19.11.2013 Aufrufe

Flucht und Asyl in europäischen Migrationsregimen - Oapen

Flucht und Asyl in europäischen Migrationsregimen - Oapen

Flucht und Asyl in europäischen Migrationsregimen - Oapen

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

164 Deutschland<br />

durch deren Darstellung <strong>in</strong> der Öffentlichkeit als Ursache verschiedener gesellschaftlicher<br />

Probleme, die mehr oder weniger latent vorhandene rassistische E<strong>in</strong>stellungen<br />

aktiviert 176 :<br />

„Die ausführliche Darstellung des ‚<strong>Asyl</strong>antenstroms‘ durch die Medien <strong>und</strong> se<strong>in</strong>e öffentliche<br />

Interpretation durch Politiker war dazu geeignet, ausländerfe<strong>in</strong>dliche Prädispositionen<br />

<strong>in</strong> der Bevölkerung zu verstärken.“ (Münch 1992, S. 177f.)<br />

Durch die Darstellung der legislativen Maßnahmen als Antwort auf die rassistische<br />

Eskalation werden die AttentäterInnen rehabilitiert: Ihre Forderungen werden als<br />

legitim <strong>und</strong> sogar politikleitend dargestellt; die Art <strong>und</strong> Weise, mit der diese Forderungen<br />

transportiert wurden sowie deren rassistische Inhalte, geraten <strong>in</strong> den<br />

H<strong>in</strong>tergr<strong>und</strong>. 177 Nachdem <strong>Asyl</strong>bewerberInnen seit Jahren <strong>in</strong> der öffentlichen Ause<strong>in</strong>andersetzung<br />

als ‚Sche<strong>in</strong>asylanten‘ <strong>und</strong> Belastung der Sozialsysteme präsentiert<br />

wurden, wurde schließlich die auch daraus resultierende Eskalation als Legitimation<br />

für die E<strong>in</strong>schränkung des <strong>Asyl</strong>rechts verwendet:<br />

„A vicious circle was created <strong>in</strong> which the political discussions of the crisis heightended<br />

tension on the streets, and violence on the streets ensured louder calls for ‘someth<strong>in</strong>g to be<br />

done’.“ (Schuster 2003, S. 207)<br />

Diese Entwicklungen <strong>und</strong> Argumentationen bildeten den Rahmen für die sich nun<br />

durchsetzende Gr<strong>und</strong>gesetzänderung. Die CDU/CSU-Fraktion brachte 1991<br />

e<strong>in</strong>en Änderungsantrag zur Änderung des Gr<strong>und</strong>gesetzes e<strong>in</strong>. Noch opponierten<br />

Koalitionspartner FDP <strong>und</strong> die Oppositionsfraktion der SPD gegen die Pläne.<br />

Die FDP schwenkte im Juni 1992 auf den Kurs von CDU/CSU e<strong>in</strong> – offiziell mit<br />

Blick auf die bevorstehende Harmonisierung des <strong>Asyl</strong>rechts <strong>in</strong> Europa. Auch die<br />

SPD-Führung zog zunehmend e<strong>in</strong>e Gr<strong>und</strong>gesetzänderung <strong>in</strong> Erwägung, hatte<br />

dabei aber noch ke<strong>in</strong>e Unterstützung <strong>in</strong> der Parteibasis. Kurz nach den Ausschreitungen<br />

<strong>in</strong> Rostock-Lichtenhagen stimmte der SPD-Parteivorsitzende Björn Engholm<br />

<strong>in</strong> der Petersberger Erklärung vom August 1992 e<strong>in</strong>er Verfassungsänderung<br />

zu. Auch hier wurde Bezug genommen auf die Implementierung des Europäischen<br />

Acquis – unter der Bed<strong>in</strong>gung, dass für Bürgerkriegsflüchtl<strong>in</strong>ge e<strong>in</strong> eigener<br />

Status geschaffen <strong>und</strong> die Möglichkeiten des B<strong>und</strong>esamtes erweitert würden. Dieser<br />

als ‚Petersburger Wende‘ bezeichnete Richtungswechsel der SPD verstärkte<br />

zwar die <strong>in</strong>nerparteilichen Konflikte um diese Frage (der l<strong>in</strong>ke Parteiflügel, der<br />

‚Frankfurter Kreis‘, war gegen e<strong>in</strong>e Gr<strong>und</strong>gesetzänderung), bahnte aber dennoch<br />

den Weg zur Gr<strong>und</strong>gesetzänderung mit der erforderlichen Zustimmung der SPD.<br />

176 „Nicht die faktische Zuwanderung sondern deren öffentliche Darstellung <strong>und</strong> Wahrnehmung<br />

strukturieren den Spielraum auch zukünftiger Flüchtl<strong>in</strong>gspolitik. Die ‚<strong>Asyl</strong>antenfrage‘ wurde zum<br />

Spielball parteipolitischer <strong>und</strong> wahlkampftaktischer Instrumentalisierungen bereits zu e<strong>in</strong>er Zeit, als<br />

der Flüchtl<strong>in</strong>gszugang aus heutiger Sicht lächerlich niedrig war.“ (Roos 1991, S. 48)<br />

177 So postulierte Oskar Lafonta<strong>in</strong>e (damals SPD), wer die Probleme der Integration der Ausländer<br />

übersehe, leiste „rechtsradikalen Stimmungen Vorschub“ <strong>und</strong> gefährde so das <strong>Asyl</strong>recht (zit. n.<br />

Frankfurter R<strong>und</strong>schau vom 4.08.1990).

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!