Geschichte - Landwirtschaftliche Lehranstalten Bayreuth
Geschichte - Landwirtschaftliche Lehranstalten Bayreuth
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Von wesentlichem Einfluß auf Erhaltung<br />
eines auch für das künftige Leben zu pflegenden<br />
kameradschaftlichen Sinnes sind<br />
die von dem Realienlehrer geleiteten<br />
Gesangsübungen, welche mit Benützung<br />
eines Harmoniums ausgeführt werden.<br />
Diese gemeinschaftlichen Übungen bieten<br />
zugleich ein vorzügliches Mittel, die Erholungszeit<br />
in angenehmer Weise zu verbringen<br />
und von so manchen anderen unpassenden<br />
oder schädlichen Unterhaltungen<br />
abzuhalten.<br />
Jeder Tag wird mit gemeinschaftlichem<br />
Gebet begonnen und beschlossen, während<br />
mit größter Strenge darüber gewacht<br />
wird, daß die Zöglinge einen christlichen,<br />
sittsamen Lebenswandel führen, an Sonnund<br />
Feiertagen dem Gottesdienste mit<br />
Andacht beiwohnen und je nach den Vorschriften<br />
ihrer Konfession die heiligen<br />
Sakramente der Beichte und Kommunion<br />
empfangen.<br />
Aus dem Jahresbericht 1883/849<br />
1893<br />
Sämtliche Schüler erhalten in der Anstalt<br />
ihre Verpflegung, die in einfacher, doch<br />
kräftiger Hausmannskost besteht, und<br />
zwar:<br />
Morgens: Kaffee mit WeiBbrot,<br />
um 9 Uhr: Brot;<br />
mittags: Suppe, Rindfleisch mit Gemüse<br />
und Kartoffel oder dementsprechend Braten<br />
mit Salat (am Freitag und an Fasttagen:<br />
Mehlspeise mit gekochtem Obst);<br />
um 3 Uhr: Brot<br />
abends: Suppe, abwechselnd Pressack<br />
oder Wurst, Käse, Butter, Heringe mit Kartoffeln.<br />
Der Verpflegungsbetrag pro Jahr beläuft<br />
sich, soweit die Zuschüsse des hohen<br />
Landrates zur Deckung des vollen Verpflegsatzes<br />
von 375 M ausreichen, für<br />
einen Schüler aus Oberfranken auf 240 M.<br />
Für Schüler, welche keine Kreisangehöri-<br />
16<br />
gen sind, ist der volle Verpflegsatz von<br />
375 M jährlich einzuzahlen...<br />
An Effekten hat jeder Zögling mitzubringen:<br />
Bett mit doppelten Bezügen und wollener<br />
Decke; Strohsack mit Polster leer; 1<br />
Sonntags- und 2 Werktagsanzüge (sehr zu<br />
empfehlen Joppe, Bluse und blaue Schürzen);<br />
2 Paar Stiefel und 1 Paar Schuhe; 6<br />
Hemden, 6 Handtücher, 6 Paar Socken, 6<br />
Sacktücher, 3 Paar Unterhosen; einen verschließbaren<br />
Koffer, Schuh-, Kleider- und<br />
Zahnbürsten, ein Waschbecken, einen<br />
kleinen Spiegel, Kämme, ein EBbesteck,<br />
1/2-Liter-Steinkrüglein. Bettstelle und<br />
Schrank gibt die Anstalt.<br />
Aus dem Jahresbericht 1892/9310<br />
1899<br />
Wenn nun im vorigen Jahre dem Projekte,<br />
die ohnehin nicht erschöpfend ausgebildete<br />
und vielfach angegriffene Kreis-<br />
Ackerbauschule aufzulassen und auf dem<br />
freiwerdenden Terrain eine Irrenkolonie zu<br />
errichten, nähergetreten wurde -wenn der<br />
verehrliche Landrat schließlich in der Tat<br />
zu einem Beschlusse der Auflassung<br />
gelangte, so war dies weder ein Unrecht<br />
noch ein Unglück. Es war eben ein Versuch,<br />
wie ein anderer auch, das vermeintliche<br />
Zweckmäßige herauszufinden, und<br />
insoferne manche von uns der ganzen<br />
Bestrebung nicht von vorneherein entgegentraten,<br />
geschah dies stets in der<br />
Anhoffnung, daß irgendeine andere entsprechende<br />
Fürsorge für den höheren und<br />
praktischen landwirtschaftlichen Unterricht<br />
in Oberfranken als Ersatz getroffen<br />
werden müsse.<br />
Wenn nun aber andererseits die höchsten<br />
Stellen nach reiflichster Prüfung und nach<br />
Maßgabe der zustehenden gesetzlichen<br />
Berechtigungen zu dem Bescheide<br />
gelangt sind, daß einem desfallsigen Plane<br />
nicht zuzustimmen, daß vielmehr an die<br />
einmal bestehende Anstalt reorganisato-<br />
risch anzuknüpfen sei, So kann dies ebensowenig<br />
für die im Vorjahre Beteiligten<br />
irgend Anlaß zu unangenehmer Empfindung<br />
bieten; der desfallsige Bescheid<br />
dürfte vielmehr Vor allem als der Ausdruck<br />
einer höchst wertvollen Klärung zu<br />
betrachten sein...<br />
Seit Jahren stehen wir unter dem Zeichen<br />
der landwirtschaftlichen Bewegung. Wir<br />
wissen, wie schwer unsere Landwirtschaft<br />
seither zu kämpfen hatte, wie sehr sich die<br />
Bevölkerung niedergedrückt fühlte, wie<br />
das Wort "Notstand" auf allen Lippen war.<br />
Sehr vieles hiervon war wohlberechtigt<br />
und tiefbegründet, sehr viel anderes wurde<br />
hochaufgebauscht und überspannt, ja agitorisch<br />
(!) betrieben. Hier Hilfe zu schaffen,<br />
das Wahre zu finden, das Unwahre auszuscheiden,<br />
erschien die Pflicht aller derer,<br />
die es wohl meinten mit dem Vaterlande.<br />
Eine Reihe Von Einrichtungen wurde<br />
getroffen, große Opfer wurden gebracht<br />
und werden noch immer auf dem Altar des<br />
Vaterlandes niedergelegt, um allmählich<br />
das Gleichgewicht wieder herbeizuführen.<br />
In der Tat scheinen sich ja auch die Dinge<br />
infolge aller dieser Anstrengungen und der<br />
guten Ernten der letzten Jahre wiederum<br />
mehr und mehr zum Besseren zu gestalten.<br />
Es war aber selbstverständlich, daß man<br />
anläßlich dieser Bewegung Vor allem auch<br />
mit der Frage sich befaßte, wie es denn<br />
behufs gleichmäßiger Beihilfe mit dem<br />
landwirtschaftlichen Unterricht beschaffen<br />
sei? Und So manches auch früher<br />
geschehen war und So sehr auch einige<br />
erfreuliche Mittelpunkte derart im Lande<br />
hervorragten, mußte man schließlich zu<br />
der Erkenntnis gelangen, daß hier gar vieles<br />
noch rückständig und der Besserung<br />
bedürftig sei. Während Industrie und Sonstiges<br />
Gewerbe mit aller Macht darauf hielten,<br />
daß der junge Nachwuchs für ihre<br />
Zwecke und Ziele soviel nur immer mÖglich<br />
ausgebildet werde, während unsere<br />
Real-, Innungs- und HoChschulen nur So