Die japanische Umweltbewegung und internationale ...

62 Güde Thomas
Dieser Umstand kann einerseits mit der Themenauswahl von Greenpeace
begründet werden: Vor allem das Thema Walschutz ist umstritten, und Japan
wird in Zahl und Leistung der Atomkraftwerke nur von den USA und Frankreich
übertroffen. Bis in die späten 1990er Jahre, als eine Reihe von Störfällen 3 die
Sicherheit der japanischen AKWs in Frage stellte, gab es keine erwähnenswerte
Antiatombewegung in Japan. Zwar hat sich dieser Umstand radikal gewandelt,
und es stehen mittlerweile deutlich mehr Japaner der Kernkraft ablehnend gegenüber
als Bürger in vergleichbaren Industrienationen. Während der Gründungsund
Wachstumsjahre von Greenpeace garantierte dieses ureigene Thema der Organisation
jedoch keine Unterstützung von Seiten der japanischen Bevölkerung.
Selbst heute ist es eher die Unzufriedenheit mit der Krisenpolitik von Bürokratie
und Politik, die japanische Antiatomkraftproteste auszeichnet (Vosse 2002: 6f.).
Auch gesetzliche Rahmenbedingungen stehen oder standen einem Erfolg
von Greenpeace in Japan im Wege: Gesetzliche Regelungen behinderten die
offizielle Anerkennung für Non-profit-organisations (NPO) über Jahrzehnte und
wurden erst im Jahr 1998 mit dem NPO-Gesetz reformiert. Zudem senkt die
steuerliche Nichtabsetzbarkeit von Spenden die Spendenbereitschaft und schränkt
so die finanziellen Möglichkeiten für NPOs ein (Foljanty-Jost 2005: 112 f). Des
Weiteren nimmt das Energy Conservation Law 4 Greenpeace die Vorreiterstellung
als Mitentwickler von umweltfreundlichen Geräten und Technologien, wie sie
es weltweit z.B. mit dem ozon- und klimafreundlichen Kühlschrank Greenfreeze,
in Deutschland mit dem 3-Liter-Twingo SmILE oder dem Drucken auf chlorfrei
gebleichtem Papier einnehmen kann.
Neben den gesetzlichen Rahmenbedingungen spielen auch politische Verhältnisse
wie Entscheidungswege und Möglichkeiten der politischen Beteiligung in
diesem Zusammenhang eine Rolle: Das vielzitierte „Eiserne Dreieck“ aus LDP, Bürokratie
und Wirtschaftsverbänden lässt auch im Bereich des Umweltschutzes in
Japan weniger Menschen aktiv werden als in anderen Industriestaaten. Gleichzeitig
sind überproportional viele Bürger davon überzeugt, ihre eigenen Mitwirkungsmöglichkeiten
seien hoch. Diese Überzeugung begründet sich im Wesentlichen in
der engen Bindung von Abgeordneten an ihren Wahlkreis, die Wähler vor allem
3 In diesem Zusammenhang sind insbesondere die Unfälle im so genannten Schnellen Brüter in Monjû
im Dezember 1995 und in Tokaimura im September 1999 von Bedeutung.
4 Im Jahr1979 verabschiedet, legt das in diesem Gesetz verankerte so genannte frontrunner-System
fest, dass innerhalb bestimmter Fristen alle Geräte einer Art den gleichen Energieverbrauch wie das
effizienteste unter ihnen erreichen müssen. Andernfalls werden sie vom Markt genommen.