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Internationale Politik und Zweiter Weltkrieg

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• Appeasementpolitik')<br />

<strong>Internationale</strong> <strong>Politik</strong> <strong>und</strong> <strong>Zweiter</strong> <strong>Weltkrieg</strong><br />

Den Gründen der englischen Appeasementpolitik unter Premierminister Arthur Neville Chamberlain<br />

(1937 bis 1940) geht der Historiker Hans-Ulrich Thamer nach.<br />

Die Appeasement-<strong>Politik</strong> beruhte weniger auf Leichtfertigkeit <strong>und</strong> Naivität<br />

als auf einem rationalen Kalkül, das den vielfachen Belastungen eines im<br />

Niedergang befindlichen Weltreiches Rechnung zu tragen suchte. Großbritannien,<br />

sowohl von der weltwirtschaftlichen Depression als auch von überdehnten<br />

Verpflichtungen in seinem Empire beschwert, musste aus nationa- 5<br />

lern Interesse darauf achten, den Frieden in Europa aufrechtzuerhalten. Im<br />

Mittelmeer wie im Femen Osten befand es sich in der Defensive. Die internationalen<br />

Habenichtse Italien, Japan <strong>und</strong> Deutschland rückten enger zusammen<br />

<strong>und</strong> drohten mit einer Veränderung der internationalen Ordnung. Eine<br />

forcierte Nachrüstung als Antwort auf diese Herausforderung hätte jedoch 10<br />

finanzielle Belastungen mit sich gebracht, die Großbritannien im Interesse<br />

der notwendigen wirtschaftlichen <strong>und</strong> sozialen Modernisierung im Innern<br />

<strong>und</strong> im Interesse seiner internationalen Handelsverbindungen vermeiden<br />

wollte. Hinzu kam, dass die britischen Dominions") ein militärisches Engagement<br />

des Mutterlandes auf dem europäischen Kontinent genauso ablehnten 15<br />

wie die Mehrheit der englischen Bevölkerung. Nur wenn alles unternommen<br />

würde, internationale Spannungen <strong>und</strong> Konflikte einzudämmen <strong>und</strong> am<br />

Verhandlungs tisch abzubauen <strong>und</strong> damit den Frieden zu sichern, so das britische<br />

Kalkül, ließen sich Situationen vermeiden, die den Bestand des britischen<br />

Empire in Frage stellen würden. So sah die britische Regierung in der 20<br />

Erhaltung des Friedens den einzig gangbaren Weg, um der internationalen<br />

Krise ohne weitere Positionseinbußen zu begegnen <strong>und</strong> die überkommene<br />

Rolle einer Weltmacht behaupten zu können. Dies wiederum war wesentliche<br />

Voraussetzung für die Behauptung der britischen Sozialordnung. Es war<br />

eine konservative Strategie, deren Interesse vorrangig auf die Stabilisierung 25<br />

des politisch-gesellschaftlichen Systems gerichtet war <strong>und</strong> die darum auf die<br />

Beruhigung der internationalen Konfliktsituation hinarbeitete. Darum sollte<br />

die Befriedung Europas auch ohne die Sowjetunion erreicht werden, was freilich<br />

den Handlungsspielraum der britischen Regierung nicht unwesentlich<br />

einschränkte. Dissens herrschte innerhalb der britischen Führungsschichten 30<br />

nur darüber, zu welchem Zeitpunkt vitale britische Interessen gefährdet<br />

waren <strong>und</strong> wann die Schwelle zum Krieg als eines Mittels zur Verteidigung<br />

dieser Interessen überschritten werden musste.<br />

Hans-Uiridi Thamer, Verführung <strong>und</strong> Gewalt, Bertin 1986, S. 582 f<br />

1. Erarbeiten Sie die Gr<strong>und</strong>gedanken der <strong>Politik</strong> Chamberlains, <strong>und</strong> nennen Sie seine<br />

Motive.<br />

2. Wo liegt die Fehleinschätzung Hit/ers durch Chamberlain?<br />

3. Wieso täuscht sich aber vermutlich auch Hitler im englischen Premierminister?<br />

4. Vorschlag für ein Kurzreferat: Berichten Sie über die aktuellen Beziehungen zwischen<br />

Großbritannien <strong>und</strong> Deutschland.<br />

') <strong>Politik</strong> der Beschwichtigung<br />

') Herrschaftsgebiete; zwischen 1907 <strong>und</strong> 1953 Bezeiclmung für die sich selbst regierenden Länder<br />

des Britischen Reiches (zum Beispiel Australier. Kanada)

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