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Stadtmagazin Neue Szene Augsburg 2012-10

Das Stadtmagazin für Augsburg und Umgebung. Aktuelle Info immer auch unter www.neue-szene.de

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Zoom 33<br />

DIE ARMEN HABEN KEINE<br />

STARKE LOBBY<br />

Die Arbeitslosen müssen heute Jobs annehmen,<br />

die sie früher nicht angenommen hätten.<br />

Ja, es sollte sich natürlich keiner, der arbeiten<br />

kann, auf die faule Haut legen. Andererseits gibt<br />

es nicht nur Einsteins, es gibt auch Leute, die weniger<br />

intellektuelle Gaben haben, die Tätigkeiten<br />

machen müssen, die andere nicht machen. Das ist<br />

für mich ein ebenso wertvoller Mensch. Dann füllt<br />

er eben Regale auf, aber dafür geht er am Abend<br />

zufrieden heim.<br />

Sie kennen sicher die <strong>Augsburg</strong>er Tafel, dorthin<br />

gehen auch Hartz-4-Empfänger, um Essen zu<br />

erhalten. Muss man mit Hartz-4 hungern?<br />

Ich finde eine solche Tafel gut.<br />

Aber es dürfte in einem Sozialstaat gar keine<br />

Notwendigkeit für eine solche privatfinanzierte<br />

Tafel geben.<br />

Das stimmt, aber nicht jeder, der einen Anspruch<br />

auf Hartz-4 hat, geht zur Tafel. Es gibt Menschen,<br />

die sind zu stolz, es gibt Menschen, die sich ganz<br />

einfach sagen: Das will ich nicht, ich will nicht auf<br />

Kosten anderer leben.<br />

Dann muss ein Hartz-4-Empfänger nicht zur<br />

Tafel gehen?<br />

Ja, das kann man sicher sagen.<br />

Die Armen werden ärmer, die Reichen reicher.<br />

Neidpropaganda oder Wahrheit?<br />

Ich denke, es ist so, angeblich haben in Deutschland<br />

zehn Prozent der<br />

Bevölkerung 50 Prozent<br />

des Gesamtvermögens<br />

und zehn Prozent der<br />

Ärmsten haben gerade<br />

mal ein Prozent.<br />

Was soll man tun?<br />

Die Umverteilung ist eine<br />

Aufgabe der Politik, ob sie es schafft, weiß ich<br />

nicht, es wird ja auch immer wieder über eine Reichensteuer<br />

geredet. Aber die Armen haben keine<br />

starke Lobby, da ist einiges aus dem Lot geraten.<br />

Wir müssen dahinkommen, dass jemand, der die<br />

ganze Woche in einem normalen Beschäftigungsverhältnis<br />

arbeitet, genug verdient, um menschenwürdig<br />

zu leben.<br />

Wie viele der Hartz-4-Empfänger betrügen den<br />

Staat?<br />

Wir prüfen das sehr genau, der Anteil derer, die<br />

es darauf anlegen, uns zu betrügen, bewegt<br />

sich zwischen drei und fünf Prozent, mehr nicht.<br />

Deswegen muss man mit diesem Vorurteil, dass ein<br />

Großteil der Hartz-4-Bezieher betrügt, aufhören.<br />

Man tut damit sehr vielen Menschen Unrecht.<br />

Wieso ist das Thema so präsent, wenn der<br />

Anteil dermaßen gering ist?<br />

Das ist schwierig zu beantworten. Diejenigen, die<br />

Steuern hinterziehen und mehr Schaden verursachen<br />

als es Hartz-4-Bezieher je könnten, haben<br />

sicher mehr Einfluss.<br />

In der Arbeitsagentur kleben vor den Büros mit<br />

Publikumsverkehr Plakate mit der Aufschrift:<br />

„Wir begrüßen Sie zwar nicht mit einem Händedruck,<br />

dafür aber mit einem Lächeln.“ Wieso<br />

geben Ihre Mitarbeiter den Kunden nicht die<br />

Hand?<br />

Das war im Zuge der EHEC-Epidemie, das bedeutet<br />

nicht, dass wir unseren Kunden nicht die Hand geben<br />

wollen, wie Sie jetzt vielleicht vermutet haben.<br />

Dann ist das hiermit offiziell geklärt. Haben Sie<br />

manchmal Mitleid mit Hartz-4-Empfängern?<br />

Was heißt Mitleid? Die Hilfe kann nicht so weit gehen,<br />

dass wir die Schwachen unmündig machen. Es<br />

kann nicht sein, dass die Schmarotzer von den Fleißigen<br />

alimentiert werden. Sie müssen in Respekt<br />

und Anerkennung vor ihrer eigenen Leistung auf<br />

dem Weg begleitet werden. Unser Land braucht<br />

wieder mehr Gemeinschaftssinn und nicht diesen<br />

Individualismus der letzten Jahre, da ist einiges auf<br />

der Strecke geblieben.

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