Liebe als Austausch elektro-magnetischer Kräfte
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J. WILLIAM LLOYD: KAREZZA-PRAXIS<br />
bei einem Orgasmus, wahrend der übrige Körper jedes der beiden glüht voll wunderbarer<br />
Kraft und bewusster Freude, oder in tiefem, süßem Zufriedensein ruht, wie nach<br />
beglückendem Spiel. Das ganze Wesen strahlt und schwingt in romantischem <strong>Liebe</strong>sjubel,<br />
und ein starkes Nachgefühl von Gesundheit, Reinheit und Lebenskraft verklärt alles. Wir<br />
sind voller Glück und Dankbarkeit, wie nach einem gesegneten Mahl. Wie ist es dagegen<br />
nach einem Orgasmus? Es wird allgemein festgestellt, dass das erste angenehme Gefühl<br />
einer Befreiung und Entspannung sehr bald gefolgt wird von dem Empfinden, man hatte<br />
einen Verlust erlitten, sei geschwächt: ein herrliches Traumbild ist jäh verschwunden, und<br />
rings starrt Nüchternheit. Gewiss, ein Augenblick der Lust war da, doch zu kurz, wie ein<br />
epileptischer Krampf; daher vermochte er keinen bewussten Eindruck zu machen, brauste<br />
vorbei, ohne Erinnerung zu hinterlassen. Die Lichter sind jäh ausgegangen, die Musik ist<br />
abgerissen. Die nachfolgende Schwäche ist bisweilen so ernsthaft, dass sie Blässe,<br />
Schwindelgefühl, Verzagtheit, Verdauungsstörung, Reizbarkeit, Schamgefühl, Widerwillen<br />
oder andere krankhafte und unschöne Wirkungen zeitigt. Dies ist besonders beim Manne<br />
der Fall, verschont aber oft genug auch die Frau nicht. Zum mindesten finden sich<br />
Mattigkeit, plötzliche Gleichgültigkeit, Schlafbedürfnis in den meisten Fällen. Ein nasses<br />
Tuch ist, für längere Zeit wenigstens, auf die Glut der <strong>Liebe</strong> gefallen. Die Schönheit weint<br />
leise.<br />
Ganz anders klingt Karezza aus. Die <strong>Liebe</strong>nden trennen sich ganz allmählich, mit süßem<br />
Widerstreben, verweilen immer wieder, küssen sich, schmiegen sich aneinander, streicheln<br />
sich, glühend vor Zuneigung und Bewunderung, immer von neuem im Glücksschauer seliger<br />
Erinnerungen, von denen sie fühlen, dass sie nie erlöschen werden. Es scheint, <strong>als</strong> ob in der<br />
Umarmung, die zum Orgasmus führt, die Lebenskraft mit solcher Plötzlichkeit und in solcher<br />
Menge ausgepufft wird, dass es dem andern Teil unmöglich ist, viel von ihr aufzunehmen<br />
und sich zu eigen zu machen. Das meiste geht verloren.<br />
Aus diesen Gründen ist der orgasmische Geschlechtsakt in keiner Weise geeignet, den Sinn<br />
einer <strong>Liebe</strong>sumarmung zu erfüllen. Die Natur hat dies Geschehen in all seiner plumpen<br />
tierhaften Form nur für Kinderzeugung vorgesehen. Der ganze Ablauf ist so berechnet, dass<br />
er weitere <strong>Liebe</strong> hemmt, abwehrt, an ihre Stelle Gleichgültigkeit oder Ablehnung setzt. So<br />
will es der Sinn der Schwangerschaft. Je häufiger daher Geschlechtsverkehr mit Orgasmus,<br />
desto sicherer stirbt die <strong>Liebe</strong>, verfliegt der schöne Traum, und bloße Sexualität,<br />
abstumpfender Geschlechts-„verkehr" oder Ekel gähnen, wo einst, in seligen Tagen, die<br />
<strong>Liebe</strong> blühte. Karezza dagegen macht die Zeit der Ehe noch köstlicher <strong>als</strong> die Zeit der<br />
Werbung, noch mehr von Schönheit gesättigt, erhalt die lächelnden Tage junger <strong>Liebe</strong> das<br />
ganze Leben hindurch. Reiz und magnetische Kraft füreinander wachsen, immer mehr<br />
beglückt die Nähe des andern, und Liebkosung wird zu süßer Gewohnheit. Nichts ebnet<br />
wahrer <strong>Liebe</strong> so sehr den Weg wie Karezza.<br />
Ein Orgasmus wird nicht immer, doch recht häufig gefolgt von einem Zustand der<br />
Erschöpfung, wahrend Karezza, falls nicht im Unmaß wiederholt oder von einem Paar geübt,<br />
das nicht innerlich zusammengehört, solche Wirkungen nicht kennt. Der Orgasmus bringt<br />
Entmagnetisierung, Gleichgültigkeit, Reizbarkeit, Ekel und ein Verlangen nach Reizgiften,<br />
wahrend Karezza das ganze Wesen mit zärtlicher <strong>Liebe</strong> durchstrahlt. Dies wird allgemein so<br />
erlebt und beweist zur Genüge, welch gesundheitlich wohltuenden Einfluß dieser<br />
<strong>Liebe</strong>saustausch haben muss. Er schenkt den Zeugungsorganen Glut und Lebenskraft, dem<br />
Geiste Inspiration, ist daher der beste Heiler geschlechtlicher Schwächen und Leiden wie<br />
Weißfluß, Verlagerungen, Vorfälle, Blasenleiden, einfache Harnröhrenentzündung,<br />
Prostatitis usw. Ich sage das aus Erfahrung. In Fällen schmerzhafter Menstruation und<br />
Prostatitis habe ich Karezza Wunder wirken sehen.<br />
Ich betone aber noch einmal: Voraussetzung ist, dass die beiden sich wirklich lieben und<br />
dass sie ihre Körper achten und niem<strong>als</strong> bewusst missbrauchen wollen! Als bloßes<br />
Sexualexperiment wird Karezza wenig Wert oder Befriedigung bieten. Sie kann vollkommen<br />
oder armselig sein, genau im Verhältnis der Herzensliebe, die sie trägt. Zum Mindesten<br />
verlangt sie Güte, Zärtlichkeit, Ritterlichkeit des Mannes, beglückte Bereitschaft und<br />
Entspannung der Frau. Je mehr Poesie und Verliebtheit, desto besser. Der Grobe,<br />
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