Bestand - Archiv für Zeitgeschichte der ETH Zürich
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Jüdische Gemeinde Kreuzlingen<br />
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<strong>ETH</strong> <strong>Zürich</strong><br />
<strong>Archiv</strong> <strong>für</strong> <strong>Zeitgeschichte</strong><br />
Hirschengraben 62<br />
8092 <strong>Zürich</strong><br />
+41 44 632 40 03<br />
afz@history.gess.ethz.ch<br />
<strong>Bestand</strong><br />
Institutionelle <strong>Archiv</strong>e und Bestände / Jüdische Gemeinde Kreuzlingen<br />
31.05.2013<br />
Kurztitel<br />
<strong>Bestand</strong>ssignatur<br />
AfZ Online <strong>Archiv</strong>es<br />
<strong>Bestand</strong>sname<br />
Laufzeit<br />
Jüdische Gemeinde Kreuzlingen<br />
IB Jüd Gemeinde Kreuzlingen<br />
Jüdische Gemeinde Kreuzlingen<br />
Jüdische Gemeinde Kreuzlingen<br />
<strong>Archiv</strong><br />
1921-2009<br />
1935 - 2009<br />
Umfang 5.60 Laufmeter<br />
Benutzbarkeit<br />
Provenienz<br />
<strong>Bestand</strong>sbildner<br />
Geschichte / Biografie<br />
3-Ordentliche Schutzfristen<br />
Jüdische Gemeinde Kreuzlingen<br />
Die Jüdische Gemeinde Kreuzlingen (bis 1965 Israelitische Gemeinde Kreuzlingen) wurde am 27. August<br />
1939 gegründet. Die Ursprünge des jüdischen Gemeinwesens in Kreuzlingen gehen ins späte 19.<br />
Jahrhun<strong>der</strong>t zurück. Damals eröffneten jüdische Besitzer verschiedener Betriebe aus Konstanz und<br />
Umgebung Filialen in <strong>der</strong> Schweiz und einige liessen sich mit ihren Familien auf <strong>der</strong> Schweizer Seite <strong>der</strong><br />
Grenze nie<strong>der</strong>. Die jüdischen Mitglie<strong>der</strong> beiden Ortschaften waren religiös, freundschaftlich und<br />
wirtschaftlich verbunden. Die Kreuzlinger Juden nahmen durch ihre Nähe zu Nazideutschland die<br />
antisemitische Verfolgung direkt wahr, beson<strong>der</strong>s die Zerstörung <strong>der</strong> Konstanzer Synagoge 1938. Bereits<br />
1936 war die jüdische Friedhofsgemeinschaft Kreuzlingen gegründet worden. Viele Juden wollten sich<br />
aufgrund <strong>der</strong> Situation in Deutschland nicht mehr dort begraben lassen. 1940 erreichte die Jüdische<br />
Gemeinde Kreuzlingen ihren Höchststand und hatte 120 Mitglie<strong>der</strong>.<br />
Durch die vielfältigen Beziehungen zu Konstanz war die Flüchtlings- und Armenhilfe von Anfang an<br />
zentrales Anliegen <strong>der</strong> Jüdischen Gemeinde Kreuzlingen. Am 22. Oktober 1940 wurden die Konstanzer<br />
Juden zusammen mit 6500 pfälzischen, badischen und saarländischen Juden nach Gurs deportiert. Die<br />
Kreuzlinger Juden richteten sofort ein Hilfsbüro ein, welches von Erna Veit geleitet wurde. Die moralische<br />
und materielle Unterstützung dauerte bis zum Sommer 1942, als die verbliebenen Juden nach Auschwitz<br />
deportiert wurden. Nach Kriegsende organisierte die jüdische Gemeinde Kreuzlingen die Hilfe <strong>für</strong> die<br />
"Displaced Persons", welche aus den Lagern Theresienstadt und Bergen-Belsen nach Konstanz gebracht<br />
wurden. In Verbindung mit diesen Hilfsleistungen wurden zionistischen Bestrebungen geför<strong>der</strong>t, wie etwa<br />
die Ausreise <strong>der</strong> Flüchtlinge nach Palästina. Ebenfalls engagierte sich Kreuzlingen <strong>für</strong> die religiöse<br />
Betreuung von Flüchtlingskin<strong>der</strong>n (RBK), welche vom VSJF koordiniert wurde. Die Kriegs- und<br />
Nachkriegszeit <strong>der</strong> jüdischen Gemeinde Kreuzlingen wurde stark von Robert Wieler geprägt. Er war von<br />
1941-1951 Präsident, 1977 wan<strong>der</strong>te er nach Israel aus. Sein Nachfolger Herbert Dreifuss leitete die<br />
Gemeinde von 1952-1976.<br />
In den 1950er Jahren fanden die Kreuzlinger Juden mehr Zeit, um eigene Gemeindestrukturen<br />
aufzubauen. Der Vorstand intensivierte den Religionsunterricht und die Jugendarbeit. Die Kreuzlinger<br />
Jugendgruppe war Mitglied <strong>der</strong> jüdischen Jugendorganisation Hanoar Haboneh. Vor allem in den 1960er<br />
Jahren veranstaltete sie zahlreiche Lager und Abendprogramme. Es fanden regelmässige Schabbat- und<br />
Feiergottesdienste und Vortragsrunden statt. Gezielte Öffentlichkeitsarbeit betrieb die Gemeinde jedoch<br />
nie. Im Unterschied dazu pflegte <strong>der</strong> Frauenverein <strong>der</strong> jüdischen Gemeinde Kreuzlingen aktive<br />
Beziehungen zu thurgauischen Frauenvereinen. Zudem unterstützten die Frauen zahlreiche bedürftige<br />
Gemeindemitglie<strong>der</strong>. Diese kulturelle und soziale Aktivität nahm in den 1970er und vor allem in den<br />
1980er Jahren durch die Überalterung <strong>der</strong> Gemeinde stark ab. Viele Mitglie<strong>der</strong> zogen in grössere Städte<br />
mit besserer jüdischer Infrastruktur. Ein schwerer Verlust <strong>für</strong> die Gemeinde war <strong>der</strong> Tod des St.Galler<br />
Rabbiners Dr. Lothar Rothschild im Jahr 1974, welcher die Jüdische Gemeinde Kreuzlingen mehr als 30<br />
Jahre betreut hatte. Die Gemeinde zählte 1989 nur noch 17 Mitglie<strong>der</strong>. Nach einstimmigem Beschluss <strong>der</strong><br />
Mitglie<strong>der</strong>versammlung vom 21. Juni 2009 wurden die Thorarollen und das Mobiliar des Betsaals<br />
verschenkt. Das Präsidium teilen sich seit 2009 Dr. Rolf Hilb und Prof. Erhard Roy Wiehn.<br />
Gründung / Auflösung 1929<br />
<strong>Bestand</strong>sbeschreibung<br />
Übernahme<br />
Verzeichnisse<br />
<strong>Bestand</strong>sgeschichte<br />
2009-2011<br />
2010, 2012<br />
Die Übergabe des <strong>Bestand</strong>es erfolgte im Jahr 2009 durch Margot Dreifuss und Prof. Dr. Erhard Roy<br />
Wiehn. Direkter Vertragspartner ist <strong>der</strong> Gemeindepräsident Rolf Hilb. Die Unterlagen betreffend Gurs hat
<strong>ETH</strong> <strong>Zürich</strong><br />
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<strong>Bestand</strong><br />
die jüdische Gemeinde Kreuzlingen bereits Yad Vashem übergeben. René Hornung lieferte noch einige<br />
Materialien, welche die Jugendgruppe Hanoar Haboneh betreffen. Der <strong>Bestand</strong> weist einige Schwerpunkte<br />
auf. Zentral sind die Akten, welche die Hilfe und den Wie<strong>der</strong>aufbau in <strong>der</strong> französischen Zone<br />
Deutschlands 1945-1948 behandeln. Diese Materialen betreffen nicht direkt das Gemeindeleben in<br />
Kreuzlingen. Sie enthalten vor allem die Korrespondenz des damaligen Präsidenten Robert Wieler, welche<br />
er unter an<strong>der</strong>em mit dem SIG, dem AJDC und <strong>der</strong> Israelitischen Gemeinde Konstanz geführt hat.<br />
Ergänzt werden diese Materialien durch die institutionellen Akten des Vorstandes wie Protokolle,<br />
Statuten, Mitglie<strong>der</strong>listen und Rundschreiben. Neben dem Vorstand operierten die Friedhofsgemeinschaft<br />
und <strong>der</strong> jüdische Frauenverein Kreuzlingen relativ selbständig. Von diesen Vereinen sind eigene<br />
Protokolle, Statuten, Korrespondenz und Finanzen erhalten. Daneben gibt es Material betr. das<br />
Fürsorgewesen, die Jugendarbeit und den Zionismus. Interessant hierbei sind die Unterlagen, welche die<br />
schweizweite Vernetzung dokumentieren. Einen grossen Teil des <strong>Bestand</strong>es bilden die Finanzakten <strong>der</strong><br />
Gemeinde. Die Dichte des Materials nimmt bereits in den 1960er Jahren stark ab. Nach Ende <strong>der</strong> 1980er<br />
Jahre sind nur noch einzelne Korrespondenzen und Finanzakten überliefert.<br />
Sprache(n)<br />
deutsch, französisch<br />
Bewertung / Kassation<br />
Bearbeitung im AfZ<br />
<strong>Bestand</strong>sinhalt<br />
Administrative Unterlagen<br />
Finanzen<br />
Korrespondenz<br />
Tätigkeit<br />
Literatur<br />
Doppel und Unterlagen des SIG wurden kassiert.<br />
Lea Ingber<br />
Protokolle, Statuten, Rundschreiben, Jahresberichte<br />
Zahlungsbelege, Finanzkorrespondenz, Buchhaltung, Jahresrechnungen<br />
Vorstandskorrespondenz, politische Behörden, jüdische Gemeinden,<br />
zionistische Vereinigungen<br />
Flüchtlingshilfe, Zionistische Bestrebungen, Fürsorgekommission, Jüdischer<br />
Friedhof Bernrain, Schul- und Jugendkommission, Jüdischer Frauenverein<br />
Wiehn, Erhard Roy (Hg.): Jüdische Rückblicke auf die<br />
deutsch-schweizerische Grenzregion am Bodensee im 20. Jahrhun<strong>der</strong>t.<br />
Gespräche in Israel, Konstanz und Kreuzlingen, Konstanz 2012.<br />
31.05.2013