Jahresrückblick 2012 - JEFs FotoGalerie
Jahresrückblick 2012 - JEFs FotoGalerie
Jahresrückblick 2012 - JEFs FotoGalerie
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
32<br />
VON DR. MED. JOACHIM KRENZ<br />
Gastflug mit einem 95-jährigen ehemaligen Me109-Piloten<br />
IM AUFWIND DES LEBENS<br />
Die Geschichte beginnt mit dem Lesen des Buches „Im<br />
Aufwind des Lebens“ von Anton Stangl. Ich will den Verlauf<br />
der Fliegerlaufbahn des im Jahre 1917 geborenen Autors hier<br />
nicht – auch nicht zusammenfassend – wiederholen, weil dies<br />
ausführlich in seinem Buch nachzulesen ist.<br />
Nach den lebensgestaltenden Säulen des Gelingens einer<br />
solchen Rüstigkeit fragend, kam die Antwort: „Vegetarische<br />
Kost, Eutonie (gute, ausgewogene oder harmonische Spannung<br />
nach Gerda Alexander) und Zen-Meditation!“ Werden<br />
wir auch in dieser Altersphase, falls wir sie erreichen, noch<br />
so fit sein?<br />
Als „Onkel Anton“ lernten wir ihn im Odenwald kennen. Ich<br />
hörte bei diesem Treffen von seinem Wunsch, noch einmal<br />
mitzufliegen. Sein letzter Flug in einer kleinen Maschine lag<br />
55 Jahre zurück, wie er mir erzählte.<br />
FLIEGEN IM ALTER – GEHT DAS?<br />
In Ergänzung und Fortentwicklung zu dem in meinen Unterrichten<br />
vorgetragenen Thema „Der ältere Pilot im Cockpit“<br />
wurde ich nun mit dem Problem und der Einschätzung der<br />
Durchführbarkeit eines Gastfluges mit einer Person im weit<br />
fortgeschrittenen Alter konfrontiert.<br />
Bekanntlich ist in der späten Lebensphase des Menschen<br />
die Knochenfestigkeit, besonders die Bruchlast der Wirbel,<br />
stark verringert. Die Vitalkapazität ist deutlich reduziert, der<br />
Gasaustausch in der Lunge ist herabgesetzt, das Ventilations-/Perfusionsverhältnis<br />
der Lungen ist ebenso vermindert<br />
wie die Sauerstoffaufnahme durch das Blut. Schließlich<br />
besteht eine Verschlechterung der kapillaren Versorgung, um<br />
nur einige Faktoren zu nennen.<br />
RHEINSCHLEIFEN, TAGEBAU UND MÜNGSTENER BRÜCKE<br />
Die Wetterlage versprach am Tag des Rundfluges bei südlichen<br />
Winden gute Sicht.<br />
Natürlich bedurfte es beim Gang über die Flügelfläche des<br />
Samburo zum Cockpit einiger Hilfe, aber das Einfädeln in<br />
den Sitz gelang Anton mühelos. Die Füße noch einmal in die<br />
Seitenruderpedale zu stellen, das wollte er bei dem bevorstehenden<br />
Flug allerdings nicht mehr.<br />
Direkt nach dem Start bewunderte er sofort das schnelle<br />
Abheben unseres Motorseglers. Dies war ein weiterer<br />
Hinweis dafür, dass Gedächtnisleistung, Aufmerksamkeit<br />
und Verarbeitungsgeschwindigkeit für seine Altersphase als<br />
fantastisch einzustufen sind.<br />
Für jeden, der von unserem Flugplatz aus einen Rundflug unternimmt,<br />
sind die großen Rheinschleifen beindruckend, und<br />
die Braunkohlengrube des Tagebaus Hambach, deren größte<br />
Tiefe bei 370 Metern liegt, enthüllt – besonders von oben<br />
betrachtet – jedes mal wieder ihr gewaltiges Ausmaß.<br />
noch mal in die luft<br />
Weltkrieg-II-Jagdpilot Anton Stangl und LSG Erbslöh-Pilot<br />
Joachim Krenz beim Rundflug im Samburo. Der Veteran genieSSt es,<br />
nach 55 Jahren noch einmal in einem kleinen Flugzeug zu sitzen.<br />
Daraus resultiert für Piloten des Gastfluges: Mit dem deutlich<br />
gealterten Passagier nicht auf größere Höhen steigen, keine<br />
Steilkurven fliegen und bloß keine „Bumslandung“ bauen!<br />
LUFTKAMPFTAKTIK BEIM ROTEN<br />
Meine anfänglichen Bedenken wurden rasch von dem in<br />
einem gastlichen Haus allein lebenden und sich noch ans<br />
Steuer eines Pkw setzenden Selbstversorger zerstreut.<br />
Beim Kennenlernen während eines Essens im Schlosshotel<br />
Hirschhorn, zu dem er mich einlud, begann beim Gläschen<br />
Rotwein das Fachsimpeln. Wir sprachen über die Zuverlässigkeit<br />
der in die Me109 eingebauten Motoren, über die ausgeklügelte<br />
Taktik der Engländer im Luftkampf über England<br />
und andere Themen.<br />
Nicht ausgelassen werden darf bei einem lokalen Rundflug<br />
die Müngstener Brücke zwischen Solingen und Remscheid,<br />
wobei im Vorbeiflug die Legende um den goldenen Niet nicht<br />
unerwähnt blieb.<br />
BEGINN EINER NEUEN FREUNDSCHAFT<br />
Mühelos erkannte mein aufmerksamer Fluggast die Stützpfeiler<br />
der Wuppertaler Schwebebahn aus der Mindesthöhe<br />
über Grund.<br />
Dies alles noch einmal aus dem Bereich der Aufwinde von<br />
oben betrachten zu können, erfüllte meinen Gast mit großer<br />
Dankbarkeit. Und der rege Gedankenaustausch bildete alsbald<br />
den Grundstock für eine neue Freundschaft.