Internationale Politik und Zweiter Weltkrieg
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<strong>Internationale</strong> <strong>Politik</strong> <strong>und</strong> <strong>Zweiter</strong> <strong>Weltkrieg</strong> 25<br />
Die Kapitulation der "Resttschechei" •<br />
Überden BesuchHachasim März 1939 in Berlinsagtesein Referent,Dr. JosefKlimeni, sechs<br />
Jahrespäter vor dem <strong>Internationale</strong>nGerichtshofaus.<br />
Dr. Kliment sagte aus, dass er Dr. Hacha nach Berlin als Beamter seiner Kanzlei<br />
begleitete. Bei der Unterredung Dr. Hachas mit Hitler war er nicht anwesend.<br />
Er kann sich an Mitteilungen erinnern, die Dr. Hacha gleich nach seiner<br />
Rückkehr von der Reichskanzlei gegen 4.30 Uhr früh am 15. März 1939<br />
5 ilun <strong>und</strong> den anderen tschechischen Persönlichkeiten im Hotel Adlon machte.<br />
Dr. Hacha hat bei seinem Besuch bei Hitler zuerst das Problem der Slowakei<br />
lösen wollen. Hitler hat Hacha angehört, <strong>und</strong> dann hat er nur gesagt,<br />
dass die Frage der Slowakei nicht ein Gegenstand seines Interesses sei. Er<br />
habe sich entschlossen, die tschechischen Länder von 6 Uhr früh angefangen<br />
10 durch die Wehrmacht zu besetzen, damit so der Frieden in Mitteleuropa sichergestellt<br />
wird. Er fügte hinzu, dass sein Entschluss unveränderlich sei.<br />
Dann ist zu Dr. Hacha Cöring") getreten <strong>und</strong> sagte ilun: "Mein Amt ist<br />
schwer, ich habe gar nichts gegen Ihre schöne Stadt, wenn ihr aber gegen<br />
den Entschluss des Führers irgendetwas machen wollt, besonders falls ihr<br />
15 versuchen solltet, Hilfe vom Westen zu erlangen, wäre ich gezwungen, der<br />
Welt die h<strong>und</strong>ertprozentige Wirksamkeit meiner Luftwaffe zu zeigen." Dr.<br />
Hacha teilte seiner Begleitung weiter mit, dass er erst nach dieser weitgehenden<br />
Drohung, die an die ganze Nation gerichtet war, sich entschieden habe,<br />
die ilun vorgelegte bereits fertige Erklärung betreffend den Schutz der tsche-<br />
20 chischen Länder <strong>und</strong> des tschechischen Volkes durch den Kanzler des Deutschen<br />
Reiches zu unterschreiben.<br />
Dr. Klirnent fuhr wörtlich fort: Es ist mir als dem unmittelbaren Teilnehmer<br />
jener Tage klar, dass in der Schicksalsnacht Hitler, Göring <strong>und</strong> die anderen<br />
Anwesenden, besonders aber auch Ribbentrop-), sich stärksten Druckes be-<br />
25 dienten, der gegen den Sprecher eines Volkes anzuwenden möglich ist, das<br />
heißt der Drohung, die Hauptstadt Prag von der Luft aus vollständig zu<br />
zerstören. Nur Grauen vor Repressalien, die dem tschechischen Volke angedroht<br />
wurden, hat nach meiner Überzeugung Dr. Hacha bewogen, sich dem<br />
Diktate Hitlers zu beugen. Dr. Hacha bestätigte, dass er während der Unterre-<br />
30 dung mit Hitler eine stärkende Injektion bekommen habe, obzwar er dagegen<br />
protestierte.<br />
Walther Hofer (Hrsg.), a.a.O; S. 222 f<br />
1. Inwieweit widerspricht oder entspricht die vorgenommene Annexion den bisherigen<br />
öffentlichen Äußerungen Hitlers? Vergleichen Sie dazu auch die Materialien<br />
MI <strong>und</strong> M 2.<br />
2. Welche Auswirkungen hat das Vorgehen der deutschen Machthaber noch heute<br />
auf das deutsch-tschechische Verhältnis?<br />
3. Arbeiten Sie anhand der Materialien M I, M 2, M 4, M 5 charakteristische<br />
Merkmale der Außenpolitik Hitlers heraus.<br />
1) Hermann Göring (1893-1946) war als designierter Nachfolger (1939) <strong>und</strong> Reichsmarschall einer<br />
der engsten Mitarbeiter Hitlers. 1946 entzog er sich seiner Verantwortung während des Nürnberger<br />
Prozesses durch Selbstmord.<br />
') Joachim von Ribbentrop (1893-1946), Außenrninister von 1938 bis zum Kriegsende; wurde im<br />
Nürnberger Prozess zum Tode verurteilt <strong>und</strong> hingerichtet.