festivalzeitung ausgabe 4 vom 28. juni 2013 - 17. Internationale ...

Weitere Magazine

Empfehlungen

Info

inhalt 03 eS KnacKt unD Knarzt, zWicKt unD KneiFt waSili BarchatowS teeNie-tragödie „KaBale uNd lieBe“ auS St. peterSBurg 04 rumSpinnen unD iDeen Sammeln eiN geSprÄch Mit BurKhard c. KoSMiNSKi 05 ein SchWeizer im platten lanD rafael SaNcheZ’ Sci-fi-„wilhelM tell“ 06 Wir SinD ein SpontaneS VolK eiN geSprÄch Mit ali Jalaly ÜBer SeiNe „rÄuBer“ iN teheraN uNd SeiN leBeN ZwiScheN deN KultureN 07 arm SchWenKen, Dumm WerDen JoNathaN MeeSe taNZt deN Schiller 08 thereSia WalSer eNtflaMMt 09 eine maKrele macht noch Keine reVolution! ÜBer KolleKtive deS proteStS 10 in Der heimat arbeiten Zwei StipeNdiateN auS togo erZÄhleN 11 Kahler König eWigKeit Zu ewald palMetShoferS „rÄuBer.SchuldeNgeNital“ impreSSum Veranstalter Zeitung zu den 17. Internationalen Schillertagen | Ein Projekt zur Förderung des kulturjournalistischen Nachwuchses herausGeber Nationaltheater Mannheim intendant schauspiel und künstlerischer leiter der 17. internatiOnalen schillertaGe Burkhard C. Kosminski GeschÄFtsFührender intendant natiOnaltheater MannheiM Dr. Ralf Klöter redaktiOn Carmen Bauer, Judith Engel, Lena Fiedler, Carolin Meyer, Florian Naumann, Kristina Petzold, Franziska Schurr, Laura Strack, Franziska Weber redaktiOnsassistenZ Katharina Liedtke 12 anDerS, um DieSeS Wort muSS eS Sich Drehen eiN geSprÄch Mit haNS KreMer, der aM haNdy durch „agoraphoBia“ fÜhrt 13 mitmachen erlaubt! die filMreihe „SchMeiSS deiN ego weg!“ iM ciNeMa Quadrat 14 SchillerS magenmeDizin daS Schiller-hauS iN oggerSheiM 15 VerSchmelzungSVerSuch #04 16 programm, SpielStÄtteN, KarteN editORiAl redaktiOnsleitunG Jürgen Berger, Barbara Burckhardt layOut Angela Aumann prOjektleitunG Sandra Strahonja GestaltunG formdusche, Berlin FOtO Hans Jörg Michel, Christian Kleiner bildnachWeis Titel Die Räuber, Schauspielhaus Teheran © Ehsan Neghabat | S.3 © Daria Pichugina | S.4 © Lea Katharina Kroeger | S.5 © Philipp Ottendoerfer | S.6 © Christian Kleiner | S.7 © Hans Jörg Michel | S.8 © Christian Kleiner | S.9 © Lena Fiedler | S.10 © Franziska Weber | S.11 © Georg Soulek | S.12 © Lena Fiedler | S.13 © navigator-film | S.14/15 © Christian Kleiner Fertig! Wir haben Meese überstanden, und Sie halten unsere letzte Nummer in der Hand. Jetzt kann alles nur noch besser werden. Denn Intendant Burkhard Kosminski hat uns im Gespräch erklärt, dass aus Erschöpfung kreativer Wahnsinn wird (siehe S. 4). So also werden wir Mannheim verlassen, um in Bochum und Stuttgart, Essen, Hildesheim, München und Berlin all das weiterzuspinnen, was wir hier gesehen, diskutiert, erfahren haben in engen Theaterräumen und luftig auf Schiller-Rädern. Was wir zu Text verdichtet haben, zu Kritiken, Reportagen, Interviews, von denen Sie in dieser Nummer noch drei weitere lesen können: mit den togolesischen Stipendiaten Feïçal Bang’Na und Seyram Agbalekpor-Doudjih, dem iranischen Regisseur Ali Jalaly und dem deutschen Schauspieler Hans Kremer. Wir verabschieden uns, erschöpft aber inspiriert. spOnsOrinG Morticia Zschiesche, Nina Bernges druck & anZeiGen Mannheimer Morgen Großdruckerei GmbH herzlichen DanK ! die 17. internationalen Schillertage wurden ermöglicht und gefördert durch förderer hauptsponsoren co-Sponsoren Mediepartner festivalhotels Kooperationspartner 2 maSSenmeDium # 04/ 28. juni 2013
Es knackt und knarzt, zwickt und kneift Wasili Barchatows „Kabale und Liebe“, eine Teenie-Tragödie des Sankt Petersburger Theater Prijut Komedianta Sympathisch gründlich In der Sankt Petersburger Inszenierung von „Kabale und Liebe“ saß Oliver Stoltz (Lehrer) auf dem Platz, den während der Proben der Regisseur einnimmt. Was haben Sie gesehen? Maximale Konzentration und Fokussierung. Könnten Sie Ihre Eindrücke mit drei Adjektiven beschreiben? Sympathisch, nicht aufregend, aber gründlich Was hätten Sie anders gemacht? Andere Musik gewählt! Die Leitmusik „Silence is sexy“ von den Einstürzenden Neubauten hätte ich beibehalten, Gainsbourgs „Je t’aime … moi non plus“ war mir zu plakativ. Notiert von Carmen Bauer und Kristina Petzold Polina Tolstun „Silence is sexy“ wird dem Publikum aus der Dunkelheit sanft entgegengehaucht. Hinter einer Glaswand steht der Sänger, der sich eben noch direkt vor dem Mikro eine Zigarette angezündet hat und jetzt zwischen den Tönen mit lautstarkem Knistern die Kippe weginhaliert. Den Spruch könnte man als Zuschauer zuallererst auf die Tatsache beziehen, dass die russische Inszenierung von „Kabale und Liebe“ mit deutschen Übertiteln das Geschehen auf der Bühne verbal kaum voranbringen kann. Aber deshalb mit Ohrstöpseln zuschauen? Nach dem rätselhaften Prolog im Schatten lebt die Bühne im Flowerpower-Stil auf. Mutter Miller mit Sonnenbrille und Lederstiefeln im sexy Hippie-Look verscheucht die Tristesse der schwarzen Guckkastenbühne mit üppigen Blumensträußen. Aus dem mattschwarzen Verhörraum mit venezianischem Spiegel wird ein Tonstudio mit Retro-Charme. In der vorderen Kastenhälfte sitzt Miller, Luises Vater und bei Schiller ein Geiger aus der Unterschicht, im John-Lennon-Look vor seinem Mischpult. Luise (Polina Tolstun) stolpert in die Einraumwohnung und wirkt rotzig, singt „Love you Babe“, spielt Luftgitarre. Nachdem sie einmal über die Bühne gerockt ist, hüpft sie auf den Schoß ihres Vaters. Seine Prinzessin. Bis der schmale Ferdinand (Ilja Dell) die Bühne und Luise bestürmt: grüne Haare, Lederjacke und die obligatorische Gitarre. Hier zeigt sich, welches Publikum der dreißigjährige russische Regisseur Wasili Barchatow im Kopf hat. Es soll jung und im Rebellionsalter sein. Sonst bleibt alles beim Alten: deutsche – beziehungsweise russische – Romeo-und-Julia-Tragödie inklusive Gesellschaftskritik. Die Eltern sind natürlich problematisch und der Selbstmord eine Flucht. Weder die Millers noch Herr von Walter bieten den Schutz oder die moralische Integrität, die sich die Liebenden wünschen. Das zeigt eine Szene, in der die beiden Väter aufeinandertreffen: Miller schlägt erst hilflos zu und verkriecht sich dann im Kühlschrank, während Ferdinands Vater sich heiser schreit. Die Intrige beginnt mit einer SMS. Luise schreibt unter Zwang an den angeblichen Liebhaber Wurm, um Ferdinand in die Trennung zu treiben. Mit der SMS springt das Stück aus den Siebzigern mehr in die Gegenwart. Nach und nach verschwinden die komischen Momente. Ferdinand versucht schon im dritten Akt, sich zu erhängen, und Luise klettert zwischendurch mal probeweise in den Gitarrenkoffer-Sarg. Bevor die schwärmerische Teenagermelancholie dominierend wird, macht das Stück richtig Spaß, vorausgesetzt man mag Grunge, Nick Cave, die Beatles und den Look der Siebziger. Eine Unmenge Requisiten ermöglichen Slapstick- Einlagen, Wutausbrüche und die Visualisierung von Seelenzuständen. Das Licht schafft brillante atmosphärische Räume. Das ist ideal für Zuschauer, denen das Mitlesen irgendwann auf die Nerven geht. Manchmal kippt die Bemühung um Eingängigkeit der Schillerworte aber auch in Pantomime-Exzesse oder skurrile Gebärdensprache. Trägt Ferdinand seine Liebesschwüre mit spärlich gesetzten E-Gitarrenriffs vor, zeigt sich, wie gut Schillers Text auch als Grunge-Lyric funktioniert. Auf dieser Ebene versteht man sofort: Das ist ein Kunst- und Distanzierungsmittel zwischen den Schillerworten und der Figur. Ansonsten aber kommen sich in diesem Bühnendrama mit realistischem Anspruch der Text und die Figuren zu nah. Es zwickt und kneift, wenn zum Beispiel Ferdinand und Luise im Kapuzenpulli als perfekte rebellische Ausreißer inszeniert werden und Luise plötzlich sagt: „Deine Zufriedenheit ist meine heiligste Pflicht.“ Es knackt und knarzt. Der Text bleibt der Szenerie fremd, und das liegt weder an den 2000 Kilometern Luftlinie zwischen St. Petersburg und Mannheim noch an den überzeugenden Darstellern. Wasili Barchatow hat sich und seiner Inszenierung einfach zu wenig Raum gegeben, den Schillerstoff kritisch zu erneuern. Oder hat es nicht gewagt. Die Übertragung in die Siebziger der westlichen Welt ist ein Weichzeichner, der die von Schiller so scharf konturierte Kritik gegen die Intrigen der herrschenden Klasse verwischt. Ein so potentiell politisches Stück explizit aus der Gegenwart herauszunehmen, ist auch ein Statement. Genau wie „silence is as sexy as death.“ Kristina Petzold massenmedium # 04/ 28. Juni 2013 3
Seite 1: zeitung zu den 17. internationalen
Seite 5 und 6: Ein Schweizer im platten Land Rafae
Seite 7 und 8: Arm schwenken, dumm werden Jonathan
Seite 9 und 10: eine maKrele macht nOch keine reVol
Seite 11 und 12: Kahler König Ewigkeit Ewald Palmet
Seite 13 und 14: Mitmachen erlaubt! Die Filmreihe
Seite 15 und 16: veRschMelzunGsVerSuch # 04 Die Such

festivalzeitung ausgabe 4 vom 28. juni 2013 - 17. Internationale ...

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Template löschen?

Als Template speichern?