werden können.<br />

Dann wandte ich noch die Techniken zur Astralen Meditation an, um die verbrauchte Kraft schneller zu<br />

erneuern. Üblicherweise bin ich da eher vorsichtig, aber meine Vorahnungen lassen Schlimmes befürchten.<br />

Geben Travia und Hesinde, dass ich auch diese Nacht meine astralen Kräfte gut regenerieren kann.<br />

20. Peraine 1027 BF / 34 Hal, morgens<br />

Glücklicherweise habe ich tatsächlich nochmals sehr gut geschlafen. Nach dem Frühstück, werden wir<br />

schnellsten über Gallys gen Wehrheim aufbrechen. Wieder Eilritt den ganzen Tag.<br />

abends<br />

Sind gut vorangekommen. Habe einen Movimento-Cantus in meinen Stab gesprochen. Falls ich um mein<br />

Leben rennen muss, so werde ich zumindest nicht aufgrund <strong>von</strong> Erschöpfung schlapp machen.<br />

21. Peraine 1027 BF / 34 Hal, morgens<br />

Der Ritt zehrt an meiner Konstitution. Schlief wie ein Stein, doch Regeneration nicht optimal. Aufbruch<br />

frühmorgens. Abermals Eilritt. Gut, dass ich noch Salbe habe.<br />

später<br />

Was in der Zwölfe Namen ist das da vor uns?!


21. Peraine 1027 BF / 34 Hal abends<br />

Es scheint, dass sich unsere schlimmsten Befürchtungen nun bewahrheiten.<br />

Zuerst sahen wir nur eine widernatürliche, schwarze Wolke, die den gesamten Himmel <strong>von</strong> fast 50<br />

Rechtsmeilen Umkreis verdunkelte, dann trafen wir am Nachmittag bei Gallys auf Rhazzazor’s endlosen<br />

Heerwurm.<br />

Nach einer ersten Schätzung waren mindestens 4000 Untote und ca. 1000 lebende Söldner dort unterwegs.<br />

Desweiteren waren verschiedene Belagerungswaffen zu sehen, sowie seltsame Dämonen, die aussahen wie<br />

Hütten auf Vogelbeinen, Gurmakai genannt. Da diese Streitmacht zwar imposant ist, aber zu wenig schweres<br />

Belagerungsgerät mit sich führt wird dies wohl eher ein Vernichtungsfeldzug sein, denn ein ernst gemeinter<br />

Angriff auf das unbezwingbare Wehrheim.<br />

Mit Sorge jedenfalls sahen wir sowohl Banner der Warunkei, als auch Transysiliens im Heerwurm.<br />

Sollten sich Rhazzazor & Galotta tatsächlich verbündet haben?<br />

In mitten des Heeres machten wir zwei schwer bewachte Besonderheiten aus: Das erste da<strong>von</strong> ist das<br />

„Banner der Heulenden Finsternis“, welches sicherlich dazu dient derart viele Untote zu kontrollieren. Das<br />

zweite ist ein seltsamer Kesselwagen, <strong>von</strong> welchem aus fortwährend Rauch aufsteigt, der sich zu dieser<br />

riesigen schwarzen Wolke zusammenbraut, welche die Untoten vor dem Sonnenlicht schützt.<br />

Wir hielten respektvoll Abstand und spähten die Stärke des Heerwurms aus, um in Wehrheim Bericht zu<br />

erstatten. Hoffentlich ist das Heer bereits in Alarmbereitschaft.<br />

22. Peraine 1027 BF / 34 Hal, mittags<br />

Mittels des Adlerauge-Cantus verschaffte ich mir heute einen detaillierteren Überblick über den Heerwurm.<br />

Ich konnte folgende Einheiten ausmachen:<br />

• ca. 1 Regiment untote Reiter<br />

• ca. 1 Regiment schwere untote Infanterie<br />

• ca. 3 Regimenter leichte untote Infanterie<br />

• ca. 1,5 Regimenter untote Plänkler<br />

• ca. 1,5 „Regimenter“ Tierkadaver und menschliche „Reste“<br />

• 2 Banner Mumien<br />

• 2 Banner untote Oger<br />

• einige untote Golgariten, vermutlich vom Boronkloster „Boronia“<br />

• unzählige untote Kleinstlebewesen wie Schaben oder Käfer<br />

• 6 Tazelwurmreiter<br />

• 10 Gurmakai (vogelbeinige Hütten)<br />

• ca. halbes Regiment lebende Plänkler aus der Warunkei<br />

• ca. halbes Regiment lebende Trossleute und Geschützmannschaften<br />

• 1 Banner Magier und Dämonenpaktierer<br />

• 2 Banner Elite-Drachengardisten aus der Warkunkei<br />

• 6 Banner Söldner und Gardetruppen aus Transysilien<br />

Auch einige der Anführer konnte ich erkennen, u.a. Mirona ya Menario (Warunker Nekromantin, eine<br />

Paktiererin Thargunitoths), Siron Grim der Schnitter (ein Trollzacker Rhochaz, der Anführer der<br />

Menschenjäger Warunks, vermutlich ein Belhalhar Paktierer), Lucardus <strong>von</strong> Kemet (ehemaliger<br />

Großmeister der Golgariten, jetzt vermutlich Thargunitoth-Paktierer), Varena <strong>von</strong> Mersingen (eine


dämonenkaiserliche Obristin). Allesamt gehören sie jedoch eher in die untere Hierarchie. Weder das<br />

persönliche Banner Galotta’s, noch das <strong>von</strong> Rhazzazor war dabei! Also war dies eine Ablenkung!<br />

Dann machte ich mich daran, die seltsame Wolke mittels des Oculus-Cantus zu untersuchen: Ich konnte<br />

feststellen, dass es sich nicht um eine gewöhnliche Wolke handelt, sondern gar um ein Wesen, einen Dämon:<br />

Rahastes, der 6.-gehörnte Verderber der Ernte genannt. Zu keiner Domäne wirklich zugehörig, dafür aber<br />

dem Namenlosen zugeschrieben. Was, bei Praios, für eine Teufelei war hier im Gange?<br />

Ferner stellte ich fest, dass der gesamte Heerwurm ein sich stetig erneuerndes Magnus Opus der<br />

Nekromantie war! Über dem Heer flogen hunderte <strong>von</strong> Braggui- und Nephazzim-Dämonen, mit bloßem<br />

Auge kaum sichtbar, doch bereit sich auf jeden „frischen“ Leichnam zu stürzen um ihn mit unheiligem Leben<br />

zu erfüllen.<br />

Als wichtigstes Artefakt um die Untoten zu beherrschen, machte ich tatsächlich das Banner der heulenden<br />

Finsternis aus, <strong>von</strong> welchem Kraftfäden zu zahlreichen Thargunitoth-Bannern, erkennbar an der Aroqua-<br />

Rune, führten und <strong>von</strong> diesen wiederum zu jedem einzelnen der Untoten.<br />

Nun werden wir eilen, Wehrheim und Burg Rabenmund zu warnen vor diesem fürchterlichen Heer.<br />

23. Peraine 1027 BF / 34 Hal, früh am Morgen<br />

Nachdem wir die ganze Nacht durch geritten sind, sind wir nun im Morgengrauen in Wehrheim angekommen.<br />

Praios und Rondra sei Dank, das Mittelreich ist gerüstet: das Heer auf dem Mythraelsfeld vor den<br />

Mauern Wehrheims steht bereit.<br />

Auf dem Feldherrenhügel vor der Burg machten wir zuerst Meldung bei Reichserzmarschall Leomar <strong>von</strong><br />

Berg. Er war sichtlich schockiert zu erfahren, dass die Greifen, die die Schwarze Sichel bewachten, allesamt<br />

gefallen sind, doch er ist guten Mutes, die Streitmacht der Untoten hier zu stellen – und zu besiegen.<br />

später<br />

Gerade als wir den Feldherrenhügel verlassen wollten, kamen neue Truppen an. Die Banner der<br />

Panthergarde und das persönliche Banner Königin Rohaja’s wehten im Galopp und sogleich machte sich<br />

Zuversicht und Kampfesmut breit. „Es ist die Königin, sie ist gekommen uns in der Schlacht anzuführen!<br />

Jetzt wird alles gut!“ und ähnliche Rufe waren allerorten zu hören. Als sie den Feldherrenhügel emporstieg,<br />

nickte sie Lothar, Arwed, Valen, Yuchdan und mir sogar freundlich zu!<br />

Allein Marschall <strong>von</strong> Berg war wenig erfreut und stritt sich mit ihr, dass sie sich nicht in eine derartige<br />

Gefahr begeben sollte. Doch sie ist halt ihres Vater’s Tochter!<br />

Danach eilten wir nach Burg Karmaleth, um dem Reichsgroßgeheimrat Bericht über unsere Mission zu<br />

erstatten.<br />

Wir berichteten das Wichtigste in Kürze, hatte der Baron doch sehr viel zu tun. Er war wenig erfreut über<br />

das Verschwinden der Greifen, doch lobte er uns für die Rettung ihrer Seelen. Nach der Unterredung wies<br />

er uns Quartiere zu und nachdem ich noch zwei Balsams in meinen Zauberspeicher gesprochen habe, versuche<br />

ich nun noch ein wenig meine astralen Kräfte zu regenerieren, bevor wir später geweckt werden.


am späten Vormittag<br />

Bei Boron, ist denn ein wenig Schlaf zuviel verlangt??<br />

Kaum, dass ich in den Federn lag, die wenig ergiebige Meditation in den Knochen, wurde ich auch schon<br />

wieder geweckt. Dexter Nemrod hat uns abermals zu sich befohlen…<br />

Zusammen mit den anderen wartete ich im Vorzimmer, während innen laute Stimmen stritten. Ich erkannte<br />

eindeutig den Baron selbst, doch die 2. Stimme war mir fremd.<br />

Nun, ich wurde nicht lange auf die Folter gespannt, bereits nach wenigen Minuten kam der vor Wut<br />

überschäumende Hochmeister der Bannstrahler, Rapherion <strong>von</strong> Eslamshagen, aus dem Zimmer gestürmt. Im<br />

Vorbeirauschen beschimpfte er noch Valen als „Chaos-Magier-Pack“.<br />

Auch der Baron war außer sich vor Wut und wir konnten seine Fingerknöchel hinter seinem Rücken<br />

knacken hören. Offensichtlich hatte er nicht bekommen, was er wollte…<br />

In kurzen Worten erklärte er uns, dass es wohl eine Möglichkeit geben könnte, den Wolkendämon<br />

Rahastes zu entschwören, dazu sei jedoch unbedingt der Wahre Name dieses Wesens notwendig.<br />

Nun hatte vor Jahren eine Gruppe Agenten ein Artefakt in den schwarzen Landen bergen können, auf<br />

welchem dieser Name verzeichnet sei, „die Plagenknolle“ geheißen.<br />

Dieses sei in die Gift-Kammer, das so genannte Securitium, der Bannstrahler auf Burg Auraleth verbracht<br />

worden. Der fanatische Hochmeister jedoch wolle da<strong>von</strong> nichts wissen und weigere sich, die Knolle<br />

herauszugeben – auch wenn das Reich deshalb zu Grunde ginge!<br />

Es sei unser Auftrag, heimlich in die Burg einzudringen und die Knolle zu beschaffen. Selbstredend sollten<br />

wir dabei so wenig Bannstrahler wie möglich töten. Schließlich würden die noch in der Schlacht gebraucht…<br />

In spätestens 15 Stunden müssen wir wieder hier sein. Zur Unterstützung unserer neuen Mission haben wir<br />

• 2 Heiltränke<br />

• 1 Unsichtbarkeitstrank (nur für Person, keine Kleider)<br />

• 1 goldenen Schlüssel, der einmalig jedes Schloss öffnet<br />

• 1 Bund normale Dietriche<br />

• 1 Plan <strong>von</strong> der Burg-Anlage (die Mauern der Mittelburg sind dem Herrn Praios geweiht)<br />

• das alte (abgetragene) Bannstrahler-Gewand <strong>von</strong> Dexter Nemrod persönlich<br />

• sonstiges Einbruchszubehör wie Blendlaterne, Beutel, Seil, Wurfhaken, etc.<br />

bekommen.<br />

Ich habe mich für dieses Unterfangen als Bauer verkleidet. Vermutlich kommt man so am einfachsten in die<br />

Burg. Gut, dass ich derlei Scharaden aus dem Effeff beherrsche. Schließlich habe ich jahrlang nichts anderes<br />

trainiert und getan. Die Darbietung meines „dummen Bauern Alrik“ war schon während der Ausbildung<br />

legendär.<br />

Um mich mache ich mir jedenfalls keine Sorgen. Doch was meine Gefährten betrifft, so bin ich nicht sicher,<br />

ob sie der Aufgabe wirklich gerecht werden können… Valen ist der einzige, dem Dexter’s Gewand so<br />

einigermaßen passen will, doch wie sollen wir Yuchdan, Arwed oder Lothar, dessen Lippen vermutlich noch<br />

niemals die Unwahrheit sagten, in die Burg bekommen?<br />

Ich denke, wir müssen abwarten, welche Gelegenheiten sich vor Ort bieten. Jetzt reiten wir los.


nachmittags<br />

Als wir vor dem Dorfe, welches sich an den Fuß des Burgberges schmiegt, ankamen wurde uns erst<br />

bewusst, welchen Auftrag wir bekommen hatten. Stolz thronte Burg Auraleth vor uns, die alabaster-weiße<br />

Kuppel des Sonnentempels auf der 3. Ebene spiegelte eindrucksvoll das Licht der Nachmittagssonne wider.<br />

Wir schauten uns um und nachdem wir nun einige Zeit beratschlagt haben, hat sich folgender Plan<br />

herausgebildet: Wir werden uns aufteilen. Zum einen um nicht aufzufallen, zum anderen um bessere Chancen<br />

zum Gelingen unseres Auftrages zu haben:<br />

1. Ich werde mittels des Bannbaladin-Cantus einen Bauer überreden mich auf seinem Fuhrwerke mit in<br />

die Burg zu fahren. Direkt vor uns ist ein möglicher solcher Helfer. Er bringt Holz in die Burg.<br />

2. Valen wird sich durchs andere Tor als Bannstrahler verkleidet einschleichen. Wenn das mal gut<br />

geht. Arwed & Yuchdan wollen ihn noch etwas „bearbeiten“, so dass er ausschaut, als ob er direkt<br />

aus einem Kampfgetümmel käme… armer Valen…<br />

3. Arwed, Lothar & Yuchdan werden heute Abend im Schutz der Dunkelheit versuchen, die Burg auf<br />

der abgelegenen Seite per Wurfhaken zu ersteigen. Wenn möglich werden Valen & ich dabei Hilfe<br />

leisten. Au weia… davor habe ich am meisten Bammel… sicherlich sind dort mehrere Wachen oder …<br />

nein… magischen Schutz werden ausgerechnet die Bannstrahler wohl kaum haben…<br />

Um ehrlich zu sein, bin ich fast froh, dass ich nun erstmal allein agieren kann. Ich habe es wesentlich<br />

leichter, wenn ich nicht dauernd auf den Unfug der anderen achten muss.<br />

spät nachmittags<br />

Ha! Es war lächerlich einfach. Selten hatte ich so wenig Mühe, mich irgendwo einzuschleichen. Aber es sei<br />

den Bannstrahlern verziehen, immerhin bin ich ein erfahrener Agent und sie waren dabei sich für ihre vermutlich<br />

letzte Schlacht zu rüsten und darob ziemlich abgelenkt…<br />

Doch ich will <strong>von</strong> vorne berichten:<br />

Auf Bauer Elbrecht’s Ochsenkarren ging es gemächlich auf die Burg zu. Ich hatte wenig Mühe den<br />

redseligen Bauern nach woher und wohin auszufragen und nach einem Bannbaladin, hieß er mich mitzufahren.<br />

Leider war der Zauber nicht gut gelungen, so dass ich kurz vor der Burg nochmals nachzaubern musste.<br />

Außerdem zauberte ich den verbotenen Sinesigil-Cantus um mein Magiersiegel zu verdecken. Für die erste<br />

„Feldanwendung“ gelang er bestmöglich. Phex sei Dank, dass Rashim mir diesen Zauber beibrachte!<br />

Das Holz des Bauern war für einen Scheiterhaufen bestimmt, auf dem am Abend eine Hexe verbrannt<br />

werden sollte. Gemeinsam mit Elbrecht lud ich ab… was für eine Plackerei. Doch beim Abladen kam ich<br />

bereits mit einem Knecht ins Gespräch, der mir einige interessante Dinge zu berichten wusste, die mir nützlich<br />

schienen:<br />

• Das Securitium liegt unter der Kapelle des hl. St. Gilborn; dort sind die gefährlichsten Artefakte<br />

aufbewahrt. (Die Kapelle liegt neben dem Tempel auf der 3. Ebene).<br />

• Weitere, weniger gefährliche Trophäen sind im Trophäen-Saal im Hauptgebäude der Mittelburg<br />

ausgestellt<br />

• Vor kurzem wurde ein Hausgeist, ein „Wehrheimer Hämmerling“, eine Art Kobold, gefangen, der<br />

auch in diesem Zimmer eingesperrt ist.


Kurze Zeit später gab es einen Aufruhr am anderen Tor und mir schwante Schlimmes. Tatsächlich: es war<br />

mein Freund Valen, welcher auf’s Übelste <strong>von</strong> der Hauptfrau Griffpurga <strong>von</strong> Auraleth zusammengestaucht<br />

wurde. Allerdings schien sie ihn eher wegen der verdreckten und nicht ganz akkurat geknöpften Uniform zu<br />

rügen, als seine Verkleidung zu durchschauen.<br />

Als Strafdienst, musste er ebenfalls Holz schichten – eine gute Gelegenheit, uns kurz auszutauschen. Als<br />

wir fertig waren, ließ er sich <strong>von</strong> einem Knecht den Weg zum Zeughaus beschreiben und „requerierte“ dort<br />

eine neue Uniform inkl. Kettenzeugs für sich, sowie einfache Roben für alle anderen.<br />

Es muss dort wohl zu Handgreiflichkeiten gekommen sein, er hatte einige Schrammen mehr als vorher, doch da<br />

er nichts verlauten ließ, gehe ich da<strong>von</strong> aus, dass er die Lage allein gemeistert hat.<br />

Hernach gab’ ich mich als sein Diener aus und trug das Kleiderbündel ihm nach Richtung Haupthaus der<br />

Mittelburg, wo wir eine freie Kammer „beziehen“ wollten. Dort wollte ich mich in einen Bannstrahler<br />

„verwandeln“. Glücklicherweise hielt mein Sinesigil-Zauber auch nach dem Durchschreiten der geweihten<br />

Mittelmauer. Er musste wahrlich gut gelungen sein; oder aber Herr Praios hatte diesmal ein Einsehen ob<br />

unseres Missionszieles.<br />

Bereits im Eingang des Haupthauses kam es zu einem Zwischenfall. Ein Bannstrahl-Ritter schalt einen<br />

Knappen da dieser das Gebet des Heiligen Aldec nicht fehlerfrei rezitieren konnte und verlangte <strong>von</strong> Valen,<br />

dies zu tun… nun beherrsche ich sämtliche gängigen Gebete des Herrn Praios, so auch dieses, doch bei Valen<br />

war ich da nicht so sicher… doch er belehrte mich eines besseren und sprach fehlerfrei alle Zeilen!<br />

Doch dies war nicht alles; als wir endlich im oberen Stocke bei den Kammern der Ritter angelangt waren,<br />

lauschten wir an einer der Türen, doch obschon nichts zu hören war, war die Kammer belegt und dazu<br />

diejenige auch noch anwesend.<br />

Es muss wohl Schicksal sein, dass Valen ausgerechnet die Kammer <strong>von</strong> Frau Griffpurga öffnete, welche<br />

unglücklicherweise auch noch halb entblößt vor uns stand, ihre herrlichen Brüste unbedeckt. Ich hätte nicht<br />

gedacht, dass eine Ritterin vom heiligen Bannstrahl Praios einen solch Rahja-gefälligen Körper unter ihrer<br />

Brünne verbirgt!<br />

Schnell senkte ich den Blick zu Boden und machte einen Schritt nach hinten. Valen jedoch schienen schier<br />

gar die Augäpfel herauszukullern, so stierte er die Holde an, als sie ihn hieß sich gefälligst wieder<br />

umzudrehen, wenn sie mit ihm spreche…<br />

Er konnte seine Blicke kaum <strong>von</strong> ihren Rahja-Früchten nehmen und ertrug mit stoischer Mine, dass sie ihn<br />

in 30 Minuten abermals zum Strafdienst bestellte. Doch Glück im Unglück, abermals wurden wir nicht als<br />

Eindringlinge erkannt.<br />

Nun haben wir eine leere Kammer gefunden, in welcher wir die Umhänge für Arwed, Lothar und Yuchdan<br />

lagern und ich selbst habe mich als Bannstrahler umgezogen, um nun die Mittelburg auszukundschaften.<br />

Bevor Valen zum Strafdienst geht, zaubere ich auch auf sein Siegel den Sinesigil-Cantus. Es wäre nicht<br />

vorteilhaft, wenn ihn Frau Griffpurga ausgerechnet zum Spül- oder Latrinen-Dienst einteilen würde und dabei<br />

sein Siegel sähe…


Valen hat ganz schön blöd gekuckt, als ich sein Siegel „weggezaubert“ habe… hihi, hätte er wohl nicht<br />

gedacht, dass ich etwas Derartiges beherrsche. Ich versuche zu lauschen, für welchen Dienst er eingeteilt<br />

wird, doch Frau Griffpurga befiehlt ihm nur ihr zu folgen.<br />

Gemeinsam verlassen sie das Haupthaus und verschwinden in einem der Türme der 2. Ebene. Nun denn, ich<br />

habe genug zu tun, Valen wird schon auf sich selbst aufpassen können… müssen… wie auch immer.<br />

abends<br />

Nach einem ausführlichen Spaziergang, bei welchem ich erfreut feststellen konnte, dass ausgerechnet der<br />

Mauernteil, welchen sich Arwed, Yuchdan & Lothar zum Hochklettern ausgesucht hatten, kaum bewacht<br />

wird und dort nur 1x alle Stunde eine Patrouille vorbeikommt, bin ich zurück zum Haupthaus.<br />

Keiner sah mich, als ich in den verwaisten Trophäen-Saal schlich um nach dem eingesperrten Kobold zu<br />

sehen. Dieser „Hausgeist“ sollte mir einen Eingang zu den Katakomben verraten können, so dachte ich.<br />

Das wäre allemal besser, als zu viele neugierige Fragen stellen zu müssen…<br />

Da sah ich das Bürschchen. Es war an der Decke in einem Käfig aus Bosparanien-Holz eingesperrt und<br />

aufgehängt. Das arme Wesen dauerte mich sogleich. Es trug nur einen kleinen Lederschurz und war<br />

ansonsten nackt. Das heilige Holz des Herrn Praios schien ihm große Schmerzen zu bereiten, denn es<br />

machte einen verhärmten, gequälten und unglücklichen Eindruck. Sicherlich wusste es, dass es ebenfalls<br />

verbrannt werden sollte.<br />

Als ich es ansprach und ihm zu verstehen gab, dass ich es befreien wöllte, leuchteten seine Augen voller<br />

Hoffnung. Einen Eingang zu den Katakomben wollte es mir gerne zeigen, beschrieb auch einen Ort, an<br />

welchem es nicht „durch den Stein“ gehen könnte. Das musste das Securitium sein!<br />

Schnell kletterte ich auf einen Stuhl, hob den Käfig herab, bog die Ruten auseinander und half dem<br />

Hämmerling aus seinem Gefängnis. Nachdem ich ihn unter mein Gewand gesteckt hatte, hing ich den Käfig<br />

wieder auf, so dass die Flucht möglichst nicht so bald auffallen würde.<br />

Ich beschaffte dem Kleinen etwas zu Essen und zu Trinken und er stellte sich als Hamrax vor, der<br />

normalerweise dem Schmied beim Ausbessern der Rüstungen half. Doch er war dort wohl <strong>von</strong> einem<br />

übereifrigen Bannstrahler entdeckt worden – und der Schmied nicht Manns genug, seinen Helfer zu<br />

verteidigen.<br />

Nun bei Einbruch der Dunkelheit werden wir uns aufmachen, den Gefährten über die Mauer zu helfen;<br />

Valen ist noch nicht zurückgekehrt.<br />

nachts<br />

Hamrax und ich mussten nicht lange warten, da sahen wir drei dunkle Gestalten auf die Mauer zu rennen.<br />

Plötzlich warfen sie sich auf den Boden und blieben liegen. – Vermutlich hatten sie mich auf der Brüstung<br />

gesehen. Leider hatte ich keine Möglichkeit ihnen Lichtzeichen zu geben, da sie selbst all unsere Ausrüstung<br />

(<strong>von</strong> den Dietrichen abgesehen) mit sich führten.<br />

Also duckte ich mich einfach hinter die Zinnen und wartete bis sie unten angekommen waren. Als sie den<br />

Wurfhaken über die Zinnen warfen, gab ich mich zu erkennen und verkeilte den Haken, so dass sie<br />

hochsteigen konnten.<br />

Doch es schien wie verhext… obschon die drei geübte Kletterer sind, fielen sie mehrmals wieder zu Boden!<br />

Wenn ich es nicht besser wüsste, würde ich glatt vermuten, dass hier Magie am Werk ist! Vielleicht ist es<br />

ja eine Praios-Liturgie zur Abwehr <strong>von</strong> phexischem Treiben. Endlich, nach mehreren vergeblichen Versuchen<br />

schaffte es Yuchdan als erster nach oben und mit seiner Hilfe konnten wir die anderen beiden hochziehen.


Ich hieß sie die Bannstrahl-Gewänder anzuziehen und wir folgten Hamrax, der Arwed noch ein wenig foppte,<br />

da er im Gegensatz zu unserem Schmied wohl eine komplette Rüstung in einer einzigen Nacht anfertigen kann.<br />

Während in der unteren Burg die Hexenverbrennung begann, hielt Hamrax Wort und zeigte uns einen<br />

Eingang zu den Katakomben. Daraufhin verschwand er einfach so im Boden. Ein netter Kerl. Bin froh,<br />

dass ich ihn ’rausgelassen habe! Wäre schrecklich, wenn er so enden müsste wie die Hexe. Wir konnten ihre<br />

Schreie hören und den Gestank <strong>von</strong> verbranntem Fleisch noch in der Mittelburg riechen.<br />

Gerade als wir die Luke öffnen wollten, kam ein Bannstrahler durch das Tor der Mittelburg. Ich erkannte<br />

Valen unter dem Kettenhemd. Schnell lief ich ihm nach und brachte ihn zu den anderen. Er erzählte, dass er<br />

die Hexe hatte bewachen müssen und sie sogar auf den Scheiterhaufen geleiten musste. – Und ich sah ihm an,<br />

dass ihn das schwer mitgenommen hatte.<br />

Anscheinend hatte die „Hexe“ dem Erwählten nicht zu Willen sein wollen und musste nun dafür bezahlen.<br />

Voller Wut hatte sie Valen verflucht, dass sein Gemächt abfallen möge, bevor sie in Flammen aufging.<br />

Nun stehen wir vor der Türe zu den Katakomben und werden versuchen in das geheime Securitium<br />

einzudringen. Möge Phex uns helfen, seinen Bruder Praios zu bestehlen!<br />

24. Peraine 1027 BF / 34 Hal, früh morgens<br />

Es ist vollbracht, wir haben die Plagenknolle! Es war einfacher und doch gefährlicher als gedacht.<br />

Nachdem wir auf der Wendeltreppe nach unten vorgedrungen waren, überfiel Yuchdan ein schlimmer Anfall<br />

<strong>von</strong> Raumangst. Er ist solche engen Gänge wohl nicht gewohnt aus seiner Heimat… was hätte er nur zu der<br />

Nekropole unter Schelf gesagt?!<br />

Nach etlichen beruhigenden Worten, schien er wieder soweit fit, dass er uns folgen konnte. Die Blendlaterne<br />

leistete uns gute Dienste und langsam erkundeten wir die Gänge. Alles hier war ziemlich staubig und <strong>von</strong> den<br />

Gängen zweigten ziemlich viele Nischen ab, in welchem verstorbene Bannstrahler aufgebahrt waren.<br />

Yuchdan, der auch einen Heidenrespekt vor Toten hat, lief ziemlich bleich neben uns her.<br />

Plötzlich überfiel mich ein Kribbeln im Nacken, ein untrügliches Zeichen, dass wir in Gefahr waren. Als<br />

wir umkehren wollten, sahen wir auch schon einen Ghul, der Valen <strong>von</strong> hinten anfiel und in den Hals biss!<br />

Yuchdan stürzte sich sofort auf den Ghul und riss ihn <strong>von</strong> Valen weg, der zitternd und grün im Gesicht an<br />

der Wand zusammensackte.<br />

Schnell schaute ich wieder nach vorn – und tatsächlich auch <strong>von</strong> dort näherten sich zwei dieser Leichenfresser!<br />

Vor diesen hatte mich mein Gefahreninstinkt gewarnt! Schnell schätzte ich die Situation ab und befahl Lothar<br />

und Arwed sich um die beiden „vorderen“ Ghule zu kümmern, während ich selbst die Blendlaterne abstellte,<br />

meinen Stockdegen zog und den Ghul angriff, mit dem Yuchdan noch immer rang.<br />

Es war ein kurzer, hässlicher Kampf, bei welchem ich, Rondra sei’s gedankt, nicht verletzt wurde und den<br />

Ghul niederstechen konnte. Auch Yuchdan war ohne größere Blessuren da<strong>von</strong> gekommen. Lothar und Arwed<br />

hatten insgesamt sogar drei Ghule niedergemacht. Auch sie ohne größere Verletzungen. Doch um Valen stand<br />

es schlimm. Er wurde immer schwächer. Und wir hatten Angst, dass er komplett gelähmt würde, denn das<br />

würde bedeuten, dass er sich ebenfalls in einen Ghul verwandeln würde. Doch Peraine sei dank, zwar deutlich<br />

geschwächt, doch er war noch nicht paralysiert, als die Wirkung des Giftes langsam verebbte.


Leider beherrsche ich den „Klarum, Purum“-Cantus nicht, doch Valen gab zu verstehen, dass er diesen<br />

zaubern kann… Da wir direkt unter dem Praios-Tempel waren und ich nach meinen Erfahrungen aus<br />

Horasia vermutete, dass Zauber hier (wenn überhaupt) nur sehr erschwert gesprochen werden können, brachte<br />

ich Valen zurück zur Treppe, während die anderen weiter nach einem Eingang zum Securitium suchten.<br />

Dort angekommen, zog ich Valen das Kettenhemd nebst Helm und Handschuhen aus und er nahm all<br />

seine Kraft zusammen und schaffte es den „Klarum, Purum“-Cantus zu wirken. Hesinde sei Dank, es<br />

klappte auf Anhieb!<br />

Allein das Gift hatte ihn schwach und ungeschickt gemacht und dies wurde durch den Zauber auch nicht<br />

besser, da dieser ja bekanntlich nur das Gift selbst eliminiert, nicht aber die Schäden, die es angerichtet hat.<br />

Nun endlich beichtete Valen mir, dass er abermals zu Frau Griffpurga bestellt sei: Zwei Stunden vor<br />

Mitternacht sollte er „in leichter Gewandung“ in ihrer Stube Meldung machen. Ein wenig eifersüchtig dachte<br />

ich an ihre herrlichen Brüste… doch in seinem Zustand war mit Valen nichts anzufangen. Schon gar keine<br />

Rahja-gefälligen Liebesspiele mit einer ausgehungerten Bannstrahl-Ritterin, die sich wohl vor der Schlacht<br />

noch schnell die Hörner abstoßen wollte…<br />

Ich überlegte ein wenig, und dann entschloss ich mich, etwas zu versuchen. Ich modifizierte den „Eigenschaften<br />

wiederherstellen“-Cantus etwas und sprach ihn langsam auf Valen. Tatsächlich, es klappte und schnell<br />

kehrten alte Stärke und Gewandtheit wieder zurück. Dann sah’ ich dass auch sein Sinesigil verloschen war.<br />

Vermutlich war er nicht stark genug gewesen, der Praios-gesegneten Mauer zu trotzen. Also zauberte ich<br />

auch diesen neu und wünschte ihm, nicht ohne einen gewissen Neid, eine „vergnügliche“ Nacht.<br />

Verdammt, warum sind mir nie derartige Erlebnisse vergönnt?<br />

Da meine astralen Kräfte bereits völlig erschöpft waren, musste ich diese beiden Zauber mit meiner<br />

Lebenskraft wirken. Mit blutender Nase und ziemlichem Kopfweh musste ich einen Moment innehalten und<br />

nahm dann schweren Herzens eine der beiden Sphingen-Tränen zu mir, welche meine körperliche und astrale<br />

Kraft sogleich wieder völlig herstellte.<br />

Damit ich diesmal nicht wieder überrascht würde, aktivierte ich das warnende Leuchten in meinem<br />

Stockdegenknauf. Das sollte mich zusätzlich zu meinem Gefahreninstinkt wahrlich rechtzeitig warnen, falls<br />

noch mehr Ghule sich hier herumtrieben. (Doch wir trafen keine weiteren an.) Danach fand ich die Gefährten,<br />

bisher vergeblich nach der Kammer suchend. Es schien, als ob auch die Ghule versucht hatten, mit ihren<br />

Krallenhänden sich durch das Erdreich in die Kammer zu graben, doch an dem Koschbasalt, der die<br />

Kammer umgab scheiterten.<br />

Lange suchten wir einen geheimen Eingang zum Securitium, doch nach Stunden der Suche mussten wir uns<br />

eingestehen, dass da wohl doch kein Eingang zu finden war.<br />

Dafür fanden wir anderes: Zum ersten waren die Ghule wohl schon vor langer Zeit hier eingedrungen. Arwed<br />

als ehemaliger Sappeur untersuchte mit kundigem Blick den Tunnel, durch welchen sie sich hier herein<br />

gegraben hatten. Er schien überaus gut intakt zu sein, aber knapp 1 Jahr alt, der Färbung <strong>von</strong> Erde und<br />

Gestein nach zu urteilen, wie er sagt.<br />

Zum zweiten, schienen die Bannstrahler ihre Katakomben deutlich zu vernachlässigen, denn abgesehen <strong>von</strong><br />

Staub & Schmutz fanden wir zahlreiche <strong>von</strong> den Ghulen angenagte Leichen und keinerlei Hinweise, dass die<br />

Herren der Burg wohl im letzten Jahr etwas vom frevelhaften Treiben der Ghule bemerkt hatten!<br />

Zum dritten fand ich durch Zufall (oder Götterhand geleitet?) ein offensichtlich stark geweihtes Amulett des<br />

hl. St. Gilborn. Es hing um den Hals eines Toten, der im Gegensatz zu den anderen Leichen unversehrt war.


Als ich es nur mit der Fingerspitze berührte, wurde mir schon ein kleiner Teil meiner astralen Kraft<br />

geraubt!<br />

Ich machte Lothar und Arwed auf das Amulett aufmerksam, dachte ich doch, dass sie es besser gebrauchen<br />

könnten als ich selbst. Doch Arwed gab das Amulett nach kurzem Überziehen an Lothar und meinte „ich<br />

habe nichts gespürt“… dieser Bastard… er hat soviel erlebt, warum kann er nicht an die Macht der Götter<br />

glauben? Nun denn, hat sich Lothar eben auch dieses Amulett umgehängt… nicht, dass er als Träger <strong>von</strong><br />

Araschar noch weiteren Schutz des Götterfürsten bedürfte – doch wenn sich kein anderer würdiger Träger<br />

findet?<br />

Langsam wurde die Zeit knapp. Wir mussten mit der Knolle bis um 2 Uhr wieder in Wehrheim sein, so<br />

dass sie in das Ritual eingebunden werden konnte. Wir beratschlagten was zu tun sei, als sich endlich<br />

Arwed nochmals an die Untersuchung der Koschbasaltplatte machte, die die Ghule freigelegt hatten.<br />

Nach kurzer Untersuchung gab er zu verstehen, dass er glaubte, dass die Platte ziemlich dünn sein müsste.<br />

Wir sahen uns an… dann nickten wir ihm zu und Arwed schlug in Ermangelung einer Spitzhacke, die Platte<br />

mit wenigen Schlägen seiner Axt ein.<br />

Dahinter lag ein großer achteckiger Raum, das Securitium. Nur ein mattes orangenes Glühen drang aus der<br />

Dunkelheit zu uns und ohne groß nachzudenken, <strong>von</strong> meiner Neugier getrieben betrat ich den Raum…<br />

… um gleich wieder fluchend zurück zu stolpern!<br />

Mist, mist, mist! Wie hatte ich nur so unvorsichtig sein können! Natürlich war in diesem Raum ein Praiosgefälliger<br />

Bann aktiv, der sämtliche Zauberei zunichte machte. So war mein Sinesigil erloschen und aus dem<br />

Zauberspeicher in meinem Stab einer der Balsams verschwunden. Schnell warf ich den Stab nach draußen und<br />

bedeutete Yuchdan dort auf ihn und Valen’s Stab aufzupassen – und bloß keinen Schritt in den Raum zu<br />

machen.<br />

Währenddessen war Arwed, gradlinig wie ein Stier, und wohl auch so überlegt auf den orangenen Lichtschein<br />

zugeschritten. Das orangene Leuchten entpuppte sich als goldene Aureole, welche die Plagenknolle umgab,<br />

die (auf ein Kissen gebettet) auf einem Podest lag. Sie sah aus wie ein großer schwarzer Tannzapfen, dessen<br />

Lammellen mit unheiligen Zeichen aus Zayad beschrieben waren.<br />

Arwed jedenfalls, hatte sich gar übelst die Finger verbrannt, als er versucht hatte die Plagenknolle an sich<br />

zu nehmen. Er konnte sie noch nicht mal berühren.<br />

Was jedoch zuerst aussah wie eine einfache Verbrennung entpuppte sich schnell als handfeste<br />

Verstümmelung! Die Aureole, was immer das ist, hatte ihm das erste Fingerglied seines Zeigefingers und<br />

sogar zwei Fingerglieder seines Mittelfingers „weggeschnitten“. Leider muss ich hier vor einer korrekten<br />

Beschreibung kapitulieren, denn Derartiges habe ich noch nie erlebt. Arwed’s Fingerglieder fehlten einfach.<br />

Ohne, dass ein Laut zu hören gewesen wäre (<strong>von</strong> seinem unterdrückten Fluch abgesehen), spürte er anscheinend<br />

nicht mal Schmerzen, als sich seine Finger einfach „auflösten“.<br />

Dieser unüberlegte Hornochse! Nun wird es sicherlich wieder an mir liegen ihm mittels Einsatz massiver<br />

astraler Kräfte die Langfinger nachwachsen zu lassen.<br />

Während Lothar und Arwed überlegten was zu tun sei, schaute ich mir die anderen Artefakte an, die hier<br />

aufbewahrt wurden. Allerlei verbotene Bücher wie die 13 Lobpreisungen des Namenlosen, die Chroniken <strong>von</strong><br />

Ilaris, Borbarad’s Testament waren darunter. Doch auch weniger gefährliche Werke waren vorhanden und<br />

erregten daher meine Aufmerksamkeit: Die Angst <strong>von</strong> Archon Megalon, sowie Etherisches Geflüster


schienen mir eher interessant als gefährlich für mein Seelenheil – und so steckte ich ersteren ein, um in später in<br />

Ruhe zu studieren.<br />

Noch andere Artefakte lagen auf kleinen Podesten hier herum, aber sie machten allesamt einen sehr<br />

gefährlichen Eindruck: Ein Ogerspiegel Galotta’s, ein roter Gürtel aus Wolfsleder, ein Dämonen-Artefakt,<br />

das sogar halb in seine Koschbasalt-Podest eingesunken war!<br />

Auch Yuchdan war mittlerweile in die Kammer gekommen, hatte aber die Stäbe vorsorglich draußen<br />

gelassen. Er nahm sich den Gürtel, der auf der Schließe einen Wolf abbildete. Ich habe ihn ermahnt, diesen<br />

erst anzulegen, wenn ich ihn untersucht habe und für „ungefährlich“ befunden haben sollte.<br />

Lothar und Arwed hatten inzwischen ein wenig nachgedacht, und das Kissen, auf welchem die Plagenknolle<br />

lag, unter der Aureole weggezogen. Phex sei Dank, blieb die Aureole an Ort und Stelle, während sie das<br />

Kissen samt der Knolle einfach wegziehen konnten.<br />

Nun hatten wir was wir suchten, sogar mehr als das, und verließen das Securitium. Arwed und Yuchdan<br />

schleppten noch einen der toten Ghule in die Kammer, um die Bannstrahler zu ärgern.<br />

Wir beratschlagten was zu tun sei und beschlossen, die Burg durch den Gang der Ghule zu verlassen. Doch<br />

ich wollte vorher nach Valen sehen, denn er war noch immer nicht aufgetaucht und schon über 2 Stunden weg.<br />

Es liegt nicht in meiner Natur, einen Gefährten zurückzulassen.<br />

Während ich loseilte ihn zu suchen, machten die anderen sich bereit und warteten am Eingang zum Gang der<br />

Ghule. Kaum dass ich in den Korridor zu den Schlafkammern kam, konnte ich hören, dass Valen wohl<br />

immer noch den feurigen Hengst gab – den (kaum unterdrückten) Lustschreien <strong>von</strong> Hauptfrau Griffpurga<br />

nach zu urteilen, die ich durch die Tür ihrer Kammer hören konnte.<br />

Ich verspürte wenig Lust, den beiden den Rahjadienst zu verderben und beschloss Valen eine Nachricht in<br />

„unserer“ Stube zu hinterlassen. Wenn er noch bis 3 zählen konnte, nachdem Frau Griffpurga mit ihm fertig<br />

war, so würde er wohl darauf kommen, dort nachzusehen, hoffte ich.<br />

„Lieber Valen, ich wünsche Dir alles Gute und wir sehen uns in Wehrheim. T.G.“ sollte reichen.<br />

Dann beeilte ich mich wieder in die Katakomben zu kommen und wir verließen die Burg durch den Gang der<br />

Ghule. Niemand behelligte uns; wir kamen irgendwo auf dem Felde heraus. Arwed holte unsere Pferde und<br />

eilends ging’s im Galopp nach Wehrheim, das ja nicht weit im Süden liegt.<br />

Hier kamen wir gegen 2:30 Uhr an, gerade noch rechtzeitig, um dem Baron die Knolle zu übergeben,<br />

welcher das Ding gleich an Illuminata Lucana Lanzenschäfter (eine ältere Praios-Geweihte) weitergab, die<br />

wohl seitens der Geweihten das Ritual leiten wird.<br />

Dexter Nemrod schien überaus zufrieden mit unserem Tun. In meinem Quartier nahm ich mir zuerst Arwed’s<br />

Finger vor und unter Aufbietung meiner gesamten Konzentration gelang es mir, die fehlenden Fingerglieder<br />

wieder herzustellen. Jedoch zu einem hohen Preis. Um die Heilung seiner Hand zu vollziehen, war ich<br />

gezwungen, einen nicht unerheblichen Teil meiner astralen Kräfte permanent in Arwed’s Finger zu leiten.<br />

Wahrlich, er hat nun mehr astrale Kraft im rechten Mittelfinger, als in seinem Hirn.<br />

Außerdem schuldet er mir jetzt was, bei Phex!<br />

Danach untersuchte ich noch mittels Analys den Gürtel, den Yuchdan mitgenommen hatte, doch leider scheint<br />

er einen „Wolfsfluch“ zu enthalten und seinen Träger für unbestimmte Zeit in einen Werwolf zu verwandeln.


Nichts was uns in der Schlacht helfen könnte. Wir sollten trachten, den Gürtel irgendwie wieder in die<br />

Hände der Bannstrahler zurück zu geben.<br />

Nun gehen wir schlafen, um noch ein wenig Kraft zu tanken, bevor morgen der endlose Heerwurm über uns<br />

hereinbrechen wird.<br />

24. Peraine 1027 BF / 34 Hal, vormittags<br />

Heute Morgen kam Valen dann in Robe und Brünne der Bannstrahler angeritten. In seinem Gesicht<br />

wechselten sich das schlechte Gewissen und Zufriedenheit über die vergangene Nacht ab. Wir haben alle<br />

gegrinst, und ihn wissen lassen, dass wir ihm gönnen, was ihm widerfahren ist.<br />

Es ist endlich soweit. Die Schlacht steht kurz bevor. Alles was gesagt werden muss ist gesagt. Alles was<br />

getan werden muss getan. Wir machen uns fertig. Ich überprüfe meinen Wattierten Waffenrock nochmals im<br />

Spiegel, den Beutel mit meiner Kugel am Gürtel, die Kette mit der Drachenschuppe (mein Schutzartefakt),<br />

die Schlaufe für meinen Stockdegen, das kleine Beutelchen mit meiner letzten Sphingen-Träne.<br />

An der linken Hand habe ich mir einen Handschuh zurechtgeschnitten, an welchem ich meine Magierkugel<br />

festbinden kann. Mit dem Schutzfeld gegen Untote ist sie ein wichtiger Schutz, den ich ungern auf dem<br />

Schlachtfeld verlieren möchte.<br />

Zusammen mit den besten Einheiten haben meine Gefährten und ich den Befehl bekommen, im „Keil des<br />

Lichts“ mitzureiten, um die Geweihten und Magier zu beschützen, welche versuchen werden, den Wolkendämon<br />

Rahastes zu bannen.<br />

Dies ist ein Alveranskommando. Ein Überleben ist bestenfalls unwahrscheinlich.<br />

Ich habe darob meine Sachen geordnet, mein Testament geschrieben und den Travia-Tempel besucht, um mich<br />

für die Gnade, welche mir bisher erwiesen wurde zu bedanken und darum zu bitten, dass ich heute ausdauernd,<br />

mutig und tapfer genug sein werde, Reich, Heim & Herd bis zum Letzten zu verteidigen.<br />

Ich habe versucht mein Leben in den Dienst des Reiches zu stellen, die Zwölfgötter zu schützen und die<br />

Wahrheit zu sprechen – wobei ich zugegeben, das Letztere des öfteren brechen musste, wenn es meine Mission<br />

verlangte.<br />

Ich hoffe, dies alles genügt, um auf der Seelenwaage für würdig befunden zu werden, in Travia’s Paradeis<br />

eingehen zu dürfen. Ich jedenfalls, bin zufrieden mit dem was ich aus dem Leben eines Waisenjungen aus dem<br />

Armenhaus zu Rommilys gemacht habe, ich hoffe Travia wird es auch sein.<br />

Seltsam war, dass ich Königin Rohaja und Marschall <strong>von</strong> Jergan, den Kommandeur der Panthergardisten<br />

aus dem Tsa-Tempel habe kommen sehen. Ob dies etwas zu bedeuten hat?<br />

Unsere Taktik in der Schlacht wird hinreichend einfach sein. Wir werden das Heer der Untoten zur offenen<br />

Feldschlacht auf dem Mythraelsfeld stellen, wohl wissend, dass uns die Untoten zahlenmäßig überlegen<br />

sind. Doch durch die schmale Brücke über den Gernat behindert, erwarten wir, dass die Untoten nur langsam<br />

übersetzen können und keine ordentliche Schlachtordnung wahren können.<br />

Sobald der Kesselwagen, der sich, Praios sei Dank, im vorderen Drittel des Heerwurms befindet, die<br />

Brücke überquert hat, wird eine verborgene, vorgelagerte Einheit die Brücke zerstören (sie ist bereits<br />

entsprechend präpariert).


Dann wird der „Keil des Lichts“ zu dem Kesselwagen vordringen und versuchen die dämonische Wolke zu<br />

bannen.<br />

Es gab noch eine unschöne Szene, als die Bannstrahler ankamen. Schnell wurde dem Erwählten klar, dass<br />

jemand ihre Burg infiltriert und die Plagenknolle gestohlen hatte. Nachdem meine Gefährten und ich<br />

offensichtlich derart im Vertrauen Dexter Nemrod’s stehen, dass wir dem „Keils des Lichts“ zugeteilt<br />

wurden, wurde ihnen schnell klar, wer das wohl gewesen sein muss. Überdies erkannte Frau Griffpurga<br />

meinen Freund Valen, nun als Magier für die Schlacht gewandet, und ihr Gesicht verfinsterte sich zusehends.<br />

Der Erwählte war derart aufgebracht und beleidigt, dass er beschloss mit den Seinen einen eigenen Vorstoß<br />

zu wagen, anstatt sich dem „Keil des Lichts“ anzuschließen. Verblendetes, fanatisches, arrogantes Pack!<br />

Es wäre müßig die vielen Einheiten und Banner zu beschreiben, die sich eingefunden haben, das Reich auf<br />

diesem Schlachtfelde zu verteidigen, so will ich mich darauf beschränken zu beschreiben, wer für den „Keil<br />

des Lichts“ auserkoren wurde:<br />

Angeführt wird der Keil <strong>von</strong><br />

• Heermeister Rondrasil Löwenbrandt <strong>von</strong> der Rondrakirche,<br />

• Illuminata Lucana Lanzenschäfter <strong>von</strong> der Praios-Kirche,<br />

• Spektabilität Saldor Foslarin <strong>von</strong> der Akademie Schwert und Stab zu Gareth (ehem. Beilunk)<br />

• Graf Dexter Nemrod.<br />

für die Bannung des Dämons sind zuständig:<br />

• 8 Rondra-Geweihte vom Orden der Hohen Wacht,<br />

• der Efferd-Hochgeweihte <strong>von</strong> Wehrheim,<br />

• 2 Peraine-Geweihte,<br />

• 2 Boron-Geweihte <strong>von</strong> den Hütern des Raben, nebst<br />

• 3 geweihten Golgariten,<br />

• 4 Hesinde-Geweihte vom Orden der eisernen Schlange und den Draconitern unter Führung <strong>von</strong><br />

Erzmagister Erechtron,<br />

• 6 Praios-Geweihte und Akoluthen unter Inqusitionsrat Parinor <strong>von</strong> Oppstein,<br />

• Erzmagieren Racalla <strong>von</strong> Horsen-Rabenmund mit<br />

• 6 erfahrenen Weißmagiern.<br />

für den Schutz dieser sind verantwortlich:<br />

• 5 Pfeile des Lichts,<br />

• 2 Hände Elite-Kämpfer der 11. Schwadron Rauls,<br />

• 2 Magier & 8 Tempelgardisten der Draconiter,<br />

• 40 Sonnenlegionäre,<br />

• 150 Lanzenreiter der Ferdoker Garde unter Marschallin Angunde <strong>von</strong> Falkenberg,<br />

• 200 schwer gerüstete Zwergensöldner unter Hochkönig Albrax persönlich,<br />

• 100 Helebardiere der Elite-Gardisten,<br />

• meine Gefährten Lothar, Arwed, Yuchdan, Valen und ich selbst.<br />

Geben die Zwölfe, dass unser Vorhaben gelingen wird und die meisten <strong>von</strong> uns aus der Schlacht heimkehren<br />

werden.


Wehrheim, 24. Peraine 1026 BF zur dritten Mittagsstunde<br />

Wir besteigen die Pferde, machen unsere Waffen klar. In wenigen Minuten wird der „Keil des Lichtes“<br />

durch die Reihen der Untoten brechen. Falls ich bei diesem Kommando umkommen werde, so bitte ich den<br />

Finder dieses Tagebuchs darum, es zum Waisenhaus des Travia-Tempels zu Rommilys zu bringen, damit<br />

es dort aufbewahrt werde.<br />

Travin Gerdenwald,<br />

Magus zu Rommilys & Gareth,<br />

Ritter des Reiches und Ehrenritter des Hauses Gareth,<br />

im Dienste des Reiches und der KGIA


26. Peraine 1027 BF / 34 Hal<br />

Wehe, wehe, den 24. Peraine 1026 BF werde ich als schwärzesten Tag meines Lebens in Erinnerung<br />

behalten. Hat mein gutes Gedächtnis mir doch so manches Male geholfen, so haben sich nun die Schrecken<br />

der Vernichtung in mein Gehirn eingebrannt, auf dass ich niemals vergessen möge, wie der größte Triumph des<br />

Mittelreiches <strong>von</strong> einem Augenblick auf den anderen in die größte Niederlage verwandelt wurde, seit<br />

Menschen Gedenken.<br />

Wehe, wehe, der 24. Peraine war der Tag, an welchem die Herren der verderbten Lande, Galotta &<br />

Rhazzazor über das Mittelreich triumphierten, der Tag an welchem das aufblühende Heer des neuen<br />

Reiches vernichtend geschlagen wurde und der Tag an welchem die militärische Bastion des Reiches, die<br />

Stadt Wehrheim samt Burg Karmaleth vernichtet wurden.<br />

Nachdem ich nun etwas Zeit habe, will ich hier niederschreiben, wie es zur Katastrophe kam und warum ich<br />

doch noch Hoffnung hege, dass sich alles noch zum Guten wenden wird:<br />

Wir warteten lange auf unseren Einsatz. Die Schlacht tobte Stunde um Stunde. Immer wieder gab es<br />

einzelne Aktionen verschiedener Truppenteile, die jedoch mehr oder weniger erfolglos waren. Einzig die<br />

Vernichtung der Thargunitoth-Banner schien die Untoten in der jeweils näheren Umgebung zu lähmen, und<br />

so orderte ich einige Scharfschützen mit Brandpfeilen zwischen die Truppen. Da die Banner nur schwerlich<br />

Feuer fingen, waren auch dies eher kleine Erfolge.<br />

Dann endlich nach fast 3 Stunden, war der schwer bewachte Kesselwagen über den Gernat gebracht worden.<br />

Tatsächlich gelang es dem Einsatz-Kommando die Brücke zu zerstören, auch wenn sie allesamt danach <strong>von</strong><br />

den Untoten zerrissen wurden und bald auf deren Seite weiterkämpften.<br />

Langsam nahmen wir die seitlich vorgeschobene Position ein, die verabredet worden war. Die Ferdoker<br />

Lanzer bildeten den Sturm im Keil während Helebardiere und Zwerge Flanken und Rückseite deckten.<br />

Wir waren dicht bei den Magiern & Geweihten im Zentrum.<br />

Dann endlich kam der Einsatzbefehl. Während alle aufsaßen nahm ich mir noch die Zeit und wirkte einen<br />

Armatrutz mit dreimal verlängerter Wirkungsdauer auf mich. Das sollte eine Weile reichen. Vielleicht<br />

sogar bis wir den Kesselwagen erreicht hatten.<br />

Zuerst kamen wir schnell voran. Im Sturmritt drangen wir in das Heer der Untoten ein und die Ferdoker<br />

vorneweg schlugen uns einen Weg durch die lebenden Toten.<br />

Da scheute vor mir das Pferd <strong>von</strong> einem der Weißmagier die für den Pentagramma vorgesehen waren. Er<br />

fiel mitten in die Untoten und schon verbiss sich ein untotes Wildschwein in seinem Bein. Schnell sprengten<br />

Valen und ich hin. Ich nahm meine Kugel heraus und aktivierte das Schutzfeld gegen Untote. In der Eile<br />

musste ich es 2x versuchen, bis es wirkte, doch dann vertrieb es das untote Schwein <strong>von</strong> unserem Collaega und<br />

Valen zog ihn zu sich auf’s Pferd. Sein Bein sah fürchterlich aus, so konnte er unmöglich am Pentagramma<br />

teilnehmen, also tippte ich ihn mit meinem Zauberstab an und aktivierte den letzten Balsam-Cantus aus dem<br />

Zauberspeicher. Schnell schloss sich die Wunde und weiter ging’s Richtung Kesselwagen.


Doch je weiter wir kamen, desto dichter wurden die Reihen und schließlich saßen wir fest. Wir mussten die<br />

Pferde aufgeben, da sie uns nun mehr behinderten, als nützten und langsam ging es zu Fuß weiter voran.<br />

Wir metzelten uns durch die Horden der Untoten. Wie Schlachter mussten wir die Toten in kleine Stücke<br />

hacken, den jeder Arm, jedes Bein <strong>von</strong> unheiligem Leben beseelt kroch weiter auf uns zu. Besonders die<br />

Golgariten hielten „blutige“ Ernte, allein wirklich bluten taten die Untoten nicht.<br />

Auch die Zwerge mit ihren Felsspaltern, in dichten Reichen zusammengerückt, ohne Furcht, hielten Stand.<br />

Glücklicherweise drangen kaum Untote bis zu mir vor und wenn dies doch der Fall war, konnten sie meist<br />

nicht mein Schutzfeld durchdringen, so dass ich bis dato ohne Blessuren da<strong>von</strong> gekommen war.<br />

Während die Reihen unserer Kämpfer immer dünner wurden, lichteten sich plötzlich die der Untoten und<br />

machten einem großen Untoten platz, in einen tulamidischen Spiegelpanzer gewandet, mit einem großen<br />

Zweihänder bewaffnet und eine schwarze Krone auf dem Schädel.<br />

„Ich bin Agomer, König der Untoten, wer wagt es gegen mich anzutreten?“, schrie er herausfordernd.<br />

Noch bevor ich eine Warnung rufen konnte, trat Heermeister Rondrasil Löwenbrandt vor und nahm die<br />

Herausforderung an. Nachdem er Rondra angerufen hatte, in einem schnellen Kampf den Sieger zu küren,<br />

stürzte er sich auf den Untoten. Doch seine gewaltigen Schläge richteten kaum merklichen Schaden an und<br />

nach wenigen Minuten hatte der Untote unseren Anführer durchbohrt und ihm gar bei lebendigem Leibe das<br />

Herz herausgerissen und schrie lachend in die Menge „wer wagt es nun?“.<br />

Lothar, mein treuer Gefährte, schritt los, sich dem Untoten zu stellen, Araschar fest in der Hand.<br />

Irgendwas war hier faul, dachte ich und wob einen Oculus um den König der Untoten zu analysieren,<br />

während Lothar bereits mit Erschrecken feststellen musste, dass auch Araschar den Untoten genauso wenig<br />

verletzen konnte, wie zuvor Rondrasil’s geweihter Rondrakamm.<br />

Ich brauchte nur kurze Zeit. Schnell war klar, dass die unheilige Kraft des Untoten einzig und allein <strong>von</strong><br />

seiner Krone ausging. „DIE KRONE“, brüllte ich aus Leibes Kräften, „Lothar, DIE KRONE,<br />

schlag ihm die Krone ’runter!“ Und Rondra sei Dank, er hörte mich!<br />

Er legte all sein Geschick in seinen nächsten Schlag und traf… die Krone purzelte dem „König“ vom<br />

Kopfe und erstaunt musste er zusehen, wie Araschar ihn hernach durchbohrte. Drei Schläge später war er<br />

vernichtet.<br />

Jubel brandete auf und schnell sprengten wir in den Korridor den die Untoten für ihren „König“ gebildet<br />

hatten. Im Vorpreschen, nahm ich die Krone mit, auf dass sie dem Feind nicht abermals in die Hände falle<br />

und einige der Gefährten bargen Rondrasil’s Leichnahm und seinen Rondrakamm auf dass auch er hier nicht<br />

zurückbliebe.<br />

Endlich, unter großen Verlusten und wie es schien nach Stunden des Kampfes, kamen wir beim Kesselwagen<br />

an. Um dem Ritual bestmögliche Wirkung zu verleihen, mussten wir bis auf drei Schritt heran. Doch der<br />

Wagen war schwer bewacht und oben auf der Plattform waren zahlreiche feindliche Magier und Paktierer,<br />

die uns mit Feuerbällen und Flammenlanzen belegten, doch die Gardianum-Zauber unserer Magier wehrten<br />

fast alle Angriffe ab – vorerst.<br />

Dann, gerade als wir mit dem Bannritual und dem Pentagramma beginnen wollten, tauchte etwas aus der<br />

schwarzen Wolke auf: riesig wie ein Haus unheimlich wie die Niederhöllen selbst: Rhazzazor der untote<br />

schwarze Drache stieß begleitet <strong>von</strong> zwei untoten Perldrachen aus der Wolke herab und seine bloße<br />

Anwesenheit trieb ganze Truppenteile in die Flucht.


Allein, wir ließen uns nicht beirren. Während die Magier sich an den Händen fassten und unter Führung<br />

<strong>von</strong> Erzmagierin Racalla <strong>von</strong> Horsen-Rabenmund im Unitatio einen Pentagramma zu wirken begannen,<br />

intonierten die Geweihten heilige Gesänge und Bannformeln um den Wolkendämon zu bannen.<br />

Jetzt hatte die entscheidende Stunde begonnen und unsere Aufgabe war es dafür zu sorgen, dass diese<br />

Auserwählten ihre Aufgabe vollenden konnten.<br />

Ich aktivierte eine Ladung meines Schutz-Amulettes und machte mich daran einen „Hellsicht trüben“-Cantus<br />

zu sprechen… um Rhazzazor unsere Entdeckung zu erschweren, doch es kam anders.<br />

Angriff um Angriff der Untoten Horden wehrten unsere Kämpfer ab, doch obgleich wir hunderte Untote<br />

zerhackten, ihre Reihen schienen sich nicht zu lichten und immer mehr der Unsrigen wurden getötet – und kurze<br />

Zeit später erhoben sie sich um auf die früheren Gefährten loszugehen.<br />

Daher gingen unsere Kämpfer bad dazu über jedem der Kameraden, der gerade gefallen war, sofort Kopf<br />

& Gliedmassen abzuhacken. Ein grausiger Anblick, der mich bis an mein Lebensende verfolgen wird.<br />

Einmal rettete mich nur Valen’s Fortifex-Cantus aus seinem Stabspeicher, als ein Pfeilregen auf uns<br />

hernieder ging.<br />

Als die Gardianum-Zauber unserer Magier unter den stetigen Angriffen der Paktierer aufgezehrt worden<br />

waren, streckte ein Steinbrocken Illuminata Lanzenschäfter nieder, welche das Bannritual der Geweihten<br />

anführte. Doch sofort übernahm ein anderer die Führung und ohne Unterbrechung sangen sie weiter.<br />

Doch uns war klar, dass wir etwas gegen die Bedrohung der Magier auf dem Wagen tun mussten. Auch<br />

mein persönlicher Schutzschild hatte schon mehrere Zauber abgefangen.<br />

Ich sprach mit Valen und er wirkte einen Ignisphaero-Feuerball, der zahlreiche Adepten auf dem Wagen<br />

tötete, doch einige blieben durch persönliche Schutzartefakte oder Zauber unverletzt.<br />

Da sprang Yuchdan, der mit Bärenfell und Bärenschnauze mehr wie ein Werbär, denn ein Mensch<br />

aussah, mit einem gewaltigen Satz auf den Wagen und wütete unter den Paktierern. Doch seine<br />

Bärengestalt scheint ihn nicht vor Tollpatschigkeit zu bewahren, denn er stürzte just in dem Augenblick vom<br />

Wagen, als einer der Paktierer einen „Invocatio Major“ begann. Schnell zauberte ich einen „Silentium“ auf<br />

den Wagen, um ihm das Zaubern zu erschweren, doch es schien wenig bis nichts zu nutzen. Während<br />

Yuchdan, Arwed und Valen auf den Wagen kletterten erschienen drei Heshtot-artige Dämonen.<br />

Jeder stürzte sich auf einen der Dämonen. Während Arwed und Yuchdan eher wenig auszurichten<br />

vermochten, konnte ich zusehen, wie Valen einen der Dämonen nach dem anderen erschlug. Er ist wahrhaft ein<br />

Kampfmagier!<br />

Glücklicherweise schien sich Rhazzazor nicht persönlich am Geschehen beteiligen zu wollen, stattdessen hatte<br />

er auf einem nahen Hügel Position bezogen und weidete sich an der Schlacht.<br />

Dann, <strong>von</strong> einem Fulminictus getroffen, brach Erzmagiern Racalla plötzlich zusammen, schnell sprang ich<br />

hin, fingerte die Sphingen-Träne aus meinem Beutelchen und versuchte sie ihr in den Mund zu schieben, doch<br />

es war zu spät. Sie war bereits tot.<br />

Während der Unitatio der Magier und damit der Pentagramma zusammen brach, stürzte ich mich rasend vor<br />

Zorn und ohne auf meine Deckung zu achten auf den feindlichen Magier, der ungesehen neben dem Wagen<br />

gestanden hatte und <strong>von</strong> dort aus auf Racalla gezaubert hatte. Rache! Rache für meine Spektabilität, deren<br />

gerade Art ich sehr bewundert hatte. Ohne Gnade stach ich auf den Magus ein, und schwach wie er bereits


war (er hatte wohl schon einiges mit seiner Lebenskraft gezaubert), hatte er meinen wütenden Stichen wenig<br />

entgegen zu setzen und nach wenigen Stichen lag er vor mir in seinem Blute.<br />

Während unsere Kämpfer sich nun um die Geweihten zusammenzogen schob Lothar die verwirrten Magier<br />

ins Innere unseres „Schutzringes.“ Valen, Arwed & Yuchdan sprangen vom Wagen herab; sie hatten dort<br />

oben alle feindlichen Kräfte zerschmettert.<br />

Dann steigerten sich die Gesänge der Geweihten zu einem Crescendo und immer schneller erklang der Wahre<br />

Name <strong>von</strong> Rahastes im Stakkato der Gesänge. Dann plötzlich, einem Donnerschlag gleich, brach Praios’<br />

Licht durch die Wolke, es war gelungen! Rahastes war gebannt!!<br />

Jubel hallte über’s Schlachtfeld während sich die Wolke immer schneller auflöste und immer mehr<br />

Lichtstrahlen durchbrachen und wo sie auf Untote trafen, zerfielen diese hordenweise zu Staub. Doch die<br />

Untoten begannen sich einzugraben, um so dem Lichte Praios zu entgehen.<br />

Für einige wenige Minuten jubelten wir über einen glorreichen Sieg, doch dann sahen wir, was in der Wolke<br />

verborgen gewesen war – und ich begriff, warum Galotta einen seiner besten Magier ausgeschickt hatte, die<br />

Greifen <strong>von</strong> der Schwarzen Sichel zu beseitigen.<br />

Vorborgen vor unseren Blicken und nun sichtbar war eine Streitmacht der Lüfte. Hunderte <strong>von</strong><br />

verschiedensten Flugdämonen, Karakilim, Gotongui und andere, deren Namen ich nicht kenne, umschwirrten<br />

eine fliegende Festung <strong>von</strong> mindestens 1 Meile im Durchmesser. Die Banner und Zeichen Galotta’s waren<br />

zu sehen. Sie war <strong>von</strong> unten rund und hatte die Form der 7-strahligen Dämonenkrone.<br />

Sprachlos starrten wir nach oben, dann brachen die Niederhöllen über uns herein.<br />

Schnell erstarb der Jubel, als urplötzlich ein dämonischer Wirbelsturm durch die Soldaten wehte, sich immer<br />

stärker aufpeitschte und schließlich Männer, Frauen, Pferde, Waffen und sogar eine Hütte mitriss. Noch<br />

ehe die meisten begriffen, was vor sich ging, wurden sie bereits vom Sturm weggerissen.<br />

Ich wurde <strong>von</strong> einem Eimer im Gesicht getroffen, brach mir die Nase und verlor einen Zahn. Da meine<br />

astralen Kräfte bereits erschöpft waren schluckte ich die letzte Sphingen-Träne und fühlte kurz darauf den<br />

neuen Zahn, die Heilung meiner Nase, sowie das Erstarken meiner astralen Kräfte.<br />

Während ich zu den anderen hinrobbte, konnte ich sehen, wie Lothar beim Versuch jemanden festzuhalten<br />

immer weiter Richtung des Wirbelsturms gezogen wurde und Yuchdan, der am nächsten dran war, hilflos<br />

zusehen musste. Dann war es um Lothar geschehen, der Sturm hatte ihn fortgerissen.<br />

Yuchdan schlug seine Axt in den Boden und hielt sich krampfhaft daran fest, doch auch er rutschte ab und<br />

wurde immer weiter Richtung Sturm gezogen. Da biss er plötzlich mit seiner Bärenschnauze in eine Wurzel<br />

und konnte sich so festbeißen, dass ihn der Sturm nicht fortreißen konnte.<br />

Dann war ich endlich bei meinen Gefährten. „Dämonenbann“ schrie ich und aktivierte den gespeicherten Spruch<br />

aus meinem Zauberspeicher – und sogleich war das Reißen des Windes weniger stark zu spüren. Zur<br />

Sicherheit band Valen Arwed, Yuchdan, mich und sich selbst mit seinem Zauberstab-Seil an die Axt <strong>von</strong><br />

Yuchdan. Ich nutzte das kurze Aufatmen, meine Kugel wieder in den Beutel zu stecken; vor Untoten<br />

hatten wir gerade nichts mehr zu befürchten.


Die Zwölfe sei Dank, waren wir nicht direkt im Zentrum des Sturmes, denn die Festung war über dem<br />

Hauptschlachtfeld kurz vor Wehrheim in Stellung gegangen. Wir hier vorne bei den Überresten des<br />

„Keils des Lichts“ bekamen nur die äußersten Auswirkungen zu spüren.<br />

Wir mussten hilflos wie im Auge des Sturmes zusehen, wie der Orkan die Dächer <strong>von</strong> Wehrheim abdeckte<br />

und gar ganze Katapulte durch die Luft gewirbelt wurden. Dann war es plötzlich vorüber und wir sahen<br />

zahlreiche Menschen, Tiere, Dinge in der Luft stehen bis sie langsam, dann immer schneller wieder zu<br />

Boden stürzten.<br />

Hektisch schaute ich mich um; dann sah’ ich Lothar: er war Richtung Reichsstrasse weggetragen worden und<br />

mindestens 500 Schritt hoch in der Luft. Diesen Fall konnte er nicht überleben. Ohne darüber nachzudenken<br />

begann ich den einzigen Cantus, der mir einfiel ihn zu retten… ich ließ mir Zeit, legte zusätzliche Kraft in<br />

den Spruch, verlängerte die Reichweite auf Horizont und machte meinen Geist leer für die eine Formel, die<br />

ihn retten konnte – PARALYSIS schrie ich und schlug meine rechte Faust in die linke Handfläche.<br />

Ich konnte spüren, wie eine Menge meiner astralen Kraft frei wurde und der Zauber offenbar gelungen<br />

war… gerade, kurz bevor unser Praios-gläubiger Krieger außer Sicht stürzte.<br />

In meiner Hektik hatte ich ganz vergessen, dass er seinen Geist gegen Einfluss-Zauberei wie den Paralysis-<br />

Cantus gestählt hatte. Ich schickte ein Stoßgebet an den Herrn Praios, dass er diesmal doch ein Auge<br />

zudrücken wöllte, was die Anwendung <strong>von</strong> Zauberei angeht…<br />

Gleich nachdem der Sturm sich gelegt hatte, begannen aus der fliegenden Festung eine Art Sporenbeutel zu<br />

fallen, aus denen sofort bei Auftreffen dämonische Bäume, Büsche und Ranken wucherten, die gierig<br />

Wurzeln schlugen, gleich ob auf Erde, Mensch oder Gegenstand.<br />

Allein im näheren Umkreis meines Bannspruches war ihr Wachstum gehemmt, so dass wir sie rechtzeitig<br />

ausreißen und abhacken konnten.<br />

Das Gras um uns her wurde spröde und splitterte wie Glas, als Menschen darüber stolperten. Wir schrieen<br />

so laut wir konnten: „Hierher, hierher“, denn mein Bannkreis, war der einzig einigermaßen sichere Zufluchtsort<br />

in hunderten Schritt Umkreis. Hesinde sei Dank, dass ich diesen Spruch zur rechten Zeit erlernte und die<br />

Ahnung hatte ihn in meinem Stab zu speichern – und ihn nicht zuletzt in der richtigen Domäne erlernt habe.<br />

Denn dies war eindeutig das Werk Agrimoths, des Schänders der vier Elemente Luft, Humus, Feuer und<br />

Erz.<br />

Um uns herum ertönten die Sterbensschreie der Soldaten, gerade zwei schafften es, sich zu uns<br />

durchzuschlagen, darunter einer der Magier aus Gareth, der am Pentagramma beteiligt gewesen war und einer<br />

der Panthergardisten, der uns erzählte, dass Königin Rohaja mitten in den Sturm geritten sei, so als ob er<br />

ihr nichts anhaben könnte – um dann dort zu verschwinden. Das letzte was er sehen konnte, war ihr sich<br />

aufbäumendes Pferd.<br />

Dann, wie auf ein geheimes Zeichen, verdorrten plötzlich die Ranken und Bäume rings um uns her und fielen<br />

zu Boden. Da sahen wir eine bekannte Gestalt inmitten der Pflanzen stehen: Lothar <strong>von</strong> Nattersquell war<br />

am Leben. „Hier!“ schrieen wir abermals, und er sprintete in unsere Richtung, während aus der fliegenden<br />

Festung bereits Feuerkugeln und Flammenlanzen auf die ausgedörrten Pflanzen niedergingen.


Ich sagte Lothar, dass ich ihn mit meinem Zauber gerettet hatte, doch er wollte mir nicht glauben, selbst als<br />

ich ihm bei Praios’ Namen schwor, dass ich sicher bin ihn versteinert zu haben, wollte er nicht zugeben, dass<br />

Magie zuweilen nützlich sein kann.<br />

Schnell breiteten sich Feuerwände aus, das trockene Zeugs brannte wie Zunder und schnell wurde es glühend<br />

heiß. Nun konnte uns mein Bannspruch nur unzureichend schützen, denn gegen elementares Feuer half er<br />

herzlich wenig. Auch der gerettete Magier konnte nicht helfen, da er zum einen keine astrale Kraft mehr<br />

hatte, zum anderen den richtigen elementaren Bannspruch auch nicht wusste.<br />

Als es immer heißer wurde, benässten wir uns in unserer Not mit unserem eigenen Urin, doch auch dies half<br />

nicht wirklich. Schließlich rollten wir uns auf dem Boden zusammen und beteten zu den Zwölfen, dass wir<br />

nicht bei lebendigem Leibe verbrannt werden.<br />

Als es endlich aufhörte, war ich kaum noch am Leben. Alle Haare und mein Bart waren zusammen<br />

geschmolzen und mein ganzer Körper eine einzige Brandwunde. Den anderen erging es ähnlich, doch nicht so<br />

schlimm wie mir. Glücklicherweise war ich dank der Träne noch gut bei geistigen Kräften. Ich musste all<br />

meine Konzentration aufwenden, damit mir der Schmerz nicht die Sinne raubte und es gelang mir einen<br />

Balsam auf mich selbst zu zaubern.<br />

Langsam vergingen die Schmerzen und der Zauber erneuerte das verbrannte Fleisch und die verbrannte Haut.<br />

Allein meine Haare konnte er nicht wieder herstellen.<br />

Arwed gab mir seine Träne, damit ich noch den anderen helfen konnte, da ging es schon wieder los. Diesmal<br />

waren es dämonische Erz-Schändungen, die ein wahres Erbeben auslösten. Der Boden vibrierte und allerorts<br />

schossen Stein-Speere wie Pfeile aus dem Boden. Direkt vor meinem Bannkreis erwischte es einen Soldaten.<br />

Doch uns schadete uns kaum. Der Bannkreis schwächte die Wirkung ab, so dass die Steine zu schwach und<br />

zu langsam waren, uns ernsthaft zu gefährden.<br />

Doch wir, auf der offenen Fläche waren auch kaum das Ziel des Angriffs.<br />

Während der Boden bebte, blickten wir Richtung Wehrheim. Hatte das Feuer dort schon sehr gewütet, so<br />

gab das Erdbeben der stolzen Festung den Rest. Hilflos mussten wir mit ansehen, wie Mauern der<br />

Häuser, der Türme, schließlich sogar <strong>von</strong> Burg Karmaleth barsten und die Dächer daraufhin in die<br />

Häuser stürzten.<br />

Fast eine Stunde dauerte das niederhöllische Inferno insgesamt, dann war Stille. Wehrheim, Burg<br />

Karmaleth und ein 6000 Seelen starkes Heer waren vernichtet. Doch noch immer gab es Überlebende.<br />

Noch ein Panthergardist kam auf uns zu. Es war Rubald <strong>von</strong> Jergan, der Marschall der Panthergarde,<br />

der das verbrannte und zerbrochene Schwert <strong>von</strong> Königin Rohaja trug und verzweifelt über sein Versagen<br />

klagte. Anscheinend hatte Königin Rohaja Wind und Ranken überlebt, doch war im Feuer letztlich doch<br />

noch umgekommen.<br />

Tiefe Traurigkeit befiel uns und als wir dachten, es wäre nun endlich vorbei, hörten wir ein Rauschen und<br />

sahen Hunderte <strong>von</strong> Gargylen aus verborgenen Öffnungen der Festung fliegen. Sie stürzten sich auf die<br />

wenigen Überlebenden, packten sie mit ihren steinernen Armen und trugen sie hinauf zur Festung.<br />

Gleich 1 Dutzend Gargyle kamen auf uns zugeflogen. „Verteidigungsreihe bilden“ schrieen Lothar und ich<br />

gleichzeitig, doch dies war zuviel für unsere Gefährten und sie rannten um ihr Leben. Nur Marschall <strong>von</strong>


Jergan, der Magus, Lothar und ich nahmen Aufstellung den Gargylen entgegen zu treten. Doch es nutzte<br />

nichts.<br />

Dem ersten Anflug konnte ich noch rechtzeitig ausweichen, doch schon der 2. Gargyl packte mich und hob<br />

mich hinfort.<br />

Lothar versuchte noch, den Gargyl mit dem Schwert zu treffen, doch es half nichts. Immer höher und höher<br />

trug mich das Vieh und voller Höhenangst zitternd ließ ich Bannschwert und Stab fallen.<br />

Hätte ich nicht bereits im Feuer meine Blase entleert, nun wäre es gewiss soweit gewesen.<br />

Ich bekam noch mit, wie mich grobe Hände packten und ins Innere der Festung schleppten. Dort wurde ich<br />

in eine Art Sarg gestopft, der sich wie maßgeschneidert um mich formte. An Armen und Beinen wurden mir<br />

eiserne Fesseln angelegt und dann drangen Ranken in meinen Körper ein und begannen mir mein Leben<br />

auszusaugen.<br />

In einem benachbarten „Sarg“ war der Unglückselige wohl „verbraucht“ worden und grobe Männer klaubten<br />

die Überreste eines menschlichen Körpers heraus und warfen sie weg, wie verbrauchte Paraphernalia.<br />

Dann wurde ich mit einer komischen Paste gefüttert, die mich zwar stärkte, aber auch meinen Geist benebelte<br />

und mich teilnahmslos werden ließ. Ich konnte nicht mehr, ich wollte auch nicht mehr. Mein Widerstandsgeist<br />

schien gebrochen. Schnell, schlief ich ob der Erschöpfung der vergangenen Stunden ein.<br />

Ich habe keine Ahnung, wie viele Stunden ich dort lag, als sich plötzlich etwas tat und ich durch laute<br />

Fanfaren geweckt wurde.<br />

Mit großem Pomp und Brimborium, ließ sich „Seine Majestät Galotta I.“ herab, uns als seine neuen<br />

„Untertanen“ zu begrüßen und uns mitzuteilen, dass wir verurteilt seien, einer falschen Kaiserin die Treue<br />

gehalten zu haben.<br />

Er ließ verlauten, dass er nach Vernichtung Wehrheims nun Richtung Gareth ziehen wolle um auch dieses<br />

mittels des „Magnus Opus des Weltenbrandes“ zu vernichten. Hernach wolle er Kholak-kai, dort landen<br />

und eine neue Kapitale für sein neues Reich gründen. Ein drittes Bosparan solle es werden.<br />

Mir wurde schlecht.<br />

Dann ließ er Dexter Nemrod, den Reichsgroßgeheimrat, meinen Vorgesetzten hereinfahren. Er hing an einem<br />

Kreuz. Ich stemmte mich in meinem Sarg hoch so gut es ging, um besser sehen zu können.<br />

Stählerne Nadeln waren durch Arme und Beine „gewachsen“ und Galotta forderte ihn auf ihm Treue zu<br />

leisten. Doch stattdessen blickte er sich um und ich bildete mir ein, dass er mich gar gesehen und erkannt<br />

hatte! Dann sprach er mit lauter klarer Stimme: „Gaius Cordovan Eslam Galotta! Ihr seid verhaftet! Ihr<br />

werdet bezichtigt des Hochverrats, der Aufstachelung zum Verrat, des vieltausendfachen Mordes und<br />

der Dämonenbündelei. Legt euren Zauberstab nieder und...“ seine weiteren Worte gingen in einem Anfall <strong>von</strong><br />

Stöhnen unter, als Galotta ihn mit einem Zauber zum Verstummen brachte.<br />

Ich muss gestehen, voller Stolz auf diesen Mann, wollte mir fast das Herz platzen und beinahe, beinahe<br />

hätte ich die Handzeichen übersehen, die er mir gab. Denn wer sonst außer mir, würde hier wohl des Atak<br />

mächtig sein? „GAL XXIII“ formten seine Hände.<br />

Erst als Galotta, kochend vor Wut, wieder verschwunden war – und man auch Dexter Nemrod fortgebracht<br />

hatte, begriff ich, was mir der Baron hatte mitteilen wollen. „GAL XXIII“, das musste die Bezeichnung<br />

einer Akte sein. Einer Akte irgendwo versteckt im KGIA-Archiv zu Gareth. Genauer gesagt, die Akte<br />

Galotta’s. Irgendetwas würde dort zu finden sein, das dazu führen könnte, den Irren zu stoppen.


Allein der Gedanke, dass nur ich dies wusste, trieb mich an, weckte meinen Widerstand aufs Neue und<br />

gerade als ich mich trotz der Eisenfesseln auf einen Foramen konzentrieren wollte, trippelte eine hagere<br />

Gestalt an meinem Sarg vorbei und ließ mir etwas in die Hand fallen: Ein Dieterich! „Phex sei gepriesen, es<br />

ist nicht alles verloren!“, murmelte ich leise.<br />

Glücklicherweise hatte ich mich noch nie darauf verlassen, alle Schlösser mittels Magie zu öffnen und nach<br />

schon nach kurzer Zeit hatte ich die erste Handfessel aufgeknackt. Wenige Augenblicke später hatte ich<br />

auch die anderen drei aufgeschlossen.<br />

Vorsichtig spähte ich über den Rand meines Sarges… niemand war zu sehen. Schnell sprang ich heraus und<br />

wollte gerade in den erstbesten Gang schleichen, als mir abermals die hagere Gestalt in der seltsamen grünen<br />

Robe entgegen kam. Ich erkannte ihn sogleich: Leonardo der entführte Mechanikus aus Havenna.<br />

Er gab mir meine Ausrüstung, alles was ich bei mir hatte und bedeutete mir, ihm zu folgen.<br />

Um seinen Hals hatte er eine Art Dämon, wie ein Halsband, der ihn für Galotta zwang, die<br />

scheußlichsten Apparaturen bauen, wie etwa diese Festung, deren Name Kholak-kai sei, wie er sagte.<br />

„Schnell“, teilte er mir mit, „Kholak-kai wird in 5 Tagen Gareth erreichen. Ihr müsst die Festung stürmen<br />

und bis in den Raum der Rache vordringen und dort Galotta töten. Dies ist der einzige Weg, die<br />

Vernichtung Gareths zu verhindern.“ Weiter sagte er mir, dass ich seinen alten Gehilfen Nestel in Gareth<br />

aufsuchen und ihn fragen soll, „wo der Adler gelandet sei.“ Dies sei eine Art Code und Nestel würde uns<br />

dann zu Leonardo’s alter Flugmaschine bringen. Was für eine Flugmaschine?!<br />

Während mich Leonardo durch geheime Gänge und dunkle Pfade durch die Festung führte, fragte ich ihn<br />

nach Plänen, doch er hatte keine bei sich und immer wieder wurde er <strong>von</strong> Krämpfen geschüttelt. „Der<br />

Dämon wird bald erwachen“, presste er mit zusammen gebissenen Zähnen hervor. Mehrmals mussten wir<br />

Patrouillen ausweichen, dann endlich hatten wir einen geheimen Raum an der Außenseite der Festung<br />

erreicht.<br />

Dort lagerten mehrere komische Gestelle, zum Anschnallen mit fledermausartigen Flügeln. „Ihr müsst das<br />

hier anziehen. Es wird Euch sicher nach unten tragen.“ Auf meine angstvolle Frage, ob er denn diese Dinger<br />

schon mal ausprobiert habe, sagte er „nein… wobei… nein, nein! Ich verrechne mich niemals. Es wird klappen.<br />

Schnell jetzt!“. Das waren Leonardo’s letzte Worte, dann eilte er, abermals <strong>von</strong> Krämpfen geschüttelt<br />

da<strong>von</strong>.<br />

Zweifelnd begann ich mir eines der Flügelpaare anzuschnallen. Mehrmals überprüfte ich alle Gurte. Dann<br />

war es soweit. Mindestens 300 Schritt unter mir war der Boden. Ein Schritt und ich… nein!<br />

Von meiner Höhenangst gepackt, taumelte ich zurück und schloss die Augen, zitternd vor Angst.<br />

Nur nicht nach unten sehen.<br />

Langsam beruhigte sich mein Puls nach einigen Minuten sagte ich mir: „Du bist die einzige Hoffnung des<br />

Reiches auf Rettung! Nur Du kennst die Aktennummer und weißt <strong>von</strong> Nestel und dem Flugapparat. Auf<br />

Dich kommt es jetzt an!“ Wieder trat ich vor zum Absprung, doch abermals war die Angst größer als mein<br />

Mut und wieder taumelte ich zitternd zurück.<br />

Dann hörte ich die Schritte einer Patrouille und die Angst vor Entdeckung bezwang meine Höhenangst. Ich<br />

stürzte mich hinaus und tatsächlich es klappte!<br />

Ich schwebte! Wie ein Vogel! Ein nie gekanntes Gefühl, ein Gefühl des Glücks, durchfloss meinen Körper,<br />

es fühlte sich gut an, ich war frei… Selbst als der Dereboden immer näher kam, hatte ich keine Angst und


wie selbstverständlich landete ich, in dem ich einfach einige Schritte rannte, so als ob ich nur einen großen<br />

Sprung getan hatte.<br />

Ich muss sagen, dass dieses Erlebnis einen guten Teil meiner Höhenangst bezwungen hat.<br />

Dann sah ich mich um. Es war Nacht. Vermutlich bereits der 25. oder gar der 26. Peraine. Ich war<br />

irgendwo südlich <strong>von</strong> Wehrheim gelandet. Zuerst rief ich Stab und Bannschwert zu mir. Glücklicherweise<br />

kamen beide binnen weniger Minuten angeflogen, wobei mein Bannschwert aus südlicher Richtung und<br />

deutlich später ankam.<br />

Es scheint, als ob jemand mein Bannschwert gefunden und Richtung Gareth mitgenommen hatte. Ob meine<br />

Gefährten noch am Leben waren? Oder waren auch sie in die Festung gebracht worden? Ich hatte niemand<br />

Bekannten dort gesehen, abgesehen vom Baron, doch das musste nichts bedeuten.<br />

Ich sah mich nach einem Pferd um, doch keines war zu sehen. Vermutlich hatten andere Flüchtlinge bereits<br />

alle Pferde in der näheren Umgebung aufgetrieben und waren damit geflüchtet. Doch abermals hatte ich<br />

vorgesorgt. „Movimento“ sprach ich und aktivierte den letzten Zauber aus meinem Stab, der mich für die<br />

nächsten 4 Stunden ohne Erschöpfung würde rennen lassen.<br />

Dann rannte ich los, Richtung Gareth.<br />

Es war bereits am späten Morgen, mein Movimento würde nicht mehr allzu lange halten, da hörte ich<br />

Hufgetrappel… mehrere Pferde näherten sich mir im Galopp <strong>von</strong> hinten. Ich stellte mich mitten auf die<br />

Reichsstrasse, breitete die Arme aus, um die Reiter anzuhalten.<br />

Doch wie sich herausstellte, war das gar nicht notwendig, denn es handelte sich um niemand anderen als<br />

meinen Freund Valen! Und wer hätte es gedacht, Griffpurga <strong>von</strong> Auraleth, die allerdings einen ziemlich<br />

niedergeschmetterten Eindruck machte.<br />

Valen war ebenfalls voll Freude mich zu sehen und half mir hinter sich auf’s Pferd. Wie sich herausstellte,<br />

war er beim Anflug der Gargylen Richtung Nordwesten geflüchtet, in ein Wäldchen entkommen und dort an<br />

einem Bache auf Griffpurga getroffen, die darüber verzweifelte, dass wir die Schlacht verloren hatten und die<br />

Götter uns anscheinend verlassen hatten.<br />

Während sie mit Praios haderte, warf sie ihr Bannstrahler-Medaillon in den Bach.<br />

Doch nachdem sie Valen erst übel beschimpft, dann voll Zorn angegriffen hatte, hatte sie sich letztendlich<br />

ihren Kummer an seiner Schulter <strong>von</strong> der Seele geweint.<br />

Zumindest scheint sie deutlich den Bannstrahler-eigenen Fanatismus abgelegt zu haben. Vielleicht wird ja<br />

noch was aus den beiden. Jedenfalls können wir sie gut gebrauchen, ist sie doch eine erfahrene Kämpferin.<br />

Danach waren beide vor Erschöpfung eingeschlafen und erst heute früh wieder aufgewacht.<br />

Valen sagte mir auch, dass wir den 25. Peraine schrieben, doch <strong>von</strong> den anderen Gefährten hatte er keinen<br />

wieder gesehen. Als er und Griffpurga heute Morgen wach wurden, schlugen sie sich bis nach Burg<br />

Auraleth durch und requirierten dort unter den sehr verwunderten Blicken der wenigen zurückgebliebenen<br />

Bannstrahler Pferde und Proviant um sich gen Gareth auf den Weg zu machen.<br />

Auf der Reichsstrasse hatten sie mich dann aufgegriffen.


Wir ritten den ganzen Tag und die ganze Nacht durch. Nur hin und wieder führten wir die Pferde eine<br />

Weile am Zügel, um sie ausruhen zu lassen. Während unserem Ritt informierte ich Valen und Griffpurga<br />

darüber, was mir in Galotta’s fliegender Festung widerfahren war. Es ist besser, wenn mehrere Personen<br />

da<strong>von</strong> wissen, falls mir doch noch etwas zustoßen sollte.<br />

Hoffentlich haben es auch Lothar, Yuchdan und Arwed nach Gareth geschafft. Ich möchte ungern auf eine<br />

derart heikle Mission losziehen, ohne vertrauenswürdige Freunde an der Seite.


26. Peraine 1027 BF / 34 Hal (Forts.)<br />

Während einer kurzen Rast kurz vor Gareth kam Valen plötzlich auf mich zu und hatte einen sehr<br />

nachdenklichen Gesichtsaudruck aufgesetzt. Es dauerte eine Weile, bis er damit herausrückte, dass er Angst<br />

hätte, ich wäre in Kholak-kai vom Feind korrumpiert worden. Lächerlich. Also wirklich…. Nunja… Ich an<br />

seiner Stelle hätte mir wohl auch lieber erst mittels Analys, Respondami oder ähnlichen Canti Gewissheit<br />

verschafft, wenn er mir erzählt hätte, was ich dort erlebt habe.<br />

Als ausgebildeter Magier im Fachgebiet der Magica Clarobservantia muss ich jedoch gestehen, seine<br />

Versuche mittels Odem herauszufinden ob ich „fremd-beherrscht“ werde, waren eher belustigend als Erfolg<br />

versprechend. – Immerhin musste er den Odem insgesamt 3x zaubern, bevor er mich überhaupt als Magier<br />

erkennen konnte, doch wenn es dazu dient, dass er kein unnötiges Misstrauen gegen mich hegt, so soll es mir<br />

recht sein.<br />

Kurz bevor wir die Capitale erreichten, trafen wir auf Yuchdan und Arwed, die – gepriesen seien die Zwölfe<br />

– ebenfalls unverletzt auf dem Weg nach Gareth waren. Wir taten uns zusammen und als wir in Gareth<br />

ankamen, erfuhren wir, dass Reichsregentin Emer auf dem Zwölfgötter-Platz zum Volke zu sprechen<br />

gedachte. Selbstredend eilten wir sogleich dorthin, war es doch die schnellste Gelegenheit mit den richtigen<br />

Personen in Kontakt zu kommen, um mein Wissen über Kholak-kai weiter zu geben.<br />

Seltsamerweise waren nicht ansatzweise so viele Bürger auf den Strassen, wie ich vermutet hatte – obwohl sich<br />

die Nachricht vom Falle Wehrheims bereits wie ein Lauffeuer durch alle Strassen ausgebreitet hatte. Doch<br />

noch war <strong>von</strong> Panik wenig zu spüren. Die Garether sind schon ein seltsames Volk. Doch eigentlich sollte<br />

mich dies bei der Geschichte dieser Stadt nicht wundern. Wurde doch bereits so manche Schlacht in und um<br />

Gareth <strong>von</strong> den Bürgen überstanden. Seien es nun Orks oder Dämonen… wir werden sehen, wie es mit der<br />

Moral bestellt sein wird, wenn der Schatten Kholak-kai’s auf die Mauern fällt…<br />

Reichsregentin Emer hielt eine aufwühlende Rede und appellierte an den Durchhaltewillen des Volkes <strong>von</strong><br />

Gareth, nicht zu fliehen sondern mit ihr gegen den Dämonen-Kaiser Galotta und den Schwarzen Drachen<br />

Rhazzazor zu streiten. Offensichtlich hatte sie bereits vom Tode Königin Rohaja’s, ihrer Tochter, erfahren<br />

und war nun gewillt diesen Tod zu rächen – oder selbst beim Versuch zu sterben.<br />

Zu unserer Überraschung fanden wir unseren Gefährten Lothar <strong>von</strong> Nattersquell bereits im Gefolge der<br />

Reichsregentin! Anscheinend war er der erste <strong>von</strong> uns gewesen, der es nach Gareth geschafft hatte.<br />

Als sich Emer mit ihrem Gefolge auf den Rückweg begab, versuchten wir uns erfolgreich zu ihr<br />

„durchzuschlagen“. Glücklicherweise wurden wir <strong>von</strong> einem der Gardisten erkannt und kamen so ohne große<br />

Probleme zum Rat der Marschälle in die alte Residenz.<br />

Da die meisten der höchsten militärischen Führer seit Wehrheim vermisst oder tot sind, wurde der Rat der<br />

Marschälle durch einflussreiche Bürger wie Handwerksmeister oder Kaufherren „verstärkt“. Auch einige<br />

Geweihte, unter anderem Arrius <strong>von</strong> Wulfen, der vor fast einem Jahr das Jahresorakel verkündet hatte, waren<br />

anwesend und der Bürgermeister <strong>von</strong> Gareth, Trautmann Karfenck, einer alten Patrizierfamilie entstammend.<br />

Meine Gefährten und ich wurden in den „Rat der Helden“ berufen, um unsere „Erfahrung“ im Kampf gegen<br />

die Schergen der Finsternis mit einzubringen. – Als ob ich dafür Zeit hätte, oder gar fähig wäre einfache<br />

Bürger zu erklären, wie man eine Pike halten muss!


Meine Versuche eine Kontakt-Person der Agentur zu finden, scheiterten kläglich. Offensichtlich ist die<br />

KGIA durch die Gefangennahme vom Baron derart geschwächt und in Unordnung geraten, dass hier kaum<br />

Hilfe zu erwarten ist.<br />

Wie nicht anders zu erwarten, wurde im Rat viel palavert und diskutiert. Evakuierung, Kampf, Evakuierung,<br />

Kampf, Flucht,…. Erwartungsgemäß forderten die fettleibigen Kaufherren die schnelle Evakuierung, während<br />

insbesondere die einfachen Bürger dafür waren, ihr Leben so teuer als möglich zu verkaufen. Als jemand, der<br />

im Waisenhaus zu Rommilys aufgewachsen ist, – und nur durch Fügung der Götter zu Bildung, Ruhm und<br />

einem gewissen Wohlstand gelangte, – erfasste mich unbändiger Stolz auf diese aufrechten Männer und<br />

Frauen!<br />

Nachdem ich mir die Lamentiererei einige Zeit angehört hatte und die fettleibigen Herren gerade darüber<br />

sinnierten, wie lange „die Festung“ wohl benötigen würde, bis sie hier sei – und dass sicherlich genug Zeit<br />

wäre „die wichtigsten Personen und Dinge“ zu evakuieren, da packte es mich und ich sprach laut und deutlich:<br />

„Mit Verlaub ihr liegt alle falsch. Kholak-kai wird noch genau 3 Tage benötigen und am 29. Peraine<br />

spätestens gegen Abend die äußeren Viertel Gareths erreichen!“ Auf die Frage wer ich sei und woher ich das<br />

wisse, antwortete ich noch lauter: „Ich bin Magus Travin Gerdenwald, Sonderagent der KGIA und ich<br />

war dort!“<br />

Langsam drangen meine Worte ins Bewusstsein der wispernden Ratsmitglieder, alle Gespräche erstarben<br />

und alle blickten mich mit großen Augen ungläubig an…<br />

Zum einen erfüllte mich dies durchaus mit einer gewissen inneren Genugtuung, doch andererseits ärgerte ich<br />

mich, dass ich entgegen meiner Absichten nun doch damit in der großen Runde herausgeplatzt war.<br />

Andererseits war dies wohl die einzige Möglichkeit, die Schwafelei zu beenden und endlich Beschlüsse zu<br />

erzielen.<br />

Nun musste ich meine Erlebnisse vor dem gesamten Plenum vortragen und nachdem ich dies getan hatte,<br />

wollte man mir natürlich nicht glauben. Also wurde einer der Geweihten Praios’ gebeten den Segen unseres<br />

Herrn Praios zu erflehen und mich mittels eines göttlichen „Wahrheitsbannes“ zu zwingen die Wahrheit zu<br />

sagen, doch da ich ja bereits alles wahrheitsgemäß berichtet hatte, konnte ich nur meine Worte wiederholen.<br />

Einzig Unverständnis gab es, als ich gefragt wurde, ob ich etwas ausgelassen hätte (natürlich hatte ich das!)<br />

und ich auch hier sagte: „selbstverständlich habe ich Dinge ausgelassen; doch meine ich, dass diese<br />

Informationen nicht in dieser großen Runde ausgeplaudert werden sollten!“. Doch hier pflichteten mir einige<br />

Marschälle, sowie Melwin Stoerrebrandt, der inzwischen zum ersten Hofmagus aufgestiegen war, bei.<br />

Als ich mit meinem Bericht endlich fertig war, meldete ich mich vor allen freiwillig, das Einsatzkommando<br />

anzuführen, dass versuchen wird, Kholak-kai zu infiltrieren und Galotta zu töten. Bei den Zwölfen, was mir<br />

vor über 20 Jahren auf der Insel im Ochsenwasser nicht gelungen war, will ich nun endlich zu Ende bringen,<br />

oder beim Versuch sterben. Es mag ein Zeichen der Götter sein, dass ich ausgerechnet Yuchdan, der damals<br />

schon mit dabei war, heute wieder zu meinen Gefährten zählen darf!


So berichtete ich in kleiner Runde nur den wichtigsten Personen um Emer <strong>von</strong> der Akte Galotta’s und <strong>von</strong><br />

dem Flugapparat Leonardo’s. Nach diesem Bericht, nahm ich überrascht einen Stapel Dokumente und<br />

Pläne <strong>von</strong> Melwin Stoerrebrandt entgegen. Es war doch tatsächlich Agenten der KGIA vor einigen<br />

Jahren gelungen, die Teile der Pläne <strong>von</strong> Kholak-kai aus Yol-Ghurmak zu entwenden!<br />

Da ich mich schon zeitlebens schwer tue, mich anhand <strong>von</strong> Karten zu orientieren, übergab ich die Pläne an<br />

Arwed, damit er sich diese einprägen konnte. Er als bodenständiger Handwerker, sollte das doch besser<br />

hinbekommen… damit er sich auch wirklich merken würde, was er da ansah, zauberte ich den Memorans-Cantus<br />

auf ihn.<br />

26. Peraine 1027 BF / 34 Hal abends<br />

Während sich Arwed & Lothar auf die Suche nach Nestel, dem ehemaligen Gehilfen Leonardo’s begaben,<br />

begab ich mich am frühen Abend ins KGIA-Archiv, um die Akte GAL XXIII zu besorgen. Doch<br />

die Archivarin, Traviane <strong>von</strong> Beckstein, zeigte sich störrisch. Erst behauptete sie, dass es eine solche Akte<br />

gar nicht geben würde… Erst durch vehementes Beharren meinerseits und den Hinweis, dass ich diese<br />

Kennung vom Reichsgroßgeheimrat persönlich genannt bekommen hatte, gab sie zu, dass es eine solche Akte<br />

geben würde, jedoch sei sie nur <strong>von</strong> Dexter Nemrod persönlich einzusehen! Sie weigerte sich beharrlich, mir<br />

den Zugang zur Akte zu gewähren, nicht einmal wenn ich ein <strong>von</strong> Emer autorisiertes Schreiben zeigen könnte,<br />

wöllte sie mir Einsicht geben! Was erlaubt sich diese Person?<br />

Zwar mag sie in der Hierarchie als Leiterin des Archivs einige Ränge über mir stehen, doch jetzt ist nicht<br />

der Zeitpunkt für Formalismus. Auf das äußerste genervt, bezauberte ich sie mit einem Bannbaladin und<br />

befahl ihr, mich zur Akte zu führen. – Dafür werde ich mich sicherlich später verantworten müssen, doch sah<br />

ich keine andere Möglichkeit – außer physischer oder arkaner Gewalt versteht sich.<br />

Bei Phex, nachdem ich ihr nochmals eindringlich klar machen musste, dass ich schließlich vom Baron<br />

persönlich beauftragt worden war, führte sie mich endlich durch zwei Geheimarchive zu einer kleinen Kammer,<br />

in welcher eine Kassette aus gehämmertem Blei aufbewahrt wurde (hm… trotz meiner Zeit im Archiv, hatte<br />

ich bisher keine Kenntnis <strong>von</strong> diesem 2. Geheimarchiv! Falls dies hier wider Erwarten gut ausgehen sollte,<br />

muss ich unbedingt nachschauen, welche Geheimnisse hier aufbewahrt werden!).<br />

Natürlich war sie mit einem komplizierten Schloss versehen und ein Schlüssel vermutlich unauffindbar. Da<br />

meine astralen Kräfte bereits völlig erschöpft waren, konzentrierte ich mich und wirkte mit meiner Lebenskraft<br />

den Foramen-Cantus um die Kassette zu öffnen.<br />

Und endlich, endlich hatte ich sie in meinen Händen: Dexter Nemrod’s geheimste Akte über den<br />

Reichsverräter No.1 Gaius Cordovan Eslam Galotta (G.C.E. Galotta oder GCEG genannt)! Ich begab<br />

mich zum nächsten Lesetisch und wies die Archivarin an, mir eine Leselampe und etwas Wasser zu bringen<br />

und sich dann zu entfernen und mich nicht weiter zu stören. Bis spät in die Nacht studierte ich die Akte.<br />

27. Peraine 1027 BF / 34 Hal 4. Morgenstunde<br />

Jetzt, nachdem ich die Akte durchgearbeitet habe, wundert es mich nicht, dass sie derart geheim ist, offenbart<br />

sie nicht nur erhebliche Informationen über den Reichsverräter, sondern auch einiges über Gedanken,<br />

Handlungsweise, Haltung und Wesen vom Baron höchstselbst. Ich muss mein Bild <strong>von</strong> Dexter Nemrod<br />

gehörig zurechtrücken, ist er doch weit verschlagener, hinterhältiger und gefährlich als ich jemals angenommen<br />

hatte! Seine Methoden sind ausgesprochen pragmatisch und weitgehend unvereinbar mit Praios’ Idealen.<br />

Kein Wunder, legte er sein Amt als Inquisitor nieder. Hm… ob ich mir daran ein Beispiel nehmen sollte?


Sollte er jemals seinen Aufenthalt in Kholak-kai überleben, werde ich zukünftig äußerst vorsichtig ihm<br />

gegenüber sein – und mehr als 100% loyal. Ich möchte ihn keinesfalls zum Feind haben.<br />

Die Akte <strong>von</strong> Galotta ist äußerst umfangreich und beginnt bereits während seiner Zeit, als er noch 1.<br />

Hofmagus <strong>von</strong> Kaiser Hal war. Offensichtlich war er dem Baron bereits frühzeitig suspekt geworden und<br />

er observierte ihn gründlich.<br />

Die Akte scheint Galotta’s Leben vom Hofmagus, über seinen Fall, sein Verschwinden, sein Wieder-<br />

Auftauchen im Gefolge des Dämonenmeisters und schließlich sein Dasein als „Dämonenkaiser“<br />

Transysiliens fast lückenlos zu dokumentieren.<br />

Anscheinend wurden bereits Dutzende <strong>von</strong> Attentaten auf ihn verübt; teilweise <strong>von</strong> Nahema, zu seiner Zeit<br />

als Hofmagus, manche <strong>von</strong> der KGIA und sogar eines vom Baron persönlich – allesamt leider erfolglos.<br />

Verdammt, sogar mein eigener Bericht, als ich GCEG auf der Insel im Ochsenwasser stellen konnte, ist<br />

Teil der Akte! Zusammen mit einem Vermerk über die Verhörprotokolle <strong>von</strong> Salix Lowanger, dem Gaukler,<br />

welchem ich das Gedächtnis manipuliert hatte, weil er nicht Stillschweigen wahren wollte…. Bei Hesinde, sie<br />

haben ihn zwei Wochen in den Verliesen unter Androhung <strong>von</strong> Folter und Schlimmerem verhört… Kein<br />

Wunder, schaute er mich immer so skeptisch an, die paar Male, als wir uns danach noch trafen…<br />

Ich will hier in Kürze wiedergeben, was ich in der Akte erfahren habe:<br />

1. GCEG weiß sich nach Manier <strong>von</strong> Herrschern und Magiern zu schützen.<br />

2. Er ist ein meisterlicher Beherrscher, dessen Fähigkeiten in der Magica Controllaria denen eines<br />

Freizauberers entsprechen.<br />

3. An seiner Robe befinden sich mehrere Schutzamulette, deren Wirkung nicht ganz geklärt ist, jedoch<br />

neben Armatrutz- und Gardianum-Effekten vermutlich auch der des Invercarno-Cantus entspricht.<br />

4. Angeblich besitzt er eine der legendären Perilax-Endurium-Rüstungen, wurde jedoch niemals damit<br />

gesehen.<br />

5. Er hat eine Garde <strong>von</strong> mehreren Duzend Heshtotim-Leibwächter, sowie<br />

6. einen Endurium-Golem, der ebenfalls mehrfach gesichtet wurde und<br />

7. vermutlich eine ganze Schar <strong>von</strong> Hofmagiern und anderen Wachen.<br />

8. Den Splitter des AGM, den er jedoch vor allem für Konstruktionen und zur weitläufigen<br />

Beeinflussung Transysiliens benutzt. Schutzwirkung des Splitters unbekannt.<br />

Der Akte lagen noch einige Fläschchen und Ampullen bei. Eines da<strong>von</strong> (in der kupfernen Elixier-Flasche)<br />

ist die zweite Komponente eines tödlichen Giftes, dessen ersten Bestandteil ihm der Baron selbst vor vielen<br />

Jahren untergejubelt hatte. Laut Auskunft des Alchimisten Tyros Prahe, welcher das Gift hergestellt hat,<br />

ist die 2. Komponente mindestens bis zum Jahre 30 Hal haltbar – und würde trotz seines Pakt<br />

funktionieren! Dumm nur, dass wir mittlerweile das Jahr 33 Hal schreiben, und ich vermutlich keine<br />

Möglichkeit finde, GCEG dies zum Trinken zu geben.<br />

Viel interessanter jedoch sind die 5 Ampullen eines „Rotkappenwillenstrunkes“, welcher ebenfalls <strong>von</strong> T.P.<br />

gebraut wurde und angeblich immun gegen jegliche (!) Magica Controllaria <strong>von</strong> GCEG persönlich macht!<br />

Leider ist die Wirkungsdauer nicht bekannt.<br />

Außerdem ist viel über die Persönlichkeit Galotta’s zu erfahren. Er besitzt einige „schlechte Eigenschaften“,<br />

die wir ggf. zu unserem Vorteil nutzen könnten:


1. GCEG ist eitel und arrogant und liebt „Pomp“.<br />

2. GCEG ist ein Kontrollfetischist, der am liebsten immer selbst die Fäden in der Hand hält.<br />

3. GCEG ist äußerst rachsüchtig und hasst insbesondere das komplette „Haus Gareth“ abgrundtief.<br />

„Hal“, „Nahema“ sind seine Reizworte #1.<br />

4. GCEG ist dem Hofprotokoll stark verhaftet.<br />

5. GCEG ist ein Ordnungsfetischist, sei die „Ordnung“ auch noch so verdreht.<br />

Nachdem ich gegen 3 Uhr wieder in der Alten Residenz angekommen war, verfasste ich noch Nachrichten<br />

an meine Gefährten, dass sie sich zur Mittagsstunde einfinden mögen, um die Lage und die neusten<br />

Erkenntnisse zu besprechen. Dann ließ ich mir <strong>von</strong> Melwin Stoerrebrandt einen Schlaftrunk sowie Thonnys<br />

geben, um einen erholsameren Schlaf zu genießen und nachdem ich nun noch eine Stunde erfolgreich meditiert<br />

habe, werde ich mich endlich zur Ruhe begeben.<br />

27. Peraine 1027 BF / 34 Hal zur Mittagsstunde<br />

Melwin ist wirklich ein Meister seines Fachs! Dieser Schlaftrunk hat es wirklich in sich! Ich habe selten<br />

in so kurzer Zeit so tief und fest geschlafen – und mich dermaßen gut dabei erholt!<br />

Zu meiner Überraschung hatte jemand eine Nachricht unter meiner Zimmertür durchgeschoben. Ein kurzer<br />

Blick darauf brachte mich zum Schmunzeln. Rashim <strong>von</strong> Fasar, der alte Halunke, schickte mir<br />

Unterstützung in Form seiner Schülerin Santassa, welche Kenntnisse über ein uraltes mächtiges Artefakt im<br />

Gepäck hatte: das so genannte „Ankhatep-Tor“. Anscheinend steht es irgendwo in einem Museum herum, und<br />

keiner weiß um seinen Hintergrund und seine Geheimnisse. Nun gut. Wir können jede Hilfe brauchen und<br />

ich werde mit Santassa sprechen, sobald ich meine Gefährten informiert habe.<br />

Kurz informierte ich meine Gefährten über den Inhalt der Galotta-Akte. Dann erzählten Arwed und<br />

Lothar, dass sie Nestel im Stadtgefängnis ausfindig gemacht hatten!<br />

Tatsächlich war er einer der Waffen-Diebe, die ich persönlich während des Turniers zu Gareth dingfest<br />

gemacht hatte! Nun fiel mir auch wieder der blonde junge Bursche ein, auf dessen Wams Zirkel, Lineal &<br />

Rad abgebildet waren. – Wie hatte ich das nur vergessen können? Und wie tief war dieser talentierte junge<br />

Mechanicus gesunken?<br />

Nach meiner Festnahme waren er und die anderen Diebe zum Scharlachkappentanz verurteilt worden und<br />

Nestel war darüber derart verbittert, dass er außer meine Freunde zu bespucken und zu schimpfen nichts<br />

Brauchbares <strong>von</strong> sich gab.<br />

Da wir jedoch unbedingt erfahren müssen, wo Leonardo’s alter Flugapparat versteckt ist, wies ich sie an,<br />

Nestel zum Magierkonvent zu bringen. Dort sollte es einen Fachmann für den Cantus „Blick in die<br />

Gedanken“ geben, der in der Variante „Tiefenempathie“ in Nestel’s Gedächtnis das Unterste zu Oberst<br />

kehren könnte.<br />

Währenddessen begab ich mich zusammen mit Santassa zum Museum und inspizierte das Tor höchstselbst.<br />

Seltsam… trotz meiner sehr guten Kenntnis des Odem-Cantus, konnte dieser keinerlei Magie enthüllen.<br />

Entweder, dieses Tor ist in keinster Weise magisch, oder aber durch einen überaus mächtigen Tarnzauber vor<br />

magischer Hellsicht geschützt.<br />

Nun wir werden sehen, ob das Ritual zur Aktivierung des Tores etwas bewirkt. Ich habe jedenfalls<br />

Santassa angewiesen, alles Notwendige vorzubereiten. Damit hier Hunderte <strong>von</strong> Männern durchgeschleust<br />

werden können, ist es allerdings notwendig eine Mauer des Museums zu durchbrechen. Der Direktor des


Museums war natürlich gar nicht begeistert, aber meiner Autorität als „Gaugraf“ hatte er zum Glück nichts<br />

entgegen zu setzen. Ich schickte nach einer Kompanie der Angbarer Sappeure, damit diese fachkundig die<br />

notwendigen „Umbaumaßnahmen“ am Museum durchführen werden.<br />

Ein wenig Sorge macht mir nur, dass das Tor offensichtlich zu irgendeinem Götzenkult gehört und damit<br />

letztendlich dieser Götze angebetet wird. Was mag das Opfer sein, das Rashim in seinem Brief erwähnt<br />

hat? Hier sind noch mehr Nachforschungen notwendig – und außerdem sollte die Reichsregentin <strong>von</strong> dieser<br />

Möglichkeit informiert werden – und die Durchführung des Rituals genehmigen.<br />

Also eilte ich zurück in die Alte Residenz und erstattete Emer Bericht. Sie gab ihre Zustimmung, sofern<br />

das Tor nur <strong>von</strong> Freiwilligen durchschritten würde – und das Opfer in „erträglichem Rahmen“ sei.<br />

Marschall <strong>von</strong> Jergan wurde beauftragt, die „Freiwilligen“ zu beschaffen und zum Tor zu bringen, und ich<br />

mache mich nun auf zum Magierkonvent, um dort Unterstützung für das Ritual und die Analyse des Tores<br />

zu beschaffen.<br />

27. Peraine 1027 BF / 34 Hal nachmittags bis abends<br />

Im Konventsgebäude traf ich auf Lothar und Arwed, welche zusammen mit einigen Stadtgardisten und<br />

Nestel dort bereits auf mich warteten. Nestel sah erbärmlich aus. Er war deutlich abgemagert und aus dem<br />

frischen, frechen, gutaussehenden jungen Dieb war eine verhärmte, verbitterte Gestalt geworden, geschüttelt <strong>von</strong><br />

Husten und mit triefender Nase. Am schlimmsten jedoch war sein Schädel: kahl und knallrot eingerieben,<br />

war er kaum wieder zu erkennen. Der Glanz in seinen Augen war verschwunden und hasserfüllt blickte er<br />

mich an. – Keine Ahnung ob er mich wieder erkannt hat oder nicht.<br />

Ich muss gestehen, ich verspürte wenig Lust, mich bei ihm für seine Verurteilung zu entschuldigen oder gar<br />

seine Festnahme. Trotzdem machte ich gute Mine und stellte ihm Straffreiheit in Aussicht, falls er<br />

kooperieren würde. Doch weit gefehlt, anstatt sich zu freuen, dass er bald aus seinem dunklen Loch entlassen<br />

würde, spuckte er aus und warf mir vor, dass er niemals wieder würde ein normales Leben anfangen können,<br />

gleich ob er begnadigt würde oder nicht – mit diesem roten Schädel.<br />

Hatte ich falsch gehandelt? Doch wie hätte ich das wissen können? Wie soll ich zukünftig mit Gesindel wie<br />

diesen Dieben umgehen? Bin ich schuld an diesem Dilemma?<br />

Nein, bei Praios! Nestel ist selbst schuld an seiner Situation! Er hatte durchaus selbst die Wahl, wie er<br />

sein Auskommen hätte bestreiten können. Er hat selbst den Pfad des Diebes gewählt – und muss nun mit den<br />

Folgen leben…<br />

Obwohl… auch Galotta wurde, wenn ich die Informationen aus der Akte richtig interpretiere, erst durch die<br />

Schmach des Scharlachkappentanzes zum Reichsverräter. Zuvor war er dem Kaiser gegenüber durchaus<br />

loyal, nur mit der verhüllten Magierin Nahema verband ihn große Feindschaft…<br />

Nestel und Galotta, sie beide wurden erst durch die Erniedrigung dieser Strafe zu dem was sie heute sind.<br />

Nur sind ihre Fähigkeiten und daher auch Möglichkeiten unterschiedlich. Galotta, als gebildeter Magus<br />

wurde zum Reichsverräter. Nestel, ein ehemals kleiner Gehilfe nur ein störrischer Knastinsasse…<br />

Was würde aus ihm werden, wenn er der Träger des AGM-Splitters wäre?<br />

Bisher hatte ich noch nie über die Gerechtigkeit dieser Strafe nachgedacht, doch vielleicht sollten wir unsere<br />

Strafen überdenken und nur noch solche wählen, die nach Vollstreckung den Verurteilten wieder ein normales<br />

Leben ermöglichen und sie nicht für den gesamten Rest ihres Lebens zum Verbrecher abstempeln.


Da ich sah, dass ich Nestel nicht überreden konnte uns zu helfen, besann ich mich anderer Methoden, um ihn<br />

zum Reden zu bringen. Ich sprach mit der Convocatia Prima der Grauen Gilde des Geistes, Spektabilität<br />

Prishya <strong>von</strong> Garlischgrötz zu Grangor und überzeugte sie, aus Nestel’s Erinnerung mittels der beschriebenen<br />

Variante des „Blick in die Gedanken“-Cantus, den Aufenthaltsort des Flugapparates „Adler“ zu<br />

extrahieren.<br />

Es dauerte ungefähr eine halbe Stunde, dann konnte uns Prishya mitteilen, dass der Adler im Lagerhaus 42<br />

<strong>von</strong> Stoerrebrandt eingelagert sei. Während der laut schimpfende Nestel <strong>von</strong> der Stadtwache wieder in den<br />

Karzer gebracht wurde, beeilten sich Arwed & Lothar dieses Lagerhaus aufzusuchen und nach dem Adler<br />

zu sehen.<br />

Ich nutzte diese Zeit und sprach mit Erzmagus Dschelef ibn Jassafar, welcher sich als der kompetenteste<br />

Kenner auf dem Konvent für Artefakte wie das Ankhatep-Tor heraus stellte. Ich bat ihn sich das Tor<br />

anzusehen und festzustellen, ob es noch tauglich sei – und was für ein „Opfer“ erbracht werden müsse…<br />

Ganz der eifrige Forscher, machte er sich sogleich auf den Weg ins Museum.<br />

Dann suchte ich ein vertrauliches Gespräch mit dem Meister-Alchimisten Tyros Prahe und fragte ihn nach<br />

weiteren Details über die Tränke, welche ich in Dexter Nemrod’s Kassette gefunden hatte, doch er konnte<br />

mir letztlich weder sagen, ob das Gift noch wirken würde, noch die Wirkungsdauer der Rotkappen-Tränke.<br />

Dafür beschenkte er mich jedoch mit diversen anderen Alchimistika, welche uns noch gut <strong>von</strong> Nutzen sein<br />

werden, sobald wir Kholak-kai angreifen werden:<br />

• Eine Glaskugel mit äußerst wirksamem, goldenem Bannstaub<br />

• 6 Heiltränke, guter bis sehr guter Qualität<br />

• 2 Zaubertränke, einer gut gelungen, einer nicht so gut<br />

• 2 Astraltränke, welche die astrale Kraft auch über das normale Maß hinaus erhöhen<br />

Außerdem wies er nochmals darauf hin, dass er noch dringend alle Greifenfedern bräuchte, deren wir habhaft<br />

werden könnten, um in großen Stil Waffenbalsam herzustellen, um unsere Waffen gegen Dämonen wirksam<br />

zu machen. Also gab’ ich ihm meine einzige Greifenfeder, welche ich aus der Roten Sichel mitgebracht hatte.<br />

Mit Wehmut dachte ich an all die Federn, welche wir im Gebirgsbach verloren hatten, oder welche in<br />

Wehrheim mit unserem Gepäck zurückgeblieben und vermutlich dort zerstört worden waren…<br />

Außerdem fehlten noch Horuschen-Kerne für die Herstellung. Da diese aus Maraskan kommen, ist ihre<br />

Verfügbarkeit ein großes Problem hier in Gareth.<br />

Und noch ein Problem, um das ich mich zu kümmern hatte. Warum, so fragte ich mich, blieb eigentlich alles<br />

an meinen Gefährten und mir hängen? Gab es keinen anderen, der sich um solche Dinge kümmern konnte?<br />

Anscheinend nicht.<br />

Doch die Horuschenkerne mussten einstweilen warten; hier auf dem Konvent musste ich zuerst noch allerlei<br />

in die Wege leiten, ehe ich mich um dieses Problem kümmern konnte.<br />

Ich sprach mit den besten Antimagiern, die anwesend waren, und erbat mir <strong>von</strong> ihnen ein Artefakt, um<br />

„möglichst viele“ Heshtotim auf einen Schlag zu vernichten. Lieber wären mir viele dieser Artefakte, aber den<br />

Blicken der Antimagier nach zu urteilen, muss ich froh sein, wenn ich wenigstens eines bekomme, um zumindest<br />

einen guten Teil <strong>von</strong> Galotta’s Heshtotim-Garde „einfach“ zu vernichten.


Ferner bestellte ich einige 1x-Artefakte für gängige Kampf-unterstützende Canti wie beispielsweise<br />

Armatrutz, Axxeleratus, Psychostabilis.<br />

Was ich gegen einen Endurium-Golem ausrichten könnte, ist mir nicht klar und auch keiner der anderen<br />

anwesenden Magier konnte mir einen vernünftigen Vorschlag machen. Es ist allerdings zu vermuten, dass ein<br />

solcher Golem das Merkmal Dämonisch [Agrimoth] aufweist – und daher mein Dämonenbann etwas gegen<br />

ihn ausrichten könnte – falls ich genug Zeit habe ihn zu zaubern…<br />

Dann schloss ich einen Handel mit einem der anwesenden Magier des Weges der Linken Hand. Er lud<br />

mir mein Schutz-Artefakt wieder auf, <strong>von</strong> dem ich ja bereits zwei Ladungen verbraucht hatte. Dafür wollte er<br />

einige Brocken des Endurium-Golems haben, falls es uns gelingen sollte diesen zu vernichten. Na, der macht<br />

mir Spass! Aber mir soll das recht sein, immerhin bekam ich meinen Teil des Handels auf der Stelle.<br />

Leider war der Gardianum, den er sprach nicht so gut gelungen, wie die ursprünglichen. Nun ich werde mich<br />

vorsehen, wann ich die letzte „Puniner-Ladung“ oder die neue auslöse.<br />

Notiz an mich selbst: Ich muss mich dringend wieder mit meinen neuen Zaubern beschäftigen und insbesondere<br />

den Gardianum, den Reversalis und den Oculus üben – und mir tiefere Kenntnisse über die Metamagie im<br />

Allgemeinen aneignen!<br />

Ich bekam eine Nachricht, aus der ich erfuhr, dass Marschall <strong>von</strong> Jergan inzwischen mit 1000 Freiwilligen<br />

am Museum eingetroffen sei und unter Anleitung <strong>von</strong> Dschelef ibn Jassafar und Santassa bereits mit den<br />

Vorbereitungen zum Ritual begonnen worden war.<br />

Die Angbarer Sappeure hatten inzwischen damit begonnen, die Replik des Ogerlöffels abschussbereit zu<br />

machen, während Dschelef ibn Jassafar kurzerhand einem Dschinn des Erzes befohlen hatte, den<br />

Wanddurchbruch im Museum durchzuführen!<br />

Valen & Yuchdan waren in der Zwischenzeit zum Friedhof aufgebrochen um dort Nachforschungen bei den<br />

Boronis anzustellen, den Stab des Vergessens betreffend. Sie hegten Hoffnung mit diesem Boron-heiligen<br />

Artefakt etwas gegen den untoten Drachen Rhazzazor vorgehen zu können – denn die Bedrohung durch<br />

dieses Ungeheuer hatten wir bis dato schrecklich vernachlässigt.<br />

Auf dem Grabmal eines ehemaligen Totengräbers namens Coran Grassberger fanden sie Hinweise auf eine<br />

bisher unbekannte Anwendung dieses Stabes! Die Götter müssen wahrhaft mit uns sein!<br />

Dann erreichte mich eine Nachricht <strong>von</strong> Lothar, der mir mitteilte, dass Arwed und er ziemliche<br />

Schwierigkeiten hätten, den „Adler“ zusammen zu bauen – und ich dringend dafür sorgen sollte, dass Nestel<br />

ihnen helfen würde. Verdammt, ausgerechnet dieser Nestel wieder!<br />

Hm… da konnte nur ein Zauberzwang helfen, der Nestel’s zur Zusammenarbeit zwingen würde. Wie gut,<br />

dass sich einer der Meister des Imperavi-Cantus gerade hier im Konvent aufhielt!<br />

Doch als ich nach ihm fragte, teilte man mir mit, dass er sich gerade zum Rahja-Tempel begäben hätte! Bei<br />

allen Zwölfen, warum ausgerechnet der Rahja-Tempel?!<br />

Sein zügelloses, lasterhaftes Benehmen ist weithin bekannt – und kann in keinster Weise <strong>von</strong> einem Travia-<br />

Gläubigen gutgeheißen werden.<br />

Tatsächlich hatte mir Santassa erst vor wenigen Stunden ihre Brust fast entblößt um mir die Stelle zu<br />

zeigen, an welcher dieser Lüstling ihr Magiersiegel angebracht hatte!


So schnell ich konnte, rannte ich ihm nach, doch ich kam zu spät. Er war bereits im Tempel verschwunden und<br />

„wollte nicht gestört werden“, wie mir die überaus reizende, wohlgestalte junge Geweihte Rahjane erklärte.<br />

Wut stieg in mir auf, doch wer war ich, ausgerechnet seine Spektabilität Thomeg Atherion beim Rahjaspiele<br />

zu stören?! Resignation mischte sich mit der Wut und ich wollte schon hängenden Hauptes gehen, da fragte<br />

mich Rahjane, ob ich mich nicht auch entspannen wöllte?!<br />

Und der Blick, den sie mir dabei zuwarf, ihre Gestalt, die sich deutlich unter der durchscheinenden roten<br />

Seidenrobe abzeichnete, die Düfte, die aus dem Tempel in meine Nase drangen und das leise Lachen der<br />

Glückseligen im Tempel weckte plötzlich eine Neugier in mir, wie ich sie niemals zuvor verspürte!<br />

Noch nie war ich in einem Tempel der Rahja gewesen, noch nie hatte ich mich dem lüsternen Treiben der<br />

Göttin des Weines und des Rausches hingegeben, wird es doch <strong>von</strong> der heiligen Travia, zu welcher ich meine<br />

Gebete richte, gar nicht gut geheißen.<br />

Doch nun im Angesicht der totalen Vernichtung, nach den Erlebnissen in Wehrheim und in Kholak-kai,<br />

wollte ich plötzlich nur noch eines: Vergessen! Vergessen, was mich um trieb, was ich erleben musste, welche<br />

Pflichten ich hatte.<br />

Und so sagte ich keck: „Ja doch, das würde ich überaus gerne. Wenn ihr so freundlich wäret… ein heißes<br />

Bad könnte mir gut gefallen.“ Rahjane brachte mich ins Innere des Tempels und während ich mich in einem<br />

heißen Bad entspannte, rief sie ihre Göttin an und kam zu mir. Den Rest der Nacht erlebte ich wie in einem<br />

einzigen Rausch <strong>von</strong> Gefühlen und Sinneseindrücken, den ich niemals zuvor gekannt hatte – und vermutlich auch<br />

niemals wieder je erleben werde.<br />

Oh, Ihr Götter habt Dank, dass ich dies erleben durfte! Meine Worte reichen nicht aus, um zu beschreiben<br />

was mir widerfahren. Ich werde die Gefühle in mir bewahren und sollte ich im Kampf um Gareth fallen, so<br />

werden sie mir in meinem letzten Augenblick Trost spenden!<br />

28. Peraine 1026 BF / 33 Hal<br />

Am nächsten Morgen wachte ich auf, nackt, in einem weichen Bett, die nackte Rahjane im Arm. Selten<br />

hatte ich SO gut geschlafen! Ich fühlte mich, als ob ich Bäume ausreißen könnte!<br />

Nachdem ich noch ein wenig mit ihr „gekuschelt“ (nennt man es wohl) hatte, stand ich auf und suchte Thomeg<br />

Atherion auf, welcher gerade beim Frühstück saß. Das Schlechte Gewissen begann sich in mir zu regen,<br />

hatte ich mich doch der Lust hingegeben, während sich meine Gefährten mühten, das Reich zu verteidigen.<br />

Doch dann kamen mir die Laute aus Griffpurga’s Zimmer in den Sinn – und ich beschloss mich nicht dafür<br />

schuldig zu fühlen, dass göttliche Freude mich erfüllt hatte.<br />

Freundlicherweise lud er mich ein und da ich wusste wie sehr Tulamiden Wert auf Etikette legen, zügelte ich<br />

meine Ungeduld und bemühte mich um freundliches Plaudern, bis er mich endlich fragte, was mich an seine<br />

Tafel führen würde. Hesinde sei Dank, konnte ich ihn überzeugen, Nestel mittels des Imperavi-Cantus zu<br />

bedingungsloser Loyalität zu zwingen.<br />

Danach schrieb ich mehrere Briefe an die Alte Residenz, das Lagerhaus und das Gefängnis, um meine<br />

Gefährten über meine Schritte zu informieren und um Spektabilität Atherion mit Nestel zusammen zu bringen.<br />

Bevor ich aufbrach, leerte ich meinen Geldbeutel in die Opferkasse des Tempels. Dann eilte ich los, denn<br />

inzwischen war mir eingefallen, wie ich doch noch Horuschenkerne besorgen könnte: In meiner Zeit im Archiv,<br />

hatte ich Berichte gelesen, dass der „Maraskan-Handel“ <strong>von</strong> der Bande der „Almadaner“ kontrolliert<br />

würde. Ich zog mich passend an und es gelang mir nach einigem Herumfragen, mit einem der „wichtigeren<br />

Personen“ der Almadaner zu treffen.


Anscheinend hatten die Burschen eine nicht unerhebliche Menge dieser Horuschenkerne gebunkert. Auf meine<br />

Frage, wie viel ich zu zahlen bereit wäre, stellte ich ihm einen Blanko-Scheck aus und gab’ ihm zu verstehen,<br />

er solle dort eintragen, was er für angemessen halte – für seinen Beitrag zur Rettung der Stadt.<br />

Die Horuschenkerne sollte er gleich zum Wirselbach bringen, an welchem Tyros Prahe am heutigen Tag<br />

das Waffenbalsam herstellen wollte.<br />

Danach eilte ich zum Lagerhaus, wo ich zu meiner Überraschung feststellen durfte, dass es Arwed und<br />

Lothar wider erwarten doch gelungen war, den „Adler“ vollständig zusammen zu bauen!<br />

So war die Absprache mit Thomeg Atherion völlig unnötig. Nun egal, ich konnte es eh nicht mehr<br />

verhindern. Lothar maulte ziemlich herum, dass sie gestern Abend schon Hilfe gebraucht hätten und wo ich<br />

mich herumgetrieben hätte… nun ich werde diesem steifen Knochen sicherlich nicht auf die Nase bieten, dass<br />

ich die nach im Rahja-Tempel verbracht hatte.<br />

Auch Valen war mittlerweile hier eingetroffen. Er sah irgendwie seltsam aus, dann fiel mir auf, was anders<br />

war: Er hatte keine Haare mehr. Gar keine Haare mehr. Weder Haupt-, noch Barthaar, auch<br />

Augenbrauen und Wimpern fehlten völlig! Auf meine Nachfrage, woher dies komme, erklärte er mir, dass<br />

Dschelef und Santassa es geschafft hatten, das Ankhatep-Tor zu aktivieren – und dass er zusammen mit<br />

Marschal <strong>von</strong> Jergan und Yuchdan als erstes durch das Tor gegangen war. Dies war also das „kleine<br />

Opfer“, <strong>von</strong> dem Rashim gesprochen hatte. Wie sich herausstellte war jegliche Körperbehaarung <strong>von</strong> allen<br />

1000 Freiwilligen in dem Augenblick verschwunden, als sie durch das Tor geschritten waren.<br />

Zuerst dachte ich, dass dies ja wirklich nur ein „kleines Opfer“, den die Haare würden sicherlich wieder<br />

nachwachsen… doch dann erinnerte ich mich daran, was man mit den Haaren eines „Opfers“ in der rituellen<br />

Magie alles anzustellen vermochte… und ich kann nur hoffen, dass wir nicht eine noch finstere Macht mit dem<br />

Aktivieren des Tors „gefüttert“ haben, als es der Dämonenkaiser oder der untote Drache schon sind.<br />

Hm… na ja… wohl doch eher unwahrscheinlich.<br />

Der Adler beeindruckte uns beide, Valen und mich gleichermaßen, aber noch war vieles zu erledigen.<br />

Ich sammelte alle Greifenfedern der Gefährten ein und schickte Valen damit ebenfalls zum Wirselbach. Er<br />

konnte noch berichten, dass er sozusagen in letzter Minute seine Standarte aus Punin bekommen hatte, ein<br />

mächtiges Gardianum-Schutz-Artefakt, welches unseren Flug hinauf zur fliegenden Festung vielleicht erst<br />

möglich machen würde.<br />

Später berichtete er mir da<strong>von</strong>, dass der Kopf der Almadaner mit seinem Sohn und einem Hundekarren<br />

voller Horuschenkerne, über 100 an der Zahl, am Wirselbach aufgetaucht sei – und bei Nachfrage zwecks<br />

Preis nur einsilbig meinte: „Keine Stadt, keine Geschäfte!“.<br />

Dies werde ich ihm niemals vergessen.<br />

Yuchdan war anscheinend nach Nattersquell aufgebrochen, um seine Frau und Arwed’s Familie zu holen,<br />

denn in der Stadt gingen Gerüchte, dass Truppen des schwarzen Drachen bereits aus Rommilys auf der<br />

Reichsstrasse gen Gareth vorrücken würden.<br />

Gebe die gütige Göttin des Herdfeuers, dass der Travia-Tempel zu Rommilys nicht gefallen ist!<br />

Dann brach ich abermals zum Magierkonvent auf und erbat dort noch ein weiteres Schutz-Artefakt für<br />

Arwed, sowie jegliche mögliche magische Tarnung für das Luftschiff. Wenn wir damit hoch zur fliegenden<br />

Festung Kholak-kai fliegen werden, so sollten wir dabei möglichst unentdeckt bleiben.


Schließlich begab ich mich zurück zur Alten Residenz, um zu sehen wieweit die allgemeinen<br />

Verteidigungspläne gediehen waren. Während ich dort war, tauchte plötzlich Rhazzazor über der Stadt auf<br />

und verbreitete Angst und Schrecken. In einem Anfall <strong>von</strong> Dreistigkeit landete er gar auf der goldenen<br />

Kuppel des Sonnentempels!<br />

Doch mit grimmiger Freude konnten wir sehen, wie er sich gar übel die Klauen verbrannte und daraufhin<br />

schimpfend <strong>von</strong> dannen flog.<br />

Dies nahmen Arwed und ich als Anlass und suchten alle Tempel auf, in denen wir für das Gelingen unserer<br />

Mission – und unser Seelenheil – beten wollten. Zuerst begaben wir uns zum Travia-Tempel, dann zu einem<br />

Tempel des Fuchses, danach zum Tempel des Ingerimm, in welchem Arwed ein heiliges Artefakt bekam,<br />

welches uns und 10m Umkreis vor Feuer schützen würde!<br />

Welch eine Gabe! Ist mir doch durchaus bewusst, dass dieses Artefakt, den gesamten Tempel vor<br />

Feuersbrünsten schützen würde.<br />

Schließlich suchten wir noch einen Boron-Tempel auf.<br />

Als wir endlich wieder in der Alten Residenz ankamen, war die Nacht schon weit fortgeschritten und<br />

Yuchdan war bereits mit schlechter Kunde heimgekehrt: Nattersquell war bereits an den Feind gefallen. Ob<br />

Ritterin <strong>von</strong> Nattersquell, Lothar’s Schwester, und Arwed’s Familie noch lebten, wusste er nicht zu sagen.<br />

Immerhin konnte er seine Frau in letzter Minute vor den anrückenden schwarzen Horden retten. Doch war<br />

ein <strong>von</strong> Lothar georderter Diener mit dessen Drachenschuppenrüstung bereits heute Morgen in Gareth<br />

eingetroffen: So hat Lothar für unsere Mission wenigstens wieder eine passende Rüstung, nachdem seine<br />

Platte durch den 500 Schritt tiefen Sturz auf dem Mythraelsfeld zerstört worden war.<br />

Dann zog ich mich in mein Gemach zurück, entspannte mich und begann die astrale Meditation. Danach<br />

sprach ich einige Zauber in Vorbereitung für die morgige Schlacht in den Speicher meines Stabes:<br />

• 2 Balsams gegen Wunden [7 ASP]<br />

• 2 Psychostabilis für andere Personen für jeweils ca. eine halbe Stunde [7 ZfP*, 5 SR]<br />

• 2 Duplicatus mit jeweils 2 Doppelgänger [7 ZfP*]<br />

Jetzt fühle ich mich geistig und körperlich ausgelaugt, doch trotzdem nehme ich mir die Zeit, mein Tagebuch<br />

mit dem Erlebten zu füllen, könnte dies doch bereits mein letzter Eintrag werden.<br />

Jetzt nehme ich abermals einen Schlaftrunk <strong>von</strong> Melwin Stoerrebrandt zu mir und begebe mich nun ungefähr<br />

zur 2. Morgenstunde zur Ruhe.<br />

29. Peraine 1027 BF / 34 Hal vormittags<br />

Boron und Hesinde müssen über meinen Schlaf gewacht haben, denn als ich ungefähr zur 10. Morgenstunde<br />

erwachte, fühlte ich mich abermals frisch und ausgeruht – und konnte fühlen, dass sich meine Kräfte über<br />

Nacht fast vollständig regeneriert hatten.<br />

Ich machte mich daran, unsere Artefakte und Ausrüstung zu verteilen. Ich nahm mir:<br />

• 1x Willenstrunk gegen Galotta<br />

• 2x Heiltrank [1x perfekt, 1x ordentlich]<br />

• 1x Astraltrank<br />

• 1x Zaubertrank<br />

• die Glaskugel mit dem goldenen Bannstaub


• 1 gutes Set Dietriche (noch aus Auraleth)<br />

• 1x Brandöl<br />

Außerdem machte uns Erzmagus Elcarna Erillion <strong>von</strong> Hohenstein seine Aufwartung und bot an, einen der<br />

unsrigen mit einer mächtigen Anwendung des Balsam-Cantus entweder die Lebenskraft weit über das normale<br />

Maß zu erhöhen [15 LeP über Maximum] oder ihm gar die Fähigkeit zur Regeneration zu verleihen.<br />

Außerdem erhielt ich endlich die Artefakte, die <strong>von</strong> den Magiern des Konvents für uns erstellt worden<br />

waren:<br />

• 1x „Anti-Heshtotim“-Artefakt, welches man möglichst nahe an diese hinwerfen und mittels des<br />

Bosparanischen Wortes „Hinfort“ aktivieren muss. Leider konnte man mir nicht sagen, wie viele<br />

Heshtotim es wirklich vernichten wird. Nun, ich denke wir müssen hier den Göttern vertrauen.<br />

• 1x Psychostabilis-Artefakt, welches die Resistenz gegen Magie erhöht [MR+6 für 3 Stunden]<br />

• 1x Attributo-Artefakt, welches die Gewandtheit erhöht [GE+5]<br />

• 2x Axxeleratus-Artefakte, eines da<strong>von</strong> in Elfischer Repräsentation [1x elf. 72 KR, 1x 24 KR]<br />

• 2x Armatrutz-Artefakte für erhöhte Resistenz gegen profane Angriffe [RS+3 für 3 Stunden]<br />

• 5 Portionen Waffenbalsam (diese wurden <strong>von</strong> Arwed für seine beiden Streitäxte, für das Schwert<br />

<strong>von</strong> Lothar, sowie jeweils einen Satz Pfeile für Lothar und Arwed verwendet)<br />

Nachdem ich mich gerade angezogen hatte, kam Valen zu mir und nötigte mich, mit in seine „Schwitzhütte“ zu<br />

kommen. Zuerst war ich skeptisch und folgte ihm eher aus Kameradschaft, denn aus Überzeugung, dass dies<br />

etwas bringen würde.<br />

Doch im Nachhinein, muss ich sagen, dass das gemeinsame Schwitzen und die Erinnerung an Valen’s<br />

nivesische Herkunft ein sehr intimes Erlebnis war, das mir meine Gefährten sehr viel näher gebracht hat, als<br />

ich es für möglich gehalten hätte.<br />

Im Dunst der feuchten Luft, schwor uns Valen auf „Firuns wilde Jagd“ ein und fand sehr passende und<br />

stimmige Worte für jeden <strong>von</strong> uns. Gemeinsam werden wir wie die Himmelswölfe Firun’s aufbrechen um den<br />

Dämonenkaiser, unser Wild, zu reißen. Fast hätte ich im Anschluss ein markerschütterndes Heulen <strong>von</strong> mir<br />

gegeben, aber ich konnte mich gerade noch beherrschen. Diesmal, bei Firun, diesmal wird mir Galotta nicht<br />

wieder entkommen! Das schwöre ich bei den Zwölfen!<br />

Jeder <strong>von</strong> uns teilte den anderen seinen letzten Wunsch mit, falls er sterben sollte:<br />

• Arwed bat uns nach seiner Frau und seinem Sohn zu suchen.<br />

• Yuchdan bat uns ihn mit dem Salzwasser aus seinem Beutel zu übergießen, damit seine Seele<br />

Frieden finden könnte.<br />

• Valen wollte verbrannt werden.<br />

• Lothar bat uns Araschar zu bergen und in einen Praios-Tempel zu bringen.<br />

• Da ich keine Verwandten oder sonstige heiligen Besitztümer habe, bat ich darum mein Tagebuch in<br />

den Travia-Tempel <strong>von</strong> Rommilys zu bringen.<br />

Dann verteilten wir die eben eingetroffenen Alchimistka und die Artefakte und verließen schweigend die<br />

Schwitzhütte, denn es war noch soviel zu erledigen.


Valen und Yuchdan berichteten Lothar und mir, dass sie Ludalf <strong>von</strong> Wertlingen mehrmals auf dem Wege<br />

zwischen der Neuen und der Alten Residenz gesehen hätten. Da sein Vater (Galotta’s Truchsess) nach<br />

dem Turniere in der Neuen Residenz eingekerkert war, machte dies uns alle misstrauisch.<br />

Da wir Ludalf jedoch nicht so einfach beschuldigen konnten, beschlossen wir, dass Lothar und ich eine<br />

„freundliche Unterredung“ mit ihm anstreben sollten, um seine Motive zu beleuchten. Ist doch die Verführung<br />

durch die Knechte der Dämonen eine durchaus plausible Bedrohung.<br />

Tatsächlich fanden wir <strong>von</strong> Wertlingen schnell und er gab uns zu verstehen, dass er <strong>von</strong> Emer persönlich<br />

gebeten worden sei, seinen Vater zu besuchen – und alle Informationen in die Besprechungen eingeflossen<br />

seien. Außerdem war zuversichtlich, dass er seinen Vater „auf den rechten Weg“ zurückbringen könnte.<br />

Nun, ich persönlich sehe das anders, aber um ehrlich zu sein, verspüre ich wenig Lust, bei Emer vorzusprechen<br />

– um dann zu erfahren, dass sie ihn tatsächlich beauftragt hat. Nun denn, ich werde ihn im Auge behalten!<br />

Danach zogen Arwed und ich los, um das Luftschiff „Adler“ in das Museum zu bringen, denn dort waren<br />

die Räume wesentlich höher als im Lagerhaus – und wir hofften, dass wir dort das Luftschiff „außer Sicht“<br />

besser verstecken konnten.<br />

Denn damit wir damit „schnell“ starten konnten, musste es bereits „schweben“ und dies war im Lagerhaus<br />

aufgrund der niedrigen Decke nicht möglich.<br />

Nachdem das Luftschiff <strong>von</strong> einigen Soldaten vor das Lagerhaus gezogen worden war, begannen wir es<br />

startklar zu machen. Es bestand aus zwei pilzförmigen „Luftkammern“ und einer Korbgondel für sechs<br />

Personen. Ein Ölbrenner war eingebaut, um die Luft in den „Luftkammern“ zu erhitzen. Zwei Pedalsitze,<br />

deren Pedalen jeweils einen der beiden Propeller antrieben (einer vorne und einer hinten) sorgten für die<br />

„Bewegung“ des Schiffs. Es hatte zudem ein Segel und einen Anker.<br />

Arwed benötigte mehrere Anläufe, bis er endlich den Ofen in Gang gesetzt hatte und es war mehrmals nur<br />

Glück, dass wir das Luftschiff nicht bereits beim ersten Abheben zerlegten. Ich setzte mich auf den vorderen<br />

Sitz und trat in die Pedale um den vorderen Propeller in Gang zu bringen, während Arwed die Steuerung<br />

übernahm. Oh meine Glieder, welch anstrengende Arbeit!<br />

Wir benötigten gute 2 Stunden, um zum Museum zu gelangen. Unter uns staunten die Leute und wir<br />

versuchten den Häusern auszuweichen und auf Kurs zu bleiben. Es war ziemlich schwierig, und unsere<br />

Geschwindigkeit war nicht gerade hoch, doch mir hat’s ehrlich gesagt gereicht. Oh, welch’ ein Höllenritt wird<br />

das werden, durch die bevorstehende Luftschlacht mit diesem Ding hinauf zu Kholak-kai zu fliegen. Mir<br />

dreht sich jetzt schon der Magen um!<br />

Ob wir das Luftschiff noch rechtzeitig in Deckung bringen konnten, bevor die Spitzel des Feindes es<br />

entdecken konnten, weiß ich nicht, aber immerhin haben wir es jetzt an einem Ort, an welchem wir schnell los<br />

fliegen können.<br />

29. Peraine 1027 BF / 34 Hal spät nachmittags<br />

Danach gingen wir zurück zur Alten Residenz. Es war inzwischen bereits spät am Nachmittag. Kholak-kai<br />

hatte mittlerweile die Randgebiete <strong>von</strong> Gareth erreicht und die Schlacht hatte bereits begonnen!


Auf einem Balkon gen Norden suchte ich den Horizont mit einem Weitensucher ab. Da sah ich untote<br />

Riesenalken herannahen, welche Steine und Schrapnell auf die Alte Residenz abwarfen!<br />

Zwar wollte ich noch ausweichen, doch ich war zu langsam. Ich wurde ziemlich übel getroffen, so dass ich<br />

mich gezwungen sah, bereits den ersten Balsam aus meinem Stabspeicher gleich für mich selbst zu verwenden,<br />

wollte ich nicht eine üble Wunde mit mir herumschleppen. Andere auf dem Balkon hatten weniger Glück.<br />

Doch ich ließ mich nicht beirren und späte erneut in die Ferne, um zu sehen, was sich dort tat. Was ich sah,<br />

machte mir erst die Aussichtslosigkeit unseres Kampfes bewusst: Aus der fliegenden Festung lösten sich<br />

mehrere fliegende Bastionen, welche in ca. 7 Meilen nördlich an der Stadt Richtung Westen vorbei flogen,<br />

vermutlich um eine Art Zangen-Angriff durchzuführen. Dutzende <strong>von</strong> Dämonen flogen über die Stadt und<br />

verbreiteten Schrecken, Tod und Verderben. Manche <strong>von</strong> ihnen zogen fliegende Schiffe oder Türme oder<br />

zerstörten mit großen Eisenkugeln an Ketten ganze Häuser.<br />

Außerdem stürzten sich hunderte <strong>von</strong> Gargylen aus der Festung auf Gareth.<br />

Später sahen wir, dass sich die fliegenden Bastionen ungesehen aus Westen, geschützt durch das Licht der<br />

untergehenden Sonne, angenähert hatten. Anscheinend waren im Westen Gareth’s bereits „Sprungtruppen“<br />

abgesetzt worden, welche sich auf dem Gelände der neuen Residenz und um die Stadt des Lichts bereits<br />

Gefechte mit unseren Truppen lieferten.<br />

Durch den Weitensucher sah ich, wie sich eine fliegende Barkasse, die aus mehreren Geschützen Brandöl<br />

und Feuerbomben abfeuerte, der neuen Residenz näherte. Wir gaben dem Feuerfalken, der dort stationiert<br />

war, den Befehl diese Barkasse anzugreifen und zu vernichten.<br />

Beim anschließenden Feuergefecht, gelang es dem Feuerfalken ein Landungsboot der Barkasse durch einen<br />

Ignisphaero zu vernichten und die Barkasse selbst mehrmals zu treffen, doch wurde der Feuerfalke <strong>von</strong> der<br />

brennenden, sich zurückziehenden Barkasse am Ende ebenfalls zerstört.<br />

Dann erreichte uns die Nachricht, dass Rhazzazor der schwarze Drache mit seinen Truppen eingetroffen sei,<br />

um die Nekropole <strong>von</strong> Gareth mit den Hunderttausenden Toten dort einzunehmen. Marschall <strong>von</strong> Jergan<br />

und 500 Mann <strong>von</strong> der „Freiwilligen-Legion“ wurden dorthin beordert und auch Emer machte sich auf den<br />

Weg, um ihren Schwur, Rhazzazor zu töten einzulösen.<br />

Lothar, Yuchdan und Valen schlossen sich ihr an, um ihr im Kampf gegen den untoten Drachen<br />

beizustehen.<br />

Arwed und ich blieben währenddessen beim Generalstab. Da fiel uns beiden plötzlich auf, dass Ludalf <strong>von</strong><br />

Wertlingen fehlte! Wir brauchten uns nur ansehen, dann war klar, dass wir nicht zulassen konnten, dass einer<br />

der wenigen Marschälle, die das Reich noch hatte, in der Neuen Residenz <strong>von</strong> seinem eigenen Vater<br />

erschlagen würde. „Ihr zwei beide, mitkommen!“, herrschte ich zwei Panther-Gardisten an, zwei weitere<br />

Schwertarme konnten nicht schaden, wenn wir ausgerechnet in einen der umkämpften Stadtteile wollten. Bei<br />

Hesinde, ich muss <strong>von</strong> allem Verstand verlassen worden sein, mich in diese unnötige Gefahr zu begeben.<br />

Schnell rannten wir durch die Strassen Gareths, da fiel plötzlich ein Schatten auf uns hernieder und griff<br />

Arwed an! Ein Gargyl, der sich auf einem Dachfirst als Statue getarnt hatte!<br />

Da die Soldaten wie angewurzelt standen, kommandierte ich sie zum Angriff, doch letzten Endes war es mal<br />

wieder Arwed, welcher den Gargyl erschlug.


Arwed und einer der Gardisten waren beim Kampf verletzt worden, doch nicht so schwer, als dass akute<br />

magische Heilung notwendig war.<br />

Dann rannten wir weiter, vorbei an plündernden Söldnern und plötzlich spürte ich Gefahr direkt vor uns!<br />

„HALT“, schrie ich! Und wie angewurzelt blieben wir stehen. Da krachte schon eine dieser Eisenkugeln<br />

direkt vor uns durch die Fassade des Hauses direkt rechts vor uns! Hätte mich mein Instinkt nicht (mal<br />

wieder) gewarnt, wir alle wären vom Gestein erschlagen, oder <strong>von</strong> der Kugel zerquetscht worden.<br />

Oh, habt Dank ihr Götter, für dieses Geschenk!<br />

Die Kugel hing an einer Eisenkette unten an einem fliegenden Turm, der <strong>von</strong> einem Karakil gezogen wurde.<br />

Von uns nahm niemand weiters Notiz, also rannten wir weiter. Gegen den Dämon konnte ich sowieso nichts<br />

ausrichten. Doch die Gesichter der beiden Panther-Gardisten waren kalkweiß…<br />

Als wir an der Stadt des Lichts vorbei kamen, konnten wir Kämpfe aus dem gesamten Gelände hören und<br />

sehen, dass das Tor bereits fehlte. Möge Praios seine Diener schützen.<br />

Endlich erreichten wir die neue Residenz. Schlimm sah es hier aus, überall Kampfspuren, Tote und<br />

Verwundete lagen herum; teilweise war die Erde verbrannt oder aufgerissen und das Gebäude war an<br />

zahlreichen Stellen beschädigt. Einige Rauchsäulen stiegen auf.<br />

Wir sahen verzweifelte, flüchtende, mutige und apathische Menschen. Einer der Gärtner harkte ein<br />

Blumenbeet, so als ob ihn das alles nichts angehen würde, ja er es gar nicht sehen könne. Seltsam sind die<br />

Menschen.<br />

Wir rannten in die Residenz, auf dem schnellsten Weg zum Kerker, da kamen uns in einem einsamen Gang<br />

doch tatsächlich bereits die beiden <strong>von</strong> Wertlingen’s entgegen. Während Ludalf noch um das Leben seines<br />

Vaters bettelte, offenbarte dieser endlich seine wahren Absichten und verriet das Vertrauen seines Sohnes!<br />

Während ihm drei Hörner durch seine schwarze Endurium-Rüstung wuchsen, höhnte er: „nein mein Sohn, ich<br />

habe dich die gesamte Zeit getäuscht. Nun werde ich diese da [er meinte uns] erschlagen und danach das<br />

„Auge des Morgens“ aus dem Ulmencabinett holen, um es meinem Herrn zu bringen und DU wirst mich<br />

begleiten.“ Dann setzte er sich seinen Helm auf, während Ludalf ihn ungläubig anstarrte, fassungslos und<br />

unfähig sich auch nur zu regen.<br />

Schnell wog ich unsere Möglichkeiten ab: Udalbert war auf dem Turnier schon nahezu unbesiegbar gewesen,<br />

nun als handfester Daimonoide war er vermutlich noch stärker geworden. Doch wir waren immerhin zu viert,<br />

drei da<strong>von</strong> veritable Kämpfer und ich immerhin ein nicht ganz unfähiger Magus, auch wenn mein Fachgebiet<br />

nicht gerade die destruktive Hermetik ist, denn nichts anderes konnte mir hier helfen, soviel war sicher.<br />

Da Arwed <strong>von</strong> dem Gargyl ziemlich was abbekommen hatte, spendierte ich ihm den 2. Balsam aus meinem<br />

Stab, so dass er Udalbert <strong>von</strong> Wertlingen bei voller Gesundheit entgegen treten konnte. Außerdem aktivierte<br />

Arwed sein Axxeleratus-Artefakt.<br />

Gleich darauf zeigte sich, dass beides kein Fehler war, denn Udalbert <strong>von</strong> Wertlingen entpuppte sich als<br />

der fürchterliche Kämpfer, den wir vom Turnier kannten. Mit dem ersten Schlag seiner Ochsenherde tötete er<br />

den unverletzten Panther-Gardisten, der nicht schnell genug mit seiner Deckung war. Der andere hielt sich<br />

darauf etwas im Hintergrund.


Arwed griff <strong>von</strong> Wertlingen furchtlos an und traf ihn mehrmals mit seinen Streitäxten. Doch auch <strong>von</strong><br />

Wertlingen landete einen fürchterlichen Treffer, der Arwed schwer in Bedrängnis brachte. Daher begann ich<br />

den Ignifaxius-Cantus, den ich inzwischen wirklich gut beherrsche. Ich wollte kein Risiko eingehen und legte<br />

all meine Kraft in diesen Spruch.<br />

Gleich darauf zeigte sich, dass das auch gut so war, denn mit einem weiteren, mörderischen Schlag hatte <strong>von</strong><br />

Wertlingen den guten Arwed in Boron’s Arme geschickt! Ob er noch lebte oder nicht, wusste ich nicht zu<br />

sagen, doch war meine Antwort gleich: „IGNIFAXIUS!“ schrie ich und eine Flammenlanze, stark wie<br />

ich nie eine gesprochen hatte brach aus meiner Hand in seine Brust! Seine Rüstung schmolz und er brach<br />

leblos zusammen.<br />

Die Hörner verschwanden <strong>von</strong> seinem Rücken und kurz darauf kroch ein wurmartiger Dämon, ein<br />

„Gurgulum“, wie Leonardo der Mechanicus einen um den Hals hatte, aus der Rüstung und sprang den<br />

verbliebenen Gardisten an!<br />

Noch im Sprung erwischte ich das Scheusal mit einem Fulmen-Cantus. Doch dies verbrauchte all meine<br />

verbliebene Kraft – und der Dämon lebte immer noch! Starr vor Angst stand der Gardist, während der<br />

Gurgulum sich an seinem Hals festbeissen wollte!<br />

Doch nicht mit mir! Ich zog meinen Stockdegen, mein Bannschwert, genau die richtige Antwort für dieses<br />

Viech! Ich nahm Maß und schlug zu … und tot fiel der Gurgulum zu Boden, wo er sich in ein Häufchen<br />

Asche auflöste, wie bei Dämonen üblich.<br />

Endlich kam Ludalf wieder zu sich. Ein schöner Marschall war das, lässt sich <strong>von</strong> seinem dämonisch<br />

beherrschten Vater einlullen. Und ausgerechnet der sollte unsere Truppen befehligen? Verdammt, da lobe ich<br />

mir doch diesen Rubald <strong>von</strong> Jergan. Der ist zwar dümmer als man glauben würde, dafür aber wenigstens<br />

geradlinig und mutig – und ein wahres Monster im Kampf.<br />

Ludalf kniete sich zu seinem Vater hin, welcher anscheinend doch nicht tot war, aber bereits im Sterben lag.<br />

Sterbend bat Udalbert seinen Sohn um Verzeihung, dass er sich mit dem Dämonenkaiser eingelassen hatte.<br />

Doch ich hatte keine Zeit und auch kein Mitleid, mir das Gefasel des Greises anzuhören, ich stürzte zu<br />

meinem Gefährten Arwed und stellte fest, dass noch ein klein wenig Leben in ihm war.<br />

Also flößte ich ihm kurzer Hand den „perfekten“ Heiltrank ein, ohne einen Gedanken daran zu<br />

verschwenden, dass danach für 1 Woche keinerlei alchimistische Substanzen mehr bei ihm wirken würden – wie<br />

zum Beispiel die Anti-Beherrschungs-Tränke gegen Galotta. Au weia!<br />

Arwed hingegen scheint sich mit Alchimie besser auszukennen, denn er übergab mir gleich nachdem er wieder<br />

zu sich gekommen war seine beiden Heiltränke und wies mich auch auf das Problem mit Galotta hin.<br />

Verdammt!<br />

Da meine astrale Kraft völlig erschöpft war, trank ich den Zaubertrank <strong>von</strong> Melwin und als ich noch<br />

immer nicht meine volle Kraft wiedererhalten hatte, nahm ich auch noch den Astraltrank zu mir.<br />

Da Ludalf nicht mal vernünftige Worte herausbekommen konnte, befahl ich ihm einfach, dass er sich<br />

„schnellstens“ in die Alte Residenz begeben sollte um dort wieder das Kommando zu übernehmen. Bei<br />

Rondra, aber ein schlechter Marschall ist vermutlich immer noch besser als gar keiner. Vielleicht würde er<br />

ja doch noch über sich hinaus wachsen, nach diesem Erlebnis.<br />

Den Panther-Gardisten schickte ich ebenso zurück, um <strong>von</strong> Wertlingen „mit seinem Leben“ zu schützen.


Gerade als die beiden aufbrachen, flog Rhazzazor über die Stadt und drei Magier schossen einen Ignifaxius<br />

auf ihn ab, der mindestens 3x so stark war, wie derjenige, mit dem ich Udalbert <strong>von</strong> Wertlingen getötet hatte.<br />

Doch statt dass dieser den Drachen vom Himmel fegte, glühte nur dessen finsteres Halsband grün auf…<br />

Oh, was mögen unsere Gefährten da ausrichten können?<br />

Arwed und ich hingegen machten uns auf ins Ulmencabinett, um das Auge des Morgens zu holen. Wenn<br />

Galotta es unbedingt haben wollte, so wollten wir ihm diese Suppe gründlich versalzen!<br />

Später erfuhr ich <strong>von</strong> meinen Gefährten was sich während unserer Suche nach dem Auge des Morgens in der<br />

Necropole zugetragen hatte:<br />

Anscheinend war Rhazzazor nicht durch normale, magische oder geweihte Waffen zu verletzen. Lothar (mit<br />

Araschar) und Yuchdan (mit seiner beseelten Barbarenstreitaxt) landeten furchtbare Schläge, doch statt<br />

Wirkung zu erzielen, glühte immer nur das Halsband des Drachen grün auf!<br />

Da stellte sich Reichsregentin Emer dem untoten Drachen entgegen, „Finsterfang“, die zwergische<br />

Drachenlanze in der Faust. Sie kämpfte heldenhaft und es gelang ihr, den Drachen deutlich zu verletzen!<br />

Doch dann passte sie nicht auf und der Drache verschlang sie bei lebendigem Leibe! Oh mögen die Zwölfe<br />

ihrer Seele gnädig sein!<br />

Lothar ergriff darauf hin die Lanze und stach abermals nach Rhazzazor. Valen jedoch, der <strong>von</strong> den Boron-<br />

Geweihten den „Stab des Vergessens“ bekommen hatte, stürzte hinzu, presste dem Drachen den Stab an den<br />

Kopf und rief: „Meer der Schmerzen, entleere Dich!“<br />

Daraufhin wand sich der schwarze Drache in unendlichen Agonien und schließlich floh er <strong>von</strong> dannen!<br />

Der Kampf um den Boron-Anger war gewonnen, doch zu welchem Preis?<br />

Nun liegt noch der rachedurstige Dämonenkaiser vor uns. Leonardo sagte, dass Galotta selbst die Festung<br />

steuern würde. Nun dass passt zu dem, was ich in Dexter’s Dossier gelesen habe. Außerdem ist er ein eitler,<br />

aufgeblasener, Pomp-liebender Popanz, der dem Hofprotokoll eine gar übermäßige Wichtigkeit beimisst und<br />

zudem die „Garether Herrscher“ insbesondere „Hal“, aber auch „Nahema“ inbrünstig hasst. Meiner<br />

Einschätzung nach, wird Galotta, geblendet <strong>von</strong> seinem Hass, irrational handeln, wenn er tatsächlich jemand<br />

aus der Familie der Garether, oder jemanden der mit ihnen zu tun hat, vor sich sieht.<br />

Hm… vielleicht, könnte hier eine ausgeklügelte Täuschung helfen, uns nah genug an ihn heran zu bringen,<br />

damit Yuchdan oder Lothar ihn mit einem schnellen Streich niederstrecken können!<br />

Vielleicht werde ich es selbst erleben…


29. Peraine 1027 BF / 34 Hal spät nachmittags<br />

Schnell eilten wir durch die Gänge in das Zentralgebäude, in welchem das Ulmencabinett liegt. Immer wieder<br />

trafen wir auf verschrecktes Gesinde oder flüchtende Soldaten. Dumpf waren die Schreie der Plünderer zu hören,<br />

entfernt das Prasseln <strong>von</strong> Feuer… Die Residenz stand bereits an mehreren Stellen in Flammen! „Oh Hesinde<br />

gib, dass wir nicht zu spät kommen!“, fuhr es mir durch den Kopf.<br />

Endlich erreichten wir ohne weitere Zwischenfälle das Ulmencabinett. Arwed & ich durchsuchten das Zimmer<br />

gründlich, doch wir wurden nicht fündig. Hm… so leicht wollte ich mich nicht geschlagen geben. Sicherlich war das<br />

Auge des Morgens nicht einfach so hier aufbewahrt, dessen war ich gewiss. Ich ging geistig in Frage kommende<br />

Zauber durch, und da ich selbst den Widerwille-Cantus beherrsche, war dies meine erste Vermutung. Nun dieser<br />

Zauber besitzt eine Einfluss-Komponente, gegen die man sich mit schierem Willen wappnen kann - und so<br />

konzentrierte ich mich auf die Technik des „Eisernen Willens“, doch nichts geschah. Hm… Ich war noch nicht<br />

überzeugt. Während meines Zweitstudiums hatte ich den Psychostabilis-Cantus ausgiebig geübt, und so zauberte<br />

ich diesen, um meine Resistenz noch weiter zu verbessern, und aha!<br />

Da stand er, in einer Ecke des Zimmers: ein wunderschön gearbeiteter Schrank aus Blutulme mit verschiedenen<br />

arkanen Glyphen bedeckt. Neben Glyphen für Illusion und Bewegung, erkannte ich auch die verschiedenen<br />

Namen der Geheimen Weisheiten des Reichsordens vom Auge.<br />

Eigentlich war der Schrank ja vor „zufälliger“ Entdeckung gut geschützt, überlegte ich… doch andererseits, was<br />

sind schon Illusion und Einfluss-Zauber gegen Dämonen?! Deshalb beschloss ich, das Auge in Sicherheit zu<br />

bringen. Für eine weitere Analyse wollte ich mir keine Zeit nehmen, sondern lieh mir stattdessen Arwed’s<br />

Hammer aus. Er konnte den Schrank sowieso nicht sehen… aber dem konnte ich ja ’nachhelfen’.<br />

Ich kann nicht sagen, wie lange ich auf den Schrank und die Glyphen (insbesondere die der „Illusion“)<br />

einschlagen musste, bis Arwed den Schrank endlich sehen konnte, aber es dauerte sehr, sehr lange - und andauernd<br />

fragte ich mich, wann wir wohl unliebsamen Besuch bekommen würden, doch es scherte sich niemand um uns.<br />

Mächtige Schadens-Komponenten konnte ich jedenfalls keine entdecken… doch wer weiß, welchen hinterhältigen<br />

Schutz sich der Orden noch ausgedacht hatte. Daher beschloss ich, Arwed den Rest erledigen zu lassen. Falls<br />

er wider Erwarten doch etwas abbekommen würde, konnte ich ihn immer noch per Balsam-Cantus zusammenflicken<br />

- etwas was er mit mir nicht würde tun können!<br />

Außerdem schmerzte mein Arm gar höllisch. Bei Ingerimm, ich bin nicht für derartige Arbeit geschaffen. Im<br />

Gegensatz zu mir, benötigte Arwed, der geübte Schmied, nur wenige Schläge, um den einst wunderschönen Schrank<br />

in einen Haufen Holzsplitter zu verwandeln. Dort fanden wir dann endlich auch das Auge des Morgens. Wir<br />

rissen ein Stück Vorhang ab und wickelten es darin ein; da es gut 50 Stein wog, konnte nur Arwed es tragen.<br />

Draußen vor der Residenz befahl ich sechs Gardisten, uns als Geleitschutz zu begleiten. Der Korporal<br />

entgegnete etwas <strong>von</strong> Befehlen eines Hauptmannes hier die Stellung zu halten, doch ein kleiner Hinweis auf<br />

meinen vom Baron selbst verliehenen Gaugrafenrang, genügten um die Befehlshierarchie außer Kraft zu setzen.<br />

Langsam beginne ich daran Gefallen zu finden, nicht immer selbst am Ende der Befehlskette zu stehen.<br />

Da weder die alte Residenz, noch der Hesinde-Tempel in erreichbarer Entfernung waren - immerhin waren die<br />

Truppen Galotta’s bereits in der Stadt - und die Stadt des Lichts bereits <strong>von</strong> Feinden gestürmt wurde, brachten<br />

wir das Auge in den nächstgelegenen Phextempel, denn erinnerte ich mich, dass die Vorsteherin Neetya Triffon,<br />

ebenfalls geheimes Mitglied im Orden war.


Doch diese war leider irgendwo in der Stadt unterwegs, nur ein dummer Novize war anwesend. Da dieser prompt<br />

unfähig war, die Schatzkammern zu öffnen, brachten wir das Auge in den Weinkeller und versteckten es hinter<br />

zwei Weinflaschen, denen Arwed den hinteren Teil abschlug, so dass ein „zufälliges Entdecken“ möglichst<br />

ausgeschlossen sein würde. Ich überlegte kurz, ob ich den Widerwille-Cantus auf das Auge sprechen sollte, doch<br />

da ich diesen nur unzureichend beherrsche und er gegen Dämonen oder Daimonoide daher praktisch nutzlos sein<br />

würde, verwarf ich diesen Gedanken wider… verdammt! Im Nachhinein hätte ich mir viel Ärger ersparen können,<br />

wenn ich nicht nur an dämonische Gegner, sondern auch an mundane gedacht hätte!<br />

Wie dem auch sei. Wir verpflichten den Novizen zu Verschwiegenheit und machten uns sofort auf den Weg zum<br />

Luftschiff, denn Kholak-kai schwebte nun bereits fast über dem Zentrum Gareth’s - und wir hatten noch eine<br />

Mission, die weit wichtiger war, als die Rettung des Auges. Vermutlich würden unsere Gefährten bereits unruhig<br />

und ungeduldig auf uns warten, wenn sie nicht womöglich ohne uns losgeflogen wären… ach nein, lächerlich…<br />

Arwed war mit Sicherheit der Einzige, der den Adler fliegen konnte - abgesehen vom unglücklichen Nestel - und<br />

der war ja sicher im Karzer eingesperrt…<br />

Als wir beim Adler ankamen, stellte ich fest, dass die Gefährten noch nicht <strong>von</strong> der Nekropole zurückgekehrt<br />

waren! Da die Zeit drängte, ließen wir das Luftschiff ins Freie schieben und begannen es startklar zu machen.<br />

Doch als wir endlich alles soweit fertig hatten, war immer noch keine Spur <strong>von</strong> unseren Gefährten zu sehen.<br />

Verdammt! Sollten wir etwa alleine losfliegen?! Arwed und ich alleine gegen Galotta’s Dämonengarde? Mir<br />

lief es kalt den Rücken hinunter! „Wir warten noch 5 Minuten!“, sagte ich zu Arwed - und er nickte. Nach<br />

Ablauf der Zeit, waren wir immer noch alleine… Was sollten wir tun…? Panthergardisten mitnehmen? Doch<br />

mein Gefühl sagte mir, dass wir ohne Lothar, Valen und nicht zuletzt den mächtigen Gjalskarländer Yuchdan,<br />

meinen alten Freund, scheitern würden.<br />

Also warteten wir weiter - und die Minuten fühlten sich an wie Stunden. Sollten wir ihnen entgegenfliegen? Doch<br />

was, wenn wir sie verpassen würden, weil wir die eine, sie die andere Strasse entlang kämen? Über den Häusern<br />

fliegen? Noch während ich grübelte, kamen sie endlich die Strasse entlang gehetzt.<br />

Irgendetwas war geschehen, draußen bei der Nekropole, ich konnte es in ihren Augen sehen. Zwar hatte Valen<br />

durch den „Stab des Vergessens“ den schwarzen Drachen Rhazzazor vertreiben können, doch zu welchem Preis?<br />

Während Valen und Yuchdan in die Pedale traten, um die Propeller zu bewegen, ergriff Arwed das Steuer,<br />

ist er doch der Einzige <strong>von</strong> uns, der sich annähernd damit auskennt, ein derartiges Gefährt zu lenken. Ich ergriff<br />

Valen’s Standarte, deren Gardianum uns hoffentlich heil bis nach Kholak-kai bringen würde. Lothar nahm seinen<br />

Kriegsbogen, um uns etwaige kleinere Angreifer vom Hals zu halten. - Immerhin waren seine Pfeile mit<br />

Waffenbalsam behandelt, und daher auch gegen Dämonen wirksam.<br />

Zuerst gewannen wir nur langsam an Höhe, doch dann ging es immer steiler nach oben. Mühsam bekämpfte ich<br />

die aufkommende Übelkeit. „Jetzt nur nicht nach unten sehen!“, sagte ich mir immer wieder. Dann zwang ich mich,<br />

an meinen Flug aus Kholak-kai zu denken, und daran wie „frei“ ich mich gefühlt hatte, als ich zu Boden<br />

schwebte… und tatsächlich, die Höhenangst verging. Arwed lenkte den Adler in großen Spiralen, um genügend<br />

Höhe zu bekommen, so dass wir auf der fliegenden Festung würden landen können.<br />

Dann hatte der Feind uns erspäht: Drei untote Riesenalken nahmen Kurs auf unser Luftschiff. Lothar schoss


einen Pfeil auf einen <strong>von</strong> ihnen, doch er bewirkte nur wenig. Schnell aktivierte ich die Gardianum-Standarte und<br />

versuchte dann einen der untoten Vögel mit einem Ignifaxius zu verscheuchen, doch da ich meine Kräfte für<br />

stärkere Gegner aufsparen wollte, bewirkte auch dies nur wenig. Stattdessen traf mich einer der Vögel mit einem<br />

Stein! Valen hingegen zauberte einen beweglichen Fortifex - und prompt krachte einer der untoten Riesenalken<br />

dagegen, und stürzte daraufhin ab. Ein zweiter, dem es gelang auf unserem Luftschiff zu landen, wurde kurzerhand<br />

<strong>von</strong> Arwed erschlagen. Auch der dritte schließlich wurde Opfer <strong>von</strong> Valen’s unsichtbarem Schild: denn auch er<br />

krachte dagegen und stürzte ab.<br />

Wir bekamen jedoch keine Gelegenheit, uns erneut zu sammeln, denn schon stießen drei Irrhalke auf uns nieder.<br />

Lothar erwischte einen mit seinem Pfeil, doch Yuchdan traf daneben. Wütend schlugen die Irrhalken auf unseren<br />

Gardianum-Schild ein, der uns zumindest einige Augenblicke Luft verschaffte, bevor er zerbarst.<br />

Lothar schrie einem der Irrhalken eine Herausforderung in Praios’ Namen entgegen - und schlug Araschar<br />

gegen sein Schild. Noch während der silbern-helle Klang des heiligen Schwertes erklang, rief er laut nach dem<br />

Greifenfürsten Obaran, ganz wie uns dieser in seinen letzten Worten geheißen hatte. Und tatsächlich, schossen<br />

hellste Lichtstrahlen <strong>von</strong> Araschar aus in den Himmel - ich bin sicher sie reichten durch die Sphären bis nach<br />

Alveran und die Greifen kamen, neun an der Zahl!<br />

Wütend stürzten sie sich auf ihre Erzfeinde, die Irrhalken, doch zu spät: Einer der Irrhalke hatte unseren Schild<br />

durchbrochen und riss ein 1-Schritt großes Loch in die Hülle unseres Ballons. Ich zauberte einen Ignifaxius auf<br />

diesen Irrhalk, während Valen einen anderen auf’s Korn nahm, doch wir bewirkten wenig. Schnell aktivierte ich<br />

die neue Ladung in meinem Schutz-Artefakt, nun da unser großer Gardianum-Schild zerstört war.<br />

Während der Adler langsam ins Trudeln geriet, kämpfte Lothar gegen einen der Irrhalken, der auf unserem<br />

Luftschiff gelandet war. Araschar hinterließ furchtbare Wunden, doch der Irrhalk war ein mächtiger Gegner.<br />

Zusammen mit Yuchdan stellte ich mich einem weiteren Irrhalken, der sich auf uns stürzte. Noch während wir<br />

uns bereit machten, wurden Yuchdan und ich <strong>von</strong> Pfeilen getroffen, die wohl aus Kholak-kai abgefeuert worden<br />

waren. Lothar konnte sich zu seinem Glück rechtzeitig hinter seinen Schild ducken.<br />

Da geschah es: als er einem Schlag des Irrhalken ausweichen wollte, verlor Yuchdan sein Gleichgewicht und<br />

stürzte über Bord! Während Arwed ihm kurzerhand nachsprang, denn er hatte sich als einziger <strong>von</strong> uns<br />

wohlweislich und rechtzeitig angebunden, verwandelte Valen seinen Stab in ein Seil und erwischte Yuchdan am<br />

Bein! Doch er war zu schwach, den schweren Yuchdan zu halten - und so stürzten nun Yuchdan und Valen’s<br />

Stab dem Dereboden entgegen. Arwed, dem es nicht gelungen war, Yuchdan zu erwischen, sah sich nun kopfüber<br />

mit einem Irrhalken konfrontiert, der ihn unvermittelt angriff.<br />

Währenddessen versuchte ich Valen gegen den Irrhalken zu helfen, doch obwohl dieser seine letzte Sphingen-<br />

Träne zu sich nahm, wurde er vom Dämon umgeschlagen. Dann erwischte mich der Irrhalk. Mit meinem<br />

Stockdegen konnte ich auch wenig gegen ihn ausrichten. Seine glühenden Federn rieselten auf mich hernieder, doch<br />

Hesinde sei Dank, schützte mich mein Gardianum-Schild vor größerem Schaden, auch wenn er dabei ebenfalls<br />

zerbarst.<br />

Da der Adler nun unweigerlich am Abstürzen war, nahmen wir alle dankbar das unglaubliche Angebot der<br />

Greifen an, auf ihnen reiten zu dürfen! Tatsächlich erlaubten sie sogar den Gebrauch <strong>von</strong> Magie, während wir auf<br />

ihnen saßen! Hätte ich das nicht mit eigenen Augen und Ohren gesehen und gehört, so würde ich es nicht glauben<br />

können! (Besonders nach dem Zusammentreffen mit dem Greif in der schwarzen Sichel!)<br />

Während wir uns in den Luftkampf mit den Greifen stürzten, sah ich nach unten und zu meiner großen<br />

Erleichterung konnte ich sehen, dass Yuchdan genau auf einen fliegenden Teppich gestürzt war - und es ihm gar


gelungen war, sich dort festzuhalten. Der Magier, der auf demselben allerdings auf unserer Seite gekämpft hatte,<br />

war dabei fortgeschleudert worden und abgestürzt. Schnell ging ich durch, welche Magier ich kannte, die einen<br />

fliegenden Teppich besaßen. Mir fiel nur Thomeg Atherion ein, aber der konnte es nicht sein… oder etwa doch?<br />

Jedenfalls war es Yuchdan mit einem gewagten Flug-Manöver sogar gelungen Valen’s Zauberstab aufzufangen,<br />

was sehr glücklich ist, denn wie sich später herausstellte, beherrscht Valen weder das Apport-Ritual, noch hat er<br />

es auf seinen Stab gebunden…<br />

Dann sah’ ich etwas Außergewöhnliches: Auf dem Pentagon-Tempel der Hesinde erschien das Gesicht Rohals<br />

und er sprach: "Dies ist der Wille Rohals! Nicht heut! Nicht an diesem Ort! Fahrt zur Hölle!" Daraufhin<br />

neigte eine der Blutulmen, die rings um den Tempel gepflanzt waren, ihre Krone und schleuderte ihre Blätter<br />

gegen einen der Irrhalken, der daraufhin wie in einem Feuerball zerplatzte und vernichtet wurde!<br />

Wir schauten uns nach einem geeigneten Landeplatz um, doch mussten wir feststellen, dass der gesamte obere<br />

Teil Kholak-kai’s <strong>von</strong> einem riesigen Fortifex geschützt wurde. Doch waren die Ecken der stilisierten<br />

Dämonenkrone mit ihren Bastionen außerhalb dieses Schutzes. Also flogen wir einen dieser Geschütz-Stände an.<br />

Während wir zum Landeanflug ansetzten, konnte ich sehen, wie unten das Magnus Opus des Weltenbrandes<br />

begann, wie wir es schon in Wehrheim erlebt hatten!<br />

Mit einem mächtigen Ignisphaero, der abgesehen <strong>von</strong> der Vernichtung einiger Geschütze und deren Mannschaften<br />

auch noch einige Fässer Hylaler Feuer zum explodieren brachte, machte Valen den Weg frei für eine<br />

ungefährdete Landung.<br />

Die Greifen setzten uns ab, Yuchdan wurde förmlich <strong>von</strong> seinem Teppich abgeworfen, der daraufhin schnellstens<br />

flüchtete. Nachdem Lothar den letzten Irrhalken erschlagen hatte, löste sich Araschar, die heilige Klinge<br />

Silem Horas’, vor unseren Augen in Licht auf!<br />

Dann sprach Obaran zu uns. Er war schwerstverletzt und hatte mit Lothar auf seinem Rücken mehrere Irrhalke<br />

vernichtet: „Es wird dereinst wiederkehren, vielleicht, wenn die Menschen wieder einen wahren Kaiser haben. Ich<br />

werde sterben, doch das ist ein geringer Preis, wenn dafür das Menschenreich, dem ich so lange diente, bestehen<br />

wird. Eines habe ich gelernt, als ich erneut das Licht Alverans schauen durfte. Es ist nicht mehr meine Heimat.“<br />

Dann setzte er seine Gefiederkrone ab und verwandelt sich in seine menschliche Gestalt.<br />

„Es ist nicht mehr meine Heimat, ich habe mich schon vor Jahrtausenden entschieden, zu den Sterblichen gehören<br />

zu wollen. Und als solcher werde ich mein Leben beenden. Ihr habt so vieles, was wir Götterboten schon seit<br />

Äonen vergessen haben. Nehmt meine letzte Kraft und geht - findet diesen Galotta, der Kaiserreich, Alveran<br />

und Weltgesetz herausfordert. Kämpft um das anbrechende Zwölfte Zeitalter, dem ihr gehört. Ob es aber euch<br />

gehört müsst ihr erst noch beweisen!“<br />

Seine Hand in unseren wurde warm und in Schüben ging seine Kraft auf uns über. Dann brach sein klarer<br />

Blick und er war tot.<br />

Still standen wir da und gedachten Obaran, seinen letzten Worten und der Aufgabe die vor uns lag. Jeder betete<br />

im Stillen zu den Göttern, die ihm nahe standen um das Gelingen unserer Mission. Waren wir also wider<br />

Erwarten auf Kholak-kai gelandet, nun stand uns der 2. Teil unserer Mission bevor.


Wir zogen uns Uniformen der Soldaten Galotta’s an und benutzten alle Artefakte und Zauber, die wir<br />

mitgebracht hatten:<br />

• Arwed seinen Armatrutz-Ring,<br />

• Valen das Attributo-Artefakt, das seine Gewandtheit erhöhte,<br />

• Ich benutzte das Psychostabilis-Artefakt,<br />

• Aus seinem Stab aktivierte Valen Körperkraft-steigernde Attributo’s für Arwed, Yuchdan & Lothar,<br />

• Aus meinem Stab aktivierte ich die beiden Psychostabilis-Zauber für Yuchdan und Arwed.<br />

Sie alle hielten mindestens eine Stunde und wir wussten, dass wir weit weniger Zeit hatten. Unter uns tobte der<br />

Weltenbrand, und <strong>von</strong> Wehrheim wussten wir, dass nach der pervertierten Luft, Humus, Feuer und Erz folgen<br />

würden. Was dem Sturm und den niederhöllischen Ranken würde Stand halten können, fände mit Sicherheit sein<br />

Ende in Feuer und Erdbeben. Wir hatten höchstens eine halbe Stunde, bis es soweit wäre. - Und eines war<br />

sicher, das Schicksal Gareth’s lag nun allein in unserer Hand! NEIN, es würde kein 2. Wehrheim geben,<br />

schwor ich mir!<br />

Gerade als wir los wollten, stellte sich heraus, dass Valen noch einen Astral-Trank in seinem Besitz hatte! Da<br />

ich meine Tränke in der neuen Residenz bereits aufgebraucht hatte, nur noch über einen Bruchteil meiner vollen<br />

Kraft verfügte und im Gegensatz zu ihm, im Kampf Mann-gegen-Mann nur wenig tauge, überließ er mir den<br />

Trank. Hesinde sei Dank, stellte der Trank meine volle astrale Kraft in kurzer Zeit wieder her!<br />

Schnell eilten wir unter Führung Arweds, der die Pläne der Festung ausgiebig studiert hatte, durch die dunklen<br />

Gänge und Flure. Das Innere Kholak-kai’s war unbeschreiblich. Meist hatten wir das Gefühl eher durch die<br />

Eingeweide eines lebenden, gewachsenen Organismus zu laufen, als durch eine Festung aus Stein und Eisen!<br />

Immer wieder mussten wir Trupps feindlicher Soldaten ausweichen, nicht wenige <strong>von</strong> ihnen hatten Beutegut dabei.<br />

Einer der Soldaten trug gar einen echten Seemond, den ich vor wenigen Tagen noch in der neuen Residenz hatte<br />

hängen sehen! Immer tiefer gelangten wir in die fliegende Stadt. Mehrmals warnte mich nur mein Instinkt vor<br />

Entdeckung, denn obwohl wir Uniformen des Feindes trugen, so wollten wir doch so wenig Aufmerksamkeit wie<br />

möglich auf uns ziehen.<br />

An einer Weggabelung stießen wir auf einen Wächterdämon, einen Gotongi. Nach kurzer Beratung, stapften<br />

wir frech im Gleichschritt an dem fliegenden Ding vorbei. Ich hob die Hand zum Gruße und zum Glück nahm es<br />

keine weitere Notiz <strong>von</strong> uns. Yuchdan machte „Bekanntschaft“ mit einem metallischen, sechsbeinigen Hund, der<br />

zuerst nur an ihm schnüffelte, und ihm dann wie ein „normaler“ Hund nachlief. Um keine Aufmerksamkeit zu<br />

erregen, ließen wir den Hund vorerst gewähren, doch als wir an eine Stelle kamen, an der Vitriol aus einer Art<br />

pulsierender „Ader“ tropfte und ein Loch in den Fußboden geätzt hatte, nutzte Lothar die Gelegenheit und als<br />

Yuchdan gerade nicht hinschaute, gab er dem Metallhund einen Tritt, so dass dieser jaulend im Loch<br />

verschwand.<br />

Weiter ging’s an einer der Abflugkammern der Karakilim vorbei. Wir konnten zusehen, wie einer der „Wärter“<br />

<strong>von</strong> einem tobenden Karakil zermatscht wurde. Kein schöner Anblick, aber wer sich freiwillig mit Dämonen<br />

einlässt, hat es auch nicht anders verdient.<br />

Viel schlimmer war unsere nächste Begegnung: Mit zusammengebissenen Zähnen und unterdrückter Wut konnten<br />

wir nur untätig zusehen, wie 10 Gardisten eine 5-köpfige Familie, darunter auch Frau und Kinder in Richtung<br />

der Blutkammern schleiften. Doch unsere Mission war zu wichtig, als dass wir uns jetzt einen Kampf mit


diesen Gardisten liefern konnten. So mussten wir denn ohnmächtig diese Menschen opfern, um Tausende in Gareth<br />

zu retten. Zwar ein kleiner Preis, doch wenn man erst einem Opfer ins Auge gesehen hat, die Panik, die Angst<br />

förmlich riechen kann, so wird man diesen Augenblick niemals vergessen. Auch ich nicht. „Galotta, Du<br />

Ausgeburt der Niederhöllen, es wird Zeit, dass wir Dich ein für alle Mal zur Strecke bringen“. Immer wieder<br />

sagte ich mir dies und ähnliches, damit ich die sich entfernenden Schreie der Opfer vergessen konnte.<br />

Dann war es doch soweit kurz, bevor wir unser Ziel erreicht hatten, wie Arwed mitteilte, liefen wir 4 Magiern in<br />

die Arme. Wie auch immer sie es geschafft hatten, aber sie erkannten uns sofort als Eindringlinge und schrieen<br />

lauthals Alarm. Ich verstärkte zuerst meinen Willen, um mich gegen Beherrschungszauber zu wappnen, es<br />

mochten vielleicht Schüler Galotta’s sein, der trotz allem als der mächtigste Beherrschungsmagier unserer Zeit<br />

gilt.<br />

Während sich Yuchdan, Lothar und Arwed auf die Magier stürzten, wirkte ich einen Silentium, um die<br />

Kampfgeräusche und die Alarmrufe zu unterdrücken. Der älteste der Magier, schätzte uns wohl als einziger der<br />

vier richtig ein, denn er transversalisierte noch ehe ihn einer unserer Kämpfer niederstrecken konnte. Dafür tötete<br />

Yuchdan bereits mit seinem ersten Hieb einen der Adepten, während Lothar einen im vorbeirennen erwischte.<br />

Arwed konnte ob des engen Ganges nicht sofort in den Kampf eingreifen und wir mussten untätig zusehen, wie der<br />

3. Magus einen Tlacus Odem wirkte. Peraine sei Dank, befanden Valen und ich uns weit genug entfernt, so<br />

dass nur Yuchdan, Lothar & Arwed im Wirkungsbereich standen. Yuchdan wurde auch prompt vom Zauber<br />

würgend umgeworfen, doch die niederhöllische Gestankswolke beeindruckte Lothar & Arwed nicht im Mindesten.<br />

Dies hängt sicherlich mit ihren beinträchtigen Geruchsinnen zusammen, die sie der andauernden Arbeit an Esse<br />

oder in Rüstung verdanken. Danach wandte er sich um, um zu flüchten.<br />

Ich zauberte ich einen Blitz auf diesen, um ihn sowohl am zaubern, als auch am flüchten zu hindern, doch sein<br />

Widerstand war beachtlich, und so bewirkte der Zauber nur wenig. Während Lothar den 2. Magus erschlug,<br />

sprang Arwed über den gefallenen Yuchdan hinweg, um dem 3. Magus nachzusetzen, denn dieser rannte beherzt<br />

da<strong>von</strong>. Valen zauberte einen Axxeleratus auf Arwed und so konnte dieser den flüchtenden Magus problemlos<br />

einholen und ohne weiteren Widerstand erschlagen.<br />

Dann endlich standen wir vor der Tür zum Thronsaal! Es war ein großes Portal, tief im Innern Kholak-kai’s<br />

und deutlich mit Agrimoth-Zeichen versehen. Bevor wir hineinstürmten, wollte ich mich zuerst ansehen, was uns da<br />

erwarten würde. Deshalb lehnte ich mich mit dem Kopf an die unheimliche Türe und wob den Penetrizzel-<br />

Cantus, damit ich hindurchsehen konnte - und bereute dies auch keineswegs!<br />

Arwed, dieser nichtsnutzige, hesinde-verlassene, Orientierungs-Legastheniker, hatte uns nicht zum Thronsaal,<br />

sondern zum eisernen Maschinenherz der Fliegenden Festung geführt!<br />

Bewacht <strong>von</strong> mehreren Eisengolems und anderen Truppen stampfte und rumorte es dort drinnen, der Mechanicus<br />

Leonardo fummelte an einem der Apparate herum, doch <strong>von</strong> Galotta war keine Spur zu sehen.<br />

Wütend packte ich Arwed am Kragen und schrie ihn an, ob er den Plan denn falsch herum gehalten hatte, und<br />

was ihm eingefallen sei… doch er war nur völlig verdattert und schaute mich aus verständnislosen Kulleraugen<br />

unschuldig an. Glücklicherweise hatten wir die Pläne mitgebracht, so dass wir sie nun herauszogen, um uns neu zu<br />

orientieren. Aves war wohl mit uns, denn wir fanden schnell unsere Position und stellten fest, dass es nur wenige<br />

hundert Meter entfernt eine Wendeltreppe gab, die uns bis direkt vor den Palast Galotta’s bringen würde, doch<br />

wir waren mindestens 400 Schritt tiefer.<br />

Da ich mir sofort darüber im Klaren war, dass ich die 400 Höhenschritt in der engen Wendeltreppe niemals


aus eigener Konstitution würde hochsteigen können, blieb ich etwas zurück und zauberte den Movimento-Cantus.<br />

Ohne im mindesten angestrengt zu werden, stieg ich den anderen nach und nach vielleicht 75 Höhenschritt stieß ich<br />

auf Yuchdan, der jappsend ohnmächtig zusammengebrochen war. Nachdem ich einige Minuten gewartet hatte und<br />

er wieder einigermaßen zu sich gekommen war, zauberte ich auch auf ihn einen Movimento und gemeinsam eilten wir<br />

unseren Gefährten nach.<br />

Wir holten die anderen nach vielleicht 150 Höhenschritt ein, auch Arwed, Lothar & Valen waren am Ende<br />

ihrer Kräfte angelangt. Valen verstärkte seine Konstitution mit einem Attributo, danach eilten wir weiter. Ich<br />

weiß nicht, wie lange wir brauchten, bis wir endlich oben anlangten, aber ohne den Movimento, hätte ich das<br />

nimmermehr geschafft. Heil Dir, Llevandor Schattensucher, dass Du mir diesen Zauber beibrachtest, auch wenn<br />

ich ihn nur schwer lernen konnte, so hat er mir doch das eine um’s andere Mal das Leben gerettet!<br />

Wir kamen in einem Hinterhof in nächster Nähe zum Palast inmitten Kholak-kai’s ans Tageslicht. Zwei<br />

Möglichkeiten boten sich uns, zu Galotta vorzudringen:<br />

Zum ersten direkt, die sich nach oben verjüngende Treppe, mit 353 steilen Stufen empor zum Hauptportal seines<br />

Palastes, auf denen insgesamt nicht weniger als 12 eiserne Golems Wache standen.<br />

Zum zweiten gab es einen, mittels Widerwille verborgenen „geheimen“ Weg, denn Valen konnte ihn nicht sehen<br />

(er hatte als einziger keinerlei Verstärkung für seine Resistenz gegen Einfluss-Magie), den so genannten „Weg<br />

der Rache“.<br />

Da die Karten der Festung verschiedenste Fallen anzeigten, dazu insgesamt vier „Kammern des Schmerzes“,<br />

jeweils für eines der agrimoth-pervertierten Elemente (Luft, Humus, Feuer & Erz) aber nicht worum es sich<br />

dabei genau handelte, beschlossen wir den direkten Weg zu nehmen. Außerdem hatten wir aufgrund Arwed’s<br />

schlechter Führung und mit dem Treppensteigen schon viel zu viel Zeit vergeudet.<br />

Also rannten wir auf die Treppe zu und hinauf. Gut, dass mein Movimento noch nicht ganz verbraucht war. Phex<br />

war mit uns, denn wir konnten den ersten 10 Golems problemlos ausweichen und sie umlaufen. Doch dann stellte<br />

sich uns No #11 in den Weg und es gab keine Möglichkeit drum herum, ohne nicht in seine Reichweite zu<br />

gelangen. Arwed, Yuchdan und Lothar gingen darauf hin in den Nahkampf über, so dass Valen & ich an ihm<br />

vorbeirennen konnten. Im 3. Anlauf klappte das bei mir dann auch endlich, denn die anderen 10 hatten bereits<br />

bedrohlich zu uns aufgeholt!<br />

Wir rannten weiter nach oben, 11 Eisengolems im Schlepptau, die zum Glück nur langsam die Treppe hochsteigen<br />

konnten, dann stellte sich uns No #12 in den Weg. Wir versuchten ein Seil über den Golem zu werfen, um ihn<br />

zu Fall zu bringen und ihn die Treppe hinunter zu stürzen, in der Hoffnung, dass er einer Eisenlawine gleich<br />

seine Brüder mitreißen würde, doch der Trick misslang, stattdessen zog er Arwed und Yuchdan in seine<br />

Reichweite. Da er mich nicht beachtete, aktivierte ich den „Hammer des Magus“ in meinem Stab und tippte ihn<br />

<strong>von</strong> hinten an. Es klappte, er wurde <strong>von</strong> immenser Kraft an eine Wand geschleudert; wir nutzten die Gelegenheit,<br />

schnell vorbeizurennen und kamen endlich oben vor einem riesigen, steinernen Tor an, in dem ein ellenlanges<br />

Schloss prangte.<br />

Während hinter uns die Golems immer höher stiegen, begann ich den Foramen-Cantus, denn einen Golemarm, wie<br />

er sicherlich als Schlüssel benötigt würde, konnten wir kaum beschaffen.<br />

Kläglich misslang mein erster Versuch. Verdammt, das Tor war zusätzlich mit einem Claudibus-Cantus<br />

verschlossen. Selbst der misslungene Zauber kostete mich über ein Viertel meiner gesamten astralen Kraft!


Lothar gab mir mal wieder zu verstehen, dass ich zu nichts nütze sei und mal wieder im entscheidenden Augenblick<br />

versagt hätte! Wie kann er es wagen! Mich, der ich ihn vom sicheren Tode gerettet hatte, mich, der ich mein<br />

gesamtes Leben in den Dienst des Reiches gestellt hatte, mich derart zu beschimpfen und zu beleidigen. Warte<br />

nur Ritter, wenn Du demnächst wieder in Deinem Blute am Boden liegst und meine Heilkräfte benötigst…<br />

dann…<br />

Mit zusammengebissenen Zähnen, verbannte ich meine Wut nach unten. Ich wusste, ich hatte zu wenig Kraft.<br />

Ich ließ mir Zeit, machte meinen Geist leer, konzentrierte mich auf das Schloss, dann begann ich den Zauber.<br />

Tief in meinem Inneren zerriss ich die Grenze zwischen astraler Kraft und Lebenskraft und speiste den Zauber<br />

mit meinem Blut.<br />

Ich würde diese Türe öffnen und wenn es das Letzte ist was ich tue, schwor ich mir. Blut lief mir aus Augen,<br />

Nase, Mund und immer weiter, während ich krampfhaft die schwindende Konzentration auf das Schloss<br />

aufrechterhielt. Nur noch ein klein wenig mehr Kraft … dann wurde es Nacht um mich, doch als ich in Boron’s<br />

Arme fiel, hörte ich das Klicken des Schlosses und das Kratzen der Türen, als sie sich öffneten. „HA,<br />

Lothar, Du Lästermaul, habe ich Dir doch gezeigt, dass ich…“, waren meine letzten Gedanken.<br />

Als ich wieder zu mir kam, lag ich vor der offnen Türe, Valen hatte mir, wie er sagte, meine letzte Sphingen-<br />

Träne in den Mund geschoben und ich konnte förmlich fühlen, wie sich Leib und Geist erholten! Nach wenigen<br />

Augenblicken, war ich stark wie eh und je!<br />

Nun war es also soweit, wir standen kurz davor, Gaius Cordovan Eslam Galotta, Reichsverräter, selbst<br />

ernannter „Dämonenkaiser“ und Herr über Transysilien, Träger des AGM-Splitters, Blakharaz-Paktierer<br />

und größter Beherrschungsmagier Dere’s, gegenüber zu treten. Endlich konnte ich zu Ende bringen, worin ich vor<br />

vielen Jahren auf der Insel im Ochsenwasser versagt hatte.<br />

Bevor wir eintraten, tranken wir alle unsere Ampullen mit dem Rotkappen-Willenstrunk. Nun, Galotta, werden<br />

wir sehen, ob Du uns Deinen Willen wirst aufzwingen können!<br />

Durch ein Spalier schwarzer Kutten, rotglühender Augen, ein jeder mit Schwert und Peitsche bewaffnet,<br />

schritten wir auf den Herrn Kholak-kais hinzu. Heshthotim, über 100 an der Zahl, wie ich schnell überschlug.<br />

Nein mit brachialer Gewalt konnten wir hier nichts gewinnen, soviel war gewiss.<br />

Langsam schritten wir auf den weit entfernten Thron zu, die Waffen fest umklammert. Vor dem Thron war ein<br />

großer Bereich des Bodens wie ein riesiges Fenster verzaubert, man konnte dort sehen, wie der Weltenbrand<br />

über Gareth tobte. Gerade hatte Kholak-kai begonnen, dämonisches Feuer über der Capitale abzuwerfen.<br />

Galotta, in seiner Selbstherrlichkeit, ließ uns bis auf 7 Schritt herankommen, dann erst stellte sich uns eine Reihe<br />

der Kuttendämonen in den Weg. Der Rotschädel saß auf seinem steinernen Thron, die Hände jeweils auf einer<br />

schwarzen Metallkugel, mit denen er offensichtlich die Festung steuerte.<br />

Auf seinem Kopf hatte er die Dämonenkrone! Mir wurde ganz flau, würden wir obsiegen können, was wenn die<br />

Rotkappen-Tränke nicht wirksam waren?<br />

Neben seinem Thron stand Dexter Nemrod, offensichtlich <strong>von</strong> Galotta beherrscht. Auch er trug einen Gurgulum<br />

um den Hals. Ich starrte in seinen Augen, ob er mich erkennen würde, doch sie waren leer wie <strong>von</strong> einer Puppe.<br />

Nein, der Baron würde uns nicht mehr helfen können. Es lag an uns, an uns allein.<br />

Zumindest hatte der arrogante „Dämonenkaiser“ keine weiteren, mundanen Leibwächter, die sich uns entgegen


werfen konnten. Nun gut die 2 Kompanien Heshthotim sollten auch für jedwede „normale“ Bedrohung<br />

ausreichen. - Wir waren aber keine „normale“ Bedrohung, das würde Galotta schon noch merken!<br />

Er bekundete uns seinen „Respekt“, dass wir bis zu ihm hier vorgedrungen seien und wollte wissen, ob wir ihn nun<br />

ermorden, oder uns ihm anschließen wollten. Wie bei allen Größenwahnsinnigen, verspürte er den göttergegebenen<br />

Drang, sich, sein Tun, sein Streben und letztendlich auch sein Verlangen zu erklären, anstatt sofort seine<br />

Dämonengarde auf uns zu hetzten!<br />

Dies sollte ihm zum Verhängnis werden, soviel war gewiss!<br />

Es begann das höfliche Parlieren, bei dem man sich möglichst eloquent gegenseitig beleidigt, um herauszufinden,<br />

welche Seite zuerst die Kontenance verliert. Während wir redeten, hielt ich meinen Stock mit der linken Hand<br />

und ergriff mit der Rechten in meiner Tasche das Artefakt, das eine (hoffentlich große) Anzahl Heshthotim<br />

vernichten sollte. Tatsächlich gelang es uns, einige Antworten <strong>von</strong> Galotta zu bekommen! Anscheinend führte er<br />

all sein Tun auf seine unerwiderte, gar verspottete Liebe zur verhüllten Zauberin Nahema zurück! Bei Rahja,<br />

das alles wegen einer Frau?!<br />

Ich muss gestehen, der Erste, welcher keine Lust mehr hatte, um den heißen Brei herumzureden war einer meiner<br />

Kameraden: Arwed. Genervt <strong>von</strong> zuviel Geschwafel stapfte er auf den Thron und die Heshthotim zu. Galotta’s<br />

Reaktion ließ nicht lange auf sich warten: „IMPERAVITE ANIMI“ sprach er auf uns seine Meisterformel der<br />

Beherrschung. Tatsächlich zeigte sie auch Wirkung! Allerdings nur bei Arwed, bei dem der Rotkappentrunk<br />

aufgrund des Heiltrankes, den ich ihm in der neuen Residenz gegeben hatte, neutralisiert worden war. Ich selbst,<br />

und auch meine restlichen Gefährten, spürten nur eine starke geistige Berührung, die aber wirkungslos an meinem<br />

Geiste abglitt.<br />

Ungläubig starrte Galotta auf Lothar, der unbeirrt seinen Kriegsbogen spannte und auf ihn anlegte, ich selbst<br />

aktivierte mein Schutzamulett. Lothar’s Pfeil des Wassers sirrte auf Galotta zu, doch im letzten Augenblick<br />

warf sich ein Heshthot dazwischen und zerplatzte!<br />

„Halte sie auf!“, befahl Galotta seinem „Diener“ Dexter Nemrod, der sich auch folgsam in Bewegung setzte<br />

und emotionslos sein Schwert zog.<br />

Während ich mit der rechten Hand das Artefakt auf den Boden zwischen uns und dem Thron, genau vor die<br />

Heshthotim, die uns den Weg versperrten, warf, stieß ich Yuchdan mit meinem Stock an, und aktivierte aus<br />

meinem Stabspeicher einen der Duplicatus-Zauber. Zwar würde dieser gegen die Heshthotim nichts nutzen, aber<br />

vielleicht gegen Galotta. Immerhin waren die Chancen, dass Galotta bei 2 Doppelgängern den falschen Yuchdan<br />

erwischen würde ganz gut - falls der Zauber überhaupt wirkte.<br />

Während insgesamt sechs Heshthotim <strong>von</strong> meinem Artefakt vernichtet wurde, schrie Yuchdan irgendetwas wie<br />

„Zweifle!“, aktivierte seinen Axxeleratus-Ring und sprintete dann mit enormer Schnelligkeit Richtung Thron.<br />

Ungläubig starrte ihn Galotta an, und tatsächlich: Zweifel stahl sich in seinen Blick!<br />

Lothar versperrte dem Baron den Weg, der fast sein gesamtes Kampfgeschick eingebüßt zu haben schien.<br />

Valen begann einen Ignifaxius-Zauber, Yuchdan vernichtete im Vorbeilaufen einen der Heshthotim mit einem<br />

einzigen Schlag seiner Barbarenstreitaxt. „Töte ihn!“, befahl Galotta Arwed, der sich daraufhin auf Valen<br />

stürzte und diesem prompt eine Wunde beibrachte.<br />

Gleichzeitig erreichte Yuchdan den Dämonenkaiser und bereits sein erster Schlag durchdrang den unglaublich<br />

starken Armatrutz, der jedwede „normale“ Waffe wirkungslos gemacht hätte, doch der wilden Kraft des<br />

Barbaren war er nicht gewachsen. „Höllenpein“, befahl Galotta und berührte Yuchdan am Arm, doch ungläubig


musste er sehen, dass sein Zauber abermals keine Wirkung zeigte!<br />

Ich nutzte die kurze Zeit, um die Glaskugel mit dem goldenen Bannstaub auf Galotta zu werfen. Wenn ich ihn<br />

treffen würde, würde ihm das hoffentlich alle magische Kraft rauben, so dass er weder Angriffs-Zauber sprechen,<br />

noch tranversalisieren könnte! Doch ein Heshthot zerschlug die Glaskugel mit seinem Schwert. Gleich wohl<br />

wurden er und ein weiterer dafür vom Goldstaub vernichtet!<br />

Dann holte Yuchdan zum zweiten Male aus und mit seinem 2. Hieb tötete er den verfluchten Erzverräter!<br />

Galotta war tot - und sofort war dies spürbar zu merken: Dutzende <strong>von</strong> Artefakten gaben ihre Ladungen frei,<br />

und die Heshtotim verschwanden einer nach dem anderen - sie alle waren persönlich an den Dämonenkaiser<br />

gebunden gewesen.<br />

Die Dämonenkrone entpuppte sich als Fälschung, nur der Splitter des Agrimoth kullerte über den Boden. Der<br />

Beherrschungszauber fiel <strong>von</strong> Arwed ab und Dexter Nemrod brach in sich zusammen. Ich versuchte noch, ihm<br />

meinen vorletzten Heiltrank einzuflössen, doch es half nichts. „Ihr wart die besten Agenten, die ich je hatte.<br />

Achtet auf die Zeichen, Phex möge Euch schützen!“, waren seine letzten Worte, dann starb er in meinen Armen.<br />

Während um uns die Festung in sich zusammenstürzte, hieß ich Yuchdan dem toten Galotta den Kopf<br />

abzuschlagen, als Zeichen unserer Missionserfüllung. Lothar schnappte sich das Thronkissen Galotta’s das aus<br />

pervertiertem Humus bestand und schob den AGM-Splitter darauf. Auch dieses niederhöllische Artefakt<br />

durften wir nicht zurücklassen. Arwed sprang auf den Thron und ergriff die metallischen Kugeln und versuchte<br />

die Festung <strong>von</strong> Gareth wegzufliegen, doch alles was er bewirkte, war eine Schlagseite, dann brach eine der<br />

Kugeln ab. Weitere Trümmer <strong>von</strong> der Decke stürzten zu Boden.<br />

Durch den magischen Boden konnten wir sehen, dass zumindest der Weltenbrand gestoppt war, doch diese<br />

Festung würde abstürzen und einen Großteil Gareth’s unter sich begraben!<br />

Dann rannten wir los…<br />

Immer wieder brachen Stücke <strong>von</strong> Häusern und Gängen, ich wollte Richtung der Absprungkammern, um<br />

abermals mit einem der Fledermausflügel zu flüchten, da lief uns Leonardo, der Mechanicus über den Weg!<br />

Er führte uns zu Galotta’s Flucht-Utensil, der „Difar’s Mandel“, einer Art Boot. Dieses sollte uns aus der<br />

abstürzenden Festung „hinausschießen“. Es sah aus wie ein riesiges Insekt mit einem tropfenförmigen Körper und<br />

vier stählernen Beinen, zwei an jeder Seite.<br />

Da der Azzitai, der den Antrieb wohl hätte zünden sollen, gebannt war, sollten wir die Antriebe (jene vier<br />

Stahlbeine) <strong>von</strong> Hand zünden. Leonardo begab sich an die Steuerung; Lothar, den AGM-Splitter auf dem<br />

Kissen im Schoß setzte sich inmitten des Bootes. Während Arwed, Yuchdan und Valen jeweils eine Fackel<br />

in der Hand, auf die Beine kletterten, weigerte ich mich. „Ich bin ein Magus, kein Kletter-Affe“, sagte ich<br />

und intonierte einen Ignifaxius, um mein Rohr in Brand zu stecken. Fast gleichzeitig berührten die drei Fackeln<br />

und mein Ignifaxius die Rohre, nur Arwed war etwas zu langsam.<br />

Unglaublich schnell schossen wir aus der engen Röhre, doch das Boot hatte ob der ungleichen Zündung etwas<br />

Schlagseite. Meine Gefährten konnten sich gerade noch festhalten, dann hatten wir die Festung verlassen. Was<br />

war ich froh, dass ich mich nicht an eines der Beine klammern musste, ich wäre bestimmt abgestürzt!<br />

In hohem Bogen flogen wir im letzten Moment aus der abstürzenden Festung, kurz bevor diese am Boden<br />

zerschellte und ganze Stadtviertel unter sich begrub. Weit war unser Flug und hatte nichts mit dem sanften


Gleiten der Fledermausflügel gemein! „Die hätten wir sowieso nicht benutzen können, wir waren nicht mehr hoch<br />

genug“, meinte Leonardo lapidar…<br />

Krampfhaft hielt ich mich fest und hoffte, dass unsere Landung nicht allzu heftig sein würde. Mir war speiübel.<br />

Ziemlich unsanft krachten wir in einen kleinen See im Nordwesten Gareths. Das Wasser dämpfte unseren<br />

Aufprall, so dass wir nur böse durchgeschüttelt wurden.<br />

Lothar gelang es tatsächlich schwimmend mit einer Hand das Kissen mit dem AGM-Splitter hoch zu halten,<br />

so dass es sich nicht im Wasser auflöste - im Gegensatz zu unserem Gefährt, das sich brodelnd im Wasser vor<br />

unseren Augen zersetzte.<br />

Um den Splitter zu vernichten, legte Arwed den heiligen Ring des Ingerimm, den er bekommen hatte darauf,<br />

doch statt des Splitters wurde der Ring vernichtet! Oh, welch Verschwendung!<br />

Wir beratschlagten, was zu tun sei. Am Ende entschieden wir uns dafür, dass wir den Splitter in den Pentagon-<br />

Tempel bringen wollten. Der große Tempel der heiligen Hesinde, schien uns noch am besten geeignet, um das<br />

unsägliche Artefakt aufzubewahren.<br />

Ehrlich gesagt, hatte ich eine Scheiß-Angst vor dem Ding, und war nur froh, dass jemand so untadelig wie<br />

Lothar ihn trug… ich hoffte er würde den dunklen Kräften des Splitters standhalten können, und nicht <strong>von</strong> ihm<br />

versucht…<br />

Dann rannten wir los. Wir hatten vielleicht die Hälfte der Strecke geschafft, vorbei an getöteten Menschen,<br />

zerstörten Bauwerken, als es soweit war, dass Lothar dem Splitter nicht länger standhalten konnte. Gerade noch<br />

schaffte er es, das Ding auf den Boden zu werfen, bevor er „Mein Schaaatz!“ zu brabbeln begann und sich<br />

gehetzt umblickte.<br />

Nun war ich an der Reihe, denn weder Arwed, noch Valen oder Yuchdan mochte ich das Tragen des Splitters<br />

zumuten. Keiner sollte mit ihm in körperlichen Kontakt kommen, so wie Lothar. Ich zauberte einen Motoricus<br />

auf die Reste des Moos-Kissens, auf dem er lag und ließ ihn 7 Schritt vor mir herfliegen.<br />

Weiter rannten wir Richtung Tempel.<br />

Beiläufig nahm ich war, wie Leonardo Rufe des Entsetzens bei jedem zerstörten Brunnen oder einst schönen<br />

Gebäude, an dem wir vorbeikamen, ausstieß, die Getöteten stattdessen ignorierte er gänzlich. Oh gütige Travia,<br />

dieser Mann war wirklich zu lange an Galotta’s Hof gewesen!<br />

Kurz bevor wir den Tempel erreichten, bemerkte ich, wie der Splitter nach mir griff und meine Gedanken zu<br />

vergiften begann. Alle Schmähungen, die mir mein Lebtag angetan wurden, wühlte er aus den Tiefen meines<br />

Gedächtnisses zu Tage, führte mir vor Augen, wer mir Unrecht angetan hatte, wer mich beleidigt und so weiter.<br />

Ich benutzte die Technik des Eisernen Willens, doch allein es half nichts. Die Welt verschwamm um mich, es<br />

gab nur noch den rot pulsierenden, schwarzen Splitter, meine Schritte, die monoton in meinem Kopf hallten.<br />

Dumpf pochte der Splitter in meinem Kopf. Rachsucht, wie ich sie bisher nicht gekannt hatte, wallte in meinem<br />

Innersten auf und ich versuchte machtlos mich dagegen zu wehren.<br />

Mit zusammen gebissenen Zähnen, der Schweiß rann mir <strong>von</strong> der Stirn, erreichte ich schließlich mit letzter Kraft<br />

den Tempel. Kraftlos stolperte ich ins Innere des Tempels. Der Erzwissensbewahrer Valnar Yitskok blickte<br />

mich erstaunt an, dann viel sein Blick auf meine Gefährten, die mich unnatürlich misstrauisch beäugten.<br />

Irgendetwas stammelte ich, er nickte und brachte dann eine Holzkiste, in die ich den Splitter fallen ließ. Dann<br />

stellte er die Kiste auf den Altar.


Während der Erzwissensbewahrer den Boten des Lichts holte, versuchte ich die Dämonen in meinem Innersten,<br />

die der Splitter geweckt hatte, zu bezwingen. Doch dies gelang mir nur teilweise. Ich war einfach zu sehr<br />

geschwächt.<br />

Ich aß etwas und trank etwas, dann drohte die Müdigkeit mich zu übermannen. Ein Geweihter zeigte mir eine<br />

kleine Kammer mit einem Bett, und so wie ich war, fiel hinein und in Boron’s Arme.<br />

30. Peraine 1026 BF / 33 Hal mittags bis abends<br />

Als ich am nächsten Tag erwachte, hatte ich ausgiebig geschlafen. Die zwölfte Stunde war bereits angebrochen.<br />

Die „Nacht“ im Tempel hatte mir besonders bei der Regeneration meiner astralen Kraft gut getan.<br />

Als ich mich umgezogen hatte, begab ich mich wieder in die Haupthalle. Ich konnte gerade noch den Rest der<br />

Unterhaltung zwischen dem Heliodan und dem Erzwissensbewahrer mit anhören. Die letzten Worte des<br />

Heliodans waren: „Der Tempel ist geborsten, doch die Kirche steht noch. Es endet der Morgen der Kirche,<br />

verschlungen <strong>von</strong> Feuer, doch nicht <strong>von</strong> Finsternis.“<br />

Draußen waren die Überreste Gareth’s <strong>von</strong> Asche bedeckt. Der Dämonensplitter war inzwischen auf das 3fache<br />

seiner gestrigen Größe angeschwollen und sein dumpfes Pochen erfüllte den ganzen Tempel. Wir<br />

beratschlagten mit den Geweihten was zu tun sei. Am Ende wurde Leonardo’s Vorschlag („Patent, Patent“)<br />

angenommen: Er meinte, er sei im Stande etwas zu konstruieren, um die Kraft des Splitters auf ihn selbst zu<br />

lenken. Dazu benötigte er u.a. Blutulmenholz, Spiegel aus Bronze oder Silber und Gwen Petryl-Steine.<br />

Zusammen mit anderen machten wir uns auf, die einzelnen Bestandteile für seine Konstruktion zu beschaffen.<br />

Yuchdan und ich jedoch begaben uns als Erstes in die Alte Residenz, um dem Generalstab endlich Meldung<br />

über den „Erfolg“ unserer Mission zu machen. Den Kopf Galotta’s steckten wir auf einen Speer, und Yuchdan<br />

durfte seine Trophäe durch die Strassen des zerstörten Gareth’s tragen.<br />

Ja, wir hatten Gareth gerettet, doch zu welchem Preis? Das Antlitz der Stadt glich einem Trümmerfeld.<br />

Nichts war übrig <strong>von</strong> der einst stolzen Capitale, was ist wohl aus meinem Zimmerchen in meiner Mietskaserne in<br />

Meilersgrund geworden?! Egal, ich hatte dort sowieso kaum Habseligkeiten, deren Verlust mich schmerzen<br />

könnte. Seit meiner Rückkehr aus dem Windhag, war ich ein einziges Mal dort gewesen, um einige<br />

Kleidungsstücke zu holen, und das war noch ehe wir aufbrachen, den Ucuriaten zu suchen…<br />

Doch was wird nun werden? Reichsregentin Emer wurde vom Drachen verschlungen, Königin Rohaja, die<br />

Stolze, fiel vor Wehrheim, Dexter Nemrod starb in meinen Armen. Da lief ich nun, ich Ehrenritter des<br />

Hauses Gareth, Top-Agent des KGIA. Warum machte ich weiter? Für wen? Für was? Wir hatten<br />

Galotta gestoppt, Rhazzazor vertrieben, doch gab es noch Hoffnung? Wer war noch übrig, dem ich dienen<br />

könnte? Wer sollte nun die Geschicke des Reiches in die Hand nehmen? Hatte dies alles noch überhaupt einen<br />

Sinn?<br />

Düstere Gedanken wollten sich meiner bemächtigen, mich gänzlich verzehren, Nachwirkungen des Splitters? Dann<br />

endlich erreichten wir die Alte Residenz. Gerade als wir ankamen, waren einige Menschen dabei, die Statue<br />

Kaiser Hals wieder aufzurichten. Die Statue war fast gänzlich unbeschädigt, schön war sie wie eh und je und<br />

die feinen Gesichtszüge Hals blickten auf mich herab. Zuversicht durchströmte mich und ich wusste tief in meinem<br />

Inneren: Das Haus Gareth würde nicht untergehen. Nicht gestern, nicht heute, nicht morgen. Ich würde<br />

weitermachen, solange bis wieder einer aus dem Hause Gareth die Krone des Kaisers auf dem Haupte tragen<br />

würde, bis die Finsternis besiegt sein würde und die Ordnung wieder hergestellt wäre.


Hehre Worte, wenn ich mich so umsah, es könnte lange dauern, bis die Ordnung wieder hergestellt sein würde,<br />

schoss es mir durch den Kopf…<br />

In der Alten Residenz versuchte ich verzweifelt jemanden zu finden, der die Zügel in die Hand nehmen könnte.<br />

Die Situation stellte sich kompliziert dar: Die öffentliche Ordnung war zusammengebrochen, <strong>von</strong> den Truppen<br />

des neuen Reiches, waren ganze sechs Panthergardisten und der unverwüstliche Marschall Rubald <strong>von</strong> Jergan<br />

übrig, der gerade trotzig <strong>von</strong> einer „Patrouille“ zurückkehrte.<br />

In dem ganzen Touwabou, ging völlig unter, dass wir Galotta getötet hatten. Schade eigentlich, ein wenig Lob<br />

hatte ich mir schon erhofft, auch wenn letztendlich Yuchdan die tödlichen Schläge ausgeteilt hatte. Immerhin hatte<br />

ich ihn ja für diese Mission ausgewählt.<br />

Für den nächsten Tag wurde in der Alten Residenz erneut der „Rat der Helden“ einberufen, dem ehrbare<br />

Bürger und überlebende Helden angehörten, wie beispielsweise der Meisterschmied Thorn Eisinger, oder der<br />

Krieger Melcher Dragentodt, der dem Schwertkönig einst ein „Unentschieden“ abgerungen hatte, sowie meine<br />

Gefährten und ich.<br />

Ich versuchte, eine der Geheimen Weisheiten vom Orden des Schwarzen Auges zu finden, doch vergeblich. Der<br />

einzige, der erreichbar war, war Melwin Stoerrebrandt, der 1. Hofmagus. Doch dieser lag im Koma, nachdem<br />

er sich während der gestrigen Schlacht komplett verausgabt hatte.<br />

Mangels anderer Möglichkeiten, schrieb ich ihm schließlich einen Brief, in dem ich den Sachverhalt, das Auge<br />

betreffend, darlegte, verzauberte diesen mit einem Custodosigil und deponierte ihn auf seinem Nachttisch.<br />

Abends begab ich mich mit Yuchdan zum Tempel der Rahja, leicht errötend erinnerte ich mich an meine Nacht<br />

dort, um dort um Spiegel zu bitten. Zu meiner großen Freude war Rahjane noch am Leben, doch voll auf damit<br />

beschäftigt, den Verzweifelten Linderung angedeihen zu lassen. Ein klein wenig schien sie sich jedoch auch zu<br />

freuen, als sie mich am Leben sah - zumindest bildete ich mir das ein. Außer für einen kurzen Kuss auf meine<br />

Stirne hatte sie dann auch prompt keine Zeit, doch selbst dieser brannte wie Feuer!<br />

Die Geweihten übergaben uns alle Spiegel, die sie hatten und wir machten uns auf den Rückweg zum Pentagon-<br />

Tempel.<br />

Dort trafen wir auf Valen & Arwed, die uns berichteten, was sie auf ihrem Weg durch ein Inferno aus<br />

brennenden Ruinen, zerstörten Häuser und schreienden Menschen erlebt hatten: Natürlich waren die Plünderer<br />

bereits unterwegs und in den Strassen der einstigen Metropole galt nur noch das Faustrecht des Stärkeren.<br />

Gleichwohl meine Freunde schienen grimmige Entschlossenheit und pure Gewalt zu verströmen, denn kein einziger<br />

versuchte sich ihnen in den Weg zu stellen, oder sie gar aufzuhalten. Wäre ja auch noch schöner, 100<br />

Heshthotim die Stirn geboten, Galotta erschlagen, aus der abstürzenden Festung lebend entkommen, nur um vom<br />

Mob erschlagen zu werden!? Pah!<br />

Nachdem sie das Werkzeug, mit dem sie den Adler zusammengebaut hatten, geholt hatten, waren auch sie zum<br />

Pentagon-Tempel zurückgekehrt und hatten dort erfahren, dass der Dämonensplitter mitsamt Leonardo<br />

verschwunden war. Keiner wusste etwas Genaues. Leonardo hatte wohl bereits angefangen, seine Konstruktion mit<br />

dem Blutulmenholz zu bauen und sich daher alleine in der Tempelhalle eingeschlossen. Dann hatte man nur sein<br />

Schreien gehört, gefolgt <strong>von</strong> unnatürlicher Stille.<br />

Von dem Meistermechanicus fanden sich nur eine beträchtliche Blutlache, sowie eine Hand. Die feingliedrige,<br />

mit grauen Altersflecken bedeckte Hand war unzweifelhaft <strong>von</strong> Leonardo. Nun, sollte dies die Strafe für seine


grässlichen Konstruktionen im Dienste des Feindes sein?<br />

Trotz allem wob ich selbst einen Oculus-Cantus und untersuchte die Rest-Manifestationen der magischen<br />

Energien, die den Raum angefüllt hatten. So wie sich mir die Dinge darstellten, hatte es den Splitter mitsamt<br />

dem Mechanicus direkt in die Niederhöllen gerissen.<br />

Nun, so mussten wir uns zumindest um den Pentagon-Tempel keine Sorgen mehr machen.<br />

Danach begaben wir (Arwed, Valen, Yuchdan & ich) uns in die Alte Residenz und gingen zu Bett. Endlich<br />

fand ich auch Gelegenheit, die letzten beiden Tage in meinem Tagebuch zu beschreiben.<br />

Während wir im Rahja-Tempel waren, beziehungsweise den Verbleib Leonardo’s untersuchten, begab sich<br />

Lothar an diesem späten Nachmittag zum Inqusitionsrat Praiodan <strong>von</strong> Luhrig, da dieser einen großen Gwen<br />

Petryl in seinem Besitz haben sollte, den wir für die Konstruktion Leonardo’s gebraucht hätten. Zu diesem<br />

Zeitpunkt wusste ja noch niemand, dass die Konstruktion niemals würde vollendet werden…<br />

Im Gegensatz zu Lothar, wäre mir betreffs des Inquisitionsrates als erstes eingefallen, dass er der geheime<br />

Siegelbewahrer des Reichssiegels war, doch das wusste ich auch nur deswegen, weil mir während meiner Zeit im<br />

KGIA-Archiv mal eine entsprechende Akte in die Hände gefallen war… Ja, ein gutes Gedächtnis und der<br />

Memorans-Cantus haben schon gewisse Vorteile…<br />

A propos Archiv, ich frage mich, ob Traviane <strong>von</strong> Beckstein noch am Leben ist. Wer außer ihr sollte sich<br />

sonst im Archiv zurechtfinden können, nun da der Baron tot ist? Ob sie noch sauer ist, weil ich sie mit einem<br />

Bannbaladin gefügig gemacht habe? Nun, diese wird mit Sicherheit mein geringstes Problem werden.<br />

Jedenfalls fand Lothar den Inquisitionsrat erschlagenen in seinem Arbeitszimmer, alles war offenkundig<br />

durchwühlt worden! Sowohl vom Gwen Petryl, als auch vom Reichssiegel fand sich keine Spur. Im Garten fand<br />

Lothar zwar verschiedene Fußspuren, doch da er eher Krieger als Ermittler ist, verfolgte er diese nicht weiter -<br />

zumal er vor der Mauer des Anwesens den wertvollen, Edelsteinbesetzten Säbel des Grafen Eslam <strong>von</strong><br />

Eslamabad fand.<br />

Er begrub den Inquisitionsrat im Blumenbeet und machte sich dann auf den Rückweg.<br />

Dabei stieß er in den Trümmern der Neuen Residenz auf den Grafen Rondrigan Paligan, dieser suchte dort<br />

offensichtlich nach dem Auge des Morgens. Da Lothar bereits wusste, dass ich das Auge an einem anderen Ort<br />

in Sicherheit gebracht hatte, gab er dem Grafen zu verstehen, dass seine Gefährten ihm beim Finden des Auges<br />

helfen könnten. Gemeinsam machten sie sich daraufhin auf den Rückweg zur Alten Residenz. Da es jedoch<br />

bereits spät am Abend war, als sie die Alte Residenz erreichten, konnte der Graf erst am nächsten Tag mit mir<br />

sprechen.<br />

1. Ingerimm 1026 BF / 33 Hal<br />

Früh morgens, nach dem Aufstehen suchten mich der Erzwissensbewahrer Valnar Yitskok und Graf Rondrigan<br />

Paligan auf. Wie sich herausstellte, ist der Erzwissensbewahrer eine der geheimen Weisheiten im Orden des<br />

Auges! Bei Hesinde, das hätte ich mir auch selbst denken können. Da war er nun direkt vor meiner Nase<br />

gewesen, doch ich hatte ihn gar nicht in Betracht gezogen. Graf Rondrigan Paligan hingegen, gehörte seit einigen<br />

Monaten dem äußersten Zirkel an und berichtete uns die Geschichte des Auges.


Es stellte sich heraus, dass sowohl das Auge des Morgens, als auch das geheime Reichssiegel (übrigens ein<br />

Siegelring) zu den Reichsinsignien gehören, welche den Herrschaftsanspruch des Kaisers (bzw. Reichsbehüters)<br />

symbolisieren.<br />

Außerdem barg der Ring noch ein weiteres Geheimnis:<br />

Üblicherweise sind <strong>von</strong> den 7 Geheimen Weisheiten mindestens 5 notwendig, um das Auge zu aktivieren. Mit<br />

dem Reichssiegel jedoch, kann das Auge auch so aktiviert werden. Diesem Umstand kommt <strong>von</strong> daher große<br />

Bedeutung zu, da <strong>von</strong> den ehemals 7 Geheimen Weisheiten nur noch 4 am Leben sind…<br />

Das Auge birgt augenscheinlich noch weitere Kräfte, <strong>von</strong> der üblicherweise verwendeten Fernsicht abgesehen,<br />

doch darüber erfuhren wir nichts.<br />

Nun, falls Bedarf besteht, ich würde mich gerne freiwillig als eine neue „Geheime Weisheit“ melden…<br />

Zur großen Beruhigung der beiden, konnte ich ihnen berichten, dass ich noch während der Schlacht das Auge aus<br />

der umkämpften Neuen Residenz gerettet hatte - und wo ich es verborgen hatte.<br />

Doch wie groß, mein Entsetzen, als ich erfuhr, dass genau jener Phextempel <strong>von</strong> der herabstürzenden Festung<br />

zerstört worden war!<br />

Nichtsdestotrotz, machten wir uns auf dem Weg zur Ruine, nur um dort festzustellen, dass wir zu spät kamen:<br />

Jemand hatte gezielt den Eingang zum Keller freigelegt und das „Auge des Morgens“ entwendet. Verdammt!<br />

Phex, grauer Fuchs, wieso ist noch nicht mal mehr auf Deine Diener Verlass?!<br />

Dieser Novize, denn wer sonst sollte es gewesen sein, fuhr es mir durch den Kopf.<br />

Anschließend suchten wir abermals die Villa des Inquisitionsrates auf, um dort nochmals gründlich nach Spuren<br />

zu suchen. Nach eingehenden Recherchen, kam ich zum Schluss, dass hier mindestens drei Personen gekämpft<br />

hatten. Dem Inquisitionsrat war mit einem stumpfen Gegenstand der Schädel eingeschlagen worden. Sein Haus<br />

war gründlich und fachmännisch durchsucht worden. Sogar die Matratzen der Betten hatte man aufgeschnitten.<br />

Das konnte nur bedeuten, dass dies keine zufällige Plünderung war. Hier hatte jemand gezielt nach dem Ring<br />

gesucht.<br />

Außerdem ergab sich, dass Spuren aus dem Haus, quer über ein Blumenbeet zu der Mauer führten, an welcher<br />

Lothar den Säbel Graf Eslam’s gefunden hatte. War er im Haus gewesen? Hatte er gar etwas mit dieser<br />

Sache zu tun? Ging es vielleicht um die Streitigkeiten zwischen Graf Eslam und Graf Paligan, betreffend<br />

Königin Rohaja? Immerhin hatte ich sie in Wehrheim in den Tsa-Tempel gehen sehen, war sie <strong>von</strong> Tsa<br />

gesegnet worden? Und „gut informierte Kreise“ munkelten, dass Graf Rondrigan Königin Rohaja in stiller<br />

Liebe zugetan war, diese jedoch Graf Eslam den Vorzug gegeben hatte.<br />

Diese Fragen konnte uns nur einer beantworten: Graf Eslam selbst und so begaben wir uns zur Alten Residenz,<br />

in der bereits der „Rat der Helden“ tagte.<br />

Wir hatten keine Gelegenheit, mit Graf Eslam zu sprechen, bevor der Abend hereinbrach. Lange tagte der Rat;<br />

wie nicht anders zu erwarten, wurde viel diskutiert.<br />

Als die Diskussion über die Bewaffnung der Bürger, in vollem Gange war, ergriff Thorn Eisinger das Wort:<br />

„Für solch eine Neuordnung müssen wir an Waffen und Rüstungen sammeln, was wir nur zu finden in der Lage<br />

sind…“. Doch er wurde rüde <strong>von</strong> Marschall <strong>von</strong> Jergan unterbrochen, der flankiert <strong>von</strong> 4 Schwerbewaffneten,


„Neuordnung?“ aus dem Hintergrund blaffte. Mit hochrotem Gesicht hinkte der Kaiserliche Marschall zur<br />

Mitte des Saales. „Waffen und Rüstungen? Wollt ihr Zuckerbäcker und Baderinnen in Rüstungen stecken<br />

und mit Schwertern bewaffnen?“, schrie er. Eindringlich musterte er die Anwesenden, als er weiter durch die<br />

Reihen stapfte, das linke Bein nach sich ziehend. Als er an Marschall <strong>von</strong> Wertlingen vorbeilief, schnaubte er<br />

verächtlich. Hatte er etwa <strong>von</strong> dessen Faux-Pas bezüglich seines missratenen Vaters erfahren?<br />

Endlich blieb er vor Thorn stehen. „Führst Du hier das Wort?“, schnauzte er ihn an. „Dann sag den Deinen,<br />

dass das Reich für die Sicherheit Gareths sorgen wird, geht nach Hause Bürger!“.<br />

Thorn, blass im Gesicht wie selten, war nun ebenfalls aufgesprungen: „Das Reich kann nicht mehr für Gareth<br />

sorgen, Marschall. Ihr seid alles, was vom Reich noch übrig ist!“, fauchte er und verächtlich fragte er <strong>von</strong><br />

Jergan: „Wollt Ihr etwa zu fünft die Ruhe in Gareth wiederherstellen? Wollt ihr mit 5 Mann die Strassen<br />

Patroulieren?“<br />

Marschall <strong>von</strong> Jergans entschlossenem Blick nach, hatte dieser Sturkopf nichts anderes vor. Aufgebracht schrie<br />

er auch prompt: “Die Goldene Lanze unter Ugo <strong>von</strong> Mühlingen wird in einigen Tagen…“.<br />

Doch der schlechte Ruf <strong>von</strong> Mühlinges, nötigte Amelia Groterian sich einzumischen: „Niemand will den<br />

Blutigen Ugo und seine Mannen in Gareths Mauern sehen. Gareth wurde in der Vergangenheit <strong>von</strong> Bürgern<br />

regiert und Bürger werden es auch in Zukunft regieren. Wir Garether haben schon die Dämonenschlacht, den<br />

Ursurpator Answin <strong>von</strong> Rabenmund und den Orkkrieg überstanden, wir werden auch diese Krise meistern!“<br />

Thorn, der sich wieder gefangen hatte, griff vermittelnd ein: „Die Goldene Lanze wurde vor Wehrheim versprengt.<br />

Und einige Tage, Marschall, sind zu lang. In einigen Tagen wird <strong>von</strong> Gareth und seinem Reichtum kein Stein<br />

mehr auf dem anderen stehen.“<br />

Rubald, dessen zornblitzende Augen funken stieben, schrie mit überschnappender Stimme: „Das ist genug, ich<br />

werde dafür sorgen, dass die Regentin noch eine Hauptstatt hat, zu der sie zurückkehren kann. Wenn Ihr Euch<br />

nicht beugen wollt, dann werdet ihr gebeugt, Löwengarde, verhaftet ihn und sie!“.<br />

Dies war dann der Punkt, an dem ich mich einzugreifen genötigt sah. Bisher war der ganze Streit ja herzlich<br />

erfrischend gewesen, doch nun war es genug. „Halt!“ befahl ich laut und vernehmlich und machte dem sturköpfigen<br />

<strong>von</strong> Jergan klar, dass sein Platz nun bei Selindian Hal sei, dem Letzten aus dem Geschlechte derer zu Gareth.<br />

Ein Hinweis darauf, dass er nunmehr 3 Mitglieder der kaiserlichen Familie nicht hatte beschützen können,<br />

brachte ihn schließlich zur Räson. Wütend und beleidigt stapfte er <strong>von</strong> dannen, so schnell ihn sein verletztes<br />

Bein trug, gefolgt <strong>von</strong> seinen verbliebenen Gardisten. Selbstverständlich schlug er hinter sich die Türe mit einem<br />

lauten Krachen zu. - Um ehrlich zu sein, hatte ich nichts anderes erwartet - doch hier und jetzt war nicht der<br />

Zeitpunkt für Streit, jetzt ging es darum, die Stadt zu retten, und seinen Mut in alle Ehren, aber 4 Mann<br />

Garde sind in diesen Zeiten einfach zu wenig.<br />

Ich kann mich noch gut daran erinnern, als ich zusammen mit den mutigen Bürgern der Stadt den Vorstoß der<br />

300 Orks zurückschlug, die im Orkenkrieg aus dem Westen in Gareth einfallen wollten. Ja, die Garether hatten<br />

den nötigen Mut, auch diese schwere Stunde zu meistern, dessen war ich sicher. Sie brauchten nur die richtigen<br />

Leute, die sie anführten. Jetzt galt es sicherzustellen, dass diese auch vom Rat der Helden die nötigen<br />

Befugnisse zugesprochen bekamen. Denn wie wertlos eine adelige Herkunft sein kann, haben die <strong>von</strong><br />

Wertlingen’s ja anschaulich dargelegt.<br />

Nach langem Hin und Her, wurden am Ende doch mehrere gute Beschlüsse gefasst:<br />

• Thorn Eisinger wurde einstimmig zum neuen Ratsherren der Stadt gewählt, denn er zeichnete sich


insbesondered urch besonnene und kluge Ratschläge aus.<br />

• Melcher Dragentodt wurde beauftragt, im alten Immanstadion neue Gardisten auszubilden, um<br />

schnellstmöglich die öffentliche Ordnung wieder herzustellen.<br />

• Verschiedene andere Ämter wurden vergeben.<br />

• Der Kornpreis wurde auf den Preis des 15. Peraine festgelegt. (Doch ich glaube kaum, dass dies<br />

eingehalten wird…)<br />

• Amelia Groterian bekam Gewalt über die Kornspeicher und sollte mit Ludalf <strong>von</strong> Wertlingen für eine<br />

gerechte Verteilung sorgen.<br />

Dann endlich konnten wir Graf Eslam sprechen. Mir war etwas unwohl bei dieser Angelegenheit, immerhin hieß<br />

es, dass er mit Königin Rohaja „eng verbunden sei“ und vielleicht ist er gar der Vater ihres ungeborenen<br />

Kindes?! Ich wollte unter keinen Umständen die Ehre des Hauses Gareth verletzen. Um ihn nicht vor dem<br />

Rat zu brüskieren, bugsierten wir ihn in ein Nebenzimmer und ich fragte ihn dann unumwunden, was er mir über<br />

die Vorkommnisse in der Villa berichten könnte, denn an seinen Stiefeln klebten noch immer Brocken der<br />

Blumenerde…<br />

Erfreulicherweise leugnete er keinen Augenblick, sondern nahm erleichtert seinen Säbel in Empfang und berichtete<br />

uns was er dort erlebt hatte. Er war verletzt vom Inquisitionsrat in dessen Villa gebracht worden und hatte so<br />

den Überfall vom Nachbarzimmer aus miterlebt. Insgesamt zählte er fünf Schlagetots, da<strong>von</strong> zwei Frauen.<br />

Diese konnte er auch näher beschreiben:<br />

• Die Eine hatte einen Glatzkopf, ein schiefes Gesicht, kalte Augen, einen hageren Körper und bestand<br />

fast zur Gänze aus Sehnen und Muskeln<br />

• Die Andere war groß, blond und über und über <strong>von</strong> Narben „verziert“.<br />

Die Schlagetots wollten tatsächlich wissen, wo Praiodan <strong>von</strong> Luhrig das Siegel versteckt hatte, doch da er nichts<br />

sagte, erschlug ihn die große Frau in einem Anfall <strong>von</strong> Jähzorn, weswegen sie hernach <strong>von</strong> der Glatzköpfigen<br />

zurechtgewiesen wurde. Dann fanden sie den Grafen und schlugen auch ihn bewusstlos.<br />

Als Graf Eslam wieder zu sich kam, waren die Schlagetots bereits verschwunden. Als er sich zum<br />

Inquisitionsrat hinabbeugte, konnte dieser noch: „Das Siegel … der Greif … schützt das Siegel!“ stammeln, ehe er<br />

verstarb.<br />

Wir dankten Graf Eslam für seine Auskünfte und ich ging im Geiste die Steckbriefe Gareth’s durch, ob ich eine<br />

der Frauen wieder erkennen konnte - und tatsächlich erinnerte ich mich: Bei der Glatzköpfigen handelte es sich um<br />

Ifirnia <strong>von</strong> Mundtbach, dem Kopf der „Tobrier“. Sie hatte fluchtartig die Baronie Mundtbach verlassen, als<br />

diese nach dem Ogersturm an diesen Al’Anfaner DeLinth verliehen worden war. Vermutlich hatte sie gleich<br />

gewusst, dass sie dort keine Zukunft haben würde.<br />

Die Große war sicherlich die „Große Zylva“, ihre rechte Hand, eine der übelsten Schlägerinnen Gareth’s.<br />

Was in der Götter Namen, wollten die Tobrier mit dem Siegel? Es konnte nur bedeuten, dass sie irgendjemand<br />

angeheuert hatte. Doch für heute war es zu spät, weitere Nachforschungen anzustellen.<br />

Lothar erzählte uns noch, dass es in der Stadt des Lichts eine begehbare Greifenstatue des Greifen Garafan geben<br />

würde, diese wollten wir am nächsten Tage aufsuchen - vielleicht fand’ sich ja dort das Reichssiegel.


Während ich mich bereits zur Ruhe gab, suchten Valen & Yuchdan den Borontempel auf, um den<br />

Inquisitionsrat ordentlich begraben zu lassen, denn während meiner Untersuchungen hatten wir ihn erneut<br />

ausgegraben - und ein Blumenbeet ist sicherlich keine angemessene Ruhestätte für den alten Geweihten.<br />

2. Ingerimm 1026 BF / 33 Hal<br />

Valen hatte wohl in der Nacht einen Alptraum gehabt, und dies nicht zum ersten Mal! Daher beschloss er<br />

zusammen mit Yuchdan erneut den Boron-Hochgeweihten aufzusuchen, damit dieser ihm die Träume würde deuten<br />

können.<br />

Lothar, Arwed und ich begaben uns währenddessen in die Stadt des Lichts, um dort in der Greifenstatue nach<br />

dem Siegelring zu suchen. Zwar war die Stadt des Lichts schwer beschädigt worden, die goldene Kuppel des<br />

Tempels gar geborsten, doch hatte der Herre Praios durch ein Großes Wunder fast alle seine Geweihten<br />

gerettet!<br />

Heil Dir, Herr Praios, Deine Wunder sind groß! Wenn Du nur der Magie nicht ganz so ablehnend<br />

gegenüberstündest…<br />

Wir sprachen mit einer Geweihten, die gerade damit beschäftigt war, einen Haufen „Unmetall“, aus welchem<br />

immer wieder Mäuler nach uns schnappten, zu exorzieren. Nur die 8 Greifenreiter, könnten den Greifen betreten,<br />

sagte sie uns - alle anderen, die es versucht hätten, seien vom Zorn des Herrn vernichtet worden. Da <strong>von</strong> den<br />

Greifenreitern nur einer überlebt hatte, und dieser unauffindbar war, mussten wir wohl selbst einen Versuch wagen.<br />

Doch hey, waren wir - abgesehen <strong>von</strong> Yuchdan - denn nicht ebenfalls auf Greifen in die Schlacht geritten?<br />

Wir begaben uns zur Greifenstatue. Diese war schwer beschädigt und ordentlich verbeult worden. Sie lag inmitten<br />

eines großen Haufen Trümmer der Fliegenden Festung. Während Lothar und Arwed durch die Trümmer<br />

kletterten, blieb ich etwas zurück. Immer wieder schnappten „Mäuler“ des Unmetalls nach den beiden. Ich<br />

verspürte eigentlich wenig Lust mich mit ihnen anzulegen. Während Lothar auf den Rücken der Greifenstatue<br />

kletterte, der aus dem Unrat herausragte, wurde Arwed <strong>von</strong> einem der Mäuler übel ins Bein gebissen.<br />

Ich besah mir gerade das schlimm lädierte Bein, da erhob sich plötzlich ein Monster aus unheiligen Elementen<br />

und griff uns - und die Greifenstatue an!<br />

Es trat nach dem Greifenkopf - und Lothar stürzte durch ein Loch ins Innere und verschwand dort. Es schnappte<br />

nach uns und griff uns mit seiner Zunge aus Menschenhaut an. Ich zog mein Bannschwert und versuchte die<br />

Zunge abzuschneiden. Hinkend umging Arwed das Monster und hackte mit seinen Äxten nach dessen Beinen.<br />

Wir fochten wacker, zum Glück war es nicht allzu schnell und irgendwann hatten wir es vernichtet. Gerade bevor<br />

einige Geweihte des Praios angerannt kamen, um zu helfen.<br />

Dann erschien Lothar wieder. Er hatte das Siegel tatsächlich in seinem Besitz! Offensichtlich war er vom<br />

Herrn Praios geprüft worden - und hatte bestanden. Im Innern der Statue hatte er tatsächlich auch die<br />

Überreste eines Unbekannten gefunden, der wohl ebenfalls hinter dem Siegel her war.<br />

Er sprach nicht viel, murmelte aber etwas <strong>von</strong> einer „Wahl zwischen dem Siegel und Araschar“. Nun immerhin<br />

hatte er sich offensichtlich für das Siegel entschieden. Vielleicht war es ganz gut, dass Lothar allein in die Statue<br />

gegangen war.<br />

Aber irgendetwas war da noch, doch er wollte es nicht sagen.<br />

Wir machten uns auf den Rückweg zur Alten Residenz. Immer wieder hatte ich das Gefühl, dass wir


eobachtet würden, doch so sehr ich mich auch bemühte, ich konnte den Verfolger nicht erspähen. Er musste sehr<br />

erfahren sein, wenn er sich nicht <strong>von</strong> mir erwischen ließ…<br />

Unterwegs schnappten wir einige Gerüchte auf, die in der Stadt kursierten:<br />

• Rommilys würde angeblich <strong>von</strong> schwarzen Truppen gebrandschatzt,<br />

• Das Schwert der Schwerter sei vor Rommylis gefallen,<br />

• Meilersgrund und Rosskuppel würden inzwischen <strong>von</strong> den Tobriern beherrscht,<br />

• Die Almadaner würden sich mit den Tobriern regelrechte Straßenschlachten liefern.<br />

In der Alten Residenz trafen wir auf Valen und Yuchdan. Endlich berichtete mir Valen <strong>von</strong> seinen<br />

Alpträumen:<br />

Er sah sich immer wieder den „Stab des Vergessens“ gegen Rhazzazor benutzen, doch anders als geschehen,<br />

zeigte er keine Wirkung mehr. Er hatte mit dem Borongeweihten gesprochen, dieser gab ihm zu verstehen, dass er<br />

wohl die Visionen seines dunklen Gottes missgedeutet hatte, als er Valen den Stab übergeben hatte. Jedenfalls<br />

nahm er den Stab zurück und gab Valen den Rat, eine Wallfahrt zu machen, viele Boronanger zu besuchen und<br />

dort Herrn Boron um Vergebung zu bitten. Außerdem sollte er das Leben und den Verbleib des Coran<br />

Grassberger erforschen.<br />

Dieser war offensichtlich als Junge im Gefolge der Invasionstruppen Reto’s nach Maraskan gelangt und er<br />

erwarb sich dort einen fürchterlichen Ruf: Genannt „der Tod“ war er Anführer der so genannten „Blutigen<br />

Winhaller“, einer übelsten Söldnertruppe, die Leid und Tod über die Maraskaner brachten… nicht dass sie das<br />

nicht verdient hätten, doch die „Blutigen Winhaller“ übertrieben es deutlich.<br />

Danach kam er als Totengräber nach Gareth, er wurde ein Novize im Boron-Tempel und empfing wohl später<br />

auch die Weihe. Doch Visionen und Träume die ihm <strong>von</strong> Boron gesandt wurden, brachten ihn zum Verzweifeln,<br />

und so kam er in das Noioniten-Kloster <strong>von</strong> Gareth. Von dort war er später spurlos verschwunden. Angeblich<br />

soll er vorher sogar eine Geliebte gehabt haben.<br />

Wir beschlossen, dass Valen & Yuchdan das Noioniten-Kloster aufsuchen sollten, um dort weitere<br />

Informationen über Grassberger zu sammeln, da steckte mir ein verdreckter Bengel einen schmutzigen Zettel zu.<br />

Er war so schnell verschwunden, dass es förmlich nach Ärger roch…<br />

Ich faltete den Zettel auf und las: „Der Fuchs flüstert, ihr habt ein Auge verloren, wollt Ihr es finden,<br />

müsst ihr nach Sonnenuntergang Helden der Bühne werden.“<br />

Nun die Heldenbühne, das alte Amphitheater, lag im Nordwesten Gareths, im Stadtteil Alt-Gareth welcher<br />

kaum zerstört worden war - eigentlich im Gebiet der Alten Gilde, doch ich war mir sogleich sicher, dass diese<br />

Nachricht eigentlich nur <strong>von</strong> den Tobriern stammen konnte.<br />

Endlich geruhte Lothar uns mitzuteilen, was ihn beschäftigt hatte, seit er aus dem Greifen gekommen war. Er<br />

sagte, dass er noch „auf eine Mission gehen müsse“, die ihm dort offenbart worden war. Eigentlich wollte er<br />

rechtzeitig am Abend zurück sein, doch ich sah in seinen Augen, dass er sich nicht sicher war. Dies war also<br />

vermutlich die Stunde unseres Abschiedes <strong>von</strong> Lothar <strong>von</strong> Nattersquell!<br />

Nun, ich muss sagen, ich ließ ihn mit einem lachenden und einem weinenden Auge ziehen: Immerhin verloren wir<br />

einen veritablen Kämpfer, dessen Aufrichtigkeit und Kampfeskraft uns oftmals gute Dienste geleistet hatten,<br />

doch andererseits ging mir seine Arroganz und seine permanenten Sticheleien gehörig auf die Nerven.


Lothar, trotz allem, möge Praios’ Licht über Dir alle Zeit scheinen und Dich seine Macht alle Zeit<br />

beschützen! Ich hoffe, wir sehen uns wieder, irgendwann, irgendwo!<br />

Wir übergaben den Ring an Melwin Stoerrebrandt, der mittlerweile aus dem Koma erwacht war. Wenn wir es<br />

mit den Tobriern, die uns ganz sicher eine Falle stellen würden, aufnehmen wollten, würden wir mehr Männer<br />

brauchen. Und ich wollte den Ring keinesfalls auch noch verlieren.<br />

Da es keine Gardisten, Stadtwache oder KGIA mehr gab, beschlossen wir, mit den Erzfeinden der Tobrier,<br />

den Almadanern Kontakt aufzunehmen. Immerhin hatte sich Alrik Ragather vor wenigen Tagen als wahrer<br />

Patriot erwiesen, als er über 100 Horuschenkerne an den Wirselbach brachte, damit Thyros Prahe dort<br />

Waffenbalsam herstellen konnte.<br />

Mittlerweile hatte ich zu meinem Bedauern allerdings erfahren, dass der alte Alchimist zu den Opfern der<br />

Schlacht um Gareth zählte.<br />

Aus meiner Zeit in Gareth hatte ich noch den einen oder anderen Kontakt zu diesen Schurken. Letztendlich<br />

waren sie alle gleich: Ob Tobrier, Alte Gilde oder Almadaner, sie alle waren berüchtigte Räuberbanden, die<br />

vor Raub und Mord nicht zurückschreckten, doch heute standen die Tobrier einfach auf der falschen Seite, aber<br />

das würden sie noch merken!<br />

Bevor ich mich zusammen mit Arwed aufmachte, zog ich mir passende Kleidung an und zauberte einen<br />

Armatrutz in meinen Stabspeicher. Wir zogen los in die Strassen <strong>von</strong> Gareth. Wir begaben uns nach<br />

Meilersgrund und mussten nicht lange suchen, da fanden wir in einer Gasse 3 Almadaner im Kampf mit 5<br />

Tobriern. Einen der Almadaner kannte ich: Es war Sigurd Godebeck, einer meiner Kontakte, der damals auch<br />

das Treffen mit Alrik Ragather bewerkstelligt hatte!<br />

Er war schnell mit dem Messer und ein guter Messerwerfer dazu, doch gegen die Übermacht waren die<br />

Almadaner chancenlos. Besser konnte es gar nicht Laufen! Wir mischten uns auf Seiten der Almadaner ein und<br />

nachdem Arwed einen der Tobrier mit einem Pfeil niedergestreckt hatte, entschied unser Eingreifen den Kampf in<br />

kurzer Zeit.<br />

Sigurd jedoch war ernsthaft verletzt - und so musste ich wohl oder übel meinen letzten Heiltrank opfern, um uns<br />

seine Unterstützung zu sichern. Immerhin führte uns Sigurd daraufhin zu Alrik Ragather, mit dem ich über seine<br />

Unterstützung für den Kampf gegen die Tobrier verhandelte.<br />

Alrik war sehr gut informiert und fragte mich, was ich mit den Tobriern zu schaffen hätte, dass diese ihren besten<br />

Spion auf mich angesetzt hätten - und war sehr erstaunt, dass ich diesen sogar bemerkt hatte.<br />

Sein Preis waren neben dem Kopf <strong>von</strong> Ifirnia <strong>von</strong> Mundtbach, 3 Dutzend Waffen (Säbel, Kurzschwerter,<br />

Streitkolben) und so viele Rüstungen (aus Leder oder Waffenröcke) wie möglich. Ich überlegte nur kurz. Ja, es<br />

war ein Risiko, den Räubern auch noch Waffen zu geben, aber da wir keine Stadtgarde mehr hatten, hätten sich<br />

die Burschen das Zeugs auch so beschaffen können, und letztendlich waren sowohl tote Tobrier, als auch tote<br />

Almadaner gut für Gareth. Da die Tobrier momentan in der Überzahl und Übermacht waren, konnte es nicht<br />

schaden, das Gleichgewicht etwas zu Gunsten der Almadaner zurecht zu rücken.<br />

Wir begaben uns in die Alte Residenz, zu Marschall Ludalf <strong>von</strong> Wertlingen, der ebenfalls überlebt hatte,<br />

und ich requirierte bei ihm eine Wagenladung voll Waffen, ein Dutzend Waffenröcke, ein halbes Dutzend<br />

Lederrüstungen und sogar ein halbes Dutzend leichter Armbrüste, sowie einige Schilde. Zaghaft fragte er nach,<br />

wofür ich das brauchen würde, aber als ich ihm sagte, es sei für die Widerbeschaffung des „Auges des


Morgens“, erhob er keine Einwände. Seit der Geschichte mit seinem Vater, halte ich sowieso nicht mehr viel <strong>von</strong><br />

ihm.<br />

In der Alten Residenz trafen wir auch wieder auf Valen & Yuchdan. Sie berichteten uns was sie den<br />

Nachmittag über erlebt hatten:<br />

Im Noionitenkloster hatten sie erfahren, dass Grassberger’s Geliebte Sylvana hieß und er vor seinem<br />

Verschwinden eine Nachricht an sie hinterlassen hatte: Niemand sollte es wagen ihm zu folgen, sonst würde er<br />

„alte Gewohnheiten“ wieder aufnehmen. - Meinte er etwa Mord und Totschlag?<br />

Sylvana hatte, so erfuhren die beiden, danach vor Trauer „die Schürze genommen“ und war eine Geweihte der<br />

gütigen Mutter Travia geworden.<br />

Sie suchten einen Travia-Tempel auf und erfuhren, dass es sich bei Sylvana tatsächlich um niemand anderen<br />

handelte, als die Travia-Geweihte Walfried in Rosskuppel, deren Sohn „Zottel“ ich aufgrund des Diebstahls<br />

der Drachenlanze verhaftet hatte! Bei Phex, hört das denn nie auf?<br />

Glücklicherweise, waren die beiden bereits im Travia-Tempel in Rosskuppel gewesen und hatten dort erfahren,<br />

dass es sich bei Coran Grassberger offensichtlich um den Sohne des ehemaligen Grafen zu Winhall handelte, der<br />

offiziell als tot galt! Sie vermutete, dass er wieder zurück nach Winhall gegangen sei, hatte aber nie versucht ihm<br />

zu folgen.<br />

Außerdem konnte sie berichten, dass er <strong>von</strong> Boron Visionen empfangen hatte, sich aber als „nicht stark genug“<br />

empfand, oder seine gegebene Aufgabe einfach nicht wahrnehmen wollte.<br />

Nun, es lag an Valen dies Geheimnis zu ergründen, wollte er sein Seelenheil zurück erlangen. Doch nun lagen<br />

eiligere Dinge vor uns: Wir mussten die Wagenladung Waffen zu den Almadanern bringen und dann rechtzeitig<br />

zur Heldenbühne aufbrechen. Lothar war, wie fast erwartet, nicht wiedergekommen.<br />

Alrik Ragather war zu höchst erstaunt und erfreut, als er die Waffen sah. Er rüstete 3 Dutzend Leute aus,<br />

<strong>von</strong> denen jedoch nur eine Handvoll eine echte Ausbildung an der Waffe genossen hatten. Diese bekamen die<br />

besten Rüstungen und Waffen.<br />

Mit zwei Dutzend <strong>von</strong> ihnen wollte Ragather im Hauptquartier der Tobrier „aufräumen“ gehen, während<br />

Ifirnia uns im Amphitheater erwartete. Unter Führung Sigurd’s schickte er das verbliebene Dutzend zu unserer<br />

Unterstützung. Ich zauberte einen Flim Flam in der Variante „Leuchtfeuer“ in meinen Stab, damit wir zum<br />

einen eine ausreichende „Gefechtsfeld-Beleuchtung“ hätten und zum anderen die Almadaner ein Zeichen, wann sie<br />

uns zu Hilfe kommen sollten. Damit die Tobrier nichts merkten, sollten sie vorerst etwas zurück bleiben.<br />

Valen sollte einen Fortifex-Zauber wirken, damit uns versteckte Schützen nicht gefährlich werden konnten.<br />

Arwed, Yuchdan, Valen & ich betraten die Bühne des Amphitheaters. Wenig später tauchte Ifirnia <strong>von</strong><br />

Mundtbach tatsächlich in einem der Alkoven auf. Sie forderte das Siegel <strong>von</strong> uns und präsentierte zudem einen<br />

Gefangenen: Graf Rondrigan Paligan!<br />

Sie schien ernsthaft zu glauben, dass wir mit ihr verhandeln würden. Überheblich gab sie uns zu verstehen, dass<br />

Armbrüste auf uns gerichtet seien und sie außerdem die Bühne mit Hylaler Feuer in Brand stecken würde,<br />

wenn wir nicht kooperieren wöllten.<br />

Was glaubte diese dreiste Person eigentlich? Dass wir ernsthaft offenen Auges in ihre Falle laufen würden,


ohne nicht damit zu rechnen? Wir die wir den Wurm vom Windhag getötet hatten, wir, die Rhazzazor getrotzt<br />

und Galotta getötet hatten?!<br />

Doch noch während ich überlegte, wie ich sie ohne aufzufallen ausschalten könnte, beging Valen einen fatalen<br />

Fehler: In der Überheblichkeit eines Kampfmagiers, ruckte sein Arm zur Geste eines Ignifaxius und schon<br />

brach die Hölle los!<br />

Ifirnia, diese Schlange, hatte sich wirklich gut auf uns vorbereitet. Noch während sie „Angriff!“ kreischte, wurde<br />

sie <strong>von</strong> bisher verborgenen Seilen in die Höhe gezogen! Ich hatte noch Glück, denn wie immer warnte mich mein<br />

Gefahrensinn rechtzeitig, so dass ich mich nach vorne <strong>von</strong> der Bühne ins Orchester in Sicherheit werfen konnte.<br />

Arwed, Valen und Yuchdan wurden jeder <strong>von</strong> mindestens einem Bolzen getroffen, während zwischen ihnen<br />

Tonkrüge, vom Dach des Theaters geworfen und gefüllt mit Hylaler Feuer, zerplatzten.<br />

Im Orchester war ist vorerst vor Blicken verborgen. Ich nutzte dies und aktivierte den verbliebenen Duplicatus,<br />

sowie den Flim Flam-Leuchtturm aus meinem Stab. Ich sah mich um und konnte mehrere Schützen auf den<br />

Rängen des Theaters sehen, sowie Ifirnia, die in der dritten Etage über den Mittelteil des Theaters nach links<br />

rannte. Arwed hatte es ziemlich schlimm mit dem Feuer erwischt, Valen und Yuchdan waren noch einmal knapp<br />

da<strong>von</strong> gekommen.<br />

Während ich lossprintete, rief ich „Yuchdan, 3. Etage links!“ und aktivierte den Armatrutz aus meinem<br />

Zauberspeicher. Yuchdan erreichte die Treppe vor mir und tötete mit wenigen Hieben einen der tobrischen<br />

Schläger, der ihm dort auflauerte. Von der rechten Seite des Theaters konnte ich Valen im Kampf mit der<br />

Großen Zylva sehen, am Boden lag Graf Paligan, hoffentlich lebte er noch. Arwed rollte sich stöhnend über<br />

den Boden, um das Feuer auf seiner Iryanleder-Rüstung zu löschen. Wäre der Großteil seiner Rüstung nicht<br />

feuerfest, wer weiß, wie dies ausgegangen wäre.<br />

Ich setzte Yuchdan nach, der einen zweiten Schläger anging, der hinter dem Getöteten gerannt war. Ich zauberte<br />

einen Blitz auf diesen und Yuchdan schlug ihn mit zwei Hieben kampfunfähig. Valen musste sich währenddessen<br />

gleich mit zwei Gegnern auseinander setzen, doch er schlug sich wacker, und spielte die Vorteile der Länge seines<br />

Kampfstabes aus. Von den Rängen hörte ich unterdrückte Rufe, unsere Verstärkung war endlich da und<br />

kümmerte sich um die Heckenschützen.<br />

Hinter Yuchdan rannte ich die Treppe hoch, als uns Ifirnia entgegen kam. Ich zauberte einen Blitz auch auf<br />

sie, Yuchdan versuchte sie mit der stumpfen Seite seiner Axt zu erwischen, aber sie wich aus, drehte sich herum<br />

und floh wieder nach oben.<br />

Wir rannten hinterher, doch wir waren nicht schnell genug. Immer größer wurde ihr Abstand, da sah ich ein<br />

Wirbeln in der Luft! Sigurd hatte vom anderen Ende des Theaters einen Borndorn geworfen und wider Erwarten<br />

Ifirnia ins Bein getroffen! Dies brachte sie zu Fall und ich schaffte es, ihre Schulter mit einem improvisierten<br />

Sturmangriff auf den Holzboden festzunageln - wäre mein Stockdegen nicht unzerbrechlich, das hätte er sonst<br />

nicht überlebt!<br />

Valen hatte derweil die Große Zylva getötet, die anderen Tobrier waren am Rennen, die Almadaner verfolgten<br />

sie. Die Lage war wieder unter unserer Kontrolle.<br />

Auch Graf Rondrigan hatte „nur“ eine üble Kopfwunde da<strong>von</strong> getragen, als man ihn niedergeschlagen hatte.<br />

Ifiria war sich wohl schnell darüber im Klaren, dass sie nur dann würde ihr Leben retten können, wenn sie uns<br />

alles sagte und so begann sie auch gleich um ihr Leben zu feilschen. Zwar hätte ich sie auch mittels Magie<br />

gefügig machen können, doch wollte ich meine Kräfte schonen. Ich sagte ihr, dass meine Leute und ich sie ziehen


lassen würden, wenn sie uns alles sagte. Dass sich „meine Leute“ nur auf Arwed, Valen und Yuchdan bezog,<br />

verschwieg ich ihr wohlweislich. Ich hatte schließlich keine Lust, meine Absprache mit Alrik Ragather zu<br />

brechen.<br />

Sie erzählte, dass sie am Morgen nach der Schlacht vom Grafen Orsino <strong>von</strong> Falkenhag für 30 Dukaten den<br />

Auftrag bekommen hatte, das Auge des Morgens aus den Trümmern der Neuen Residenz zu stehlen.<br />

Außerdem sollte sie das geheime Reichssiegel vom Inqusitionsrat stehlen. Dafür wollte der Graf sogar 50<br />

Dukaten bezahlen. Da der Novize des Phex-Tempels ausgerechnet mit den Tobriern im Bunde stand, wusste<br />

Ifirnia jedoch, dass das Auge dort nicht mehr war, sondern wo sie stattdessen danach suchen musste.<br />

Am 30. Peraine, also vor 2 Tagen, hatte sie dem Grafen das Auge übergeben. Dieser sei bereits nach<br />

Elenvina abgereist. Das also war es: Der Kampf um die Nachfolge auf die Kaiser-Würde des Neuen<br />

Reiches hatte begonnen.<br />

Ich zog den Stockdegen aus Ifirina’s Schulter, ließ sie aufstehen und sagte: „Ihr könnt gehen, ich und meine<br />

Gefährten, dabei deutete ich auf die drei, werden Euch nicht aufhalten. Nun gehört sich Euch!“ Dabei blickte ich<br />

Sigurd an. Ifirnia bedachte mich mit einem hasserfüllten Blick und sprintete zur Türe, Sigurd warf ihr einen<br />

Dolch nach, doch er war zu langsam. Er hastete hinter ihr her, doch sie entwischte, als sie aus dem 3. Stock auf<br />

die Straße sprang, sich gewandt abrollte, dabei nochmals einem Wurfdolch auswich und anschließend in der<br />

Dunkelheit verschwand.<br />

Oh, ich glaube nicht, dass sie mir das vergessen wird.<br />

Graf Orsino ist ein gewiefter Politiker. Sicherlich wird er das Auge zu Herzog Jast Gorsam bringen. Da<br />

dieser bereits über eine starke Position verfügt, wird er vermutlich über die Reichsinsignien Anspruch auf den<br />

Thron erheben wollen.<br />

Graf Rondrigan Paligan, bat uns, ihn nach Elenvina zu begleiten, um das Auge wieder zu erlangen. Nun, da<br />

mich hier in Gareth höchstens schlecht gelaunte Tobrier, Unruhen und Elend erwarten, willigte ich ein. Auch<br />

meine Freunde sagten zu, obwohl Valen nicht sicher war, ob er nicht lieber sofort mit seiner Walfahrt beginnen<br />

sollte, oder damit Grassberger in Winhall zu suchen.<br />

Auch Sigurd bot sich an, uns zu begleiten. Immerhin „könne er uns <strong>von</strong> Nutzen sein, mit seinen vielseitigen<br />

Talenten“, nun das wage ich zwar zu bezweifeln, immerhin habe ich selbst jahrelange Erfahrung in verdeckten<br />

Ermittlungen, doch das muss ich ihm ja nicht auf die Nase binden.<br />

Ich glaube eher sein „großzügiges“ Angebot hängt damit zusammen, dass ihn die Tobrier nun ganz sicher tot<br />

sehen wollen, und auch Alrik Ragather dürfte mehr als ungehalten sein, dass ihm Ifiria entkommen konnte…<br />

Wie dem auch sei, wir werden es mit Sigurd versuchen. Es wird sich zeigen, ob er loyal dem Reiche und dem<br />

Hause Gareth über sein wird, oder ob er doch nur dauernd an seinen eigenen Vorteil denken wird - und uns bei<br />

der nächstbesten Gelegenheit verraten wird.<br />

Seine erste Frage, wie bei uns die Beute aufgeteilt wird, hat jedenfalls zu verwirrten Blicken unsererseits<br />

(„Beute?!?“) und zu einer zweifelnden Einschätzung seiner Gesinnung geführt.<br />

Ich werde ihn jedenfalls im Auge behalten, soviel ist sicher.


2. Ingerimm 1027 BF / 34 Hal spätnachts<br />

Nachdem wir müde und mehr oder weniger angeschlagen nach unserem Kampf mit den Tobriern wieder in der<br />

Alten Residenz ankamen, suchte mich Yuchdan auf. Irgendetwas schien ihn zu bedrücken. Er müsse nun in den<br />

Wald gehen, seinen Odûn zu suchen, teilte er mir mit. Okay, ich bin mit seinem „speziellen“ Glauben nicht so<br />

vertraut, aber er wird sicherlich wissen, was das Richtige für ihn ist, dachte ich mir.<br />

Um sich Sigurds Dienste und dessen Loyalität zu versichern, nahm Graf Rondrigan den Streuner in seine<br />

Dienste. Dies wird Sigurd’s Gier nach Beute hoffentlich mildern.<br />

Müde fiel ich hernach in meine Kissen und schlief sofort ein.<br />

3. Ingerimm 1027 BF / 34 Hal<br />

Am nächsten Tage erledigten wir unsere Vorbereitungen für unsere Reise nach Elenvina. Da dort, ähnlich wie in<br />

Havena, das öffentliche Zaubern verboten ist, beschloss ich diese Reise in Verkleidung zu bestreiten. – Auch<br />

um den Vorteil der Überraschung nicht zu verlieren, schließlich könnte es ja sein, dass mich doch jemand erkennen<br />

würde. Immerhin lag mein öffentlicher Auftritt vor dem Rat der Helden nur wenige Tage zurück.<br />

Ich staffierte mich mit entsprechender Kleidung aus und färbte meine Haare mittels des Pectetondo-Zaubers<br />

blond und rasierte mir außerdem den Bart ab. Der Zauber gelang gut und würde sicherlich mehrere Tage halten.<br />

Dann stimmte ich mich auf Gang, Bewegung und Körperhaltung eines Edelmannes ein und fertig war Alrik <strong>von</strong><br />

Rommilys. Unter diesem Namen wollte ich im Gefolge <strong>von</strong> Graf Rondrigan Paligan reisen. Ich rechnete mir<br />

aus, dass nach den Meldungen aus Rommilys es kaum möglich sein würde, als kleiner Edler aus Darpatien<br />

aufzufliegen.<br />

Valen und Arwed suchten auf Geheiß der Grafen Eslam und Rondrigan den Boten des Lichts auf, immerhin der<br />

Bruder <strong>von</strong> Herzog Yast Gorsam, um ihn zur Mitreise zu überreden, doch dieser lehnte ab. Dafür jedoch<br />

belegte er Arwed mit einer Liturgie des Götterfürsten, die seine Resistenz gegen Zauber für die nächsten Tage<br />

erklecklich stärkte.<br />

Hernach fuhren wir los. In der gräflichen Kutsche durften neben den beiden Grafen auch meine Wenigkeit,<br />

Valen Kiesel und Arwed der Schmied mitfahren. Yuchdan hatte angedeutet, dass er – sobald er sich mit seinem<br />

Odûn geeinigt hätte, nachkommen würde. Nun, um ihn mache ich mir eigentlich keine Sorgen.<br />

Sigurd hatte es sich auf dem Dach der Kutsche bequem gemacht, da weder vorn auf dem Kutschbock, noch<br />

hinten, wo die Diener der Grafen standen, Platz war. Ferner begleiteten uns Marschall Rubald <strong>von</strong> Jergan<br />

nebst vier Panthergardisten. Glücklicherweise war sein Ärger auf mich inzwischen „verraucht“.<br />

Auf der Fahrt hörten wir immer wieder die verschiedensten Gerüchte über die Geschehnisse in Wehrheim und<br />

Gareth, sowie über die vor uns liegenden Ortschaften und deren Lehnsherren, doch es wäre müßig, diese hier wieder<br />

zu geben.


4. Ingerimm 1027 BF / 34 Hal<br />

In Hornbach trafen wir auf eine Barrikade, welche die Reichsstraße versperrte und <strong>von</strong> knapp über einem<br />

Dutzend Soldaten bemannt war. Es stellte sich schnell heraus, dass es sich um Deserteure handelte und nachdem<br />

Arwed’s Verhandlungen über die auf Raubritterart geforderte Gebühr zur Durchreise scheiterten, machten<br />

Marschall <strong>von</strong> Jergan und seine Panthergardisten kurzen Prozess mit den Verrätern. Schnell mussten die<br />

Räuber in Uniform die Falschheit ihres Tuns einsehen. Wer nicht schnellstens flüchtete, wurde niedergemacht.<br />

Ich fragte mich, ob mich das Schicksal dieser Männer und Frauen nachdenklich machen sollte, doch als jemand<br />

der sein ganzes Tun dem Reiche (und inzwischen wohl auch dem Hause Gareth) verschrieben hatte, konnte ich<br />

nur wenig Mitleid und Verständnis für Deserteure und Feiglinge aufbringen.<br />

Es wäre besser gewesen, wenn ihr Weibel auf eigene Faust die Strasse gesichert hätte, statt zu versuchen sich zu<br />

bereichern.<br />

In Hirschfurt mussten wir feststellen, dass die Brücke über die Raller abgebrannt war. Es gab jedoch eine<br />

tiefe Furt und einige Flüchtlinge hatten dort bereits ein Floß zusammen gezimmert. Selbstredend waren sie alles<br />

andere als begeistert, als <strong>von</strong> Jergan das Floß für uns requirierte, aber dank seines grimmigen Gesichtsausdrucks<br />

und der schweren Waffen seiner Männer, erhoben sie nur ein leises unzufriedenes Murren.<br />

Als wir mit der Kutsche auf dem Floß übersetzten und schon fast das andere Ufer erreicht hatten, geschah das<br />

Unglück: Das Floß löste sich in seine Bestandteile auf! Arwed und Sigurd, die gestakt hatten, schauten<br />

ungläubig auf die sich lösenden Seile, dann trieben die Baumstämme auch schon auseinander und die Kutsche,<br />

samt angespannten Pferden, sowie wir alle fielen ins Wasser.<br />

Arwed bewies Geistesgegenwart und sprang auf den Kutschbock, fasste die Zügel der Pferde und trieb sie<br />

schwimmend an Land – und rettete so unsere Kutsche und unser Gepäck. Ich hatte ziemliche Probleme in der<br />

starken Strömung zu Schwimmen, doch Sigurd schwamm zu mir herüber und half mir. Ein Pantergardist hatte<br />

weniger Glück und ertrank, da ihn seine schwere Rüstung nach unten zog.<br />

Auch Marschall <strong>von</strong> Jergan ging unter, aber der alte Haudegen schaffte es doch tatsächlich lange genug den<br />

Atem anzuhalten und stapfte auf dem Grund der Raller an Land!<br />

Trotzdem stelle man sich das vor: Ein Viertel der Streitkräfte des Reiches ertranken heuer in der Raller – und<br />

fast hätte es auch einen der besten KGIA-Agenten, die das Reich noch hat, der Drachen und Erzverrätern<br />

getrotzt hatte, ins feuchte Grab gezogen. Welch Ironie. Möge der Herre Efferd der armen Seele des<br />

Panthergardisten gnädig sein.<br />

5. Ingerimm 1027 BF / 34 Hal<br />

Am 5. Ingerimm trafen wir abends auf Entsatz aus Nordmarken, die auf dem Weg nach Gareth und zur Burg<br />

Rudes Schild waren.<br />

Aha, hat der alte Intrigant Yast Gorsam nun endlich beschlossen auch seine Truppen in Marsch zu setzen, nun<br />

da alles zerstört ist. So wie sich mir dies darstellt, ist der alte Herzog dabei Morgenluft zu wittern – und<br />

streckt seine Hand nach der Krone aus. Immerhin werden auf Burg Rudes Schild einige der Reichsinsignien<br />

aufbewahrt.


6. Ingerimm 1027 BF / 34 Hal<br />

Wir verließen bei Steinbrücken die Reichstrasse und wandten uns nach Süden Richtung Ferdok. Gerüchte<br />

besagten zudem, dass Herzog Yast Gorsam angeblich den Greifenpass hätte abriegeln lassen.<br />

In Ferdok stellte sich glücklicherweise heraus, dass Graf Growin <strong>von</strong> Ferdok, ein Angroscho, ein Schiff für<br />

Graf Rondrigan freigehalten hatte. Damit konnten wir den Großen Fluss hinunter bis nach Elenvina fahren.<br />

Allerdings war die Kapitänin der „Forelle <strong>von</strong> Ferdok“ in den Karzer gesperrt worden, da sie versucht hatte,<br />

das Schiff mit Flüchtlingen vollzuladen. Neuer Kapitän war der frühere 1. Offizier Norre Unzensberger.<br />

7. – 10. Ingerimm 1027 BF / 34 Hal<br />

Unsere Fahrt auf dem Großen Fluss verlief weitestgehend ereignislos und ich verbrachte die meiste Zeit damit, in<br />

meiner Kabine zu meditieren, verlorene Kräfte aufzufrischen und zu schlafen. Nebenbei zauberte ich auch einige<br />

Zauber in meinen Stabspeicher, die ich vermutlich brauchen würde: Zwei Balsam-Canti um Wunden schnell zu<br />

kurieren, einen Schleier der Unwissenheit um meinen Stockdegen ggf. zu verschleiern und einen Sinesigil, um mein<br />

Magiersiegel zu verstecken. Normalerweise trug ich als Edler zu Rommilys Handschuhe, aber man konnte ja<br />

nie wissen.<br />

Außerdem musste ich am 10. morgens meinen Pectetondo nachzaubern, da die Wirkung des ersten Zaubers über<br />

Nacht verflogen war. Diesmal gelang der Zauber gar noch besser und sollte wohl mindestens eine Woche<br />

halten.<br />

Das letzte Stück der Fahrt brachte uns durch die Opferschlucht, in der die „Forelle <strong>von</strong> Ferdok“ wahrlich<br />

ihrem Namen gerecht wurde und wie ein Fisch über die Wellen sprang. Es war ein heißer Ritt durch die wilden<br />

Wasser des schäumenden Flusses, aber Efferd und der Flussvater waren uns gnädig und so passierten wir die<br />

Schlucht ohne Verluste und erreichten schließlich am Nachmittag Elenvina.<br />

10. Ingerimm 1027 BF / 34 Hal nachmittags<br />

In Elenvina dürfen, ähnlich wie in Gangor, nur Adelige Waffen tragen. Da meine Gefährten, nachdem wir den<br />

Riesenlindwurm getötet hatten, in den Stand eines Edlen vom Windhag erhoben worden waren und ich sowieso als<br />

Edler <strong>von</strong> Rommilys auftrat, war dies nur bei Sigurd ein Problem. Er gab mir daher den Gurt mit seinen<br />

Wurfmessern und ich versteckte ihn in meinem Gepäck.<br />

Es stellte sich heraus, dass die Stadt vor Menschen überquoll. Da der Reichstag hier stattfinden sollte, waren<br />

zahlreiche Adelige jeweils mit mehr oder weniger viel Gefolge in die Stadt gekommen. Sicherlich waren gut 1000<br />

Menschen mehr in den Strassen unterwegs als sonst üblich. Kurz, es herrschte ein heilloses Gedränge, was mich<br />

dazu veranlasste alle wichtigen Besitztümer so zu verstauen, dass sie <strong>von</strong> Dieben möglichst sicher waren.<br />

Da alle Herbergen der Stadt heillos überfüllt waren, bekam Graf Rondrigan ein Turnierzelt im Lager der<br />

Albernier geliehen. Wir wohnten ebenfalls dort bei ihm.<br />

Die Lage in der Stadt war bereits angespannt. Insbesondere die Albernier und die Notmärker waren sich nicht<br />

grün, was sicherlich auch daran lag, dass Isora <strong>von</strong> Elenvina bei einer früheren Intrige versucht hatte, den Thron


Albernias zu ursurpieren.<br />

Später am Nachmittag wurden wir zur Versammlung der Adeligen gerufen, um Rapport zu erstatten. Die<br />

gesamte Lage stellte sich mir unsicher und heikel dar. Es war nicht klar, wer das Reich zukünftig führen sollte.<br />

Valen und Arwed erstatteten Bericht über den Fall Wehrheims und die Verteidigung Gareths, sowie über die<br />

bekannten Verluste. Ich hielt mich gezwungenermaßen im Hintergrund, war ich doch als Alrik <strong>von</strong> Rommilys<br />

anwesend, nicht als Travin Gerdenwald, Agent des Reiches…<br />

Nach ihrem Bericht entstand ein ziemlicher Tumult, den Gräfin Franka Salva Galahan nur mit Mühe<br />

beruhigen konnte. Der Reichskanzler, Hartuwal Gorwin, der Sohn Yast Gorsams, vertagte daraufhin die<br />

Versammlung auf den nächsten Tag. Es wird sich zeigen, welche Rolle er hier noch spielen wird. Es könnte<br />

durchaus sein, dass er versuchen wird, seinen Vater auf den Thron zu bringen.<br />

Arwed demonstrierte öffentlich seine Unterstützung des Hauses Gareth und stellte sich symbolisch hinter<br />

Selindian Hal mit den Worten „ich denke nicht, dass es etwas zu diskutieren gibt.“<br />

Mutig das, aber ob es auch klug war, so früh seine Position zu zeigen wird sich noch herausstellen.<br />

Herzog Yast Gorsam lud alle Versammelten zur Morgenandacht ein, um den Gefallenen zu gedenken. Ich<br />

konnte mich dem Eindruck nicht verwehren, dass diese Andacht zum Gedenken der Verteidiger <strong>von</strong> Wehrheim und<br />

Gareth in erster Linie politischen Überlegungen, statt plötzlicher Anteilnahme entsprang. Wo waren die<br />

Nordmärker Truppen in den letzten Jahren, im Kampf gegen die Schwarzen Lande, oder auf dem<br />

Mythraelsfeld? Auch in Gareth hatte Yast Gorsam das Reich schmählich im Stich gelassen.<br />

Nun verfügte er über frische und ausgeruhte Truppen, während andere für ihn bluten mussten. Mir drehte sich der<br />

Magen um, wenn ich ihn nur ansah.<br />

Hier in Elenvina herrschte auf eine perfide Art und Weise ebenso Krieg wie auf den Schlachtfeldern, doch<br />

statt Schwerter und Pfeile waren Wort und Intrige die Waffen der Wahl. Seltsam, obwohl ich genau für<br />

derartige Einsätze ausgebildet worden war, sehnte ich mich fast zurück nach dem klaren Feindbild auf dem<br />

Schlachtfeld.<br />

10. Ingerimm 1027 BF / 34 Hal abends<br />

Später wurden Grafen Eslam, Graf Rondrigan und wir zur Audienz zu Selindian Hal gebeten. Ebenfalls<br />

anwesend war Invher ui Bennain, die Königin <strong>von</strong> Albernia. Wir wurden in Gruppen hereingerufen. Zuerst<br />

waren die beiden Grafen an der Reihe, danach wir. Arwed und Valen berichteten abermals <strong>von</strong> den Geschehnissen<br />

– und nannten einige zusätzliche Details, die sie zuvor ausgelassen hatten. Nachdem sie ihren Bericht beendet<br />

hatten, dankte der junge Selindian beiden und reichte ihnen zum Ausdruck seiner besonderen Wertschätzung gar<br />

persönlich die Hand.<br />

In diesem Moment ärgerte ich mich sehr, dass ich in Verkleidung <strong>von</strong> ihm stand und daher <strong>von</strong> dieser Würdigung<br />

ausgeschlossen war. Doch ich beherrschte mich und suchte weiterhin eine ausdruckslose Mine zu wahren.<br />

Falls wir Hilfe benötigten, sollten wir uns an seinen Sekretär wenden, teilte er uns mit. Es sei nicht gut, wenn<br />

wir zu offensichtlich seine Nähe aufsuchen würden.


Danach war die Audienz beendet und meine Gefährten verließen den Saal zusammen mit der albernischen<br />

Königin. Gerade wollte auch ich hinterher gehen, da kam Selindian nochmals auf mich zu und gab auch mir die<br />

Hand und bedankte sich abermals für meine Taten und meine Treue zum Hause Gareths!<br />

Heiß schoss es mir das Blut ins Gesicht und Freude erfüllte mich, so hatte er gewusst, wer ich war, aber vor<br />

der Königin Albernia’s meine Maskerade gewahrt! Vermutlich hatte ihn einer der Grafen über mich aufgeklärt.<br />

Rubald <strong>von</strong> Jergan sollte als Wiedergutmachung für sein „Versagen“ das geheime Staatssiegel bewachen. Im<br />

Zelt <strong>von</strong> Graf Rondrigan verzauberte ich das Siegel mit dem Widerwille-Cantus und legte es in eine kleine<br />

Holzkiste, so dass Diebe glauben sollten, es handele sich nur um eine Schmuckschatulle.<br />

11. Ingerimm 1027 BF / 34 Hal<br />

Wir nutzten den folgenden Tag, um Erkundigungen über die politische Lage der Fraktionen zu erkunden, und<br />

uns mit den Örtlichkeiten in der Stadt und im Palast vertraut zu machen. Sigrud übernahm es, das Armenviertel<br />

„Güldenschatten“ am Praiostempel zu erkunden, doch außer dass es dort 2 schmierige Kaschemmen, gab, „zum<br />

Enterhaken“ <strong>von</strong> Wirt Baduron und „zum Flussritter“ der fetten Hardwine, wusste er zur Mittagsstunde nicht<br />

viel zu berichten.<br />

Währenddessen wurden Arwed und Valen zum Herzog ins grüne Cabinett bestellt, der sich nach dem Verbleib<br />

seines Bruders, des Boten des Lichts, erkundigen wollte. Ob hinter diesem Ansinnen wirklich nur Brüderliebe<br />

steht?, fragte ich mich. Oder wollte er sichergehen, dass im „Zweifelsfalle“ einen Götterdiener zu seiner Krönung<br />

parat hatte?<br />

In derselben Zeit verkleidete ich mich als Dienstbote und begab mich in den Palast. Dazu musste ich auch<br />

leider den gut gelungenen Pectetondo aufheben, da ich „Alrik <strong>von</strong> Rommilys“ möglichst wenig ähnlich sehe<br />

wollte. Doch leider waren meine Erkundigungen im Palast ein Fehlschlag. Außer einigen Debatten, ob man<br />

Königin Rohaja für tot erklären sollte (wie es die Almadaner wünschten) oder ob man sie für verschollen<br />

erklären sollte (wie die Garether favorisierten), konnte ich nichts in Erfahrung bringen.<br />

Daher ließ ich mich gegen Mittag <strong>von</strong> Graf Rondrigan, als dessen Diener ich mich ausgegeben hatte, wieder ins<br />

Lager zurückschicken. Auf dem Weg dorthin traf ich auf Yuchdan, der endlich auch in der Stadt angekommen<br />

war. Während wir zum Lager der Albernier liefen, erzählte er mir, dass er nun ein Schamane geworden sei! Die<br />

Geister seiner Ahnen hätten ihn sozusagen auf die nächste Stufe seines Bewusstseins gerufen. Eine höchst<br />

interessante Entwicklung muss ich gestehen. Wenn ich mich recht entsinne, sind Schamanen so etwas wie die<br />

Magier der naturverbunden Völker… vielleicht kann ich doch noch das eine oder andere <strong>von</strong> ihm lernen…<br />

Im Lager verwandelte ich mich wieder in Alrik aus Rommilys und zauberte auch den Pectetondo neu, doch<br />

leider gelang er diesmal deutlich schlechter, so dass ich ihn wohl in einigen Tagen nachzaubern muss. Danach<br />

begab ich mich ins Viertel Güldenschatten um Erkundigungen über Orsinio <strong>von</strong> Falkenhag anzustellen. Auf dem<br />

Weg dorthin sah ich wie sich die Spannungen zwischen den Adeligen langsam auf ihre Gefolgsleute in der Stadt<br />

übertrugen: Einige Almadaner Ritter kämpften gegen Nordmärkische Flussgardisten, vermutlich wegen eines<br />

nichtigen Anlasses.


Ich erfuhr, dass Orsino <strong>von</strong> Falkenhag dafür bekannt ist, sein Fähnlein nach dem Winde zu hängen und er<br />

zurzeit Herzog Yast Gorsam nachlaufe. Daher beschloss ich, ihn am Abend aufzusuchen und Tacheles mit ihm<br />

zu reden.<br />

Zuerst redeten wir beide, ganz Diplomaten und Politiker eine ganze Weile um den heißen Brei herum, dann<br />

wurde das Gespräch konkreter. Ich erfuhr, dass er das Auge bereits an Herzog Yast Gorsam übergeben hatte<br />

und „nur das Beste für das Reich wolle“. Als ich ihn darüber in Kenntnis setzte, dass sein Wunsch den Tod<br />

des Siegelbewahrers Praiodan <strong>von</strong> Luhrig zur Folge gehabt hatte, wurde er ganz bleich. Dies lag wohl nicht in<br />

seiner Absicht. Ich ergriff die Gelegenheit und quetschte die Informationen aus ihm heraus. Endlich erfuhr ich,<br />

dass er vor 10 Jahren einen politischen Fehler begangen hatte – und Yast Gorsam dazu schriftliches<br />

Beweismaterial habe. Einen Teil der Beweise hätte er für das Auge des Morgens bekommen, den Rest sollte<br />

er für den Siegelring erhalten. Er vermutete, dass Yast Gorsam das Auge vermutlich an seine Komplizin Isora<br />

<strong>von</strong> Elenvina, die ebenfalls auf der Burg lebte, übergeben hatte.<br />

12. Ingerimm 1027 BF / 34 Hal<br />

Früh am heutigen Tage wurde der Beschluss gefasst, dass Selindian Hal der Erbe des Garethischen Thrones<br />

sein soll! Zuerst wunderte ich mich, denn dies hätte ich dem intriganten Herzog Yast Gorsam gar nicht zugetraut,<br />

aber schnell wurde mir klar, warum er dies zugelassen hatte:<br />

Da gleich darauf seine Selindians Schwester Rohaja für verschollen erklärt worden war, kann Selindian<br />

frühestens in 7 Jahren zum Kaiser gekrönt werden. 7 lange Jahre, in denen Yast Gorsam Zeit hat, sich des<br />

Reiches und des Thrones zu bemächtigen. Doch wenn ich ehrlich war, dann erwartete ich eher in 2-3 Jahren einen<br />

unglücklichen „Jagdunfall“, bei dem Selindian Hal zu Tode käme…<br />

Während Arwed und Yuchdan einen thorwalischen Bilderstecher am Hafen aufsuchen wollten, damit sich<br />

Yuchdan, einem gjalskerländischen Brauch zu Folge, den jüngsten Teil seiner Erlebnisse in die Haut ritzen<br />

lassen konnte, zogen Sigurd und ich los, um Erkundigungen über Isora <strong>von</strong> Elenvina einzuholen.<br />

Wir mussten dabei sehr vorsichtig zu Werke gehen, da sie als ehemalige Baronin <strong>von</strong> Elenvina und meisterhafte<br />

Intrigantin gewiss über ein vorzügliches Netz aus Spionen und Informanten verfügte.<br />

Wir erfuhren, dass Isora anscheinend vor vier Tagen, am 8. Ingerimm, mit einer Kutsche vor der hiesigen<br />

Magierakademie vorgefahren war und eine extrem schwere Kiste in die Akademie hatte schaffen lassen. Nun<br />

wenn ich an das 50 Stein schwere Auge des Morgens denke, so könnte ich mir vorstellen, was sich in dieser<br />

Kiste befunden hatte. Angeblich hätte man für sie Galotta’s Turm aufgesperrt und deswegen würde man dort seit<br />

Kurzem wieder Lichter in der Nacht sehen.<br />

Galotta’s Turm? Bei Hesinde’s Gnade, was für ein Turm?! Lässt mich dieser Kerl eigentlich nie in Ruhe?<br />

Nicht einmal, nachdem wir ihn bereits in die Niederhöllen geschickt haben?<br />

Interessant ist der Besuch Isoras insbesondere deswegen, da dem Hause Gorsam und der Akademie eine<br />

spezielle gegenseitige Abneigung nachgesagt wird. Tatsächlich steht der alte Herzog im Rufe, jegliche Magie<br />

zu verabscheuen. Diese Haltung hat er sicherlich mit seinem Bruder, dem Boten des Lichts gemein…


Später am Tage hatte Arwed ein vertrauliches Gespräch mit Allechandriel Quellentanz, der Gräfin zu Silz und<br />

Baron Allerich <strong>von</strong> Falkenwind, mit denen er offensichtlich sehr gut bekannt war! Arwed scheint in seiner<br />

Vergangenheit doch schon einiges erlebt zu haben…<br />

Wir erfuhren dadurch, dass anscheinend am heutigen Abend (oder spätestens morgen) zwei der Erzämter des<br />

Reiches neu gewählt werden sollen. Dieser Information kommt <strong>von</strong> daher entscheidende Bedeutung zu, da die<br />

Erzämter den Regenten des Reiches bestimmen! Es gibt folgende Erzämter im Reiche:<br />

1. Der Reichserzkanzler, momentan Hartuwal Gorwin, der Sohn Herzog Yast Gorsams,<br />

2. der Reichserzmarschall, momentan Leomar vom Berg, der jedoch in Wehrheim verschollen ist,<br />

3. der Reichserztruchsess, Fingorn <strong>von</strong> Mersingen, vermutlich mit Neuer Residenz untergegangen (da<br />

hatten Arwed und ich ihn noch gesehen).<br />

4. der Reichserzadmiral, Rudon <strong>von</strong> Darbonia, auf dem Weg nach Harben zur Klärung der Aufstände<br />

der Westflotte friedlich verstorben<br />

Es wurde beschlossen, dass der Reichserzmarschall nicht neu gewählt werden solle, solange der Verbleib<br />

Leomar’s nicht geklärt ist und unerfreulicherweise wurde es Marschall <strong>von</strong> Jergan nicht erlaubt in Vertretung zu<br />

stimmen! D.h. es standen die Ämter des Reichserztruchsesses und des Reichserzadmirals zur Neuwahl.<br />

Ebenfalls am Nachmittag ging Valen zur Akademie, um sich als einer der Bezwinger Galotta’s Eintritt zum<br />

ehemaligen Turme Galotta’s zu verschaffen. Doch er wurde unter fadenscheinigen Vorwänden rüde abserviert. Er<br />

erfuhr jedoch, dass der Turm ein sogenannter „Finger“ der Akademie ist und man nach dem Verrat Galottas den<br />

Turm vor vielen Jahren wohl stürmen wollte, aber nach dem Tod mehrerer Personen da<strong>von</strong> abgesehen hatte.<br />

Selbst Antimagier konnten wohl wenig ausrichten, doch die Akademie weigerte sich, die Geweihten des Praios<br />

hinzuzurufen. Dies soll angeblich einer der Gründe für die Verstimmungen zwischen der Spektabilität der<br />

Akademie und dem Herzog sein.<br />

12. Ingerimm 1027 BF / 34 Hal abends<br />

Am Abend bat uns Graf Rondrigan, die Albernische Delegation zum Gut Grötzentrutz zu begleiten, dort wolle<br />

man eine Pferdezucht begutachten. Wir sollten insbesondere ein Auge auf die Gräfin Salva Galahan haben,<br />

damit ihr nichts geschehe.<br />

Kaum dass wir dort ankamen, stellten wir fest, dass die Sorge Graf Rondrigans durchaus begründet war, denn<br />

eine Abordnung notmärkischer Adeliger war bereits kurze Zeit vor uns am Gut eingetroffen.<br />

Die Adeligen inspizierten die Rösser, während vom nahen Hundezwinger fortwährendes, wütendes Gebell ertönte,<br />

insbesondere als die Albernier daran vorbeigingen. Die Notmärker nahmen dies zum Anlass für allerlei<br />

Schmähungen und Beleidigungen, die mit gleicher Münze <strong>von</strong> den Alberniern zurückgezahlt wurden. Just in dem<br />

Moment, als die die Gemühter bereits zu explodieren drohten, hörten wir immer lauteres Hundegebell und schon<br />

stürzte sich die Meute auf uns. Die Adeligen zogen ihre Waffen blank und stürzten sich aufeinender, da jede<br />

Seite die andere als Angreifer wähnte. Ich zauberte geistesgegenwärtig einen Blitz auf drei heranstürmende<br />

Hunde, die daraufhin orientierungslos durch die Gegend liefen; Valen zauberte einen Fortifex aus seinem<br />

Stabspeicher, gegen den mehrere Hunde prallten – und benommen am Boden liegen blieben. Auffallend viele


Hunde stürzten sich jedoch auf Frau Galahan. Verrat! Dies war eine hinterhältige Falle, schoss es mir durch<br />

den Kopf, während die tapfere Frau unter nicht weniger als 5 Hunden zu Boden ging.<br />

Schnell erwog ich meine Möglichkeiten und wählte dann die einzige Alternative, immerhin durfte ich ja eigentlich<br />

nicht öffentlich zaubern: ein Paralysis auf Frau Galahan, damit die Hunde sie nicht zerreißen konnten. Hesinde<br />

und Phex zum Danke gelang mir der Zauber vorzüglich, so dass der Gräfin einstweilen keine unmittelbare Gefahr<br />

mehr drohen konnte.<br />

Während meine Gefährten die Hunde um Frau Galahan herum erschlugen, lief ich in den kleinen Nebenhof, in<br />

den sich die Adeligen entfernt hatten. „Haltet ein in der Götter Namen!“, schrie ich, doch ich wurde kaum gehört.<br />

Untätig musste ich zusehen, wie Prinz Hagrobald <strong>von</strong> Notmarken die Baronin Ewain Steppahan <strong>von</strong><br />

Albentrutz fällte.<br />

Sogleich wollte ich zu der Gefallenen eilen und nach ihren Wunden sehen, doch der verfluchte Notmarker brüllte<br />

mich an, dass sie tot sei und erlaubte mir nicht an ihre Seite zu knien. Grinsend und feixend stand er über der<br />

Erschlagenen und sonnte sich in seinem Stolz und seiner Selbstgefälligkeit.<br />

Verflucht soll er sein, vor Praios und Peraine. Sollte ich je die Gelegenheit haben, diesem Scheusal diese Tat<br />

heimzuzahlen, so warte Bürschchen, das hast Du nicht umsonst getan…<br />

Nachdem sich die Lage (nicht aber mein Gemüht) einigermaßen beruhigt hatte, umringten wir die steife Gräfin<br />

Galahan. Sie sah übel zerbissen aus, aber mein Paralysis hatte sie wohl vor dem Schlimmsten bewahrt. Trotzdem<br />

hatte sie einige kritische Fleischwunden. Nachdem ich den Paralysis-Cantus aufgehoben hatte, tippte ich sie 2x<br />

mit meinem Zauberstab an und wirkte die beiden Balsam-Canti auf sie. Damit war den schlimmsten Wunden,<br />

Wundbrand, etc. vorgesorgt, jedoch hatte sie noch genügend Schrammen, dass die magische Heilung nicht sofort<br />

offensichtlich war.<br />

Wir verbanden sie trotzdem überall, so dass es nicht auffiel, dass es ihr bereits deutlich besser ging und dann<br />

wurde sie <strong>von</strong> den Adeligen zum Lager der Albernier abtransportiert.<br />

Währenddessen machten sich meine Gefährten und ich auf, um herauszufinden, warum die Hunde sich so<br />

merkwürdig verhalten hatten. Denn Winhaller Wolfsjäger, so einer meiner Gefährten, gehen normalerweise<br />

niemals auf Menschen los.<br />

Da auffällig viele Hunde Frau Galahans linken Arm anfallen wollten, untersuchten wir ihre Kleidung und<br />

fanden auf dem linken Ärmel eine seltsame braune Farbe. Yuchdan schnüffelte daran, anscheinend besitzt er ob<br />

seiner Verbundenheit zu seinem bärischen Odûn eine ausgezeichnete Nase, doch er konnte nur sagen, dass das<br />

Zeugs einen sehr seltsamen Geruch hätte, den er nicht kannte.<br />

Am Hundezwinger stellten wir fest, dass jemand einen Riegel geöffnet hatte und dass das Wasser in der<br />

Tränke der Tiere ebenfalls gar seltsam roch. Da die Hundetränke <strong>von</strong> außen befüllbar war, konnte praktisch<br />

jeder etwas ins Wasser der Tiere getan haben. Im Nachhinein jedoch wurden die Hunde erst „besonders wild“,<br />

nachdem die Notmärker da waren, kurz bevor die Albernier ankamen, erfuhren wir <strong>von</strong> einem verwirrten<br />

Hundepfleger. Außerdem fanden wir eine seltsame rot-purpurne Feder <strong>von</strong> knapp einem Spann Länge.<br />

Später untersuchte ich die Feder mittels Odem und hernach mit dem Analys-Cantus. Ich stellte eine latente<br />

magische Aura fest; chaotisch, aber nicht dämonisch. Die Magie schien ähnlich der Elfenmagie, doch aber<br />

anders. Die Feder stammte zweifelsfrei <strong>von</strong> einem magischen Wesen. Ich vermute es handelt sich dabei um ein


Geschöpf aus einer Feenglobule oder etwas dergleichen. Nach der Analyse meditierte ich noch und ging<br />

anschließend zu Bett.<br />

13. Ingerimm 1027 BF / 34 Hal<br />

Um den Hintermännern des Anschlages auf Gräfin Galahan auf den Grund zu gehen, suchten wir eine<br />

Alchimistin vor den Toren Elenvina’s auf. Zwar darf man in der Stadt selbst nicht zaubern, dies gilt aber nur<br />

für die eigentliche Stadtgrenze. Daher hatte sich die Dame knapp hinter der Grenze einquartiert. Um ihr klar zu<br />

machen, dass es uns ernst ist, gingen wir alle hin.<br />

Nach kurzer Diskussion erfuhren wir, dass sie tags zuvor tatsächlich jeweils eine Flasche des Destinatums (die<br />

braune Paste auf Frau Galahan’s Ärmel) und des Furoitiums (das Zeugs im Trinkwasser der Hunde) an eine<br />

verhüllte Frau, kräftig, mittelgroß, mit einem Schwert bewaffnet verkauft hatte. Die beiden Komponenten bilden<br />

zusammen das so genannte Bestinoid, ein Alchymistikum welches unter Kaiser Perval entwickelt worden war<br />

und das jegliches Tier in eine reißende Bestie verwandelt, die den Träger des Destinatums nur zerfleischen will.<br />

Ich schmierte die Alchimistin mit 4 Dukaten und ließ mir eine genaue Aufstellung geben, welche Seite bisher,<br />

welche Alchimistika bei ihr erstanden hatte. Außerdem kaufte ich 3 Portionen Wirselkrautsalbe. Man weiß nie.<br />

Die verhüllte Frau hatte mit Federn bezahlt, wie wir eine gefunden hatten. Laut der Alchimistin soll es sich<br />

dabei um „Feenfedern“ handeln.<br />

Hm, stellt sich hier nur die Frage, ob die Verhüllte absichtlich eine Feder am Hundezwinger verloren hat, oder<br />

ob hier eine Falsche Fährte Richtung Albernia gelegt werden soll, immerhin hat jeder schon mal vom<br />

Farindelwald mit seinen Feenwesen gehört, und dieser liegt ja nun in Albernia. Dies würde bedeuten, dass ein<br />

Albernier hinter dem Anschlag auf Frau Galahan steckt. Ziemlich abwegig, meiner Meinung nach.<br />

Anschließend machten wir uns auf zum Herzogen Palast. Wir wollten Gräfin Allechandriel zu der Feder<br />

befragen, da Arwed meinte, sie würde sich wohl am ehesten mit Feen auskennen. Doch dort angekommen, stellten<br />

wir fest, dass dort gerade die Wahl zum Reichserzadmiral in vollem Gange war. Am Ende blieben noch zwei<br />

Kandidaten übrig: Der greise Storko <strong>von</strong> Gareth und der bekannte A<strong>von</strong> <strong>von</strong> Nordfalk, der auch den Titel<br />

Streiter des Reiches trägt. Von Nordfalk wurde denn auch zum neuen Reichserzadmiral gewählt.<br />

Direkt im Anschluss schritt die Versammlung zur Wahl des Reichserztruchsess. Nach kurzer Beratung<br />

standen zwei mögliche Kandidaten fest: Fürst Blasius vom Eberstamm, der Fürst des Kosch und der windige<br />

Orsinio <strong>von</strong> Falkenhag, der prompt auch gewählt wurde.<br />

Noch bevor wir beratschlagen konnten was dies bedeutete, rief Herzog Yast Gorsam die Erzämter zur geheimen<br />

Wahl des Regenten hinter verschlossene Türen.<br />

Panik wallte in mir auf: <strong>von</strong> den vier Ämtern waren nur drei anwesend. A<strong>von</strong> <strong>von</strong> Nordfalk würde wohl am<br />

ehesten für Bernfried <strong>von</strong> Tobrien oder Walpurga <strong>von</strong> Weiden stimmen. Doch die beiden anderen standen zu<br />

Yast Gorsam. Verdammt! Er griff nach dem Regentenamt um Selindian Hal zu bevormunden!<br />

Ich überschlug meine Möglichkeiten. Vielleicht konnte ich doch noch etwas retten. Da Rubald zwar nicht<br />

stimmen durfte, aber bei der Wahl als Stellvertreter Leomar’s zugegen sein durfte, gab ich ihm einen Zettel für<br />

Orsinio mit. Er solle die Abstimmung so lange als möglich verzögern, ich wollte etwas versuchen.


Dann sprintete ich los. Ich zauberte einen Bannbaladin auf einen Diener, so dass er sich nicht erinnern konnte<br />

und hieß ihn, mir den Weg zur Schatzkammer zu nennen. Dort würde ich hoffentlich schnell genug das<br />

Belastungsmaterial gegen Orsinio finden, damit ich ihn „umstimmen“ konnte. Mittels eines Ignoratia entledigte ich<br />

mich etwaiger Beobachter und rannte durch die Gänge… eine Treppe hoch. Das Schloss einer schmucklosen Türe<br />

knackte ich problemlos mit meinen Dietrichen, danach stand ich vor der letzten Tür zum Gang direkt zur<br />

Schatzkammer. Da Yast Gorsam jegliche Zauberei ablehnt, war ich sicher, dass mich keine magischen Fallen<br />

erwarten würden. Sorgfältig knackte ich auch dieses Schloss und schob langsam die Türe auf und machte einen<br />

Schritt in den Gang. Sofort sprang mein Gefahreninstinkt an und ich versuchte mich zurück zu werfen, doch ich war<br />

nicht schnell genug. Schlagartig wurde es Nacht um mich.<br />

Als ich wieder zu mir kam, lag ich in dem Gang auf dem Boden, in einer riesigen Blutlache. Ein<br />

Armbrustbolzen hatte mich <strong>von</strong> oben in die Schulter getroffen. Vermutlich hatte ich dank meines Instinktes gerade<br />

noch den Kopf zur Seite drehen können, sonst wäre ich in Boron’s Hallen eingegangen. Mühsam versuchte ich<br />

mich aufzurichten und sah mich um. Offensichtlich war über der Türe eine Windenarmbrust montiert, die man bei<br />

leicht geöffneter Türe erst aushaken hätte müssen, bevor man die Türe gefahrlos hätte öffnen können.<br />

Ich versuchte erst gar nicht den Bolzen herauszuziehen, da dies nur noch mehr Blut bedeutet hätte. Stattdessen<br />

versuchte ich ruhiger zu atmen und konzentrierte mich den Ignoratia-Cantus neu zu zaubern, da mein vorheriger<br />

durch meine Bewusstlosigkeit erloschen war – denn draußen waren bereits Schritte zu hören.<br />

Gerade als ich unter großer Mühe mit dem Zauber fertig war, betraten zwei Gardisten den Gang. Offensichtlich<br />

war zudem auch irgendwo ein Alarm ausgelöst worden – oder ich war einfach zu laut gewesen.<br />

Phex war wahrlich mit mir, denn es gelang mir, trotz meines deliriumartigen Zustandes, an den Wachen vorbei zu<br />

schleichen, die sich kurz hinter der Tür postiert hatten. Langsam stolperte ich durch die Gänge. Mir war übel<br />

und mir war schwindelig. Fast wäre ich hingestürzt. Endlich erreichte ich den Festsaal. Ich ging leise, bemüht<br />

möglichst keinen anzurempeln und keine blutige Spur zu hinterlassen zu meinen Gefährten. „Hilf mir“, raunte ich<br />

Arwed ins Ohr.<br />

Genau in diesem Augenblick öffnete sich die Türe und der Reichserzkanzler trat heraus und verkündete, dass<br />

Herzog Yast Gorsam zum neuen Regenten des Reiches gewählt worden war. Mir wollten fast die Beine<br />

wegknicken, und so musste ich mich an Arwed festhalten, der mich im Folgenden allgemeinen Aufruhr vorsichtig<br />

und sachte nach draußen bugsierte.<br />

Während im Festsaal bereits die Krönungszeremonie begann, bei der Yast Gorsam die Gerbaldskrone auf’s<br />

Haupte gesetzt wurde, bugsierte mich Arwed auf einen Abtritt und ich konnte endlich den Ignoratia fallen<br />

lassen. Erschrocken fragte mich Arwed was passiert war, aber ich winkte nur ab. Mehr bekam ich nicht mit, denn<br />

Arwed versetzte mir einen ordentlichen Hieb, so dass er mir den Bolzen herausschneiden konnte, denn dieser war<br />

mit üblen Widerhaken versehen gewesen. Ich kam wieder zu mir, nachdem er mir einen Heiltrank, den er bei der<br />

Alchimistin erstanden hatte, eingeflößt hatte. Ich war noch etwas wackelig auf den Beinen und ziemlich bleich ob<br />

des Blutverlustes, doch der Heiltrank hatte die schlimmsten Folgen des Bolzens geheilt. Ich wollte unbedingt<br />

wieder in den Festsaal. Ich zauberte einen Sapefacta, um die Blutreste verschwinden zu lassen und wir gingen<br />

zurück zum Festsaal.


Die Krönung war offensichtlich bereits vollzogen. Gerade war Yast Gorsam dabei die Lehnstreue <strong>von</strong> Invher ui<br />

Bennain, der Königin Albernias zu fordern. Doch diese widersetzte sich lauthals und bis auf 2 folgten ihr alle<br />

albernischen Adeligen nach. Diese beiden waren der Graf <strong>von</strong> Bredenhag, Irian <strong>von</strong> Crumold, der mit Ugunde<br />

vom Grossen Fluss, einer Tochter Yast Gorsams, verheiratet war und Rhianna Conchobair, Gräfin zu Winhall,<br />

Tochter <strong>von</strong> Isora <strong>von</strong> Elenvina. Gräfin Franka Salva Galahan sorgte für ungläubige Gesichter, als sie zuerst<br />

dem Reiche ihre Treue aussprach, doch hernach auch dem Königreich Albernia.<br />

Daraufhin verließen die Adeligen Albernias die Ratsversammlung. Auch wir schlossen uns an. Der<br />

Reichsfriede während der Versammlung sorgte dafür, dass keine Waffen gegen uns erhoben wurden.<br />

Während wir uns zurück zum Lager der Albernier begaben, erzählte uns Valen, dass Bernfried <strong>von</strong> Ehrenstein<br />

für Tobrien und Weiden seinen Eid auf das Reiche Rauls geschworen hatte, statt auf den Regenten. Kluger<br />

Bernfried!<br />

Im Zelt berieten wir was nun zu tun sei. Der Abfall <strong>von</strong> Bredenhag bedeutet knapp ein Fünftel der Fläche<br />

Albernias. Doch da mich meine Wunde schmerzte ließ ich mich abermals <strong>von</strong> Arwed verbinden, wobei er zwei<br />

Portionen der Wirselkrautsalbe verbrauchte. Anschließend begab ich mich für den Rest des Tages ins Bett.<br />

Abends fühlte ich schon etwas besser. Ich nutzte dies und meditierte ein wenig und legte mich für den Rest der<br />

Nacht abermals schlafen. Heute hatte ich wahrlich genug abbekommen, was für ein furchtbarer Tag!<br />

14. Ingerimm 1027 BF / 34 Hal<br />

Als ich erwachte, stellte ich fest, dass das Lager der Albernier bereits zum größten Teil abgebaut war.<br />

Unter Führung Königin Invher’s verließen die Albernier wenig später den Reichskongress. … Reichskongress,<br />

als ob es noch ein Reich gäbe, nach den gestrigen Geschehnissen. Ich fühlte mich wie in Trance. Der schlimmste<br />

mögliche Fall war eingetreten. Kein Feind <strong>von</strong> außen, weder die Liebfelder, noch die Despoten der Schwarzen<br />

Lande hatten vollbringen können, was Yast Gorsam gelungen war: Das Reich war zerbrochen, <strong>von</strong> innen.<br />

Eine nie gekannte Lehre machte sich in mir breit, als ich zuschaute, wie die Albernier langsam und gemessen aus<br />

der Stadt heraus ritten. Allein der königlichen Haltung und Ausstrahlung Invher’s ist es wohl zu verdanken,<br />

dass sie nicht mit faulem Gemüse und Eiern beworfen wurden. Doch die Elenviner ließen ihren Schmähungen freien<br />

Lauf. Ganz nebenher registrierte ich, dass Gräfin Galahan nicht im Tross mitritt. Verwundert blickte ich mich um,<br />

wo war sie? Hatte sie sich nun doch auf Seiten der Notmärker geschlagen?<br />

Was gab es jetzt noch zu tun für uns? Die Wahl war gelaufen. Gab es noch Hoffnung? Hatte ich gar „auf’s<br />

falsche Pferd gesetzt“, in dem ich mich dem Hause Gareth anbiederte?<br />

Nein! Allein die Spaltung des Reiches durch die Wahl Yast Gorsams hatte gezeigt, dass er das Reich nicht<br />

würde einigen können – oder nur durch Waffengewalt. Doch der Feind aller lauerte in den Schwarzen Landen,<br />

nicht in Albernia. Aber da<strong>von</strong> wusste Yast Gorsam sicherlich herzlich wenig, da er es ja immer gut verstanden<br />

hatte, sich aus der Verteidigung des Reiches herauszustehlen. Hass loderte in mir auf. Hatte ich für diesen<br />

Ursurpator mein Leben und gar mein Seelenheil riskiert? Nein!


Was könnte ich tun?, überlegte ich. Selindian war noch jung, zu jung um schnell Kaiser zu werden… Da fiel<br />

mir etwas ein: Wenn wir das Auge des Morgens wiederbeschaffen würden, könnte ich versuchen mittels des<br />

geheimen Reichssiegels den Aufenthaltsort <strong>von</strong> Königin Emer oder Königin Rohaja heraus zubringen. Und<br />

sollten beide gar wirklich tot sein, so könnte ich immerhin noch Kaiser Hal aufspüren; hatte mir Arwed nicht<br />

erzählt, dass Lothar <strong>von</strong> Nattersquell in der Elfenstadt Simyala ein Schwarzes Auge benutzt hatte und nach<br />

dem Verbleib <strong>von</strong> Kaiser Hal gefragt hatte?<br />

Da kam mir ein Gedanke: Wenn das Auge des Morgens den Aufenthaltsort <strong>von</strong> jeder beliebigen Person<br />

zeigen konnte, warum hatten sie dann Kaiser Hal nicht schon vor vielen Jahren gefunden?<br />

Es gab also nur eines: heute Nacht würde ich (mit meinen Gefährten, falls sie mitkommen würden) in Galotta’s<br />

Turm in der Akademie einbrechen um dort nach dem Auge des Morgens zu suchen!<br />

Doch zuvor bat Graf Rondrigan meine Gefährten und mich, ihn auf einem Ausritt zu begleiten. Verwundert hob<br />

ich eine Augenbraue. Jetzt ausreiten? Was soll das, es gab Wichtigeres zu tun! Doch sein fester Blick zeigte<br />

mir, dass es wohl wichtig sei. Nun gut, es sei, wir kamen mit.<br />

Wir bestiegen die Pferde und ritten über die Felder aus der Stadt heraus. Nach einiger Zeit kamen wir in einen<br />

Wald, doch Graf Rondrigan führte uns über einen Pfad durch das Unterholz, bis wir endlich an eine stille,<br />

verschwiegene Lichtung kamen. Dort stand ein Brunnen mit der Statue Kaiser Rauls, die Papyrusrolle und<br />

Zepter trug und mit der Raulskrone gekrönt war. Nach und nach trafen noch verschiedene andere Adelige ein,<br />

darunter auch Graf Eslam, Gräfin Franka Salva Galahan und zuletzt Prinz Selindian Hal!<br />

Graf Rondrigan Paligan hielt eine lange und bewegende Ansprache, wie es um Kaiser und Reich bestellt sei,<br />

auch er deutete einen möglichen Mord an Selindian an, mit dem Yast Gorsam die Kaiserkrone endgültig an sich<br />

reißen könnte. Tief in meinem Inneren berührten mich seine Worte und ich fasste neue Hoffnung. Er schloss mit<br />

den Worten: „Zieht mit mir das Schwert für unseren zukünftigen Kaiser!“ mit einem Blick auf Selindian. Wir<br />

alle schlossen uns an. Ich zog meinen Stockdegen und reckte ihn ebenfalls euphorisch in die Luft.<br />

Wir traten alle einzeln vor und schworen den heiligsten Eid, dem Hause Gareth unsere unverbrüchliche Treue<br />

und schworen Selindian Hal auf den Kaiserthron zu bringen. Auch ich schwor feierlich und ließ dabei auch<br />

meine falsche Haarfarbe fallen und gab meinen wahren Namen und meine Titel preis.<br />

In dieser Stunde wurde der „Bund <strong>von</strong> Greif und Fuchs“ gegründet, um Selindian auf den Thron zu bringen, der<br />

ihm durch Geburtsrecht zustand (falls weder seine Mutter noch seine Schwester wieder auftauchen sollten, versteht<br />

sich!) und dadurch das Reich wieder zu einen.<br />

Endlich hatte ich ein neues Lebensziel gefunden.


15. Ingerimm 1027 BF / 34 Hal<br />

Einen Tag nach dem wir den „Bund <strong>von</strong> Greif und Fuchs“ geschlossen hatten, war ein Gutteil der Hoffnungen<br />

bereits wieder verflogen – und Ernüchterung machte sich breit.<br />

Wir, das heißt Yuchdan Bradruchson, der Tierkrieger aus dem Gjaskerland, der inzwischen zu einem Schamanen<br />

seines Volkes geworden war, Arwed der Schmied aus Tjolmar, der inzwischen nach Nattersquell übergesiedelt<br />

war – und <strong>von</strong> dessen Familie wir immer noch keine Nachricht hatten, ferner Valen Kiesel, Kampfmagier aus<br />

Festum und zuletzt ich selbst, Travin Gerdenwald, Magier zu Rommilys und Gareth im Dienste der KGIA<br />

– die eigentlich mit dem Tode Dexter Nemrods aufgehört hatte zu existieren, saßen fast den ganzen Tag in<br />

unserem Zelt zusammen und beratschlagten was nun zu tun sei.<br />

Sigurd, der zwielichtige Streuner aus Gareth hatte es schon bald nicht mehr im engen Zelt ausgehalten und war in<br />

die Stadt aufgebrochen, „um die Lage zu erkunden“, wie er mich grinsend wissen ließ. Nun ich denke, ihm wird<br />

langsam erst bewusst, auf was er sich eingelassen hat – und mit wem er es zu tun hat. Es würde mich nicht<br />

wundern, wenn er sich alsbald klammheimlich absetzen würde.<br />

Die Albernier waren nahezu alle abgereist – und in den Straßen Elenvina’s feierten die Menschen die Ernennung<br />

„ihres“ Herzogs zum Regenten; nun wer sollte es ihnen auch verdenken?<br />

Doch wir, die wir eingeweiht waren, wussten was es bedeutete: Krieg. Krieg im Reiche, nicht an der Front zu<br />

den Schwarzen Landen, sondern Krieg im Innern. Der Abfall Albernias bedeutete faktisch die Spaltung des<br />

Reiches – und eines war klar: Unter einem Regenten oder Kaiser Yast Gorsam vom Großen Fluss würde es<br />

zwischen Albernia und den Nordmarken niemals Frieden geben.<br />

Nein, die Einheit des Reiches konnte allein durch einen Abkömmling des Hauses Gareth sichergestellt werden.<br />

Doch Selindian Hal, mit Verlaub, war ein Knabe, gerade 16 Jahre alt und verstand mehr vom Zechen als<br />

<strong>von</strong> Kampf oder Politik. Bei den Zwölfen, sein Vater war da doch ein anderes Kaliber gewesen, als er uns<br />

damals vor 16 Jahren gegen die Orks führte. Bei Rondra, was hatte ich damals Angst, als wir die Strassen<br />

<strong>von</strong> Gareth gegen die Tordochai verteidigten – und nun welche Schlachten habe ich seit damals geschlagen?<br />

Ach wenn doch das Schlachtfeld heutiger Tage so einfach und klar wäre, wie damals.<br />

Doch es blieb uns ein Hoffnungsschimmer: Das Auge des Morgens. Mit ihm und dem Reichssiegel könnte es<br />

mir gelingen, den Aufenthaltsort <strong>von</strong> einem der verschollenen Mitglieder des Hauses Gareth zu ermitteln, seien es<br />

nun Regentin Emer, Königin Rohaja, oder gar der für Tod erklärte Kaiser Hal. Meinetwegen auch den<br />

betagten Kaiser Alrik, der ja schließlich seinerzeit gelobt hatte, „zurückzukehren, wenn die Not am Größten<br />

sei!“ – Nun wenn nicht jetzt, wann denn dann?<br />

Wir besprachen gerade mögliche Vorgehensweisen, den ehemaligen Turm Galotta’s zu durchsuchen, als leise die<br />

Zeltplane unseres Zeltes zurückgeschlagen wurde, und zu unserer aller Überraschung der junge Selindian Hal<br />

unser Zelt betrat, in Begleitung einer vielleicht 30-jährigen Frau, die langes braunes Haar und grüne Augen<br />

hatte. Sie war recht schlank und man konnte ihre Ausstrahlung fast greifbar spüren, obwohl sie sichtlich nicht <strong>von</strong><br />

adeliger Herkunft war, ihren Bewegungen und Körperhaltung nach zu urteilen, wie mir schnell auffiel.<br />

Tatsächlich erinnerten ihre Sprechweise und Akzent eher an nördliche Gefilde – Bornland würde ich sagen, doch<br />

schon seit mehreren Jahren im Mittelreich. Obwohl sie weder die zerschlissene Bluse noch den verdreckten Rock


einer Bäuerin trug, sondern stattdessen ein einfaches grünes Kleid, das ihr ausgesprochen gut stand, ging eine<br />

deutliche Bodenständigkeit <strong>von</strong> ihr aus, die <strong>von</strong> einem Geruch nach frischen Blumen und Kräutern getragen wurde.<br />

„Hoheit, welch unerwartete Überraschung! Was verschafft uns die Ehre?“, grüßte ich Selindian und verneigte<br />

mich ehrerbietig. Auch die anderen grüßten den jungen Mann respektvoll.<br />

Unsicherheit stand in seinem Gesicht geschrieben, bohrende Fragen schienen ihn zu quälen. Er hieß uns wieder<br />

Platz zu nehmen und griff dankbar nach dem Weinpokal, den ihm Arwed kommentarlos entgegenhielt.<br />

Fast krampfhaft schlossen sich seine Hände um den Pokal, so als ob er sich – einem Ertrinkenden gleich –<br />

irgendwo festhalten wollte.<br />

Nachdem er sich umständlich gesetzt hatte, fing er leise an zu sprechen. Ich hatte Recht. Er war unsicher – und<br />

unerfahren. Bisher hatte er meist das entschieden, was ihm seine Ratgeber (u.a. die Grafen Paligan und Eslam)<br />

geraten hatten – doch hierher zu uns war er gekommen, um Rat <strong>von</strong> Leuten zu erbitten, <strong>von</strong> denen er sich<br />

Authentizität und Ehrlichkeit erhoffte. Unseren „unverblümten Rat“ wollte er erbitten. Er machte seine<br />

Besorgnis über die politische Situation deutlich – und sein Unwissen, wie es weitergehen sollte.<br />

Wir redeten lange mit ihm – und auch ehrlich. Es stimmte. Er war nicht bereit dafür, die Last der Kaiserwürde<br />

zu tragen – und hätte es auch nie sein sollen. Er war nicht der Draufgänger wie sein Vater, doch dafür konnte er<br />

nichts – aber momentan war er der Einzige, hinter dem sich das Reich friedlich einigen könnte, doch ich fürchtete<br />

zurecht, dass er nicht schnell genug erwachsen werden würde und die notwendige Reife – und auch Härte erlangen<br />

würde.<br />

Trotzdem schworen wir ihm und dem Reiche erneut die Treue, diesmal auf eine wesentlich persönlichere und<br />

ehrlichere Art, als an jenem Brunnen. Ich muss sagen, irgendwie mag ich den Jungen. Er hat so etwas<br />

Unschuldiges und Naives an sich. Hoffentlich wird es uns gelingen, ihm seinen Thron zu erhalten – und ihn am<br />

Leben.<br />

Wir informierten ihn über unserer Vorhaben, den ehemaligen Turm Galottas nach dem Auge zu durchsuchen. Da<br />

stellte er uns endlich seine Begleiterin vor, die bis dato schweigend, aber aufmerksam unser Gespräch mitverfolgt<br />

hatte. „Dies ist Fila, meine Vertraute. Sie wird Euch <strong>von</strong> nun an begleiten. Seid meine Augen und Ohren und<br />

passt auf Euch auf.“<br />

Als er unser Zelt verlassen wollte, erbot sich Arwed ihn zu begleiten, doch er lehnte ab, da er nicht wollte, dass<br />

die enge Verbindung zwischen ihm und „den Helden <strong>von</strong> Gareth“ allzu offenbar würde. Nachdem er uns<br />

schließlich mit Fila allein gelassen hatte, stellten wir uns nochmals gegenseitig vor. Ich hatte richtig vermutet, sie<br />

kam tatsächlich aus dem Bornland – und war Heilerin <strong>von</strong> Beruf. Valen versuchte prompt einen Odem, doch ob<br />

er erfolgreich war, konnte ich in seinem Gesicht nicht ablesen. Auch ich erwog einen Odem zu zaubern, doch falls<br />

es sich bei Fila wirklich um eine Hexe oder Druidin handeln sollte, ein Magiersiegel hatte sie jedenfalls nicht<br />

auf ihren Handflächen, dann würde sich das noch früh genug zeigen – und ich dachte, dass ich all meine Kräfte<br />

in Galotta’s Turm noch brauchen würde.<br />

Selindian Hal vertraute ihr, das sollte mir einstweilen genügen.


Wir mussten noch einige Stunden warten, ehe es spät genug war, aufzubrechen. In der Zwischenzeit war auch<br />

Sigurd aus der Stadt zurückgekehrt und hatte alle möglichen Dinge gebracht, die wir für das Eindringen in den<br />

Turm brauchen konnten. Ich nahm mir eine Blendlaterne. Einen guten Satz Dietriche nenne ich sowieso mein<br />

Eigen.<br />

Endlich war es soweit und wir schlichen durch die Stadt bis zur Magier-Akademie und dort durch den Park zum<br />

Turm, den Galotta vor einer Ewigkeit mal bewohnt hatte. Als wir endlich vor dem Turm standen, nachdem wir<br />

uns mehr oder eher weniger (in meinem Falle) geräuschlos durch das Unterholz gekämpft hatten, das den Turm<br />

umgab, war es tatsächlich so, dass Arwed und Sigurd die vernagelte Tür zum Turm nicht zu sehen vermochten –<br />

ganz im Gegensatz zu uns anderen. Sicherlich wieder der Widerwille-Cantus, allerdings entweder schon sehr alt<br />

und abgeschwächt, oder aber der Zauberer war nicht sehr gut in diesem Zauber bewandert, immerhin musste ich<br />

noch nichtmals die Technik des „Eisernen Willens“ anwenden, um der Türe ansichtig zu werden.<br />

Yuchdan stemmte mit Sigurds Brecheisen die Bretter weg und legte die Tür frei. Nachdem wir Sigurd und<br />

Arwed zur Türe geführt hatten, und sie diese mit geschlossenen Augen betasten ließen, gelang es endlich auch<br />

diesen beiden, den Zauber zu unterdrücken. Wir brauchten einige Zeit, bis wir endlich die Türe mit Sigurd’s<br />

Dietrichen aufgeschlossen hatten: Nachdem sich Sigurd, meinereiner und Arwed vergeblich gemüht hatten,<br />

versuchte ich es ein zweites Mal – und diesmal gelang es mir, die Türe zu öffnen.<br />

Vor uns lag das Dunkel des Turmes – und Galotta’s Schrecken, die er für diejenigen bereitet hatte, die<br />

wahnsinnig genug waren, nach seinem Eigentum zu trachten – also uns. Im kargen Licht der beiden Blendlaternen,<br />

die Sigurd und ich trugen, erkannten wir eine Art großer Unterrichtssaal, der halbkreisförmig gut den halben<br />

Turm einnahm. An der Wand stand ein Lesepult mit einem aufgeschlagenen Buch und im Raum verteilt waren<br />

über ein Dutzend kleine Schemel für die Studiosi. Entgegen meiner Erwartung schlug mir weder der muffige<br />

Geruch abgestandener Luft entgegen, noch waren Boden, Schemel und Pult mit Staub überzogen …. seltsam.<br />

Während Valen einen Odem intonierte, den er nur schwerlich zu Wege brachte, warf ich einen neugierigen Blick<br />

in das Buch, doch es waren nur „die Zwölfgöttlichen Weisungen“. Nun, dieses Buch hatte ich wahrlich oft<br />

genug gelesen. Zeitgleich verteilten sich unsere Gefährten im Raum und Yuchdan schloss die Türe nach draußen.<br />

Danach konnten wir die Laternen heller aufblenden.<br />

An der geraden Wand hinter dem Lesepult befand sich eine Türe, welche in die andere Hälfte des Turmes<br />

führte. Plötzlich machte sich Unruhe breit. Ich war gerade dabei durch die Tür zu spähen, als wir mehrmals<br />

klopfende Geräusche vernahmen. Arwed meinte, dass das Klopfen <strong>von</strong> der Unterseite eines der Schemel<br />

gekommen sei – und drehte ihn um. Doch es war nichts Ungewöhnliches zu sehen. Verärgert stellte er ihn verkehrt<br />

herum wieder hin. Danach machte er sich daran, die Eingangstüre zu verbarrikadieren, damit uns niemand in den<br />

Rücken fallen konnte. – Ob das eine gute Idee war?<br />

Vorsichtig betrat ich den nächsten Raum, der den restlichen Turm einnahm. Außer einigen Regalen und Kisten<br />

war wenig zu sehen. Auch hier lag kein Körnchen Staub herum.<br />

Als ich abermals ein Klopfen hörte, begann ich damit einen Occulus zu wirken – doch ich kam nicht dazu den<br />

Zauber zu vollenden, denn plötzlich tauchte vor mir eine verzerrte Dämonenfratze auf, die mich dermaßen<br />

erschreckte, dass der Zauber in sich zusammenbrach und ich ängstlich zitternd in die Knie ging.


Valen jedoch, völlig unbeeindruckt, sprang über mich hinweg und schlug mit seinem Zauberstab einen mächtigen<br />

Hieb auf das Ding, worauf es kreischend zerplatzte.<br />

Ich brauchte eine Weile, bis ich mich wieder gefangen hatte. Bei Praios, wie konnte ich nur so <strong>von</strong> einer<br />

Illusion verängstigt werden! Ich beschloss, meinen Mut zu stärken und begann einen Attributo Mut-Cantus, als<br />

plötzlich ein Brieföffner aus einem Regal auf mich zuschoss und sich in meine Seite bohrte!<br />

Zwar hatte mich mein Gefahreninstinkt wie üblich gewarnt, doch wie üblich war ich wieder zu langsam dem<br />

Geschoß auszuweichen. Ich biss die Zähne zusammen und beendete den Zauber, der meinen Mut für die nächste<br />

Stunde deutlich stärken sollte. Danach rief ich Fila zu mir, damit sie mir das Ding herauszog und mich<br />

verbinden konnte. Ich war ganz froh, dass wir neuerdings eine Heilkundige bei uns hatten.<br />

Sie war gerade fertig geworden, als ihr Sigurd plötzlich grundlos und ohne Vorwarnung einen Dolch in den<br />

Rücken stieß und sie zu mir in die Arme taumelte. Arwed ließ ein wütendes Knurren hören und stürzte sich auf<br />

den verwirrten Sigurd, der kalkweiß im Gesicht den blutigen Dolch in seiner Hand, anstarrte.<br />

Während ich Fila langsam zu Boden gleiten ließ, rief ich Arwed zu, er solle einhalten, doch er brach seinen<br />

Angriff erst ab, nachdem er Sigurd bereits mehrmals schwer getroffen hatte. „Ich wurde beherrscht“, stammelte er<br />

fassungslos… „eine Stimme sagte mir, dass ich sie töten sollte.“<br />

Irgendetwas ging hier um, ein Geist oder etwas dergleichen, vermutete ich. Doch da ich damit keine Erfahrungen<br />

hatte, behielt ich meine Vermutung erst einmal für mich.<br />

Inmitten des Turmes führte eine Wendeltreppe nach oben und auch nach unten. Wir beschlossen, zuerst nach<br />

oben zu schauen. Nachdem ich Fila verarztet hatte und diese Sigurd, begaben wir uns daran, in das nächste<br />

Stockwerk hochzusteigen. Valen zuvorderst, danach Yuchdan und danach ich. Valen klopfte vorsichtig mit seinem<br />

Stab die Stufen vor ihm ab, um etwaige Illusions-Fallen zu erkennen, doch es nutzte nichts. Plötzlich löste sich<br />

unter ihm eine Stufe in feinen Staub auf, und schier gar wäre er in den Keller hinab gestürzt.<br />

Nach dieser Erfahrung banden sich Yuchdan und Valen an ein Seil, doch es gab keine weiteren<br />

Komplikationen, bis wir im nächsten Stock ankamen.<br />

Wir betraten eine Art Esszimmer mit einem großen Tisch. An den Wänden standen einige Truhen und<br />

Schränke. Einen Messerblock aus einem der Schränke warf ich nach der Erfahrung mit dem Brieföffner sofort in<br />

eine der Truhen. Vom Esszimmer aus führten zwei Türen in die anderen Zimmer dieses Stockwerkes. Ich machte<br />

die linke da<strong>von</strong> auf und sah ein opulentes Schlafgemach mit einem riesigen Himmelbett – und einem lebensgroßen<br />

Bildnis <strong>von</strong> Galotta in herrischer Pose an der gegenüberliegenden Wand!<br />

Obwohl ich wusste, dass es ein Fehler war, konnte ich nicht anders. Ich durchquerte das Zimmer in eiligen<br />

Schritten und mit einer fließenden Bewegung zog ich meinen Stockdegen und „köpfte“ den Reichsverräter.<br />

Plötzlich schossen aus den Augen des Portraits zwei Kugelblitze auf mich zu. Ich warf mich zu Boden, doch<br />

es nutzte nichts. Ich hörte einen Knall, ein widerlicher Geruch stach in meine Nase und um mich herum wurde es<br />

Nacht.<br />

Als ich wieder zu mir kam, lag ich im Esszimmer neben dem Tisch. Über mir kniete Fila und schaute mich<br />

besorgt an. Verwirrt blickte ich mich um, da fielen mir die Blitze wieder ein: ein Kulminatio Kugelblitz! Ich<br />

hatte <strong>von</strong> diesem Zauber bisher nur gelesen, ihn aber niemals gesehen – oder gar jemanden kennen gelernt, <strong>von</strong> dem<br />

ich wusste, dass er ihn beherrschte.


Ich brauchte einige Minuten, bis ich wieder aufstehen konnte, währenddessen erzählte mir Fila was geschehen<br />

war, während ich bewusstlos am Boden gelegen war.<br />

Arwed war im Esszimmer fast <strong>von</strong> einer Vorhang-Kordel erwürgt worden, doch Sigurd hatte ihn mit einem gut<br />

gezielten Wurfstern befreien können. Danach erkundeten Sigurd und Yuchdan das Schlafzimmer, als Sigurd<br />

plötzlich <strong>von</strong> einer unsichtbaren Kraft auf das Bildnis Galotta’s zu gezogen wurde und noch einen Kulminatio<br />

ausgelöst hatte. Zum Glück war dieser weniger stark als der, der mich zu Boden gestreckt hatte. Valen versuchte<br />

daraufhin das Bildnis mit einem Bettlaken abzudecken und löste damit einen dritten Kulminatio aus. Er rannte<br />

vor dem Kulminatio da<strong>von</strong>, doch dieser folgte ihm auch ins Esszimmer. Valen flüchtete durch die zweite Türe in<br />

die Küche und schlug die Tür hinter sich zu. Der Kulminatio schlug darauf prompt in diese ein und hinterließ<br />

dort einen hässlichen Brandfleck.<br />

Doch die Sicherheit der Küche war trügerisch, wie Valen feststellen musste, als plötzlich etliche Messer auf<br />

ihn zuflogen und ihn drei da<strong>von</strong> förmlich an die Türe nagelten. Schnell machten wir die Türe auf und zogen die<br />

Messer aus ihm heraus. Während noch mehr Messer in der Küche zu wackeln begonnen, schlugen wir schnell<br />

die Türe wieder zu – und beschlossen auf eine weitere Erkundigung vorerst zu verzichten.<br />

Nachdem wir Valen verarztet hatten, kam Yuchdan aus Galotta’s Schlafzimmer und hatte sich tatsächlich eine<br />

einfache weiße Magierrobe Galotta’s übergezogen! Ich konnte nur den Kopf schütteln. Oh dieser Kindskopf!<br />

Da hier nichts weiter zu finden war, stiegen wir vorsichtig die Treppe in der Mitte des Turmes hoch in den<br />

nächsten Stock. Hier fanden wir ein Alchimielabor, das wiederum ungefähr den halben Turm einnahm. Während<br />

ich mich vorsichtig umsah, jederzeit darauf gefasst, dass mir wieder irgendetwas um die Ohren flog, schauten sich<br />

die anderen ebenfalls im Raum um. Yuchdan ging zur Türe, die in den angrenzenden Raum führte.<br />

Plötzlich stürzte er sich brüllend auf Arwed und schlug in mit einem heftigen Schlag nieder! „BLITZ“ schrie<br />

ich – und deutete auf Yuchdan, doch es nutzte nur wenig. Weiter brüllend schlug er mehrere Male auf Sigurd<br />

ein, der ein um’s andere Mal nur knapp den Schlägen der furchtbaren Barbarenstreitaxt ausweichen konnte.<br />

Sigurd begann sich zu wehren, und warf einen Borndorn nach Yuchdan, der den Gjalskerländer im Kopf traf,<br />

dort auch stecken blieb, doch keinerlei Wirkung zeigte! Wie ein wildgewordener Stier schlug und hackte<br />

Yuchdan unbeeindruckt weiter nach Sigurd. Sämtliche Versuche, den Raum zu verlassen schlugen fehl, da<br />

irgendein mächtiger Zauber uns daran hinderte das Treppenhaus zu betreten.<br />

Da sprang Valen hinzu, zeigte auf Yuchdan und brüllte „Horriphobus!“ Ich hatte eigentlich keine wirkliche<br />

Reaktion erwartet, doch der Zauber zeigte tatsächlich Wirkung! Valen stellte sich schützend vor den zitternden<br />

Sigurd und scheuchte Yuchdan, in eine Ecke des Raumes. Da Yuchdan offensichtlich <strong>von</strong> einem starken<br />

Einfluß- oder Herrschaftszauber getroffen worden war, stellte ich ihn kurzerhand mit einem Paralysis erstmal<br />

ruhig. Danach zauberte ich einen Oculus und analysierte zum einen Yuchdan, zum anderen den Zauber, der uns<br />

am Verlassen des Raumes hinderte. In beiden Fällen handelte es sich um starke Einflusszauber, die mit großer<br />

Sicherheit auf Galotta persönlich zurückgingen. Ich entdeckte auch, dass der Auslöser wohl Yuchdan’s Berühren<br />

der Klinke der Tür in den nächsten Raum war.<br />

Bei dem Zauber, der Yuchdan so aufgestachelt hatte, handelte es sich wohl um einen „Karnifilo“ in der<br />

Blutrauschvariante. Der Zauber, der uns am Verlassen des Raumes hinderte war wohl ein „Band und Fessel“.<br />

Beides typische Einfluss-Zauber wie sie in Elenvina gelehrt wurden, als Galotta hier noch Spektabilität war.<br />

Ich war mir denn auch ziemlich sicher, dass beide Zauber vom Verräter persönlich gezaubert worden waren.


Immerhin hatte ich bereits einige seiner Zauber und Artefakte analysiert und wusste, wonach ich schauen musste,<br />

um seine „Handschrift“ zu erkennen.<br />

Glücklicherweise habe ich mich mit dem „Einfluss Bannen“-Cantus auf der Akademie in Gareth ausführlich<br />

beschäftigt, ist er doch gar einer der Antimagie-Zauber, die mir besonders leicht <strong>von</strong> der Hand gehen. Und so<br />

hatte ich auch wenig Mühe beide Zauber zu brechen – was mich irgendwie ziemlich befriedigte, obwohl ich wusste,<br />

dass er noch keinesfalls die Meisterschaft späterer Jahre besessen hatte, als er diese Zauber gewoben hatte.<br />

Eine nähere Untersuchung der Türe ergab, dass dort keine weiteren Zauber aktiv waren. Interessant ist im<br />

Nachhinein, dass sich Galotta’s Zauber über derart viele Jahre gehalten haben. Üblicherweise ist es doch so,<br />

dass ein Applicatus nach spätestens einem halben Jahr endet. Und die Matrizen eines Infinitum, konnte ich<br />

deutlich nicht ausmachen. Wie dem auch sei. Ich hob auch den Paralysis auf und Yuchdan brach prompt<br />

zusammen. Wen wundert das, wenn man einen Wurfdolch im Kopf stecken hat. Fila kümmerte sich sofort um<br />

ihn. Den Arwed hatte sie in der Zwischenzeit bereits verarztet. Inzwischen hatte ich auch erfahren, dass sie<br />

tatsächlich eine Tochter Satuaria’s ist – und ein besonderes Händchen für die Heilmagie hat. Hesinde und<br />

Peraine sei Dank, dass wir sie dabei hatten. – Wären inzwischen doch sicherlich alle <strong>von</strong> uns in diesem<br />

vermaledeiten Turm in Boron’s Hallen eingegangen.<br />

Arwed war indes an die Regale herangetreten und begann verschiedene Alchimistika, die ihm passend erschienen,<br />

einzupacken. Ich hoffe nur, dass der hinterhältige Galotta vor seiner Abreise aus diesem Turm, nicht die<br />

Etiketten vertauscht hat. Da ich mit meinen astralen Kräften inzwischen ziemlich am Ende war, gab mir Arwed<br />

einen Astraltrank und nach kurzem Prüfen, trank ich ihn in einem Zug. Hesinde sei Dank, frischte er zwar<br />

meine geistige Kraft wieder auf, jedoch nur geringfügig.<br />

Mit einem Male hörten wir unten Schritte! Jemand hatte den Turm betreten und lief leise im Stockwerk unter<br />

uns herum! Nachdem wir einige Zeit gelauscht hatten, hörten wir plötzlich das Auslösen eines weiteren<br />

Kulminatio – doch weder folgten ein dumpfer Schlag, noch ein Schmerzensschrei darauf. Kurze Zeit später<br />

hörten wir abermals Schritte und jemand betrat das Terppenhaus. Wir hörten ein leises Klirren und als wir<br />

nachsahen, bemerkten wir, dass auf einer Treppenstufe zwei Fläschchen lagen.<br />

Sigurd warf einen Dolch nach einem der Fläschen – und zerstörte es. Dieser Idiot! Fluchend hielt ich ihn da<strong>von</strong><br />

ab, auch das andere Fläschchen kaputt zu machen. Stattdessen schickte ich ihn der fremden Person nach, doch er<br />

fand niemanden mehr, wie er später berichtete, als er zurückkehrte. Wir untersuchten indes die beiden Fläschchen<br />

und stellten fest, dass es sich dabei tatsächlich um Heiltränke gehandelt hatte – und Sigurd, der Unwissende,<br />

hatte einen vergeudet.<br />

Dann öffneten wir die Türe in unserem Stockwerk und fanden uns in einer staubigen, muffigen Bibliothek wieder.<br />

Seltsam, hier schien niemand gereinigt zu haben. Fila und ich betraten vorsichtig die Bibliothek.<br />

Ich besah mir etliche alte Schriften und Papiere. Tatsächlich fand ich alte Zeugnisse, <strong>von</strong> Galotta’s Taten und<br />

Vorhaben. Ferner ein interessantes Buch: „Das Buch der Kontrolle 2“. Sicherlich mochte es die eine oder<br />

andere nützliche Thesis enthalten. Ich war gerade dabei, die Beweisstücke und das Buch einzupacken, als<br />

plötzlich mein Gefahreninstinkt ansprang und ich mich gerade noch halb vor dem umfallenden Regal in Sicherheit<br />

bringen konnte, doch um Fila war es geschehen. Das schwere Regal begrub sie mit lautem Rumpeln unter sich.


Schnell rief ich Arwed und Yuchdan, die das Regal <strong>von</strong> ihr und mir hoben. Mir war wenig passiert, doch Fila,<br />

lag leblos, zerschmettert am Boden. Schnell kniete ich mich zu ihr hin und wob den Balsam-Cantus.<br />

Danach war Fila zwar wieder auf den Beinen, doch um meine astralen Kräfte war es nun endgültig geschehen.<br />

Da reichte mir Arwed abermals einen Astraltrank. Wie viele mochte er noch bei sich haben? Dieser jedenfalls,<br />

war äußerst potent und frischte meine astrale Macht zur Gänze auf!<br />

Solcherart gerüstet drangen wir in den Dachboden vor, auf dem wir ein Pentagramm mit 5 roten Kerzen fanden.<br />

Noch während ich überlegte, was dies genau bedeutete, materialisierte sich ein Braggu, eine grünlich schillernde,<br />

stinkende Dämonenfratze aus der Domäne Thargunitoth’s. Eben wollte ich einen Ignifaxius beginnen, da erschien<br />

abermals die grässlich entstellte Dämonenfratze aus dem Erdgeschoß vor mir und erschreckte mich abermals<br />

dermaßen, dass ich ängstlich zurückwich.<br />

Doch Arwed, Yuchdan und Sigurd sprangen furchtlos in den Kampf. Ich warf Sigurd meinen Stockdegen zu,<br />

denn das Bannschwert mochte ihm gegen den Dämon und den Spuk sicherlich besser helfen als seine Dolche. So<br />

war es denn auch: die drei machten kurzen Prozess mit den unheiligen Kreaturen.<br />

Während meine Gefährten den Dämon und die Fratze vernichteten, hatte ich – trotz meiner Angst – Gelegenheit<br />

die Fratze eingehender zu betrachten. Es war die verbrannte Fratze einer Elfe. Da fielen mir die Geschichten <strong>von</strong><br />

Galotta ein, der ja mit einigen Elfinnen zusammen gelebt haben sollte und diese angeblich als seine Dienerinnen<br />

an sich gebunden haben sollte. Offensichtlich war diese Dienerin auch über ihren Tod hinaus zumindest an diesen<br />

Turm gebunden gewesen – und trieb hier als „Spuk“ ihr Unwesen. Sicherlich war sie es auch gewesen, die den<br />

Turm peinlich sauber gehalten hatte.<br />

Nachdem sie vernichtet war, löste sich auch meine Angst in Wohlgefallen auf. Arwed stellte fest, dass unser<br />

Eindringen in den Turm nicht unbemerkt geblieben war – und dass sich draußen inzwischen eine Menschenmenge<br />

versammelt hatte, darunter nicht wenige Magister der hiesigen Akademie. – Immerhin gehörte Galotta’s Turm ja<br />

zu dieser.<br />

Wir durchsuchten nun nochmals alle Stockwerke äußerst gründlich. Es gab keine weiteren unliebsamen<br />

Überraschungen, wenn man <strong>von</strong> dem Großen Schröter absah, der sich im Keller eingenistet hatte. Zwar waren<br />

ihm in der Vergangenheit wohl einige unvorsichtige Eleven zum Opfer gefallen, aber Sigurd erledigte ihn aus<br />

sicherer Entfernung mit einigen gut gezielten Borndornen.<br />

Das Bild Galotta’s im Schlafzimmer war abgehängt worden und dahinter fanden wir einen leeren Hohlraum, der<br />

groß genug für einen Folianten und ggf. zwei Heiltränke war. Vermutlich hatte unser unbekannter Helfer das<br />

Buch welches sich dort befunden haben könnte, oder was es auch sonst war, mitgenommen.<br />

Hinter der Küche fanden wir ein kleines Kämmerlein mit den Habseligkeiten einer Elfe. Kein Wunder hatte<br />

der Spuk die Küche so vehement verteidigt. Ein trauriges Schicksal, dachte ich bei mir.<br />

Sigurd, hatte inzwischen einen ganzen Sack voller Plündergut zusammengerafft. Im Geheimen fragte ich mich, ob<br />

es wirklich eine gute Idee war, ihn mit auf unsere Mission zu nehmen, wo doch der Mammon so dermaßen wichtig<br />

für ihn schien.<br />

Das Auge des Morgens jedoch, weswegen wir eigentlich gekommen waren, fand sich nirgends. Verdammt!<br />

Jemand hatte uns äußerst erfolgreich auf die falsche Fährte geführt!


Bevor wir nach draußen gingen, ließ ich den Pectetondo fallen, um als Travin Gerdenwald, Magus der<br />

KGIA auftreten zu können – und verstärkte meine Resistenz gegen magische Beeinflussung mit dem<br />

Psychostabilis-Cantus und der Technik des Eisernen Willens. Sicher ist sicher, dachte ich bei mir. Immerhin<br />

werden an der hiesigen Akademie doch insbesondere Einfluss- und Herrschaftszauber gelehrt.<br />

Wie ich es gelernt hatte, setzte ich eine zufriedene und überhebliche Mine auf, die meinen zerschundenen und<br />

gequälten Körper Lügen strafte. In meinem verbrannten und zerfetzten Wappenrock bot ich so sicherlich einen<br />

durchaus beeindruckenden Anblick. Um hier heil herauszukommen, bedurfte es größter Überzeugungskraft, soviel<br />

war sicher.<br />

Dann schritt ich, meine Gefährten im Schlepptau, unerschrocken und zuversichtlich nach draußen, direkt in die<br />

Arme <strong>von</strong> Ruane <strong>von</strong> Eschenbach, der Stellvertretenden Spektabilität der Akademie zu Elenvina. Sie begann<br />

denn auch gleich förmlich zu explodieren vor Wut, hatte sie persönlich doch Valen strengstens verboten, den Turm<br />

auch nur in Augenschein zu nehmen.<br />

Ich ignorierte ihre Triade und erwiderte in scheidendem Tonfall: „Magus Travin Gerdenwald zu Gareth,<br />

KGIA, übergebe den Turm des Gaius Cordovan Eslam Galotta gesichert und gesäubert.“ Dabei streckte ich<br />

ihr meinen Siegelring entgegen.<br />

Ihr wollten schier die Augen aus dem Schädel springen, doch sie gab noch nicht klein bei. Ob wir um die<br />

Gefahren wüssten, die der Turm barg? Wir hätten getötet werden können, fauchte sie mich an!<br />

Ob sie meinen würde, dass wir Angst vor dem Erzverräter hätten, nachdem wir seine fliegende Festung infiltriert<br />

und ihn bereits getötet und seine Festung zum Absturz gebracht hatten?“, fragte ich sie ruhig. (Nun gut, das war<br />

nicht die ganze, reine Wahrheit, aber auch nicht wirklich gelogen, immerhin waren wir ja für Tod & Absturz<br />

verantwortlich…)<br />

Das gab ihr dann schon deutlich zu denken. Da gab ich ihr den verbalen Gnadenstoß. „Wenn es Euch geruht,<br />

können wir auch nach dem Praios-Tempel schicken, um darüber zu informieren, dass ein Dämon im Dachgeschoß<br />

umging und ihr jahrelang nichts dagegen unternommen habt!“ Ich wusste, dass die elenvinische Akademie kaum<br />

mehr Einfluss auf das Herzogenhaus hatte, seit den Tagen Galotta’s und dort immense Befürchtungen bestanden,<br />

der Herzog würde beim kleinsten Anlass die Akademie endgültig schließen.<br />

Und tatsächlich, kleinlaut, wie eine geprügelte Hündin, fragte sie, ob der Dämon vernichtet sei.<br />

„Selbstverständlich!“, ließ ich sie mit verächtlichem Tonfall wissen. Doch bevor sie uns abziehen ließ verlangte sie<br />

noch <strong>von</strong> uns, dass wir keine Gegenstände aus dem Turme mitnehmen dürften. Ein Hinweis <strong>von</strong> mir, dass die<br />

beschlagnahmten Unterlagen für Galotta’s Reichsverrat der KGIA zustehen, sorgte dafür, dass ich meine<br />

Tasche samt dem Buch behalten konnte. Doch Sigurd musste seinen Sack auskippen und praktisch alles<br />

dalassen, was ihn nicht gerade fröhlich stimmte.<br />

Immerhin hatte ich durch das Gespräch erfahren, dass die Truhe mit dem Auge des Morgens vermutlich niemals<br />

das Herzogenschloss verlassen hatte. Denn in der angeblich so schweren Truhe, die der Magierakademie<br />

geliefert worden war, war es definitiv nicht gewesen – doch man hatte dafür gesorgt, dass in der ganzen Stadt<br />

entsprechend subtile Gerüchte umgingen.<br />

Entweder waren wir einer Täuschung Yast Gorsams aufgesessen oder diese war <strong>von</strong> Isora <strong>von</strong> Elenvina inszeniert<br />

worden – aber das war nicht wirklich relevant. Tatsache und überaus frustrierend war, dass wir das Auge nicht<br />

gefunden hatten – und ich somit keine Chance hatte, einen weiteren Abkömmling des Hauses Gareth aufzuspüren.


Dann endlich konnten wir uns auf den Heimweg machen, doch noch bevor wir den Lagerplatz erreichten, trafen<br />

wir auf einen Mann, der mir zuerst nur vage bekannt vorkam. Er stellte sich als „Wulfram Eschenbacher“ vor,<br />

doch nach einigem Überlegen erkannte ich in ihm den Nanduriaten, der wie ich einst an der Akademie zu<br />

Rommilys studiert und für die KGIA gearbeitet hatte. Doch er hatte die KGIA verlassen und war nun für<br />

die Nachrichtenagentur Nanduria tätig. Ich hatte ihn das letzte Mal im Lieblichen Feld in Horasia getroffen,<br />

als er meinen damaligen Gefährten und mir zwar einige Informationen entlockt hatte, uns letztendlich aber geholfen<br />

hatte, das heilige Schwert Araschar zu erringen bzw. es zu behalten. An den Namen, den er damals benutzt<br />

hatte, konnte ich mich nicht mehr erinnern, aber das spielte nicht wirklich eine Rolle.<br />

Obwohl ich mir nichts sehnlicher wünschte, als meinem zerschundenen Körper einige Stunden Schlaf zu gönnen,<br />

riss ich mich zusammen. Ein Blick auf meine Gefährten zeigte mir, dass es diesen nicht anders ging. Nur Arwed<br />

kannte den Nanduriaten noch <strong>von</strong> Horasia. Doch auch die anderen erhoben keinen Einspruch und wir ließen uns<br />

<strong>von</strong> Wulfram zu einem späten Bier einladen.<br />

Selbstredend hatte er sich bereits zusammengereimt, dass wir diese Nacht Galotta’s Turm auseinander genommen<br />

hatten. Ob er das nur geraten hatte, oder ob ihm das tatsächlich einer seiner Helfershelfer zugetragen hatte, war<br />

dabei irrelevant. Schließlich war allein unser Anblick beweiskräftig genug.<br />

Er war jedoch nicht allein sondern hatte eine Leibwächterin bei sich, die einen sehr entschlossenen Eindruck machte<br />

und sie war es vermutlich, die Valen mit einem Blitz ausschaltete, als er Wulfram mittels eines „Blick auf’s<br />

Wesen“ examinieren wollte.<br />

Wulfram und ich redeten mit den Floskeln und Umschreibungen geübter Diplomaten aufeinander ein, jeder<br />

bemüht, dem anderen eine Information aus der Nase zu ziehen, doch beide recht wenig erfolgreich. Letztendlich<br />

lief es darauf hinaus, dass Wulfram wie immer hinter den neusten Informationen her war – und ich wissen wollte,<br />

wo das Auge des Morgens steckte und woher die roten Federn kämen. Zudem wollte er wissen, auf welcher<br />

Seite wir stünden. Ja, durchaus eine gute und berechtigte Frage. Wenn ich das nur selbst wüsste. Früher hätte<br />

ich ohne zu zögern geantwortet: „Auf der Seite des Reiches natürlich.“ Doch was war „das Reich“ in diesen<br />

Tagen?<br />

Wir verabredeten uns auf unbestimmte Zeit später – und kehrten dann endlich in unser Zelt zurück, wo wir ohne<br />

weitere Gespräche einfach nur in die Betten sanken.<br />

16. Ingerimm 1027 BF / 34 Hal<br />

Erst am Abend wurden wir <strong>von</strong> einem Boten geweckt. Wir alle hatten den ganzen Tag verschlafen. Das erste<br />

was wir feststellten, war dass Sigurd tatsächlich Fersengeld gegeben hatte. Nun gut. Das hatte ich sowieso<br />

vermutet. Als nächstes stellte sich leider heraus, dass er Yuchdan bestohlen hatte und ihm statt des Geldbeutels<br />

ein Stück roter Beschwörungskreide dagelassen hatte.<br />

Ein überaus schlechter Scherz wie ich meine. Immerhin hatte er es nicht gewagt Hand an meine Besitztümer zu<br />

legen. Da ich überaus gut geschlafen hatte, konnte mir diese Nachricht nicht wirklich die Laune verderbern.<br />

Der Bote überbrachte uns eine Nachricht vom Herzog Yast Gorsam persönlich: Er wünschte die Helden <strong>von</strong><br />

Gareth zu sprechen. Der Bote sollte uns tatsächlich gleich zum Schloss führen. Ich beschloss nun nicht mehr in<br />

Verkleidung aufzutreten und zog mir daher eine Magierrobe an, um standesgemäß gekleidet zu sein. Bei Boron,<br />

wie ich diese Nachtgewänder hasse! Ich komme mir darin immer wie ein Popanz vor, oder gar ein Weib!


Yast Gorsam bat uns zur Audienz und es stellte sich schnell heraus, dass ihn hauptsächlich beschäftigte, wo wir,<br />

d.h. die „Helden <strong>von</strong> Gareth“, stünden und ob wir meinen würden, dass Selindian der Richtige sei. Ich muss<br />

sagen, ich habe kaum einen Staatsmann kennen gelernt, der so undurchsichtig und gewieft war, wie der alte<br />

Herzog. Obwohl ich mein ganzes Können aufbrachte, um seine Motive zu ergründen, erfuhr ich nichts als<br />

belanglose Floskeln und war im Nachhinein kaum schlauer, was seine Beweggründe oder weitere Pläne anging.<br />

Glücklicherweise bin ich in der Diplomatie und der Staatskunst inzwischen überaus gut bewandert, so dass ich ihm<br />

ebenfalls möglichst vage darlegte, dass wir primär an der Sicherheit und dem Zusammenhalt des Reiches<br />

interessiert seien. Nach unseren Plänen gefragt, antwortete ich wahrheitsgemäß, dass unser Kamerad Valen<br />

Kiesel auf eine heilige Boron-Queste gehen müsse und wir ihn begleiten würden. Als er fragte, womit er uns<br />

unterstützen könnte, erbat ich Passierscheine in seinem Namen, damit wir ungehindert reisen konnten. Diese wollte<br />

er uns am Folgetage gerne zukommen lassen und versprach uns auch Pferde für die Reise. Zuletzt lud er uns<br />

zum Ball ein, den er am nächsten Abend veranstaltete.<br />

Als wir wieder in unserem Zelt waren, sprach ich noch einen Balsam-Cantus in den Zauberspeicher meines<br />

Stabes, da meine Kräfte fast vollständig regeneriert waren und ich erwartete, dass sich diese in der folgenden<br />

Nacht wiederum voll auffrischen würden.<br />

17. Ingerimm 1027 BF / 34 Hal<br />

Am Morgen des nächsten Tages wurden wir relativ früh geweckt, da der Herzog Schneider geschickt hatte,<br />

damit wir eine repräsentable Garderobe für den Abend bekämen. Sie nahmen denn auch lange und umständlich<br />

unsere Maße und verschwanden hernach wieder.<br />

Der Tag verlief ziemlich ereignislos, bis am Nachmittag Kunhag, Sohn des Brimir in unserem Zelt auftauchte.<br />

Ein ziemlich ungehobelter Angroschim – sogar für einen Ambosszwerg. Dafür war er ein zäher, furchtloser und<br />

fürchterlicher Kämpfer, der Yuchdan mindestens ebenbürtig wäre, hätte Yuchdan nicht die Fähigkeiten seines<br />

Bären-Ôduns. Er hatte schon die übelsten Kämpfe überstanden und war dadurch ziemlich selbstgefällig<br />

geworden. Hin und wieder jedoch konnte man in seinen kleinen grünen Augen den Blutrausch eines Wahnsinnigen<br />

erkennen.<br />

Ich hoffte immer, dass ich noch genügend astrale Kräfte hätte, sollte es einmal soweit kommen, dass er<br />

durchdreht – und ich ihm näher als mir lieb ist.<br />

Kunhag arbeitete ich wie ich für die KGIA, doch im Gegensatz zu mir gehörte er natürlich zur kämpfenden<br />

Truppe. Er hatte schon viele verdeckte Operationen mitgemacht und in den Schwarzen Landen an vorderster Front<br />

gegen Untote, Paktierer und Dämonen gefochten. Außerdem war er vor knapp einem dreiviertel Jahr dabei<br />

gewesen, als wir den Wurm vom Windhag besiegt hatten. Sprich auch meine Gefährten Arwed, Lothar und<br />

Yuchdan kannten ihn bereits.<br />

Unbekümmert wie gewohnt, polterte er sogleich los: „Und wann ziehen wir in die Schlacht? Und auf welcher<br />

Seite stehen wir eigentlich? Ha, egal Hauptsache Blutvergießen! Kriegt man hier irgendwo ein ordentliches<br />

Bier??“<br />

Was soll ich dazu noch sagen? Zum einen freute ich mich, dass wir nun „Ersatz“ für die Kampfkraft unseres<br />

Gefährten Lothar <strong>von</strong> Nattersquell gefunden hatten, doch während Lothar ein prinzipientreuer, loyaler Krieger<br />

war, war Kunhag ein unberechenbarer Draufgänger, der sich zudem noch leicht provozieren ließ…


Ich hoffte, ich würde ihn einigermaßen im Zaume halten können, doch wie falsch ich damit lag und welche<br />

unglücklichen, vermeidbaren Folgen dies haben würde, konnte ich zu diesem Zeitpunkt noch nicht wissen.<br />

Wir hielten tagsüber abermals Rat und überlegten wie wir uns fürderhin verhalten sollten. Doch noch immer<br />

waren wir unschlüssig, ob Herzog Yast Gorsam wirklich der kalt berechnende Despot war, wie wir vermuteten.<br />

Wir beschlossen daher, dass ich abermals versuchen würde, in die Schatzkammer des Herzogs einzudringen, auch<br />

wenn dies vermutlich ziemlich dreist war – und der Herzog sicherlich zusätzliche Wachen abgestellt haben würde.<br />

Diesmal aber wollte ich nicht alleine gehen, sondern wir beschlossen, dass Fila mich begleiten sollte. Zum einen<br />

sollte sie Wache stehen, zum anderen mich zusammenflicken, falls ich wieder eine Falle auslösen würde.<br />

Schweigend übergab sie mir eine Phiole mit Schlafgift, das sie wohl selbst gebraut hatte. Vielseitig talentiert, die<br />

Gute, dachte ich bei mir…<br />

Als es Abend wurde, stellte ich zwei Dinge fest: Zum einen hatte ich vergessen, eine Kutsche zu ordern, so<br />

dass wir zum Ball würden laufen müssen und zum anderen waren meine Gefährten unfähig, die Kleider, die man<br />

inzwischen geliefert hatte, richtig anzuziehen. Ich begab mich zum Zelt des Grafen Paligan und bat den Diener<br />

dort, dass er meinen Gefährten beim Ankleiden behilflich sei, doch der Rüpel lehnte ab! Er habe Order vom<br />

Grafen, das Zelt nicht zu verlassen und meine Gefährten dürften das Zelt des Grafen auch nicht betreten.<br />

Zähneknirschend, musste ich also selbst zusehen, dass Wämser und Mieder richtig geschnürt wurden, etc. pp.<br />

Ich kam mir selber schon vor wie ein Leibdiener.<br />

Ich tat mein Bestes, doch einiges ließ sich nicht kaschieren, so bestand bspw. Yuchdan darauf, sein Bärenfell zu<br />

tragen.<br />

Als wir endlich im Schloss ankamen, waren wir sehr spät dran. Yuchdan und Kunhag wurden gebeten, ihre<br />

Waffen abzugeben, was dazu führte, dass ein wahrer Berg an Mordinstrumenten vor dem armen Diener<br />

abgeladen wurde, was diesen ziemlich verunsicherte und meine beiden Gefährten ziemlich verärgerte.<br />

Schließlich durfte er endlich unter mehreren Ratschlägen und Drohungen, die Waffen ja nicht zu verlegen<br />

abziehen. Der Herold kündigte uns als „die Helden <strong>von</strong> Gareth“ an, obwohl ich ihm vorher alle unsere Titel<br />

aufgezählt hatte.<br />

Schon ziemlich schnell zeigte sich, dass meine Gefährten auf dem Schlachtfeld oder in einer schmierigen<br />

Kaschemme besser aufgehoben sind, als auf dem Parkett eines höfischen Balls. Was mich jedoch verwunderte,<br />

war, dass ausgerechnet der Barbar Yuchdan noch der repräsentabelste meiner Gefährten (<strong>von</strong> Fila mal<br />

abgesehen) war. Sowohl Kunhag, als auch Arwed benahmen sich sehr ungebührlich und erregten einiges an<br />

Aufsehen – obwohl ich zugeben muss, dass dies durchaus beabsichtigt war… immerhin sollten sie möglichst viele<br />

Augen auf sich ziehen, so dass ich mich mit Fila später unbemerkt absetzen konnte.<br />

Anfangs versuchte Arwed auch tatsächlich mit Fila zu tanzen, doch nachdem er ihr mehrmals auf die Füße<br />

getreten war, hatte sie wohl keine Lust mehr. Ich hingegen gab den mürrischen, schlecht gelaunten Magus ab –<br />

und wehrte alle Tanzgesuche mit böser Mine ab. Schade eigentlich, aber wenn ich später nicht beachtet werden<br />

wollte, so musste ich rechtzeitig dafür Sorge tragen, dass man mich in Ruhe ließ.


Zu späterer Stunde, machten sich einige niedere Adelige den Spaß, einen Trinkwettbewerb auszutragen. Eine<br />

derartige Einladung konnten sich Kunhag und Yuchdan nicht entgehen lassen und hielten eifrig und besonders<br />

lautstark mit. Wie nicht anders zu erwarten, waren die Saufkumpane allesamt schnell das Zentrum jeglicher<br />

Aufmerksamkeit.<br />

Fila und ich nutzten die Gunst der Stunde und begaben uns eine Etage noch oben in den Speisesaal und nachdem<br />

niemand uns beachtete, schlichen wir ins Herzogengemach. Ich musste mehrere Türen mit meinen Dietrichen<br />

öffnen, doch keine da<strong>von</strong> leistete ernsthaften Widerstand. Damit wir nicht <strong>von</strong> patrouillierenden Wachposten<br />

entdeckt würden, gingen wir äußerst vorsichtig zu Werke und ich schloss alle Türen hinter mir wieder fein<br />

säuberlich ab.<br />

Dann endlich standen wir vor der Türe, hinter der mich beim ersten Versuch vor einigen Tagen die verborgene<br />

Armbrust gestoppt hatte. Diesmal war ich vorsichtiger. Ich lehnte meinen Kopf an die Türe und wob den<br />

Penetrizzel-Cantus. Aha. Man hatte 2 Wachposten in den Gang vor der Türe zur Schatzkammer postiert.<br />

Offensichtlich traute man der Armbrustfalle nun nicht mehr.<br />

Gerade als ich überlegte, wie ich die beiden Posten ausschalten könnte, hörten wir hinter uns Schritte. Ich brach<br />

den Zauber ab und wir flüchteten in ein Ankleidezimmer und versteckten uns dort. Zwei weitere Posten auf<br />

Rundgang kamen den Gang entlang und hielten einen kurzen Plausch mit den Wachposten vor der<br />

Schatzkammer.<br />

Nachdem die Patrouille verschwunden war, schlichen wir abermals zur Türe. Ich wob abermals den Penetrizzel,<br />

diesmal in der Zaubertunnel-Variante, um durch die Tür hindurchzaubern zu können. Zu meinem Ärger trugen die<br />

beiden Wachposten jeweils ein Sonnenamulett, das schwer nach einem praios-heiligen Gegenstand aussah. Daher<br />

legte ich einiges an zusätzlicher Kraft in den Somnigravis-Zauber, mit dem ich die beiden Wachen ausschaltete.<br />

Dann öffnete ich die Türe mit meinen Dietrichen und wir schlichen an den Schlafenden vorbei zur letzten Türe<br />

vor der Schatzkammer. Auch diese war schnell geöffnet.<br />

Als wir die „Schatzkammer“ betraten, stellten wir fest, dass wir gar nicht in der Schatzkammer waren, sondern im<br />

Arbeitszimmer des Herzogs. Zwei Dinge fielen mir sogleich auf:<br />

1. Der fensterlose Raum wurde <strong>von</strong> magischen Lichtern beleuchtet, obwohl der Herzog öffentlich eine starke<br />

Ablehnung jeglicher Magie vertritt und<br />

2. die protzige Türe in der Rückwand mit nicht weniger als 4 komplizierten Schlössern zwergischer Bauart und<br />

dazu mit den Symbolen des Herrn Phex und des Herre Praios versehen.<br />

Gut, ich bin einigermaßen versiert im Gebrauch <strong>von</strong> Dietrichen, aber ich kenne meine Grenzen. An dieser Türe<br />

würde ich mir die Zähne ausbeißen. Selbst wenn ich eines der Schlösser aufbekommen sollte, würde das so lange<br />

dauern, dass vermutlich die Patrouille zurückkäme. Vom phexischen und praiotischen Segen, der unzweifelhaft auf<br />

der Türe lag ganz abgesehen.<br />

Dann musste eben das Arbeitszimmer genügen. Während Fila an der Türe Wache stand, verschaffte ich mir<br />

einen Überblick: Der Raum wurde <strong>von</strong> einem großen Schreibtisch dominiert, auf dem eine detaillierte Karte<br />

Albernia’s lag, auf der die Positionen verschiedenster Militär-Einheiten mit entsprechenden Markern bezeichnet<br />

waren. Außerdem hatte der Schreibtisch eine Schublade, die zu meinem Leidwesen abgeschlossen war – und<br />

prompt meinen Versuchen mittels Dietrichen an den Inhalt zu kommen widerstand.


An der Wand befand sich ein Bücherregal, das allerdings für meinen Zweck eher uninteressante Bücher<br />

enthielt. Ich wandte mich wieder der Schublade zu und öffnete sie mittels des Foramen-Cantus. Drinnen fand ich<br />

einen Brief der Gräfin <strong>von</strong> Conchobair an Yast Gorsam. Er datierte auf den 13. Ingerimm, 34 Hal und<br />

daraus ging hervor, dass sie den Abfall der Gräfin Franka Salva Galahan <strong>von</strong> Honingen und zudem einen<br />

Aufstand der Barone <strong>von</strong> Fenwasian befürchtete und es darob begrüßen würde, wenn der Herzog Söldnertruppen<br />

in ihr Hinterland entsenden würde, um den befürchteten Aufständen entgegen zu treten.<br />

Ich warf einen Blick auf die Karte: Richtig, dort im Hinterland um Winhall, waren einige Marker, die<br />

keinesfalls reguläre Truppen bezeichneten, soviel war sicher. Und überhaupt, wenn ich mir die Positionen der<br />

Truppen so besah, so waren erstaunlich viele Marker bereits innerhalb der Grenzen Albernia’s gelegt!<br />

Wir hatten also doch Recht gehabt. Yast Gorsam hatte die Invasion Albernias <strong>von</strong> längerer Hand geplant,<br />

und richtig kalkuliert, was geschehen würde, sobald er zum Regenten gewählt werden würde! Wie hätte er sonst<br />

so schnell derart viele Truppen über die Grenze schaffen können. Der Brief vom 13. bestätigte dies.<br />

Gerade wollte ich den Brief ein 2. Mal lesen, da zerfiel er in meinen Händen zu Staub! Auch <strong>von</strong> den anderen<br />

Papiere, die in der Schublade lagen, blieb nur jeweils ein Häufchen Staub übrig.<br />

Einzig ein Lederbeutel, in welchem sich einige wertvolle Perlen befanden, blieb unberührt. Nach kurzem<br />

Überlegen, steckte ich ihn ein.<br />

Verdammt, wie hatte ich nur so unbedacht sein können. Ich ärgerte mich, dass ich den Memorans-Cantus nicht<br />

gezaubert hatte, bevor ich die Schublade öffnete. Wie dem auch sei. Ich beschloss, mir zumindest die genaue<br />

Position der nordmärker Truppen einzuprägen und zauberte nun den Memorans-Cantus. Leider konnte ich der<br />

Karte nicht entnehmen, zu welchem genauen Datum sich die Truppen an diesen Positionen befanden.<br />

Nachdem ich mir die Karte eingeprägt hatte, schloss ich die Schublade wieder ab und wir verließen das<br />

Arbeitszimmer. Gerade rechtzeitig kamen wir wieder in den Speisesaal. Da wir dabei nicht ganz so unauffällig<br />

waren, wie ich mir das vorgestellt hatte, gab ich schnell vor, mit Fila zu turteln. Diese war höchst überrascht,<br />

aber zum Glück vermasselte sie das Schauspiel nicht.<br />

Als wir wieder in den Ballsaal kamen, waren unsere betrunkenen Gefährten gerade dabei zum wiederholten<br />

Male die Geschichte <strong>von</strong> unserem Drachenkampf zu erzählen. Beim besten Willen, aber ich konnte mich dabei<br />

nicht erinnern, dass der Drache irgendwann 8 Köpfe gleichzeitig hatte und ausgerechnet mich versteinert haben<br />

sollte…<br />

Wie dem auch sei, wir überzeugten unsere Kameraden, dass die Zeit reif sei, das Fest zu verlassen und begaben<br />

uns zu unserem Lager zurück. Dort berichtete ich meinen Gefährten <strong>von</strong> meinen Erkenntnissen. Wir überlegten<br />

lange, ob es besser wäre, die Albernier über die Positionen der nordmärkischen Truppen zu informieren. Dafür<br />

sprach, dass sie sonst kaum eine Chance auf einen Sieg haben würden.<br />

Dagegen sprach, dass die Überlegenheit der Nordmärker nicht in Frage stand und sie aufgrund der Position<br />

ihrer Truppen bereits tief in Albernia leichtes Spiel haben würden – und das bedeutete wiederum weniger<br />

Blutvergießen.


Den Alberniern die Truppenpositionen zu verraten, würde in einen Guerilla-Krieg münden, mit Tausenden <strong>von</strong><br />

Toten auf beiden Seiten. Doch konnten wir den Krieg, der schon begonnen hatte, überhaupt noch verhindern?<br />

Wir hatten gerade beschlossen, dass wir in jedem Falle nach Albernia reisen würden, denn Valen wollte in<br />

Winhall nach Coram Crassberger suchen, <strong>von</strong> dem wir wussten, dass er ein Edler aus dem früheren Geschlecht<br />

der Grafen zu Winhall gewesen war, bevor der Schwertkönig die Grafenwürde zugesprochen bekommen hatte.<br />

Und wir hatten in Gareth deutliche Hinweise bekommen, dass Crassberger vermutlich nach Winhall<br />

zurückgekehrt war. Valen erzählte uns, dass er inzwischen jede Nacht vom immer gleichen Alptraum gequält<br />

wurde.<br />

Da kam plötzlich Graf Rondrigan Paligan in unser Zelt gestürmt! MORD! Jemand hatte Marschall <strong>von</strong><br />

Jergan ermordet! Rubald tot? Ich wollte es nicht glauben, doch als ich in das Zelt des Grafen kam, musste ich<br />

schlucken: Da lag er, in einer großen Lache Blut, die Augen gebrochen, ein Schnitt durch die Kehle hatte ihn<br />

das Leben gekostet.<br />

„Bleibt zurück! Keiner fasst etwas an!“, herrschte ich meine Gefährten an. Dann besah ich mir vorsichtig das<br />

Zelt, um keine Spuren zu verwischen.<br />

Viel war nicht zu entdecken. So wie es aussah, schien Rubald den Täter gekannt und für ungefährlich gehalten<br />

zu haben bzw. ihm vertraut zu haben, denn es gab weder Kampfspuren, noch hatte er überhaupt seine Waffe<br />

gezogen. Nach genauerer Betrachtung würde ich sagen, dass ihm der Schnitt leicht <strong>von</strong> der Seite und durch einen<br />

Rechtshänder beigebracht worden war. Die Waffe war wohl ein schlankes Schwert, ein Rapier oder ein Dolch<br />

gewesen. Anscheinend musste es sehr schnell gegangen sein, denn ich konnte mir nicht vorstellen, wie sich der<br />

unerschütterliche Marschall so einfach abstechen ließ und doch lag er unzweifelhaft tot zu meinen Füßen. Leider<br />

fand sich die Waffe nicht im Zelt oder in der näheren Umgebung. Dafür fanden wir im Zelt das<br />

Holzkästchen, in das ich das Reichs-Siegel gelegt hatte. Es fehlte. Trotz meines Widerwille-Cantus, war es<br />

verschwunden. VERDAMMT!<br />

Fila überraschte mich damit, dass sie einen Zauber beherrschte, mit dem verlorene Gegenstände aufgespürt werden<br />

konnten! Hätte ich das früher gewusst, so hätten wir es uns sparen können, den Turm Galotta’s zu erkunden.<br />

Leider brachte die Anwendung dieses Zaubers keine Ergebnisse. Das Siegel war definitiv nicht mehr in<br />

erreichbarer Entfernung.<br />

Nun hatten wir also alles verloren. Weder hatten wir das Auge des Morgens gefunden, noch das Siegel zu<br />

schützen vermocht. Frustriert und missmutig begaben wir uns zu Bett. Ich brauchte einige Zeit, bis ich endlich<br />

einschlafen konnte, doch schließlich forderte mein Körper den Tribut für die Aufregungen der letzten Tage.<br />

18. Ingerimm 1027 BF / 34 Hal<br />

Den Vormittag verbrachte ich vergeblich damit, Elenvina nach Wulfram <strong>von</strong> Eschenbach abzusuchen, doch er war<br />

wohl bereits abgereist.<br />

Nachmittags suchte uns noch einmal Selindian Hal auf und bat uns nach Albernia zu reiten, um dort zwischen<br />

den Fronten zu vermitteln. Wir sollten zudem seine Augen und seine Ohren sein. Mehr oder weniger dasselbe<br />

hatte vor zwei Tagen auch Yast Gorsam <strong>von</strong> uns gewollt. Wir erbaten uns noch eine Reisekasse, doch mehr als


40 Dukaten aus seinem persönlichen Vermögen konnte uns Selindian nicht geben. Dafür bekamen wir aber noch<br />

einen Schrieb, dass wir in seinem Namen unterwegs seien.<br />

Inzwischen waren auch die Pässe <strong>von</strong> Yast Gorsam eingetroffen, so wie die Pferde aus des Herzogs Bestand.<br />

Entweder er wollte tatsächlich, dass wir in Albernia nach dem Rechten sahen, oder er dachte sich, dass der<br />

Preis <strong>von</strong> einigen Rössern, um uns aus der Stadt zu haben angebracht sei. Warum auch immer. Ich war dankbar<br />

für die Pferde.<br />

Kunhag ließ ich die Perlen schätzen. Leider mochten sie nur ungefähr 50 Dukaten wert sein. Um ehrlich zu<br />

sein, ich hatte mir mehr erhofft. Immerhin war dies unser letzter Notgroschen. Wir würden versuchen müssen, so<br />

oft als möglich kostenlos als Reisende des Herzogs oder des Prinzen Unterkunft und Essen zu erhalten. In<br />

diesen Zeiten würden für Verpflegung und Unterkunft schnell exorbitante Preise verlangt werden.<br />

21. Ingerimm 1027 BF / 34 Hal, Taindoch<br />

Unsere Reise Richtung Albernia war bisher recht unspektakulär verlaufen. Wir waren auf der Reichsstrasse 3<br />

nach Norden gut vorangekommen und die Pässe des Herzogs hatten dazu geführt, dass wir sämtliche<br />

Kontrollen und Posten problemlos passieren konnten. Immerhin hatten wir die Normärker Lande ja auch noch<br />

nicht hinter uns gelassen. Ich hatte die vergangenen Tage genutzt, um mein Schutz-Artefakt mit wenigstens einer<br />

Ladung aufzuladen.<br />

Gegen Abend trafen wir in einem kleinen Gasthaus in Taindoch auf Wulfram <strong>von</strong> Eschenbach, der dort<br />

offensichtlich auf uns gewartet hatte. Wir verhandelten über den Austausch <strong>von</strong> Informationen: Er war höchst<br />

interessiert an den genauen Aufstellungen der Truppen Yast Gorsams und wir wollten wissen, was er über die<br />

roten Federn herausgefunden hatte, vom Auge des Morgens hatte er leider nichts Neues erfahren können.<br />

Wir zogen uns in ein Hinterzimmer zurück und dort breitete er eine wesentlich detailliertere Karte aus, als die<br />

<strong>von</strong> Yast Gorsam. Als ich mir die Karte per Memorans-Cantus einprägen wollte, wurde auch ich mit einem<br />

Blitz geblendet und Wulfram war ziemlich entrüstet. Ich hätte doch einfach nur zu fragen brauche, und solche<br />

Heimlichkeiten seien doch meiner unwürdig. Nun gut, also machte ich gute Mine, fragte höflich und tatsächlich<br />

hatte er nichts dagegen, dass ich mir die Karte einprägte.<br />

Über meine Kenntnisse der Truppen war er dann auch höchst erstaunt, deckten sie sich doch wohl zu großen<br />

Teilen mit dem was er bereits selbst erfahren hatte. Jedoch gingen meine Informationen über seine weit hinaus und<br />

so war er überaus zufrieden.<br />

Im Gegenzug erfuhren wir <strong>von</strong> ihm, dass sich eine Seuche in den Dörfern um den Farindelwald auszubreiten<br />

schien. Gerüchte sprachen da<strong>von</strong>, dass sich die Baumwipfel großer Bäume bewegen würden, dass Geister im<br />

Wald umgingen und dass man gelegentlich ein lautes Rauschen wie durch ein großes fliegendes Tier verursacht<br />

hören könnte – und danach würden solche roten Federn gefunden werden.<br />

In der Grafschaft Weyringen, im Norden Albernia’s kurz vor Winhall, würde sich etwas anbahnen. Die<br />

Seuche wurde im Volksmund die „Rote Seuche“ genannt, da sich bei den Erkrankten die Haut purpur-violett<br />

verfärbte. Die Verfärbung begann an verschiedenen Stellen des Körpers und schritt immer weiter voran, Richtung<br />

Herz. Sobald das Herz erreicht wäre, stürbe die meisten Opfer eines grässlichen Todes.


Bisher sollen wohl an die 20 Menschen gestorben sein, immer wieder Reisende, ansonsten vornehmlich Köhler,<br />

Handwerker oder gar ganze Familien. Die einzige Gemeinsamkeit der Opfer war die offensichtliche Nähe zum<br />

Farindelwald. Angeblich sollten sich die Toten auch <strong>von</strong> den Gräbern erheben. Nun, inzwischen besaß ich eine<br />

Kugel mit dem Schutzkreis gegen Untote, ich würde nicht mehr so schutzlos sein, wie in damals in Schelf oder in<br />

Almada.<br />

Dafür war es wohl so, dass die „Seuche“ nicht ansteckend war. Immerhin etwas.<br />

Nachdenklich bestellten wir Zimmer und legten uns schlafen.<br />

22. Ingerimm 1027 BF / 34 Hal<br />

Die Nachricht über die Seuche hatte uns ziemlich zum Nachdenken gebracht und so verbrachten wir fast den<br />

gesamten Vormittag damit darüber zu debattieren, was wir tun wollten. Immerhin würde uns unser Weg nach<br />

Winhall genau am Farindelwald vorbei führen – auch wenn es erst in knapp zwei Wochen soweit sein würde.<br />

Außerdem näherten wir uns nun der Grenze nach Albernia. Was uns dort erwarten würde, das konnten wir auch<br />

nur vermuten.<br />

Valen berichtete uns, dass er wieder geträumt hatte. Er trug ja noch immer den „Stab des Vergessens“, den er<br />

wohl „falsch“ angewendet hatte, um den Schwarzen Drachen zu vertreiben. Boron selbst hatte ihm wohl einen<br />

Traum gesandt, in dem er als zerzauster Rabe über die Landschaft flog.<br />

Wir deuteten dies schließlich so, dass wir auf dem richtigen Weg wären und beschlossen aufzubrechen.<br />

Nachmittags erreichten wir die Grenze zu Albernia, die wir ob der Pässe des Herzogs abermals ohne größere<br />

Schwierigkeiten passieren konnten.<br />

29. Ingerimm 1027 BF / 34 Hal<br />

Auch die weiteren Reisetage in Albernia verliefen erstaunlich ruhig, doch stießen wir immer wieder auf die<br />

Truppen des Herzogs der Nordmarken. Es schien tatsächlich so, als ob die Baronien, durch die wir reisten,<br />

entweder vom Herzog besetzt worden waren, oder sich <strong>von</strong> vornherein auf seine Seite geschlagen hatten.<br />

Ich nutzte die Ruhe, um auch die beiden restlichen Ladungen meines Schutz-Artefaktes aufzuladen, sowie einige<br />

nützliche Zauber (darunter einen Armatrutz und weitere Balsam-Anwendungen) in den Zauberspeicher meines<br />

Stabes zu laden.<br />

Kurz bevor wir Honingen erreichten, trafen wir auf eine Gruppe <strong>von</strong> 5 Soldaten in nordmärker Uniformen, die<br />

gerade dabei waren, 2 junge Bauernburschen aufzuknüpfen.<br />

Ich stellte mich als Leutnant Gerdenwald, KGIA vor und befragte den Weibel was sich die Burschen zu<br />

Schulden hatten kommen lassen. Wie erwartet waren sie „Partisanen“ und dazu noch ziemlich unverschämt.<br />

Immerhin konnten sie etwas über die Seuche berichten, doch nichts was wir nicht bereits erfahren hatten.<br />

Da wir nicht wirklich etwas für sie tun konnten, wenn wir nicht die Soldaten abschlachten wollten, hieß ich den<br />

Weibel mit ungutem Gefühl im Bauch fortzufahren und wandte mich ab, als die beiden gehenkt wurden.<br />

Solche Szenen würden wir noch viel zu viele sehen, war ich mir sicher.


Als wir wenig später die Stadt Honingen erreichten, mussten wir zu unserer Überraschung feststellen, dass sich<br />

weder ein Heerlager vor den Toren der Stadt befand, noch dass die Stadtmauern Beschädigungen einer<br />

Belagerung aufwiesen – und doch wehte die Flagge der Normärker über der Stadt und es standen Bewaffnete<br />

am Havener Tor.<br />

Ich ritt forsch zu den Stadtwachen und stellte mich abermals als Leutnant Gerdenwald, KGIA vor und fragte<br />

den Weibel frech nach der Lage in der Stadt aus. Mein forsches Auftreten und die Pässe des Herzogs<br />

überzeugten den Weibel, dass ich eine Respektsperson wäre, der er Rede und Antwort zu geben hatte.<br />

Wir erfuhren, dass die Stadt vor drei Tagen im Handstreich genommen worden war. Offensichtlich hatten sich<br />

albernische Truppen der Grafschaft <strong>von</strong> Bredenhag als vermeintliche Verstärkung in die Stadt begeben, dann<br />

aber den Nordmärkern die Tore geöffnet.<br />

Mir viel dabei wieder ein, dass Irian <strong>von</strong> Crumold, der Graf <strong>von</strong> Bredenhag, neben Rhianna Conchobair, der<br />

Gräfin zu Winhall, einer der beiden albernischen Adeligen gewesen war, der Invher ui Bennain, der Königin<br />

Albernias, die Treue versagt hatte – und stattdessen dem Reiche und Yast Gorsam die Treue gelobt hatte.<br />

Die Gräfin <strong>von</strong> Honingen, Franka Salva Galahan, die mit uns den Bund <strong>von</strong> Greif und Fuchs geschworen<br />

hatte, war gefangen gesetzt worden und sollte angeblich an einem unbekannten Ort gefangen gehalten werden. Es<br />

hatte wohl durchaus einiges an Kämpfen gegeben und albernia-treue Soldaten waren niedergemacht worden.<br />

Ich teilte dem Weibel mit, dass ich ausgeschickt worden sei, die Seuche und deren Ursache zu untersuchen und<br />

wenn möglich zu beenden. Er verwies mich daraufhin an den Peraine-Tempel, in welchem wohl einige Erkrankte<br />

behandelt würden.<br />

Schließlich warnte er uns noch davor, in der Stadt Streit anzufangen, die Spannung in der Stadt war zum Greifen<br />

spürbar und es lag etwas in der Luft.<br />

Wir begaben uns zuerst zum Peraine-Tempel. Uns fiel auf, dass in der Stadt recht wenige Truppen präsent<br />

waren. Ob dies der Grund für die fühlbare Spannung war? Oder waren die Truppen schon weitergezogen?<br />

Während Fila, Valen und ich im Tempel nach den Erkrankten sehen wollten, zogen es Arwed, Yuchdan und<br />

Kunhag vor, im gegenüberliegenden Gasthaus einige Krug Bier nach der staubigen Reise zu lehren.<br />

Bevor wir den Tempel betraten, instruierte ich Fila und Valen, dass ich uns zuerst unser Anliegen vortragen<br />

würde, und dann Fila als Heilkundige vorzustellen und den oder die Geweihten zu bitten uns zu den Kranken zu<br />

führen.<br />

Als wir den Tempel betraten, war der Hauptraum leer. Ich spendete einen Dukaten, immerhin ein erklecklicher<br />

Teil meines Privatvermögens und kniete mich vor dem Altar nieder. Auch Valen kniete sich neben mich um zu<br />

beten. Doch Fila, unbeirrt, schritt schnurstracks auf die Geweihte zu, die gerade aus einer Seitentür trat. Sie<br />

stellte sich vor, redete leise mir der Geweihten und dann gingen beide wieder Richtung der Seitentüre.<br />

Schnell beendete ich mein Gebet und eilte hinterher, doch zu spät. Mir wurde die Türe vor der Nase<br />

zugeschlagen. Welch ein ungehobeltes Weib, ärgerte ich mich, weiß sie denn gar nichts <strong>von</strong> Anstand und<br />

Auftreten! Auch wenn sie eine Tochter Satuarias ist, wenigstens den Anschein hätte sie im Tempel der Peraine<br />

doch waren können! Ich beschloss mir das vorwitzige Weib später noch einmal vorzuknöpfen – und kniete mich<br />

unverrichteter Dinge einstweilen wieder hin, um im Gebet Ruhe und Gelassenheit zu finden.


Als File endlich wieder mit der Geweihten auftauchte, passte ich die beiden ab, warf Fila einen finsteren Blick<br />

zu und stellte mich der Geweihten vor. Ich erfuhr <strong>von</strong> Fila, dass die einzigen neuen Informationen, die sie<br />

bekommen hatte, waren dass die ersten Opfer bereits im Winter in abgelegenen Orten vorgekommen waren und<br />

dass wohl tatsächlich alle Fälle der Krankheit tödlich endeten. Es wurden wohl schon viele Heilmittel<br />

ausprobiert, doch keines konnte den Tod eines Erkrankten verhindern. Auch Fila kannte keine Krankheit mit<br />

ähnlichen Anzeichen.<br />

Ich teilte der Geweihten mit, dass ich vermutete, dass es sich bei dieser Krankheit um eine „magische“ Krankheit<br />

handele. Dafür spreche meiner Meinung nach der Verlauf der Krankheit, sowie die fehlende Ansteckungsgefahr.<br />

Ich bat um Erlaubnis, einen der Kranken magisch untersuchen zu dürfen. Immerhin wäre ich ein äußerst<br />

kompetenter Hellsichtsmagus aus Rommilys – was ja nun nicht einmal gelogen ist.<br />

Ich bekam die Erlaubnis erteilt, falls dies dem Kranken nicht zum Schaden gereichen würde. Da ich mir<br />

derartiges nicht vorstellen konnte, verneinte ich und ließ mich <strong>von</strong> der Geweihten zum Krankentrakt führen. Fila<br />

und Valen verließen einstweilen den Tempel, um sich den anderen in der Schänke anzuschließen.<br />

Naja, insbesondere Valen, hätte dableiben können, um einmal einen Meister der Magica Clarobservantia<br />

mitzuerleben.<br />

Im Krankenzimmer begab ich mich zum Bett eines der Erkrankten und untersuchte den Armen zuerst mittels<br />

eines Odem Arcanum, danach mittels des Analys-Cantus.<br />

Tatsächlich. Die Quintessenz der ausführlichen Untersuchung war, dass hier tatsächlich ein Zauber am Werke<br />

war! Er war einzigartig; niemals hatte ich etwas derart Filigranes, Kompliziertes gesehen. Der Zauber war<br />

eindeutig weder dämonischen, noch gildenmagischen Ursprungs. Am ehesten erinnerte mich der Zauber an elfische<br />

Zauberkunst, doch es waren auch hier deutliche Unterschiede zu erkennen. Ich vermutete, dass der Zauber <strong>von</strong><br />

einem Feenwesen gesprochen worden war.<br />

Der Zauber war tatsächlich noch aktiv und entzog dem Opfer langsam aber stetig die Lebenskraft, bis zum<br />

totalen Zerfall des Körpers. Die Pupur-Färbung der Haut war wohl nur eine Nebenerscheinung. Ich konnte<br />

erkennen, dass die Lebenskraft nach irgendwohin abgeleitet wurde, jedoch nicht in welche Richtung.<br />

Da ich vermutete, dass die Kraft zu irgendetwas, was sich im Farindelwald befand, hingeleitet wurde, zauberte<br />

ich noch einen Occulus, um die Verbindung zwischen den Opfern und dem Wesen, dass die Kraft ableitete, zu<br />

entdecken. Doch es war nichts zu sehen! Wohin immer die Lebenskraft der Opfer geleitet wurde, es war<br />

jedenfalls nicht auf Dere zu finden, dessen war ich mir ganz sicher.<br />

Durch meine Untersuchungen hatte ich jedoch auch erkannt, dass der Zauber gewisse Ähnlichkeiten zu den<br />

Merkmalen Schaden und Herrschaft enthielt.<br />

Da ich den Zauber „Beherrschung brechen“ leidlich beherrsche, beschloss ich, den Zauber der auf dem Opfer<br />

lag zu brechen. Ich stellte mich theatralisch in Pose, schließlich würde ich gleich der erste sein, dem es gelungen<br />

war, ein Opfer zu retten und begann die Formel.<br />

„Beherrschung brechen“ rief ich, nach Abschluss des Zaubers und meine arkanen Kräfte strömten in den Körper<br />

des Erkrankten. Dieser bäumte sich laut schreiend auf und brach dann zitternd, tot zusammen! Ich selbst wurde<br />

kalkweiß im Gesicht, als mir meine gesamte Kraft, und ich hatte gewiss erst die Hälfte meiner Kräfte für die<br />

Untersuchungen aufgewendet, entrissen wurde und mir zudem das Blut aus der Nase schoss!<br />

Die Geweihte ließ einen spitzen Schreckenschrei hören und rannte zu dem Toten.


Ich sackte zusammen. Nein, das hatte ich nicht gewollt! Ich war so sicher gewesen, so sicher. Nachdem ich mir<br />

das Blut abgewischt hatte und einige Male tief durchgeatmet hatte, erklärte ich der bestürzten Geweihten meine<br />

Erkenntnisse und meine Fehlinterpretation und bat sie, diese Informationen an alle Tempel und Heiler<br />

weiterzugeben – doch meinen Namen zu verschweigen.<br />

Obwohl die Krankheit magischen Ursprungs war, durfte man den Zauber nicht unterbrechen, da dies den<br />

sofortigen Tod des Opfers zur Folge habe, wie ich unerwartet feststellen musste. Peraine sei Dank, machte mir<br />

die Geweihte keine weiteren Vorwürfe, hatte sie doch an meinem erschrockenen Gesicht gesehen, dass ich mit diesem<br />

Ergebnis keineswegs gerechnet hatte. Abgesehen da<strong>von</strong>, hätte der Unglückliche vermutlich nur noch wenige Tage<br />

zu Leben gehabt, aber das war mir irgendwie nur ein schwacher Trost.<br />

Missgelaunt und mit üblen Kopfschmerzen verließ ich den Tempel und ging hinüber zum Gasthaus, wo sich meine<br />

Gefährten bereits im Schanksaal mit Bier zuschütteten. Ich sprach den Wirt draußen an, ob er noch Zimmer frei<br />

habe. Da wollte er wissen, ob ich zu den „Nordmärkern“ gehören würde. An einem Tisch vor der Schänke, saßen<br />

Yuchdan, Arwed und Kunhag gut gelaunt.<br />

Da der Wirt offensichtlich meine Gefährten meinte, sagte ich zwar ja, stellte aber auch richtig, dass wir keine<br />

Nordmärker seien, sondern dass ich aus Darpatien käme.<br />

Allerdings wollte das der Wirt wohl nicht so richtig glauben, vermutlich weil uns die Wachen am Stadttor<br />

unbehelligt durchgelassen hatten – und wir zudem unsere Waffen nicht hatten abgeben müssen.<br />

Ich blieb unschlüssig zusammen mit Fila und Valen vor der Schänke stehen, als Kunhag lautstark nach mehr<br />

Bier brüllte. Der Wirt kam zwar der rüden Aufforderung nach, doch er beging einen folgenschweren Fehler…<br />

Bevor er die Krüge servierte, spuckte er heimlich in einen da<strong>von</strong> – und Yuchdan sah dies durch die<br />

Butzenglasscheibe. Da brannten ihm die Sicherungen durch.<br />

Er stand auf, betrat den Schankraum und brüllte dem Wirt laut und wütend zu, dass er gefälligst neues Bier<br />

bringen sollte. Nun sollte man annehmen, dass der Wirt aus reinem Selbsterhaltungstrieb beim Anblick eines<br />

wütenden, gefährlichen, 2m großen Barbaren klein bei geben würde, doch irgendetwas muss bei ihm ausgesetzt<br />

haben, denn anstatt schnell neues, spuckefreies Bier zu bringen, brummte er etwas <strong>von</strong> „wir mögen hier keinen<br />

nordmärkischen Abschaum!“<br />

Yuchdan, wurde daraufhin noch wütender und machte einige drohende Schritte auf den Wirt zu, wohl um ihn eines<br />

besseren Benehmen zu lehren. Immerhin hatte er noch keine Waffe gezogen. Vom Lärm angezogen ging nun auch<br />

Kunhag in die Schänke, Valen stand zwar auch auf, hielt sich aber noch im Hintergrund.<br />

Doch dann eskalierte die Situation vollends: An einem Tisch im Hintergrund saßen einige „Lokalpatrioten“, die<br />

bisher nur finstere Blicke auf meinen Gefährten geworfen hatten. Nun aber schlugen sich die 4 oder 5<br />

Kneipenschläger auf die Seite des Wirtes, erhoben sich und zogen denn auch prompt ihre Waffen. Auch bei<br />

ihnen musste der Selbsterhaltungstrieb völlig versagt haben, denn nur völlig irre oder dämliche Alriks ziehen ihre<br />

Waffen, um gegen Yuchdan und Kunhag anzutreten – oder gegen beide gleichzeitig.<br />

So standen sie also mit Knüppeln und Kurzschwertern bewaffnet Kunhag gegenüber, der hässlich lachend seinen<br />

Felsspalter vom Rücken zog und ihn überheblich hin und her schwang, ganz so als wollte er sagen: „Das sollen<br />

Waffen sein?, seht her: DAS ist eine Waffe!“<br />

Einzig Arwed schien noch bei Sinnen zu sein, denn blieb mit ausdrucksloser Mine sitzen, den Streit im Inneren<br />

durch das Fensterbeobachtend und brabbelte leise vor sich hin: „Er hat doch nur ins Bier gespuckt…“


Valen drängte sich an den Kämpfenden vorbei, um das Schlimmste zu verhindern, doch es war bereits zu spät.<br />

Fassungslos mussten Fila und ich mit ansehen, wie Kunhag mindestens 2 oder 3 der Schläger in wenigen<br />

Augenblicken abschlachtete – hernach war nicht wirklich zu erkennen, um wie viele Schläger es sich gehandelt<br />

hatte. Der Wirt sprang hinter seine Theke und brachte eine gespannte Windenarmbrust in Anschlag, stellte sich<br />

dabei jedoch derart dämlich an, dass er einen seiner Kumpane in den Kopf schoss.<br />

Yuchdan musste einige Hiebe einstecken, setzte dann aber über die Theke hinweg und griff sich den fassungslosen<br />

Wirt, dem wohl erst jetzt klar wurde, was er da angerichtet hatte. Vielleicht stand er auch einfach nur unter<br />

Schock, nachdem er selbst seinen Kumpanen getötet hatte. Was Yuchdan genau mit ihm anstellte, nachdem er<br />

ihn hinter der Theke zu Boden geworfen hatte, weiß ich nicht, aber wenige Sekunden später fing der Wirt an zu<br />

schreien, als ob er mit weißglühenden Spießen zu Tode gefoltert wurde.<br />

Doch zumindest einer der Schläger schaffte es in dem kurzen Durcheinander, durch die Hintertüre abzuhauen.<br />

Vermutlich der einzige, der genug Hirn hatte, schnell genug zu begreifen, was Sache ist.<br />

Sofort begannen sich Leute auf der Strasse zu versammeln, angelockt durch die Kampfgeräusche und die Schreie<br />

des Wirtes. Schnell packte ich Fila an der Hand zerrte sie in das Innere der Schänke und befahl ihr nach dem<br />

Wirt zu sehen – und die Schreie abzustellen. Sie war völlig perplex – und unfähig zu handeln! Stattdessen blickte<br />

sie nur bleich auf das Schlachthaus. Es stank erbärmlich nach Blut, Gedärmen und Fäkalien… das Übliche<br />

eben. Anscheinend hatte sich noch keine wirkliche Kampferfahrung. Woher auch?<br />

„Gib ihm eine Ohrfeige! Schnell! Nun mach schon!“, rief ich ihr zu, in der Annahme, dass es sich bei dem<br />

Zauber um eine Art „Höllenpein“ handeln könnte. Doch das half nichts.<br />

Anmerkung: Ich muss dringend einmal mit Yuchdan über seine Kräfte sprechen. Mir scheint das ist dringend<br />

notwendig. Was immer er da macht, das ist nicht ganz geheuer!<br />

Während Fila einen Zauber begann, fuhr ich Kunhag und Yuchdan an, ob sie eigentlich völlig bescheuert<br />

wären? Zuerst sich derart dumm provozieren zu lassen – und dann auch noch Zeugen für ihr Tun zu hinterlassen!<br />

Wenn sie wenigsten keinen der Schläger hätten entkommen lassen – und den Wirt gleich getötet hätten, aber<br />

stattdessen diese Schreie, verdammt!<br />

Erst später dachte ich darüber nach, was ich da eigentlich gesagt hatte… Fila und Valen warfen mir auch<br />

seltsame Blicke zu, ob meiner Äußerungen. Fila hatte gerade erfolgreich die Schreie des Wirtes unterbunden,<br />

der nun „nur noch“ leblos am Boden lag.<br />

Ich scheuchte Yuchdan, Valen und Kunhag zur Hintertür ’raus und lief zusammen mit Arwed schnell dem<br />

Mob entgegen, während Fila noch immer bei dem Wirt kniete. Wir schafften es den Mob einstweilen zu<br />

beruhigen. Als die ersten den Schankraum betraten, mussten sie sich auch prompt übergeben, was die restlichen<br />

Bürger da<strong>von</strong> abhielt das Gebäude zu betreten.<br />

Zwei Unerschrockene schafften den Wirt in den Peraine-Tempel, wo er in ein Krankenbett gesteckt wurde.<br />

Mir machte vor allem der Geflohene Sorgen, denn mittlerweile waren auch Soldaten aufgelaufen. Es würde nicht<br />

lange dauern, bis entsprechende Gerüchte im Umlaufe wären.<br />

Zwar schien der Weibel etwas zu vermuten, aber da weder Fila, noch Arwed oder ich mit Blut bespritzt waren,<br />

nahm er mir ab, dass wir nichts damit zu tun hatten. Vor dem Mob fragte er mich wohlweißlich nicht nach meinen<br />

fehlenden Kameraden. Ich mimte erfolgreich den Unschuldigen, ließ mir <strong>von</strong> der Geweihten bestätigen, dass ich<br />

bis vor kurzem noch im Tempel gewesen war, danach wollte das Volk nichts weiter <strong>von</strong> mir wissen.


Schnell verließen wir den Platz und suchten unsere Gefährten. Diese hatten sich einzeln in einem anderen<br />

Gasthaus eingemietet und schnellstens auf ihre Zimmer verzogen. Immerhin hatten die „Helden“ daran gedacht,<br />

sich die blutigen Kleider vorher zu säubern. Wir trafen uns noch einmal kurz und ich berichtete <strong>von</strong> meinen<br />

Erkenntnissen im Tempel.<br />

Da mich nach wie vor die Kopfschmerzen heimsuchten, nachdem ich meine gesamte Astrale Kraft in kurzer Zeit<br />

verbraucht hatte, begab ich mich direkt nachdem ich noch ein wenig (viel Appetit hatte ich ob des Massakers<br />

sowieso nicht mehr) gegessen hatte, zu Bett.<br />

30. Ingerimm 1027 BF / 34 Hal, Honingen<br />

Wir standen erst spät am nächsten Morgen auf. Tatsächlich machten bereits etliche Gerüchte zum Massaker<br />

vom gestrigen Tage die Runde. Eines schlimmer als das andere. In der Quintessenz sollen eine unbekannte<br />

Anzahl Söldner vier unschuldige Bürger in der Schänke dahingeschlachtet haben.<br />

Phex sei Dank, waren noch keine Personenbeschreibungen im Umlauf, was bedeutete, dass sowohl der Wirt<br />

noch nicht vernommen werden konnte, noch dass der Geflüchtete sich bei den Wachen gemeldet hatte.<br />

Wir berieten uns nur kurz. Eigentlich hatte ich vorgehabt, den Aufenthaltsort der Gräfin Galahan herauszufinden,<br />

und diese zu befreien. Doch nun, da uns die „Widerstandskämpfer“ der Albernier zweifelsfrei für Nordmärker<br />

Schweinehunde halten mussten, war es damit vorbei. Niemand würde uns mehr helfen. Im Gegenteil, nach dieser<br />

Machtdemonstration, mussten wir eher mit hinterhältigen Attentaten rechnen, denn mit Vertrauen und Hilfe.<br />

Oh dieser Hesinde-verlassene Kunhag und dieser unbeherrschte Yuchdan! Die Gräfin, unsere Bundschwester<br />

brauchte unsere Hilfe – und nun war nichts mehr zu machen, dank dieser beiden Rindsviecher.<br />

Aber es half nichts. Das Einzige, was wir noch tun konnten, war die Stadt möglichst schnell zu verlassen, bevor<br />

uns jemand erkannte.<br />

Außerdem vermeldete Valen dass er abermals geträumt hatte – und in diesem Traum hatte er Coram Crassberger<br />

gesehen, als alten Mann. Sprich wir sollten schnellstens nach Winhall reisen, um zumindest diese Queste<br />

erfüllen zu können.<br />

Fila, Arwed und ich machten uns zusammen auf den Weg, während Valen, Yuchdan und Kunhag einzeln die<br />

Stadt verließen. In Aran trafen wir uns dann wieder.<br />

Später, kurz hinter Aran<br />

Kurz hinter Aran, trafen wir auf ein kleines Mädchen, das uns tränenerstickt um Hilfe anflehte, da ihre Eltern<br />

und ihr Bruder „krank“ wären. Mir schwante Schlimmes, auch die anderen machten vielsagende Gesichter.<br />

Trotzdem – oder gerade deswegen folgten wir Lucina, so hieß die Kleine, auf einem schmalen Trampelpfad in<br />

den Wald. Ihre Eltern seien Köhler, und ihr Bruder hieße Bertram, so erzählte sie uns. Als wir uns nach der<br />

Krankheit erkundigten, berichtete sie <strong>von</strong> „roten Linien“ auf den Eltern. Sie hatte wohl die ganze Familie schon<br />

mehrere Tage oder Wochen gepflegt – doch nun würden sie sich nicht mehr rühren.<br />

Als wir die kleine Hütte mit dem angeschlossenen Schuppen erreichten, rechnete ich daher mit dem Schlimmsten.


Ich wies Arwed, Kunhag und Yuchdan an, in der näheren Umgebung der Hütte Wache zu stehen und näherte<br />

mich zusammen mit Valen, Fila und der kleinen Lucina der Hütte. Die Türe war nur angelehnt. Als ich sie<br />

mit meinem Stab vorsichtig aufschob, drang schon der üble Geruch nach Krankheit, Tod und Verwesung heraus.<br />

Ich schickte Fila mit der Kleinen weg, es war besser, wenn sie das nicht mit ansehen würde.<br />

Dann betraten Valen und ich vorsichtig die Hütte. Sie hatte nur ein Zimmer und war sehr dämmrig. Im<br />

Hintergrund war eine Lagerstatt zu sehen. Valen verwandelte seinen Magierstab in eine Fackel und wir konnten<br />

im Licht seines Stabes drei Leiber sehen, die unter Decken und Fellen auf dem Bett lagen. Eine Frau, ein<br />

Mann und ein Junge. Sie blickten uns aus toten, purpurnen Gesichtern an.<br />

Ich war neugierig und wollte wissen, ob die Körper tatsächlich gänzlich purpur verfärbt waren. Schnell trat ich<br />

nochmals einen Schritt zur Türe, um mich zu vergewissern, dass Lucina gut bei Fila aufgehoben und weit genug<br />

<strong>von</strong> der Hütte weg war.<br />

Dann schritt ich vorsichtig zum Bett und hob mit meinem Stock eine Decke nach der anderen weg, auch die<br />

Felle. Schließlich lagen die Leichen nur in ihren Nachthemden vor mir. Ihre Gliedmaßen, die jetzt sichtbar<br />

waren, waren ebenfalls komplett purpur verfärbt.<br />

Ich zog meinen Stockdegen und war gerade dabei, das Nachthemd der Mutter vorsichtig aufzuschneiden, als sich<br />

diese plötzlich aufrichtete!!!<br />

Geistesgegenwärtig stach ich mit meinem Stockdegen, immerhin ein Bannschwert, zu und traf genau das Herz der<br />

unheiligen Kreatur, doch es nutzte nichts. Auch die beiden anderen Leichen erhoben sich und bissen mir in den<br />

Arm, doch Phex sei Dank, mein Wappenrock hielt den fauligen Zähnen der Monster stand.<br />

Schnell aktivierte ich die Armatrutz-Ladung, die ich in meinem Zauberspeicher hatte, nun sollten mich die fauligen<br />

Zähne und zersplitterten Krallen der Ghule kaum mehr verletzten können. Mir einem Ruck befreite ich meinen<br />

Stockdegen, der immer noch im Herz der „Mutter“ steckte, um mich besser verteidigen zu können.<br />

Während die „Mutter“ mir nachsetzte, wich ich zurück, laut nach meinen Gefährten schreiend. Mein Treffer,<br />

obwohl er einen normalen Menschen getötet hätte, schien keine Wirkung zu zeigen. Stattdessen biss mich die<br />

Kreatur abermals. Doch meinen Waffenrock und den Armatrutz vermochte sie abermals nicht zu durchdringen.<br />

Valen wurde vom „Vater“ und dem was einmal Bertram gewesen war, in eine Ecke der Hütte gedrängt und<br />

wehrte sich tapfer mit seinem Stab.<br />

Dann war ich draußen – und schon stürmte Kunhag an mir vorbei, der seinen großen Felsspalter in die „Mutter“<br />

versenkte. Gut, dies zeigte mehr Wirkung, als meine Stichwaffe. Während Kunhag die „Mutter“ nach draußen<br />

lockte und nach zwei Schritten in zwei Hälften zerhackte, rannten Yuchdan und Arwed in die Hütte um Valen<br />

beizustehen. Nach wenigen Augenblicken hatten sie denn auch das unheilige Leben der beiden Ghule, die<br />

Yuchdan bedrängt hatten, beendet. Glücklicherweise hatte auch Valen nichts abbekommen.<br />

Fila war es gelungen, Lucina wegzudrehen und das Gesicht des kleinen Mädchens an ihren Körper zu drücken.<br />

So musste die Kleine wenigstens nicht mit ansehen, wie wir ihre „Mutter“ zerhackt hatten – und wie Kunhag die<br />

Leichenteile in die Hütte warf, die mittlerweile Feuer gefangen hatte – immerhin hatte sich Valen in der Hütte<br />

mit seinem brennenden Zauberstab gewehrt. Fila gelang es einigermaßen das Mädchen zu beruhigen und wir<br />

beschlossen die Kleine erstmal mitzunehmen.<br />

Arwed und Kunhag holten jeweils noch einen Sack Kohle aus dem Schuppen, damit wir für die kommenden<br />

Nächte kein Brennholz sammeln mussten.


Wir warfen weitere Kohlen in die Hütte und setzten sie ordentlich in Brand, auf dass die Ghule sich kein<br />

weiteres Mal erheben konnten. Wir verbarrikadierten die Türe und nachdem die Hütte lichterloh in Flammen<br />

stand, verließen wir den grausigen Ort.<br />

Da es noch ein ganzes Stück bis Ortis dem nächsten Ort war, mussten wir an der Strasse übernachten, in direkter<br />

Nähe zum Farindelwald! Nach dem Schicksal der Köhlerfamilie, war mir alles andere als wohl dabei zu<br />

Mute.<br />

Fila machte sich daran, Lucina <strong>von</strong> Kopf bis Fuß zu untersuchen, ob auch sie mit der Krankheit angesteckt<br />

sei. Doch glücklicherweise war dem nicht so. Ich bat Fila leise, Lucina am nächsten Morgen, wenn sie sich<br />

etwas beruhigt habe, nach den Umständen, wie sich ihre Eltern und ihr Bruder angesteckt hatten zu fragen.<br />

Gerade als ich mich schon zu Bett legen wollte, meinte Yuchdan, dass er in den Wald gehen wolle, um mit<br />

einem Bären zu sprechen. Ich wusste, dass er so was schon öfters gemacht hatte, aber ob das im Farindelwald<br />

eine gute Idee war, dabei war ich überfragt. Ich sah jedoch zu meiner Beruhigung, dass nachdem Yuchdan uns<br />

verlassen hatte, sowohl Arwed seinen Bogen spannte, als auch Kunhag seine Armbrust.<br />

Ich zauberte einen neuen Armatrutz in meinen Stab, immerhin mochte wir es bald wieder mit solchen Kreaturen<br />

zu tun haben – und legte mich schlafen.<br />

1. Rahja 1027 BF / 34 Hal<br />

Am nächsten Morgen erwachte ich frisch und ausgeruht, als ich zur letzten Wache geweckt wurde. Anscheinend<br />

hatte es tatsächlich „Probleme“ zwischen Yuchdan und dem Bären gegeben, doch wie diese genau ausgegangen<br />

waren, das wollte mir Valen nicht verraten.<br />

Viel interessanter jedoch war, dass Fila mit Lucina gesprochen hatte und erfahren hatte, dass Bertram eine rote<br />

Feder im Wald gefunden hatte – und diese auch seinen Eltern gezeigt hatte. Plötzlich war ein lautes Rauschen<br />

in den Baumwipfeln zu hören gewesen. Lucina hatte die Feder jedoch nicht berührt.<br />

Ich beschloss daraufhin unsere Feder, die wir immer noch im Gepäck hatten, schnellstens zu verbrennen und setzte<br />

diesen Entschluss auch gleich in die Tat um.<br />

Nachdem wir gefrühstückt hatten, brachen wir schließlich auf. Fila nahm Lucina vor sich auf den Sattel. Es war<br />

ein schweigsamer Ritt. Zum Glück ohne besondere Vorkommnisse, bis wir am späten Nachmittag Ortis<br />

erreichten.

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