Jahresbericht 2003 - Das Archiv für Zeitgeschichte - ETH Zürich

Jahresbericht 2003
Archiv für Zeitgeschichte
1
Institut für Geschichte

_____________________________
Herausgeber: Archiv für Zeitgeschichte, Zürich 2004.
Redaktion: Klaus Urner
Satz und Gestaltung: Jonas Arnold
Sämtliche Illustrationen aus dem Archiv für Zeitgeschichte, Zürich.
Gedruckt mit Unterstützung des Freundes- und Fördererkreises des Archivs
für Zeitgeschichte sowie der Stiftung Dialogik, Mary und Hermann Levin
Goldschmidt-Bollag und der Stiftung Jüdische Zeitgeschichte an der ETH
Zürich.
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Inhaltsverzeichnis
Zum Geleit ............................................................................................................................. 5
Dokumentationsstelle Jüdische Zeitgeschichte..................................................... 9
Archiv der Jüdischen Nachrichten ( JUNA)....................................................... 10
Verband Schweizerischer Jüdischer Fürsorgen/Flüchtlingshilfen .......... 11
SIG-Archiv ....................................................................................................................... 12
Archiv und Pressedokumentation der Schweizerischen Flüchtlingshilfe
(SFH) ....................................................................................................................... 13
Nachlass Jean Nordmann ........................................................................................ 13
Vorlass Cläre und Leon Wohlmann-Meyer ....................................................... 14
Schenkungen der Familie Dr. iur. Veit Wyler ..................................................... 15
Nachlass Louis und Rosa Wyler-Kahn................................................................. 16
Nachlass Robert Braunschweig ............................................................................. 17
Nachlass Samuel W. JeanRichard ......................................................................... 18
Vorlass Dr. iur. Rudolf Zipkes................................................................................... 18
Dokumentation a. Nationalrat François Loeb ................................................. 18
Diverse Schenkungen zur jüdischen Zeitgeschichte ................................... 19
Verfilmungsprojekte, Kontakte, Kooperationen ............................................. 19
Archiv Gerhart Riegner: WJC-Büro Genf 1938–1983 ............................... 19
Sondierungen in Berlin .................................................................................... 20
Liechtensteinisches Landesarchiv Vaduz .................................................... 21
Beiträge zur Geschichte des SIG ........................................................................... 21
Dokumentationsstelle Wirtschaft und Zeitgeschichte ..................................... 23
Archive economiesuisse – Verband der Schweizer Unternehmen ......... 23
Vorort-Archiv: Wirtschafts- und Konjunkturpolitik 1914–1990 .......... 23
Aktenablieferung 1980–1995 ..........................................................................26
Inventarisierung Zwischenarchiv economiesuisse ................................ 27
wf-Dokumentationsarchiv Teil II (1975–1993):
Migration, Arbeitsmarkt, Finanz- und Steuerpolitik .............................. 27
Nachlass Paul Rudolf Jolles .................................................................................... 28
Nachlass Warda Bleser-Bircher .............................................................................29
Projekte, Kooperationen ........................................................................................... 31
Dokumentationsbereich "Schweiz – Kalter Krieg" (1945–1990) ..................... 33
Schweizerischer Aufklärungsdienst / Schweizerische Arbeitsgemeinschaft
für Demokratie (SAD) ....................................................................... 33
Diverse Neuzugänge................................................................................................. 34
Allgemeine schweizerische Zeitgeschichte ........................................................... 35
Nachlass Dr. iur. Werner J. Balsiger ...................................................................... 35
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Vorlass Prof. Dr. Georg Kreis .................................................................................... 36
Nachlass Dr. Erwin Jaeckle ...................................................................................... 37
Nachlass Trudi Kocher .............................................................................................. 38
Summer School of European Studies, Zürich .................................................. 39
Nachlass Dr. Victor H. Umbricht .......................................................................... 40
Biographische Dokumentationen von Dieter Ackerknecht ....................... 43
Dokumentation zur subversiven "Sportschule Maag" ................................ 43
Dissertationsarchiv Daniel C. Schmid ............................................................... 44
Diverse Schenkungen .............................................................................................. 44
Audiovisuelle Quellen ..................................................................................................... 45
Oral History: Kolloquien zur Zeitgeschichte ................................................... 46
Sammlungen, Bibliothek .............................................................................................. 46
IT-Bereich ............................................................................................................................. 48
Systemwartung und Sicherheitsfragen ........................................................... 48
IT-Projekte: Informationsvermittlung und Zeiterfassung ........................ 48
Öffentlichkeitsarbeit, Publikationen und Veranstaltungen .............................. 51
Entdecken Sie das Archiv für Zeitgeschichte – der Film zum AfZ ............ 51
Schriftenreihe Band 4: "Über Fremde reden" ................................................... 51
Gruppe Sammlungen und Archive der ETH Zürich ...................................... 52
Tagungen, Seminarien, Präsentationen ............................................................ 53
Externe Vorträge und Veranstaltungen ............................................................ 53
Presseartikel / Beiträge mit AfZ-Bezug ............................................................. 54
Medienspiegel zur Präsentation des VSJF-Archivs ....................................... 54
Benutzung ........................................................................................................................... 55
Eingegangene Belegexemplare 2003 ................................................................ 59
Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ............................................................................. 61
Publikationen ...............................................................................................................62
Stiftungen und Fonds ...................................................................................................... 63
Stiftung Dialogik, Mary und Hermann Levin Goldschmidt-Bollag ........ 63
Stiftung Jüdische Zeitgeschichte an der ETH Zürich ................................... 63
Simon und Hildegard Rothschild-Stiftung ..................................................... 64
Karl-Schmid-Stiftung ............................................................................................... 64
Jaeckle-Treadwell-Stiftung ..................................................................................... 65
Victor H. und Elisabeth Umbricht-Stiftung...................................................... 65
Dank ...................................................................................................................................... 66
AfZ-Team 2003 ...................................................................................................................67
Öffnungszeiten ................................................................................................................. 68
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Zum Geleit
Hohe Standards, denen die ETH Zürich verpflichtet ist, gelten auch im Archiv
für Zeitgeschichte. Sie werden im internen "Leitfaden für die Archivierung",
der 2003 ausgearbeitet worden ist, detailliert und verbindlich festgehalten.
Dieser regelt alle wichtigen Schritte des Akzessionsverfahrens sowie
der nachfolgenden Weiterbearbeitung der Neuzugänge. Die klare Prioritätensetzung
bei der Aufnahme trägt mit dazu bei, dass die Archivierung
der übernommenen Bestände auf dem bisherigen anspruchsvollen Niveau
gewährleistet werden kann. Hierzu gehört eine qualitative Erschliessung,
für die nicht nur formale, sondern auch inhaltliche Kriterien relevant sind.
Sie schafft Grundlagen für den fortlaufenden Ausbau unseres Suchinstrumentariums,
mit dem die Effizienz von Recherchen verbessert und die intensivere
Benutzung des für die Forschung bereit gestellten Archivguts gefördert
wird.
Seit Herbst 2003 besteht für Benutzende im Lesesaal die Möglichkeit, die
in der zentralen Datenbank erfassten Quellenmaterialien mit Hilfe von Eurospider
selbst abzufragen. Inzwischen
ist auch die Tür zum virtuellen
Archiv geöffnet worden: Die im Raum
Zürich bedeutendste Wirtschaftsdokumentation
– das Archiv der Wirtschaftsförderung
(wf) – kann jetzt für
den Zeitraum 1943 bis 1974 in digitalisierter
Form benutzt werden. Die
wf-Dossiers müssen nicht mehr im
Magazin geholt werden, sondern lassen
sich direkt am Bildschirm im Lesesaal
konsultieren. Der weitere Ausbau
unserer Dienstleistungen im Internet
befindet sich in der Realisierungsphase.
Auch im Zeitalter der Digitalisierung
müssen Archive für die langfri-
stige Aufbewahrung von erstrangigem Kulturgut über Lagerkapazitäten verfügen,
die einen Zuwachs erlauben. Die seit längerem angestrebte Lösung
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Zusätzlicher Lagerraum für das AfZ: Die neue
Kompaktusanlage im Bau, September 2003.

für unsere Platzprobleme konnte im Rahmen eines Mietarrangements zwischen
der ETH und der Universität Zürich verwirklicht werden. Der neu zugeteilte
Lagerraum befindet sich in unmittelbarer Nähe zum Hirschengraben
62. Er wurde mit einer Kompaktusanlage zweckmässig ausgerüstet und
kann Archivgut im Umfang von rund 600 Laufmetern aufnehmen. Zudem
besteht dort eine Option für die Einrichtung des vorgesehenen Verfilmungsund
Digitalisierungszentrums.
Wer sich für die Entwicklungen und den Arbeitsstand innerhalb der
Schwerpunktbereiche des Archivs für Zeitgeschichte interessiert, findet hierzu
im Jahresbericht 2003 wiederum ausführliche Informationen. Die Dokumentationsstelle
Jüdische Zeitgeschichte treibt verschiedene grosse Archivierungsprojekte,
die mit einander verknüpft sind, gleichzeitig voran. Neben
dem Archiv des Schweizerischen Israelitischen Gemeindebundes (SIG),
das in der Datenbank vollständig erfasst worden ist, werden vor allem das
Archiv und die Dokumentationen der "Jüdischen Nachrichten" (JUNA) sowie
die aus Privatbesitz stammenden und bis auf zwei Ausnahmen übergebenen
Nachlässe der ehemaligen Präsidenten des SIG intensiv bearbeitet.
Um nachträgliche Verschiebungen zu vermeiden, wird ein gemeinsamer
Abschluss aller in diesem Kontext vorgenommenen Archivierungsarbeiten
angestrebt.
Die Dokumentationsstelle Wirtschaft und Zeitgeschichte, bei der die Bearbeitung
der Archive von economiesuisse im Vordergrund steht, orientiert
unter anderem über die neu erschlossenen Bestände zur schweizerischen
Wirtschafts- und Konjunkturpolitik von 1914 bis 1990. Für die Wirtschaftsund
Aussenwirtschaftspolitik von hervorragender Bedeutung ist der Nachlass
von a. Staatssekretär Paul R. Jolles; rund 2500 Dossiers sind geordnet
und in der Datenbank erfasst worden.
Der Dokumentationsbereich "Schweiz–Kalter Krieg" betreut Unterlagen,
die ein erhebliches Forschungspotenzial aufweisen. Wie die Benutzung zeigt,
nimmt das Interesse an der Thematik zu. Sorgen bereitet hier die noch zu
schwache Unterstützung durch Drittmittel.
Bei dringendem Handlungsbedarf muss eine vorausschauende Archivpolitik
Herausforderungen auch dann annehmen, wenn die Verhältnisse dazu
nicht ermutigen. Ein Beispiel hierfür sind die Umstände, unter denen der
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Nachlass von Dr. Dr. h. c. mult. Victor H. Umbricht (1915–1988) vor dem Verlust
bewahrt worden ist. Als zehn Tage vor seinem Tod die Büroräumlichkeiten
bei der Firma Ciba-Geigy, deren Verwaltungsrat er angehört hatte, geräumt
werden mussten, hat das Archiv für Zeitgeschichte die gefährdeten
Aktenbestände ohne Zögern übernommen. Deren Unterbringung war damals
nur provisorisch möglich; Ressourcen für die Weiterbearbeitung fehlten.
Der in der zweiten Hälfte des Zwanzigsten Jahrhunderts wohl bedeutendste
Schweizer Mediator hat im Dienst der UNO und des IKRK in den grossen
Krisenherden der Welt schwierigste Missionen durchgeführt, für die er internationale
Anerkennung fand. Sein Nachlass enthält umfangreiche Quellenmaterialien
zu vielen Ländern der Dritten und Vierten Welt, deren Archive
durch Kriege und weitere Katastrophen schwer in Mitleidenschaft gezogen
worden sind und die von einer Aufarbeitung dieses Nachlasses profitieren
könnten.
Um diese zu ermöglichen, ist dank der Bereitschaft der Familie Umbricht
nun der Grundstein für ein Förderungswerk gelegt worden, das die Erschliessung
des Nachlasses und die Tätigkeit des Archivs für Zeitgeschichte unterstützt.
Mit Hilfe der Victor H. und Elisabeth Umbricht-Stiftung, die am 8.
Januar 2003 ins Zürcher Handelsregister eingetragen worden ist, konnte
bereits ein erstes wichtiges Segment des Nachlasses bearbeitet werden: die
Akten zur Entflechtung der "East African Community", mit der es Umbricht
nach jahrelangen intensiven Bemühungen 1987 gelang, den Konflikt zwischen
Kenya, Tansania und Uganda friedlich zu regeln. Auch in der Schweiz,
die nunmehr als 190. Mitglied den Vereinten Nationen angehört, ist es angezeigt,
sich derjenigen Persönlichkeit zu erinnern, welche der viel zitierten
humanitären Tradition nachgelebt und gute Dienste während fast drei Jahrzehnten
wirklich geleistet hat.
Unter den Neuzugängen, über die nachstehend berichtet wird, seien der
Privatnachlass von Dr. iur. Werner J. Balsiger, der von 1936 bis 1955 die Bundespolizei
geleitet hat, die Schenkungen der Nachkommen von Dr. iur. Veit
Wyler sowie der Vorlass von Prof. Dr. Georg Kreis hervorgehoben, der als Protagonist
der Zeitgeschichtsforschung mit dem Archiv für Zeitgeschichte seit
1970 verbunden ist.
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Einsatz neuer Medien für die Öffentlichkeitsarbeit:
Dreharbeiten für den Film zum AfZ.
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Interessieren dürften die Informationen
zur Benutzung und Vielfalt der
im Berichtsjahr bearbeiteten Themen
oder zur Öffentlichkeitsarbeit;
soeben wurde ein dreisprachiges
Filmporträt fertiggestellt, das auf
unserer Homepage zum Rundgang
durch das Archiv einlädt.
Danken möchte ich allen, die das Archiv
für Zeitgeschichte in seiner Tätigkeit
unterstützen: Der Leitung der
ETH Zürich und des Instituts für Geschichte,
den Stiftungen, Gönnern
und Partnern, die am Schluss des
Jahresberichts namentlich aufgeführt
werden, sowie denjenigen, die
durch ihre Schenkungen einen wert-
vollen Zugewinn ermöglichten, nicht zuletzt aber allen Mitarbeiterinnen und
Mitarbeitern, die durch ihr grosses Engagement zur positiven Bilanz beigetragen
haben, über die hier berichtet wird.
Zürich, Mai 2004 Klaus Urner

Dokumentationsstelle Jüdische Zeitgeschichte
Die Dokumentationsstelle Jüdische Zeitgeschichte hat sich seit ihrer Gründung
im Jahre 1995 prioritär mit der Erschliessung der grossen Archivbestände
des Schweizerischen Israelitischen Gemeindebundes (SIG) befasst.
Hierzu gehören das historische Archiv des SIG (1904–1985), das Archiv der
Jüdischen Nachrichten (Juna) 1936–1980 sowie des Archiv des Verbandes
Schweizerisch-Jüdischer Fürsorgen (VSJF) 1936–1990. Während letzteres im
Berichtsjahr fertig geordnet der interessierten Öffentlichkeit vorgestellt
wurde,erfolgt 2005 der Abschluss der noch laufenden Projekte.
Die institutionellen Archive stehen nach Inhalt und Umfang an erster Stelle,
doch bedürfen sie der Ergänzung durch weitere Quellen. Die Dokumentationsstelle
Jüdische Zeitgeschichte setzt sich auch für die Sicherung privater
Bestände ein. So gelang es ihr, die Nachlässe der SIG-Präsidenten zu
eruieren und für die Forschung zugänglich zu machen. Mit Ausnahme der
Papiere von Hermann Guggenheim und Jules Dreyfus-Brodsky, deren Verbleib
noch unklar ist, hat sich bestätigt, dass dank der im Verlauf der letzten
Jahre beigebrachten Unterlagen erhebliche Lücken im SIG-Archiv geschlossen
werden konnten.
Zu den wichtigsten Neuzugängen im Berichtsjahr zählen die Mikrofilme
des Zentralen Zionistischen Archivs Jerusalem, welche das Archiv von Dr.
Gerhart M. Riegner enthalten und umfassenden Einblick in die Tätigkeit des
langjährigen Generalsekretärs und Leiters des World Jewish Congress-Büros
in Genf geben. Von erheblicher Relevanz sind auch die ergänzenden
Schenkungen zum historischen Nachlass von Dr. iur. Veit Wyler.
Nach der Erschliessung der SIG-Archive gilt es, weitere bedeutende Dokumente
zum jüdischen Leben in der Schweiz für die Zukunft zu sichern. Die
dezentrale Betreuung und Bewahrung jüdischer Gemeindearchive vor Verlusten
wird dabei zur vordringlichen Aufgabe. Zudem gewinnt der Zeitraum
1945 bis 2000 auch für die Dokumentationsstelle Jüdische Zeitgeschichte
zunehmend an Bedeutung mit Quellenbeständen, deren Aufarbeitung noch
aussteht.
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Archiv der Jüdischen Nachrichten ( JUNA)
Das Archiv und die Dokumentationen der Jüdischen Nachrichten JUNA, der
Pressestelle des Schweizerischen Israelitischen Gemeindebundes (SIG), sind
in einer ersten Ablieferung 1993 übernommen worden. Die JUNA war 1936
von Georg Guggenheim gegründet worden, um die schweizerische Öffentlichkeit
vermehrt für die Belange der Jüdinnen und Juden in der Schweiz zu
sensibilisieren. Sie beobachtete das öffentliche Leben, um bei antisemitischen
Vorfällen intervenieren zu können und entschieden einen jüdischen
Standpunkt zu vertreten. Die JUNA versandte in regelmässigen Abständen
ihre charakteristischen "blauen Bulletins" an die gesamte Schweizer Presse,
mit denen sie Informationen über das Judentum in konzentrierter Form verbreitete.
Nachdem Benjamin Sagalowitz im Jahr 1938 als Mitarbeiter gewonnen
werden konnte, etablierte sich die JUNA als eigentliche Informations- und
Dokumentationsstelle der jüdischen Gemeinschaft in der Schweiz. Während
in weiten Teilen Europas das jüdische Leben zerstört wurde, versuchte die
JUNA die Katastrophe zu dokumentieren. Bereits während des Krieges begann
Benjamin Sagalowitz damit, den Holocaust wissenschaftlich aufzuarbeiten.
Er hat sein Manuskript "Der Weg nach Maidanek", dessen erster Teil
bereits 1944 vorlag, jedoch nie zum Druck freigegeben. Sein Buch hätte wohl
die erste systematische Darstellung der Shoah enthalten.
Die Weiterbearbeitung des JUNA-Archivs, zu dem Werner Hagmann ein
erstes Verzeichnis erstellt hatte, übernahm in der Folge unsere 1995 gegründete
Dokumentationsstelle Jüdische Zeitgeschichte. Nach der Übergabe des
SIG-Archivs an das Archiv für Zeitgeschichte im Jahr 1998 kamen weitere
Unterlagen zum Vorschein, die ursprünglich zum JUNA-Archiv gehört hatten.
Mit den Erkenntnissen aus der Erschliessung des SIG-Archivs musste
das JUNA-Material einer erneuten Bewertung unterzogen werden. Die uneinheitliche
Aktenführung ist auch darauf zurückzuführen, dass Benjamin
Sagalowitz Materialien, die er für seine Recherchen und Publikationen benötigte,
aus der Ablage herausnahm und in Arbeitsdossiers zusammenfasste,
die den ursprünglichen Entstehungszusammenhang nicht mehr wiedergeben.
Die Überarbeitung erforderte eine Neugliederung des Bestandes
mit einer weitgehenden Trennung zwischen dem Geschäftsarchiv der Jüdischen
Nachrichten und der von ihnen angelegten Dokumentationen. Neu
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hinzu kommt die Erfassung des Gesamtbestandes in der Archivdatenbank
DACHS.
Mit diesen Arbeiten begann Michael Funk zusammen mit Zsolt Keller Anfang
2003. Die JUNA-Bulletins sind gescannt und für die Benutzung im Lesesaal
elektronisch zugänglich gemacht worden. Zudem wurde die Geschäftskorrespondenz
der JUNA-Mitarbeiter erschlossen. Die Bereiche
Flüchtlingspolitik, Abwehr des Antisemitismus von 1933 bis 1945, erbenlose
Vermögen und die Dokumentation zur nationalsozialistischen Judenverfolgung
wurden überarbeitet und in der Datenbank erfasst.
Verband Schweizerischer Jüdischer Fürsorgen/Flüchtlingshilfen
Wie im Jahresbericht 2002 angekündigt, konnte der vollständig erschlossene
Bestand bis März 2003 fertig etikettiert werden. Nach fünfjähriger Teamarbeit
war der Projektabschluss der gegebene Anlass, die Ergebnisse im Rahmen
eines kleinen Festaktes den Sponsoren und der Öffentlichkeit vorzu-
Zufriedene Gesichter anlässlich der Präsentation des VSJF-Archivs (v.l.n.r.): Kirchenratspräsident
Pfarrer Ruedi Reich, Dr. Rolf Bloch, Doris Krauthammer, Prof. Klaus Urner, Eva Koralnik, Prof. Dr.
med. Alfred Donath (verdeckt).
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stellen. Die Präsentation, zu der am 21. Mai ins Archiv für Zeitgeschichte eingeladen
wurde, fand auch in den Medien eine erfreuliche Resonanz.
Als Vertreter der beteiligten Institutionen sprachen Dr. iur. Rolf Bloch, Präsident
der Stiftung Jüdische Zeitgeschichte, Prof. Dr. med. Alfred Donath, Präsident
des SIG, Doris Krauthammer, Präsidentin des VSJF sowie Pfarrer Ruedi
Reich, Kirchenratspräsident der Evangelisch-reformierten Landeskirche des
Kantons Zürich.
Eva Koralnik-Rottenberg schilderte als Zeitzeugin ihre Eindrücke, nachdem
sie kurz zuvor erstmals Einblick in das Flüchtlingsdossier nehmen konnte,
das der VSJF vor rund 60 Jahren zu ihrer Familie angelegt hatte. Als Kind
erlebte sie die dramatische Flucht aus Ungarn im Herbst 1944. In ihrer Erinnerung
blieb die belastende Abhängigkeit von den Behörden, aber auch vom
VSJF haften. Erst nach der Lektüre ihres VSJF-Dossiers wurde ihr bewusst,
wie sehr sich die jüdische Flüchtlingshilfe für die Familie eingesetzt hatte.
Ihre Geschichte zeigt exemplarisch, welche Fülle an Informationen sich in
den 12'360 Dossiers des VSJF-Archivs zum Zeitraum 1938 bis 1990 finden.
Noch zu wenig bekannt ist, dass diese Quellenmaterialien auch die Krisen
der Nachkriegszeit aus der Perspektive der jüdischen Flüchtlingshilfe in der
Schweiz dokumentieren und damit für die Zukunft ein erhebliches Forschungspotential
enthalten.
SIG-Archiv
Als besonders zeitaufwändig erwies sich die Überarbeitung des Verzeichnisses
zum Archiv des Schweizerischen Israelitischen Gemeindebundes,
nachdem die Erschliessung der einzelnen Teilsegmente durchgeführt worden
war. Unklare Aktentitel wurden präziser gefasst und durch Angaben
zum Inhalt des Dossiers ergänzt, damit bei Abfragen der Datenbank Unterlagen
zu bestimmten Suchbegriffen auch gefunden werden können.
Nach dem Vorliegen des Gesamtverzeichnisses wurde auch die Feingliederung
überarbeitet. Unterlagen, die eine Einheit bilden, sind zusammengeführt
oder durch entsprechende Verweise verbunden worden. Ende 2003
waren die Voraussetzungen geschaffen, um die Umstellungs- und Abschlussarbeiten
im SIG-Archiv vornehmen zu können.
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Archiv und Pressedokumentation der Schweizerischen
Flüchtlingshilfe (SFH)
Die Erschliessung des 1995 als Depot übernommenen Historischen Archivs
des Dachverbands der Schweizer Flüchtlingshilfswerke erfolgt schrittweise.
Für die Bearbeitung dieses Bestandes mit Unterlagen aus der Zeit von
1936 bis 1980 im Gesamtumfang von 48 Laufmetern mussten auf Grund
der begrenzten Ressourcen Prioritäten gesetzt werden. Gegenwärtig liegen
die institutionellen Kernakten (Protokollarchiv und Finanzakten) sowie –
aufgrund des besonderen Interesses der Forschung und Öffentlichkeit – die
Materialien aus der Zeit des Zweiten Weltkriegs fein erschlossen vor.
Inzwischen werden mehr und mehr auch die Asylpolitik und Flüchtlingshilfe
während der Nachkriegsjahrzehnte erforscht. Um auch hierfür den
Zugang zu erleichtern, wurde 2003 der noch weitgehend unerschlossene
Teil (Unterlagen zur Asylpolitik, Asylrecht, Fürsorge, Öffentlichkeitsarbeit,
Wiedergutmachung nationalsozialistischen Unrechts von 1951–1980) unter
der Leitung von Jonas Arnold einer Gesamtrevision unterworfen. Als Resultat
liegt nun ein Übersichtsverzeichnis vor, das die Benutzbarkeit wesentlich
verbessert.
Das Pilotprojekt zur Digitalisierung der reichhaltigen Pressedokumentation
der SFH zur schweizerischen Flüchtlings- und Asylpolitik wurde von Jure
Tornic fortgeführt. Bis jetzt sind die Dossiers aus den Jahren 1996 bis 1998
gescannt und mit OCR-Erkennung abfragbar gemacht worden. Ziel des Projekts
ist die vollständige Digitalisierung dieses umfangreichen Medienspiegels
von 1973 bis 2000. Die nachfolgenden Jahrgänge werden dem AfZ von
der SFH künftig im elektronischen Format übergeben.
Nachlass Jean Nordmann
Der Privatnachlass von Jean Nordmann (1908–1986) ist dem Archiv für Zeitgeschichte
von seiner Familie 1998 übergeben worden. Mit der Erschliessung
wurde im Berichtsjahr begonnen; sie wird von Daniel Gerson durchgeführt.
Die Akten dokumentieren Nordmanns Tätigkeit für die jüdische Gemeinschaft
in der Schweiz während gut vier Jahrzehnten. Zunächst galt sein Einsatz
den vom Nationalsozialismus verfolgten Glaubensgenossen. 1941 beteiligte
er sich an Schweizer Hilfsmassnahmen für die in Südfrankreich internierten
deutschen Juden. Davon zeugt der Briefwechsel mit Lagerinsas-
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sen sowie ein Reisebericht über einen Besuch im Lager Gurs, die im Nachlass
erhalten geblieben sind.
1944 wurde Nordmann in die Geschäftsleitung des SIG gewählt, der er bis
1980 angehörte. Mehr als 35 Jahre wirkte er an zentraler Stelle für die jüdische
Gemeinschaft der Schweiz. Die systematische und vollständige Ablage
seiner Unterlagen als SIG-Präsident hätte es auch gerechtfertigt, diese
als amtliche Geschäftsakten in das SIG-Archiv zu integrieren. Der Entscheid
fiel zu Gunsten der integralen Erhaltung des Nachlasses. Einzig dort finden
sich nun die "Vororientierungen" (Orientations préalables), die den Mitgliedern
der Geschäftsleitung vor den Sitzungen zugesandt wurden. Sie gewähren
einen umfassenden Einblick in die vielfältigen Tätigkeiten der SIG-Leitung
und ergänzen das historische Geschäftsarchiv des SIG substantiell.
Ebenfalls vollständig überliefert sind seine Korrespondenzen als SIG-Präsident
von 1973 bis 1980. Darin widerspiegeln sich insbesondere auch seine
zahlreichen internationalen Kontakte mit jüdischen Institutionen und Organisationen
in Europa, Israel und den USA.
Vorlass Cläre und Leon Wohlmann-Meyer
Das Archiv für Zeitgeschichte betreut seit 1997 den Nachlass von Cläre Wohlmann-Meyer,
die am 5. Februar 2004 ihren 100. Geburtstag feiern durfte.
Die Jubilarin stammt aus Hamburg, wo sie 1931 als erste weibliche Juristin
in den Justizdienst aufgenommen wurde. Bereits 1933 wurde sie aufgrund
der nationalsozialistischen Judengesetze aus dem Dienst entlassen und emigrierte
nach England. Dort heiratete sie Leon Wohlmann, den späteren Präsidenten
des "Schweizerischen Zionistenverbandes", und zog in der Folge
mit ihm nach Zürich. Hier beteiligte sie sich massgeblich am Aufbau und an
der Organisation jüdischer und nichtjüdischer sozialer Werke (WIZO-Frauenorganisation,
Werkstätte "Aktives Alter", ORT). Daneben war Cläre Wohlmann
seit 1949 jahrzehntelang als Journalistin für das "Israelitische Wochenblatt"
tätig und engagierte sich innerhalb verschiedener kultureller Einrichtungen
im Rahmen der Israelitischen Cultusgemeinde Zürich (ICZ).
2003 wurde der Bestand durch weitere Materialien zum Leben und Werk
von Cläre Wohlmann ergänzt. Darunter befinden sich Unterlagen zu ihrem
Engagement im Rahmen des Programms "Aktives Alter", mit dem Arbeitsplätze
für Senioren geschaffen werden sollten, oder für die WIZO und anderen
Organisationen. Dort findet sich oft auch entsprechendes Fotomaterial.
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Ein eigener Nachlass ist von Leon Wohlmann (1900–1968), dem vielseitig
engagierten Juristen, langjährigem Mitarbeiter des "Israelitischen Wochenblatts"
der Schweiz und zeitweiligem Präsidenten des Schweizerischen Zionistenverbandes
(1965–1968), unseres Wissens nicht überliefert. Da Frau
Wohlmann dem Archiv für Zeitgeschichte zusammen mit ihren eigenen Unterlagen
auch solche ihres Gatten übergeben hat, enthält der Bestand zugleich
seinen Privatnachlass, soweit er sich erhalten hat. Darin befinden sich
Protokolle aus der Frühzeit des Schweizerischen Zionistenverbandes um 1910,
verschiedene Artikel Leon Wohlmanns zur Entwicklung der Zionistischen
Bewegung und zu Zionistischen Kongressen in der Schweiz sowie auch Fotos,
die Leon Wohlmann als Teilnehmer am Zionistenkongress 1937 in Zürich
und an Veranstaltungen des Schweizerischen Zionistenverbandes zusammen
mit weiteren bekannten Persönlichkeiten (u.a. Nachum Goldmann,
Gerhart Riegner, Abraham Ussishkin) zeigen. Der Bestand steht vollständig
erschlossen zur Verfügung.
Schenkungen der Familie Dr. iur. Veit Wyler
Die Beziehungen des Archivs für Zeitgeschichte zu Dr. iur. Veit Wyler (1908–
2002) reichen bis in die 1980er Jahre zurück. Veit Wyler setzte sich als profilierter
Anwalt seit den dreissiger Jahren für jüdische Interessen ein. Darüber
berichtet er auch in seinem Rückblick "Erlebnisse eines Schweizer Juden
und Zionisten", zu dem ihn 1990 das Archiv für Zeitgeschichte eingeladen
hatte. In der Folge schenkte er sukzessiv Teile seines Privatarchivs, darunter
seine Akten zum Prozess gegen David Frankfurter in Chur 1936. Im
Berichtsjahr wurde nun auch der Restbestand übergeben, so dass der Nachlass
vollständig vorliegt und bearbeitet werden kann. Für die Durchführung
dieses Projektes wurde Frau Hanna Zweig gewonnen.
Herrn und Frau Judith und Rafi Siano-Wyler danken wir für ihr Legat von
10’000 Franken, die für die Erschliessung des Nachlasses verwendet werden.
Zur Schenkung gehören auch 34 Bände der Zeitschrift "DAS NEUE ISRA-
EL" (1948–1986). Mit der Herausgabe und redaktionellen Betreuung der Zeitschrift
"DAS NEUE ISRAEL" leistete Veit Wyler während Jahrzehnten einen
bedeutenden Beitrag für die jüdische Gemeinschaft. Er hat darin die Entstehung
und weitere Entwicklung des Staates Israel in all seinen politischen,
sozialen und kulturellen Facetten dokumentiert.
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Nachlass Louis und Rosa Wyler-Kahn
Mit dem Nachlass von Dr. iur. Veit Wyler erhielt das Archiv für Zeitgeschichte
auch Unterlagen seiner Eltern. Bereits Louis und Rosa Wyler-Kahn, deren
Nachlässe 2003 von Hanna Zweig erschlossen worden sind, waren engagierte
Persönlichkeiten innerhalb des jüdischen Gemeindelebens in der
Schweiz.
Hochzeitsfoto von Rosa und Louis Wyler-Kahn, 1903.
Die Familie von Louis Wyler ( 1872–1960) stammt aus der Surbtaler Gemeinde
Endingen. Louis Wyler betrieb zusammen mit seinen Brüdern Hermann
und Semmy ein Textilgeschäft im Haus zum Roten Schild an der Weiten Gasse
in Baden. Sein Bruder Max lebte als Chemiker in London. Die Familie war
gleichermassen dem aufgeklärten Bürgertum, der jüdischen Orthodoxie und
ihrer Schweizer Heimat verpflichtet. Obwohl der orthodoxen Gemeinde Baden
angehörend, nahm Louis Wyler als einer der wenigen "alteingesessenen"
Schweizer Juden 1897 am Ersten Zionistenkongress in Basel teil. Als
junger Mann lebte er von 1898 bis 1899 in Paris. Im Ersten Weltkrieg leistete
er Aktivdienst. Louis Wyler arbeitete im 1904 gegründeten Schweizerischen
Israelitischen Gemeindebund (SIG) mit und war als Vertreter der Gemeinde
Baden, später der Israelitischen Religionsgesellschaft Zürich (IRG) ein lang-
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jähriges Mitglied des Centralcomités (CC) des SIG. Daneben pflegte er enge
Beziehungen zur ultra-orthodoxen Agudas Isroel.
Neben biographischen Materialien zu den Familien Wyler und Kahn sind
auch Louis Wylers Engagement in zahlreichen schweizerischen und internationalen
jüdischen Organisationen sowie seine politischen und kulturellen
Interessen dokumentiert. Die Briefsammlung aus seiner Zeit in Paris kommentiert
unter anderem den Antisemitismus in Frankreich im Kontext der
"Dreyfus-Affäre". Überliefert sind auch seine Zeitungsartikel zu dieser Thematik.
Unterlagen finden sich zu seiner Tätigkeit im CC des SIG, wo er sich
u.a. 1918 gegen das Schächtverbot, 1932 für die Einbindung der damaligen
Ultraorthodoxie in den SIG und 1935 zugunsten der Errichtung einer Pensionskasse
für Beamte jüdischer Gemeinden einsetzte. Weitere Engagements
galten der Bekämpfung des Antisemitismus, Kontakten zu orthodoxen jüdischen
Institutionen in Europa (z.B. Agudas Isroel, "Deutschländer-Stiftung",
Rabbiner Jacobssohn, Kopenhagen) sowie der Rettung und Unterstützung
verfolgter Juden während des Zweiten Weltkriegs.
Dieser Bestand enthält aber auch aufschlussreiche Materialien zu Rosa
Wyler-Kahn und damit zur Geschichte der jüdischen Frauen in der Schweiz.
Rosa Wyler-Kahn (1878–1950) wuchs in Wiesbaden als Tochter von Rabbiner
Leo Kahn auf. 1903 heiratete sie Louis Wyler. Im Zusammenhang mit ihren
zahlreichen Aktivitäten in verschiedenen Frauenorganisationen (u.a. Frauenstimmrechtsverein
und Israelitischer Frauenverein) initiierte sie schon 1917
als eine der ersten Schweizer Frauen Ferien- und Erholungsaktionen für
kriegsversehrte, jüdische wie nichtjüdische Kinder, zunächst aus Deutschland,
später auch aus Wien und Ungarn.
Nachlass Robert Braunschweig
Robert Braunschweig (1914–2001) war von 1980 bis 1988 Präsident des SIG.
Während sich im Archiv des SIG nur rudimentär Handakten zu seiner Präsidentschaft
finden, enthält der persönliche Nachlass, für dessen Schenkung
wir Frau Denise Alvarez-Braunschweig danken, teilweise die dort fehlenden
Unterlagen. Solange das Archiv des SIG nicht professionell geführt werden
konnte, gab es für Geschäftsakten auch keine systematisch gehandhabte
Ablieferungsregelungen. So darf es als Glücksfall bezeichnet werden, dass
diese Dossiers auch nach Jahren im Privatbesitz erhalten geblieben sind.
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Nachlass Samuel W. JeanRichard
Am 8. Oktober 2002 verstarb im Alter von 90 Jahren der ehemalige Lehrer
und Bezirksinspektor der Eidgenössischen Zentralstelle für Heime und Lager
Samuel W. JeanRichard. Bereits zu seinen Lebzeiten hatte er Unterlagen
aus seiner Tätigkeit als Lagerleiter, später als Inspektor der Lager und Heime
im Zweiten Weltkrieg übergeben. Hierzu gehören auch über 100 Zeichnungen
von Flüchtlingskindern, die diese im Sommer 1945 angefertigt hatten
und zu denen Andreas Renold 2002 das Buch "KinderBilderWelten" veröffentlicht
hat. Frau Dr. Anne Wanner-JeanRichard verdankt das Archiv für
Zeitgeschichte nun ergänzende Materialien zur Biografie, Öffentlichkeitsarbeit
und Lagertätigkeit ihres verstorbenen Vaters.
Vorlass Dr. iur. Rudolf Zipkes
Alt Obergerichtsschreiber Dr. iur. Rudolf Zipkes schenkte einen ersten bedeutenden
Teil seiner Akten, die vor allem seine Tätigkeit in den 1930er und
40er Jahren dokumentieren. Darunter befinden sich u.a. Manuskripte zum
Thema "Zeugnisse und Reflexionen zur Kriegszeit" (1941–1943), die auch Vorstufen
zur 1941 publizierten Schrift "Jüdische Selbstkritik" enthalten, mit der
sich Zipkes damals exponierte. Seine Interessen beziehen sich auf ein breites
Spektrum jüdischer, mythologischer und juristischer Themen. Hinzu
kommt eine reichhaltige Korrespondenz. Ein Projekt zur Erschliessung des
Bestandes ist pendent.
Dokumentation a. Nationalrat François Loeb
Alt Nationalrat François Loeb schenkte Ende 2003 seine Dokumentation zu
den Themenbereichen "Rassismus" sowie "Schweiz – Zweiter Weltkrieg". Im
Zusammenhang mit den Kontroversen zur Geschichte der Schweiz während
des Zweiten Weltkrieges hatte er ehemalige Flüchtlinge, die damals für kürzere
oder längere Zeit in der Schweiz Aufnahme fanden und heute in aller
Welt leben, dazu aufgerufen, Berichte über ihre damaligen Erfahrungen zu
verfassen. Ziel der Aktion war es, diese Berichte dem Simon Wiesenthal-Center
in Los Angeles zu übermitteln, damit auch dort die Seite der Schweizer
Geschichte dokumentiert wird.
18

Diverse Schenkungen zur jüdischen Zeitgeschichte
Für Schenkungen und Ergänzungen zu Beständen im Bereich der jüdischen
Zeitgeschichte danken wir folgenden Donatorinnen und Donatoren: Silvia
Asmus (Deutsche Bibliothek/Exilarchiv) Frankfurt a.Main, Vivianne Berg,
Monika Bucheli (Chronos-Verlag), Margot Dreifuss, Renato Esseiva, Ruth Fivaz-Silbermann,
Susan Fraiman (Yad Vashem Art Museum) Jerusalem, Dr.
Vincent und Martina Frank, Walter S. Gut, Sabine Hank (Archiv Centrum Judaicum,
Berlin), Erich A. Hausmann, Tanja Hetzer, Liselotte Hilb, Salome Lienert,
Rochelle Rubinstein (CZA Jerusalem), Monique Sauter, Henry Spira, Edith
Unger-Soltys, Hanna Zweig.
Gedankt sei auch der Bibliothek der Israelitischen Cultusgemeinde Zürich
sowie Frau Dr. Yvonne Domhardt und Herrn Kurt Heimann von der ICZ-
Kulturkommission für die Schenkung mehrerer gebundener Jahrgänge des
"Israelitischen Wochenblatt für die Schweiz", das wir vervollständigen möchten.
Es handelt sich dabei um Bände aus den Jahren 1903–1906 sowie 1908–
1918.
Verfilmungsprojekte, Kontakte, Kooperationen
Archiv Gerhart Riegner: WJC-Büro Genf 1938–1983
Im Berichtsjahr wurde das 1999 gemeinsam begonnene Projekt zur Ordnung,
Verzeichnung und Mikroverfilmung des Archivs von Dr. Gerhart Riegner,
dem langjährigen Generalsekretär und Vertreters des World Jewish Congress
in der Schweiz, abgeschlossen. Nachdem Frau Ruth Fivaz-Silbermann
den umfangreichen Bestand in Genf geordnet hatte, wurde er ins Zentrale
Zionistische Archiv in Jerusalem verbracht und verfilmt. Ende 2003 sind uns
rund 250 Mikrofilme (Format 35-mm) mit allen Akten aus den Jahren 1938
bis 1980 übersandt worden. Damit wird es möglich, dieses wertvolle Archiv,
das in der Schweiz entstanden ist, auch hier der Forschung zugänglich zu
machen.
Das Archiv für Zeitgeschichte und seine Dokumentationsstelle Jüdische Zeitgeschichte
danken folgenden Personen und Institutionen, welche tatkräftig
an der erfolgreichen Durchführung des Projekts mitgewirkt haben: Herrn
Dr. Gerhart Riegner †, seiner Sekretärin Frau Alschée, Frau Rochelle Rubinstein,
Executiv Direktorin des "Central Zionist Archives" in Jerusalem, Herrn
19

Joanid Radu und Herrn Brewster Chamberlin vom Holocaust Memorial
Museum in Washington, welche die Verfilmung realisierten und als Anerkennung
für die Mitarbeit des Archivs für Zeitgeschichte diesem einen vollständigen
Satz der Mikrofilme überliessen. Frau Ruth Fivaz-Silbermann danken
wir für die Erstellung des vorzüglichen Verzeichnisses.
Sondierungen in Berlin
Im Politischen Archiv des Auswärtigen Amtes in Berlin befinden sich wichtige
Quellen auch zur schweizerisch-jüdischen Zeitgeschichte. Der Bestand
"Deutsche Gesandtschaft Bern 1823–1945" enthält aus der Zeit des Ersten
Weltkrieges bis zum Beginn der dreissiger Jahre noch wenig ausgewertete
Unterlagen, darunter Akten zur Ausländer- und Fremdenpolitik sowie zur
Quellen zur Schweiz im Politischen Archiv des Auswärtigen Amts Berlin: Uriel Gast auf Spurensuche
zur Jüdischen Zeitgeschichte.
Propagandatätigkeit der Deutschen Gesandtschaft Bern und ihrer Mithelfer
in den Jahren 1915–1922.
Nach 1933 finden sich unter anderem im Referat "Inland" des Auswärtigen
Amtes Materialien, die im vorliegenden Zusammenhang relevant sind: Ausbürgerungslisten,
Unterlagen zu Emigranten, zu Frontisten und Ablegern
der NSDAP.
20

Zweck des Berlin-Aufenthaltes von Uriel Gast im November 2003 war es, im
Politischen Archiv des Auswärtigen Amtes diejenige Bestände zu sichten
und in Auswahl verfilmen zu lassen, welche aus der Sicht der Dokumentationsstelle
Jüdische Zeitgeschichte von zentraler Bedeutung sind. Zudem wurden
die Beziehungen zum Zentrum für Antisemitismusforschung der Technischen
Universitäten Berlin vertieft, das von Prof. Dr. Wolfgang Benz geleitet
wird. Die "Stiftung Neue Synagoge Berlin – Centrum Judaicum" verfügt
über zentrale Aktenbestände zur Geschichte der Juden in ganz Deutschland;
mit dessen Archivarin Frau Sabine Hank erfolgte ein erster Informationsaustausch.
Liechtensteinisches Landesarchiv Vaduz
Auf Initiative des Liechtensteinischen Landesarchivs in Vaduz wurden Quellenmaterialien
von gegenseitigem Interesse in Kopie ausgetauscht. Das Archiv
für Zeitgeschichte eruierte und übermittelte Rückvergrösserungen aus
seinen Mikrofilmbeständen mit französischen und deutschen Akten, die sich
auf die Geschichte Liechtensteins beziehen. Es erhielt dafür zwei Mikrofilme
mit Polizei- und Regierungsakten zum Thema "Juden in Liechtenstein
zwischen 1933 und 1947". Diese enthalten Listen und allgemeine Unterlagen
zum Aufenthalt und Vermögen von in Liechtenstein wohnhaften Juden
sowie Dokumente zur Emigrations- und Flüchtlingspolitik Liechtensteins in
den dreissiger Jahren und während des Zweiten Weltkriegs.
Beiträge zur Geschichte des SIG
Im Zusammenhang mit dem 100-jährigen Jubiläum des SIG sind zusätzliche
Dienstleistungen erbracht worden, für die zwischen dem SIG und dem
AfZ eine spezielle Kostenregelung vereinbart wurde. Hierzu gehört die Mitarbeit
bei der Buchpublikation zur 100-jährigen Geschichte des SIG. Für die
Darstellung des historischen Teils wurden die beiden Teams der Dokumentationsstelle
Jüdische Zeitgeschichte angefragt, welche das historische Archiv
des SIG sowie das Archiv des Verbandes Schweizerisch-Jüdischer Fürsorgenbearbeitet
haben. Michael Funk, Uriel Gast und Zsolt Keller verfassten
einen Überblick unter dem Titel "Kleine Geschichte des SIG 1904–2004",
für den sie auf die reichhaltigen Materialien beider Archive zurückgreifen
konnten. Ein weiterer Beitrag von Michael Funk gibt Aufschluss über "die
Quellen zur Geschichte der Jüdischen Gemeinden im Tessin".
21

Claudia Hoerschelmann und Daniel Gerson verfassten das Kapitel zur Geschichte
des Verbands Schweizerischer Jüdischer Fürsorgen (VSJF). Im Verlauf
der letzten zwei Jahre hat die Dokumentationsstelle Jüdische Zeitgeschichte
für den SIG verschiedene Abklärungen vorgenommen: Dazu gehören
der Bericht zur Statuten-Revision des SIG im Jahre 1944, Recherchen zum
Verbleib und zur Verteilung der Breslauer-Bibliothek sowie Hilfeleistungen
für die Erstellung des beigefügten Anhangs der Jubiläumsschrift.
22

Dokumentationsstelle Wirtschaft und Zeitgeschichte
Am Ende des Berichtsjahrs wurden nach dreijährigem Übergangsregime die
beiden Verbände Vorort und Wirtschaftsförderung definitiv im neuen Dachverband
economiesuisse zusammengeführt. Diese Neustrukturierung des
wichtigsten institutionellen Partners der Dokumentationsstelle Wirtschaft
und Zeitgeschichte wird in den nächsten Jahren auch im Archivbereich Konsequenzen
haben. Zunächst müssen die Erschliessungsarbeiten an den Archivbeständen
der beiden traditionsreichen Organisationen sukzessive abgeschlossen
werden. Gleichzeitig und vor allem im elektronischen Bereich
werden in Zusammenarbeit mit economiesuisse neue Archivierungsabläufe
evaluiert und eingeführt werden.
Im Bereich der Privatnachlässe wurde 2003 eine erste Groberschliessung
des Nachlasses von alt Staatssekretär Paul Rudolf Jolles durchgeführt, während
die Verzeichnung des Vorlasses der Geologin und Botanikerin Warda
Bleser-Bircher abgeschlossen werden konnte.
Archive economiesuisse – Verband der Schweizer Unternehmen
Bei der Arbeit an den Beständen des Wirtschaftsdachverbandes sind vier
Schwerpunkte gesetzt worden. Zum ersten wurden die Vorort-Akten zur
Wirtschafts- und Konjunkturpolitik auf Dossierebene erschlossen. Zweitens
galt es, eine Nachlieferung aus dem Jahr 1997 in das Vorort-Archiv einzugliedern.
Im Zwischenarchiv der Geschäftsstelle von economiesuisse wurde
drittens eine umfassende Bestandesaufnahme durchgeführt und im Dokumentationsarchiv
der Wirtschaftsförderung schliesslich wurden die Dossiers
zur Bevölkerungsentwicklung und Finanzpolitik geordnet und für die
Digitalisierung und Mikroverfilmung vorbereitet.
Vorort-Archiv: Wirtschafts- und Konjunkturpolitik 1914–1990
Wer sich für die wirtschaftlichen und konjunkturpolitischen Entwicklungen
in der Schweiz interessiert, wird hierzu mit Gewinn den von Philipp Hofstetter
erschlossenen Aktenbestand mit Unterlagen beiziehen können, die bis
in die Anfänge des Ersten Weltkrieges zurückreichen.
Der Vorort führte bei Kriegsbeginn 1914 und nach ersten Erfahrungen im
Sommer 1915 breit angelegte Umfragen zur Wirtschaftslage durch, zu denen
die Sektionsantworten als frühe Ausnahme erhalten sind. Anlass für
23

die Untersuchungen waren Engpässe in der Rohstoffversorgung und die
ebenfalls kriegsbedingte Einschränkung der Exportmöglichkeiten.
Eher rudimentär sind die Unterlagen zur Wirtschaftspolitik während der
zwanziger Jahre überliefert worden. Die Bundesbeschlüsse von 1931 und vom
14. Oktober 1933 sowie weitere Erlasse bildeten die Grundlage für das interventionistische
Instrumentarium. Der Übergang zur Importkontingentierung
sowie die Clearing- und Kompensationspolitik verstärkten die Einflussnahme
des Staates auf die schweizerische Wirtschafts- und Aussenhandelspolitik.
Aus der Sicht des privatwirtschaftlichen Spitzenverbandes wurden
diese Entwicklungen besonders kritisch mit verfolgt. Mit seinem wirtschaftsliberalen
Konzept sah sich der Vorort, der die Kriseninitiative bekämpfte und
1935 für einen weiteren Abbau von Produktions- und Lebenshaltungskosten
eintrat, auch durch diejenigen Länder in die Defensive gedrängt, die zur Devisenbewirtschaftung
übergegangen waren. Hingegen entsprach es seinen
Intentionen, dass 1934 die Exportrisikogarantie (ERG) mit dringlichem Bundesbeschluss
zunächst für die Maschinenindustrie eingeführt worden ist.
Im Zeichen der Kriegswirtschaft war eine enge Kooperation des Vororts
mit den staatlichen Lenkungsorganen gefordert. Umfangreiche Dossiers
geben über die Arbeitsbeschaffungspolitik vor, während und nach dem Zweiten
Weltkrieg Aufschluss. Schon Ende 1942 begannen intensivierte Planungen,
mit denen der Unterbeschäftigung in der Nachkriegszeit begegnet
werden sollte. Im Gegensatz zum Kriegsende 1918 war die Schweiz dieses
Mal auf die befürchtete Krise gut vorbereitet, die jedoch nicht eintrat.
Die Geschichte der in der Volksabstimmung vom 6. Juli 1947 knapp angenommenen
Wirtschaftsartikel wird im vorliegenden Bestand auf Grund der
vom Vorort entwickelten Aktivitäten eingehend dokumentiert. Hierzu gehört
die 1933 bei seinen Sektionen durchgeführte Umfrage, ob die Bestimmungen
zum Wirtschaftsleben in der Bundesverfassung zu revidieren seien.
Nach einer weiteren Umfrage von 1937 opponierten er und der Zentralverband
schweizerischer Arbeitgeber-Organisationen erneut mit einem detaillierten
Gegenvorschlag gegen das bundesrätliche Verfassungsprojekt.
Dieses wurde im Herbst 1939 durch die eidgenössischen Räte angenommen,
doch musste die Volksabstimmung hierzu bis nach dem Krieg verschoben
werden. Der Vorort nutzte die Zeit und wirkte mit Erfolg auf eine Überarbeitung
der Vorlagen hin; im Abstimmungskampf gehörte er dann zum Aktionskomitee
der Befürworter.
24

Haben frühere Vernichtungsaktionen erhebliche Lücken hinterlassen, so finden
sich in diesem Bestand seit den fünfziger Jahren Unterlagen zu einem
breiten Themenspektrum der schweizerischen Wirtschafts- und Konjunkturpolitik.
Zu den wirtschaftspolitischen Problemen der nun einsetzenden
mehr als zwei Jahrzehnte dauernden Hochkonjunktur gehören die Lohn-
Preis-Spirale, der rasche Anstieg der ausländischen Arbeitskräfte oder das
Kartellrecht. In den 1960er Jahren wurden auch der Konsumentenschutz und
die Raumplanung zunehmend thematisiert.
Die bis 1962 unternommenen Versuche der Spitzenverbände von Industrie
und Gewerbe, die Privatwirtschaft freiwillig zur Mässigung bei ihren
Investitionsprogrammen zu bringen, scheiterten. So musste sich der Vorort
trotz der Kritik aus dem Kreis seiner Sektionen dazu durchringen, 1964 bei
den Massnahmen zur Begrenzung der Zulassung von Gastarbeitern und bei
den Bau- und Kreditbeschlüssen mitzuwirken. Der 1978 in der Volksabstimmung
mit grosser Mehrheit angenommene Konjunkturartikel setzt einen
Endpunkt zu dieser Phase.
Das Floating der Wechselkurse und die Ölkrise waren Begleiter der in den
siebziger Jahren einsetzenden grössten Rezession seit den dreissiger Jahren.
Gleichzeitig mussten auch wirtschaftspolitisch neue Felder wie die Energie-
und Umweltpolitik, regionale Wirtschaftsförderung oder Konsumentenpolitik
bearbeitet werden. In der Folge wurden das Wettbewerbs- und
das revidierte Kartellgesetz erlassen und Impulsprogramme zur wirtschaftlichen
Restrukturierung gestartet. Der Vorort beteiligte sich intensiv an den
Vernehmlassungen und schuf mit Arbeitsgruppen zu sachspezifischen Fragen
eine Diskussionsplattform der Privatwirtschaft. Am Ende dieser Periode
sah sich schliesslich auch der Dachverband der Schweizer Wirtschaft
vor neue Herausforderungen gestellt, zu denen nach dem Ende des Kalten
Krieges insbesondere die Anpassung des schweizerischen Rechts an die europäische
Wirtschaftsgesetzgebung gehört.
Die ursprünglich 30 Laufmeter Akten zur Wirtschafts- und Konjunkturpolitik
wurden mittels rund 1700 Verzeichnungseinheiten auf Dossierebene
erschlossen und dabei auf rund 26 Laufmeter reduziert. Ergiebige Quellen
sind auch die Protokolle der verschiedenen gemischten Kommissionen, in
denen der Vorort vertreten war (Kartellkommission, Preiskontrollkommission,
ERG-Kommission). Zum Vorschein kam auch ein Bestand von rund 360
Personendossiers der Jahre 1937 bis 1968 zu Aufenthalts- und Arbeitsbewil-
25

ligungen, zu denen der Vorort jeweils Stellung zu nehmen hatte. Die Akten
umfassen den Zeitraum von 1914 bis 1993, hauptsächlich aber die Jahre 1945
bis 1980.
Aktenablieferung 1980–1995
Im Zusammenhang mit dem Umzug des Vororts an den jetzigen Standort
der Geschäftsstelle Ende 1997 steht die Aktenablieferung zu den Jahren 1980
bis 1995. Sie enthält zu den Sachthemen Umweltschutz, Telekommunikation,
geistiges Eigentum sowie bilaterale Beziehungen zu asiatischen und lateinamerikanischen
Ländern umfangreiche, inhaltlich bedeutende Neuzugänge.
Archivalltag in beengten Platzverhältnissen: Daniel Nerlich bei der Vorbereitung einer Aktenablieferung
im Zwischenarchiv von economiesuisse.
Zunächst wurde ein Inventar dieser Akten im Umfang von knapp 60 Laufmetern
erstellt. Anschliessend erfolgte das Einfügen der Materialien in den
historischen Bestand. Die grosse Mehrheit konnte nahtlos in die bestehende
systematische Ordnung eingegliedert werden. Nach der Erfassung in der
zentralen Datenbank und der archivgerechten Verpackung vieler loser Hän-
26

geregistraturen wurden sämtliche Materialien auch physisch ins Vorort-Archiv
integriert, das damit auf rund 320 Laufmeter angewachsen ist.
Inventarisierung Zwischenarchiv economiesuisse
In Vorbereitung einer weiteren, für 2004 vorgesehenen Ablieferung wurde
im Juli und August ein Inventar des Zwischenarchivs bei economiesuisse
erstellt. Dabei galt es, rund 384 Laufmeter Akten, die nach einem Wasserschaden
teilweise evakuiert worden waren, mit Angaben zum Inhalt, Zeitraum
und zur Provenienz zu verzeichnen. Vorarchivische Arbeit wurde zudem
im Austausch mit Frau Sonja Bucher, der Leiterin der Informations-
Dienstleistungen von economiesuisse und im Kontakt mit den einzelnen
Sekretären geleistet, die vor der Einführung eines Dokumentenmanagement-Systems
stehen, welches die elektronische Archivierung künftig prägen
wird.
wf-Dokumentationsarchiv Teil II (1975–1993): Migration, Arbeitsmarkt,
Finanz- und Steuerpolitik
Die Arbeiten zur Erschliessung des zweiten Teils des von der Gesellschaft
zur Förderung der Schweizerischen Wirtschaft angelegten Dokumentationsarchivs
bezogen sich auf folgende Bereiche: Bevölkerungsentwicklung und
Ausländerpolitik, Arbeitsmarkt, Finanz- und Steuerpolitik von Bund und Kantonen.
Die rund 700 Schachteln zu brisanten politischen Themenbereichen,
mit denen sich auch die Wirtschaftsverbände in den siebziger und achtziger
Jahren intensiv beschäftigt haben, sind von Sabina Bellofatto, Remo Schudel,
Yves Stengele und Hubert Vilimek bearbeitet worden.
Der Forschung stehen nun im Bereich der Migrationspolitik neu umfangreiche
Dossiers zu den sogenannten "Überfremdungsinitiativen" zur Verfügung,
welche im Zuge der Weltwirtschaftskrise in der zweiten Hälfte der
siebziger Jahre lanciert und von der Wirtschaft mit beschäftigungspolitischen
Argumenten bekämpft worden sind. Dies gilt auch für die Unterlagen
zu den Sozialversicherungen, die während der 9. und später der 10. AHV-
Revision und im Zusammenhang mit der Einführung der beruflichen Vorsorge
hart umkämpfte und diskutierte Themen waren.
Neben dem umfassenden Medienspiegel zu zentralen Aspekten der Währungspolitik
bietet der Bestand vielfältige weitere Materialien, die sich auf
die Finanzhaushalte von Bund und Kantonen sowie auf wichtige Geldinsti-
27

tute beziehen. Dass deren Tätigkeit in der Öffentlichkeit kritisch beobachtet
wurde und wird, belegen Dossiers, welche unter Titeln wie Banken und
Öffentlichkeit, Bankenkontrollinitiative oder auch Insiderproblematik klassifiziert
sind.
Nachlass Paul Rudolf Jolles
Nachdem im Vorjahr mit der Erfassung von Akten zu den ersten beruflichen
Stationen von Paul Rudolf Jolles in Washington, Bern und Wien begonnen
worden war, konnte 2003 die Erschliessung des Gesamtbestandes in Angriff
genommen werden. Bereits zum jetzigen Zeitpunkt wird klar, dass die
Konsultation dieses Nachlasses für die wirtschaftshistorische Forschung
mehr als bereichernd sein wird. Schon die frühesten Akten wecken das Interesse:
Etwa jene zum Washingtoner Abkommen von 1946, bei dem es vor
allem um die deutschen Vermögenswerte in der Schweiz ging, oder zur Havanna-Konferenz
von 1947/48, die für die Schaffung einer internationalen
Handelsorganisation wegweisend war. Mit rund 80% bilden aber Unterlagen
aus der Zeit zwischen 1960 und 2000 den Löwenanteil. Bestimmendes
Thema ist nun die Integrationspolitik der Schweiz, zunächst im Rahmen des
Freihandelsabkommens von 1972 mit der EWG, zwei Jahrzehnte später und
dann mit der EG als Verhandlungspartnerin im Zusammenhang mit dem
EWR. Aus der Zeit zwischen diesen beiden integrationspolitischen Weichenstellungen
datieren viele Dossiers zur Welthandelspolitik im allgemeinen
und im speziellen zu einer Vielzahl von Themen der Wirtschafts- und Aussenwirtschaftspolitik,
darunter zur schweizerischen Entwicklungs- oder Energiepolitik.
Während seines letzten Lebensjahrzehnts setzte sich Jolles noch
einmal intensiv mit der Haltung der Schweiz im Zweiten Weltkrieg sowie in
den ersten Nachkriegsjahren auseinander.
Rund 2500 Dossiers wurden von Philipp Hofstetter in der zentralen Datenbank
verzeichnet, systematisch gegliedert und der Chronologie entsprechend
auch physisch neu geordnet. Die ursprünglich rund 40 Laufmeter Unterlagen
konnten dabei ohne Verlust von Unikaten auf 29 Laufmeter reduziert
werden. Neben einzelnen Ton- und Videokassetten rundet eine umfangreiche
Fotosammlung der Jahre 1946 bis 1999 den Bestand ab. Die Katalogisierung
dieser Bildquellen ist eine der aufwendigen Bereinigungsarbeiten,
die noch anstehen, um den umfangreichen Nachlass für die Forschung
vollständig zu erschliessen.
28

Nachlass Warda Bleser-Bircher
Der von der Geologin und Botanikerin Warda Bleser-Bircher im Jahr 2001
übergebene Bestand dokumentiert das wirtschaftlich und gesellschaftlich
bedeutende Wirken einer der bekanntesten in Kairo lebenden Auslandschweizerfamilien.
Dieses beginnt mit André Bircher, dem Grossvater der
Nachlasserin, der 1862 nach Ägypten auswanderte und sich dort als Handelskaufmann
etablierte. Als erster Präsident des "Cercle Suisse du Caire"
stand er der Schweizerkolonie vor, die sich im Schatten der Alexandriner Kolonie
befand und deren Entwicklung noch kaum erforscht ist. Sein Sohn Alfred
Bircher führte lange Zeit eine Gipsfabrik südlich von Kairo, bevor er nach
dem Tod des Vaters seiner wahren Berufung folgend das Fabrikgelände sukzessive
in einen botanischen Garten verwandelte. Die 1905 geborene Warda
Bleser-Bircher wuchs als Einzelkind in dieser exotischen und abgeschiedenen
Umgebung auf, besuchte in Kairo und Lausanne die Schulen und promovierte
1935 als zweite Frau an der Universität Zürich in Geologie. Mit ihren
Engagements für Ölgesellschaften zur Erstellung geologischer Gutachten
war eine jahrzehntelange Reisetätigkeit verbunden. In den fünfziger und
sechziger Jahren musste sie das Lebenswerk ihres Vaters gegen die Verstaatlichungsbestrebungen
des Nasser-Regimes verteidigen. Den Garten machte
sie zum Treffpunkt der in Ägypten verbliebenen Schweizer und von botanisch
Interessierten aus der ganzen Welt.
Nachdem durch Mirjam Bugmann 2002 eine erste Grobordnung des Bestandes
vorgenommen worden war, verzeichnete Rahel Wöhrle die bisher
übergebenen rund 6 Laufmeter Unterlagen in 300 Dossiers. Das abwechslungsreiche
Leben der unentwegt zwischen Kairo, dem Sommersitz der Familie
in Orselina und Arbeitsorten der Ölfirmen, die auf dem ganzen Globus
verteilt waren, hin- und herreisenden Frau spiegelt sich in ihrer regelmässigen
Korrespondenz mit Familie, Verwandten und Bekannten. Anhand des
reichen Briefverkehrs lässt sich ihr unermüdliches Forscherinnenleben mit
allen Schranken rekonstruieren, die ihr in ihrer Zeit und in einer beruflichen
Männerdomäne gesetzt waren. Während diese Materialien bereits für eine
grössere biographische Publikation ausgewertet werden, fokussiert eine
angelaufene wirtschaftshistorische Studie auf jene Unterlagen, welche die
Geschäftstätigkeit und den gesellschaftlichen Umgang von Schweizern in
Ägypten zur Zeit der Hochblüte des Kolonialismus belegen.
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Quellen zur Schweizerkolonie in Ägypten aus dem Bestand Warda Bleser-Bircher: Die Mitglieder
des Cercle Suisse du Caire mit Präsident André Bircher in ihrer Mitte (1904).
30

Projekte, Kooperationen
Das vom schweizerischen Archivfachverband initiierte Projekt "arCHeco" ist
mit der Internet-Publikation von Eckdaten zu Wirtschaftsbeständen in Archiven
der Schweiz und Liechtensteins befasst (http://www.archeco.info).
Der Leiter unserer Dokumentationsstelle Wirtschaft und Zeitgeschichte arbeitete
als Mitglied der vom Verband eingesetzten Arbeitsgruppe an der
Produktion eines Informationsprospektes mit. Dieser soll KMU in der
Schweiz, die über historische Archive verfügen, zur Teilnahme an diesem
Repertorium motivieren.
Neben der langfristigen Mitarbeit in diesem nationalen Gremium pflegte
Daniel Nerlich durch die neuerliche Referententätigkeit an einem Ausbildungslehrgang
der Vereinigung deutscher Wirtschaftsarchivare (VdW) im
Juli in Mannheim auch den internationalen Informationsaustausch. Im Kurs
über Bestandserhaltung in Wirtschaftsarchiven an der Schwelle zum Electronic
Records Management referierte er über die Erfahrungen des Archivs
für Zeitgeschichte mit dem sogenannten hybriden Dokumentenmanagement,
also mit Digitalisierung und Mikroverfilmung, am Beispiel des wf-
Archivs.
31

Brisantes Dokument aus der Zeit des Kalten Kriegs: Obwohl nur für den Dienstgebrauch bestimmt,
musste diese Broschüre der Generalstabsabteilung 1961 wieder eingestampft werden.
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Dokumentationsbereich "Schweiz – Kalter Krieg" (1945–1990)
Die Auseinandersetzung mit der neuesten Zeitgeschichte und der Epoche
des Kalten Kriegs kann schon auf Gymnasialstufe zum wesentlichen Gewinn
werden. In Zusammenarbeit mit dem Archiv für Zeitgeschichte und
dem Schweizerischen Sozialarchiv hat lic. phil. Hansjörg Frank, Lehrer an der
Kantonsschule Wettingen, im Frühjahr 2003 eine Lehrveranstaltung im Ergänzungsfach
Geschichte zum Themenbereich "Die Schweiz im Zeitalter des
Kalten Krieges" organisiert. Dabei befassten sich die Gymnasiasten und
Gymnasiastinnen anhand von ausgewählten Archivbeständen gruppenweise
mit verschiedenen Fragestellungen. Die im AfZ bearbeiteten Themen
betrafen die Atombewaffnung der Schweiz, die Schweizerische Korea-Mission,
das "Zivilverteidigungsbuch" sowie den Publizisten Peter Surava. Bei
einem ersten Besuch wurde der Schulklasse das Archiv für Zeitgeschichte
und insbesondere der Dokumentationsschwerpunkt "Schweiz – Kalter Krieg"
(1945–1990) vorgestellt. Danach arbeiteten die Schüler und Schülerinnen
während mindestens zwei Nachmittagen selbständig mit den bereitgestellten
Unterlagen. Ihre daraus gewonnen Erkenntnisse wurden als Gruppenarbeiten
in der Klasse präsentiert.
Schweizerischer Aufklärungsdienst / Schweizerische
Arbeitsgemeinschaft für Demokratie (SAD)
Anlässlich der Jahresversammlung der Schweizerischen Arbeitsgemeinschaft
für Demokratie (SAD) vom 26. März 2003 in Zürich erhielt das AfZ
Gelegenheit, seine Bestände und Erschliessungsprojekte im Bereich "Schweiz
– Kalter Krieg" vorzustellen. Das von Werner Hagmann gehaltene Referat
unter dem Titel "Die Schweiz im Kalten Krieg. Die Bedeutung des Archivs für
Zeitgeschichte an der ETH Zürich und der Archivbestände der SAD für die
Forschung" fand positive Resonanz.
Die Erschliessung und elektronische Erfassung des SAD-Archivs auf Dossierebene
konnte von Claudia Klinkmann Mitte 2003 bis auf wenige Teilbereiche
abgeschlossen werden. Neu erfasst wurden insbesondere die Bereiche
Korrespondenz (Einzelpersonen und Körperschaften), Beziehungen zur
Bundesverwaltung, allgemeine Unterlagen zur Mitgliedschaft sowie die
Dossiers der Kollektivmitglieder. Viel Zeit beanspruchte daneben das Einflechten
umfangreicher loser Unterlagen und von Einzeldokumenten sowie
33

das Ausscheiden zahlreicher Doubletten. Komplettiert werden konnten die
Bulletins des Nationalen Informationszentrums NIZ (später: Nationale Informationszentrale
Bern NDB), indem die mit dem IPZ-Archiv übernommene
Bulletin-Serie mit jener im SAD-Archiv zusammengelegt wurde. Mit dem
Fortschritt der Erschliessung ging eine markant gestiegene Nachfrage nach
Unterlagen aus den SAD-Beständen einher.
Diverse Neuzugänge
Dr. Robert Vögeli hat auch im Berichtsjahr seinen Vorlass, der insbesondere
seine Tätigkeit für die Sektion Heer und Haus des Armeekommandos dokumentiert,
sowie das Archiv des Instituts für politologische Zeitfragen (IPZ)
durch weitere Schenkungen ergänzt. Ausserdem übergab er zahlreiche Bücher,
Druckschriften und Tonträger mit zeitgeschichtlichem Bezug, die in
die bestehenden Bibliotheksbestände und Sammlungen eingegliedert wurden.
Seltenheitswert dürften die von Fredi Walder auf Tonband aufgezeichneten
Schulungskurse der Sozialistischen Jugend Zürich aus den frühen 1960er
Jahren besitzen, welche von seinem Sohn Felix Walder für das AfZ auf 10
Audio-CD’s übertragen und mit Stichworten zum Inhalt versehen worden
sind. Als Hauptreferent der Kurse wirkte Heinrich Buchbinder, der sich später
als Sicherheitsexperte der SPS einen Namen gemacht hat, daneben auch
der marxistische Kunsttheoretiker und Philosoph Konrad Farner und der Zürcher
PdA-Politiker Max Meier. Dabei wurden eine Vielfalt vor allem ökonomischer
Fragen, aber auch politische, soziale, historische und religiöse Aspekte
aus sozialistischer Perspektive thematisiert. Neben den Referaten geben
die Tondokumente auch Wortmeldungen aus dem Publikum wieder.
34

Allgemeine schweizerische Zeitgeschichte
Nachlass Dr. iur. Werner J. Balsiger
Anfangs 2003 war Pfr. Max Ulrich Balsiger an das Archiv für Zeitgeschichte
gelangt, um für den Nachlass seines Vaters Werner J. Balsiger, dem ersten
und langjährigen Chef der Bundespolizei, eine zusagende Archivierungslösung
zu finden. Dieser war 1889 als Sohn von Dr. Eduard Balsiger, des Direktors
des Lehrerseminars des Kantons St. Gallen, in Mariaberg geboren worden
und wuchs nach dem Umzug der Familie
in Bern auf. Er studierte Jurisprudenz in
Bern und Genf und schloss mit der Promotion
1913 ab. Im Ersten Weltkrieg war er Artillerieoffizier,
später Mitglied des Armeestabs
sowie des Nachrichtendienstes. 1919 trat
Werner Balsiger seine lange Karriere in der
Bundesanwaltschaft an, die 1935 in der Ernennung
zum Adjunkten der Bundesanwaltschaft
und zum Chef des neuen "Polizeidienstes
der Schweizerischen Bundesanwaltschaft"
durch den Bundesrat gipfelte. Für diesen
Polizeidienst wurde alsbald der Begriff
Bundespolizei geläufig. Dr. Werner Balsiger Dr. iur. Werner Balsiger (1889-1969)
leitete die Bundespolizei auf der Basis des Bundesbeschlusses von 1935 über
den Schutz der Sicherheit der Eidgenossenschaft ("Spitzelgesetz") ab 1936
bis zu seinem Rücktritt 1955 und dies in einer Periode mit zahlreichen schwierigen
Herausforderungen für die innere Sicherheit der Eidgenossenschaft.
Das anfängliche Budget der Bundespolizei belief sich auf vergleichsweise
bescheidene 123'000 Franken. 1942 gehörten zur Bundespolizei 21 Mann im
Aussendienst (inkl. a. o. Inspektoren), einige Juristen und Sekretäre im Innendienst
sowie eine grössere Anzahl von Beamten und Angestellten, welche
die zentrale Registratur, die Karteien und die Kanzlei bedienten. 1955
trat Werner Balsiger als Chef der Bundespolizei zurück. Er starb 1969.
Kernstück des Nachlasses von Dr. Werner Balsiger bildet die persönliche, vor
allem aus Belegkopien bestehende und von ihm selbst angelegte Dokumentation
zu seinem Wirken in der Bundesanwaltschaft. Dieser Kopienbestand,
der es ihm ermöglichte, sich angesichts seiner exponierten Tätigkeit be-
35

stimmte Vorgänge jederzeit vergegenwärtigen und sein Wirken belegen zu
können, reicht von 1929 bis 1955. Die im Nachlass enthaltenen Artikel und
Vorträge zeigen, wie Werner Balsiger das Wirkungsfeld und die Aufgaben
der Bundespolizei thematisierte. Hinzu kommen biographische Materialien,
persönliche Korrespondenzen, Agenden, Tagebücher und Notizen über
die Zeitspanne von 1907 bis in die 1960er Jahre. Sie geben auch Einblick in
das Denken Balsigers und führen über sein berufliches Umfeld weit hinaus.
Der grösste Teil der Dokumentation sowie die Vorträge und der publizistische
Nachlass wurden von Pfarrer Max Ulrich Balsiger vorgeordnet und in
einem detaillierten Verzeichnis erfasst. Das Archiv für Zeitgeschichte dankt
ihm und seiner Frau für die Schenkung und Erschliessung dieses Nachlasses,
der nach der Weiterbearbeitung und unter Beachtung des Datenschutzes
und einer fünfzigjährigen, allerdings bald abgelaufenen Sperrfrist für
die Forschung von erheblichem Nutzen sein wird.
Vorlass Prof. Dr. Georg Kreis
Georg Kreis ist seit drei Jahrzehnten mit an vorderster Stelle an der Zeitgeschichtsforschung
beteiligt und gehört zu den profiliertesten Persönlichkeiten
unter den Historikerinnen und Historikern der Schweiz. Als Ordinarius
für Neuere Allgemeine Geschichte und Schweizergeschichte an der Universität
Basel und als Leiter des 1993 geschaffenen, interdisziplinären Europainstituts
sowie als Mitglied der Expertenkommission Schweiz – Zweiter
Weltkrieg hat er sich ganz wesentlich für die Förderung der zeitgeschichtlichen
Forschung in der Schweiz eingesetzt. Seine Erkenntnisse macht er in
zahlreichen Publikationen einer breiten Öffentlichkeit zugänglich, darunter
auch Ergebnisse der von ihm geleiteten nationalen Forschungsprogramme.
Im Berichtsjahr schenkte Prof. Dr. Georg Kreis dem Archiv für Zeitgeschichte
seinen Vorlass, den er schrittweise übergeben wird. Zwei erste Ablieferungen
sind erfolgt; sie enthalten Korrespondenzen und Dokumentationen, die
sich auf seine Forschungen und veröffentlichten Arbeiten beziehen. Hierzu
gehören auch Unterlagen zu den Jubiläumsfeierlichkeiten der Eidgenossenschaft
von 1991 und 1998 sowie zum Bericht über den Staatsschutz in der
Schweiz 1935–1990, den er 1991/92 verfasst hat. Weitere Ablieferungen erfolgen
gemäss dem mit der ETH Zürich abgeschlossenen Schenkungsvertrag,
der auch die Benutzung unter Beachtung geltender Bestimmungen
regelt.
36

Nachlass Dr. Erwin Jaeckle
Der politische Nachlass von Dr. Erwin Jaeckle (1909–1997) umfasst hauptsächlich
das Archiv der "Tat"-Chefredaktion sowie Akten zu seiner langjährigen
Tätigkeit als Nationalrat des Landesrings der Unabhängigen. Als Gottlieb
Duttweiler 1939 aus der Wochenzeitung "Die Tat" eine Tageszeitung machen
wollte, bat er Erwin Jaeckle um seine Mithilfe. Obwohl dieser massgeblich
bei der Konzeptionierung der neuen Zeitung mitwirkte, blieb er beim
Atlantis-Verlag. Erst 1943 übernahm er die Redaktion, als dies Gottlieb Duttweiler
zur Bedingung für die Weiterführung des kurz vor dem Ende stehenden
Blattes gemacht hatte. Während Jaeckles Zeit als Chefredaktor von 1943
bis 1971 entwickelte sich "Die Tat" zu einer weit über die Landesgrenzen hinaus
bekannten Tageszeitung. Nach 1962 übernahm der nebenbei als Schrift-
Chefredaktor und Politiker: Nationalrat Dr. Erwin Jaeckle im Bundeshaus, März 1959.
steller, Lyriker und Naturwissenschaftler tätige Jaeckle auch die von Max
Rychner geleitete "Literarische Tat" bis zu ihrer Einstellung 1977.
In seinem journalistischen und politischen Nachlass wird die Geschichte
der "Tat" seit der Reorganisation 1943 bis zur Liquidation 1978 umfassend
dokumentiert. Fragen des Inhalts und der Gestaltung der qualitativ hochstehenden
Zeitung sowie betriebliche Probleme prägten die Arbeit des Chef-
37

edaktors. Aufgezeigt wird auch das Spannungsfeld zwischen der Herausgeberschaft,
dem Migros-Genossenschaftsbund und dem Landesring, als
dessen Organ "Die Tat" fungierte.
Jaeckle vertrat von 1947 bis 1962 die Bewegung der Unabhängigen im Nationalrat.
Seine parlamentarischen Vorstösse und seine Mitarbeit in verschiedenen
Kommissionen sind vorzüglich belegt. Da er sich sowohl in kulturellen
als auch militärischen und aussenpolitischen Belangen engagierte, enthalten
diese Akten für Fragestellungen zu unterschiedlichsten Themen aufschlussreiche
Quellenmaterialien.
Jaeckle rettete nach dem abrupten Ende der "Tat" das Archiv der Chefredaktion
vor der Vernichtung, das er zusammen mit seinen Nationalratsakten
in 14 Ablieferungen dem Archiv für Zeitgeschichte übergab. Die Jaeckle-
Treadwell-Stiftung ermöglicht die Erschliessung dieses rund 10 Laufmeter
umfassenden Bestandes.
Im April 2003 wurde das maschinengeschriebene Verzeichnis der langjährigen
Sekretärin Jaeckles, Claire Scheuter, als Grundlage zur Erstellung
einer systematischen Gliederung digitalisiert. Im Anschluss daran erfolgte
durch Regina Gehrig die inhaltliche Erfassung der Materialien in der zentralen
Archivdatenbank. Bis Ende 2003 wurden vor allem Unterlagen aus dem
Archiv der "Tat"-Chefredaktion geordnet und erfasst.
Nachlass Trudi Kocher
Trudi Kocher wurde 1902 als Martha Lydia Kocher in St. Imier geboren. Die
Tochter des evangelischen Stadtmissionars von Bern absolvierte in Bern die
Handelsschule und war danach von 1923–1926 an der Schweizer Botschaft
in Köln angestellt. Anfang der 1920er Jahre war sie Mitglied der kommunistischen
Partei, trat aber später der Sozialdemokratischen Partei bei. Nach
ihrer Rückkehr in die Schweiz lebte sie zunächst in Genf, später in Basel. Im
Zweiten Weltkrieg setzte sie sich unermüdlich für Flüchtlinge ein. In der
Nachkriegszeit leitete Trudi Kocher während vieler Jahre die Basler Sektion
der Liga für Menschen- und Bürgerrechte und leistete in dieser Funktion in
den 1970er Jahren Flüchtlingen aus Chile wertvolle Hilfe. Ihr soziales und
politisches Engagement nahm Kocher auch als Bürgerrätin (1964–1975) sowie
Grossrätin (1968–1976) der Stadt Basel wahr. Sie starb 1986.
38

Eine erste Übergabe von Akten zu ihrer Tätigkeit für die Liga für Menschenund
Bürgerrechte erfolgte durch Dr. Vincent Frank, Basel. Persönliche und
zum Teil auch sehr illustrative Dokumente schenkte in der Folge ihr Sohn
Pierre Kocher. Dank diesem Zusammenwirken bleibt nun doch noch ein –
wenn auch unvollständig überlieferter – Nachlass erhalten, der von Ursula
Meier bereits erschlossen worden ist.
Summer School of European Studies, Zürich
Die "Summer School of European Studies" wurde 1937 auf Anregung von
Hans Weilenmann, dem Leiter der Volkshochschule des Kantons Zürich, gegründet.
Die Errichtung verfolgte das Ziel, "die Schweiz in akademischen
und andern qualifizierten Kreisen des Auslandes ohne Ansehen der Parteiund
Klassenzugehörigkeit bekannt zu machen und zugleich die Beziehungen
zwischen der europäischen und amerikanischen Jugend zu vertiefen."
Die Dozenten der akademischen Ferienkurse waren zum Teil führende
Gelehrte und Kulturphilosophen Europas und Nordamerikas. 1939 fanden
die ersten Kurse der Summer School of European Studies in Basel, Davos,
Genf und Zürich statt. Insgesamt 165 Hörer aus Grossbritannien, Nordeuropa,
Polen, den USA, Syrien und Indien sowie aus der Schweiz nahmen daran
teil.
Auf dem Programm standen Sprachkurse in Deutsch sowie deutsch- und
englischsprachige Kurse über europäische und schweizerische Kultur und
Politik. Wegen des Zweiten Weltkriegs wurden die Kurse zwischen 1940 und
1944 ausgesetzt. Die ersten Kurse nach dem Krieg wurden 1946 durchgeführt
und konnten bis 1950 fortgesetzt werden. Bemühungen, weitere Kurse
zu veranstalten, scheiterten mangels Teilnehmern. Die Summer School
of European Studies musste Ende 1953 aufgelöst werden.
Der vorhandene Bestand befand sich bis Anfang 2003 im Keller von Schloss
Lenzburg. Wie er dorthin gelangt war, ist nicht bekannt. Bei einer Sichtung
vor Ort wurde eine starke, durch Feuchtigkeitseinwirkung entstandene Verschimmelung
der Dokumente festgestellt. Diese wurden vor der Übernahme
gereinigt und anschliessend in die Firma Desinfecta AG in Dällikon zu
einer chemischen Nachbehandlung verbracht. Danach wurde der Bestand
verzeichnet.
39

Nachlass Dr. Victor H. Umbricht
Victor H. Umbricht (1915–1988) war während der Nachkriegsjahrzehnte einer
der profiliertesten Diplomaten der Schweiz. Insbesondere im Dienste
der UNO wurde er immer wieder in die Krisenregionen der Welt gerufen,
um mit unermüdlichem Einsatz Hunger, Armut und Krieg zu bekämpfen.
Trotz des hohen Ansehens, das Umbricht im Ausland genoss, sowie zahlreicher
Ehrungen bis hin zum Vorschlag für den Friedensnobelpreis, ist sein
Name heute in der Schweiz kaum mehr bekannt.
Nach kurzer Anstellung als Gerichtsschreiber in Baden trat Victor Umbricht
1941 in den diplomatischen Dienst ein. Die ersten Stationen seiner Laufbahn
führten ihn in die Schweizer Botschaften von Ankara, London und Washington.
1953 übernahm er als Stellvertretender Direktor der Weltbank für Europa,
Afrika und Australasien erstmals eine Aufgabe im Bereich der internationalen
Entwicklungszusammenarbeit. Als Direktor der Eidgenössischen
Finanzverwaltung kehrte er 1957 für drei Jahre nach Bern zurück. Anschliessend
galt seine Arbeit fast ausschliesslich den multilateralen und humanitären
Organisationen.
1960 übernahm Victor Umbricht als UNO-Delegierter im ehemals belgischen
Kongo die Leitung des Finanzwesens und den Vorsitz des Währungsrates.
Diese Mission brachte ihn zum ersten Mal direkt in ein Krisengebiet.
Die allgegenwärtige Not und die Grausamkeiten des Bürgerkrieges sowie
die Erfahrung, selbst vor einem Erschiessungskommando zu stehen, konnten
ihn nicht davon abhalten, sich in den meisten Krisengebieten dieser Welt
zu engagieren. Kongo war nur der Auftakt zu einer ganzen Reihe unterschiedlichster
Missionen für UNO, Weltbank und das Internationale Komitee vom
Roten Kreuz (IKRK), für die Victor Umbricht in den folgenden Jahrzehnten
verantwortlich sein sollte.
Als Mitglied des von der UNO ernannten Mekong-Rates – dem er ab 1972
als Präsident vorstand – gelangte Umbricht 1968 erstmals nach Südost-
Asien. In den folgenden Jahren kehrte er mehrmals in diese Region zurück.
Als Sondergesandter des UNO-Generalsekretärs leitete er 1972/1973 die Hilfsaktion
der internationalen Gemeinschaft für Bangladesch. Mehrfach führten
ihn seine Missionen für UNO und IKRK auch nach Vietnam, wo er nach
dem Ende der Kampfhandlungen mit der Koordination der internationalen
Wiederaufbauhilfe für Süd- und Nordvietnam nach dem Ende der Kampf-
40

handlungen beauftragt wurde. Während der 1970er Jahre folgten noch UNO-
Missionen nach Thailand, Laos und Kampuchea.
Ab 1966 arbeitete er auch für die "Food and Agriculture Organization "(FAO)
der UNO, u.a. als Präsident des Kooperationsprogrammes "FAO und Industrie".
1970 folgte die Berufung ins IKRK. Zwei Jahre später wurde er zum
Vizepräsidenten ernannt. Verschiedene Missionen im Dienste des IKRK führten
ihn im Laufe der Jahre nach Indien, Pakistan, Bangladesh und Israel sowie
mehrfach nach Mittelamerika,
nach Guatemala, Nicaragua und
Mexiko.
Die wohl grösste Aufgabe seiner
diplomatischen Karriere erwartete
Victor Umbricht ab 1978 in Ostafrika.
Als im Juni 1977 die East African
Community (EAC) auseinanderbrach,
standen die beteiligten Staaten
Kenia, Tansania und Uganda vor
einem politischen und wirtschaftlichen
Scherbenhaufen. Die Grenzen
waren geschlossen, Handel und
Kommunikation zusammengebrochen
und jeder Staat blockierte die
in seinen Grenzen belassenen Vermögens-
und Sachwerte der EAC. Es
drohte eine verhängnisvolle Eskala-
tion vieler schon lange schwelender politischer und wirtschaftlicher Konflikte.
Zudem litten die Aussenbeziehungen, da ein Grossteil der gemeinsamen
Einrichtungen durch externe Kredite finanziert worden war. In dieser
angespannten Situation einigten sich die Staaten auf Anraten des wichtigsten
Kreditgebers – der Weltbank – darauf, einen Mediator einzusetzen. Die
Wahl fiel dank seiner langjährigen Erfahrung auf Victor Umbricht.
Obwohl im Falle der East African Community Mediation der Konflikt auf
dem Papier wirtschaftlicher Natur war, und der Mediator ursprünglich den
Auftrag hatte, einen Vorschlag für die Aufteilung der Activa und Passiva der
EAC vorzulegen, bestand – vor allem in den ersten Jahren – die Gefahr einer
41
Victor H. Umbricht anlässlich einer Medienorientierung
im UNO-Hauptquartier, New York,
21.3.1978.

Eskalation zu einem gewaltsamen Konflikt. Die gegensätzlichen politischen
und wirtschaftlichen Auffassungen der Staaten – die auch dem Zusammenbruch
der EAC zugrunde lagen –, die unterschiedlichen regionalen Interessen,
aber auch kleinere militärische Konflikte sowie die Umstürze in Uganda
1978 und 1985 trugen stets die Gefahr einer folgenschweren Eskalation
in sich. Trotzdem kamen die Verhandlungen im Zuge der East African Community
Mediation nie zum Stillstand. Lange waren diese Kontakte in Anwesenheit
des Mediators die einzig offiziellen Treffen zwischen den Konfliktparteien.
Nach einem über vier Jahre andauernden Fact-Finding begannen 1982 die
eigentlichen Verhandlungen. Dem Abschluss des Mediations-Abkommens
1984 folgten noch weitere vier Jahre Verhandlungen bis zur vollständigen
finanziellen Einigung. Gleichzeitig versuchte Victor Umbricht, obwohl er bereits
von Krankheit geschwächt war, die Grundlagen für eine erneute regionale
Zusammenarbeit in Ostafrika zu legen. Kurz vor seinem Tod, im Juli 1988,
vollendete Victor Umbricht seinen Bericht über die EAC-Mediation. In seinem
Buch "Multilateral Mediation. Practical Experience and Lessons" hat er
seine fast vierzigjährige Erfahrung weitergegeben, auch zum Nutzen künftiger
Diplomaten und Mediatoren.
Der Nachlass von Victor Umbricht ist dem Archiv für Zeitgeschichte bereits
1988/ 1989 übergeben worden; im Jahr 2003 erfolgte eine substanzielle
Nachlieferung. 1991 wurde aufgrund der ursprünglichen Beschriftung der
Ordner und Dossiers ein provisorisches Verzeichnis erstellt. Dank der Unterstützung
durch die Victor H. und Elisabeth Umbricht-Stiftung konnte Michael
Funk am 1. April 2003 mit der Erschliessung des Nachlasses beginnen.
Nach einer ersten Sichtung und Vorordnung des Bestandes wurden die Akten
gemäss den humanitären Missionen einzelnen Bereichen zugeordnet.
Während der Nachlass kaum Unterlagen zur Tätigkeit von Victor Umbricht
im Dienste des Bundes und der Privatwirtschaft enthält – er war 1961 bis
1965 Präsident der Ciba Corporation, New York, und ab 1965 im Verwaltungsrat
der CIBA-Geigy AG –, sind die Akten zu seinen Missionen und Funktionen
in den multilateralen und humanitären Organisationen beinahe lükkenlos
überliefert. Die Gliederungsstruktur folgt dem chronologischen Ablauf
der Missionen und Aufgaben. Vorangestellt sind biographische Unterlagen
sowie die private Korrespondenz, die von 1964 bis 1988 vollständig
42

überliefert ist. Als erstes wurde die Feinerschliessung der Materialien zur
"East African Commmunity Mediation" in Angriff genommen, dem mit Abstand
umfangreichsten Bereich des Nachlasses. Dieses wichtige Teilsegment
konnte im Berichtsjahr weitgehend geordnet und erfasst werden.
Biographische Dokumentationen von Dieter Ackerknecht
Der Zürcher Architekt Dieter Ackerknecht schenkte von ihm zusammengestellte
biographische Dokumentationen zu Prof. Dr. Julius Ackerknecht (1856–
1932, Gymnasiallehrer für Französisch), zum Veterinäranatomen Prof. Dr. med.
vet. Eberhard Ackerknecht (1883–1968) sowie zum Medizinhistoriker Prof. Dr.
med. Erwin H. Ackerknecht (1906–1988). Letzterer war während der Weimarer
Republik Anhänger des Marxismus und Mitglied des Vereins Sozialistischer
Ärzte sowie der Kommunistischen Partei. Nach Abwendung von der
KPD betätigte sich Ackerknecht als aktives Mitglied einer trotzkistischen
Gruppierung und auf Trotzkis Vorschlag ab Januar 1932 in Berlin als Mitarbeiter
von dessen Sohn Ljowa Sedoff unter dem Pseudonym "Eugen Bauer".
Bis zu seiner Emigration nach Paris im Juli 1933 leitete er den trotzkistischen
Widerstand gegen das Hitlerregime, brach danach aber mit dem Marxismus-Leninismus.
Nach seiner Internierung und Rekrutierung durch die britische
Armee 1939/40 setzte er sich im besiegten Frankreich in dessen unbesetzte
Zone ab, von wo er im Mai 1941 nach New York weiterreiste. In den
USA begann Erwin Ackerknecht seine wissenschaftliche Karriere als Medizinhistoriker,
die ihn über Baltimore, New York und Madison schliesslich 1957
an das Medizinhistorische Institut der Universität Zürich führte, das er bis
zu seiner Emeritierung 1971 leitete. Leider bleibt sein politisch abenteuerliches
Wirken spärlich dokumentiert. Wie zusätzliche Recherchen bei seinen
Töchtern in den USA ergaben, ist den Nachkommen über die Existenz oder
den Verbleib des politischen Nachlasses nichts bekannt.
Dokumentation zur subversiven "Sportschule Maag"
Zur Zeit des Zweiten Weltkriegs entfalteten zahlreiche Ableger nationalsozialistischer
Organisationen und Verbände eine subversive Tätigkeit in der
Schweiz. Zu ihnen gehört die von Othmar Maag im Dienst der SS betriebene
illegale Sportschule in Kilchberg, die den "Anschluss" der Schweiz vorbereiten
wollte und die 2002 im 44. Neujahrsblatt der Gemeinde Kilchberg
von Dr. Hans Bosshard eingehend dargestellt worden ist. Der Autor über-
43

liess dem AfZ seine Forschungsdokumentation mit Unterlagen diverser Provenienz,
die neben der Sportschule "Maag" auch andere NS-Aktivitäten in
der Schweiz beleuchten.
Dissertationsarchiv Daniel C. Schmid
Die Forschungsunterlagen zur Dissertation "Dreiecksgeschichten: Die
Schweizer Diplomatie, das ‘Dritte Reich’ und die böhmischen Länder 1938–
1945" (Chronos-Verlag Zürich, 2004) von Daniel C. Schmid umfassen Kopien
und Mikrofichen zu Aktenbeständen aus verschiedenen in- und ausländischen
Archiven (Schweiz, Tschechische Republik, Deutschland, Österreich,
Grossbritannien), aber auch gedruckte Quellenmaterialien und Sekundärliteratur
zur Thematik. Dokumentiert werden die Beziehungen zwischen der
Schweiz und dem "Reichsgau Sudetenland" sowie dem "Protektorat Böhmen
und Mähren", wobei die erheblichen wirtschaftlichen Interessen im
Vordergrund stehen. Ebenso finden sich in der Forschungsdokumentation
zur Rolle der Schweizer Diplomatie als Schutzmachtvertreterin, zum nationalsozialistischen
Vernichtungsprozess in den böhmischen Ländern (KZ Theresienstadt)
sowie zur Auslandschweizerkolonie und zur tschechoslowakischen
Exilgemeinde in der Schweiz aufschlussreiche Unterlagen. Diese sind
von Daniel C. Schmid in einem detaillierten Verzeichnis bereits vorzüglich
erschlossen worden, wodurch die weitere Erforschung einzelner Fragestellungen,
zu der sein grundlegendes Werk anregt, wesentlich erleichtert wird.
Diverse Schenkungen
Das Archiv für Zeitgeschichte dankt allen Donatorinnen und Donatoren, von
denen es kleinere Schenkungen engegennehmen durfte, insbesondere Generalkonsul
Agathon Aerni, Prof. Dr. Dr. h.c. Jean François Bergier, Christian
Coradi, Renato Esseiva, Udo Fedderies (Peter Lang-Verlag), Anita Gabathuler,
Werner Hagmann, Tanja Hetzer, Liselotte Hilb, Luzia Keller, Eva Koralnik, Salome
Lienert, Vreni Münzer, Fritz Platten, Prof. Dr. Roland Ris, Max Rudolf, Peter
Sager, Samuel Salzborn, Dr. Philipp Skrein, Pierre Spoerri, Hans U. Steger,
Reinhard Stutz, Pfr. Felix Tschudi, Edith Unger-Soltys, Dr. Robert Vögeli, German
Vogt, Dr. Tobias Wildi, Prof. Dr. Werner G. Zimmermann und Hanna
Zweig.
44

Audiovisuelle Quellen
Der Bereich audiovisuelle Quellen hatte 2003 weniger Neuzugänge als in
anderen Jahren zu verzeichnen. Dies eröffnete die Gelegenheit, diverse Erschliessungs-
und Digitalisierungsprojekte voranzutreiben: Von den über 130
Interviews der Reihe "Zeugen der Zeit" mit einer Gesamtlänge von mehr als
260 Stunden konnten bisher rund 40 Tonbänder auf Digital Audio Tapes
(DAT) überspielt und im gleichen Arbeitsgang digitalisiert werden. Gleichzeitig
wurde anhand von diversen Auswahlbeispielen die Absuche der Kolloquien
über die Kurzprotokolle erfolgreichen Tests unterworfen.
Mobilisation in der Bundeshauptstadt gegen den Generalstreik, November 1918: Eine Mitrailleur-
Kompagnie lagert vor ihrem Kantonement (Gymnasium).
Von den Beständen des Bildarchivs wurde die Fotosammlung von Dr. Peter
Keckeis zu General Guisan und zum Aktivdienst im Zweiten Weltkrieg, die
das AfZ 1997 übernommen hatte, durchgehend geordnet und in der Datenbank
nach thematischen Gesichtspunkten erfasst. Die weit über 1000 Aufnahmen
von der deutschen Ostfront zwischen 1941 und 1945, die uns Herr
Gustav Pospischil 2002 über seinen in Zürich wohnhaften Sohn Prof. Dr. Andreas
Pospischil geschenkt hatte, wurden im Berichtsjahr chronologisch geordnet,
womit die Grundlage für die spätere inhaltliche Erschliessung gelegt
ist.
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Unter den Neuzugängen, die unser Bildarchiv, aber auch unsere Ausstellungskollektion
bereichern, sticht ein Fotoalbum hervor, das wir – vermittelt
durch Herrn Renato Esseiva – aus dem Nachlass des Winterthurer Sekundarlehrers
Arthur Hüppi erhalten haben. Das Album war von dessen Vater
Franz Hüppi während des Ersten Weltkriegs angelegt worden. Die Fotografien
zeigen Soldaten im Aktivdienst im Jura (August 1914 – März 1915), im
Kanton Tessin (31.8.1915–13.3.1916), in Allschwil, Villeret und Twann (9.1.1917–
3.5.1917), in Niederdorf, Gottlieben, Ermatingen (15.10.1917–9.1.1918) sowie in
Biel und Bern (4.9.1918–29.11.1918). Einzelne Aufnahmen sind im Zusammenhang
von Armeeeinsätzen gegen den Generalstreik und mit Opfern der spanischen
Grippe in der Schweizer Armee im November 1918 entstanden.
Oral History: Kolloquien zur Zeitgeschichte
Seit 1973 veranstaltet der Freundes- und Fördererkreis des Archivs für Zeitgeschichte
Kolloquien mit Zeugen der Zeit, deren Erinnerungen als Tondokument
ad personam festgehalten werden. Diese Reihe wurde 2003 mit
Rückblicken folgender Persönlichkeiten fortgesetzt:
19.3.2003: Dr. iur. Dr. h. c. Rolf Bloch: "Aus der Wirtschaft zur Zeitgeschichte"
– Rückblick 1954–2002
9.7.2003: Dr. Pio G. Eggstein: Schweizerisch – Südafrikanische Beziehungen
im persönlichen Rückblick 1952–2002 (Moderation: Dr. Werner
Vogt)
26.11.2003:Pfr. Dr. Heinrich Rusterholz: Kirchlicher Auftrag im Spannungsfeld
der Politik 1965–1998
Sammlungen, Bibliothek
Für seine eigene Presseausschnittdokumentation, die bis in die Mitte der
1960er Jahre zurückreicht, wertet das AfZ laufend vier grosse schweizerische
Tageszeitungen sowie 13 Wochenzeitungen und Zeitschriften systematisch
aus, welche dank dem Entgegenkommen der Verlage unentgeltlich zur
Verfügung gestellt werden.
Das Findmittel zur Systematischen Sammlung, welche das aktuelle Zeitgeschehen
in der Schweiz dokumentiert, wurde einer formalen und inhaltlichen
Überarbeitung unterzogen. Die Ende 2002 begonnene Erfassung der
46

Biographischen Sammlung mit gegen 10'000 Personendossiers ist durch
Michael Schaer inzwischen beinahe abgeschlossen worden. Neben Namen
und Vornamen werden – soweit eruierbar – auch die Lebensdaten, Titel sowie
die wichtigsten Funktionen erfasst. Über die Verzeichnung der Dossiers
hinaus entsteht dadurch ein nützliches Nachschlagewerk mit knappen biographischen
Angaben zu einer Vielzahl von Personen der Zeitgeschichte.
Neben den kontinuierlichen Neuerwerbungen der wichtigsten aktuellen
Literatur zu ausgewählten zeitgeschichtlichen Themenbereichen wurde
unsere Präsenzbibliothek erneut durch verschiedene grössere und kleinere
Schenkungen bereichert. Zahlreiche, zum Teil kaum auffindbare Bücher vor
allem zum "Dritten Reich" und Zweiten Weltkrieg verdanken wir Dr. Robert
Vögeli. Aus dem Nachlass von Prof. Dr. Erwin Bucher konnte eine grössere
Anzahl zeitgeschichtlicher Werke sowie eine Sammlung unpublizierter universitärer
Arbeiten (v.a. Lizentiats- und Sekundarlehramtsarbeiten) erworben
werden.
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IT-Bereich
Systemwartung und Sicherheitsfragen
Im Bereich der Systemwartung standen vor allem die gestiegenen Anforderungen
an die Datensicherheit im Vordergrund. Die Anfälligkeit des World
Wide Web, aber auch des ETH-Netzes für Virenseuchen und Hackerattacken
hat im Berichtsjahr neue Dimensionen erreicht. Damit das AfZ von entsprechenden
"Incidents" verschont bleibt und umgekehrt die durchwegs präventiven,
jedoch notwendigen Massnahmen inskünftig nicht einen überhöhten
Aufwand verursachen, musste das Netzwerk im Einklang mit den
2003 verabschiedeten Richtlinien zur IT-Security auf ein (sicherheits)technisch
höheres Niveau gehoben werden.
Von den zahlreichen Massnahmen, die das IT-Team unter Leitung von Jonas
Arnold zur Systempflege und zur Erhöhung der Sicherheit durchführte, seien
hier nur die wichtigsten erwähnt: Im Mai 2003 wurde das Netz gemäss
der vorjährigen Planung von der autonomen NT-Domäne in das allgemeine
Windows 2000-Active Directory der ETH überführt, womit der Verwaltungsaufwand
massiv reduziert werden konnte.
Darauf folgte die Implementierung eines neuen Konzepts für die Sicherung
der Geschäftsdaten, die Automatisierung der Schliessung von Sicherheitslücken
des Windows-Betriebsystems sowie die Installation einer Notstromversorgung
für die zentralen AfZ-Rechner. Im November bis Januar 2004
wurden ausserdem neue Server für die diversen internen Webapplikationen
sowie für die Speicherung von digitalem Massengut in Betrieb genommen.
Schliesslich wurde im März 2004 der in die Jahre gekommene zentrale
Datenserver durch ein neues leistungsfähigeres Gerät ersetzt.
All diese Massnahmen konnten ohne grössere Umtriebe für die Belegschaft
sowie unter Wahrung einer hohen Verfügbarkeit des Gesamtsystems gewährleistet
werden und wappneten das Archiv für Zeitgeschichte für die
nächsten Herausforderungen des digitalen Zeitalters. Wesentliches Verdienst
kommt hier Herrn Martin Schacher zu, der von Mark Hochstrasser im
Juni 2003 die Aufgaben als Systemadministrator übernahm.
IT-Projekte: Informationsvermittlung und Zeiterfassung
Die Projekte des IT-Teams waren ganz der Informationsvermittlung, vorab
der Grossbaustelle "Virtual Archives" gewidmet. Im Rahmen der Zielsetzung,
48

den Archivbenutzerinnen und -benutzern nicht nur beschreibende Daten,
sondern auch die mit ihnen verknüpften digitalen Kopien der Originalunterlagen
online zugänglich zu machen, wurde im Oktober 2003 als Zwischengebnis
das EUROSPIDER-Suchsystem im Lesesaal freigeschaltet. Damit ist
der erste Teil der Zeitungsausschnittsammlung der Zürcher Hauptgeschäftsstelle
der wf aus den Jahren 1943 bis 1974 – eine der grössten und wichtigsten
historischen Dokumentationen zu Politik und Wirtschaft in der Schweiz
– mit einem Umfang von rund einer halben Million Seiten integral für die
wirtschaftshistorisch interessierte Öffentlichkeit digital verfügbar.
Im Vorfeld musste ein Webclient programmiert werden, der es Benutzenden
der Workstation im Lesesaal ermöglicht, die auf der Metadatenebene
absuchbaren digitalisierten Dossiers aufzurufen, um sie dann bequem
"durchblättern" zu können. Kernstück des vom AfZ entwickelten Konzepts
ist dabei der Aufbau von HTML-Seiten in einem dynamischen Prozess mittels
Hypertext Preprocessor (PHP) in Kombination mit MySQL. Für Nichtinformatiker
lässt sich dieser Vorgang an einem Datenflussdiagramm beschreiben:
Eine Programmiersprache, mit der dynamische Webseiten erzeugt werden
können (PHP), ermöglicht im Zusammenspiel mit einem Datenbanksystem
(MySQL) die Darstellung von Webseiten, deren Inhalte nicht ein für allemal
festgelegt sind, sondern die einem ständigen Wechsel unterliegen können.
Mittels eines automatischen Update-Befehls wurde jedem in der Archivdatenbank
verzeichneten Dossier ein Link angefügt, welcher auf einen Ordner
verweist, in dem die jeweiligen digitalen Artikel als Tiff-Bilder auf dem Webserver
abgelegt sind. Die knifflige Hauptaufgabe war jene, alle Tiff-Bilder –
also alle Artikel eines Dossiers und nicht nur dessen erste Seite – anzuzeigen.
Dies wird dadurch erreicht, dass im PHP-Programmskript die Zusammenstellung
aller im Dossier befindlichen Dateien durch eine MySQL-Datenbankabfrage
eingefordert wird. Der Benutzer wiederum erhält schliess-
49

lich eine Übersicht aller Artikel, die sich aktuell im gewünschten Dossier
befinden.
Für zeitgeschichtlich Interessierte aus dem angelsächsischen Sprachraum
wird seit März 2003 die Website des Archivs für Zeitgeschichte auch in einer
englischen Version angeboten. Die Übersetzung umfasst neben den zahlreichen
Beschrieben und Hinweisen zum Gesamtarchiv sowie zu seinen Dokumentationsstellen
und Projekten auch das gesamte online zugängliche
Findmittel zur NZZ-Dokumentation. An dieser Stelle danken wir Marc Wirzer
für seine vorzügliche Übersetzung.
In Weiterführung des im Jahresbericht 2002 vorgestellten Projekts zum
Archiv des Verbands Schweizerischer Jüdischer Flüchtlingshilfen (VSJF) wurde
zudem ein Webclient aufgesetzt, der das rasche Auffinden von Flüchtlingen
oder von deren Verwandten ermöglicht. Damit kann das Benutzungsteam
inskünftig die meisten externen Anfragen, die von Angehörigen und
Nachkommen von ehemaligen Betreuten an das Archiv gerichtet werden,
schnell und bequem beantworten.
Zur Unterstützung der Personalverwaltung wurde im Oktober 2003 ein
zentrales elektronisches Erfassungsinstrument konzipiert, welches die von
den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern geführten Arbeitsjournale standardisiert.
Da die spezifischen Bedürfnisse des AfZ durch die marktüblichen
Zeiterfassungstools nicht abgedeckt werden, entschlossen wir uns zu einer
Eigenentwicklung durch Martin Schacher, die der Belegschaft auf Jahresbeginn
2004 zur Verfügung gestellt werden konnte.
50

Öffentlichkeitsarbeit, Publikationen und Veranstaltungen
Entdecken Sie das Archiv für Zeitgeschichte – der Film zum AfZ
Archivische Arbeit zu visualisieren ist in einer bildorientierten Zeit eine Herausforderung,
die das AfZ anlässlich des Schweizerischen Archivtags von
2002 annahm. Damals ergab sich durch den Kontakt zu Dr. Elizabeth Zingg
vom Network for Educational Technologies (NET) der ETH die Möglichkeit,
die Exponate der Ausstellung filmisch festzuhalten. Aus diesen ersten Dreharbeiten
erwuchs der Wunsch, Kerntätigkeit und thematische Ausrichtung
des AfZ in einem eigentlichen Promotionsfilm festzuhalten. Für interne und
externe Ausbildungs- und Informationszwecke, aber auch als virtuelle Begegnung
mit dem AfZ im Internet gedacht, entstand darauf in intensiver
und enger Zusammenarbeit mit dem NET der achtminütige Film "Entdekken
Sie das Archiv für Zeitgeschichte" in deutscher, englischer und französischer
Fassung.
Rechtzeitig zum 150-Jahr Jubiläum der ETH verfügt damit das AfZ als erste
Institution innerhalb der Schweizer Archivlandschaft über die Möglichkeit,
sich allen Interessierten im Internet
in multimedialer Form zu
präsentieren. Anleitungen zum
Abspielen des Films finden sich
unter http://www.afz.ethz.ch/
afz/afz-film.html.
Schriftenreihe Band 4:
"Über Fremde reden"
Die "Überfremdung" gehört zu
den Themen, welche über Jahrzehnte
hinweg Kontroversen entfacht
und die politische Kultur
der Schweiz im 20. Jahrhundert
wesentlich mitgeprägt haben.
Zahlreiche Volksinitiativen belegen
dies ebenso wie die Gründung
von Organisationen, welche
die Ausländerpolitik zu ihrem
51

wichtigsten programmatischen Schwerpunkt machten. Der Überfremdungsdiskurs
beeinflusste über die Politik hinaus viele Bereiche des öffentlichen
Lebens.
Einen grundlegenden Beitrag zur Thematik enthält das Buch von Patrick Kury,
das als Band 4 in der Reihe "Veröffentlichungen des Archivs für Zeitgeschichte"
erschienen ist. Es wurde an der Vernissage am 2. Dezember im AfZ der
Öffentlichkeit vorgestellt. Die Studie zeichnet die Anfänge dieses Überfremdungsdiskurses
nach, spannt den Bogen vom ausgehenden 19. Jahrhundert
bis zum Zweiten Weltkrieg und zeigt die Wirkungsmacht des Redens über
Fremde bis heute auf. Sie analysiert das Wechselspiel von Diskurs, rechtlichen
Normen, behördlichem Handeln und wirtschaftlichen Erfordernissen
in seinem Wandel und beleuchtet die wichtigsten Protagonisten. Darüber
hinaus stellt sie die damalige schweizerische, antijüdische Flüchtlingspolitik
in einen grösseren gesellschaftspolitischen Zusammenhang.
Gruppe Sammlungen und Archive der ETH Zürich
An dem neu initiierten Runden Tisch der Sammlungen und Archive der ETH
Zürich, der anfangs 2002 vom Vizepräsidenten Forschung, Prof. Dr. Ulrich
Suter, einberufen worden ist, wird das Archiv für Zeitgeschichte durch Daniel
Nerlich und Klaus Urner vertreten. Ziel ist es, das kulturell vielfältige Engagement
der ETHZ vermehrt bekannt zu machen, PR-Aktivitäten zu koordinieren
und Formen der Zusammenarbeit etwa in den Bereichen Ausstellungen,
Sicherheit, Magazinierung oder auch Reproduktionstechniken zu fördern.
Erstes sichtbares Resultat ist der bereits realisierte gemeinsame Webauftritt
der Sammlungen und Archive auf der Homepage der ETH (http://
www.ethz.ch/libraries/archives/history). Im Hinblick auf das Jubiläumsjahr
2005 wird als nächstes ein gemeinsamer Informationsprospekt produziert,
der die Vielfalt der Sammlungen und Archive zum Ausdruck bringt, welche
unter dem Dach der ETH Zürich zusammengefasst sind.
Zusammen mit dem Hochschularchiv der ETH, dem Archiv gta zur Theorie
und Geschichte der Architektur, dem Max-Frisch-Archiv und dem Thomas-Mann-Archiv
bildet das Archiv für Zeitgeschichte die Gruppe "Archive
ander ETH Zürich", die archivspezifische Bedürfnisse thematisiert und gemeinsame
Interessen vertritt.
52

Tagungen, Seminarien, Präsentationen
In Vorträgen und publizierten Beiträgen präsentierten Mitarbeiterinnen und
Mitarbeiter das AfZ vor Fachgremien, interessierten Kreisen, aber auch vor
eingeladenen Schulklassen als Fundstelle für zeitgeschichtliches Archivgut
und als kompetente Beratungsstelle für Fragen zur Archivierung:
27.2.2003: Besuch Schulklasse Kantonsschule Wettingen (Ergänzungsfach Geschichte;
Lehrer: Hansjörg Frank): Präsentation des Gesamtarchivs und des Dokumentationsbereichs
"Schweiz–Kalter Krieg"
20.3.2003: Besuch Schulklasse Kantonsschule Baden (Ergänzungsfach Geschichte;
Lehrer: Zsolt Keller): Präsentation des Gesamtarchivs und von Quellen zum
Antisemitismus in der Schweiz
1.4.2003: Ausbildung Informations&Dokumentations-Assistenten der Berufsschule
Zürich im AfZ (Dr. Peter Scheck): Präsentation des Gesamtarchivs und
der Informationsvermittlung
3.4.2003: Besuch der Fachschaft Geschichte der Kantonsschule Baden: Präsentation
des Gesamtarchivs und des Dokumentationsbereich "Schweiz – Kalter
Krieg"
29.4.2003: Historisches Seminar der Universität Zürich: Proseminar Dr. Barbara Bonhage:
Präsentation des Gesamtarchivs und von Quellen zum Thema "Die
Schweiz und die Zeit des Nationalsozialismus"
21.5.2003: Öffentliche Präsentation des Archivs des Verbands Schweizerischer Jüdischer
Flüchtlingshilfen (VSJF)
17.6.2003: Präsentation des Archivsystems DACHS-EUROSPIDER anlässlich einer Sitzung
der Arbeitsgruppe Archive und Sammlungen (Gruppe Inventarisierung,
Leitung: Dr. Rudolf Mumenthaler).
6.11.2003: VEDAS, Verband der Kommunikations- und Administrationsfachleute im
AfZ. Weiterbildungsveranstaltung "Archivierung – Sicherung von Vergangenheit
für die Zukunft": Präsentation des Gesamtarchivs, der Rechtsgrundlagen
der Archivierung, moderner Achivierungsmethoden und von Digitalisierungsprojekten
im AfZ
21.11.2003: VSA, Verein Schweizerischer Archivarinnen und Archivare im AfZ: Einführungskurs
"Aufgaben thematisch orientierter Archive": Präsentation des
Gesamtarchivs; Networking und Digitalisierungsprojekte
Externe Vorträge und Veranstaltungen
26. 3. 2003: Die Schweiz im Kalten Krieg. Die Bedeutung des Archivs für Zeitgeschichte
an der ETH Zürich und der Archivbestände der SAD für die Forschung. Referat
an der Jahresversammlung der Schweizerischen Arbeitsgemeinschaft
für Demokratie (Werner Hagmann)
2.7.2003: "Hybrides Dokumentenmanagement im Archiv für Zeitgeschichte der
ETH Zürich". Vortrag im Rahmen des 50. VdW-Lehrgangs "Herausforde-
53

ungen und Chancen. Bestandserhaltung in Wirtschaftsarchiven zwischen
klassischem Überlieferungsmanagement und Electronic Records
Management" der Vereinigung deutscher Wirtschaftsarchivare e.V. in
Mannheim (Daniel Nerlich)
20.11.2003: Sankt-gallische Wirtschaftsflüchtlinge im 19. Jahrhundert. Referat im Rahmen
einer Veranstaltung der Historisch-Heimatkundlichen Vereinigung
des Bezirks Werdenberg zur Vorstellung der "Sankt-Galler Geschichte
2003" in Buchs SG (Werner Hagmann)
Presseartikel / Beiträge mit AfZ-Bezug
• Arnold-De Prophetis, Jonas: Quellenmaterial für Forschung und Öffentlichkeit. Mitarbeiter
in einem Archiv für Zeitgeschichte, in: Geistes- und Sozialwissenschaften –
vom Studium in den Beruf. Jobs mit Kultur und Kommunikation. Hg.: Schweizerische
Arbeitsgemeinschaft für akademische Berufs- und Studienberatung, 2. vollständig
überarbeitete Auflage, Aarau 2003, S.106–110.
• Wartenweiler, Johannes: Die Bergier-Kommission und ihre Unterlagen. Das Schicksal
der eigenen Akten, in: WoZ, Nr. 32 / 7.8.2003, S.4.
Medienspiegel zur Präsentation des VSJF-Archivs
• Blau, Gisela: Dramatische Schicksale im Archiv, in: tachles, Nr. 21 / 23.5.2003, S.5, 28–
29.
• Bucher, Delf: Flüchtlingsschicksalen ein Gesicht geben, in: Kirchenbote. Hg.: Evangelisch-reformierte
Landeskirche des Kantons Zürich, Nr. 14/15 / 2003, S. 13.
• [Ihle, Pascal]: Neuer Blick auf 20 000 Schicksale. Jüdisches Flüchtlingsarchiv in der
ETH Zürich, in: NZZ, Nr.117 / 22.5.2003, S.43.
• Kühner, Claudia: Jüdische Schicksale, in: Tagesanzeiger v. 22.5.2003, S.19.
• SDA / BaZ: Neue Datenbank für jüdische Flüchtlingsgeschichte, in: Basler Zeitung
Online, 21.5.2003 (www.baz.ch).
• SDA: Jüdische Flüchtlinge, in: BaZ, Nr.118 / 22.5.2003, S. 8.
• SDA: 20 000 Einzelschicksale, in: St.Galler Tagblatt v. 22.5.2003, S.7.
• Thoele, Alexander: Universidade guarda história de 20 mil refugiados judeus, in: swissinfo,
22.5.2003 (www.swissinfo.org/spt/swissinfo.html).
• Würsten, Felix: Erinnerung an 20'000 Flüchtlinge. Archiv für Zeitgeschichte erschliesst
eine einmalige Aktensammlung, in: ETH Life. Die tägliche Web-Zeitung der
ETH, Zürich, 23.5.20003 (www.ethlife.ethz.ch/articles/tages/html_print_style/
VSJFArchiv.html; erschien auch in englischer Sprache)
• Das Jahr 2003 im Rückblick aus ETH-Sicht, in: ETHLife. Die täglich Webzeitung der
ETH, Zürich, 23.12.2003 (www.ethlife.ethz.ch/articles/tages/html_print_style/
jahr2003.html).
54

Benutzung
Informationen zur Benutzung liefert die hierfür speziell eingerichtete Datenbank,
die seit drei Jahren in Betrieb steht und nun weiterentwickelt worden
ist. Dadurch konnte die Bedienungsfreundlichkeit gesteigert und die
Erfassung durch zusätzliche Felder verfeinert werden.
Die Anzahl der externen Benutzungen im Lesesaal ist 2003 auf insgesamt
582 angestiegen (Vorjahr: 505). Für 207 verschiedene Themen (2002: 173)
wurden unsere Bestände konsultiert. In Ausnahmefällen wurden für Forschende,
die nicht nach Zürich reisen konnten, Unterlagen kopiert und verfügbar
gemacht. Hinzu kommen zahlreiche Anfragen per Post, Email, Telefon
oder persönlich vor Ort, die zu beantworten waren. Finden sich im AfZ
keine Unterlagen zu einem gewünschten Thema, so wird nach Möglichkeit
auf in Frage kommende Bestände in anderen Archiven verwiesen. Auch die
Besuche auf der Website des AfZ nahmen erneut zu: Diese wurde monatlich
im Durchschnitt 1934 mal aus 878 Domains angesteuert (gegenüber
1460 mal aus 920 Domains im Jahr 2002). Die Zahl der Zugriffe auf die gesamte
Website stieg von 47’980 auf 61’032. Dass die Informationen nun auch
in englischer Sprache angeboten werden, hat den Zuwachs begünstigt.
Unsere Benutzerinnen und Benutzer im Lesesaal stammten zu 92 Prozent
aus der Schweiz, die restlichen 8 Prozent entfielen auf Besucher aus Deutschland
(6), Liechtenstein (4), Kanada (2), Grossbritannien, Israel, Südkorea und
Ungarn (je 1). Mehr als die Hälfte der Konsultationen (51 Prozent) erfolgte
für wissenschaftliche Zwecke (Seminar-, Diplom-, Lizentiatsarbeiten, Dissertationen,
Nationalfondsprojekte etc.), 18 Prozent für journalistische und publizistische
Arbeiten, 13 Prozent aus privatem Interesse (z. B. Familienforschung),
10 Prozent in amtlicher bzw. beruflicher Funktion und 8 Prozent im
Zusammenhang mit einer Schularbeit (Gymnasium, Berufsschule etc.).
Insgesamt wurden Unterlagen aus 133 verschiedenen Beständen beigezogen.
Mit jeweils über 20 Benutzungen am häufigsten gefragt waren einerseits
die grossen institutionellen Bestände zur jüdischen Zeitgeschichte
(JUNA-Archiv, SIG-Archiv, VSJF-Archiv), anderseits die systematische Dokumentation
des AfZ zur Schweiz, die "Biographische Sammlung", das wf-Archiv
sowie die Handbibliothek. Zwischen 10 und 19 Benutzungen wiesen
die institutionellen Bestände SAD-Archiv, SAD-Dokumentation, SFH-Archiv
55

und Vorort-Archiv auf, ebenso der Nachlass Otto Zaugg, das NZZ-Archiv, die
Sammlung Geschichte sowie der Bestand Zeitungen und Zeitschriften. Ein
mehrfaches Interesse fanden verschiedene Nächlässe aus dem Bereich jüdische
Zeitgeschichte und Flüchtlingsgeschichte (NL Hermann Levin Goldschmidt,
Carl Lutz, Paul Vogt), aber auch das Archiv des Redressement National,
die FFAfZ-Kolloquien mit Zeitzeugen und die Sammlung Lizentiatsarbeiten.
Die Bestände mit 1 bis 5 Benutzungen umfassen eine Vielzahl von
Nachlässen und Einzelbeständen, institutionellen Archiven, Kopienbeständen
aus in- und ausländischen Archiven, Forschungsdokumentationen, Bild-
, Ton- und Filmbeständen aus allen thematischen Bereichen des AfZ.
Die Forschungen bezogen sich erneut auf ein breites Themenspektrum,
wobei 44 Prozent der Benutzungen die jüdische Zeitgeschichte, 32 Prozent
die allgemeine Zeitgeschichte und je 12 Prozent die Bereiche Schweiz – Kalter
Krieg sowie Wirtschaft und Zeitgeschichte betrafen.
Bei den Recherchen zur jüdischen Zeitgeschichte lag der zeitliche Schwerpunkt
erneut bei der Zwischenkriegszeit und dem Zweiten Weltkrieg. Im
Vordergrund standen dabei die Themenbereiche Flüchtlingspolitik und Antisemitismus.
Grössere Forschungsarbeiten galten unter anderem der
Flüchtlingspolitik einzelner Kantone (Genf, Graubünden, St.Gallen, Tessin),
dem Schweizer Hilfswerk für Emigrantenkinder, Flüchtlingslagern, postalischen
Aspekten der Flüchtlingsgeschichte, prominenten Flüchtlingen, den
"Protokollen der Weisen von Zion" und dem schweizerischen Antisemitismus
in der Nachkriegszeit. Viele Benutzungen bezogen sich auf Einzelschicksale
von jüdischen Flüchtlingen in der Schweiz, wobei oft Betroffene selbst
oder deren Nachfahren Einsicht in die entsprechenden VSJF-Dossiers
wünschten. Für eine Ausstellung des Kunstvereins Göttingen hat das AfZ
Zeichnungen von Flüchtlingskindern aus dem Nachlass Samuel JeanRichard
ausgeliehen. Bei den Themen zur Nachkriegszeit standen die Berichterstattung
der Schweizer Presse zu den Kriegsverbrecherprozessen sowie die Wiedergutmachung
von NS-Unrecht im Vordergrund. Im Rahmen eines Seminars
beschäftigten sich Studierende der Universität Basel mit dieser Thematik
anhand von Einzelfällen. Zeitlich übergreifende Recherchen befassten
sich mit verschiedenen jüdischen Persönlichkeiten (Max Ettinger, Hermann
Levin Goldschmidt, Margarete Susmann, Veit Wyler), mit der Geschichte des
1904 gegründeten Schweizerischen Israelitischen Gemeindebundes und der
Juden im Kanton Zürich sowie mit jüdischen Kunsthändlern in der Schweiz.
56

Erwartungsgemäss gross ist die thematische Bandbreite der Archivbenutzungen
zur allgemeinen Zeitgeschichte. Auch hier bilden die Zwischenkriegszeit
und der Zweite Weltkrieg zeitliche Schwerpunkte. Bei mehreren Forschungsvorhaben
standen einzelne Persönlichkeiten im Zentrum, darunter
Warda Bleser-Bircher, Walter Bosshard, Piero Chiara, Gustav Däniker, Georg
Elser, Eduard von der Heydt, Gabriele Kaetzler, Arnold Mettler-Specker, Rudolf
Roessler, Ernst von Schenk, Annemarie Schwarzenbach und Henry de
Torrenté. Beliebt waren auch
aussenpolitische Themen, zu
denen die bilateralen Beziehungen
zu Ungarn, zu den USA,
das Verhältnis der Schweiz zur
UNO oder die Geschichte
Transjordaniens gehören. Mehrere
Benutzende befassten sich
mit der Ausländer- und Flüchtlingspolitik,
insbesondere mit
der "Überfremdungs"-Diskussion
und der Einbürgerung von
Flüchtlingen aus Ungarn. Ge-
fragte Themen im Zusammenhang
mit dem Zweiten Weltkrieg
waren beispielsweise die
Empfang beim Benutzungsdienst: Kompetente Beratung
und guter Service sind uns ein Anliegen.
Bedrohungslage und Sicherheitspoltik der Schweiz, die Evakuationsproblematik
im Mai 1940 oder die englische Kriegspropaganda. Hinzu kommen
Arbeiten zu den Beziehungen zwischen der Schweiz und dem Dritten Reich,
namentlich zu deutschen Angriffen gegen die Schweizer Presse, zu Deutschen
und Österreichern im Kanton Glarus und zur Beziehung zwischen den
Pfadfindern in der Schweiz und der Hilterjugend. Im Unterschied zu früheren
Jahren befasste sich nur eine Benutzerin mit dem Frontismus. Weitere
grössere Forschungsvorhaben betrafen die Kirchenpolitik der Religiös-Sozialen,
den in der Krisenzeit geschaffenen "Freiwilligen Arbeitsdienst" und
die von diesem organisierten Arbeitslager für Erwerbslose, aber auch stalinismuskritische
Schweizer Verleger oder den Konzeptionsstreit in der
Schweizer Armee .
57

Im Dokumentationsbereich Schweiz – Kalter Krieg sind intensive Konsultationen
auf eine Lehrveranstaltung der Kantonsschule Wettingen zurückzuführen.
Doch auch von Studierenden der verschiedenen Universitäten werden
die Quellenbestände des AfZ zum Kalten Krieg zunehmend entdeckt,
wie eine wachsende Zahl von Seminar-, Lizentiats- und Doktorarbeiten zu
dieser Thematik zeigt. Geforscht wurde u.a. zur Haltung der Schweiz zur
Atombewaffnung und zum Atomsperrvertrag, zur geheimen Widerstandsorganisation
P-26, zum stockenden Prozess bei der aussenpolitischen Öffnung
(Verhältnis zu KSZE und UNO), zum Verhältnis Schweiz – Dritte Welt,
zu linksradikalen Gruppierungen, zur Zürcher Studentenschaft, zur Kulturund
Wissenschaftspolitik im Kalten Krieg sowie zum sogenannten "Rotchinaskandal".
Letzterer wurde durch einen Artikel ausgelöst, der am 8. Dezember
1950 in der Boulevard-Wochenzeitschrift "Sie und Er" unter dem Titel
"Rotchina marschiert" erschienen war. Darin wurde vorgerechnet, wie lange
es dauern würde, bis alle Chinesen erschossen wären; auf diese Weise sollte
der zahlenmässig immense Umfang der chinesischen Bevölkerung veranschaulicht
werden.
Beim Schwerpunktbereich Wirtschaft und Zeitgeschichte werden vor allem
aussenwirtschaftliche Fragestellungen bearbeitet; sie betrafen unter
anderem den Protektionismus in der Schweiz, die "Schwarzen Listen" der
Alliierten, den Ost-West-Handel sowie die bilateralen Wirtschaftsbeziehungen
zu Deutschland, Frankreich und Südafrika. Weitere Forschungen galten
allgemein wirtschaftspolitischen sowie finanz- und sozialpolitischen Aspekten,
namentlich der Haltung des Vororts gegenüber den Massnahmen zur
Krisenüberwindung in den 30er-Jahren und gegenüber den Wirtschaftsartikeln,
staatlichen Kriseninterventionen in die Privatwirtschaft (Fall Volksbank,
Swissair), der Bundessteuer, der Steueramnestie von 1968 sowie der
AHV und der privaten Vorsorge. Untersucht wurde auch die Massenmotorisierung
und Verkehrssicherheit in der Nachkriegszeit, die Vinkulierung von
Namenaktien, der Kreditschutz am Beispiel der Firma Credita sowie der Einstellungswandel
gegenüber der Wirtschaft anhand der Presseberichterstattung
über Schweizer Unternehmen.
58

Eingegangene Belegexemplare 2003
• Aerschmann, Stephan: Katholische Schweizer Intellektuelle und der italienische Faschismus
(1922–1943), Freiburg i. Ue. 2002.
• Arber, Catherine: Frontismus und Nationalsozialismus in der Stadt Bern. Viel Lärm,
aber wenig Erfolg, Bern 2003 (Berner Zeitschrift für Geschichte und Heimatkunde
65. Jg., Heft 1 / 2003).
• August R. Lindt: Patriot und Weltbürger. Hg.: Rolf Wilhelm, Pierre Gygi, David Vogelsanger
u. Esther Iseli, Bern / Stuttgart / Wien 2002.
• Ausserhalb. Katalog zur Ausstellung im Alten Rathaus Göttingen vom 2. November
bis 21. Dezember 2003. Hg.: Kunstverein Göttingen e.V., Göttingen 2003.
• Beck, Susanne: Uhrmacher, Chemiker, Landwirt. Die berufliche Aus- und Weiterbildung
jüdischer Flüchtlinge in der Schweiz 1945–1949, Seminararbeit, Zürich 2002.
• Ben Ammar, Sarah: Hans Bernd Gisevius: Chroniqueur "résistant" du régime hitlérien,
Mémoire de D.E.A., Université Charles-de-Gaulle, Lille 2003 (ungedruckt).
• Der Bergier-Bericht. Tondokumente des Archivs für Zeitgeschichte, Zürich, zur Ausstellung
des Politforum Käfigturm und der Unabhängigen Expertenkommission
Schweiz – Zweiter Weltkrieg (Henri Guisan, Eduard von Steiger, Heinrich Homberger,
Max Iklé, Hermann Böschenstein, Paul Jolles, Gerhart Riegner, Veit Wyler, Lore
Hartmann von Monakov, Edith Zweig, Hannes Becher, Jean Braunschvig, Erwin Haymann,
Simon Erlanger), 2 Audio-CD's, Bern 2003.
• Biotti, Claudia: Die Exportrisikogarantie als Instrument der Exportförderung. Die
Haltung des Schweizerischen Handels- und Industrievereins in der Zwischenkriegszeit
und den frühen Nachkriegsjahren, Seminararbeit, Zürich 2002.
• Ceni, Monique: L’introduction de l’impôt sur le chiffre d’affaires en Suisse (1938–
1941), mémoire de licence, Lausanne 2002.
• Clavien, Alain / Gullotti, Hervé / Marti, Pierre: "La province n’est plus la province". Les
relations culturelles Franco-Suisses à l’épreuve de la Seconde Guerre Mondiale (1935–
1950), Lausanne 2003.
• Foppa, Daniel: Berühmte und vergessene Tote auf Zürichs Friedhöfen, 2., ergänzte
und nachgeführte Auflage, Zürich 2003.
• Garbely, Frank: Evitas Geheimnis. Die Europareise von Evita Perón, Zürich 2003.
• Gredig, Urs: Gastfeindschaft. Der Kurort Davos zwischen nationalsozialistischer Bedrohung
und lokalem Widerstand 1933–1948, Lizentiatsarbeit Freiburg i. Ue., Davos
2002.
• Haslebacher, Andreas: Die Charakterisierung von Adolf Eichmann in der Neuen Zürcher
Zeitung, Proseminararbeit, Zürich 2003.
• Hueber, Sebastian: Die Schweiz und die Suez-Krise 1956, Lizentiatsarbeit, Bern 2002.
• Hutter, Thomas: Der Nationalsozialismus in der Schweiz. Ein Überblick von 1933 –
1945, Proseminararbeit, Zürich 2003.
• In der Sache Gisevius. Ein Augenzeuge des 20. Juli urteilt über Georg Elser, bearbeitet
von Ulrich Renz, Herbrechtingen 2003 (Schriftenreihe der Georg Elser Gedenkstätte
Königsbronn, hg. v. Arthur Nebe, Bd. 4).
59

• Jeggli, Monica: Der "Runde Tisch" 1947–1959. Ein neuer Faktor schweizerischer Öffentlichkeit,
Lizentiatsarbeit, Zürich 2002.
• Keller, Stefan: Die Rückkehr. Josepf Springs Geschichte, Zürich 2003.
• Kupper, Patrick: Atomenergie und gespaltene Gesellschaft. Die Geschichte des gescheiterten
Projektes Kernkraftwerk Kaiseraugst, Diss. Zürich, Zürich 2003 (Interferenzen.
Studien zur Kulturgeschichte der Technik , hg. v. David Gugerli, Bd. 3).
• Kury, Patrick: Über Fremde reden. Überfremdungsdiskurs und Ausgrenzung in der
Schweiz 1900 – 1945, Diss. Basel, Zürich 2003 (Veröffentlichungen des Archivs für
Zeitgeschichte des Instituts für Geschichte der ETH Zürich, Band 4).
• Lerf, Madeleine: "Wir haben gehert ‚Schweiz’ – haben sich alle gerissen zu fahren ...".
Zur Aufnahme von Jugendlichen aus dem befreiten Konzentrationslager Buchenwald
in der Schweiz, Lizentiatsarbeit, Basel 2002.
• Müller, Reto: " ...ein guter Soldat der geistigen Landesverteidigung " . Der Schweizerische
Aufklärungsdienst und seine Zusammenarbeit mit den Bundesbehörden zur
Zeit des Kalten Krieges, Seminararbeit Bern 2000.
• Natchkova, Nora: Les femmes dans l’industrie suisse. Etude de la politique patronale
face à la main d’oeuvre féminine (1939–1946), mémoire de licence, Lausanne 2003.
• Occhiuzzi, Dorian: Liselotte Hilb. Flüchtlingsbetreuerin beim Schweizer Hilfswerk für
Emigrantenkinder zwischen 1940 und 1948, Seminararbeit, Basel 2003.
• Rieder, Bernhard: "Vom Soldat zum Techniker". Ein Beitrag zur Geschichte des Konzeptionsstreites
1945–1954, Lizentiatsarbeit, Zürich 2003.
• Die russische Emigration in den Archiven der Schweiz, hg. v. E. L. Kudrjavceva u. H.
Riggenbach, Moskau 2003 [russisch].
• Schaad, Nicole: Chemische Stoffe, giftige Körper. Gesundheitsrisiken in der Basler
Chemie, 1860–1930, Diss. Zürich, Zürich 2003.
• Schmid, Daniel C.: Dreiecksgeschichten. Die Schweizer Diplomatie, das "Dritte Reich"
und die böhmischen Länder 1938–1945, Zürich 2004.
• Schmitz, Markus: Westdeutschland und die Schweiz nach dem Krieg. Die Neuformierung
der bilateralen Beziehungen 1945–1952, Diss. Bonn, Zürich 2003.
• Vasella, Lorenzo: Der Rotchinaskandal. Untersuchung zu einem Medienskandal auf
dem Höhepunkt des Kalten Krieges, Lizentiatsarbeit, Basel 2003.
• Wir sind nicht allein. Kleine Anthologie deutschsprachiger Emigrantenlyrik in der
Schweiz. Gesammelt von der Kulturgemeinschaft der Emigranten in Zürich 1943.
Hg. von Sibylle Gut anlässlich der Ausstellung "HEIMAT LOS SCHWEIZ. Deutschsprachige
Literatur im Schweizer Exil 1933–1950", Strauhof Zürich, 20. März – 25. Mai 2003.
• Wirz, Bettina Wiedereinbürgerung und Staatenlosigkeit 1940–1949. Der Versuch
einer ehemaligen Schweizerin während des Zweiten Weltkrieges das Schweizerbürgerrecht
wiederzuerlangen, Seminararbeit, Bern 2002.
• Wylie, Neville: Britain, Switzerland and the Second World War, New York 2003.
• Zurfluh, Stephan: Turn-Around in der Milizarmee: verkannt – erkannt – vollzogen.
Die sogenannte Oswald-Reform. Der Bericht der Kommission für Fragen der militärischen
Erziehung und Ausbildung der Armee 1970, Diss. Zürich, Zürich 1999.
60

Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter
Zum Gedeihen des Archivs für Zeitgeschichte trugen 2003 insgesamt rund
20 MitarbeiterInnen und Mitarbeiter bei, die in der Mehrheit in Teilzeitpensen
im AfZ tätig waren. Zudem durfte es auf die Hilfe von Mitarbeitenden
zählen, die im Rahmen temporärer Einsätze einzelne Projekte voranbrachten
oder deren Abschluss beschleunigten. Sie alle sind einem bestimmten
thematischen Schwerpunktbereich zugeteilt, erledigen aber auch Arbeiten
für das Gesamtarchiv, insbesondere im Rahmen des Benutzungsdienstes.
Eine grössere Umstellung ergab sich im IT-Team, da Felix Reichlin und Mark
Hochstrasser wieder in die Privatwirtschaft wechselten. Mark Hochstrasser
übergab seine Aufgaben als Netzwerkadministrator, die er während zweier
Jahre kompetent erfüllt hatte, an Martin Schacher, der auch als Software-
Entwickler die vielseitigen EDV-Belange seit April 2003 unter der Leitung
von Jonas Arnold mit grossem Engagement betreut. Als Informatiker bleibt
Ernesto Diethelm dem AfZ auch weiterhin beratend verbunden. Für die Unterstützung
der Archivleitung und des IT-Teams bei der Konzipierung und
Evaluation eines Gesamtsystems für das hybride Dokumentmanagement
und die elektronische Archivierung wurde Herr Beat Gubler gewonnen.
Im Bereich Jüdische Zeitgeschichte konnte Christiane Uhlig das von ihr
geleitete Projekt zur Verfilmung und Erschliessung von Quellenmaterialien
zur Schweiz aus dem Russischen Staatlichen Militärarchiv (RGVA) erfolgreich
abschliessen. Neu hinzu kam Frau Hanna Zweig, die seit Herbst 2003 die
Nachlässe der Familie Veit Wyler bearbeitet und auswertet.
Claudia Klinkmann hat die SAD-Dokumentation weitgehend erschlossen
und wandte sich neuen Aufgaben zu. Remo Schudel und Yves Stengele halfen
bei der wf-Dokumentation, Barbara Meili und Benno Walser beim VSJF-
Projekt sowie Frau Rahel Wöhrle beim Nachlass Warda Bleser-Bircher mit.
Marc Wirzer war für die Übersetzung der Website besorgt. Sowohl denjenigen,
die kurzfristig im AfZ mitarbeiteten, als auch allen, die längerfristig die
Archiventwicklung mitgestalten, sei hier für ihre engagierte Mitwirkung
herzlich gedankt Das AfZ Team wird auf S. 67 namentlich aufgeführt. Wiederum
sind aus seinen Reihen einige Publikationen fertiggestellt worden,
auf die nachfolgend hingewiesen wird.
61

Publikationen
• Arnold, Jonas: Quellenmaterial für Forschung und Öffentlichkeit. Mitarbeiter in einem
Archiv für Zeitgeschichte, in: Geistes- und Sozialwissenschaften – vom Studium
in den Beruf. Jobs mit Kultur und Kommunikation, hrsg. Von der AGAB/ASOU,
Schweizerische Arbeitsgemeinschaft für akademische Berufs- und Studienberatung,
Aarau, 2. vollständig überarbeitete Auflage 2003, S. 106-110.
• Gerson, Daniel: Schweizerische Eidgenossenschaft, in: Arye Maimon, Mordechai Breuer
u. Yacov Guggenheim (Hrsg.), Germania Judaica, Bd.3, Dritter Teilband: Gebietsartikel,
Einleitungsartikel und Indices, Tübingen 2003, S.2012–2017.
• Hagmann, Werner: Sankt-gallische Wirtschaftsflüchtlinge im 19. Jahrhundert, in:
Sankt-Galler Geschichte 2003, Bd. 5: Die Zeit des Kantons 1798-1861, hg. von der Wissenschaftlichen
Kommission der Sankt-Galler Kantonsgeschichte nach Beschluss
des Kantonsrats im Auftrag der Regierung, St. Gallen 2003, S.99–120.
• Keller, Zsolt: Rez. Rissmann, Michael: Hitlers Gott. Vorsehungsglaube und Sendungsbewusstsein
eines Diktators, Zürich 2001, in: Schweizerische Zeitschrift für Geschichte,
Heft 2, 2003, S, 253–255.
• Ders: Von "Gottesmördern" und Sündern. Mt 27,25 in der Lebenswelt von Schweizer
Katholiken 1900–1950, in: Zeitschrift für schweizerische Kirchengeschichte, 2003, S.
89–105.
• Ders.: Der Eidgenössische Bettag als Plattform nationaler Identität der jüdischen
und katholischen Schweiz, in: Urs Altermatt (Hg.): Katholische Denk- und Lebenswelten.
Beiträge zur Kultur und Sozialgeschichte des Schweizer Katholizismus im
20. Jahrhundert, Freiburg/Schweiz 2003, S. 135–150.
• Meier, Ursula: Leitfaden für eine Konzeption für Öffentlichkeitsarbeit in Archiven,
unveröffentlichte Diplomarbeit, Hochschule für Technik und Wirtschaft Chur, Februar
2003.
• Schacher, Martin: Gemeinsamkeiten und Unterschiede zweier Werke von Thad Jones,
Diplomarbeit an der Musikhochschule Luzern, Fak III., 2003.
62

Stiftungen und Fonds
Stiftungen, Fonds und Legate zugunsten des Archivs für Zeitgeschichte tragen
ganz entscheidend dazu bei, dass es seine Aufgaben wahrnehmen kann.
Welche Unterstützung die mit ihm verbundenen Förderungswerke leisten,
geht aus den nachfolgenden Berichten hervor. Anderweitige Aktivitäten, die
das Archiv für Zeitgeschichte nicht direkt betreffen, werden nur am Rande
mit einbezogen.
Stiftung Dialogik, Mary und Hermann Levin Goldschmidt-Bollag
Der dem Archiv für Zeitgeschichte für das Jahr 2003 zugesprochene Jahreskredit
von Fr. 100'000.– wurde im Berichtsjahr fast ausschliesslich zur Mitfinanzierung
der Stellen von Jonas Arnold, Daniel Gerson und Regina Gehrig
verwendet.
In Anbetracht der angespannten Vermögenssituation ist das Budget für
2004 gekürzt worden, so dass Umdispositionen unausweichlich wurden.
Mit der unerfreulichen Entwicklung befasste sich der Stiftungsrat an der
Jahressitzung vom 11. Juli 2003, die im Archiv für Zeitgeschichte stattfand.
Empfänger des Doktorandenstipendiums der Stiftung Dialogik für das Jahr
2003 (Fr. 10'000) war Herr Marcus Pyka aus München, der sich mit dem bedeutenden
jüdischen Historiker Heinrich Graetz (1817–1891) und dessen Identitäts-
Verständnis befasst. Dem Stiftungsrat sei für die gewährte Unterstützung
herzlich gedankt.
Stiftung Jüdische Zeitgeschichte an der ETH Zürich
Die Stiftung Jüdische Zeitgeschichte ermöglichte die Fortführung der Teilzeitstelle
von Frau Ursula Meier, welche in den Bereichen Benutzerbetreuung,
Archivierung und als Co-Leiterin "formale Erschliessung" tätig ist , und
beteiligte sich an den Anstellungen von Herrn Michael Funk (Benutzerbetreuung,
Erschliessung SIG- und Juna-Archiv), Regina Gehrig (Erschliessung,
Benutzung, Bibliothek), von Daniel Gerson (Erschliessung, Benutzung, Bibliothek)
und von Hubert Villimek ( Benutzung, Transporte, Grafik, allgemeine
Dienste). Sie unterstützte die Informatik-Abteilung des Archivs für Zeitgeschichte,
indem sie die Teilzeitstelle von Markus Hochstrasser (Januar bis
Juni) und von Martin Schacher (Juli–Dezember) mitfinanzierte. Sie ermöglichte
die Kurzeinsätze von Jure Tornic (Digitalisierung der SFH-Dokumenta-
63

tion, Nachbearbeitung jüdischer Bestände im DACHS), Barbara Meili und
Benno Walser (VSJF-Etikettierung).
Die Stiftung leistete Druckkostenbeiträge an den Band 4 unserer Reihe
"Veröffentlichungen des Archivs für Zeitgeschichte" im Chronos-Verlag (Patrick
Kury, Über Fremde reden) und an den Jahresbericht 2002 des AfZ. Sie
finanzierte einen ersten Teil der von Uriel Gast im Politischen Archiv des
Auswärtigen Amtes in Berlin erworbenen Mikrofilme zur jüdischen Zeitgeschichte.
Die Stiftung Jüdische Zeitgeschichte leistet eine ganz wesentliche
und unentbehrliche Hilfe. Das Archiv für Zeitgeschichte und seine Dokumentationsstelle
Jüdische Zeitgeschichte sprechen dem Stiftungsrat und
seinem Präsidenten Dr. Rolf Bloch für die gewährte Unterstützung ihren
herzlichen Dank aus.
Simon und Hildegard Rothschild-Stiftung
Nach dem vorläufigen Abschluss der Erschliessung und Verzeichnung der
Mikrofilme aus dem Staatlichen Russischen Militärarchiv Moskau wurde im
Berichtsjahr auf eine spezielle Förderungstätigkeit – auch im Interesse der
Erhaltung der Finanzkraft – weitgehend verzichtet. Der Stiftungsrat hat in
seiner Sitzung vom 3. Oktober 2003 dem Archiv für Zeitgeschichte für seine
weitere Tätigkeit im Jahr 2004 einen Dispositionskredit von Fr. 50'000.– zugesprochen,
auf den zurückgegriffen werden darf, sollte die Grunddotation
des Projekts aus anderen Drittmitteln nicht ausreichen.
Wir danken dem Stiftungsrat der Simon und Hildegard Rothschild-Stiftung
für das gewährte Vertrauen und die Unterstützung.
Karl-Schmid-Stiftung
Der Stiftungsrat der Karl-Schmid-Stiftung sowie der Vorstand des ihr angegliederten
Fördervereins führten im Berichtsjahr ihre Sitzungen in den
Räumlichkeiten des AfZ durch. Die administrativen Arbeiten von Stiftung
und Verein konnten grösstenteils über das Sekretariat erledigt werden, das
sich im Archiv befindet. An den Sitzungen wurde neben den wiederkehrenden
Geschäften die Planung einer Karl-Schmid-Vorlesung besprochen. Im
Rahmen der Generalversammlung des Fördervereins im Oktober in der Semper-Aula
der ETH hielt Prof. Dr. Roland Ris einen Vortrag zur "Modernität Karl
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Schmids". Im September publizierte die Stiftung die Ansprachen des im November
des Vorjahres abgehaltenen Symposiums "Mit Karl Schmid im Kontakt".
Das Büchlein kann auf dem Sekretariat bezogen werden.
Jaeckle-Treadwell-Stiftung
Der Stiftungsrat der Jaeckle-Treadwell-Stiftung führte seine Jahressitzung
am 30. Oktober 2003 im Archiv für Zeitgeschichte durch. Er sprach dem Archiv
für Zeitgeschichte für die Planungsperiode 2003–2004 insgesamt 6000
Franken zu, die für die Erschliessung des im AfZ liegenden politischen Nachlasses
von Dr. Erwin Jaeckle durch Frau Regina Gehrig bestimmt sind. Dem
Stiftungsrat und seinem Präsidenten, Prof. Dr. Eduard Stäuble, danken wir
für den zuerkannten Beitrag.
Victor H. und Elisabeth Umbricht-Stiftung
Die Victor H. und Elisabeth Umbricht-Stiftung wurde vom Kanton Zürich
als gemeinnütziges Förderungswerk anerkannt und untersteht der Stiftungsaufsicht
des Bundes. Dem Stiftungsrat gehören an: Prof. Christopher
B. Umbricht (Präsident), Peter Frei, Prof. Klaus Urner. Nach dem Eintrag im
Handelsregisteramt Kanton Zürich am 8. Januar 2003 nahm die Stiftung
ihre Tätigkeit auf.
Der Stiftungsrat führte am 21. August 2003 im Archiv für Zeitgeschichte
seine ordentliche Jahressitzung durch. Die Förderungstätigkeit der Stiftung
konzentrierte sich vorerst auf die Unterstützung der Erschliessungsarbeiten
am Nachlass von Dr. Victor H. Umbricht (1915-1988). Für diese Aufgabe
wurde Herr lic. phil. Michael Funk gewonnen, der von April bis Dezember
2003 im Rahmen einer 50%-Stelle vor allem die Unterlagen zur "East African
Community Mediation" bearbeitet hat. Nähere Informationen enthält
sein Tätigkeitsbericht, der in geraffter Form ab S. 40 wiedergegeben wird.
Gemäss Stiftungsratsbeschluss vom 28. Mai 2002 wurde dem Archiv für
Zeitgeschichte für 2003 ein Budget von Fr. 50'000.– zugesprochen. Das Archiv
für Zeitgeschichte dankt Frau Elisabeth Umbricht, Herrn Prof. Christopher
Umbricht, Frau Monique Sellschopp-Umbricht und Frau Madeleine Umbricht
ganz herzlich für die Errichtung dieses wichtigen Förderungswerkes.
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Dank
Das Archiv für Zeitgeschichte dankt folgenden Institutionen und Gönnern
für ihre Förderung:
Sitftungen und Fonds
• Stiftung Dialogik, Mary und Hermann Levin Goldschmidt-Bollag
• Stiftung Jüdische Zeitgeschichte an der ETH Zürich zur Sicherung und Erschliessung
historischer Quellen in der Schweiz
• Simon und Hildegard Rothschild-Stiftung
• Dr. h.c. Emile Dreyfus-Stiftung
• Jaeckle-Treadwell-Stiftung
• Karl-Schmid-Stiftung
• Emil Friedrich Rimensberger-Fonds
• Victor H. und Elisabeth Umbricht-Stiftung
Legate
• Legat Dr. Warda Bleser-Bircher
• Legat Heinrich Schalcher
• Legate Dr. iur. Veit Wyler sowie Judith und Rafi Siano-Wyler
Beiträge an die Infrastrukturkosten der Dokumentationsstelle Jüdische Zeitgeschichte
• Georges und Jenny Bloch Stiftung
• René und Susanne Braginsky Stiftung
• Willi und Mimi Guggenheim Stiftung
• Israelitische Cultusgemeinde Zürich
• Kirschner Loeb Stiftung
• Saly Mayer Memorial Stiftung, Zürich
• Schweizerischer Israelitischer Gemeindebund
• Stiftung gegen Rassismus und Antisemitismus
• Ernst und Jacqueline Weil Stiftung
• Dr. h. c. mult. Branco Weiss
Beiträge an die Dokumentationsstelle Wirtschaft und Zeitgeschichte
• economiesuisse
Beiträge an den Dokumentationsbereich "Schweiz – Kalter Krieg (1945–1990)"
• Schweizerische Arbeitsgemeinschaft für Demokratie
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AfZ-Team 2003
Archivleitung: Prof. Klaus Urner
Dokumentationsstelle Jüdische Zeitgeschichte
Leitung: Dr. Uriel Gast
MitarbeiterInnen: lic. phil. Michael Funk
lic sc. rel. Zsolt Keller
lic. phil. Ursi Meier
med. prakt. Hanna Zweig
Projektleiterin VSJF: Dr. Claudia Hoerschelmann
MitarbeiterInnen: lic. phil. Regina Gehrig
Dr. des. Daniel Gerson
Dokumentationsstelle Wirtschaft und Zeitgeschichte
Leitung: Dr. Daniel Nerlich
MitarbeiterInnen: Sabina Bellofatto
lic. phil. Philipp Hofstetter
Yves Stengele
Hubert Vilimek
Dokumentationsbereich Schweiz – Kalter Krieg
Leitung: Dr. Werner Hagmann
MitarbeiterInnen: Michael Schaer
Stabsdienste / Informatik
Leitung: lic. phil. Jonas Arnold
Mitarbeiter: Martin Schacher
Beat Gubler
Im Verlauf 2003 beendeten ihre Mitarbeit
oder gehörten temporär zum AfZ-Team: Ernesto Diethelm
Mark Hochstrasser
Dr. Claudia Klinkmann
Barbara Meili
Felix Reichlin
Remo Schudel
Jure Tornic
Dr. Christiane Uhlig
Benno Walser
Dr. Marc Wirzer
Rahel Wöhrle
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Öffnungszeiten
Das Archiv für Zeitgeschichte ist von Montag bis Freitag zwischen 9.00 und
17.00 Uhr geöffnet. Die Benutzung erfolgt auf Voranmeldung und gemäss
geltendem Archivreglement: Gedruckte Dokumentationen sind frei zugänglich,
für die Einsichtnahme in ungedruckte Unterlagen ist ein schriftliches
Gesuch erforderlich.
• Adresse: Hirschengraben 62, 8001 Zürich (Tram 3, 4, 6, 7, 10, 15, Bus 32 bis Central)
• Postadresse: Archiv für Zeitgeschichte, ETH-Zentrum, CH-8092 Zürich
• Telefon: (0041) 01 632 40 03 (Benutzungsdienst, Voranmeldung)
• Fax: (0041) 01 632 13 92
• e-mail: afz@history.gess.ethz.ch
• Website: http://www.afz.ethz.ch
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